Benchmarking eines kollaborativen

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Benchmarking eines kollaborativen
Titel des Projekts
Benchmarking eines kollaborativen Promotionsmanagementansatzes
in der Konsumgüterindustrie
Management Summary: Kurzfassung des Projekts (max. 500 Wörter)
Bei dieser Forschungsarbeit zum Thema "Kollaboratives Promotionsmanagement" geht es primär darum, die Nachfrage von sogenannten "Trigger-items" (treiber von Kundenverkehr) im Handel in Abhängigkeit vom Preis zu prognostizieren. Es werden unterschiedliche Rabatte und mehrere Promotions
(Werbeaktionen) über einen Prognosezeitraum simultan betrachtet. Dabei hat der Händler volle Flexibilität in der Wahl des Promotionpreises und kann diesen erst in allerletzter Minute festlegen (dies entspricht auch der kartellrechtlichen Forderung). Frühere Studien (siehe u. a. Huchzermeier et al. 2002,
Breiter und Huchzermeier 2012a und 2012b) haben gezeigt, dass die Prognosegüte existierender Ansätze von ca. 25%, u. a. durch CPFR-Ansätze oder eventgetriebene Softwaresysteme—u. a. SAF, bei
weitem übertroffen werden (Arminger 2008). Ansätze der künstlichen Intelligenz weisen eine ähnliche
Prognosegüte auf, d. h. um ca. 25%, und sind nicht in der Lage, strukturelle Zusammenhänge zu erkennen. Kernidee unserer Methodik ist eine auf nicht-loyale Kunden abgestimmte Promotionspolitik zu optimieren, die primär zur wiederholten Bevorratung dieses Kundensegments dient, und somit eine Win-Win
Situation für den Händler und den Hersteller von (Marken-)Produkten zu schaffen.
"Trigger-items", wie zum Beispiel Windeln von Procter & Gamble, werden im Handel primär dazu verwendet, um nicht-loyale Kunden durch Promotions anzulocken und damit den Umsatz zu steigern. Die
Herausforderung des Handels besteht nun darin, die Nachfrage möglichst exakt zu prognostizieren, um
den notwendigen Lagerbestand entsprechend anzupassen. Aus Sicht der Praxis ergeben sich Prognosefehler u. a. aus parallelen Werbeaktionen (gleiches Produkt bei anderen Händlern) oder Promotions
von Wettbewerberprodukten (anderer Händler, anderes Produkt); siehe auch Report ‚Winning with Promotions‘ (ECR Australia 2010). Aus wissenschaftlicher Sicht hat sich jedoch gezeigt, dass der Haupttreiber von Prognosefehlern das mangelnde Verständnis über die Bevorratungspolitik von nicht-loyalen
Kunden ist. Zum Beispiel, folgen zwei Werbekampagnen „dicht“ aufeinander, dann hat das Segment der
nicht-loyalen Kunden noch einen großen Vorrat zu Hause und die Absatzmenge ist stark beschränkt.
Dieser Zusammenhang lässt sich statistisch sehr gut belegen und die Bevorratungspolitik bzw. die Pro-
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duktion kann entsprechend angepasst werden. Was Manager nicht schlussfolgern sollten ist, dass die
Nachfrage—über mehrere Promotions betrachtet—statistisch normalverteilt ist, und man mit hohen Beständen dieser Prognoseunsicherheit effektiv entgegen wirken könnte (dies ist jedoch gängige Praxis).
