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Montag MANNHEIMER KULTUR 6. FEBRUAR 2012 MORGEN ANGEKREUZT Schauspiel: „Adding Ghosts“ von Peter Lampe im TiG7 Bücherei zeigt Kresnik HEIDELBERG. 1979-1989 war Johann Dunkle Seite des Internets Kresnik Leiter des Tanztheaters in Heidelberg. Als Regisseur und Choreograph des Schauspiels „Sammlung Prinzhorn“ von Christoph Klimke (ab 18. Februar) hat Intendant Holger Schultze ihn wieder nach Heidelberg geholt. Die Stadtbücherei Heidelberg (Poststraße 15) nutzt das Wiedersehen bis 21. April für eine dokumentarische Ausstellung, in der Tanzfotografien, Bühnenentwürfe und Originalzeichnungen Kresniks gezeigt werden. Eröffnet wird morgen, 19.30 Uhr. rcl Von unserem Mitarbeiter Bernd Mand Julianna hat alles im Griff. Erfolgreich hat sie ihr Studium beendet und einen Arbeitsplatz mit Aufstiegsmöglichkeiten hat die 24-Jährige auch. Hennes hat mit seinen 23 Jahren irgendwie nichts im Griff. Von Ausbildung und Job hat er keine Ahnung. Nur lose skizziert Peter Lampes „Adding Ghost“ die Ausgangssituation der beiden Protagonisten der Suizidtragödie, die sich an Igor Bauersimas Stück „Norway.today“ orientiert, das Anfang der 2000er Jahre die Bühnen der Republik belagerte wie kein anderes. Street-Art bei Stoffwechsel MANNHEIM. Er hat seine Ausstellung „Insomnia“, Schlafstörung, genannt. Felix Brendel stellt in der Mannheimer Stoffwechsel-Galerie aus und zeigt bis 3. März Street Art und Malerei (Hafenstr. 74). aki i KUNST-TIPP Große Sinnfragen Auch bei Lampe treffen sich die beiden traurigen und vom Leben enttäuschten Helden im Chatroom und beschließen den gemeinsamen Freitod. Soweit das Grundgerüst des einstündigen Theaterabends, der letztendlich eine Weiterentwicklung eines Jugendworkshops am Theaterhaus in G 7 ist. Im Zentrum des Vierpersonenstücks mit Nino Aderjan, Katja Bonath, Lea Hennecke und Anatoli Rabinstein stehen die großen Fragen nach dem Lebenssinn, der Ehrlichkeit und dem Vertrauen in einer Gesellschaft, die sich dank ihrer virtuellen Erweiterung im Internet mit einer wachsenden Zahl von möglichen Realitäten auseinandersetzen muss. Als Antworten bie- Jugendliche beim Internetprojekt des BILD: HF Theaterhauses in G 7. tet Lampes Stück die große Überforderung und die noch größere Flucht in den Tod. Denn die virtuelle Welt ist hier eine schrecklich düstere und verlogene Angelegenheit, die den Menschen ihre eigene Identität zu rauben scheint und am Ende komplett die Kontrolle über seine User besitzt . . . Ein recht naive und einseitige Sichtweise, die sich exemplarisch – wie so vieles – selbstverständlich belegen lässt, aber mit kluger Vorsicht zu genießen wäre. In seiner ungelenk geführten, stilistisch überladenen Inszenierung verhandelt Lampe allerdings nur einen verstaubten Stereotypenreigen, der als experimentelles Ergebnis eines Workshops schon fragwürdig ist. Als Programmpunkt auf dem Abendspielplan allerdings eine auffallend schwache Position. i Wieder: 10. bis 12. Februar, 20 Uhr. Karten unter: 0621/15 49 76. Heidelberger Stückemarkt Theaterfestival blickt nach Ägypten Die Vorbereitungen für den diesjährigen Heidelberger Stückemarkt laufen auf Hochtouren. Die Entscheidung für das Gastland 2012 ist nun gefallen. Die neuen künstlerischen Leiter Holger Schultze und Jürgen Popig haben sich für Ägypten entschieden. Die arabischen und nordafrikanischen Gesellschaften sind im Aufbruch. Wie interagieren Theater, Gesellschaft und Politik in dieser Umbruchphase? Gastspiele aus Ägypten, Lesungen neuer ägyptischer Stücke, Musik aus dem Nildelta und Diskussionen bilden den