Das Elend der Nixe als Kammerspiel

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Das Elend der Nixe als Kammerspiel
Datum: 03.11.2014
Bieler Tagblatt
2501 Biel
032/ 321 91 11
www.bielertagblatt.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 22'863
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 20
Fläche: 57'418 mm²
Das Elend der Nixe als Kammerspiel
Musiktheater Antonin Dvoiäks Erfolgsoper «Rusalka» wird im Bieler Stadttheater zum grossen Abend
uraufgeführt als Kammerversion.
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1.,
Die Wassernixe Rusalka ist zerrissen zwischen den Welten
Brigitte Hool meistert die schwierige Rolle souverän.
Sabine Burger/zvg
Peter König
«Es waren zwei Königskinder, Treue, kommt zurück und stirbt Für die zwei Welten, die nicht
die hatten einander so lieb, sie in ihren Armen. Es gibt viele gül- zusammenpassen und nicht zukonnten beisammen nicht kom- tige Deutungsansätze für «Ru- einander kommen können, hat
men, das Wasser war viel zu tief.» salka», der Stoff gehört - auch als das Bieler Regieteam (InszenieSo könnte die Handlung von An- Undine, Melusine oder Wili - rung Daniel Pfluger, Bühne
tonin Dvoräks Meisterwerk «Ru- fest zu unserer Kultur. Parallelen Flurin Borg Madsen, Kostüme
salka» auch zusammengefasst der drei Elfen bei Dvoräk (unta- Gerstin Griesshaber) eine klare,
delig: Nicole Hitz, Susannah Ha- kitschfreie Bild- und Formenwerden.
Das eine Königskind, die Was- berfeld und Michaela Polkehn) sprache gewählt. Die märchensernixe Rusalka, sehnt sich nach zu Wagners Rheintöchtern sind hafte Naturwelt entsteht nicht
durch wogende Wälder und
einer Seele und allem Menschli- offenkundig.
chen. Das andere, der Prinz, ver- Karge Räume, klare Sprache schattige Teiche, sondern durch
fantasievolle Kostüme. Rusalkas
liebt sich in Rusalka, bricht die
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Argus Ref.: 55719047
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Gesicht ist blau (ein kluger Einfall), gesichtslos bleibt indes die
Hexe Jezibaba.
In markantem Gegensatz dazu
die streng kostümierte, höhnischarrogante Festgesellschaft beim
Prinzen, zu der man nur ungern
eingeladen wäre. Schlichte Bretter markieren den Wald, wenige
Scheinwerfer die Menschenwelt,
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sitzt jede Geste, jedes Mienen- salka» zentrale Harfe (Johanna
spiel, und die beiden harmonie- Baer). Ein wenig geht diese
ren geradezu choreografisch. Ein- Transparenz aber zwangsläufig
mal mehr gibt es in Biel einen Te- zulasten der Streicherfarben. Da-
nor der Sonderklasse zu entde- raus resultiert jedoch - und dies
cken: Jonathan Stoughton bewäl- ist die andere Überraschung -
tigt die exponierte Partie des nicht etwa leiseres oder diskrete-
Prinzen mit strahlender Stentor- res Orchesterspiel.
stimme und echter Empfindung. Im Gegenteil schöpft TobsBrigitte Hool schliesslich verkör- Chefdirigent Kaspar Zehnder aus
beide Szenerien bedarfsweise pert die schwierige Titelrolle mit dem Vollen. Mit viel Energie
grell blau und rot hinterleuchtet. einer Sicherheit, als hätte sie nie treibt er das Geschehen voran
Raffiniert ist auch, dass Jezibaba etwas anderes gesungen. Die hö- und betont dabei die Kontraste
und die fremde Fürstin, die Ru- hensichere Neuenburgerin lebt beider Welten. Aber auch für Rusalka den Prinzen ausspannt, von die Zerrissenheit Rusalkas zwi- salkas Seelenschmerz findet er
ein und derselben Sängerin ge- schen den zwei Welten in seltener die richtigen, beklemmenden
sungen werden. Jordanka Mil- Intensität, doch ohne die ge- Zwischentöne, das berühmte
kova - auch eine Absolventin des ringste Übertreibung.
Bieler Opernstudios, die den Energiegeladene Version
Sprung auf die Bühnen der Welt
geschafft hat - gelingt beides: Der Gespannt war man natürlich auf
Hexe leiht sie einen wohlwollend die Kammerfassung, die der Slo-
warnenden Unterton, der frem- wake Marin Lejava im Auftrag
des Theater Orchester Biel Soloden Fürstin listige Bosheit.
thurn (Tobs) extra für Biel erKleine Rollen, grosse Sorgfalt arbeitet hatte - insofern also eine
Auch Carlos Esqivel als Wasser- Uraufführung. Und diese Fassung
mann überzeugt. Der Bass des Ar- brachte mindestens zwei Überra-
Lied an den Mond wird auch
beim Orchester zum Highlight.
Trotz Kammerspiel auf der
Bühne und Kammerversion im
Graben bleibt die Frage, ob diese
«Rusalka» nicht in einem akustisch idealeren Raum noch besser
zur Geltung käme. Und doch: Ein
grosser Opernabend und sehr
langer, sehr herzlicher Applaus.
gentiniers hat an Tiefe gewonnen, schungen: Lejava griff mit viel Zu- Info: Nächste Aufführung im
was der Partie zugute kommt. rückhaltung ein und liess die Or- Stadttheater Biel: Freitag, 14. NoBeim Personal des Prinzen (Aram chesterstimmen bestehen. Hin- vember, 19.30 Uhr. Premiere in
Ohanian als Heger und Lucie zugefügt wurde ein Akkordeon,
Solothurn (Rythalle) am Mittwoch,
Karikovä als Küchenbursche) tritt reduziert der Streichersatz. Da- 5. November, 19.30 Uhr. Auffüh-
die sorgfältige Personenführung durch traten die einzelnen Inst- rungen bis April 2015.
des Regisseurs besonders deut- rumente viel deutlicher hervor als www.tobs.ch
lich zu Tage. Zwar etwas übertrie- gewohnt, etwa die Soloflöte (Poben auf Witz getrimmt, aber hier lina Peskina) oder die in «Ru-
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