Bericht – Auslandspraktikum in Edmonton, Kanada

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Bericht – Auslandspraktikum in Edmonton, Kanada
Bericht – Auslandspraktikum in Edmonton, Kanada
Zeitraum des Praktikums: 18.08.2008-19.12.2008
Gastland: Kanada
Wohnmöglichkeit am Praktikumsort: Studentenwohnheim oder selbstständige
Organisation einer Wohnmöglichkeit vor Ort
Angaben zur Praktikumsfirma:
• Anschrift:
University of Alberta International
3-600 Enterprise Square
10230 Jasper Avenue
Edmonton, Alberta T5J 4P6
• Tel: (780) 492-3600
• Email: [email protected]
• Praktikumsbetreuer: Renny Khan
• Branche: Bildung/Hochschule, ca. 9400 Mitarbeiter
1. Wie haben Sie von der Möglichkeit erfahren, dass Student und Arbeitsmarkt
Auslandspraktika vermittelt?
Durch den regelmäßigen Besuch der Student und Arbeitsmarkt-Homepage, um mich über
Kurs-, Praktikums- und Jobangebote zu informieren, wusste ich schon länger von der
Möglichkeit, auch Praktika im Ausland vermittelt zu bekommen. Von der Möglichkeit, ein
Praktikum speziell in Kanada machen zu können, habe ich durch Aushänge, die im
Unigebäude verteilt waren, erfahren.
2. Welche Erwartungen hatten Sie zu Beginn des Praktikums?
Im Telefoninterview mit meinem Chef wurde mir vermittelt, dass es sich bei der Arbeit im
International Relations Department der University of Alberta um ein extrem dynamisches
Umfeld handele, bei dem man gut mit Stress umgehen müsse. Mir wurde mitgeteilt, dass ich
mit anspruchsvollen Aufgaben betraut werden würde, bei denen es insbesondere auf
analytische Herangehensweise und hohe Kommunikations- und Sprachbegabung ankäme.
Dementsprechend habe ich ein überaus anspruchsvolles Praktikum erwartet und hatte etwas
Bedenken, ob ich den hohen Anforderungen auch gerecht werden würde. Insbesondere freute
ich mich auf ein multikulturelles Team und ein internationales Arbeitsumfeld.
Ich hatte auch aufgrund des Praktikumsberichts der Praktikantin des Vorjahres und eines
persönlichen Gespräches mit ihr die Erwartung, dass mir verantwortungsvolle Aufgaben
zugeteilt werden würden und dass man bei Treffen mit hochrangigen Persönlichkeiten aus
Wissenschaft und Politik dabei sein würde.
3. Welche wurden erfüllt und welche nicht?
Die Erwartung, dass das Praktikum extrem stressig werden würde, erfüllte sich nicht. Anfangs
versicherte mir mein Chef fast täglich, dass nur die Anfangszeit im August grundsätzlich
ruhig wäre und sich dies schlagartig ändern würde, wenn wieder mehr auf dem Campus los
wäre. Allerdings erfüllte sich seine Prophezeiung nicht, so dass ich während des gesamten
Praktikums nie an meine Grenzen stieß. Hätte ich nicht immer wieder Eigeninitiative gezeigt
und sowohl bei meinem Chef als auch bei meinen Kollegen aus anderen Bereichen um
Aufgaben gebeten, wäre ich noch weniger ausgelastet gewesen.
Meine Erwartung, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten, erfüllte sich. Es handelt sich
naturgemäß um ein sehr internationales Team. Etwas schade fand ich, dass ich im Team
Europe fast ausschließlich Aufgaben bekam, die einen Bezug zu Deutschland hatten. Ich hätte
mich gerne noch mit anderen Ländern auseinander gesetzt. Dies war teilweise der Fall, als ich
für das Team Americas Rechercheaufgaben erledigt habe.
