Zentrumsnews WS 08 - Pädagogische Hochschule Oberösterreich

Transcription

Zentrumsnews WS 08 - Pädagogische Hochschule Oberösterreich
ZENTRUM
NEWS
PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE OÖ
Ausgabe 2 / Jahrgang 1 / WS 2008
HERAUSGEBERIN
INHALT
Dr. Marlies Henzl
SCHWERPUNKTTHEMEN
REDAKTIONSADRESSE
•
PH OÖ
Zentrum
für
Bildungsund
Wissensmanagement
•
Kaplanhofstraße 40
A – 4020 Linz
0732 / 7470 - 2259
SCHULE im 21. Jahrhundert –
Management der Veränderungen
VERTRAUEN in Zeiten großer Veränderungen
AKTUELLES
• Aus dem neuen Bildungsprogramm der
Regierung
• Tagungsbericht:
ESHA – Konferenz Kopenhagen September 2008
• Aktuelles aus der Bücherwelt
• Veranstaltungshinweise
• Vorschau auf Ausgabe 3
Beiträge (Themen, Bücher, Meinungen, Feedback) an:
[email protected]
CHANGE MANAGEMENT Management (in Zeiten) der Veränderungen
Organisationen und somit auch Schule befinden sich in permanenten
Veränderungsprozessen, deren Ursprung in der jeweiligen Schule oder durch geänderte
Rahmenbedingungen zu finden ist. Führungskräfte müssen daher nicht nur dem Alltagsund Kerngeschäft gerecht werden, sondern die Umstrukturierung ihrer
Organisationseinheit insgesamt in den jeweiligen Veränderungsprozessen tragen.
Daraus ergibt sich ein weit umfangreicheres Bild von Schulmanagement, das über eine
optimierte Schulverwaltung, reibungslose Organisation des Schulalltages, gute
Unterrichtsverteilung, gerechte Ressourceverteilung, Leben einer Kommunikations-,
Konflikt- und Feedbackkultur hinausgeht.
Aus diesem Verständnis heraus bedarf „gute Schule“ als Ergebnis von Weiterentwicklung
der Schul- und Unterrichtsqualität zwar kompetenter Schulmanager auf unterschiedlichen
Ebenen, aber nicht zwangsläufig externe Experten zu Organisationsberatung und
Schulentwicklung.
„Letztlich geht es bei Schulentwicklung um Werte. Schulentwicklung kann deshalb viele
Formen haben, auf verschiedenen Ebenen des Systems stattfinden und mit
verschiedenen Methoden realisiert werden“ (Dalin 1999, S.214)
Schule ist ob der Vielfalt und Breite ihres Aufgabenfeldes ohne professionelles
Schulmanagement undenkbar. Es zeigt sich, dass die Grenzziehung zwischen
Management, Management der Veränderungen (Change Management) und
Organisationsentwicklung nicht einfach ist.
Dennoch ergeben sich für die Schule aus Theorie und Praxis folgende Ableitungen und
Erkenntnisse:
• Erfolgreiche organisatorische Veränderungsprozesse beruhen auf einem Bündel
von Maßnahmen. Diese betreffen nicht nur die Organisation als Ganzes, sondern
zeigen sich in Interventionsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen (innerhalb
einer Gruppe, Beziehungen von Gruppen untereinander, Beziehungen zur
Gesamtorganisation).
• Der Umgang mit Widerständen ergibt aus einem systemtheoretischen Verständnis
einen neuen Blickwinkel: Widerstände dienen der Organisation zur
Aufrechterhaltung von Stabilität und werden nicht grundsätzlich von
Reformresistenz und individuellen Motiven (Angst, fehlende Kompetenzen,
mangelnde Ressourcen) gespeist. Die Kernfrage lautet daher: Wie erreichen die
Menschen eine andere / neue Stabilität?
• Erfahrungen zeigen, dass organisationale Veränderungen oft von Zufallsfaktoren
und Einzelinitiativen abhängen. Steuerungsleistung in Veränderungsprozessen ist
daher einerseits in Initiativen von Managementseite her zu sehen (Strategisches
Management), andererseits bedarf die Organisation von Innovationen möglichst
vieler Blickwinkel der Akteure in diesen.
• Die Schule als lernende Organisation braucht keine inhaltlichen Vorgaben von
Veränderungszielen, Mitteln und Methoden zur Erreichung dieser, sondern
Möglichkeiten zum umfassenden Austausch (Kommunikation) und zur
Organisation von Lernprozessen.
