CASE REPORT Veneer- und Kronenversorgung bei Inzisivi mit

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CASE REPORT Veneer- und Kronenversorgung bei Inzisivi mit
Case Report
Keramik
Zusammenfassung
Die Autoren berichten anhand
eines Patientenfalls, bei dem
Zahn 11 mit einem Veneer und
Zahn 21 mit einer Vollkrone aus
VITA ENAMIC versorgt wurden,
über ihre Erfahrungen mit dieser
neuen Hybridkeramik. Das Material, das auf der Kombination
aus einer modifizierten Feldspatkeramik mit einem Polymer
basiert, wird vorgestellt und dies
mit weiterführenden Tipps zum
Thema Indikation, Be- und Verarbeitung vertieft.
Indizes
Hybridkeramik, VITA ENAMIC,
Veneer, Krone, CAD/CAM, CEREC
Veneer- und Kronenversorgung bei
Inzisivi mit einer neuen Hybridkeramik
Alessandro Devigus, Giordano Lombardi
Moderne CAD/CAM-Systeme ermöglichen die Fertigung ästhetisch ansprechender Versorgungen aus Keramik oder Polymer-Materialien in einer Sitzung und haben sich in Praxis und Labor etabliert. Materialien, die ohne thermische Brandführung nach Schleifen
und Politur direkt inseriert werden können, weisen im Allgemeinen eine Festigkeit von
unter 200 MPa auf und eignen sich für die definitive Versorgung einzelner Zähne vom Inlay über Veneers bis zu Kronen. Mit der adhäsiven Befestigung lässt sich damit ein langlebiger hochwertiger Zahnersatz in einer Sitzung herstellen. Im Gegensatz dazu müssen
hochfeste Lithiumdisilikate oder Zirkonoxide in zwei Schritten verarbeitet werden.
Die Herstellung der Werkstücke erfolgt vorwiegend mittels Schleifprozessen. Die
keramischen Rohlinge lassen sich zwar einfach formschleifen, neigen aber aufgrund ihrer Sprödigkeit vor allem bei feineren Strukturen zu Frakturen, vorzugsweise im Randbereich. Die Kombination einer modifizierten Feldspatkeramik mit einem Polymer hat
zur Entwicklung eines Hybridmaterials geführt, welches die positiven Eigenschaften der
beiden Materialgruppen vereint.1
Einleitung
Bei der Entwicklung dieses Materials wurde laut Herstellerangaben ein anderer Weg
beschritten als bei den in der Zahnmedizin verwendeten Komposit-Materialien üblich,
Material
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Abb. 1 Die Ausgangssituation zeigt approximale Karies, Fraktur
an Zahn 11 und eine insuffiziente Krone auf Zahn 21.
Abb. 2 Die Lächellinie in der Ausgangssituation.
bei denen feinste Keramikpartikel in eine Kunststoffmatrix eingebettet werden. Bei dem
hier vorgestellten VITA ENAMIC (Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen) wird in eine poröse,
strukturgesinterte Keramik das Polymermaterial infiltriert, wodurch eine dentinähnliche
Elastizität erzielt wird. Der anorganische Keramikanteil beträgt dabei ca. 86 Gew.-%, der
organische Polymeranteil ca. 14 Gew.-%.
Diese besondere Materialstruktur bedingt eine hohe Bruchlast und eine sehr gute
Bearbeitbarkeit in CAD/CAM-Schleifmaschinen. Durch die gute Kantenstabilität lassen
sich selbst feine Strukturen fräsen (Abb. 1). Die okklusale Mindestschichtstärke des Hybridmaterials liegt nach Angaben des Herstellers bei 1 mm, womit es 30 % unter den für
die meisten zahnfarbenen Keramiken üblichen Wandstärken von Komposit mit 1,5 mm
liegt, was mithin ein weniger invasives Vorgehen erlaubt.2
Im Gegensatz zu traditionellen Kompositen, die sandgestrahlt werden müssen, lässt
sich das Material für die adhäsive Befestigung mit fünfprozentiger Flusssäure anätzen
und silanisieren.
Die Erfahrungen der Autoren mit diesem Hybridmaterial sollen im Folgenden anhand
einer Kasuistik und der Herstellung und Verarbeitung einer CAD/CAM-Versorgungen für
die Oberkieferfront erläutert werden.
