Trendberuf Yogalehrer
Transcription
Trendberuf Yogalehrer
Trendberuf Yogalehrer Auftraggeber, wie Krankenkassen und Firmen, pochen auf seriöse Ausbildung Tief durchatmen: Alexander Peters kontrolliert die Asanas, wie die Körperhaltungen im Yoga genannt werden Foto: Manja Elsässer Von Josefine Janert In der Mitte des Raumes steht eine Marmorschale mit Wasser, in der Blüten schwimmen. "Während des Unterrichts kann der Blick hin und wieder auf den Blüten ruhen", sagt Alexander Peters. Er ist Lehrer im Yogastudio "Sonne und Mond" in Berlin-Mitte und gleichzeitig dessen Leiter. Wer sich dort anmeldet, hat einen verspannten Rücken oder möchte sich besser konzentrieren können. "Vor allem geht es aber darum, mit Hilfe des Yoga den Geist zur Ruhe zu bringen", sagt Peters. Er ist 35 Jahre alt, schlank und wirkt äußerst geschmeidig. Diese Eigenschaft wird durch Yoga gefördert. Die indische Entspannungsmethode ist keine Sportart. Während eines anderthalbstündigen Kurses bei Alexander Peters sind die Schüler dazu angehalten, eher langsam die Asanas einzunehmen, wie die Körperhaltungen im Yoga heißen. Peters leitet seit vier Jahren das 100 Quadratmeter große Studio. Seit 2004 bildet er bei "Sonne und Mond" auch Yogalehrer aus. Für diesen Beruf gibt es keine staatlich geregelte Ausbildung. Wer ihn ergreifen möchte, muss sich zwischen den Angeboten zahlloser privater Institute entscheiden, die keinesfalls alle wohldurchdacht sind. Einige Kurse dauern nur wenige Wochen. Vierjährige Ausbildung Die Ausbildung bei Alexander Peters dauert vier Jahre und ist berufsbegleitend angelegt. Sie ist vom Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY) anerkannt. Das kommt einem Gütesiegel gleich. Die Krankenkassen sind nur dann bereit, die Yogakurse ihrer Mitglieder anteilig zu finanzieren, wenn der Lehrer ein Zertifikat von einem seriösen Yogaverband vorweisen kann. Außerdem verlangen sie in der Regel, dass der Kursleiter eine Ausbildung in einem medizinischen, pädagogischen oder Gesundheitsberuf abgeschlossen hat. Alexander Peters ist Heilpraktiker. In sein Studio kommen sowohl Schüler, die Yoga lernen möchten, als auch solche, die Yogalehrer werden wollen. Von letzteren erwartet er, dass sie vor Beginn der Ausbildung längere Zeit Yoga praktiziert haben. Diese Regel ist allgemein üblich und auch sinnvoll, sonst stellt der Schüler womöglich nach einem halben Jahr fest, dass der Beruf nicht zu ihm passt. Die Ausbildung bei "Sonne und Mond" umfasst 720 Stunden à 45 Minuten. Der lange Unterricht sei nötig, weil Yogaschüler "oft einen hohen Anspruch an ihren Lehrer haben", sagt Jutta Bachmeier-Mönnig. Sie leitet mit ihrem Mann eine Yogaschule in der Nähe von Braunschweig und ist beim BDY für die Ausbildung des Nachwuchses verantwortlich. Zwar dürfen auch Yogalehrer, die sich ihr Handwerkszeug während mehrerer Wochenendkurse angeeignet haben, ein Studio eröffnen. Doch die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen ist lukrativ. Die Techniker Krankenkasse etwa zahlt ihren Mitgliedern einmal im Jahr 80 Prozent der Kosten für einen Kurs. "Yoga entspannt, stärkt das Immunsystem, fördert Heilprozesse, lindert Schmerzen und beeinflusst Nervensystem und Verdauung positiv", sagt die Sprecherin Inga Lund. Für Alexander Peters und die eifrigsten seiner Schüler ist Yoga nicht nur eine Abfolge körperlicher Übungen, sondern Lebensphilosophie. Sie trachten danach, immer gelassen zu bleiben, Selbstdisziplin zu üben, sich und anderen gegenüber wahrhaftig zu sein. Diesen Rat für einen Alltag im Sinne des Yoga gab vor hunderten Jahren Patanjali, ein indischer Yogi und Gelehrter. Es gehört übrigens zu einer guten Yogalehrerausbildung, sich einen Grundwortschatz in der altindischen Sprache Sanskrit anzueignen und sich mit den wichtigen Schriften auseinander zu setzen. Jutta Bachmeier-Mönnig: "Darin geht es um den Geist und das Wesen des Menschen." Vor allem komme es darauf an, die indischen Weisheiten in Bezug zur heutigen Zeit zu setzen. Täglich Asanas Nicht alle Yogalehrer können von ihrem Beruf leben, zumal es in Berlin inzwischen zu viele Kursangebote geben soll. Einige gehen in Firmen und geben dort den Angestellten Unterricht. Ein angemessenes Honorar bringt auch der Einzelunterricht. "Da kann ich Menschen aus ganzheitlicher Perspektive betrachten und noch treffendere Hinweise geben als in einem Gruppenkurs", berichtet Peters. Denn einmal pro Woche zu üben, reicht nicht aus. Man sollte möglichst täglich seine Asanas praktizieren. Peters macht das seit 1992. Er fand über Umwege zum Yoga. Schon als Schüler interessierte er sich für Philosophie. Später an der Uni stellte er bald fest, "dass die westliche Philosophie weit entfernt ist vom täglichen Leben." Jemand lud Peters zu einem Yogakurs ein. Erst fand er es seltsam. Doch bald begann er, die Wirkung zu schätzen: "Ich merkte, wie stark ich vorher auf das analytische Denken fixiert gewesen war." © Berliner Morgenpost 2007