Länderschwerpunkt beim Heidelberger Stückemarkt, der vom 27. April bis 6. Mai stattfindet. rcl 27 Wirkt im blutroten Licht fast dämonisch, überzeugt aber alsbald als musikalischer Kumpel: Laith Al-Deen. BILD: PROSSWITZ Pop: Laith Al-Deen zelebriert sein Album „Der Letzte Deiner Art“ im ausverkauften Mannheimer Capitol Theater der gemäßigten Freude Von unserem Redaktionsmitglied Michaela Roßner Laith Al-Deen 쮿 Al-Deen wurde am 20. Februar 1972 Wenn Musiker sichtlich Spaß am eigenen Auftritt haben, kann eigentlich kaum noch etwas schiefgehen. Leider gilt das nicht für Laith AlDeens Präsentation von „Der Letzte Deiner Art“: Schwächen im Sound beeinträchtigen den Abend im ausverkauften Mannheimer Capitol. An ihm liegt’s nicht: Laith rockt, schwingt die Hüfte und gibt für sein Heimspiel alles. Die Stimme kraftvoll, der Ton sitzt – doch leider sind weite Strecken der diesmal ausschließlich deutschen Texte kaum verständlich, weil offensichtlich einiges übersteuert wird. Schade drum, denn noch hat das Publikum die Texte der aktuellen Songs nicht so verinnerlicht – und er hat doch einiges zu sagen, dieser Laith Al-Deen. Viele Neuigkeiten Für „Der Letzte Deiner Art“ hat sich der Soul-Sänger reichlich Zeit gelassen: vier Jahre genau. Neu ist die Zusammenarbeit mit dem Kölner Produzenten Kiko Masbaum, der unter anderem bei den DSDS-Produktionen mitmischt. Dass er zudem für das frische Album von „Unheilig“ verantwortlich ist, mag zumindest auf den ersten Blick befremdlich wirken. Neu ist ferner, dass sich Al-Deen bei „World Vision“ für ein Projekt namens „Starthilfe“ engagiert. Der als Sohn eines irakischen Vaters und einer (nord-)deutschen Mutter in Karlsruhe geboren. 쮿 Er wuchs in Mannheim auf und lebt hier mit seiner Frau Melanie. 쮿 Sein erstes Album „Ich will nur wis- sen“ sowie die Singles „Bilder von Dir“ und „Kleine Helden“ erschienen im Jahr 2000. Jubiläumstour „20 Jahre Pur“ mit Hartmut Engler & Co. auf. 쮿 2002 sollte Al-Deen für das zweite Album „Melomanie“ und die Singles „Dein Lied“, „Jetzt, hier, immer“ sowie „Traurig“ eine Nominierung für den Schlagerpreis Comet erhalten. Er lehnte ab, weil er für deutsche Popmusik stehen möchte. 쮿 „Der Letzte Deiner Art“ ist das 쮿 2001 trat er im Vorprogramm der siebte Studioalbum. miro Song, den er für die gute Sache eingespielt hat, wirkt indes eher blass und aufgesetzt („Lied für die Welt“). Die Stücke des siebten Studioalbums bearbeiten persönliche Schwächen. Al-Deen, der in Mannheim aufgewachsen ist und hier lebt, gibt sich gereifter, lässt andere Blickwinkel zu als jenen rosaroten, der die (wunderschönen) Popballaden prägt, für die ihn ein großes Publikum liebt („Bilder von dir“) – und die ihn zeitweilig eher in die SchlagerEcke rückten. Nun kommt vieles nachdenklicher daher, fast beschwörend regt der fast 40-Jährige zur Selbstreflexion an. „Gib dich frei“, das den Auftakt macht, ist ein gutes Beispiel dafür. Ausgestattet mit starken Bässen, mit einem leichten Discofox-Rhyth- mus unterlegt und von einer massiv eingesetzten Stimme präsentiert, hat der Song nicht nur Single-Qualitäten, sondern gar etwas Beschwörendes, dem sich das Publikum kaum entziehen kann. Vielleicht ist diese Wirkung aber auch der neuen Kooperation mit dem Kölner Produzenten zu verdanken: Es wirkt, als würde man gemeinsam versuchen, den Akzent bewusster auf Nachhaltigkeit zu setzen. Zu den stärksten Nummern des Abends gehören die älteren: „Nie mehr“ und natürlich die Hits „Wieder tun“, „Keine wie Du“, „Ich will nur wissen“ und „Dein Lied“. Vom neuen Album heben sich das funkige „Nur einen Meter“ heraus – und das