Ausgabe 2013/1 - Switzerland Global Enterprise

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Ausgabe 2013/1 - Switzerland Global Enterprise
1 | März 2013 Das Schweizer Aussenwirtschaftsmagazin
Go!
Fokussiert
Schweissmasken
für höchste Ansprüche:
So holt sich Optrel
Marktanteile zurück
Interview
Urs Rickenbacher, CEO
Lantal Textiles, über den
Mut zur Nische und
Spielraum für Innovationen
2
| xxxx xxxx
Exportieren? Aber sicher.
Besteht bei Ihren Kunden im Ausland das Risiko eines Zahlungsausfalls? Birgt das Exportland besondere wirtschaftliche oder politische
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dass Ihre Lieferungen bezahlt werden. Im Auftrag des Bundes decken wir Risiken, für die der private Markt keine Lösungen anbietet.
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Inhalt Editorial |
03
04
Totale Fokussierung:
Carbon-CompositeHersteller CONNOVA
konzentriert sich mit
Erfolg auf zwei Prozent
des Weltmarktes.
12
Die Lenzburger Finnova
AG erobert mit ihrer
Bankensoftware von
Singapur aus den
asiatischen Markt.
04 | Focus Neue Märkte, neue Chancen
Mit klarem Fokus neue Märkte effektiver erschliessen
10 | SIPPO Jahrelang gut begleitet
Beratungen und Messeauftritte zahlen sich aus
12 | Success Story Finnova
Effiziente Softwaresysteme für dynamische Banken
14 | Interview Urs Rickenbacher, CEO von Lantal Textiles
«Wir geben viel Spielraum und Zeit für Innovationen»
18 | O
pportunities Türkei
Die Türkei hebt ab – nicht allein mit Turkish Airlines
20 | Location Promotion Dialog stärken
Standortförderer bringen sich gegenseitig weiter
22 | K
now-how Liquiditätsmanagement
Liquide Mittel können investiert statt verwaltet werden
24 | N
ews & Events
Die besten Exporteure am Aussenwirtschaftsforum
ranchengrafik Textilindustrie
25 | B
Aus Tradition innovativ, erfindet sie sich stets neu
26 | Schwarz auf weiss Chance Zukunft
Grosser Ehrgeiz ist ein Schweizer Erfolgsmodell
Impressum Erscheint viermal jährlich in deutscher und französischer Sprache.
Herausgeber: Osec, Stampfenbachstrasse 85, CH-8006 Zürich, Telefon + 41 44 365 51 51;
E-Mail: [email protected], Internet: www.osec.ch.
Redaktion: Kommunikation Osec, Sibylle Zumstein (Chefredaktorin); redaktionelle Mitarbeit,
Produktion und Grafik: Infel AG – Michael Flückiger (Text) und Franziska Neugebauer
(Art Direction). Titelbild: Nicola Pitaro. Fotos: Nicola Pitaro, Bertrand Cottet, Tomas Wüthrich,
Martin Guggisberg, Andreas Gerber,
Keystone / SPL / Volker Stegel, Keystone / Urs Flueeler, Marco Cristofori/Corbis,
Bildagentur-online / Tips-Images, zVg.
Lithos: n c ag, 8902 Urdorf.
Druck: Schellenberg Druck AG, Schützenhausstrasse 5, 8330 Pfäffikon ZH.
Daniel Küng
CEO Osec
Expansion: Ein klarer Fokus
öffnet neue Märkte
Erfolgreiche Schweizer Exporteure gehen sehr gezielt vor.
Die schwindenden Absätze und schmäleren Margen
im schwächelnden EU-Wirtschaftsraum setzen unsere
KMU dem Druck aus, auf neue Märkte zu setzen.
BRIC-Staaten und Schwellenländer locken mit ihren
Wachstumszahlen. Doch besteht auch die Gefahr, dass
die Kräfte verpuffen. Entscheidend ist, mit welchem
Produkt welcher Markt bedient werden soll und wo
man sich besonders auszeichnen kann. Wer effektiv
exportieren will, tut gut daran, zu fokussieren.
CONNOVA, ein Unternehmen, das aus Faserverbundstoffen Werkteile für Luft- und Raumfahrt sowie den
Automobilrennsport herstellt, richtet sein Portfolio
auf lediglich zwei Prozent des Marktes aus und
konzentriert sich damit international ganz gezielt auf
ein schmales Kundensegment.
Die Textilbranche muss sich immer wieder neu erfinden.
Welchen Fokus ein Unternehmen einnimmt, ist oft
eine Frage der Selbstdefinition. Lantal Textiles wandelt
sich derzeit vom Textilunternehmen zum Anbieter
von Gesamtlösungen. Urs Rickenbacher spricht im CEOInterview von der Bedeutung der Kreativität und
erklärt, welche Rolle die Mitarbeitenden dabei spielen.
wie visionär die
türkische Wirtschaft derzeit denkt und wie sie die
Lücken zu den mächtigsten Wirtschaftsnationen nicht
nur sprichwörtlich im Flug schliesst.
Ausserdem lesen Sie in dieser Ausgabe,
Unser Kolumnist Gerhard Schwarz diagnostiziert, dass die
Schweiz zwar unter Wohlstandsproblemen leidet,
aber für ihren Sonderfall weiterhin auf aussergewöhnlichen Ehrgeiz und liberale Werte setzen muss.
Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre!
04
| Focus Neue Märkte, neue Chancen
Swiss Engineering
vom Feinsten:
Die automatischen
Schweisshelme
von Optrel sind ebenso gefragt wie die
Carbonteile von
CONNOVA (rechts).
05
Diversifizieren mit
klarem Fokus
Wer sich auf einzelne Marktsegmente und Produkte fokussiert, kann neue Märkte
wirkungsvoller angehen. CONNOVA mit ihren Faserverbundstoffen und die
Schweisshelmproduzentin Optrel gehen den kompromisslosen Weg innovativer
Lösungen für überschaubare Zielmärkte.
Von Michael Flückiger
06
| Focus Neue Märkte, neue Chancen
D
ie Eurokrise zeigt Wirkung. Schweizer Firmen, deren
Exporte heute noch zu 60 Prozent in die EU gehen,
richten sich globaler aus, diversifizieren ihre Exportaktivitäten und versuchen, sich in neuen Märkten mit erfolgversprechenden Wachstumsprognosen zu etablieren. Nicht
ohne Grund: Gemäss Eurostat ist das BIP der EU-Staaten
2012 um 0.5 Prozent geschrumpft. Das Thema Wachstum
nimmt in der EU damit vorerst einen Nebenschauplatz
ein. Neue Märkte sind vielversprechender. Wer mit verschiedenen Währungen, Absatzkanälen und Logistikketten
operiert, schafft zusätzlich Investitionssicherheit und senkt
Klumpenrisiken. Die Vielfalt von Möglichkeiten im Export
birgt aber auch das Risiko, sich zu verzetteln. «Geografische Diversifizierung ist aus unserer Sicht unverzichtbar.
Die Schweizer Exportwirtschaft muss unabhängiger wer-
«Unser wichtigstes Kapital ist die Leidenschaft unserer Mitarbeiter und unser klarer
Fokus auf anspruchsvollste Aufgaben.»
Jon Andri Jörg, CEO der CONNOVA AG in Villmergen
den, um ihre Kraft zu erhalten», erklärt Daniel Küng, CEO
der Osec. Er macht immer wieder die Beobachtung, dass
jene Schweizer Unternehmen im Export besonders erfolgreich sind, die sich mit einem gestrafften Sortiment auf
Produkte und Kundensegmente mit hoher Wertschöpfung
fokussieren. Die Vorteile des Prinzips Konzentration vor
Expansion liegen auf der Hand. Dieses Vorgehen schafft
überschaubare Märkte, Absatzziele lassen sich konkreter,
Kunden gezielter angehen.
Beispielhafte Fokussierung
Exemplarisch für eine kompromisslose Fokussierung ist
die Firma CONNOVA mit Sitz im aargauischen Villmergen. Die Herstellerin von Carbon-Composite-Bauteilen
für Luft- und Raumfahrt, Automobilrennsport und Medizintechnik konzentriert sich auf besonders anspruchsvolle Spezialanfertigungen in Kleinserien. Das Unternehmen
schätzt, dass es gerade mal zwei Prozent des stetig wachsenden 55-Milliarden-Franken-Carbon-Composite-Marktes abdeckt. Damit ist die internationale Expansion für
sie keine Option, sondern Pflicht. CONNOVA entwickelt
ihre Lösungen vom Engineering bis zur Fertigung. Das
garantiert ihr eine hohe Wertschöpfung.
Leichtbauteile mit Zukunft
Composites sind ultraleicht und haben eine hohe Festigkeit. Sie lassen sich je nach Faserverlauf und Krafteinwirkung steif oder auch elastisch gestalten und dehnen sich
bei Wärme nie aus: Aus Karbon lassen sich Werkteile mit
ganz spezifischen Eigenschaften formen. Vor allem bezüglich Gewicht und Festigkeit. Die Verbindung aus Harz und
präzis gerichteten Fasern verleiht Zukunftsvisionen Flügel. Bertrand Piccards futuristisches Flugzeug «Solar Impulse» ist zu einem grossen Teil aus Carbon Composites
gefertigt. Bei einer Länge von 22 Metern ist das Flugzeug
mit 73 Metern Spannweite gerade mal so schwer wie ein
Mittelklassewagen. Leise gleitet der solarbetriebene Vogel
dank erfindungsreichem Leichtbau-Engineering der Aargauer CONNOVA scheinbar schwerelos über den Wolken. Sämtliche Rippen, Höhen- und Querruder wie auch
das Cockpit und die Verstrebungen sind speziell gefertigte
Teile aus dem revolutionären Werkstoff. «Wir entwickeln
Werkteile für höchste Ansprüche. Das zwingt uns zur Innovation. Um die besonderen Ansprüche unserer Kunden
erfüllen zu können, müssen wir die Dinge von Grund auf
neu denken und neue Wege suchen.» CEO Jon Andri Jörg
hat aus dem Villmerger Traditionsunternehmen für den
Modellflug in den letzten Jahren ein Hightech-Unternehmen geformt: CONNOVA-Teile stecken in Leica-Messsystemen, Wettersatelliten, in Helikoptern (Eurocopter), in
Pilatus-Flugzeugen oder trotzen als aerodynamische Teile
des Sauber-Formel-1-Wagens den harten Rennbedingungen. Übernommen hat Jörg das Unternehmen 2010 mit
26 Mitarbeitenden und einem Ingenieur. Heute sind es
40 Mitarbeitende und 6 Ingenieure. «Wir verstehen uns
mehr als Engineering- denn als Produktionsbetrieb», erklärt Jörg. Wer CONNOVA-Luft schnuppert, realisiert
allerdings rasch, dass dieses Engineering nicht nur am
Reissbrett respektive auf dem CAD-Bildschirm stattfindet,
sondern zum grossen Teil am lebenden Objekt. Hier ist
jeder ein Tüftler. An grosszügigen Werktischen schichten
die Mitarbeitenden anhand detaillierter Pläne mit Scheren,
Skalpellen, speziellen Harzen und Kühlsprays Carbonfolie um Carbonfolie zu Bauteilen auf. Es wird geschnitten,
erwärmt, geformt und Schicht für Schicht mit Harzen
verklebt. Das Resultat sind speziell geformte Teile mit der
typischen Carbonstrukturoberfläche. «Wir sind in mancher Hinsicht ein Garagenbetrieb», erläutert Jörg nicht
ohne Stolz. «Unsere Prozesse sind jedoch noch wenig
industrialisiert.»
