Töchter des - Land Vorarlberg

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Töchter des - Land Vorarlberg
Feminismus
Wie sehen Sie die
Emanzipation von damals
und wo stehen wir
heute?
Ve r t r e t e r i n n e n
der Generation 25plus
p r o p a g i e r e n s e l b s t b ewusst einen neuen
Feminismus. Für viele von
i h n e n i s t s e l b s t v e r s t ä n dlich, was für ihre Mütter noch
u n d e n k b a r w a r. S t i c h w o r t :
Berufskarriere und Familie,
Te i l u n g v o n H a u s a r b e i t u n d K i n d e r b e t r e u u n g . D o c h d i e T h e o r i e h i n k t d e r P r a x i s
o f t h i n t e r h e r. Vi e l e s c h ä t z e n z w a r d i e E r r u n g e n s c h a f t e n , m ü s s e n a b e r t a g t ä g l i c h
einen aufreibender Balanceakt zwischen Familie und Beruf vollbringen. Zu sehr
sind immer noch traditionelle Geschlechterstrukturen in den Köpfen vieler
Frauen und Männer verhaftet. IF hat sich bei einigen Frauen umgehört:
E L I S A B E T H S C H WA R Z M A N N
27 Jahre, Schröcken
Ich bin mir der Leistungen der feministischen
Vorkämpferinnen bewusst. Ich denke, wir
leben jetzt in der Zeit der Umsetzung. Frauen
können heute fast alles tun und erreichen,
aber in vielen Köpfen hinkt das Bewusstsein hinterher. Gerade
wenn das Thema Familienplanung auftaucht, kommt vieles in den
Schleudergang. Wenige Männer verzichten zumindest temporär
auf die eigene Karriere. Von den Frauen wird das erwartet. Theorie
und Praxis sind noch sehr weit auseinander.
Umfrage und Fotos: Marlene Matt, Freie Journalistin
FRAUENBILDUNGSKALENDER
Im Frauenbildungskalender finden Sie neben berufsbezogenen Bildungsangeboten auch allgemeine Angebote die
besonders die Bereiche berufsbezogene Weiterbildung,
Persönlichkeitsentwicklung, Gesundheit und Wohlbefinden betreffen. Der Kalender beinhaltet eine
riesige Fülle von über 80 Angeboten für Frauen und
Mädchen.
Also für mich ist Emanzipation nicht wirklich
ein Thema. Ich habe zwei kleine Kinder und
einen Teilzeit-Job, der mir sehr viel Spaß
macht. Mein Mann und ich kümmern uns
gemeinsam um die Kinder und den Haushalt. Ich weiß, dass ich da
Glück habe und meine Situation nicht Alltag ist. Ich kenne Männer,
die zu diesem Thema eine schrecklich konservative Einstellung
haben. Es gibt auch Themen, wie beispielsweise die ungleiche Entlohnung oder Berufsrückkehr nach der Karenz, bei denen nach wie
vor Frauen benachteiligt sind. Da bin ich froh dass es Stellen gibt, in
denen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert wird.
ANJA KRESSER
36 Jahre, Hard
Als selbständige Web-Designerin und
Grafikerin habe ich gerade in den beruflichen
Anfängen die Erfahrung gemacht, als Frau
musst du doppelt so viel leisten wie männliche
Kollegen. Besonders negativ gespürt habe ich das beim Autokauf
und bei einem Bankkredit. Auch im privaten Bereich gilt eine
bewusst kinderlose Single-Frau bei manchen Zeitgenossen als
suspekt. Gesellschaftlich richtig anerkannt ist meistens nur, wer als
Paar auftritt. Ich bin Alice Schwarzer und ihren Mitkämpferinnen für
ihre Errungenschaften sehr dankbar. Auch bin ich der Überzeugung,
es bedarf auch heute noch viel Überzeugungsarbeit, beispielsweise
beim Thema geschlechtsneutrale Entlohnung.
CARMEN SUNITSCH
34 Jahre, Feldkirch
Ich bin in einer Familie mit klassischen
Rollenverteilungen aufgewachsen. Ich habe
jetzt eine 75-Prozent-Beschäftigung. Das wäre
eine Generation vor mir schon wegen der
Kinderbetreuung schwieriger gewesen. Heute hat sich im Interesse
der Gleichstellung sehr viel bewegt. Es ist aber auch noch einiges
zu tun. Erst wenn Frauen bei gleicher Arbeit und Qualifikation gleich
viel verdienen wie Männer, ist eine entscheidende Hürde genommen.