betörende „Dreh dich nicht um“. AlDeen hat vier Musiker um sich, von denen Bassist Frieder Gottwald und Keyboarder Tobias Reiss am meisten herausstechen, weil sie sich jeweils kurz solistisch austoben dürfen. Solide Arbeit leisten aber auch Dave Mette (Drums) und Gitarrist Ole Rausch. Deutlich wird das bei einem „unplugged“-Einschub, den alle fünf auf Barhockern gemütlich an der vordersten Bühnenkante absolvieren. Die Bühnenshow ist ausgefeilt: Mal wirken die Fünf – nur durch rote Spots angestrahlt – wie Foto-Negative ihrer selbst, dann wieder flimmern sie in nostalgischer Schwarz-Weiß-Technik dank mehrerer Livecams über ein halbes Dutzend Leinwände, die in unterschiedlicher Größe über die Bühne verteilt sind. Al-Deen selbst, der dank Elvisinspirierter Haartolle im blutroten Licht des ersten Stücks fast dämonisch wirkt, erzeugt kumpelhafte Stimmung zum Publikum, „babbelt“ auf Monnemerisch und seufzt am Ende gar von ganz tief innen und überzeugend-sympathisch, das sei heute Abend „ein Theater der Freude“ gewesen. Da ist das Publikum ganz seiner Meinung! Nach dem ruhigen Mittelteil gibt es kein Halten mehr, Arme bilden Wellen im Saal und Texte schallen hundertfach auf die Bühne zurück. Nach drei eher brav abgelieferten Zugaben ist das Heimspiel zu Ende. Da sind dann Tonschwierigkeiten auch schon fast wieder vergessen. Kabarett: Hagen Rether beißt in der Stadthalle Heidelberg in seine mitgebrachte Banane – und natürlich auch wieder politisch zu Erkenntnisse ohne Sprechblasen Von unserem Mitarbeiter Eckhard Britsch „Die CIA hat’s rausgekriegt“, entschlüsselt Hagen Rether die Welträtsel, denen er mit böser Ironie auf die Schliche kommt. Leise die Sprache, der Kabarettist lümmelt auf dem Drehstuhl vor dem Steinway-Flügel, den er später geradezu manisch wischen und polieren wird. Eine Marotte? Nein, vielmehr eines seiner Markenzeichen mit Wiedererkennungswert, aus deren Skurrilität eine Aura entsteht, die diesen Kabarettisten zu einer Kultfigur macht, die auch ohne Plakatwerbung die Heidelberger Stadthalle bis auf den letzten Platz füllt. Bittere Weltsicht Hagen Rether, ein Kind aus Siebenbürgen, das in Freiburg und Essen aufwuchs und studierte, ist ein wirklich interessanter Typ, denn seine kabarettistischen Auftritte speisen sich aus bitterer Weltsicht und gewissermaßen „heiligem“ Zorn über die gesellschaftlichen Zustände, die er mit beißendem Spott geißelt. Dabei benutzt er weder große Gesten oder Posen, denn seine Satire Banane und Konzertflügel als Markenzeichen: Kabarettist Hagen Rether. kommt auf leisen Pfoten daher und wirkt wahrscheinlich deshalb umso ätzender. Ihm geht es weniger ums Tagesgeschäft, wenn auch er nicht an der Erkenntnis vorbeikommt „Westerwelle ist doof“. Aber darin steckt auch Tröstliches, denn seit die FDP auf zwei Prozent gesunken sei, habe sich die Wirtschaft erholt. Ein fröhlicher Gag ist das allemal. Aber globale Sichtweisen sind ihm wichtiger. An Afghanistan und unserem Wirken dort arbeitet sich Hagen Rether gründlich ab; Strucks Rolle („Freiheit am Hindukusch ver- BILD: ROTHE teidigen“) und Uneinsichtigkeit bis heute wird aufgespießt; „Frauen, Grundschulen und Brunnen waren schon immer die Kriegsgründe“, höhnt Rether über Sprechblasen, die Kriegsgründe legitimieren wollen. Ebenso schlaglichtartig zeigt der Kabarettist Paradoxien auf: Wenn Soldaten auf Leichen urinieren, ist das ein Fall für Empörung und Militärgerichte; wenn geradezu wahllos Zivilisten erschossen werden, dann fällt das beschönigende Wort vom „Kollateralschaden“. Das klingt irgendwie schon alternativlos. Und wir sind dabei auch noch ein „Volk von selbstgerechten Arschgeigen“, denn Gott sei Dank seien sie bei den Guten. Ja, es gibt viel Verlogenheit in der Welt, bewusste und unbewusste, doch fragt er sich „was reg’ ich mich auf?