• Changemanagement ist Teil des Schulmanagements und somit eine Aufgabe von
Schulleitung. Schulleiterinnen und Schulleiter sind die Topmanager (nicht nur von
der Professionalität und ihren Kompetenzen her zu sehen, sondern auch
hierarchisch). Sie haben aber auch dafür zu sorgen, dass möglichst viele weitere
Personen durch Fort- und Weiterbildung qualifiziert werden. Um
Changemanagementaufgaben übernehmen zu können(Personalentwicklung).
2
•
•
•
Neben Management- und Organisationsentwicklungsinstrumentarien bedürfen
Veränderungen höchster Professionalität und Sorgfalt, welche mit grundsätzlicher
Klärung von kritischen Fragen im Vorfeld einhergehen:
Ist die Veränderung sinnvoll?
Ist sie nachhaltig?
Reichen die Ressourcen?
Werden sie effizient und effektiv eingesetzt?
Wo zeigen sich vorhersehbare Hindernisse?
Welche Kooperationen sind notwendig?
Liegt alles unter der Kontrolle der Organisation?
Welche Abhängigkeiten gibt es?
Zu den Schlüsselaufgaben des Managements (für Ziele sorgen, organisieren,
entscheiden, kontrollieren, messen, bewerten) gesellt sich eine wesentliche
Aufgabe: die Selbstentwicklung von Menschen zu fördern und zu unterstützen.
Veränderungsmanagement in großem Ausmaß (Umsturzphasen „frame-breakingchanges“ als Gegenpart zu Konvergenzphasen) bedarf eines sorgsamen
Umgehens mit dem Faktor Zeit. „Gut Ding’ braucht Weil“ sagt ein altes
Sprichwort. Die Einführung von Bildungsstandards hat in Folge dieses
Umsturzcharakter, wenn es nicht bei der Messung als IST- Erhebung bleibt,
sondern wenn man die Konsequenzen der Ergebnisse der Messungen auch in den
Schulalltag einfließen lässt, um Schul- und Unterrichtsqualität weiterzuentwickeln.
Erfolgreiche organisatorische Veränderungsprozesse beruhen auf einem Bündel von
Maßnahmen. Auch wenn das Ziel Veränderung in der Gesamtorganisation ist, setzen die
Interventionsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen an:
• Ebene der Gruppen
• Beziehung der Gruppen untereinander
• Ebene des Gesamtsystems
• Beziehung zwischen den Organisationen
Organisationen sind lernende Systeme:
Sie brauchen Rahmenbedingungen und Richtungsvorgaben, aber keine inhaltlichen
Vorgaben von Veränderungszielen und Mittel.
In zeitgemäßen Schulentwicklungsprozessen hat die Steuerungsleistung eine andere
Funktion und Bedeutung als früher.
Steuerungsleistung ist Managementaufgabe und besteht darin, Innovationsprozesse so
zu organisieren, dass möglichst viele Einflussfaktoren im Blick bleiben,
Reflexionsprozesse und Feedbackkultur Platz haben und greifen.
Veränderungssituationen brauchen und fordern ein Veränderungsmanagement.
Es ist ein häufiges Vorurteil bzw. ein großes Missverständnis zu glauben, dass sich in
sozialen Organisationen menschenorientierte und partizipative Führung nicht mit
systematischer Planung, Steuerung und Kontrolle verträgt.
Gutes, gelungenes Management kann an Wirkungen (Ergebnissen in der operativen
Ebene) und Nachhaltigkeit (internalisierte „echte“ Veränderungen) gemessen werden.
Das bedeutet, dass Schule nicht nur von einem Schulmanager/einer Schulmanagerin
geleitet und geführt wird, sondern dass es ein so genanntes Mittelmanagement geben
muss - Personen, die in ihren jeweiligen Bereichen als fachliche Experten und
Expertinnen auch Managementaufgaben erfüllen und auf der operationalen Ebene ihrem
Kerngeschäft nachgehen.
Veränderungsprozesse
Change is a constant process,
stability is an illusion.
3
Steve de Shazer
Grundannahme
Erfolgreich ist eine Veränderung dann, wenn sie vom Bestehenden akzeptiert und
integriert wird. Veränderung darf daher nicht ohne den Gegenspieler – das Bewahren –
gemacht werden.
Konsequenz
Nicht das Neue an sich, sondern die Integration des Neuen in das Bestehende ist die
Herausforderung und das Kennzeichen gelungener Innovation.
Kernfrage
Wie steht es um die eigene Person in Bezug auf Veränderungsbereitschaft
(Selbsterkenntnis, Metaposition)?