4. Wenn nicht, worauf führen Sie dies zurück?
Die Hauptursache, warum ich relativ wenige und eher anspruchslose Aufgaben zugeteilt
bekam, lag an der Tatsache, dass mein Vorgesetzter sechs Wochen vor Ende meines
Praktikums den Arbeitsplatz wechselte und mehr darum bemüht war, noch bestehende
Projekte abzuschließen als neue Herausforderungen anzugehen. Mein Chef war zwar bemüht,
mir von den verbliebenen Aufgaben möglichst anspruchsvolle zuzuweisen, allerdings fühlte
ich mich den Großteil der Zeit nicht ausgelastet und unterfordert.
Leider war mein Vorgesetzter kein Einzelfall, und so verließen während meiner Zeit als
Praktikantin bei UAI einige Kollegen die Abteilung und wechselten vorwiegend innerhalb der
Universität ihren Arbeitsplatz.
Insgesamt erlebte ich in der Abteilung eine recht turbulente Zeit, was den Arbeitswechsel
betraf, und dies wirkte sich auch auf meinen eigene Arbeit, insbesondere das Niveau und den
Umfang der Aufgaben, aus.
5. Mit welchen Aufgaben wurden Sie betraut?
Im Großen und Ganzen wurde ich vorwiegend mit administrativen und organisatorischen
Aufgaben betraut. So bestand eine meiner Hauptaufgaben in der Vorbereitung von
Auslandreisen meines Chefs und von Besuchen von Professoren, vorwiegend aus
Deutschland. So habe ich z.B. den Aufenthalt einer Professorin der LMU vor- und
nachbereitet und sie zu Meetings mit Professoren der University of Alberta begleitet.
Darüberhinaus war ich bei den Vorbereitungen für einen Workshop des GeoForschungszentrums Potsdam involviert und habe sog. Humboldt Info Sessions in anderen
kanadischen Städten organisiert.
Ein weiteres großes Projekt war das Verfassen eines umfassenden Berichts über die
Aktivitäten der University of Alberta in Deutschland. Dafür musste ich mit vielen
hochrangigen Persönlichkeiten in Kontakt treten und deren entsprechende Aktivitäten
zusammenfassen.
Besonders großen Spaß hat das inhaltliche und gestalterische Update bestimmter
Internetseiten der UAI gemacht. Eine Kollegin beauftragte mich, mit ehemaligen
internationalen Studenten, die an der sog. Summer School an der UofA teilgenommen hatten,
in Kontakt zu treten und sie nach deren bleibenden Erinnerungen ihres Aufenthaltes in
Edmonton zu fragen. Diese persönlichen Highlights fasste ich dann zusammen und gestaltete
daraus Postkarten mit PowerPoint, die ich letztendlich mit dem Content Management System
der Universität selbst auf die Website des Summer School Programms stellen durfte.
6. Konnten Sie bisher Erlerntes umsetzen?
Durch meine früheren Praktika und Stellen als Werkstudentin in Deutschland kannte ich
bereits die grundsätzlichen Arbeitsabläufe im Büro. So brauchte ich nicht lange, um mich
auch in dieser neuen Umgebung einzuarbeiten und konnte bisher erlernte Fähigkeiten auch in
diesem Praktikum umsetzen und vertiefen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, noch mehr
Neues dazu zu lernen und nicht nur aus meinem bisher vorhandenen Können und Wissen zu
schöpfen.
7. Waren Sie ausgelastet?
Siehe Antwort zu Frage 3
8. Wie war der Lerngewinn?
Insgesamt würde ich den Lerngewinn als mittelmäßig einstufen, was insbesondere an den
bereits erwähnten Aufgaben lag. Auf menschlicher Ebene habe ich allerdings extrem viel
dazu gelernt und die Arbeit in einem derart multikulturellen Umfeld als große Bereicherung
empfunden. Auch meine sprachlichen Fähigkeiten sind noch flüssiger geworden.
9. Welche Probleme gab es während des Praktikums?
Wie bereits unter Punkt 3 erwähnt, lag das Hauptproblem in der Tatsache, dass mein direkter
Vorgesetzter sechs Wochen vor Praktikumsende die Abteilung verließ. Dies teilte er mir erst
kurz vor seinem Arbeitplatzwechsel mit, so dass ich erst dann verstand, warum es im
Gegensatz zum Jahr davor recht wenig zu tun gab. Als mein Chef dann nicht mehr da war,
gab es immer wieder Situationen, in denen ich mir einen Vorgesetzten gewünscht hätte. So
kam ich mir oft doch recht verloren vor, auch wenn meine Kollegen aus den anderen
Bereichen sich sehr bemühten, dies auszugleichen. Dennoch war nicht zu übersehen, dass es
teilweise an klaren Zuständigkeiten fehlte.