Kasuistik Die 52-jährige Patientin kam in die Praxis, nachdem am Zahn 11 als Folge einer SekunZahnärztlicher Teil därkaries ein Teil der alten Kompositfüllung abgebrochen war (Abb. 1 und 2). Zahn 21
hatte eine insuffiziente Krone. Nach Absprache mit der Patientin sollten die Zähne 11
und 21 in einer Sitzung neu versorgt werden. Geplant wurde ein Veneer an Zahn 11
und eine Vollkrone an Zahn 21.
Die medizinische Anamnese der Patientin war unauffällig, die parodontalen Gewebe
waren gesund und entzündungsfrei. Damit waren die Voraussetzungen für eine adhäsive Versorgung der beiden Zähne in einer Sitzung optimal. Auf die Herstellung von
Studienmodellen oder eines Wax-ups wurde verzichtet, da die Informationen der Ausgangssituation genügend Anhaltspunkte für die Planung und Durchführung der Behandlung lieferten.
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Abb. 3 Die Präparation für ein
Veneer an Zahn 11 und für
eine Vollkrone an Zahn 21. Die
Gingiva ist gesund und
entzündungsfrei, eine Voraussetzung für die geplante
adhäsive Befestigung.
Abb. 4 Die intraoralen
Digitalisierung erfolgt mit der
CEREC Omnicam (Sirona,
Bensheim).
Abb. 5 Mit der CEREC
Software 4.0 (Sirona) erfolgt
das Design des Veneers und
der Krone. Blau dargestellt ist
die Präparationsgrenze am
Zahn 11.
Abb. 6 Zahnform und
-oberfläche lassen sich mit
verschiedenen Werkzeugen mit
der Software reproduzieren.
Die ursprüngliche „Butterfly-Stellung“ wurde beibehalten.
Nach der Überprüfung der Okklusion und der Funktion wurden die Zähne 11 und
21 präpariert (Abb. 3). Am Zahn 21 wurde die vorhandene Krone mit zylindrischen Diamantschleifern entfernt. Der durch die Blockierung des Lichts dunkel wirkende Anteil
der Wurzeloberfläche zeigte nach der Entfernung der Krone eine dem Nachbarzahn
ähnliche Farbe mit weißlich-opaken Anteilen. Am Zahn 11 wurde nun die insuffiziente
Füllung entfernt, die Karies exkaviert und eine möglichst Zahnsubstanz erhaltende
­Veneer-Präparation ausgeführt, um die Formen der beiden Frontzähne mit der neuen
Versorgung leicht modifizieren zu können.
Die Situation wurde anschließend mit der CEREC Omnicam (Sirona, Bensheim) digitalisiert, welche im Gegensatz zur CEREC BlueCam (Sirona) ohne eine Mattierung der
Zahnoberfläche durch Puder arbeitet (Abb. 4), was der Autor aufgrund der Zeitersparnis
und Unkompliziertheit bevorzugt.
Zur Konstruktion des Veneers und der Krone kam die CEREC Software 4.0 zum Einsatz. Nach dem Einzeichnen der Präparationsgrenze errechnet die Software einen Initialvorschlag, der sich mit verschiedenen Designwerkzeugen bearbeiten lässt (Abb. 5)
Es sollte bereits an dieser Stelle ein besonderes Augenmerk auf die Form und Oberfläche der zu schleifenden Versorgungen gelegt werden. Es lohnt sich schon, Details zu
gestalten, um anschließend bei der Ausarbeitung Zeit sparen zu können. Die leichte
„Butterfly-Stellung“ der Frontzähne sollte beibehalten werden (Abb. 6).
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Abb. 7 Die Krone 21 nach
dem Formschleifen.
Abb. 10 a Die Konturierung
der Restauration und b die Ein­arbeitung von Form und Textur
mit Feinkorndiamanten.
Abb. 8 Die Entfernen des Anstichzapfens nach
dem Schleifprozess.
a
Abb. 9 Die Einprobe der Arbeiten. Die
gewünschten Form- und Textur-Korrekturen
werden mit einem Bleistift markiert.
b
Zahntechnischer Teil Im nächsten Arbeitsschritt erfolgte das Formschleifen der zahntechnischen Werkstücke
in der MC XL-Schleifmaschine (Sirona). Es wurde ein HT (high translucency) Block gewählt, der sich durch seine Transluzenz sehr schön in die natürliche Umgebung einfügt
(Abb. 7).