SUSANNE HERKNER
25 Jahre, Koblach
Das Thema Emanzipation ist nach wie vor
aktuell. Als Bildungs- und Berufsberaterin bin
ich immer wieder mit den klassischen
Berufsbildern und den daraus resultierenden
Folgen konfrontiert. Beruf ist ein Stück Identität. Für viele Frauen ist
es daher wichtig, auch mit Kindern in einer für sie passenden Form
berufstätig zu sein. Für Männer sollte es ein Teilzeitmodell geben,
das Eltern eine flexible Kinderbetreuung ermöglicht. Ich denke, es
benötigt noch einige Generationen, bis eine echte Gleichstellung in
den Köpfen aller verankert ist.
Kostenlos zu bestellen unter
T 05574/511-24136 oder per
E-Mail: [email protected]
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w w w. v o r a r l b e r g . a t / f r a u e n
Gleichstellung in der Praxis
Indikatoren für die Gleichstellung von Frauen und
Männern – ein Vergleich der Situation von Frauen und
Männern in Vorarlberg und in Österreich
In der Realität hat sich die Situation der
Frauen in Vorarlberg in den letzten Jahren
in etlichen Bereichen deutlich verbessert.
Beispielsweise haben Frauen – aufgrund
des Ausbaus der institutionellen Kinderbetreuung – bessere Möglichkeiten, einen
Beruf ausüben zu können. Im Schuldienst
haben sich die Aufstiegschancen von
Frauen deutlich erhöht. Der Anteil der
Direktorinnen an Pflichtschulen hat sich
seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt.
Die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede sind allerdings immer noch
groß.
Wesentliche Voraussetzung für gleichstellungsorientierte Politik ist das Wissen, was
es an Ungleichheiten gibt, wie groß diese
sind und welche Ursachen sie haben. Je
genauer die Kenntnis der Ist-Situation,
desto eher ist es möglich, gezielte Maßnahmen zu setzen, die der Gleichstellung
förderlich sind. Diesem Zweck dient auch
der Frauensituationsbericht des Landes
Vorarlberg.
Anlass für die Entwicklung von Gleichstellungsindikatoren und für die Erstellung
der vorliegenden Publikation war das
Bedürfnis, eine Reihe von Eckdaten zur
Hand zu haben, die sozusagen auf einen
Blick – Auskunft darüber geben, wie es um
die Chancengleichheit bzw. -ungleichheit
von Frauen und Männern in Vorarlberg
bestellt ist. Indikatoren, die sowohl politischen Handlungsbedarf sichtbar machen
als auch die Möglichkeit bieten, in regelmäßigen Abständen Veränderungen und
Entwicklungen aufzuzeigen.
So wurden 30 Gleichstellungsindikatoren
für Vorarlberg in den Bereichen Ausbildung, Erwerbsarbeit, politische Partizipation, Hausarbeit und Kinderbetreuung,
ökonomische Situation und soziale Sicherheit entwickelt. So kann der Fortschritt der
Chancengleichheit beobachtet werden und
spezifische Maßnahmen zur Förderung der
Gleichstellung gemeinsam mit allen
Partnerinnen und Partnern in
Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft
gesetzt
werden.
Bestellung der Broschüre
Indikatoren für die Gleichstellung von
Frauen und Männern im Frauenreferat
d e r Vo r a r l b e r g e r L a n d e s r e g i e r u n g :
T 05574/511-24112
E [email protected]
L E I T FA D E N F Ü R G E N D E R G E R E C H T E P L A N U N G
Im Rahmen des dreijährigen Interreg IIIA Projektes
„Genderplanning – Geschlechtergerechte Planung im Öffentlichen Raum“ nahmen fünf Kommunen aus Vorarlberg und BadenWürttemberg die Qualitäten von Plätzen, Straßen und anderen
öffentlichen Orten unter die Lupe. Ziel des gemeinsamen
Projektes war es, auf der Praxisebene beispielhaft die
Umsetzungsmöglichkeiten von Geschlechtergerechtigkeit
anhand konkreter Planungsvorhaben zu ermitteln, die
entsprechenden Verfahren aufzuzeigen sowie die dabei
gemachten Erfahrungen in Form des vorliegenden
Leitfadens aufzubereiten.