Denkanstoß aus der Theorie
♦ Philosophische Anthropologen bezeichnen die Fähigkeit, sich zu sich selbst in
Distanz/Differenz zu setzen und gleichsam aus sich selbst heraustreten, um sich selbst
zum Gegenstand der Betrachtung zu machen, als eine der wichtigsten Fähigkeiten, die
Menschen erst zu Menschen machen. Der Begriff dazu, die Selbstreflexion und die
Reflexion darüber (Metareflexion) sind wesentliche Grundlagen in beratenden
Gesprächen.
♦ Im Konstruktivismus heißt reflektieren, bewusst Unterschiede einzuführen. Die eigene
(An)Sicht der Dinge (Phänomene, Erscheinungsbilder) von diesen selbst zu
unterscheiden. Das Bezugssystem (der Rahmen), aus dem heraus wir urteilen ist vom
Urteil selbst (vom Gerahmten) zu unterscheiden. Der Maßstab, mit dem wir messen, ist
vom messenden Gegenstand zu unterscheiden. Die reflexive Distanzierung regt durch
Unterschiede Reflexion an.
Umsetzung in die Praxis
durch konstruktivistisches Coaching
(vgl.Hans Rudi Fischer in Tomaschek 2006)
Ziel ist – vereinfacht gesprochen- die Überwindung des Egozentrismus, des
Gefesseltseins an den eigenen Standpunkt.
Coaching hat dabei jene kommunikative Umwelt bereitzustellen, die es den Klienten
erlaubt, in diese Reflexiontriade (Reflexion, Selbstreflexion und Metareflexion)
einzutreten.
Diese Reflexion ist aber nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck VERÄNDERUNG:
Etwas ist nicht so, wie es sein soll. Es gibt eine Ist-Soll-Differenz, ein Anliegen, ein
Problem. Probleme selbst sind bereits wieder Ergebnisse von Reflexionsprozessen, denn
auf der Welt gibt es keine Probleme. Probleme wie Lösungen sind Konstruktionen von
Beobachtern, die im Coachingprozess reflektiert werden.
(Achtung: Probleme ohne Lösungsmöglichkeiten sind keine Probleme!)
4
Die Rolle des Coaches ist die eines „Geburtshelfers“ (Neues auf die Welt zu bringen), der
mittels Fragen die Reflexion, die Selbstreflexion und die Metareflexion des Coachees mit
dem Ziel steuert, ihn zu neuen Einsichten über sich selbst, seine Organisation, seine
Fähigkeiten und Kompetenzen, seine Interaktions- und Kommunikationsmuster, seine
Ressourcen zu bringen.
Wie kommt dieses Neue in die Welt?
→ mit fremden Augen sehen (Position wechseln)
→ hinterfragen
→ in Zweifel ziehen
→ paradoxieren
→ Erwartungen enttäuschen
→ Muster unterbrechen
Ort und Fokus des Coaching
Die Landkarte des Klienten ist die Landschaft, die im Coaching beackert werden soll. Es
geht nicht darum, welche Landkarte die richtige ist, sondern darum, Unterschiede
aufzutun.
Unsere Entscheidungen (ent-scheiden heißt eine Grenze ziehen) sind Entscheidungen für
eine bestimmte Art und Weise des Sehens und darüber, wie über etwas gedacht und
kommuniziert wird.
Wo steht dabei der Beobachter (das vorstellende Ich)?
Die Vorstellung vom Ich in der Wirklichkeit befindet sich nicht in der Wirklichkeit,
sondern außerhalb. Das vorstellende Ich ist draußen, das vorgestellte Ich ist drinnen in
der Wirklichkeit. Zwischen uns als Beobachter und der Wirklichkeit draußen gibt es aber
keine klare Trennunglinie. Die Grenze wird durch Entscheidungen und Unterscheidungen
gezogen.
Diese Entscheidungen und Unterscheidungen sind von beraterischer Relevanz. Der
Slogan dazu könnte lauten:
„Sag mir, welche Unterschiede du machst und ich sage dir, wer du bist.“
Dazu kommt das Prinzip der Komplementarität:
Unterschiedliche Perspektiven /Interpretationen schließen einander aus, bilden aber
zusammen eine unauflösbare Einheit. Wir sehen unsere Perspektive von der Wirklichkeit,
nicht aber die Wirklichkeit selbst, so wie wir unser Auge nicht beim Sehen sehen.
Die Relevanz für das Coaching:
Sehen heißt deuten und der Coach muss den Deutungsrahmen des Klienten kennen und
in die Reflexion miteinbeziehen. Für den Coachingprozess stellt sich die Frage nach der
Wahrheit/Wirklichkeit nicht.