“, denn ändern kann man kaum etwas, weil das Beharren auf Vorurteilen bequemer ist als Nachdenken und wir deshalb unsere Zukunft verballern. Immerhin, die Japaner haben letztes Jahr herausgekriegt, dass Atomkraft gefährlich ist; die Buddhisten legen schon die Ohren an, weil sie befürchten müssen, dass nach den Moslems, Protestanten und Juden sie jetzt vom Papst abgewatscht werden. Dem medialen „Stellvertreter-Mist“ bleibt er permanent auf der Spur, denn Hagen Rether mag den Zeckenalarm jedes Jahr im Mai ebenso wenig mehr hören, wie das Gespenst vom Stalinismus, den die Linke über uns bringt, und die Terrorwarnung alljährlich kurz vor Weihnachten. Nach mehreren Stunden Plauderei klimpert er ein wenig am Flügel, mümmelt zwei Bananen und schenkt einem Buben die aktuelle CD „Liebe“. Das Publikum ist hoch zufrieden. Neue Schau in der Galerie Keller Anna Comellas schafft vielschichtige Bilder, die sich verändern – je nachdem, von wo aus man sie betrachtet. Die Galerie Keller zeigt sie in Kombination mit Steinen von Michael Franke bis 3. März (Rheindammstr. 50, 0621/8 28 38 21). aki Kammermusik in Kunsthalle MANNHEIM. Das Vogler Streichquartett lädt zu einem Kammermusikabend ins Vetter-Forum der Kunsthalle. Am Mittwoch, 15. Februar, stehen ab 20 Uhr Werke von Haydn, Nielsen und Bruckner auf dem Programm (Eintritt: 25 Euro). ssc Lesung: Daniel Moraweks neuester Krimi im Planetarium Leiche an der Sternwarte Nur eine Leselampe beleuchtet das Manuskript von Daniel Morawek. Und über den Köpfen seiner Zuhörer wandern die Sterne am Himmel des Mannheimer Planetariums. Der Mond schaut herunter auf die Premiere des Kurzkrimis. Die Hauptrolle spielt ein architektonisches Schmuckstück, das vor sich hinstirbt: die Alte Sternwarte aus kurfürstlicher Zeit. Der Autor und Filmemacher besichtigte den maroden Turm, befragte die Malerin Uta Dorra, die dort ein Atelier hat, und ließ sich in der Kunsthalle beraten. Seine Eindrücke verarbeitete der Gewinner des zweiten Vetter-Literaturpreises 2010 zum Doku-Drama, das Tatsachen und Fiktion durchmischt. Zu den Fakten gehören die Geschichtsdaten des Gebäudes, das finanzielle Dilemma, das den Verfall begünstigt, und der rührige Einsatz des Aktionsbündnisses „Alte Sternwarte“. Das lud den Mannheimer ein, sich des Themas anzunehmen. Seiner Lesung schließen sich Benefizveranstaltungen an, die um Geld und Hilfe für die Sanierung werben. Der Fantasie entspringen die Leiche am Fuß der Sternwarte, die ausgeflippten Künstler und ein verschwundener Galerist. Mord oder Unfall? Die Frage klärt Moraweks Krimi „Kommissar Müller greift nach den Sternen“ anhand eines Ziegelsteins, eines Toupets und eines im Jungbusch georteten Handys. Der Schriftsteller schickte vor wenigen Jahren schon den Detektiv Kimski auf Spurensuche. Jetzt löst also ein Indizien kombinierender Polizeibeamter seinen ersten Fall. Es werden wohl noch zwei Folgen hinzukommen und im Sommer als Buch erscheinen, kündigt Morawek an. Er liest sein geschickt konstruiertes Rätsel zwar überhastet, so dass sein Neuling Müller als Ruhepol der Geschichte kaum zur Wirkung kommt. Aber es ist erkennbar, wie einprägsam der würzig formulierende Autor sein Personal einführt, denn jede Figur erhält eine Marotte oder Erkennungsmerkmal. Darüber gießt er zynische Kommentare gegen TV-Krimis und Galeristen, die lieber mit toten Künstlern Geschäfte machen als mit lebenden. ML