Dieser Leitfaden richtet sich an Bürgermeisterinnen
und Bürgermeister sowie an die mit der Gestaltung
öffentlicher Räume befassten Personen in Ämtern und
Planungsbüros.
Bestellung des Leitfadens im Frauenreferat der
Vo r a r l b e r g e r L a n d e s r e g i e r u n g :
T 05574/511-24112 oder [email protected]
N r. 3 / 0 8 P. b . b . V e r l a g s p o s t a m t 6 9 0 0 B r e g e n z
N r. 0 2 Z 0 3 1 5 3 9
Bestellungen und Änderungen:
T 05574/511-24136
E [email protected]
Weitere Infos unter
www.vorarlberg.at/frauen/
FRAU
INFORMATIONEN
FÜR DIE FRAU
IN VORARLBERG
Töchter
des
S Y LV I A D H A R G YA L
37 Jahre, Höchst
BROSCHÜREN
M e d i e n i n h a b e r i n u n d H e r a u s g e b e r i n : Amt der Vorarlberger Landesregierung, Frauenreferat, A-6901 Bregenz R e d a k t i o n : Vo r a r l b e r g : Monika Lindermayr, Elisabeth Schneider; Ti r o l : Elisabeth Stögerer-Schwarz, Karin Demuth; S a l z b u r g : Dr. Caroline Kleibel, Romana Rotschopf; Kärnten: Helga Grafschafter, Martina Hornböck; O b e r ö s t e r r e i c h : Maria Fischnaller, Brigitte M. Gruber;
N i e d e r ö s t e r r e i c h : Maria Rigler, Clementine Skorpil; S t e i e r m a r k : Ridi Steibl, Margit Kollegger; B u r g e n l a n d : Alexandra Krebitz, Sonja Kögl Gestaltung: Bertolini LDT Fotos: Frauenreferat D r u c k : Druckerei Wenin, Dornbirn IF erscheint 4 x im Jahr und dient zur Information der Frau in Vorarlberg. Auch für Männer geeignet. Gesamtauflage: 70.000 Stück, vorarlbergweite Auflage: 7.000 Stück.
Offenlegung (§ 25 Mediengesetz) Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
INDIKATOREN
TÖCHTER DES FEMINISMUS – INTERVIEW
P.b.b. Verlagspostamt
Bregenz Gesamtauflage
in Vorarlberg, Tirol,
Salzburg, Kärnten,
Oberösterreich,
Niederösterreich
Steiermark und
Burgenland: 70.000 Stück
FEMINISMUS
Die nächste Generation
3
| 08
F R A U E N R E F E R AT D E R
VORARLBERGER LANDESREGIERUNG
IF ist eine Gemeinschaftspr o d u k t i o n d e r L ä n d e r Ti r o l , S a l z b u r g , Vo r a r l b e r g,
K ä rnten, Oberösterr eich, Niederösterr eich, Steierm a r k u n d B u rg e n l a n d .
We i t e r v e r b r e i t e n u n d K o p i e r e n d e s I n h a l t e s i s t m i t Q u e l l e n a n g a b e e r w ü n s c h t .
Feminismus –
Die nächste
Generation
Es gibt sie – zumindest in Deutschland –
legt ein Blick in die Medien nahe. Und:
„Die Impulse der erwachenden neuen Frauenbewegung“, schreibt beispielsweise der Spiegel, „kommen vor allem aus
dem Kulturbetrieb.“ Junge Künstlerinnen,
heißt es, beschäftigten sich mit sich selbst, mit ihren
Vorstellungen, mit ihrem Körper, ihrer Identität, ihren Widersprüchen und mit den gesellschaftlichen Zwängen, die sie erleben – und würden so zu „Wegbereiterinnen eines
neuen, anderen Feminismus“. Als Vertreterinnen dieser neuen Generation wird allen
voran die Bestsellerautorin Charlotte Roche genannt mit ihren „Feuchtgebieten“, aber
auch andere Schriftstellerinnen und Journalistinnen, Schauspielerinnen und bildende
Künstlerinnen. Pfiffig nennen sie sich selbst „Alphamädchen“ oder „Neue Deutsche
Mädchen“. „Mädchen“ jedenfalls, und als solche verwehren sie sich dagegen, in jene
Schublade gesteckt zu werden, auf der vorne drauf ganz groß „Alice Schwarzer“ steht.