100 Zielkunden im Hightech-Bereich
Um 12 Prozent legt der 55 Milliarden Franken grosse Weltmarkt für Carbon Composites pro Jahr zu. CONNOVA
konzentriert sich mit ihren knapp zehn Millionen Franken Umsatz auf ein kleines Teilsegment, das stark wächst.
«Da wollen wir die Besten sein.» Wer so fokussiert, hat
seine Kunden rasch identifiziert. CONNOVA hat 2010
100 Top-Kunden definiert. «Wir haben uns nicht nur innovative Kunden mit höchsten Ansprüchen ausgesucht. Wir
wählen auch Unternehmen, deren Bedarfsvolumen wir mit
unserer Belegschaft von 40 bis 50 Mitarbeitenden abdecken können. Airbus wäre zu gross gewesen, Eurocopter
hat gepasst.» Fünf neue internationale Kunden holte sich
das Unternehmen 2011 an Land, drei davon dürften 2013
schon die wichtigsten Umsatztreiber sein. Das ist – wie
es sich für CONNOVA gehört – ein regelrechter Formel1-Start. Wer eine solch kleine Nische bedient, stösst im
Heimmarkt sofort an seine Grenzen und muss sich für den
Erfolg international ausrichten. Jörg ist sich bewusst, dass
07
Präzisionsarbeit: Die Mitarbeitenden von CONNOVA in Villmergen setzen die Engineering-Innovation an der Werkbank
in pure Wertarbeit für die Luft- und Raumfahrt, die Medizintechnik sowie für den Automobilrennsport um.
08
| Focus Neue Märkte
Elektronisch gesteuerte
Flüssigkristalldisplays
sind das Herzstück der
automatischen Schweisshelme der in Wattwil
domizilierten Optrel AG.
es dafür Weitblick braucht: «Unser wichtigstes Kapital ist
die Leidenschaft unserer Mitarbeitenden. Wir wollen von
unterschiedlichen Denkweisen profitieren und leben eine
offene Kultur.» CONNOVA verfolgt ein Rekrutierungskonzept mit langfristigem Horizont. Das Unternehmen holt sich
Ingenieure aus wichtigen Zielmärkten, bildet sie aus und setzt
sie in deren Heimatland für den Aufbau eines neuen Standortes ein. Zum Beispiel hat in Villmergen soeben ein junger
amerikanischer Ingenieur angefangen. Jörg weiss: «Mit seinem Elan wird er uns wertvollere Marktstudien für die USA
liefern als ein teures Beratungsunternehmen.» Er erhofft
sich, dass der Nachwuchsingenieur tatkräftig mithilft, um
die USA zu einem zentralen Umsatzpfeiler zu entwickeln.
Ähnlich geht CONNOVA in Portugal vor. Die brasilianische Embraer, ihres Zeichens viertgrösste Flugzeugproduzentin der Welt, will dort ein Produktionszentrum erstellen.
CONNOVA nutzt die Chance, um mit ihrem Kunden zu
wachsen. Ein Portugiese mit Ingenieursausbildung saugt bereits heute alles Know-how und die CONNOVA-Kultur in
sich auf. Er soll die neue portugiesische Produktionsstätte
aufbauen und für Embraer Flugzeugteile produzieren. Jörg
ist überzeugt von diesem Konzept. «Es ist eine Chance für
uns wie auch für die Jungingenieure. Sie können in ihrer Heimat in einem spannenden Umfeld reüssieren.»
Ohne Schweissen kein Preis
Ihren Fokus neu ausrichten musste auch das Unternehmen
Optrel aus dem Toggenburg. Die Produzentin von Schweissmasken mit einem Sichtschutz, der sich automatisch an die
wechselnden Lichtverhältnisse anpasst, war 2010 dem Ende
nahe und ist nun nach drei Jahren Aufbauarbeit wieder auf
Kurs. Optrel liefert zu 95 Prozent ins Ausland und feiert
heute Erfolge in Russland, Brasilien und Australien.
09
Ultraviolettes Licht, Funkenspritzer und Gase begleiten die Schweissprofis bei der Arbeit. Temperaturen von
bis zu 3200 Grad Celsius entstehen beim Verbinden der
verschiedenen Werkstoffe. Haut, Augen und Atemwege
sind hochgradig gefährdet. Deshalb tragen Schweisser zunehmend Helme mit automatischen Blendschutzkassetten.
Diese verfügen über eine elektronische Steuerung, reagieren
aktiv auf wechselnde Lichtverhältnisse und UV-Strahlungen
und ermöglichen damit ein effizienteres und viel sichereres
Arbeiten. Die Revolution im Schweissschutz wurde 1985
im toggenburgischen Wattwil eingeleitet. «Mein Vater Albert Koch und seine Partner fassten innert Kürze international Fuss. Optrel wurde zum Synonym für automatische
Schweisshelme», erklärt Verwaltungsratspräsident Marco
Koch. Kaum zu glauben, dass der Innovationstreiberin
Optrel mit ihren 50 Mitarbeitenden 2010 fast das Licht ausging. «Der Verkauf an den Arbeitsschutzriesen Sperian im
Jahr 2000 wie auch die Umfirmierung der Helme in Sperian Welding Products (SWP) taten Optrel nicht gut», führt
Marco Koch aus. Die anspruchsvoll zu produzierenden Helme waren lediglich Mitläufer im Vertriebssystem des klassischen Arbeitsschutzes mit Utensilien wie Handschuhen,
Jacken oder Ohrstöpseln. Das Randdasein ging an die Substanz, die Zahlen leuchteten bald tiefrot. Rettung tat not.
Kulturwandel und neuer Stolz
Mit dem Ziel, die Arbeitsplätze im Toggenburg zu erhalten und Optrel wieder zu beleben, kauften die Gebrüder
René und Marco Koch die Firma und gaben dem Traditionsunternehmen die Eigenständigkeit, den Namen und
den Stolz zurück. Marco Koch, der bereits ein erfolgreiches Unternehmen mit 130 Mitarbeitenden im Bereich
der Sensortechnik aufgebaut und verkauft hatte, läutete einen Kulturwandel ein. «Dabei musste ich selber viel
Neues dazulernen», gibt er zu Protokoll. Eine der ersten
Herausforderungen bestand darin, Lösungen für den russischen Absatz mit dem bestehenden Helmlager der SWP
in Russland zu entwickeln. «Dank der Osec konnten wir
mit United Machinery eine in Russland erprobte und kompetente Partnerin für eine komplette Marktlösung finden.»
Die Firma mit Sitz in Moskau schlüpfte im Auftrag von
Optrel in die Rolle der russischen Generalunternehmung.
Sie übernahm Lager und Logistik, stellte einen Verkaufsprofi an und wickelt für Optrel die Zollformalitäten und
Steuern ab. Der Absatz in Russland wächst seitdem um
rund 30 Prozent pro Jahr, im nächsten Jahr dürfte Optrel
den Jahresumsatz von einer Million Franken knacken. «Wir
profitieren von der russischen Mentalität, entweder das Billigste oder dann gleich das Allerbeste zu nehmen. Besonders für die florierende Stahl- wie auch die prosperierende
Erdöl- und Erdgasindustrie sind nur Premium-Produkte
gut genug. Da zählt Qualität mehr als der Preis.» Klassische
Einsatzgebiete für die Schweisstechnik sind neben diesen
Branchen auch das Transportwesen, die Bauindustrie oder
der Schiffsbau, wo kilometerweise Schweissnähte gebrannt
werden. Nicht einmal die hochindustrialisierte Automobilindustrie kann auf die Handarbeit verzichten, Schweissroboter sind noch zu wenig ausgereift für komplexere
Arbeiten.
Nachfrage mit Innovation antreiben
250 Millionen Franken wirft der Markt pro Jahr mit automatischen Schweisshelmen ab. 95 Prozent der Produkte
von Optrel gehen in den Export. Weil der Markt klein ist,
sind Innovationen essenziell. «Wir sind darauf angewiesen, nicht nur neue Kunden zu gewinnen. Auch die Nachfrage bei den etablierten Kunden gilt es mit Neuentwicklungen hoch zu halten», erläutert Marco Koch. «Aktuell
lancieren wir mit unserem Modell Optrel e3000 ein Ge-
«Je mehr wir das Wissen und die Begeisterung an unsere Endkunden herantragen
können, desto eher sind wir erste Wahl.»
Marco Koch, Verwaltungsratspräsident Optrel AG
bläseatemschutzsystem, das bezüglich Schutz, Komfort
und Effizienz nicht zu überbieten ist.» Schon im September werde Optrel an der weltweit wichtigsten Fachmesse
«Schneiden und Schweissen» in Essen eine weitere Weltneuheit präsentieren können, freut sich Koch. In den mit
ihren Gesundheitsvorschriften fortschrittlichen skandinavischen Ländern stossen solche Neuerungen auf grosses
Interesse. Optrel dürfte im Pipelinebau in Nordeuropa
weiter an Terrain gewinnen.
Zielsetzung erste Wahl
Neue Märkte will Optrel aber nicht nur durch Produkteinnovationen erobern. Mit lokalen Fachberatern
in Deutschland, Frankreich und den USA, in Grossbritannien und Skandinavien will Optrel Fachvertriebe und
Importeure besser informieren und Begeisterung wecken.
Bereits heute gehen die Fachberater gemeinsam mit den
Zwischenhändlern und Importeuren zu den Kunden. Im
Webauftritt stellt Optrel Dynamik zur Schau. Aktionsbilder zeigen futuristische Helme in modischen Farben. Die
Botschaft ist klar: Wer einen Optrel-Helm trägt, gönnt
sich die beste Technologie und den sichersten Schutz.