Die Schleifzeit ist beim Einsatz der VITA ENAMIC Hybridkeramik deutlich kürzer als
bei vergleichbaren, zahnfarbenen Keramik-Materialien und lag für die Krone und das
Veneer jeweils unter zehn Minuten.
Nach Beendigung des Schleifprozesses wurde der Anstichzapfen mit Feinkorndiamanten entfernt (Abb. 8). Dann erfolgte die initiale Einprobe der formgeschliffenen
Versorgungen. Mit einem Bleistift wurden die gewünschten Korrekturen an Form und
Textur markiert (Abb. 9). Die Konturierung und das Einbringen von Textur erfolgten
dann erneut mit Feinkorndiamanten (Abb. 10).
Zur Politur wurde ein speziell auf VITA ENAMIC abgestimmtes zweistufiges Poliersystem genutzt, mit dem der Autor gute Erfahrungen machen konnte und das zur Verarbeitung des Materials auch genutzt werden sollte. Mit dem sogenannten VITA Polishing
Set clinical oder technical lassen sich im Allgemeinen schnell und einfach Restaurationsoberflächen mit einem guten Glanzgrad erzielen (Abb. 11).
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a
Abb. 11 Ein zweistufiger
Prozess: a Im ersten Schritt
erfolgt die Vorpolitur mit den
speziellen VITA ENAMIC
Polishing Instrumenten; b im
zweiten Schritt folgt die
Hochglanzpolitur.
b
Abb. 12 Direkt nach der Eingliederung: die Krone auf Zahn 21
und das Veneer auf Zahn 11.
Abb. 13 Die Abschlusssituation im Lippenbild mit den adhäsiv
befestigten Versorgungen an 11 und 21 in situ.
Nach dem Finalisieren der Restaurationen wurde diese zur Eingliederung an den Zahnarzt zurückgegeben.
Für die Befestigung kann auf der Hybridkeramik durch Ätzung mit 5%iger Flusssäure
ein hochretentives Ätzmuster erzeugt werden. Bei der Eingliederung des Veneers kam
angewärmtes, lichthärtendes Komposit (Z250, 3M ESPE, Seefeld) und Syntac Classic
(Ivoclar Vivadent, Ellwangen) zum Einsatz; für die Krone wurde dualhärtendes Komposit
(Multilink, Ivoclar Vivadent) genutzt.
Die finale Ansicht nach adhäsiver Befestigung zeigte ein ästhetisches Ergebnis
(Abb. 12 und 13), das sowohl den Patienten als auch Behandler und Zahntechniker
zufriedenstellte.
Fertigstellung
Die neu entwickelte Hybridkeramik VITA ENAMIC eignet sich neben Inlays, Onlays und
Kronen auch für minimalinvasive Veneers oder Frontzahnkronen. Die ästhetischen Eigenschaften des Materials sind aufgrund des warmen Farbtons ausgezeichnet. Individualisierungen mit Malfarben sind möglich, aber in den meisten Fällen nicht einmal notwendig. Die beschriebene Versorgung ist wirtschaftlich für Labor, Behandler und Patient
interessant. Für die Zukunft hat die Herstellerfirma angekündigt, den Indikationsbereich
der Hybridkeramik durch weitere Geometrien und Farben – eventuell in Form von mehrfarbigen geschichteten Blöcken – noch zu erweitern.
Fazit
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KeRamiK
Literatur
1.
2.
Güß P. Untersuchung zur Ermittlung der dynamischen Bruchlast von VITA ENAMIC. Freiburg:
Universitätsklinikum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Freiburg, Abteilung für Zahnärztliche
Prothetik, 2012.
Kurbad A. A New Hybrid Material for Minimally Invasive Restorations in Clinical Use. Int J Comput
Dent 2013;16:69-79.
Dr. med. dent. Alessandro Devigus
Privatpraxis
Gartematt 7
8180 Bülach
Schweiz
E-Mail: [email protected]
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Giordano Lombardi
Dental-Design Giordano Lombardi
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