Schon sieht alles aus wie ein ganz normaler Generationenkonflikt: hier jung und hübsch
und sexy und gesellschaftsfähig. Dort alt und wenn schon nicht grau, dann lila, was
längst ebenso alt aussieht, hässlich und verbissen, lust- und männerfeindlich. Soweit, so
plakativ. Nur leider hat es eben noch nie funktioniert Feminismus in allen Ausprägungen
Foto: privat
D a s Wa h l r e c h t , d a s R e c h t a u f
Erwerbstätigkeit und auf Bildung –
was haben wir nicht alles jener
e r s t e n We l l e d e r F r a u e n b e w e g u n g
zu Anfang des 20. Jahrhunderts zu
verdanken. In den 60er Jahren dann
t r a t e n F r a u e n n i c h t m i n d e r e n e rgisch gegen Diskriminierung ein,
für Selbstbestimmung, gegen Gewalt. Und
heute? Haben wir längst alles erreicht, wofür
es zu kämpfen lohnt, oder gibt es eine nächste
Generation, die antritt, um den Feminismus
einmal mehr zu erneuern?
Weißbuch
Frauen –
Schwarzbuch
Männer
Charlotte Roche
mit ihrem Buch
„Feuchtgebiete“
Foto: ARTE
Alice
und die
AlphaMädchen
mit simplen Schlagworten auf eine alles
beinhaltende Definition zu reduzieren.
„Theaterstücke statt Thesenpapiere sind
sicher eine reizvolle Idee“, meint die
Leiterin des Salzburger gendup-Zentrums
für Gender Studies und Frauenförderung,
Mag.a Karoline Bankosegger, zum aktuellen
Medienhype rund um die „Generation
Selbstoptimierung“. Doch gelte es, neben all
dem Neuen das schon Erreichte zu bewahren und die feministische Perspektive
gesellschaftspolitisch weiterzuentwickeln:
„Unterschiedliche Rahmenbedingungen
verlangen nach unterschiedlichen Strategien. Klar, dass sich eine Jugend, die ihre
Role Models eher durch MTV als aus der
Emma bezieht, heute gegen eine Alice
Schwarzer als ihrem Sprachrohr sträubt.“
Einigermaßen neu sei, so Bankosegger,
auch, dass nun versucht werde, Männer
mit ins Boot zu holen, während ihnen zu
Schwarzers Zeiten noch pauschal die
Schuld für alles, was falsch lief angelastet
wurde. Inzwischen konnten – Alice
Schwarzer und der EU sei Dank – patriarchale Stukturen in Europa weitgehend aufgebrochen werden. Und doch knüpft viel
vermeintlich Neues genau an jenen
Diskussionen an, die seit Jahrzehnten fundiert geführt werden. Auch zwischen Alice
und den Alphamädchen, gibt Bankosegger
zu bedenken, klaffte schließlich kein feminismusfreier Raum. Abseits des Rampenlichts gab es zwischen „alter“ und „neuer“
Generation stets jene zeitlosen feministischen Praktikerinnen die in Parteien,
Institutionen und außerhalb vielleicht weniger plakativ aber dafür nicht minder engagiert für die Sache der Frauen eintraten.