Im Coachingprozess werden alternative Sichtweisen des Klienten eingeführt und
methodisch erprobt – methodische Verfremdung, experimentelle Erprobung, andere
(Denk)Brillen.
Damit gewinnt die innere Landkarte (Sammelmetapher für alle Fenster, Brillen,
Perspektiven), durch die das Individuum die Welt betrachtet, große Bedeutung. Sie
spiegelt seine Überzeugungen, sein Glaubenssystem wider und stellt die Blickwinkel dar,
unter denen er die Welt betrachtet und somit seine Wirklichkeit erschafft. Das Glaubensund Wertesystem (innere Landkarte, von außen nicht sichtbar) ist die Grundlage
unseres Denkens und Handelns und steuert unser äußerlich wahrnehmbares Handeln.
Die innere Landkarte ist der Kontext, aus dem Handeln seinen Sinn erhält. Damit liefert
es die Orientierung, die aus einer Fülle von Handlungsalternativen selektieren und
handeln lässt. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:
Das Resultat meines Handelns stimmt mit meiner inneren Landkarte (subjektive
Wirklichkeit) zusammen oder nicht. Veränderungen / Probleme entstehen durch
Nichtübereinstimmung. Die Welt ist nicht so, wie wir es erwartet haben. Rational
gesehen müssten wir unser Bild von der Welt (innere Landkarte) ändern. Wir „ticken“
aber nicht nur rational, unsere Glaubenssätze streben nach Selbstbestätigung. Wir
schützen uns gegen die kognitive Dissonanz durch Wahrnehmungssperren,
5
Verschiebung, Verdrängung, Umdeutung.
Gehen wir aber von der Grundfähigkeit des Menschen zu Reflexion aus, müssen wir zur
inneren Landkarte eine zweite Ebene einziehen, die Metaebene, die für das eigene
Selbst- und Weltbild die Objektebene ist.
Übertragen auf soziale System (Familien, Teams, Organisationen) heißt dies, dass es
auch dort neben den individuellen Landkarten so etwas wie eine kollektive Landkarte,
die aus der Interaktion entsteht, gibt.
Das zentrale Gestaltungsprinzip im Coachingprozess heißt aus diesem Verständnis
heraus Alterität („mit anderen Augen“), die über „mächtige“ Fragen realisiert wird:
Der Widerspruch in unterschiedlichen Perspektiven – Perspektivendivergenz – ist das
Treibmittel für Veränderungsprozesse. Den Möglichkeitssinn des Klienten zu entfachen,
heißt, ihn dazu bewegen, mit anderen Augen zu sehen. Wir brauchen Distanz, um die
Sinne zu erfrischen. Das heißt, auch Unvertrautes wahrzunehmen.
Die anderen Augen zeigen den Unterschied zu Vertrautem.
Der Coach muss dabei die Kunst des entfremdeten Umwegs praktizieren, aus dem
Bekannten heraus durch das Unbekannte hindurch zur Wiederbegegnung mit dem
Bekannten zu führen. Den Klienten verstehen heißt dabei nicht, sich mit ihm zu
identifizieren (Distanz schwindet), sondern das Vertrautwerden in der Distanz.
VERTRAUEN
Die Messlatte der Erwartungen an Schule und Schülerleistungen hängt höher denn je.
Unabhängig von der Definition der Höhe dieser Messlatte lähmen permanent überhöhte
Erwartungen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Organisationen und Systeme. Dies
schafft einen Nährboden für Misstrauen und Vorsicht.
Schulen brauchen Systemvertrauen – in die kleinere Organisationseinheit des jeweiligen
Schulstandortes ebenso wie in das Bildungssystem als Ganzes - um gute Qualität zu
verwirklichen und sich gemeinsam weiterzuentwickeln.
Wirkungen von Vertrauen:
Vertrautheit, Zutrauen, Sicherheit, Treue, Respekt, Achtung, Orientierung, Übersicht,
Verbindlichkeit, Berechenbarkeit, Erfahrungskontinuität, Stabilität, Partizipation,
Zumuten, Zulassen und Loslassen können u.a.
Wirkungen von Misstrauen:
Verlust von Zutrauen, Abbau von Vertrautheit, Zerstörung von Zuversicht, Aufbau von
Distanz, Fremdheit, Unabwägbarkeit von Folgen, Abwertungskultur, Ausuferung von
Vermutung und Verdacht, Unterstellung und Neid, Zunahme von Krisen und Konflikten
u.a.