In der aktuellen Forschungsarbeit werden wir den von uns entwickelten und international publizierten
Ansatz zur Vorhersage des Bedarfs von spezifischen Verkehrsbringern für verschiedene Kundensegmente (in verschiedenen Ländern) anhand von historischen Daten, in Zusammenarbeit mit der Metro
AG, in einem simulierten Test benchmarken und gegebenenfalls in die Praxis einführen. Eine wesentliche Zielgröße ist dabei, die nicht-loyalen Kunden stärker an den Händler bzw. die Einkaufsstätte zu binden (was über eine Kundenkarte auch statistisch nachweisbar ist). Erste Analysen haben gezeigt, dass
eine signifikante Erhöhung der Prognosesicherheit für die Marke Pampers möglich ist. Der Prognosefehler wurde von 30-140% auf weniger als 2-5% gesenkt (Freiheit 2001, Breiter 2012). Die Effizienzgewinne
können entweder in die Werbepolitik des Händlers reinvestiert werden (tiefere Discountlevel) bzw. die
Frequenz (Anteil der Outlets, die an Werbeaktionen teilnehmen, bzw. die Intervalle zwischen den Werbekampagnen) erhöht werden. Dies trägt maßgeblich dazu bei, dass die Kundenloyalität und das Kundenaufkommen (wegen einem verbesserten Preisimage des Händlers) gesteigert werden sowie die
Bevorratung von Push-System auf Pull bzw. Push-Pull-System umgestellt werden kann. In Kombination
mit flexiblen Kontrakten, kann der Endbestand nach einer Werbung bzw. Planungsperiode mit mehreren
Promotions gegen Null gefahren werden, um Produkte mit einem neuen Give-Away oder Duft genau
planbar vermarkten zu können.
Die Zusage seitens des Unternehmens Metro liegt vor und das Projekt startet zum 1. November 2012.
Metro stellt uns ihr Data Warehouse (Big Data) zur Verfügung. Auch führende Hersteller von Konsumgütern haben eine mögliche Zusammenarbeit signalisiert (u. a. Henkel), um so eine nachhaltigere Supply
Chain im Handel zu etablieren. Die Gespräche mit weiteren Herstellern laufen derzeit noch (u. a. Nestlé).
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Stellungnahme zu den folgenden bewertungsrelevanten Aspekten der Arbeit
1.
Ausgangssituation des Projektes – Stand der Wissenschaft und der Praxis (max. 200 Wörter)
Der Einsatz von Prognosen ist sehr umstritten und ein positiver Return-On-Investment (ROI) lässt sich
selten wissenschaftlich belegen (Srinivasan et al. 2004). Zudem erschwert die Diskussion zu Preisabsprachen derzeit die vertikale Zusammenarbeit zwischen Supply Chain Partnern (Mundt 2010).
Die Vorteilhaftigkeit von Werbung leitet sich ab durch sogenannte primary und secondary Nachfrageeffekte: primary Effekte sind Bevorratungseffekte und die Erhöhung der Kauffrequenz; secondary Effekte
sind Wechsel der Marke oder der Einkaufsstätte. Wir fokussieren uns in diesem Forschungsprojekt primär auf die Bevorratung durch nicht-loyale Kunden (pro Segment), da dies sicherlich die wichtigste strategische Stoßrichtung eines Händlers ist.
In der Praxis werden die Prognosezeitpunkte im Rahmen von Jahresgesprächen festgelegt. Wie oben
beschrieben, verwendet der Handel aktuell „einfache“ Prognosemodelle, um den Bedarf zu prognostizieren und damit den notwendigen Lagerbestand zu bestimmen. „Einfach“ bedeutet hier, dass Prognosen
als voneinander unabhängige Events angesehen und geplant werden, und mehr periodige Bevorratungsmodelle nicht zur Prognose verwendet werden (Bell et al. 1999, Freiheit 2001, Breiter 2011). Der
Bedarf wird in der Regel durch Mittelwertbildung und Verwendung eines zusätzlichen Sicherheitsbestands auf Basis historischer Daten ermittelt. Die Analyse historischer Daten zeigt, dass Handelsunternehmen mit hohen Fehlkosten (Servicegrade von Promotions sind unverhältnismäßig niedrig) und
signifikanten Restbeständen zu kämpfen haben.
ECR Europe und andere Verbände der Konsumgüterindustrie, u.a. TCGF, haben diese Problematik
erkannt (siehe u. a. Report von ECR Australia 2010) und als eines der Zukunftsthemen für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors bestimmt. Gleichzeitig besteht erhöhter Regulierungsdruck seitens der EU sowie nationalen und europäischen Kartellbehörden wegen unerlaubter
Preisabsprachen.
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2.
Relevanz für die Wertschöpfungskette: Welche Kooperationsaspekte (Prozessstandards und optimierung) werden behandelt? Welche neuen Erkenntnisse hält die Arbeit bereit?