KINDER UND/ODER KARRIERE
Profitieren junge Frauen heute von früheren
Errungenschaften, ohne sich viele Gedanken darüber machen? Bankosegger: „Der
Auffassung bin ich nicht. Ich sehe zwar, wie
junge Mädchen heute selbstbewusst ins
Leben gehen, wie sie zielstrebig aus einer
nie gekannten Fülle ganz unterschiedlicher
Lebensmodelle auswählen. Ich erlebe an
der Universität, dass sich junge Frauen
nicht diskriminiert fühlen und überzeugt
sind, durch persönlichen Einsatz alles erreichen zu können. Doch dann kommt auf einmal der Einschnitt und die Erkenntnis, dass
das eigene Dasein doch stark abhängig ist
von Faktoren, die man zusammengefasst
Gesellschaft nennt. So liegt im Alter zwischen 25 und 30 Jahren die Einkommensdifferenz zwischen Frauen und Männern bei
„nur“ 19%, steigt aber in der Gruppe der 35
bis 40 Jährigen auf 40% an. Spätestens zu
diesem Zeitpunkt bekommt jede junge Frau
ganz persönlich das Dilemma um die Entscheidung zwischen Kindern und Karriere
zu spüren. Vereinbarkeit gilt nach wie vor
als Frauenthema und diese Erfahrung verändert das Bewusstsein.“
[
BUCHTIPP
Weil Bankosegger für einen ebenso neuen
wie gesellschaftskritischen Feminismus
plädiert, kann sie den „Alpha Mädchen“
den Vorwurf nicht ersparen, in erster Linie
für sich selbst und Ihresgleichen einzutreten und keine notwendige Differenzierung
nach „race, class, sex and gender“ vorzunehmen. Eine Kerbe, in die auch die Schriftstellerin und Publizistin Mely Kiyak schlägt:
„Die Debatte um den neuen Feminismus ist
eine realitätsferne Veranstaltung weißer,
christlicher Mittelschichtfrauen. Viele blieben dadurch ausgeschlossen: Frauen mit
Migrationshintergrund, Frauen anderer
Schichten.“ Das wirklich Neue am neuen
Feminismus könnte also sein, auf den alten
Stärken der Frauenbewegung aufzubauen,
Widersprüche zu reflektieren, sich am eigenen Anspruch zu messen und über Generationen und Grenzen hinweg künstlerische
wie gesellschaftspolitische Visionen zu entwerfen und gemeinsam Veränderungsstrategien zu entwickeln.
Caroline Kleibel
]
„ I c h m a g A l i c e S c h w a r z e r. S i e h a t H u m o r, s i e h a t z u e i n e m
B u c h v o n m i r d a s Vo r w o r t v e r f a s s t . D a s B u c h w a r s t r e c k e n w e i s e
recht feminismuskritisch. Fidel Castro, mit dem Alice Schwarzer
n e u l i c h v e r g l i c h e n w u r d e , h ä t t e z u e i n e m B u c h , d a s s i c h s t r e c k e nw e i s e k r i t i s c h m i t K u b a a u s e i n a n d e r s e t z t , v e r m u t l i c h k e i n Vo r w o r t
b e i g e s t e u e r t . “Harald Martenstein, „Die Zeit“
Im Untertitel heißt das Buch „Warum wir
einen neuen Geschlechtervertrag brauchen“ –
und das erklären die beiden Autorinnen
Sibylle Hamann und Eva Linsinger mit viel
Schwung und Esprit. Es ist nämlich so:
Geplant war, dass die Frauen die Hälfte der
Arbeit und der Macht erobern und die Hälfte
der unbezahlten Aufgaben an die Männer
abgeben. Herausgekommen ist: Zwei Drittel
der Arbeit, zehn Prozent des Einkommens und
ein Prozent des Vermögens liegen bei den
Frauen. Sibylle Hamann und Eva Linsinger
werfen einen Blick auf alle Lebensbereiche:
Beruf, Familie, Politik, Karriere, Beziehung,
gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Sie
beschreiben den Status Quo in all seinen
Facetten, analysieren, ziehen Schlüsse,
zeigen da und dort Alternativen auf und belegen alles mit einer Vielfalt an Quellen. Und
kommen zu einem interessanten Schluss:
Ja, es habe sich viel für Frauen verändert:
Sie tun heute alles, was Männer tun - und
sie tun noch immer das, was sie in der
Vergangenheit getan haben. Zusätzlich. Denn
ebenso selbstverständlich, wie Frauen heute
ihre „Frau“ im Beruf stehen, sind sie nach
wie vor für Kindererziehung und das Versorgen der Familie zuständig. „Loslassen“,
empfehlen die beiden Autorinnen. Männer
in die Pflicht nehmen, sie von den Vorteilen
neuer Lebensentwürfe, Erfahrungen und
neuen Beziehungen überzeugen.
Kein einfacher Weg,
nicht für
Frauen und
nicht für
Männer.
Aber wann
hatten wir's
schon einfach?
Sibylle Hamann,
Eva Linsinger:
We i ß b u c h F r a u e n –
S c h w a r z b u c h M ä n n e r,
Deuticke, Wien, 2008.
AUS DEN BUNDESLÄNDERN
STANDPUNKT
Mag.a Julia Hammerl, 26,
hat Medienmanagement studiert,
arbeitet im Marketing der
ORF-Enterprise und schreibt an
i h r er Disser t a t i o n i m F a c h P u b l i z i s t i k .
