Theorien zum L1
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Theorien zum L1
Sprachwiss. Übung: Mono- und bilingualer Spracherwerb slavischer Sprachen SS 2009, Mo 12-14 Uhr S. Grahl Thema der 4. Sitzung (11.05.2009): Theorien zum Spracherwerb bei Kindern (L1-Spracherwerb) Grundfrage: nature, nativism vs. nurture, empirism Ist Sprache in irgendeiner Form angeboren (nature, nativism) oder erwerben wir unser ganzes Wissen – und damit auch unsere Sprache – mit Hilfe von Erfahrungen und Interaktion mit unserer Umwelt (nurture, empirism)? Behaviorismus (Skinner) Reiz-Reaktions-Schema = Input-Output Das Innere des Menschen selbst (psych., biol.) bleibt außen vor; Nativismus (Chomsky) LAD (language acquisition device / Spracherwerbsmechanismus) UG (Universal Grammar) / P&P Modell (Prinzipien und Parameter Modell) Nativismus vs. Behaviorismus: angeborene Spracherwerbsfähigkeiten im Menschen; Kognitivismus (Piaget) Sprache und Denken: Erst denken – dann sprechen! Objektpermanenz Egozentrisches Sprechen Kognitivismus vs. Behaviorismus: aktive Informationsverarbeitung im Menschen; Interaktionismus Vygotsky (Vorreiter mit sozialpsychologischem Ansatz): Sprache und Denken: Sprache macht das Denken erst möglich, d.h. gut entwickelte Sprache wichtig für kognitiven Fähigkeiten (Problem: Mehrsprachigkeit) Sprechen: 2 Formen: soziale Funktion (äußere Rede) – kognitive Funktion (egozentrisches äußeres Sprechen, später: innere Rede) ZPD (Zone der nächsten Entwicklung = зона ближайшего развития) Bruner (Konstruktivist): LASS (Language Acquisition Support System = Spracherwerb-Unterstützungssystem): CDS (child-directed speech), baby talk, motherese, (instructional) scaffolding Tomasello: Kulturfähigkeit des Menschen Interaktionismus vs. Nativismus: statt angeborener sprachlicher, angeborene soziale und kognitive Fähigkeiten; Interaktionismus vs. Kognitivismus: Mensch von Anfang an ein soziales Wesen; Fazit: Sprachfähigkeit ist zum einen angeboren (z.B. Voraussetzungen in unserem Gehirn, Funktionieren unseres Sprechapparats), zum anderen wird die Entwicklung unserer Sprachfähigkeit stark von unserem Umfeld beeinflusst (ohne soziale Kontakte ist der Mensch nicht in der Lage, eine Sprache zu entwickeln). 1 Von wem stammt dieses Zitat? Stellen Sie sich folgende Situationen und Aussagen vor! 1. 2. 3. 4. 5. 6. Mutter zeigt auf das Bild einer Katze und sagt: „Katze“. Kind wiederholt den Ausdruck. Kind trinkt seinen Becher leer und sagt: „Ausdedrinkt.“ Mutter zeigt auf das Bild einer Katze und sagt: „Katze“. Kind versucht zu wiederholen: „Tatze.“ Trotz mehrmaliger Wiederholung, ändert sich an der Aussprache nichts. „Bei Einzelkindern entsteht eine sehr enge Bindung zu einer primären Bezugsperson (in der Regel die Mutter), welche bereits erwachsen ist. Somit besteht zwischen Kind und Bezugsperson ein sprachliches Gefälle, was dazu beiträgt, dass die Kinder die Sprache schneller lernen. Bei zweieiigen Zwillingen ist die engste Bezugsperson jedoch das eigene Geschwisterkind. Zwischen diesen besteht jedoch kein sprachliches Gefälle, was die Verzögerung der Sprachentwicklung begründen könnte.“ Kind (2 J.) holt ein Buch und sagt: „Mama, tanst Du mir ein Buch anlesen?“; a. Mutter 1: „Ja, mach ich.“ und liest vor. b. Mutter 2: „Ja, ich kann Dir ein Buch VORlesen.“ und liest vor. c. Mutter 3: „Das heißt VORLESEN, (nicht ANLESEN).“ und liest vor. d. Mutter 4: „Sag mal: ‚Kannst Du mir ein Buch vorlesen.“ Mit 5 Jahren sagt das gleiche Kind „Kannst Du mir ein Buch vorlesen?“ Das Kind produziert erst Einwort-, dann Zweiwort- und schließlich Mehrwortäußerungen; a. Subst.: dabei wird das grammatische Geschlecht meist schnell erworben, Kasusendungen bereiten meist größere Probleme (Nom. und Akk. oft übergeneralisiert), b. Verben werden zunächst in festen Formen (egal ob starke oder schwache Flexion) erworben, dann die regelmäßigen und schließlich die unregelmäßigen. 2