Zeiten großer Veränderungen brauchen eine professionelle Aufarbeitung der
Ressource Vertrauen, die als positive Nebenwirkungen höhere Motivation und
Konfliktprävention bringt.
Das für Schulen notwendige Systemvertrauen muss vorbereitet, aufrechterhalten und
weiter entwickelt werden. Der Weg dazu führt über strukturelle Absicherung und
Vertrauen fördernde Handlungen mit Mut zum Musterwechsel und in einer Balance
zwischen Bewahrung und Veränderung begleitet von Offenheit, Transparenz, Klarheit,
Klärung, Selbstteuerung, Eigenverantwortung und einer gelungenen Kommunikationsund Feedbackkultur.
Eine auf Vertrauen basierende Führungssituation hält auch Führungsfehler aus.
6
Vertrauen entsteht durch viele kleine Signale und Taten, die besonders im Umgang mit
Fehlern und Erfolgen (konstruktive Fehlerkultur und faire Erfolgszuschreibung) wesentlich
sind.
Die Schulleitung kann den anderen Mitgliedern eine Grundhaltung des Vertrauens
anbieten und Vertrauen fördern, nicht aber als Vorschuss verlangen. Führungsqualität ist
gerade in der Anfangsphase im Umgang mit dem normalen und erlaubten „gesunden“
Misstrauen gefragt.
Vertrauen als „Rolle und Aufgaben zutrauen und geteilte Verantwortung zulassen“ kann
und muss Schulleitung einfordern.
Vertrauensbruch im System Schule hat keinerlei besoldungsrechtliche Konsequenzen
oder mündet in Kündigung. Entsprechende soziale Rückmeldungen und Konsequenzen
innerhalb der Organisation (Ansehensverlust, Verlust bestimmter Aufgaben, Ausschluss
aus Teams….) sind aber in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen.
Gedankensplitter – einfach zum Nachdenken - aus Expertenmeinungen:
(subjektive Auswahl aus Referaten einer Tagung in Linz, Jänner 2007)
Vertrauen gibt es nicht als Vorschuss. Vertrauen gewinnt man durch Ergebnisse aus
Versprechen, die man erfüllt.
Sylvia Steinmann, Organisationsberaterin, Schweiz
Große Veränderungen bedürfen eines „KULTURBRUCHES“.
Man kann und muss Schulen diesen Kulturbruch zumuten.
Marlies Krainz-Dürr, Rektorin der PH Kärnten
Nach dem PISA Schock ist Schluss mit lustig!
Nachhaltigkeit ist gefragt!
Peter Daschner, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hamburg
Es gibt einen Zusammenhang zwischen zuviel Datenerhebung und Abnahme von
Systemvertrauen. Evaluation muss Serviceleistung sein (Sinn machen, wichtige Fragen
beantworten) und darf nicht Selbstzweck sein oder Kontrollfunktionen übernehmen!
Uwe Hameyer, Universität Kiel
Alte Muster in neuen Strukturen funktionieren nicht!
Symptombekämpfung und Flickkultur sind keine Schulreformen!
Monica Gather Thurler, Universität Genf
Werfern wir interessante und effektive Impulse der Qualitätssicherung nicht im Sinne von
Schnelllebigkeit/Modernität weg oder vergessen sie!
Herbert Altrichter, Uni Linz
Schulen können mit Ergebnissen externer Evaluation nichts anfangen, wenn sie interne
Evaluation nicht kennen, nicht erfahren haben!
Hans-Günter Rolff, Universität Dortmund
Passt das alte System nicht zu den Visionen, muss es verändert werden.
„Wer führen will, muss stören!“
7
Sylvia Steinmann, Organisationsberaterin, Schweiz
Aus dem neuen BILDUNGSPROGRAMM der REGIERUNG 2008 – 2013
Bereich Bildung
Gedankensplitter daraus:
Vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartung, immer kürzeren Innovationszyklen in
Wirtschaft und Technologie sowie der Dynamik gesellschaftlicher Veränderungen in einem
erweiterten Europa und einer globalisierten Welt erfährt das lebensbegleitende Lernen
einen wachsenden Stellenwert. Es bietet die Möglichkeit, sich unabhängig auf der Basis
persönlicher Wahlfreiheit entfalten und individuelle Lebenswege gestalten zu können.
Beginnend mit der frühkindlichen Erziehung, gefolgt vom gesamten Schulbereich und der
Berufsbildung umfasst lebensbegleitendes Lernen auch tertiäre Bildungsangebote,
allgemeine Erwachsenenbildung und betriebliche Weiterbildung.