Koch weiss: «Wenn wir das Wissen und die Begeisterung
für unsere Produkte direkt an den Kunden herantragen
können, sind wir wieder diskussionslos erste Wahl. Und
zwar nicht nur in den teuersten Segmenten.»
Weitere Informationen:
www.osec.ch
10
| SIPPO Messen Non-Food
Steigbügel zum
erfolgreichen Import
Beratung, Selbstvermarktung, Messeauftritte
und Kontaktvermittlung: Das Schweizerische Importförderungsprogramm SIPPO
weist KMU aus ausgewählten Partnerländern den Weg in den Export – zum Beispiel an die «Heimtextil» in Frankfurt,
die grösste Messe der Branche, oder an die
Möbelmesse «imm» in Köln.
Von Michael Flückiger
F
ür Eve Bächtold ist klar: «Wir fördern nur Firmen,
die substanzielles Potenzial haben und mit ihren
Produkten eine echte Nachfrage erfüllen können.» Die
Programm-Managerin für den Non-Food-Bereich des
Importförderungsprogramms SIPPO engagiert sich seit
1999 jedes Jahr an der Messe «Heimtextil» in Frankfurt,
dem Anlass, der die Trends der Branche setzt. Die erfahrene Beraterin pflegt den steten Austausch mit Schweizer Importeuren, die auf der Suche nach neuen Beschaffungsmärkten sind. Die Wünsche und Anforderungen
der Fachleute sind ausschlaggebend bei der Auswahl
der Programmteilnehmer in den Partnerländern, wo die
freie Marktwirtschaft gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit der ausgewählten KMU gesteigert wird. Und frei
heisst eben richtig frei. «Folgerichtig fördern wir auch nur
staatsunabhängige private Firmen aus diesen Ländern»,
«Drei Jahre reichen in der Regel
aus, um den Eintritt in neue
Exportmärkte zu ermöglichen.»
Eve Bächtold
SIPPO-Partnerländer
Länder, die mit dem SIPPO-Programm
unterstützt werden:
Ägypten, Albanien, Bolivien, Bosnien und
Herzegowina, Kambodscha, Kolumbien,
Ghana, Indonesien, Kosovo, Mazedonien,
Nepal, Peru, Serbien, Südafrika, Tunesien,
Ukraine, Vietnam
SIPPO-Fokusländer
Länder, die mit dem SIPPO-Programm
erreicht werden sollen:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland,
Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland,
Grossbritannien, Island, Irland, Italien,
Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg,
Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich,
Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei,
Slowenien, Schweden, Spanien, Tschechien,
Ungarn, Zypern
ergänzt Bächtold. Durch die Zusammenarbeit werden die
Handelsbeziehungen zwischen den Partnerländern und
der Schweiz sowie dem EU-Raum weiter gestärkt.
Hochwertige Seide aus Kambodscha
Je drei Firmen aus Kambodscha und Indonesien konnte
Eve Bächtold an der Heimtextil im Januar 2013 präsentieren. Die drei KMU aus Phnom Penh sorgten mit ihren
hochwertigen handgewobenen Seidenstoffen für Furore bei Händlern, die das Besondere zu schätzen wissen.
Bächtold hat die Firmen bezüglich Produkteauswahl und
Präsentation beraten und sieht sich nun in ihrer Auswahl
bestätigt – mehrere Firmen aus den Zielmärkten Schweiz
und aus angrenzenden europäischen Ländern sowie aus
Kanada und den USA informierten sich eingehend zu den
Produkten und suchten das Gespräch mit den Firmenvertretern. Für die kommenden zwei Ausstellungen – jede
Firma wird über einen Zeitraum von drei Jahren betreut –
ist sie aufgrund des guten Echos sehr zuversichtlich.
Ihre Geschäftsbeziehungen vertiefen konnten die indonesischen Firmen, die nun schon zum zweiten Mal an
der Heimtextil Präsenz markiert haben. Celia Carpet &
Interior bedient mit seinen Holz- und Naturfaserteppichen verschiedene Zielmärkte in Europa, Amerika und
Australien. Die Tischdekorationsartikel von Hape Art mit
183 Mitarbeitenden sind nicht nur bei Schweizer Importeuren, sondern auch bei den einrichtungsbegeisterten
Skandinaviern auf grosse Gegenliebe gestossen. Genau
wie auch die Firma Javatex Internusa Perkasa, ein Un-
11
Das SIPPO-Programm
Mit dem Swiss Import Promotion Programme
SIPPO fördert die Osec den Marktzugang und
die Erschliessung neuer Geschäftsmöglichkeiten von KMU aus ausgewählten Partnerländern in die Schweiz und in den EU-Raum.
Gleichzeitig profitieren schweizerische und
EU-Unternehmen von Beratungsleistungen bei
der Suche nach neuen Beschaffungsmärkten,
Produkten und Geschäftspartnern.
«Gute Kontakte mit Importeuren
bestätigen, dass wir echten
Bedürfnissen nachkommen.»
Monika Geissberger
ternehmen, das mit hochwertiger Frotteewäsche für den
Badezimmerbereich viel zum Ambiente beiträgt.
Drei Jahre Frist
Eve Bächtold ist begeistert von der Dynamik der Branche,
die stets mit neuen Trends aufwartet und Waren aus werthaltigem Material und von hohem ästhetischem Wert hervorbringt. Sie weiss aus Erfahrung, dass es Zeit braucht,
um wirklich nachhaltig in neuen Märkten Fuss zu fassen.
Im Vorfeld wie auch während der Messe werden die Verkaufsleute der Partnerfirmen vorbereitet und intensiv betreut. «Drei Jahre Unterstützung reichen in der Regel aus,
um den Unternehmen den Eintritt in neue Exportmärkte
zu ermöglichen. Anschliessend gehen die Firmen ihren
eigenen Weg und bauen ihre Geschäftsbeziehungen aus.
Dadurch entsteht im SIPPO-Programm Platz für neue
innovative Produzenten.»
Essbereich aus Restholzverwertung und Recycled Wood,
furnierte Möbel mit trendigen Intarsien, moderne Sideboards (MDF-lackiert), Stühle sowie innovative Möbel für
den Innen- und Aussenbereich aus Bambus.
Auf konkrete Anfragen nach neuen möglichen Lieferanten erhalten Möbelimporteure auf ihre Bedürfnisse
zugeschnittene Vorschläge. Wenn zum Beispiel ein
Importeur Massivholzmöbel aus der Ukraine sucht, wird
die Beraterin aktiv, beurteilt das Angebot und vermittelt
Kontakte. Danach laufen die weiteren Verhandlungen
direkt zwischen dem Importeur und dem Exporteur aus
dem Partnerland ab.
Geissberger geht bei der Suche nach Firmen vor allem
von den Bedürfnissen der Händler aus. «Die guten Kontakte
mit Importeuren an der Messe bestätigen, dass wir ein
wichtiges Bedürfnis der Branche abdecken.»
SIPPO-Beratung: Non-Food
Premiere als Aha-Erlebnis
Vorbei ist dieses Jahr auch schon eine der weltweit wichtigsten Messen der Möbelbranche, die imm Cologne, die sich
rühmt, der Ort zu sein, wo das Einrichtungsherz schlägt.
Mit Monika Geissberger war ebenfalls eine erfahrene Spezialistin der Branche am SIPPO-Pavilion zugegen. Die Projektmanagerin hat an der diesjährigen imm nicht weniger als
zehn Firmen aus Indonesien, Mazedonien, der Ukraine und
Vietnam einem Fachpublikum präsentiert. Die Auswahl
an gezeigten Produkten war vielfältig: Polstermöbel, multifunktionale Sofas, Massivholzmöbel für den Wohn- und
Heimtextilien: Tisch- und Bettleinen, Decken,
Kissen und Vorhänge aus Kambodscha, Indonesien
und Vietnam.
www.sippo.ch/home-textiles
Indoor-Möbel: Tische, Sofas, Betten und Garderoben
aus Ägypten, Bosnien und Herzegowina,
Mazedonien, Serbien und der Ukraine.
www.sippo.ch/indoor-furniture
12
| Success Story Finnova
Gut vernetzt in Fernost
Die Finnova AG, eine Softwarefirma für integrale Bankenlösungen, hat
im August 2012 eine Niederlassung in Singapur eröffnet und möchte
von dort aus den asiatischen Markt erobern. Das Expansionsprojekt
hat für das Lenzburger KMU vielversprechend begonnen.
Von Robert Wildi
W
enn Markus Russ seine Augen über den ComputerBildschirm streifen lässt und den Bürostuhl leicht
nach rechts dreht, gerät er ins Schwärmen. Seit August 2012
hat er im pulsierenden Zentrum der 5-Millionen-Metropole
Singapur sein Büro. Aus dem 34. Stock des modernen Wolkenkratzers eröffnet sich ihm durch die riesige Fensterfront
eine tolle Sicht auf die umliegende Skyline. «Der Blick ist jeden Tag von neuem atemberaubend, hält mich mittlerweile
aber nicht mehr von der Arbeit ab», lacht Russ.
Diese wird dem gebürtigen Deutschen so schnell nicht
ausgehen. Er ist Angestellter der Lenzburger Softwarefirma Finnova AG, die sich mit einer modular einsetzbaren
Gesamtbankenlösung die klare Marktführerschaft in der
Schweiz erarbeitet hat. Im letzten Jahr bot sich Russ die
Gelegenheit, für die Finnova nach Singapur zu gehen. Die
«Swissness ist hier ein Vorteil: Die Schweiz
wird als Mutterland des Bankwesens nach
wie vor geschätzt.»
Markus Russ, Managing Director Finnova Asia Pacific
Mission: Als Managing Director der neu gegründeten Finnova (Asia Pacific) Pte. Ltd. soll er das «Expansionsprojekt
Asien» des Aargauer KMU in die richtigen Bahnen lenken
und operativ zum Erfolg führen. «Eine spannende und
gleichermassen herausfordernde Aufgabe, der ich mich
voller Tatendrang stelle», sagt Russ.
Vertrauen gewinnen – dank Präsenz und Leistung
Sein ansteckender Optimismus ist begründet. Denn die
Finnova AG hat ihren Expansionsschritt nach Asien gründlich und von langer Hand geplant. Das IT-Unternehmen
ist kerngesund. Ein erster Expansionsschritt hat es nach
Europa geführt. Dazu wurde zunächst eine Niederlassung
in Luxemburg eröffnet. Von der Euro-Währungskrise blieb
das Unternehmen bislang weitgehend verschont. Während
andere Mitbewerber zuletzt eher abbauen mussten, hat Finnova-CEO Charlie Matter vor Jahresfrist einen Ausbau des
Personalbestands in der Schweiz sowie die Fortführung der
Auslandsexpansion bekannt gegeben.
