Spracherwerbstheorien - UK

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Spracherwerbstheorien - UK
Behaviorismus
• Führt alle Leistungen auf Lernvorgänge zurück
• Nichts ist ererbt außer einem universalen
Lernmechanismus
• Sprache lernen Kinder, weil sie die Sprache der
Erwachsenen imitieren
• Richtige Imitationen werden (direkt oder indirekt, z.B. durch Erfolg) belohnt und dadurch verstärkt.
Spracherwerbstheorien
• Behaviorismus
• Nativismus
• Kognitivismus
• Interaktionismus
• Konnektionismus
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Die extremste behavioristische Position
behauptet, dass das Kind irgendwie registriert,
wie häufig in der Erwachsenensprache, die es
zu hören bekommt, einzelne Wörter neben
einzelnen anderen erscheinen.
So erwerbe es ein Sprachmodell, das alles
über die relativen Häufigkeiten der einzelnen
Wörter weiß.
Bringt das Kind selber Sprache hervor,
verknüpfe es die Wörter nach diesen ihren
relativen Häufigkeiten zu Ketten, und das
seien dann seine Sätze.
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→
Sprachverständnis des amerikanischen
Strukturalismus (ca. 1930-1960)
- semantikfeindlich
- formorientiert
- mechanistisch
- alle Sprache wird als Anordnung
(Distribution) von Formelementen
angesehen
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Kritik am Behaviorismus
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Demontage des Behaviorismus
• Der Behaviorismus wird vor allem einem der
Design-Features der menschlichen Sprache in
keiner Weise gerecht: der Offenheit bzw.
Kreativität der Sprache. Wer den Behaviorismus
ganz ernst nehmen wollte, müsste der Meinung
sein, dass niemand jemals etwas wirklich Neues
sagen könnte. Dass Kinder auf sprachliche
Belehrungen nicht oder sogar negativ reagieren,
spricht auch nicht gerade für den behavioristischen
Ansatz.
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• Chomsky, Noam (1959). Review of
Skinner's Verbal Behavior. Language 35
(1): 26-58.
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Nativismus = Angeborenheit
Nativismus
• Der Nativismus, auch Innatismus genannt,
ist das Gegenteil zum Empirismus in allen
seinen Spielarten (z.B. auch Behaviorismus)
• Empiristische Sprachtheorien gehen davon
aus, dass jeder einzelne seine Sprache ganz
und gar aus der Außenwelt gewinnt; er
nimmt sie mit seiner Erfahrung auf.
• Gewisse Sprachkenntnisse kommen von
innen, sind angeboren
• Kein Nativist ist der Auffassung, Sprache
stellte sich auch dann ein, wenn der Input
gänzlich fehlt
• Es wird nicht angenommen, Sprache sei
generell angeboren
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• Aber nach Ansicht der Nativisten ist der
Output regelmäßig größer als der Input, und
daraus wird der Schluss gezogen:
• so schnell und mühelos und sicher, wie das
Kind seine Muttersprache lernt, könnte es
sie nie und nimmer lernen, wenn es nicht
angeleitet wäre von einem erheblichen
Vorwissen, das in ihm nicht anders als
genetisch angelegt sein kann
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• Der Input, dem es normalerweise ausgesetzt
ist, sei viel zu verwirrend, zu dürftig und zu
unzuverlässig, als dass ein kleines Kind ihm
ein so hochkomplexes Regelwerk
entnehmen könnte, wie es die Grammatik
einer natürlichen Sprache darstellt.
• Die Grundregeln müssten ihm also
angeboren sein.
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Radikale Variante des modernen
Nativismus: Noam Chomsky
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Language Acquisition Device
(LAD)
• "Universalgrammatik" (UG)
• ein angeborenes "Sprachorgan", das im Gehirn
lokalisiert ist
• Language Acquisition Device (LAD)
• Der (lückenhafte) Input der Sprache, in deren
Umgebung das Kind aufwächst, trifft auf die im
Gehirn genetisch verankerte UG
• Als Ergebnis wird die Kerngrammatik der
betreffenden Sprache produziert
KernInput Sprache L
(z.B. Deutsch)
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→
Universalgrammatik
→
grammatik Sprache L
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Kritik am Nativismus
Chomskyscher Prägung
Kritik am Nativismus
Chomskyscher Prägung
• Das unfehlbare Grammatikwissen gibt es
nicht
• Grammatikalitätsurteile betreffen meist
Schulwissen und sagen daher nichts über
ungesteuerten Spracherwerb
• Gesprochene Alltagssprache hat ihre
Eigengesetzlichkeit, die durch das
Chomskysche Modell nicht erfasst wird.
• Reduktion der Sprachkompetenz auf Syntax ist
absurd
• Das Kind erwirbt eine kommunikative
Kompetenz, die weit über Grammatikwissen
hinausgeht
• Es ist eine Kompetenz des Sprachgebrauchs, die
ganz eng mit anderen Kompetenzen der sozialen
Interaktion verbunden ist.
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Kognitivismus
(auch Konstruktivismus genannt)
• Klassische Ansätze: Jean Piaget, "Genfer
Schule" (seit ca. 1920)
• Heute: Kognitive Linguistik (George
Lakoff, Ronald Langacker u.a.)
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Kognitivisten versuchen zu beschreiben, in
welchen auf einander aufbauenden Stufen sich
die geistige Reifung, die Entfaltung der
Intelligenz vollzieht, von den ersten
Wahrnehmungen und Bewegungen bis hin
zum abstrakten Denken.