10. Hat das Praktikum Spaß gemacht?
Trotz der geringen Auslastung habe ich mich im Büro sehr wohl gefühlt, was vorwiegend an
meinen tollen Kollegen lag. Ich habe meinen Aufenthalt in Kanada immer als „Gesamtpaket“
betrachtet, also nicht nur die Arbeit und die Aufgaben an sich, sondern das freundschaftliche
Verhältnis zu meinem Chef und meinen Kollegen, das Wohnen auf dem Campus, der Kontakt
zu anderen internationalen Studenten und nicht zuletzt meine tollen Unternehmungen am
Wochenende.
11. Wie gestalteten sich die Kontakte zu Kollegen am Arbeitsplatz?
Die Kontakte zu meinen Arbeitskollegen waren sehr gut. Sowohl am Arbeitsplatz als auch
außerhalb der Arbeit konnte ich einige enge Kontakte knüpfen. In der Arbeit traf man sich vor
allem beim Mittagessen oder auch mal zwischendurch auf einen Kaffee. Ich hatte von Anfang
an das Gefühl, dass sich die Kollegen sehr für mich interessierten und es ihnen wichtig war,
dass ich mich wohl fühlte. Besonders schön waren die gemeinsamen Unternehmungen mit
Arbeitskollegen außerhalb der Arbeitszeit. So wurden wir (ich und zwei andere Praktikanten
aus Deutschland) teilweise nach Hause eingeladen oder sind in einen der Nationalparks
gefahren. Auch von Deutschland aus stehe ich mit einigen meiner ehemaligen Kollegen
immer noch regelmäßig in Kontakt.
12. Welche Kontakte konnten Sie außerhalb der Arbeit knüpfen?
Da ich zusammen mit einer anderen Praktikantin auf dem Campus wohnte und wir auch den
Status als „internationale Studenten“ hatten, haben wir zu Beginn des Semesters an den sog.
„Transitions“ teilgenommen, Willkommensveranstaltungen für internationale Studenten.
Gleich von der ersten Veranstaltung an waren wir somit eingebunden in ein Netzwerk und
hatten so eigentlich jeden Tag die Möglichkeit, etwas mit anderen Studenten zu unternehmen.
Eines der Highlights war ein verlängertes Wochenende im Banff Nationalpark, an dem
insgesamt 50 internationale Studenten teilnahmen. Die Fahrt wurde sehr professionell von
einheimischen Studenten organisiert und begleitet.
13. Wie bewerten Sie die Art der Unterkunft?
Ich habe zusammen mit einer anderen Praktikantin, die am gleichen Austauschprogramm
teilgenommen hat, in einem Studentenwohnheim auf dem Campus in einem sog. Two
Bedroom Appartment gewohnt. Was mir besonders gut gefallen hat, war die Tatsache, auf
dem Campus wohnen zu können, den ich von der LMU in der Form nicht kannte. Ein weiterer
Vorteil war, dass wir die Unterkunft bereits von Deutschland aus organisieren konnten.
Außerdem hatten wir es nicht weit zur LRT, einer Art U-Bahn, mit der wir direkt zur Arbeit
fahren konnten und die sogar direkt vom Wohnheim aus zu erreichen war, was bei
Minusgraden schon sehr angenehm war.
Allerdings war die Unterkunft verhältnismäßig teuer, insbesondere wenn man bedenkt, dass
die Wohnung unmöbliert war. Auch die Schlafzimmer waren sehr klein.
Im Großen und Ganzen war die Unterkunft für eine Dauer von vier Monaten in Ordnung, v.a.
weil man sich die meiste Zeit nicht zu Hause aufhielt.