Veränderte soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen machen
eine nachhaltige Weiterentwicklung des Bildungssystems dringend notwendig. Alle
Kinder und Jugendlichen in Österreich sollen unabhängig von ihrem familiären
Hintergrund die Chance auf bestmögliche Bildung und Ausbildung zu erhalten. Im
Zentrum steht dabei die Durchlässigkeit und Chancengerechtigkeit des Bildungssystems
und die Verbesserung der Unterrichtsqualität.
Das Gelingen notwendiger Schulreformen im Bildungssystem erfordert auch ein
zeitgemäßes Schulmanagement:
Mit gezielten Maßnahmen soll die Eigenverantwortlichkeit am Schulstandort gestärkt
werden.
Zentrale Aufgaben eines neuen bundesweiten Profils für die Schulleitungen werden die
Mitwirkung bei der Personalauswahl und Personalentwicklung und die Verantwortung für
den Ressourceneinsatz, die Schulentwicklung und die Qualitätssicherung am
Schulstandort sein.
Ab einer zu bestimmenden Schulgröße soll bundesweit ein Rahmen für ein mittleres
Management entwickelt und beispielgebend an Bundesschulen eingesetzt werden.
Das Aufgabenprofil der Schulaufsicht wird weiterentwickelt im Sinne einer professionellen
Begleitung eines zeitgemäßen und nachhaltigen Qualitätsmanagements.
Eine Novellierung des Pflichtschulerhalter-Grundgesetzes soll den Ländern die
Flexibilisierung der Schulsprengel ermöglichen.
Noch vorhandene Doppelgleisigkeiten bei den Schulbehörden sollen beseitigt werden.
Die Bezirks- und Landesschulräte und deren Kollegien sollen abgeschafft werden.
Beiräte als beratende Organe auf Landesebene mit Vertretern von Schülern, Eltern und
Lehrern sollen eingerichtet werden.
Bildungsdirektionen werden eingerichtet.
Beim Ressourceneinsatz soll Transparenz hergestellt und ein einheitliches
Controllingsystem entwickelt werden.
November 2008
8
TAGUNGSBERICHT
ESHA – Conference
Conditions of School Leadership in Europe
Kopenhagen
September 2008
ESHA – the European School Heads Association – is a professional organization for
European School Heads within primary and secondary education. Nearly all European
countries (both EU and non-EU) are represented within ESHA by one or more
organizations. ESHA is an international community in which experiences, visions and
views between the members are exchanged and in which new ideas are born.
President Chris Harrison emphasized in his opening speech the importance of meeting
people and sharing visions. We live in a period of fast moving changes, the exceptions of
today are getting a common place in the future. So we have to think about school of
tomorrow for the children of today. The focus is laid on support for all children and their
personal needs. Key priorities have to be defined and learning needs have to be led.
Director in the General Ministry of Education in Denmark, Lars Mortensen
emphasized the need of hiring new school leaders who are able to keep balance in their
responsibility for their institutions’ daily educational, administrative and economic
leadership.
Director for Education OECD Barbara Ischinger spoke about an international priority
in influencing motivation and capacity of teachers’ efficiency. Across the world the
expectations in school heads have moved: more challenges, heavy workloads and limited
career. The roles have changed dramatically – autonomy, decentralisation, accountability
for outcomes, new approaches to teaching and leading. These new challenges show the
need to invest in the knowledge and skills of leaders on the job, the need to distribute
responsibility, the need to define core tasks and to prioritize. School heads stay between
policy and school. Another important question is “How to train school heads from the
beginning to the end of their career?”
The OECD report 2006 shows that 15 of 22 countries have difficulties in finding a
sufficient number of qualified candidates and great differences in salary. Options for
future policy are defining frameworks for trainings, creating leadership teams (middle
management), offering pre-education, induction and in-service, a combination of
learning, experience and coaching. And last but not least to enable career development
by professionalizing school heads after being a school leader and to make this profession
more attractive by paying a better salary. So we need a new awareness of the
importance of teachers and principals.
Bob van de Ven and Stefan Brauckmann:
The impact of school leadership on school results – exploring the foundation of
a relationship.
The main question of the research was “Why are schools successful (referring to
outcomes / pupils’ results)?”
The unspectacular answer was “It is important to have a good school leader!”
In order to answer the next question “What does this mean exactly?” and to look more
deeper in the intention to explore the foundation of this relationship the LISA project was
started. It responds to the needs of rapidly changing society with world wide megatrends
in an area of glocal (= global & local) challenges - global problems on local levels:
decentralization, financial accountability, accountability for the results, responsibility,
competition between schools, increase of customer control. The world goes beyond what
one single individual can achieve successfully!!!