Nun sitzt Markus Russ in Singapur und soll dem Vorhaben zum Durchbruch verhelfen. Der Rückhalt des Schweizer Headquarters ist ihm sicher. Sowohl finanziell wie auch
personell könnte die Finnova AG jederzeit agieren und reagieren. In den vergangenen Monaten bereiste Russ diverse Länder der umliegenden und prosperierenden ASEANRegion, um ausgiebige Vorgespräche mit lokalen Banken
und Finanzinstituten zu führen. Der Standort Singapur
eignet sich bestens, um in Ländern wie Vietnam, Indonesien oder den Philippinen aktiv zu werden. «Die physische
Präsenz in diesen Ländern, das persönliche ‹Commitment›
bei den Entscheidern von potenziellen Geschäftspartnern
ist einer der Türöffner – wenn nicht sogar der wichtigste –, um hier in Asien zu reüssieren», so die Überzeugung
des Finnova-Managers. Seine jüngsten Erfahrungen haben
dies erneut bestätigt. Gut sei er bislang vorangekommen in
den Gesprächen. Besser sogar als erwartet. Zur Seite steht
Russ ein erfahrener Mitarbeiter und profunder Kenner der
verschiedenen asiatischen Märkte und Gepflogenheiten. Er
stammt aus Singapur und wurde vor Ort rekrutiert. «Auch
das ist ein Vorteil für die zahlreichen Verhandlungen in
den diversen Ländern. Denn Asien ist nicht gleich Asien,
Vietnamesen ticken anders als Indonesier, die Philippiner
unterscheiden sich von den Thailändern», sagt Russ.
Neben der atmosphärischen Komponente muss zum
geschäftlichen Durchbruch des Finnova-Asienprojekts natürlich auch die Leistung und Qualität des Produkts stim-
13
Markus Russ hat selten
Zeit, um Singapurs
Skyline zu geniessen. Das
Geschäft brummt.
men. «Auch diesbezüglich sind wir flexibel und können
unsere Software je nach Markt und Kundenanforderung
spezifisch ausgestalten», erklärt Russ. Die hohe Effizienz
des Systems kommt in Asien an. «Unter dem Strich geht
es auch hier natürlich um Zahlen, wie in der Schweiz und
Europa.» Und die Rechnung geht für die Finnova AG bislang auf. Das Vertrauen seitens der lokalen Märkte und Anbieter wächst. Absichtserklärungen werden unterzeichnet,
Pilotprojekte lanciert. Seine Schweizer Herkunft hilft dem
Unternehmen dabei. «Swissness» ist in Asien ein Verkaufsargument. «Trotz Steuerstreit und Diskussionen zum Bankgeheimnis wird die Schweiz hier nach wie vor als Mutterland des Bankwesens wahrgenommen und geschätzt.»
Ausflüge mit der Familie
Das asiatische Finnova-Netzwerk wird fast täglich dichter. Beruflich läuft es zurzeit rund für Markus Russ. In der
eher knappen Freizeit unternimmt er zusammen mit seiner
nachgereisten Frau und der bald zweijährigen Tochter regelmässig Ausflüge. Die Gegend und neue Heimat auf Zeit
noch besser kennen lernen, heisst dann jeweils das Motto.
«Tolle Landschaften, Quartiere, Ecken und Winkel gibt es
in Singapur zu entdecken», schwärmt der Expat. Dafür eignen sich Streifzüge im Familienkreis deutlich besser als die
erhabene Vogelperspektive aus seinem Büro.
Weitere Informationen:
www.finnova.ch
Die Osec sondierte vor Ort
Rund um die Lancierung ihres Expansionsprojekts in Asien
hat die Finnova AG unter anderem auch vom engmaschigen
Netzwerk der Osec profitieren können. Sowohl für Vorabklärungen in der Schweiz als auch bei der Sondierung von
Marktpotenzialen und möglichen Partnerschaften vor Ort
haben Asienkenner am Osec-Hauptsitz sowie die Spezialisten
vom Swiss Business Hub ASEAN der Finnova AG ihr breites
Know-how zur Verfügung gestellt.
14
| Interview Urs Rickenbacher
«Wir geben viel Spielraum und
Zeit für Innovationen»
Urs Rickenbacher, CEO von Lantal Textiles, über den Mut zur Nische, die Lust an der Kreativität,
die Bedeutung des Produktionsstandorts Schweiz und weshalb Lernen vor Wissen kommt.
Interview: Sibylle Zumstein
Herr Rickenbacher, woher stammt Ihre Leidenschaft für die
Textilindustrie?
Die Liebe zu Design wurde mir schon im Elternhaus mitgegeben, wo man darauf bedacht war, schöne und auch lang
währende Dinge zu kaufen. Und dann später natürlich, als
ich bei USM Geschäftsführer war. Textil gefällt mir, weil
es etwas Vielfältiges und Lebendiges ist – man arbeitet mit
unterschiedlichen Farben, Texturen und Materialien.
Zur Person
Urs Rickenbacher ist promovierter
Ökonom und betreute an der
Universität St. Gallen betriebswirtschaftliche Lehraufträge. Er
hatte leitende Positionen in der
Reise-, Detailhandels- und
Möbelbranche inne und ist seit
2003 Geschäftsführer der
Lantal Textiles AG.
Weltneuheit Luftkissensitz
Das pneumatische Komfortsystem
PCS ist eine Weltneuheit im Luftverkehr. Das luftgefüllte Sitzkissen
spart Gewicht, verbessert den
Komfort und die Sicherheit und
kann fertig konfektioniert und
mit Schutz- sowie Dekobezügen
bezogen werden. Seit 2009 führen
diverse Airlines das Luftkissensystem in der First- und BusinessClass in ihren Langstreckenflotten.
Lantal ist der führende Hersteller von Textilien für den Luft-,
Bus- und Bahnverkehr sowie für Kreuzfahrtschiffe. Wie kreativ
kann man in einem Umfeld sein, in dem Funktionalität grossgeschrieben wird?
Zuerst einmal müssen wir für jeden Markt spezifische
gesetzliche, qualitative und technische Anforderungen erfüllen – vorher muss man gar nicht versuchen, kreativ zu sein.
Die Stoffe zum Beispiel müssen schwer entflammbar sein
und dürfen keinen Rauch bzw. keine Gifte entwickeln. Das
eigentliche Unterscheidungsmerkmal für Airlines ist das Interieur. Hier gibt es bezüglich Kreativität eine grosse Bandbreite. Gewisse Kunden geben alles vor, andere lassen uns
freie Hand und sagen: «Macht uns einen Vorschlag!» Unsere
Mitarbeitenden müssen sich genau mit der Firma und deren
Kultur und Hintergrund befassen. Was heisst typisch thai?
Oder typisch türkisch? All das wirkt sich auf Design, Entwicklung, Farbgebung, Musterung und Kreation aus.
Sie haben sich zum ambitionierten Ziel gesetzt, pro Jahr und
Markt eine Weltneuheit zu entwickeln. Wie schaffen Sie das?
Dank den Ideen und dem Know-how unserer Mitarbeitenden. Wir ermutigen alle, auch über ihren Bereich hinaus
15
Ideen einzubringen. Und diese Ideen kommen! Es sind so
viele, dass wir sie priorisieren müssen. Als wir das pneumatische Komfortsystem auf den Markt brachten, gab es
noch nicht einmal Testmethoden dafür. Wir mussten alles
komplett neu entwickeln. Sie sehen, es gibt viel Spielraum
für Innovation, aber sie braucht Zeit, besonders in einem
stark reglementierten und auf Sicherheit bedachten Umfeld wie der Luftfahrtindustrie.
Warum haben Sie den Schritt vom Halbfabrikatehersteller zum
Anbieter von Gesamtlösungen vollzogen?
Unsere Kunden ziehen es vor, mit möglichst wenig Lieferanten zusammenzuarbeiten. Als Anbieter von
Gesamtlösungen nehmen wir ihnen in der Koordination
viel Arbeit ab. Es gibt aber einen weiteren Grund: Vor
einigen Jahren noch haben wir im Wesentlichen «nur»
Textilien, mehrheitlich in Rollenform, hergestellt –
Vorhänge, Sitzbezüge, Teppiche. Aber das können die
Hersteller in China, Indien oder der Türkei zunehmend
genauso gut. Unser Ziel musste sein: ein Produkt zu
veredeln, zu verfeinern, intelligent zu verarbeiten und
so zu entwickeln, dass es dem Kunden einen optimalen
Endnutzen bringt. Sitzbezüge und Vorhänge nach Mass
etwa, die auch nach einem Dutzend chemischer Reinigungsgänge wie neu aussehen. Das Wohlbefinden der
Passagiere steht dabei stets an erster Stelle. Auch mit der
Akustik werden wir uns vermehrt auseinandersetzen. Je
grösser ein Flugzeug ist, desto lauter ist es im Innern. Wir
können über Teppiche, Wandverkleidungen, Sitzbezüge
und in Zukunft auch im Deckenbereich lärmdämmende
Lösungen anbieten.
Zu den Gesamtlösungen für die Innenraumgestaltung und -ausstattung von Flugzeugen, Bussen, Bahnen, Trams und Kreuzfahrtschiffen gehören auch Engineering- und Designleistungen,
vorkonfektionierte Textilien und Labortests für Drittkunden.
Woher nehmen Sie dieses geballte Know-how?
Indem wir sehr offen sind und mit anderen Firmen,
Universitäten oder Fachspezialisten zusammenarbeiten –
überall da also, wo andere spezialisierter sind oder über
mehr Wissen verfügen als wir. Vieles entwickeln wir aber
auch selbst. Früher hatten wir kein Engineering oder konnten die meisten Labortests nicht anbieten. Aber mit der
«Mir ist wichtiger, dass jemand etwas bewegen
und gestalten möchte, als dass er ein Profi
ist. Lernen kann man alles.»
Rekrutierung von Mitarbeitenden aus unterschiedlichsten
Berufen konnten wir viel neues Know-how gewinnen.
Ganz zentral sind dabei gemeinsame Wertvorstellungen.
Mir ist wichtiger, dass jemand etwas bewegen und gestalten
möchte, als dass er inhaltlich schon ein Profi ist. Lernen
kann man schliesslich alles.
Sie produzieren in der Schweiz und in den USA und exportieren 95 Prozent der Produkte. Können Sie sich vorstellen, die
Produktion auszulagern?