Den Spracherwerb sieht der Konstruktivismus
nur als eine besondere Anwendung des
allgemeinen geistigen Zugewinns.
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Sprache ist im Verständnis der Kognitivisten
nichts "für sich". Es gibt für sie kein besonderes "Sprachorgan" (wie etwa "UG"), sondern
nur einen Allzweckgeist, ein Bündel
allgemeiner kognitiver Fähigkeiten, aufgrund
derer u.a. auch Sprache erworben wird.
Ihrerseits sind die allgemeinen Prinzipien
menschlicher Kognition und ihre allmähliche
Reifung genetisch vorgegeben.
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• Auch nach diesem Modell unterliegt der
Spracherwerb also indirekt genetischer
Kontrolle
• Aber es kommt ohne spezielle Sprachgene
aus
• Sprache ist für den Kognitivisten nicht
autonom,
• sondern eine spezifische Anwendung
allgemeiner kognitiver Fähigkeiten
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Interaktionismus
Zentrale These des
Interaktionismus
• Beobachtung, dass die Sprache, in der
Erwachsene mit Kindern sprechen, sich
konsequent und systematisch von der
Erwachsenensprache unterscheidet.
• Komplexitätsgrad auf das Kind abgestimmt.
• Vereinfachung, der das Lernvermögen des
Kindes gewachsen ist.
• Der Spracherwerb vollzieht sich in der
Interaktion von Mutter und Kind (daher der
Name)
• In dieser Interaktion wird dem Kind
Sprache in einer Weise angeboten und
abgefordert, die auf die jeweilige
Verarbeitungskapazität seines Gehirns
abgestimmt ist.
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Motherese ("Mutterisch")
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Motherese ("Mutterisch")
• Nicht nur Mütter, alle Erwachsenen
sprechen mit Kindern anders als
untereinander.
• Lautliche Merkmale: stark übertriebene
Intonation; überdeutliche Betonungen der
markanten Redeteile; höhere Stimmlage (ca.
1 Oktave)
• Lexikalische Merkmale: "Ammenwörter"
Hottehü
A-a
Piepmätzchen
Heia
Bäuerchen
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Motherese ("Mutterisch")
Motherese ("Mutterisch")
• Struktur einfach (nach Catherine Snow)
• in semantischer Hinsicht: hic et nunc (Jetzt
und hier): wie die Dinge heißen, welche
Geräusche sie machen, welche Farbe sie
haben, was sie tun, wem sie gehören, wo sie
sind.
• in syntaktischer Hinsicht: kurze Aussageund Fragesätze, aber grammatisch korrekt
strukturiert (keine Pidginisierung). Beispiel
(nach Dieter E. Zimmer):
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*Wenn du, wie ich hoffe, ohne zu protestieren deinen Mittagsschlaf absolviert hast, könnten wir zusammen Eis essen gehen.
*Gut Kind dann geh ess Eis.
→ Komm. Sei lieb. Du schläfst jetzt. Dann gehen wir Eis
essen.
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Motherese ("Mutterisch")
Motherese ("Mutterisch")
• Redundanz, Wiederholungen, Variationen
• Motivation für das Mutterische:
Kinder blenden Äußerungen, die sie nicht
verstehen, einfach aus.
Du schläfst jetzt. Du legst dich hin. Mami
bringt dich ins Bett. Du musst jetzt schön
schlafen.
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Kritik am Interaktionismus
Konnektionismus
• Keine Erklärung des Spracherwerbs, sondern nur
eine Beschreibung der Bedingungen, unter denen
dieser normalerweise vor sich geht.
• Aber: Wenn das Kind regelmäßig einer
vereinfachten Sprache ausgesetzt ist, braucht auch
kein so detailliertes genetisch verankertes
Vorwissen angenommen zu werden, wie dies die
Nativisten tun,
• Strukturerwerb ist Ergebnis aktiver
Informationsverarbeitung (Aufbau immer
komplexerer neuronaler Netzwerke)
• Es gibt keine angeborene UG und keinen
LAD, sondern nur eine allgemeine Sensibilität gegenüber Sprache
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Konnektionismus
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Konnektionismus
• Strukturerwerb wird in Eigenaktivität geleistet,
• setzt eine Mindestanzahl analysierbarer Einheiten
voraus (weil sonst kein Vergleich stattfinden kann,
der Analogieprozesse auslöst),
• arbeitet anfänglich mit einem sehr einfachen Input
(kurze Sätze),
• bei zunächst niedriger Aufmerksamkeits- und
Verarbeitungsspanne,
• und etabliert zunächst grundlegende Kategorien
(z.B. Nomen, Verb, Singular, Präsens).
• Die verschiedenen Bereiche der Sprache
(Grammatik, Lexikon usw.) bilden keine
separaten Module, die unabhängig von
einander erworben werden, sondern
beeinflussen sich gegenseitig
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Fazit?
• Die meisten Spracherwerbstheorien
ergänzen sich gegenseitig
• Konnektionismus und Kognitivismus liefern
Erklärungen für innere intellektuelle
Vorgänge, für die der Interaktionismus ein
plausibles äußeres Szenario bereitstellt.
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• Behaviorismus und Nativismus in der
jeweils radikalen Form liefern keine
plausiblen Erklärungsansätze.
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