Additional obstacles for high quality leadership are
9
» principals carry most of responsibility (hardly any teams)
» leadership is shaped by contextual factors and school- level differences
It is important, that governments take account of these factors to respond more
effectively to the different needs of principals in different types of schools.
The main topic for school results is teacher’s quality and classroom management. There
are no direct effects from school heads to pupils’ results, but definitely indirect ones.
Seven European countries take part in the LISA project. Its purpose is to uncover
relevant differences between countries and to explore how school leadership directly or
indirectly influences and effects students’ achievement. The research areas are the role
of school leaders on secondary level in each of these countries, the leadership style and
mechanisms of the influence given above.
On the background / expectations of school context, school level and system level
(government) it is tried to find the style mix (size of leadership radius) that leads to
intermediate variables that influence students’ achievement.
The most important message up to now is becoming a learning community, creating a
basis for networking and offering further education in addition to mentoring and
coaching.
More about LISA: www.lisa-project.eu and contacts: [email protected] and
[email protected]
Jorn Skovsgaard, Senior adviser in the Ministry of Education Denmark put a more
thorough and indepth view on the OECD paper “Improving School Leadership”.
Here is a compact summary of his message for improving leadership out of this report:
» Developing concepts and strategies
» (Re)defining school leadership responsibilities
» Distributing school leadership
» Developing skills for effective leadership
» Making school leadership an attractive profession
Many scenarios will be possible in the future (Re-Schooling/De-Schooling/ Crisis….). We
don’t know which of these scenarios are likely to happen. We have to think about which
of them are desirable. It is time to develop a strategy!!!
Toby Salt, Strategic director on the National College of School Leadership
(NCSL) in London reported about his experiences in leadership training in England. He
emphasized the importance of recruiting, regaining and developing school heads. In
England you can’t be a head teacher, if you have no qualification. In the NCSL 84 %
graduate as school heads (after being teachers for about 15 years in average), but only
43 % are heads within the first 5 years.
There is need for a new model in the training of school heads because of several reasons:
- demographic factors
- self-improving local systems
- the need to distribute
- policy development
For further information and service (leadership material, library) use the internet:
www.ncsl.org.uk/leadershipnetwork and [email protected]
Jouni Välijärvi, Director of the Institute for Educational Research in Finland
spoke about Finland, PISA and leadership. He said, that it is a network of reasons that
Finland did well at PISA.
The early recognition and prevention of learning problems is one of the reasons. Finland
has installed pre-primary classes (all over the country, used by 100 %, though not
compulsory!!!) and there are special education offers on all levels – inclusion is a main
topic! Principals and a team of experts (teachers with special education in problem
solving but not from the own school, counsellors, supervisors, psychologists) take care of
students with problems and help to go deep into problems. There is guidance and
counselling for all. Other reasons are multi-disciplinary and –sectoral cooperation,
10
transition from day care to school, flexible curriculum, cooperation with parents, health
care, school meals and libraries.
The results of Finland are caused by an exellent performance with weaker performance
students compared with other European countries (they did twice as well as Austrian
students) and no forgetting of the best students. There are Comprehensive Schools
(Gesamtschulen) all over Finland – same school, but not same class, same time, same
station.
There is a high popularity of the professions teacher and school head. Teachers and
heads have much responsibility and power. Every teacher gets the training on the
university and passes with a master degree. The students are highly motivated and
multitalented (only the best 50 % are taken). In addition to that there is a growing
flexibility of the models, re-organization of the programs (Bologna criteria, common base
for all, in-service trainings to hold career, special education courses for all, mentoring)
and mobility.
School heads’ / principals’ education takes place as pre-education at the university, too –
in their free times, during their holidays. For unwanted regions the education is paid by
the government (otherwise it costs about 1000 €). After being a head there is no more
compulsory training, but some postgraduate programs. At the moment lifelong learning
problems for school heads are not of importance at the moment, because school heads
make career in other fields after a view years.
80 % get a degree as school head, but only 40 % get heads. Most of them do not want
to get a head after getting to know the real challenges in being a head.
One of the main challenges of today is the relation between school outcomes and social
economic factors, which is remarkable. The school status in most of the PISA countries is
very different, not so in Finland. There the quality of schools all over the country is very
similar, unequal where it is located. In Finland it is changing, too. That may cause
differences in the future.
What is different to other PISA countries, too?
At the moment there are only 2 to 3 % immigrant students in Finnish schools.