Das ist in der Tat ein Thema. Und zwar nicht, um dann
von dort zu exportieren, sondern um den Markt vor Ort
noch besser und zeitgerechter bedienen zu können. In
China etwa sind ungefähr 80 Prozent der Flugzeuge mit
16
| Interview Urs Rickenbacher
ternehmertum, Mut zur Nische und Differenzierung und
die Kraft, vorwärtszudenken. Die eigentliche Ausrichtung
muss jedes KMU selber bestimmen.
Können Traditionsmarken noch mit dem Tempo der Mode
mithalten?
Ob Jungunternehmen oder Traditionsmarke – man
sollte alles unternehmen, um sich ausreichend zu differenzieren. Ruht man sich auf seinen Lorbeeren aus, hat man
schon verloren. Viele Marken kommen in immer kürzeren
Abständen mit neuen Kollektionen und Ideen. Raschere
Zyklen sind die Folge. Das ist eine logistische Herausforderung! Hier sind neue Kompetenzen gefragt, in der Prozessführung, der Entwicklung und im Design. Die Marken
müssen ihr Geschäftsmodell anpassen, wenn sie mithalten
wollen.
Die Europäische Union, Asien und die USA sind die wichtigsten
Handelspartner der Schweizer Textilhersteller. Gibt es alternative
Wachstumsmärkte?
unseren Produkten ausgestattet. Nun aber verlangt die chinesische Regierung, dass in einigen Jahren die Produkte
der Luftfahrtindustrie vor Ort hergestellt werden müssen.
Wenn wir nicht mitmachen, verlieren wir unsere starke
Marktposition. Wir wollen da sein, bevor sich die chinesischen Hersteller weiterentwickeln – und zwar vor Ort.
Wenn wir in China einsteigen, können wir auch gleich den
stark wachsenden Nachrüstungsmarkt in Asien abdecken.
Wir überlegen uns genau, wie wir uns ausrichten müssen,
um diesen Regierungsauflagen gerecht zu werden.
Textilunternehmen wie wir, die in erster Linie für das
Transportwesen tätig sind, haben das Glück, dass der Markt
überall stark wächst. Aber auch wir sehen in Zukunft in den
BRIC-Ländern am meisten Wachstumsmöglichkeiten. In
dynamischen Märkten wachsen eben auch die Ansprüche
an die Anbieter von Transportdienstleistungen. Besonders
ausgeprägt im Nahen Osten – die Auftragsvolumen sind
enorm. Viele dieser Staaten wollen sich als Dienstleister
etablieren und natürlich auch im Transportwesen eine gute
Figur machen. Der Nahe Osten vor allem in der Luftfahrt,
hinzu kommt in China, Singapur und Thailand insbesondere im Bahnbereich ein starkes Wachstum.
Die Exportzahlen der Textil- und Bekleidungsindustrie sind wei-
Lantal feierte letztes Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Sie sind
terhin rückläufig. Der Schweizerische Textilverband zeichnet ein
bereits seit zehn Jahren CEO. Wo sehen Sie Lantal in zehn
düsteres Bild der Zukunft. Gibt es einen Weg aus der Krise?
Jahren?
Diejenigen Firmen, die es bis hierher geschafft haben,
wird es auch in Zukunft noch geben. Sie haben begriffen,
dass sie sich in einer Nische – ob Design, Material oder
Zuschnitt – behaupten können. Ich bin zuversichtlich,
dass diese Firmen reale Überlebenschancen haben. Die
Wir wollen uns als weltweit führender Anbieter von
Gesamtlösungen für das höchstmögliche Wohlbefinden
der Reisenden behaupten, sind international positioniert
und wachsen stark. Das heisst, dass wir uns dezentral
aufstellen und unser Team verstärken werden, um unsere
Kundschaft vor Ort in Europa, Amerika und Asien noch
besser bedienen zu können. Neben der Kundenorientierung bleiben Qualität und Innovation das A und O. Und
darin wollen wir uns weiter kontinuierlich verbessern. Wir
befinden uns in einem Transformationsprozess: von einem
Textilunternehmen, das wunderschöne Stoffe herstellt, hin
zu einem Problemlöser, der im Transportbereich alles abdecken kann. Wir wollen nicht der grösste Hersteller sein,
sondern der beste.
«Wir befinden uns in einem Transformationsprozess von einem Textilunternehmen zu einem
Problemlöser im Transportbereich.»
wichtigsten Textilmaschinenhersteller kommen ja aus der
Schweiz! Wir sollten die Stärken der Branche hervorheben
und die Innovationen noch gezielter vorantreiben. Der
starke Franken und das schwierige wirtschaftliche Umfeld verlangen von uns noch mehr Pionierleistungen, Un-
Weitere Informationen:
www.osec.ch; siehe auch Branchengrafik Textil auf Seite 25
News & Events |
Commercial Office in
Doha, Katar
Doha – Tradition vor schillernder Skyline.
A
m 30. Januar 2013 hat die Osec in Doha (Katar) ein
weiteres «Commercial Office» eröffnet. Eine wichtige
Aufgabe dieser neuen Aussenstelle ist es, KMU aus der
Schweiz und Liechtenstein beim Markteintritt in Katar
zu unterstützen und die Standortpromotion der Schweiz
vor Ort zu gewährleisten. Der neue Stützpunkt ist in der
Schweizer Botschaft angesiedelt und organisatorisch im
Swiss Business Hub Gulf Cooperation Council (GCC) integriert. Katar ist innerhalb der Golfstaaten nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien zwar nur
der drittwichtigste Exportmarkt der Schweiz, das enorme
Wirtschaftswachstum Katars und die hohe Kaufkraft pro
Kopf versprechen in naher Zukunft jedoch gute Exportaussichten. Katar hatte vergangenes Jahr das höchste
BIP-Wachstum (rund 20 Prozent) weltweit. Mit dem bevorstehenden Inkrafttreten des Freihandelsabkommens
EFTA-GCC dürften sich die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Katar zudem in Zukunft intensivieren. Die Schweizer Exporte nach Katar beliefen sich im Jahr 2012 auf rund 588 Millionen Franken, was
einer Steigerung von 52,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr
entspricht. Die wichtigsten Schweizer Exportgüter sind
Edelsteine, Edelmetalle und Bijouterie, Uhren, Maschinen
und pharmazeutische und chemische Erzeugnisse. Grosses Potenzial bietet sich für Schweizer Exportunternehmen vor allem auch im Infrastruktur- und Logistik- sowie
im Energie- und Cleantech-Bereich.
Studie
Weiter in Ideen
investieren
Im Rahmen des Weissbuchs zum Werkplatz Schweiz von Deloitte äussert sich
Osec-CEO Daniel Küng zu aktuellen
Trends und Herausforderungen der
Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie). Er verweist
dabei unter anderem auf die Gefahr, dass
die Schweiz mittel- und langfristig ihre Position als Innovationschampion verlieren
könnte, da Unternehmen aufgrund der
Frankenstärke weniger in den Bereich Forschung und Entwicklung investierten.
Das «Weissbuch Werkplatz Schweiz»
analysierte auf der Basis einer Befragung
von Schweizer MEM-Unternehmen und
Interviews mit CEOs und anderen Experten die aktuellen Herausforderungen der
Schweizer MEM-Industrie. Für Unternehmen ergaben sich daraus vier Kernbereiche, in denen Handlungsoptionen bestehen: verbesserungsfähige Produktivität,
unerschlossene Wachstumsmärkte, ungenutzte Innovationspotenziale sowie eine
bessere Erschliessung von Ressourcen.
Die MEM-Industrie als Kern eines starken
Schweizer Werkplatzes zeichnet sich durch
ihre Rolle als Wirtschaftsmotor, ihre starke
Exportorientierung sowie ihre Innovationsführerschaft und hohe Fertigungsqualität aus. In den letzten Jahren geriet die
Schweizer MEM-Industrie aufgrund der
globalen Finanzkrise und Rezession sowie der darauf folgenden Frankenstärke
jedoch verstärkt unter Druck.
Das Weissbuch
zum Werkplatz
Schweiz 2012 (Publikation Februar
2013) steht unter
www.deloitte.com/
ch/industries/
manufacturing
zum Download
zur Verfügung.
17
18
| Opportunities Türkei
Die Türkei hebt ab
Hohe Wachstumsraten, geografische Nähe zu Europa, eine
kaufkräftige junge Bevölkerung: Der wirtschaftliche Überflieger
am Bosporus lockt als Absatzmarkt – und als Handelsdrehscheibe für den Nahen Osten, Asien und Nordafrika.
Von Michael Flückiger
Einzige Metropole der Welt auf zwei Kontinenten: Istanbul,
schillernde Handelsstadt.
D
ie Türkei befindet sich im wirtschaftlichen Steigflug.
Die prosperierende Turkish Airlines steht symptomatisch für das neue Selbstbewusstsein der Türken. Die halbstaatliche Fluggesellschaft wächst rasant, stach 2012 in Europa gar Lufthansa und Swiss als Qualitätsleader aus und
schmückt sich als Sponsorin des FC Barcelona mit dem
Attribut Weltklasse. Mit 90 Destinationen weltweit ist
Turkish Airlines so international wie keine andere Fluggesellschaft. Am Verkehrsdrehkreuz Türkei führt kaum mehr
ein Weg vorbei. Ausdruck davon ist der für das Jahr 2016
geplante neue Istanbuler Flughafen. 150 Millionen Fluggäste soll er pro Jahr befördern: Weltrekord.
Im Flug an neue Märkte andocken
«Mit jeder neuen Destination, die Turkish Airlines anfliegt,
knüpfen die selbstbewussten türkischen Geschäftsleute
sogleich neue Kontakte», bestätigt diesen Eindruck Devrim Yetergil, Gründerin von Yetergil Kiefer Management
Consulting. Selbst türkischer Herkunft, berät sie im Auftrag der Osec Kunden mit komplexen Projekten, so etwa
Firmen aus der Medizintechnik oder der Maschinenindustrie. «Auch wenn die Türkei in vielen gesellschaftlichen
Fragen traditionell geprägt ist, ist sie wirtschaftlich gesehen
sehr westlich orientiert. Die geografische Nähe zu Europa, die internationale Drehscheibenfunktion und die vielen
ungesättigten Märkte sind für Investoren und Exporteure
verlockend.» Im Jahr 2012 exportierte die Schweiz Produkte und Dienstleistungen im Wert von 1,83 Milliarden
Franken und ist heute mit rund 600 Firmen vor Ort. Das
Potenzial ist noch längst nicht ausgeschöpft. Yetergil sieht
für Schweizer Firmen vor allem Chancen in der prosperierenden Gesundheitsbranche, in Chemie und Pharma
sowie der Maschinenindustrie. Sie beobachtet auch neue
Trends in der Lebensmittelindustrie. Veränderte Lebensgewohnheiten etwa führen dazu, dass vermehrt Tiefkühlund Halbfertigprodukte konsumiert werden. Die Branchen
Infrastruktur und Logistik haben Nachholbedarf. Ebenso
der Energiesektor. Die türkische Energiewirtschaft ist nach
wie vor stark von fossilen Energieträgern abhängig und will
nun modernisieren. Auch in die Umwelttechnik rund um
Wasser und Abwasser will die Türkei Milliarden investieren, um die EU-Umweltstandards zu erfüllen zu können.