14. Waren Sie mit der Praktikumsdauer zufrieden?
15. Wenn nein, was würden Sie als optimale Dauer zu empfehlen?
Eine Praktikumsdauer von vier Monaten, wie in meinem Fall, halte ich für die Mindestdauer
eines derartigen Praktikums, da nicht zu unterschätzen ist, dass man ca. zwei Monate braucht,
um sich wirklich einzuleben. Als ich nach vier Monaten wieder abgereist bin, wäre ich gerne
noch zwei Monate geblieben, um die aufgebauten Kontakte zu Arbeitskollegen und
internationalen Studenten noch weiter zu vertiefen. Außerdem wäre es interessant gewesen,
den weiteren Verlauf einiger begonnener Projekte noch weiter mit verfolgen zu können.
Somit halte ich eine Praktikumsdauer von sechs Monaten für optimal.
16. Welche Eindrücke haben Sie von Ihrem Gastland (Kultur, Lebensgewohnheiten,
Arbeitsbedingungen) gewonnen?
Besonders beeindruckt war ich von der Hilfsbereitschaft und Offenheit der Kanadier. Bereits
am ersten Wochenende meines Aufenthaltes wurde dies besonders deutlich, als ich mit einer
anderen Praktikantin die Stadt zum ersten Mal erkundet habe. Jedes Mal, wenn wir unseren
Stadtplan zückten, kamen Kanadier auf uns zu und fragten von sich aus, ob sie uns den Weg
zeigen könnten. Auch als wir mit unserem schweren Gepäck im Bus unterwegs waren, gab es
ohne eigenes Nachfragen immer mindestens eine helfende Hand.
Auch am Arbeitsplatz fiel mir schon nach kurzer Zeit auf, dass sich die kanadische
Arbeitskultur durch wesentlich flachere Hierarchien auszeichnet: So hatte ich sowohl zu
meinem Chef als auch zu meinen Kollegen ein teilweise freundschaftliches Verhältnis. Auch
dass man mit seinen Arbeitskollegen viel privat unternimmt, kannte ich von Deutschland in
diesem Ausmaß nicht. Sehr interessant fand ich auch die unterschiedliche Einstellung zum
Thema Pünktlichkeit. Fast jedes Mal kam mein Chef um einige Minuten später als wir
deutsche Praktikanten. Insgesamt wirkte die Haltung der Kollegen zu ihrer Arbeit doch
entspannter als ich es bisher von Deutschland gewöhnt war.
17. Haben Sie die Sprache des Gastlandes verbessern können?
Obwohl mein Englisch bereits vor dem Praktikum auf einem recht hohen Niveau war, habe
ich dennoch das Gefühl, dass ich insgesamt noch flüssiger geworden bin und sich vor allem
mein Business English stark verbessert hat.
18. Wie hat sich durch das Praktikum Ihre Studienmotivation, Ihr Studienverhalten
und /oder Ihre Einstellung zum künftigen Beruf geändert?
Meine Studienmotivation war bereits vor dem Praktikum sehr hoch und ist es auch weiterhin.
Grundsätzlich könnte ich es mir gut vorstellen, im Bereich International Relations nach dem
Studium zu arbeiten.
19. Wäre die Praktikumsstelle bereit, auch künftig ausländische Praktikantinnen/
Praktikanten aufzunehmen?
Aufgrund der momentanen „Phase des Umbruchs“ kann ich dies sehr schwer beurteilen, gehe
davon aus, dass es grundsätzlich weiterhin möglich ist, an der UAI ein Praktikum zu machen.
20. Können Sie diese Stelle anderen Praktikantinnen/Praktikanten empfehlen? Bitte
begründen Sie.
Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten, kann ich diese Stelle empfehlen, insbesondere weil
ich glaube, dass mein Praktikum in eine ungünstige Zeit gefallen ist. Einige meiner Kollegen
haben mir immer wieder versichert, dass diese Phase kein Beispiel für „Canadian working
culture“ sei. Somit wünsche ich dem/der zukünftigen Praktikanten/in, dass sich bis zu
seinem/ihrem Praktikum die Wogen geglättet haben.
21. Haben Sie Verbesserungsvorschläge für die Organisation durch Student und
Arbeitsmarkt?
Nein.