There are no school rankings.
There are no national-wide tests.
There are no school inspections since 1990.
Why not? Look at the PISA results!
THERE ARE SELF- EVALUATION AND TRUST!
The results in PISA didn’t show a relation between money and school outcomes – the
correlation is zero. If it was so, Austria would hold position 3.
Comparing the learning times (at school and at home) Finland is average, but it offers
enrichment classes (Förderstunden) more than others.
Finland does not lean back, it looks into the future and starts work in its developing fields
like gender (Pisa shows, that girls read far better than boys and boys are far better in
maths and science – very traditional) and attitudes (self-belief-index).
At the end two further messages from two main speakers, who showed us the world
outside school (LEGO) and inside learners (brain) with a touch of humor:
Peter Lund Madsen, medical doctor and entertainer told us, that parts in our brains
concerning leadership enable us to innovation, anticipation and compassion. But there is
no part for working together!
However:
WE HAVE MORE IN OUR BRAINS THAN WE HAVE IN OUR MINDS!
Jens Maibom, one of the directors from LEGO spoke about “The Extra Learning
Dimension – stimulating creativity, problem solving and teamwork”. He let us build a
duck within 60 seconds out of six pieces of LEGO stones. The variety was enormous.
Hardly any duck looked like the others.
His message is very simple:
Make a choice – a decision – a focus out of the possibilities and expectations.
(reaching everything is impossible).
11
And the first step in crisis:
LOVE LEADERSHIP! One has to stand up and say what………….!
Dr. Marlies Henzl
September 2008
AKTUELLES aus der BÜCHERWELT
VERTRAUEN –
Die Wiederentdeckung einer sozialen Ressource
Olaf Geramanis
Stuttgart 2002
Mit der Analyse von Vertrauen als eine soziale Ressource entzaubert Olaf Geramanis
diesen Begriff, indem er ihm seine Komplexität nimmt und die Fragezeichen tiefer setzt.
Dabei finden sich verwandte Begriffe wie Vertrautheit, Zuversicht, Zutrauen,
Vertrauenskultur, Vertrauensarbeitszeit und vertrauensvolle Kooperation. Dass das nicht
alles dasselbe sein kann, scheint uns klar zu sein. Dennoch wird oft nur der Begriff
Vertrauen verwendet und damit sind Kommunikationsstörungen vorprogrammiert, indem
wir nicht vom selben sprechen!
Jemandem zu vertrauen, ist eine riskante Entscheidung. Risiken und Ungewissheiten sind
schwer kontrollierbar, aber dennoch durch Vertrauen handhabbar.
Fazit: "Kontrolle ist gut - Vertrauen ist mutiger" macht aber viel Arbeit mit neuen,
manchmal überraschenden Sichtweisen auf einen 'vertrauten' Begriff.
Was genau heißt Vertrauen, wie kommt es zustande, was lässt es bestehen, was
beeinflusst es und wie kann man es brechen?
Diesen Fragen geht Olaf Geramanis nach, den Spagat schaffend einerseits zwischen
wissenschaftlichem Anspruch und andererseits guter Lesbarkeit und Verständlichkeit für
Leser/innen auch außerhalb eines Expertenbereiches.
Der Weg führt vom „Urvertrauen" und Vertrautheit hin zum „echten“ Vertrauen und
beschreibt verständlich, was uns einerseits selbstverständlich, andererseits aber auch
unverständlich und schwierig scheint.
Unterschiedliche Ansätze der Vertrauensforschung, erklärt, verbunden, anschaulich mit
Beispielen belegt und versehen mit Querverweisen zu seinen Schlussfolgerungen
verhelfen zu einem neu gewonnen „Weitblick“ in Sachen Vertrauen.
12
VERANSTALTUNGSHINWEISE
Vortragsreihe einer Kooperation der PH OÖ, der PH Linz, der Johannes Kepler Universität
Linz und des IPP
Startvortrag Dezember 2008:
Dr. Stephan Huber, PH Zentralschweiz
Was müssen SchulleiterInnen können und wie können sie es lernen?
Internationale Forschungsergebnisse zu Führung und Management in der Schule im
Überblick
VORSCHAU auf AUSGABE 3
Schwerpunktthemen
Systemtheorie in der Bildungslandschaft
Systemisches Denken in der Schule
Tagungsbersicht
Systemische Forschung Heidelberg 2008
Buchbesprechungen
Fritz B. Simon: Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus 2007
Rolf Arnold: Ich lerne, also bin ich: Eine systemisch-konstruktivistische Didaktik
2007
13

Documents pareils