In beiden Bereichen verfügen Schweizer Unternehmen
über innovative Technologien. Auch in der Verpackungsindustrie ergeben sich für Schweizer KMU Geschäftsmöglichkeiten. Und schliesslich ist die Türkei ein vielversprechender Produktionsstandort für Automobilzulieferer.
Nachhaltige Wachstumsperspektiven
Auch Alberto Silini, Head of Consultancy Near Markets bei
der Osec, ist vom nachhaltigen Wachstum des 75-MillionenLandes am Bosporus überzeugt: «Die Türkei dürfte zu den
19
stärksten Volkswirtschaften weltweit aufsteigen, Wirtschaft
und Politik ziehen mit grosser Dynamik am selben Strick.»
Silini verweist auf die massiv gestiegenen Importe von 180
Milliarden Euro (2011) und die Tatsache, dass die Türkei
trotz Eurokrise die Staatsschulden zurückgefahren und sich
im OECD-Kreditrating stark verbessert hat. Er erwähnt
aber auch Achillesfersen wie das Handelsdefizit oder die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger. Da das Land
nach wie vor stark auf den Euroraum ausgerichtet ist, ist das
Wirtschaftswachstum von 8,5 (2011) auf nurmehr 2,9 Prozent (2012) abgebremst worden. Womit die Türkei allerdings
immer noch Klassenbeste in Europa bleibt.
Quick-Check
Ankara
Offene Tore für Schweizer Hightech-Firmen
Das Land wird in den kommenden Jahren viel Geld in
Infrastruktur, Strassen, Transport, Energie und Gesundheitswesen pumpen. Eine Schwäche ist die wenig spezialisierte Entwicklung von Technologien und das mangelnde
Innovationspotenzial. Hier sieht Silini echte Chancen für
die Schweiz: «Die Türkei steht bei tiefen und mittleren
Technologien in Konkurrenz mit Asien und beabsichtigt,
in der Produktion vermehrt auf hochwertige Technologien
mit grösserer Wertschöpfung zu setzen.» Mit Löhnen von
durchschnittlich 400 bis 450 Euro pro Monat ist die Türkei ein konkurrenzfähiger Produktionsstandort. Zugleich
strecken türkische Firmen zunehmend ihre Fühler in den
Nahen und Mittleren Osten sowie nach Nordafrika aus.
Unaufhaltsam entwickelt sich die Türkei zu einem immer
wichtigeren Handelsdrehkreuz und damit zum Haupttor in
den Osten bis nach Asien.
Die Perspektiven sind blendend. Doch mahnt Devrim
Yetergil auch zur Vorsicht. «Schweizer Firmen dürfen die
Bedeutung von persönlichen Beziehungen nicht unterschätzen. Das braucht Zeit und Präsenz vor Ort.» Der
Preis ist stets eine echte Knacknuss. Die Türken sind sehr
geschickte Geschäftsleute. Herzlich im persönlichen Umgang, verhandeln sie mit grosser Leidenschaft und Ausdauer. «Zurückhaltung ist nicht gefragt: Schweizer müssen
lernen, mit heftigen Gefühlausbrüchen umzugehen und
selber auch Emotionen zum Ausdruck zu bringen.»
Commercial Office in Istanbul
Die Osec wird im Mai 2013 in Istanbul ein
Commercial Office eröffnen. Damit wird sie Schweizer
KMU verstärkt als Türöffnerin in den türkischen Markt
dienen können. Sei es für den Absatz, bei der Suche nach
Geschäftspartnern oder als Ausgangspunkt für weitere
Expansionspläne. Eines ist sicher: Mit Turkish Airlines ist
man von Zürich aus schnell am Bosporus. Aber auch mit
der Swiss dauert der Flug nicht länger als zwei Stunden.
Mehr Informationen:
www.osec.ch/de/country/Turkey
Fläche: 780 580 km2 (ca. 19 Mal die Schweiz)
Bevölkerung: 75,8 Mio. (2011) (ca. 10 Mal die Schweiz)
BIP/Einwohner: CHF 10 150 (2012)
Handelsvolumen Schweiz /Türkei (2012): CHF 2,96 Mrd.
Export (2012): CHF 1,83 Mrd.
Import (2012): CHF 1.13 Mrd.
In den letzten zehn Jahren zählte die Türkei mit einem Wirtschaftswachstum von durchschnittlich über 5 Prozent zu den erfolgreichsten Ländern
der Welt. Während das Land in den Jahren 2010 um 9,2 und 2011 um 8,5
Prozent zugelegt hat, ist es 2012 von den Ausläufern der Eurokrise erfasst
worden. Das Wachstum betrug im letzten Jahr 2,9 Prozent, immer noch
ein Spitzenplatz im Vergleich mit den europäischen Staaten. Mit 75 Millionen
Einwohnern liegt die Türkei im Vergleich mit Europa hinter Deutschland an
zweiter Stelle. Doch ist die Türkei nur zu 3 Prozent europäisch. Der grösste
Teil liegt östlich des Bosporus in Asien.
Istanbul, die Finanz- und Handelsmetropole des Landes, zählt im Ballungsraum 16 Millionen Einwohner. Gegenwärtig sind rund 600 Schweizer
Unternehmen vor Ort präsent. Bisher investierten vor allem grössere Unternehmen in der Türkei, jüngst sind es immer mehr KMU. Ihre Tätigkeit
konzentriert sich zu über zwei Dritteln auf die Chemie-, Pharma- und
Maschinenindustrie. Die Schweiz importiert aus der Türkei nach wie vor zu
rund 25 Prozent Textilien und zu rund 18 Prozent Agrarprodukte.
Als Achillesferse der türkischen Wirtschaft gilt das massive Handelsdefizit.
Die Differenz wird durch hohe Investitionen aus dem Ausland ausgeglichen. Am stärksten entwickelt sich die Volkswirtschaft im Bereich Banken
und Versicherungen. Im Global Innovation Index belegt die Türkei einen
Platz im hinteren Mittelfeld. Da gibt es noch zu tun.
Wirtschaftsdaten Türkei
2011
2012
Prognose
2013
BIP (CHF Mrd.)
716
783
839
BIP/Einwohner (CHF)
9636
9724
10 291
Wachstum BIP
8,5%
2,9%
3,5%
Arbeitslosigkeit
9,7%
9,4%
9,8%
Inflationsrate
10,4%
6,4%
5,7%
Exporte Schweiz / Türkei 2011
2012
+/–
Total in Mio. CHF
1836
– 14,4%
2147
Pharmazeutische Produkte
32.1
31.2
– 3,1%
Maschinen
26.3
23.8
– 9,5%
8.5
5.6
– 34,1%
Chemische Produkte
Quelle: Zahlen gemäss Auskunft der Länderinformation Seco vom Februar 2012.
20
| Location Promotion Fachtagung
Angeregte Diskussionen vor strahlender Kulisse am Fuss
des Pilatus: Zusammenkunft der Standortförderer in Luzern.
Einheitlicher Auftritt
nach aussen
Die für die Aus- und Weiterbildung von Internationalisierungsspezialisten
zuständige Osec-Academy führte Mitte Januar 2013 in Luzern ein Seminar
für Standortförderer aus der ganzen Schweiz durch. Auf dem Programm
standen Themen wie Steuern, Verkauf, Immobilien und Innovation – und nicht
zuletzt Networking.
Von Sibylle Zumstein
B
is vor kurzem gab es in der Schweiz keine nationale
Aus- und Weiterbildung für Wirtschaftsförderer. Kantonal waren solche Schulungen unterschiedlich geregelt
oder zum Teil inexistent. Auf regionaler Ebene wird diese
Aufgabe zum Teil von den regionalen Standortförderungsagenturen übernommen – die Greater Geneva Berne area
(GGBa) etwa organisiert Ausbildungen für Mitarbeiter, Kantone und Vertreter im Ausland. Die Osec, die in der nationalen Standortpromotion als Dachorganisation fungiert, bietet
neben Schulungen in der Exportförderung auch eine umfassende Aus- und Weiterbildung für die Wirtschaftsförderer
der Kantone und Regionen an. Für die Vertreter der Swiss
Business Hubs im Ausland ist der Besuch eines einwöchigen
Kurses pro Jahr obligatorisch. Ziele dieser Ausbildung sind
die systematische Verbesserung des Auftritts nach aussen
und die gezielte Weiterbildung in fachlichen Themen wie
Steuern oder Migration. Auch Besuche bei bereits angesiedelten ausländischen Firmen in der Schweiz stehen auf dem
Programm. Im Januar 2013 fand die dritte «Location Promotion Academy» statt – nach Zürich und Montreux in Luzern.
Massgeschneidertes Ausbildungsprogramm
Der Blick auf den Vierwaldstättersee lädt zum Verweilen
ein, doch das Programm ist gestrafft: Verkaufstraining mit
Experten. Themen wie die Unternehmenssteuerreform
und Lex Koller werden von Vertretern der PricewaterhouseCoopers und des Bundesamts für Justiz präsentiert.
Mit praktischen Beispielen wird geübt. Der Erfahrungs-
21
und Best-Practice-Austausch kommt dabei nicht zu kurz.
Eine zentrale Rolle nimmt das Networking ein – kennen
sich doch viele Wirtschaftsförderer und Investment Officers der Swiss Business Hubs im Ausland höchstens per
Telefon. «Für mich war der Austausch mit meinen Kollegen zentral, da ich sonst hauptsächlich mit der Greater
Zurich Area zusammenarbeite, die wiederum den Link zur
Osec herstellt», betont Christian Zehnder von der Wirtschaftsförderung des Kantons Glarus.