(max. 200 Wörter)
Mit der neuen Prognosemethode für Promotions lässt sich die Wertschöpfungskette an vier Stellen optimieren:
1. Kapital- und Komplexitätskosten in der gesamten Supply Chain
Aufgrund der erhöhten Prognosesicherheit können die Lagerkapazitäten und damit die Lagerhaltungskosten für den Händler und den Hersteller erheblich gesenkt werden. Wesentlicher Kostentreiber beim
Handel sind die hohen Restbestände und die damit einhergehenden Kapital- und Komplexitätskosten.
Aber auch der Hersteller leidet unter dieser Situation und kann u.U. neue Produkte nur verzögert im
Markt einführen oder sieht sich hohen Forderungen zur Vergütung von ungeplanten Kosten des Händlers in den anstehenden Jahresgesprächen ausgesetzt.
2. Händlerimage und Kundenloyalität
Lieferengpässe wirken sich negativ auf das Image und das Kaufverhalten (der loyalen und) nicht-loyalen
Kunden aus. Durch die Minimierung des Prognosefehlers kann somit langfristig ein negativer Einfluss
auf das Image des Händlers vermieden und somit seine Wettbewerbssituation maßgeblich gestärkt werden. Gleichzeitig kann die Bevorratungsstrategie der nicht-loyalen Kunden unterstützt werden; in besonderen Fällen kann dies auch zu einem erhöhten Konsum und einer erhöhten Kauffrequenz führen.
3. Einkaufsoptimierung
Die verbesserte Prognose des notwendigen Lagerbestandes, erhöht auch die Absatzprognose des Zulieferers. Damit können langfristig niedrigere Einkaufspreise sichergestellt werden. Außerdem kann das
Einkaufsvolumen in ein "Mindestabnahmevolumen" mit niedrigen Stückpreisen und eines "optionalem
Volumens" optimiert werden.
4. Profit- („Grow/Maximize the Pie“) und Risikoaufteilung
Flexible Verträge — u. a. Buy Back oder Optionsverträge — zwischen Händler und Hersteller können
das Bestandsrisiko beliebig verteilen, und es können Incentives (durch den Hersteller) so gesetzt werden, dass der Händler die gewinnmaximierende Absatzmenge (channel coordination) anstrebt. Dieses
Heben des Potenzials einer Supply Chain lässt sich unter einem starren Preisregime (wholesale price
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only) nicht erzielen und ist daher die Quelle permanenter Friktionen in Händler-Herstellerbeziehungen.
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3.
Umsetzung: Wo liegt der Anwendungsnutzen für die Wissenschaft und die Praxis? Sind die Forschungsergebnisse bzw. Lehrinhalte multiplizierbar und ggfs. bereits in der Umsetzung?
(max. 200 Wörter)
Der Anwendungsnutzen ist unserer Meinung klar erkennbar: es profitiert nicht nur der Handel, sondern
auch der Hersteller und der Kunde. Wir schlagen hier kein sogenanntes „Race-to-the-bottom“ Spiel oder
eine negative Preisspirale vor: die Zahlungsbereitschaft der Kunden entwickelt sich nicht nach unten.
Stattdessen werden erhebliche Komplexitätskosten der Supply Chain in Kundenbestände umgewandelt,
die somit zu einer höheren Kundenloyalität (Marke und Einkaufsstätte) führen. Eine Risikoteilung zwischen Händlern und Herstellern ist zudem möglich und das Profitpotenzial einer Supply Chain lässt sich
maximal ausschöpfen und erweitern (durch Anstreben der relativen Kostenführerschaft in der Supply
Chain). Eine Übertragbarkeit der Methodik auf andere Unternehmen der Konsumgüterindustrie und des
Handels ist eindeutig gegeben. Zudem geht dieser Ansatz mit den wettbewerbsrechtlichen Forderungen
der Kartellbehörden konform; d. h. der Handel behält die Hoheit, Preise frei zu gestalten.
Wir haben bereits mehrere Artikel international publiziert, u. a. in Manufacturing & Service Operations
Management (M&SOM), im ECR Journal: International Commerce Review und im Springer Buch Retailing in the 21st Century (Krafft und Mantrala 2010). Weitere Working Papers befinden sich derzeit in fortgeschrittenen Runden der Begutachtung bei international renommierten Journalen, u. a. Production &
Operations Management (P&OM) sowie European Journal of Operational Research. Die bisherigen Publikationen basieren alle auf Daten der Marke Pampers bei Metro. Es gibt, mit Ausnahme von Bell et al.