Foto: privat
FEMINISMUS – DIE NÄCHSTE GENERATION
Salzburg:
mut!iger Themen-Schwerpunkt –
Berufsorientierung und Elternarbeit
Inga Horny (Altstadtmarketing), Sabine Neusüß (Frauenbüro
der Stadt Salzburg) und Martina Berthold (BFF) bei der
W o m a n Aw a r d Ve r l e i h u n g m i t R o m a n R a f r e i d e r
Feministinnennachwuchs
„ D e r a n g e r u f e n e Te i l n e h m e r i s t i m M o m e n t
nicht erreichbar …“ lässt die Mailbox von
Julia Hammerl lapidar wissen. Stört es die
To c h t e r v o n E l f r i e d e H a m m e r l , w e n n p a u s c h a l „ m i t g e m e i n t “ u n d n i c h t g e s c h l e c h t e rgerecht formuliert wird?
neuen Buch „Hotel Mama“ scheint es
manchmal so, als wäre ich gemeint und da
stört es mich dann schon, wenn nach einer
Lesung wer zu mir sagt: „Bitte lassen Sie
jetzt nicht Ihre Socken liegen.“ Die, um die
es in den Kolumnen ging, um die es im
Buch geht bin NICHT ICH. Andererseits
habe ich es immer sehr geschätzt, von
meiner Mutter überall hin mitgenommen zu
werden. Ich habe durch sie früh sehr viele
interessante Menschen kennen gelernt.
E l f r i e d e H a m m e r l i s t e i n e d e r p r o m i n e n t esten Feministinnen hierzulande. Wie haben
Sie als Jugendliche das Engagement ihrer
Mutter empfunden?
Natürlich. Vor allem in der kleinen ländlichen Gemeinde in Niederösterreich, in der
ich aufgewachsen bin. Wäre meine Mutter
von Beruf Winzerin gewesen, hätte ich es
sicher leichter gehabt. So war sie Alleinerzieherin, Emanze, Feministin. Ich habe in
meinem Dorf wirklich tolle Freunde, musste
mich aber vor vielen immer dafür rechtfertigen, dass ich nicht in das gängige
Klischee passte. Ich habe gelernt mich
nicht über Männer zu definieren. Es ist
schön, einen Freund zu haben, aber es
nicht die einzige Erfüllung meines Lebens.
Und wie mich das stört! Ich habe beispielsweise einmal einen Mietvertrag
nicht gleich unterschrieben, sondern
überall erst ein „-In“ angehängt. Auch an
meinen Mobilfunkbetreiber habe ich
schon geschrieben, dass ich Kundin bin
und mich nicht umoperieren lasse, nur
damit die Anrede stimmt.
Das feministische Engagement meiner
Mutter habe ich immer verstanden, da
waren wir uns einig und schließlich hat
meine Generation sehr viel davon profitiert. Für mich persönlich war es freilich
vor allem in der Schule nicht gerade von
Vorteil. Dass ich in einem Aufsatz die
Fragestellung „Wie weit darf Feminismus
gehen?“ beantwortet habe mit „Soweit als
möglich“, hat mir genau so eine schlechte
Note eingebracht wie meine Meinung zum
Thema „Warum kann ein Mann nicht
Frauenminister sein?“ Als ich es mir verbeten habe, von einem Lehrer „Julchen“
genannt zu werden, hat er umgeschwenkt
auf „kleine Emanze“. Es war diffamierend
gemeint. Ich habe es nicht so empfunden.
Ich bin froh, Feministin zu sein.
Waren Sie auch froh darüber in manchen
K o l u m n e n I h r e r M u t t e r a l s E m i l i a b e i s p i e lhaft vorgeführt zu werden?
Ich habe diese Texte nie gelesen, doch ich
weiß, vieles war nicht wirklich aus unserem Leben gegriffen, es handelte sich um
Freundinnen, Bekannte. Auch in ihrem
Und auch Ablehnung erfahren?
In welche Richtung müsste sich Ihrer Meinung
n a c h e i n „ n e u e r F e m i n i s m u s “ h e u t e g e s e l ls c h a f t s p o l i t i s c h w e i t e r e n t w i c k e l n ? Wa s
sind die dringlichsten Probleme?