Kräfte bündeln
In ihrem Referat zu den Herausforderungen in der Standortförderung aus kantonaler Sicht betont Monika Ulrich,
dass man sich vermehrt in die Sicht des Kunden versetzen
müsse, für den die Osec, die fünf Areas und die 26 Kantone
ja letztlich alle dasselbe tun. «Für den Kunden wäre es aber
wichtig, so lange wie möglich denselben Ansprechpartner
zu haben. Wenn wir nach China gehen würden, möchten
wir auch nicht mit einem Dutzend verschiedener Leute
verhandeln.» Erst wenn der Investor eine Vorstellung davon habe, wohin er möchte, solle die Konkurrenz zwischen
den Kantonen spielen. Deutliche Worte äussert Ulrich zum
Informationsaustausch: «Wenn ich von der Osec 50 potenzielle Projekte vermittelt bekomme und mich als Kanton
für 30 davon bewerbe, dann sollen diese Informationen
wieder zurückfliessen, das bringt beide Seiten weiter.»
Peter Koch von der St.GallenBodenseeArea unterstreicht: «Als virtuelles Team ohne Repräsentanten in
anderen Ländern hilft es uns enorm, dass die Osec diese
Vorselektion vornimmt und die Projekte prüft, bevor sie
uns übergeben werden. Wir würden es sogar begrüssen,
dass die Osec Investoren noch weiter begleitet oder etwa
zu einem späteren Zeitpunkt wieder Kontakt mit einem
Investor aufnimmt, wenn er sich gegen eine Ansiedlung in
der Schweiz entschieden hat.»
Abgerundet wird der Workshop mit einem Referat von
Professor Dominique Foray von der ETH Lausanne zum
Thema Innovation und Wissenstransfer in der Schweiz und
zur Frage, weshalb die Schweiz regelmässig die obersten Plätze in den Innovationsrankings belegt. In einem Land ohne
Innovationspolitik oder Subventionsmassnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung zeige sich, so Foray, dass
der Erfolg auf Faktoren wie die wirtschaftliche Stabilität, die
flexible Arbeitsmarktpolitik und die starke Rolle der Institutionen zurückzuführen sei. «Die Zusammenarbeit zwischen
Hochschulen und Industrien, die starke Verbindung zwischen Wissenschaft und Technologie, die zahlreichen KMU,
eine experimentierfreudige Kultur und unser Ausbildungssystem fördern das Innovationsklima. In diesem Umfeld gedeiht das ‹Wirtschaftswunder Schweiz› einfach vorbildlich.»
Weitere Informationen:
www.invest-in-switzerland.com
«Ein Vertrauensbeweis»
Jean-Luc Cornaz, Director Standortpromotion,
ortet noch weitere Potenziale, um Investoren
für den Schweizer Markt zu gewinnen.
Warum braucht es eine einheitliche Ausbildung in
der Standortpromotion?
Wir machen alle den gleichen Job: Wir wollen
Investitionen in die Schweiz bringen und Arbeitsplätze
schaffen. Deshalb müssen wir einheitlich auftreten.
Und die Vertreter der Kantone und Areas sollen sich
mit den Kollegen aus den Swiss Business Hubs
austauschen können, denn diese stellen oft den Erstkontakt her zu den Investoren, die sich für den
Standort Schweiz interessieren.
«Mit Qualitätsverbesserungen können
wir in der Prioritätenliste unserer
Kunden noch weiter steigen.»
Was kann man noch verbessern?
Die Kantone bekommen die Informationen zu den
Firmen mit Ansiedlungspotenzial aus verschiedenen
Quellen. Dabei werden sie auch direkt kontaktiert,
und diese Fälle bearbeiten sie zuerst. Oder der Kontakt entsteht durch die Areas oder an einem Event.
Unser Ziel ist es, in dieser Prioritätenliste weiter nach
oben zu klettern. Dazu müssen wir die Qualität
unserer Projekte noch verbessern.
Die Osec identifiziert Unternehmen aus dem
Ausland und prüft deren Potenzial und Projekte,
bevor sie den Kantonen vermittelt werden. Was
geschieht danach?
Der Investor kann dann im Prinzip aus 26 Kantonen
auswählen. Schwierig für uns ist, dass wir nicht
wissen, was dann geschieht, welche Kantone sich
für die Projekte bewerben und wie ein Investor entscheidet. Wir müssen aber die Reaktion der Kunden
kennen. Nur so können wir uns verbessern. Die
Kollegen von der St.GallenBodenseeArea sind unserem Aufruf bereits gefolgt
und haben uns eine detaillierte Feedbackliste zu
den übermittelten Projekten
zukommen lassen. Ein
klares Zeichen von Vertrauen!
Jean-Luc Cornaz ist
Director Standortpromotion bei der Osec.
22
| Know-how Liquiditätsmanagement
Freie Mittel strukturiert
einsetzen
Mit einem aktiven Liquiditätsmanagement können KMU zusätzliche Renditen
erzielen. Weil insbesondere bei international tätigen Unternehmen die
finanziellen Mittel oft über mehrere Konten in verschiedenen Währungsräumen
verteilt sind, muss zunächst eine Übersicht geschaffen und die überschüssige Liquidität zusammengeführt werden.
Von Urs P. Gauch, Leiter KMU-Geschäft Schweiz, Credit Suisse AG
E
ine Firma muss jederzeit über genügend Liquidität für
das operative Geschäft verfügen. Gleichzeitig lassen
sich durch die aktive Bewirtschaftung von nicht benötigten
Mitteln zusätzliche Ertragschancen nutzen und attraktive
Renditen erwirtschaften. Dafür müssen die überschüssigen
Mittel jedoch zuerst identifiziert werden. Vor allem international tätige KMU verfügen in der Regel über verschiedene Konten bei mehreren Finanzinstituten. Erschwerend
kommt hinzu, dass Zahlungsflüsse in beide Richtungen in
verschiedene Währungsräume erfolgen oder innerhalb von
komplexen Holding- oder Gruppenstrukturen verrechnet
werden müssen.
Für die Implementierung eines professionellen Liquiditätsmanagements hat sich in der Praxis ein dreistufiges
Modell bewährt (s. Grafik). In einer ersten Phase gilt es,
sich einen lückenlosen Überblick über die vorhandenen
flüssigen Mittel zu verschaffen. Falls es mehrere Konten
gibt, müssen diese in einer zentralen Sicht konsolidiert
werden. Dafür kommt ein virtuelles oder ein physisches
Cash Pooling in Frage. Falls auch Konten bei Drittanbietern oder im Ausland integriert werden müssen, kann eine
Multibank-Lösung Übersicht schaffen. Der Fides Account
Reporting Service der Credit Suisse beispielsweise sammelt Saldo- oder Transaktionsdaten in verschiedenen elektronischen Formaten von Banken weltweit und ermöglicht
die zentrale Verwaltung aller Konten.
Detaillierte Planung hilft bei der Entscheidung
In einer zweiten Phase muss eine detaillierte Finanz- und
Liquiditätsplanung erstellt werden. Eine vorausschauende
Analyse der ein- und ausgehenden Geldflüsse stellt sicher,
dass die Unternehmung jederzeit zahlungsfähig bleibt. Zusätzlich erlaubt diese Planung, die in einem bestimmten Zeitraum nicht benötigten flüssigen Mittel zu identifizieren. In
eine solche Analyse sollten Unternehmer auch makroökonomische Faktoren wie etwa die Entwicklung der Konjunktur,
der Zinsen oder der Währungen miteinbeziehen.
Schliesslich kann die überschüssige Liquidität zusammengeführt und deren Rendite optimiert werden. Die Wahl
der passenden Lösung hängt dabei primär davon ab, ob
eine kurzfristige oder eher eine mittel- bis langfristige Anlage getätigt werden soll. Ist die verfügbare überschüssige
Drei Stufen für ein professionelles Liquiditätsmanagement
Übersicht gewinnen
E-Banking-Lösungen
Multibank-Lösungen
Cash Pooling &
Multibank Cash
Concentration
Analysieren und
planen
Liquidität und
Rendite optimieren
inanz- und
F
Liquiditätsplanung
Analyse gesamtwirtschaftlicher
Entwicklungen
urzfristige RenditeK
optimierung
Anlageberatung
Mittel- bis langfristige
Renditeoptimierung
Cash Pooling &
Multibank Cash
Concentration
23
Liquidität auf verschiedene Konten verteilt, kann sie mit
einem physischen Cash Pooling oder – falls auch Auslandskonten integriert werden müssen – mit einer entsprechenden Multibank-Lösung zusammengeführt werden.
Die Rendite kurz- oder langfristig optimieren
Für kurzfristige Anlagen empfiehlt sich beispielsweise das
Cash Invest Konto der Credit Suisse. Der Cashmanager stellt
sicher, dass frei werdende Mittel auf dem Kontokorrent des
Unternehmens an einem definierten Stichtag automatisch in
das höher verzinste Cash Invest Konto übertragen werden.
Umgekehrt ist aber auch die benötigte Liquidität stets gewährleistet: Liegt das Guthaben auf dem Kontokorrent am
Stichtag unter dem definierten Zielsaldo, wird der fehlende
Betrag automatisch zurücküberwiesen. Als weitere Option
kommen auch verschiedene Festgeldanlagen in Frage. Dabei
handelt es sich um kurzfristige Anlagen, bei denen der Zinssatz von den aktuellen Geldmarktverhältnissen abhängt.
Soll die überschüssige Liquidität mittel- bis langfristig
angelegt werden, stehen auch hierfür verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Die Bandbreite reicht von Obligationen über Anlagefonds oder Aktien bis hin zu strukturierten Anlageprodukten. Mit dem überjährigen Festgeld
bietet die Credit Suisse Unternehmen zudem die Möglichkeit, überschüssige Liquidität für 13, 18 oder 24 Monate
anzulegen und von attraktiven Zinsen zu profitieren.
Da die Situation jeder Unternehmung anders ist, ist
das Liquiditätsmanagement eine äusserst individuelle Angelegenheit. Als globaler Finanzdienstleister mit einer langen Tradition verfügt die Credit Suisse über umfassendes
Know-how und kann integrierte und massgeschneiderte
Lösungen anbieten, welche sowohl die Liquidität jederzeit
sicherstellen als auch die Rendite nachhaltig optimieren.
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.credit-suisse.com/liquiditaet
Jetzt kostenlos online bestellen:
Die neue Broschüre «Cash
Invest Konto
und Cashmanager»
www.credit-suisse.com/
liquiditaet
24
| News Aussenwirtschaftsforum
Und der beste Schweizer Exporteur ist ...