1999, keine aktuelle und umfassende Untersuchung zum Thema Bevorratung von nicht-loyalen Kunden
im Handel. Die Erkenntnisse der empirischen (Benchmark-)Analyse sind daher sicherlich in renommierten Journalen veröffentlichbar und für die Konsumgüterbranche von hohem Interesse. Wir sind davon
überzeugt, das für einige Segmente, u. a. für das strategisch wichtige Segment ‚Family-of-3‘, diese Methode in die Praxis umgesetzt wird.
Die Veröffentlichungen sind bereits integraler Bestandteil von Vorlesungen und Forschungsseminaren
im BSc-, MSc-, MBA- sowie Doktoranden- und Executive Programm der WHU.
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4.
Innovationskraft der Idee (max. 200 Wörter)
Es wurden bisher 3 Dissertationen am Lehrstuhl zum Thema ‚Kollaboratives Promotionsmanagement‘
angefertigt: Freiheit 2001, Wiehenbrauk 2010 und Breiter 2012 und auch international publiziert. Die
Arbeiten von Frau Julia Freiheit und Herrn Andreas Breiter untersuchen jeweils einen Datensatz von
Pampers bei Metro, jedoch für völlig unterschiedliche Werbestrategien. Im ersten Fall finden Aktionen
nur ganz selten statt, d. h. 4-6-mal pro Jahr; die Intervalle dazwischen sind nicht konstant. Im zweiten
Fall finden Werbeaktionen alle 3 (!) Wochen statt, d. h. ca. 17-mal pro Jahr; die Intervalle sind konstant.
Die Arbeiten wurden jeweils in Kooperation mit Metro und Procter & Gamble verfasst und durch zahlreiche Diskussionen und Präsentationen von Industrieexperten auf beiden Seiten der Supply Chain begleitet. Die Veröffentlichung Huchzermeier et al. 2002 im internationalen Journal M&SOM ist ein Beleg für
die Einzigartigkeit des Ansatzes. Eine weitere Arbeit, u.a. Breiter und Huchzermeier (2012b), ist in der 4.
Runde der Begutachtung beim internationalen Journal P&OM (Top 14 wissenschaftliche Journale von
BusinessWeek für das Ranking von Universitäten) und somit ebenfalls ein Beleg für die wissenschaftliche Qualität der Methodik. Die starke Resonanz von Unternehmen aus dem Handel und der Industrie,
sich an dieser umfassenden und zentralen Benchmarkingstudie zu beteiligen, ist ebenfalls ein „marktbasiertes“ Indiz für die Innovationskraft.
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5.
Angewandte wissenschaftliche Methode sowie Arbeitsteilung zwischen Lehrstuhl und Unternehmen
und Einbindung von Studenten (max. 200 Wörter)
Es werden zahlreiche wissenschaftliche Methoden eingesetzt, u. a. die aktuelle Forschung zu den Themen: i) Promotionsmanagement, u. a., ‚stockpiling models‘, ii) Spieltheorie (Hersteller als StackelbergLeader bei der Festsetzung von Kontraktparametern; Händler nutzt ein ‚mixed strategy equilibrium‘ für
die optimale Preispolitik unter Wettbewerb), iii) multiple Regressionsmethode zur Kalibrierung des Prognosemodells sowie quadratische Optimierung der Kundensegment-spezifischen Parameter, iv) Kontrakttheorie für ‚channel coordination‘, v) Lagerhaltungstheorie zur Bestimmung der ‚order-up-to-levels‘ der
einzelnen Kundensegmente sowie vi) Realoptionstheorie für Portfolios von Kontrakten und die gewünschte Risikoaufteilung.
Herr Michael Schmälzle (Dipl.-Math.) wird ab 1. November 2012 gemeinsam mit Metro die Benchmarkingstudie durchführen. Er wird dabei durch meine Person tatkräftig unterstützt, da die Datenmenge
einen enorm großen Umfang hat und für das Kalibrieren weitere Daten von ca. 2 Jahren notwendig sind.
Die ersten Ergebnisse sollen im Frühjahr 2013 verfügbar sein und später in anonymisierter Form veröffentlicht werden.
Alle angegebenen Referenzen sind auf Anfrage erhältlich.
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