Sicher nicht, dass permanent über weibliche Geschlechtsöffnungen geschrieben
wird. Autorinnen wie Charlotte Roche als
neue Feministinnen zu hofieren, finde ich
falsch. Das Frauenleben ist heute freier,
offener, und das ist gut so. Doch gibt es
noch immer eklatante Einkommensunterschiede, es gibt viel zu wenige Frauen in
der Politik. Aussehen ist ein wichtiges
Kriterium für Frauen, während die schiachen Männer niemanden stören. Von
neuem Feminismus sollte also wirklich erst
dann die Rede sein, wenn alle Forderungen der „alten“ Frauenbewegung restlos
erfüllt sind.
Salzburg:
W o m a n Aw a r d 2 0 0 8 f ü r A k t i o n
in der Linzerinnen Gasse
Zum 6. Mal wurde heuer der WOMAN
AWARD eines Österreichischen Frauenund Lifestyle Magazins in fünf Kategorien
vergeben. Dabei ging der 1. Preis in der
Kategorie Chancengleichheit, mit dem
Projekte ausgezeichnet werden, die sich
für die Gleichstellung von Männern und
Frauen einsetzen, an die Aktion zum Internationalen Frauentag 2008 „ACHTUNG,
ACHTUNG! – Salzburgerinnen fordern
Respekt“. Vor allem die Breite und Öffentlichkeitswirksamkeit des Projekts und die
Provokation der Straßenumbenennungen
beeindruckte die Jury. Darstellungen von
Frauen in der Werbung oder im öffentlichen Raum transportieren zahlreiche
Stereotype und klischeehafte Frauendarstellungen und halten sehr eingeschränkte Frauen- aber auch Männerbilder aufrecht. Gleichzeitig bleiben die Leistungen
von Frauen unsichtbar. Mit der nun prämierten Aktion wurde die Aufmerksamkeit
der Salzburgerinnen und Salzburger von
22. Februar bis 15. März 2008 drei Wochen
lang auf die Linzer Gasse und ihre Seitenstraßen gelenkt und zu einem anderen,
neuen Blick auf die eigene Stadt angeregt. Dabei standen einerseits die Unternehmen im Mittelpunkt, die ihre Schaufenster zum Projektthema passend
gestalteten, andererseits wurden vergessene historische Aspekte rund um verdiente Salzburgerinnen aufgezeigt. Durch
die Veränderung von Piktogrammen und
zeitlich begrenzten Umbenennungen von
Straßennamen wurden Frauen im öffentlichen Raum sichtbar gemacht.
P r o j e k t i n f o : w w w. s a l z b u r g . g v.at/frauentag2008
Die Auswahl an Lehrberufen bzw. schulischen Ausbildungen ist groß, der Arbeitsmarkt verändert sich rasch. Erziehungsberechtigte sind in der Phase der Berufsorientierung unverzichtbare AnsprechpartnerInnen für ihre Kinder, doch auch
für Eltern ist es schwer, den Überblick zu
bewahren. Sie raten daher oft zu bekannten und „bewährten“ Berufen. Nur wenige Jugendliche ergreifen einen so
genannten „nicht-traditionellen“ Beruf
gegen den Willen der Eltern.
Mitarbeiterinnen von mut! – Mädchen
und Technik haben für „Gender + Bildung“
(www.gender.schule.at/bo) Links und
Materialien gesammelt, die Informationen
und Unterstützung für Erziehungsberechtigte bieten und sich auch hervorragend
zur Gestaltung von Elternabenden u.ä.
einsetzen lassen.
I n f o : m u t ! – M ä d c h e n u n d Te c h n i k – A k z e n t e
S a l z b u r g , M a g . ª R u t h M a y r, T 0662/8042/4047,
p r o j e k t - m u t @ s a l z b u r g . g v. a t , w w w. m u t . c o . a t
Bildunterschrift: Einpacken, umpacken, auspacken:
D a s Te a m d e s F r a u e n r e f e r a t e s f r e u t s i c h ü b e r d i e n e u e n
Büroräumlichkeiten im Linzer Landhaus
Oberösterreich:
Neuer Standort, neuer Name
Ende September sagte das Büro für
Frauenfragen des Landes Oberösterreich
seinem bisherigen Standort im Landesdienstleistungszentrum ade. Zurückgekehrt ist die Anlaufstelle für Frauenfragen
an den Standort „Klosterstraße 7“ und
nennt sich ab sofort „Frauenreferat“.
„Standort und Name sind neu. Aber
unser Engagement für Frauenfragen ist
unverändert“, meint Brigitte Lohnecker,
die Frauenbeauftragte des Landes OÖ.