Anregende Diskussionen mit Exponenten aus Politik und Wirtschaft über das
internationale Exportgeschäft und die Prämierung der besten Exporteure
aus der Schweiz und Liechtenstein: Das Aussenwirtschaftsforum steht am
11. April 2013 einmal mehr im Brennpunkt des Schweizer Exportwesens.
D
er Export-Award der Schweizer Aussenwirtschaftsförderin Osec zeichnet Schweizer und Liechtensteiner
Unternehmen aus, die ihr Expansionsvorhaben für einen
definierten Zielmarkt durch ein systematisches Vorgehen,
mit einem klaren Konzept und mit innovativen Ideen umsetzen oder umgesetzt haben. Am Aussenwirtschaftsforum
vom 11. April 2013 in Zürich wird der Preis zum sechsten
Mal verliehen. In den Kategorien «Success» und «Step-in»
wird jeweils eines von drei nominierten KMU prämiert.
Die Auszeichnung soll den Dialog über erfolgreiche Exporttätigkeit fördern und weitere Unternehmen dazu motivieren, den Sprung ins Ausland zu wagen.
Osec-Verwaltungsratspräsidentin Ruth Metzler mit René Fankhauser von
V-Zug, dem Gewinner 2012 in der Kategorie «Success».
Beispielhafte Exportleistung: Die sechs selektionierten Unternehmen in zwei Kategorien
Kategorie «Success» – für Firmen, die mit ihrem eingereichten Exportprojekt einen messbaren Erfolg vorweisen
können.
Kategorie «Step-in» – für Firmen, die einen neuen Zielmarkt
mit erkennbarem und nachgewiesenem Erfolgspotenzial
bearbeiten.
Bio-Strath AG, Herrliberg
Seit einem halben Jahrhundert feiert die Bio-Strath AG mit ihrem
pflanzlichen Aufbaumittel «Strath» in über 50 Ländern Erfolge. Der
Exportanteil beträgt 70 Prozent. Spitzenreiter Südafrika hat 2007
sogar die Schweiz als wichtigsten Absatzmarkt überholt. Gute
Vorbereitung und sorgfältige Auswahl der Vertriebspartner, kombiniert mit innovativem Marketing, sind das Erfolgsrezept.
www.bio-strath.ch
webtiser AG, Zürich
Entgegen dem Trend «IT goes East» entschied sich die webtiser
AG nach eingehender Marktanalyse für den Weg nach Spanien.
Im Herbst 2011 startete das KMU mit dem Aufbau eines Büros für
Software-Entwicklung und IT-Services in Madrid. Durch die Expansion konnte die webtiser AG den Werkplatz Schweiz sichern und an
beiden Standorten weiter wachsen. Ihr Exportanteil beträgt heute
25 Prozent.
www.webtiser.ch
SAFEmine AG, Baar
Zuhause kaum bekannt, dafür international umso erfolgreicher:
Das junge Schweizer KMU SAFEmine exportiert seine Sicherheitssysteme für Minenfahrzeuge in elf Länder. Mit Afrika ist SAFEmine gestartet, heute verfügt die Firma über Niederlassungen in
den USA und in Australien. Mithilfe der Osec fand SAFEmine in
Chile einen weiteren wichtigen Distributionspartner.
www.safe-mine.com
Thermoplan AG, Weggis
Ein Exklusivvertrag mit dem Kaffeehausriesen Starbucks bedeutete für die Thermoplan AG 1999 den Durchbruch. Mit einem
Eportanteil von 98 Prozent liefert sie ihre vollautomatischen Kaffeemaschinen für die Gastronomie heute in 63 Länder. 2007 beteiligte sich Thermoplan mit 20 Prozent am chinesischen Vertriebspartner «Jascaffe». Mittlerweile ist die Firma im asiatischen
Raum in mehr als zehn Ländern präsent.
www.thermoplan.ch
JNJ automation SA, Prez-vers-Siviriez
JNJ automation entwickelt und vertreibt Verpackungsmaschinen
und Förderanlagen für Lebensmittel, insbesondere für Käse. 40
Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftet die Firma in Europa. Nach
dem Besuch einer Informationsveranstaltung der Osec über den
Markt Kanada entschloss sich JNJ Ende 2011 zum Sprung über
den Atlantik. Zwei verkaufte Maschinen 2012 sind bereits ein beachtlicher Erfolg.
www.jnjautomation.ch
MetApp AG, Schöftland
Mit ihren Metallsystemen will MetApp den Weltmarkt erobern. Der
erste Schritt dazu gelang ihr mit einem Grossauftrag zur Produktion spezieller Fensterprofile in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische
Emirate). Der Erfolg auf dem anspruchsvollen arabischen Markt
bestärkt MetApp in den weiteren Expansionsvorhaben.
www.metapp.ch
Branchengrafik Textil |
Pionierin edler Garne
Grafik: Daniel Karrer
Die Schweizer Textilindustrie steht für Pioniergeist und Erfindungsreichtum. Trotz schwieriger Ertragslage und anhaltender Frankenstärke behaupten sich die Unternehmen in
Nischensegmenten. Mit speziellen Garnen und Veredlungsverfahren eröffnen sie mit ihren
technischen Textilien neue Möglichkeiten in Medizin, Sport und Transportwesen.
25
26
| Schwarz auf weiss Chance Zukunft
Ehrgeiz ist und bleibt
unser Erfolgsmodell
Von Gerhard Schwarz
Aufruhr im Paradies – der Titel eines
unlängst erschienenen Buches beschreibt
die Befindlichkeit der Schweizerinnen
und Schweizer präzis. Sie geniessen den
höchsten Lebensstandard, den es für
die breite Bevölkerung in der Geschichte
je gab. Und sie erregen sich, weil nicht
alle Wohnungssuchenden in den wieder
begehrten Kernstädten ein bezahlbares
Angebot finden, weil unter den Pendlern
in den Stosszeiten die in Tokio oder
Los Angeles schon längst üblichen Zustände herrschen, weil Wirtschaftsflüchtlinge ihr Gastrecht missbrauchen
oder weil Manager, die Millionen beziehen (aber nicht immer verdienen), die
«Ihre Erfolge dürfen die Schweiz
nicht zur Selbstgefälligkeit verleiten.
Sie muss dauerhaft besser sein.»
mit ihrer Macht und ihrem Einkommen
verknüpfte Verantwortung nicht genügend
wahrnehmen. Kurz: Die Menschen in
aller Welt können die Schweizer um ihre
Sorgen beneiden.
Die Probleme der Schweiz – die nicht
verniedlicht werden sollen – haben
nämlich meist mit dem Wohlstand zu tun,
den sie sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erarbeitet, und mit dem Erfolg,
den sie im letzten Jahrzehnt erzielt hat.
Von der günstigen Situation zeugen harte
Zahlen. Selbst über die Jahre der
Finanzkrise hinweg verzeichnete die
Schweiz Wirtschaftswachstum sowie
Überschüsse im Staatshaushalt. Sie erfüllt
deshalb, während Europa unter der Schuldenkrise ächzt, als eines von wenigen
Ländern die Maastricht-Kriterien. Und sie
behauptet im Global Competitiveness
Report des World Economic Forum seit
Jahren einen Spitzenplatz, nachdem
noch vor zwanzig Jahren führende Ökonomen befürchtet hatten, sie werde
«vom Sonderfall zum Sanierungsfall». Die
Analysten des Wirtschaftsmagazins
«Economist» stellten denn auch in einem
Ende 2012 veröffentlichten Ranking
fest, das Land, in dem man gerne
geboren würde, sei heute die Schweiz.
Dass das Land gegenwärtig gemäss einer Fülle von Indikatoren im internationalen Vergleich geradezu glänzend dasteht, verdankt es einerseits einer
etwas klügeren Politik: mit der Schuldenbremse, die einen über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt
fordert, dem Steuerwettbewerb, der die
Gemeinwesen zum Masshalten
zwingt, einer geschickten Rollenverteilung
zwischen Staat und Unternehmen
in der Innovationspolitik, einem flexiblen
Arbeitsmarkt und einer dualen Berufsbildung, dank denen die Arbeitslosigkeit,
zumal jene der Jugendlichen, auf
Tiefstständen verharrt.
Doch diese Erfolge dürfen nicht zu
Selbstgefälligkeit verleiten. Die
Schweiz kam nur mit Einsatz, Umsicht,
Klugheit – oder Schläue? – sowie
einigem Glück so weit. Und sie bleibt
letztlich Einäugige unter Blinden. Es
steht bei weitem nicht alles zum Besten.
Zudem hätte es auch anders kommen
können – und es kann wieder ganz
anders kommen, wenn die Schweiz ihr
Erfolgsmodell nicht bewahrt und entwickelt. Sie kann ihre herausragende
Stellung nur halten, wenn sie sich nicht
auf ihren Errungenschaften ausruht,
sondern weiter Ehrgeiz beweist: Grundsätzlich muss sie, so ambitiös dies
klingen mag, wirtschaftlich stets und überall etwas besser sein – auch wenn ihr
dies noch mehr Neider und Gegner einbringt. Das zwingt zu dauernder Standortpflege, um günstige Bedingungen
für die Aussenwirtschaft zu schaffen. Die
Schweiz braucht wegen ihrer vielen
natürlichen «Nachteile» – obwohl sich
diese beim zweiten Hinsehen nicht immer
als Nachteile erweisen – eine mittel- bis
langfristige Reformpolitik, die Stärken
stärkt und Schwächen schwächt. Das
neueste Buch von Avenir Suisse, «Ideen
für die Schweiz. 44 Chancen, die Zukunft
zu gewinnen», das seit Wochen breit
und kontrovers diskutiert wird, entspringt
genau diesem Geist.
Allen darin präsentierten Ideen ist
neben der liberalen Perspektive eines
gemeinsam: Sie fallen weitestgehend in
die Zuständigkeit der Schweiz; sie sind
nicht gänzlich unabhängig von dem, was
ringsum passiert, aber doch so angelegt, dass von der Sache her wenig Abstimmungs- und Koordinationsbedarf
besteht. Sie sollen dazu dienen, das Haus
Schweiz in Ordnung zu halten, es also
vorausschauend so zu gestalten, dass es
in möglichst vielen Situationen seine
Qualität und Stabilität behalten kann. Denn
gerade für eine kleine Willensnation
wie die Schweiz bleiben Zukunftsoffenheit,
Flexibilität und Risikodiversifikation
besonders wichtig.
Gerhard Schwarz ist seit 2010 Direktor des Think-Tanks Avenir Suisse. Gerhard Schwarz
und Urs Meister (Herausgeber): «Ideen für die Schweiz – 44 Chancen, die Zukunft zu gewinnen»,
NZZ Libro, 324 Seiten, 38 Franken.
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*Nicht alle Produkte werden in allen Ländern angeboten. Stand: 31. Dezember 2011.

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