Fokus: Game-Based Learning .MedPäd // AKTUELL

Transcription

Fokus: Game-Based Learning .MedPäd // AKTUELL
.MedPäd // AKTUELL
12 / 07
Liebe Mediendidaktiker,
wir sind ein neues Fachmagazin, welches sich mit medienpädagogischen Themen beschäftigt. Der
Schwerpunkt unserer redaktionellen Arbeit liegt insbesondere im Bereich von Lernformen die durch neue
Medien realisiert werden. In unserer ersten Ausgabe möchten wir uns im Folgenden intensiv mit der
Thematik des Game-Based Learning beschäftigen. Die fachliche Auseinandersetzung erfolgt exemplarisch am Modellversuch KooL. Hierbei handelt es sich um ein an vier Berufsfachschulen durchgeführtes
Projekt, welches den Fokus auf die Nutzung der didaktischen Potenziale von Medien zur Förderung
selbstgesteuerten als auch kooperativen Lernens setzt. Wir haben uns die theoretischen Konzepte und
Positionen des spielerischen Lernens angeschaut und haben deren Umsetzung anhand des Modellversuch
KooL exemplarisch auf Potenziale und Grenzen überprüft. Hierbei standen sowohl Fragen nach dem Motivationspotenzial von Lernspielen, wie auch der Gewinn von Erkenntnissen über die dahinter stehenden
Lerntheorien im Vordergrund der Betrachtung. Es zeigte sich, dass die im Rahmen des Modellversuchs
KooL eingesetzten Lernspiele noch einige Ausbaupotenziale besitzen, um zur Förderung des angestrebten
selbstgesteuerten und kooperativen Lernens beizutragen. Doch lesen Sie selbst von den Einsatzmöglichkeiten des Game-Based Learnings:
Linda Klemme
Benjamin Ingram
Jürgen Spenner
Fokus: Game-Based Learning
spielend lernen, lernend spielen
Inhaltsverzeichnis:
1. Spielen und Lernen: Das Lernspiel
S. 1
2. New Generation = New Medium ???
S. 2
3. Spielend lernen, lernend Spielen am
Personal Computer (PC)
S. 3





Drill und Practice
Planspiele/Simulationen
Abenteuerspiele
Lern-/Spielwelten
Zeitalter „Web 2.0“
S. 4
S. 4
S. 4
S. 4
S. 5
4. Didaktische Umsetzung
S. 7
5. Literaturverzeichnis
S. 7
Spielen und Lernen: Das Lernspiel
Ein Spiel trägt den alleinigen Nutzen darin, Freude zu Zusätzlich verfügt ein Spiel immer über spannungsindubereiten und bezieht sich auf Tätigkeiten, die nicht zierende Elemente. Ein in das Spiel integriertes Rätsel
zweckbestimmt verrichtet werden.1
oder ein Wettbewerb zwischen den Spielern, vergrößert
die Ungewissheit bezüglich des Spielausgangs und steiDas bedeutet, dass ein Spiel nicht mit Mühe oder Last gert somit die Motivation der Spieler sich anzustrengen.
verbunden werden kann und somit dem Begriff Arbeit
entgegensteht. Lernen wird hingegen oft mit Arbeit Des Weiteren ist ein Spiel durch eine Handlungssituatiund demzufolge auch mit negativen Assoziierungen in on gekennzeichnet. Die Spieler werden in hohem Maße
Verbindung gebracht. Jedoch ist das Lernen auf die selbst aktiv und erleben relativ schnell die Folgen des
Veränderung von Vorwissensstrukturen ausgerichtet eigenen Handelns. Wichtig hierbei ist, dass diese Folgen
und kann als zweckbestimmt bezeichnet werden. Spie- jedoch nur fiktiv erlebt werden und somit die Möglichlen und Lernen sind somit zunächst zwei sehr ver- keit des Ausprobierens gegeben wird.
schiedene Tätigkeiten, welche allerdings durch die
Gestaltung von Lernspielen zusammengeführt werden.
Lernspiele versuchen insbesondere die motivierenden
Elemente des Spiels zur Vermittlung von Wissensinhalten zu nutzen. Dabei werden Inhalte, Struktur und
Ablauf des Spiels in pädagogischer Absicht und auf der
Grundlage didaktischer Prinzipien gestaltet, wobei
allerdings zentrale Merkmale von Spielen nicht missachtet werden.2
Sollen also die motivierenden Elemente eines Spiels
für das Lernen genutzt werden, so müssen diese sowohl aufgedeckt, als auch bei der Konstruktion von
Lernspielen beachtet werden.
Abbildung 2: Übersicht über Digitale Lernspiele und dessen Charakteristika
Wird das Spiel nun durch ein digitales Medium getragen
und umgesetzt und unter Beachtung von didaktischen
Konzepten entwickelt und mit konkreten Lerninhalten
gefüllt, so kann von einem digitalen Lernspiel gesprochen werden.
Abbildung 1: Klassisches Spiel
Ein Spiel kennzeichnet hierbei zunächst eine rahmende Spielgeschichte und Spielregeln. Diese dienen einerseits der Identifizierung der Spieler mit dem Spiel,
andererseits steuern sie das Spiel in eine bestimmte
Richtung und verhindern Willkür.
1
2
Brockhaus Enzyklopädie (2006): S. 752.
MEIER, C., SEUFERT (2003): S. 3.
1
New Generation = New Medium ???
Eine Studie zum Mediennutzungsverhalten von deutschen Jugendlichen im Alter von 12-19 Jahren verdeutlicht die hohe Relevanz von digitalen Medien im
Alltag.3 98 Prozent der Jugendlichen haben einen privaten Computerzugang, welcher auch von mehr als
vier Fünfteln mindestens mehrmals pro Woche genutzt wird. 92 Prozent der Jugendlichen gaben an zumindest 14-tägig oder öfters das Internet zu nutzen
und immerhin 52 Prozent der Befragten spielen mindestens einmal pro Woche Computerspiele, wobei der
Wert an dieser Stelle zwischen Jungen (72 Prozent)
und Mädchen (31 Prozent) weit auseinander geht.
Internet, Computerspiele und weitere digitale Medien
bestimmen in hohem Ausmaß das Leben der Jugendlichen. Die digitalisierte Welt der heutigen Generation
von Kindern und Jugendlichen erfordert auch ein Umdenken bei der Vermittlung von Lerninhalten. Lerninhalte sollten durch aktuelle, den Jugendlichen bekannte Medien vermittelt werden, umso einen ausreichenden Zugang in die Lebenswelt der Jugendlichen herzustellen.4 Die Wahl eines Mediums beeinflusst somit
das Ausmaß der Auseinandersetzung mit Lerninhalten
und die Lernmotivation von Lernenden. Dass bezüglich
der Schaffung von Anreizpunkten in Lernumgebungen
noch Nachholbedarf vorliegt, verdeutlicht die immer
noch häufig vorzufindende negative Assoziierung mit
dem Begriff „Lernen“. Es stellt sich somit die Frage, ob
die aktuellen, die Jugendlichen offensichtlich begeisternden und mit einem hohen Motivationspotenzial
ausgestatteten Medien in Verbindung mit Lernen genutzt werden können.
Eine Möglichkeit Jugendliche zum lernen zu motivieren,
ist das Game-Based Learning. Ein Spiel wird hierbei als
„eine relativ zweckfreie körperliche und/oder geistige
Tätigkeit, die vom Organismus als lustvoll erlebt wird“,5
angesehen. Aus dieser Definition ergibt sich das intrinsische Motivationspotenzial eines Spiels, welches möglicherweise im Kontext mit der Vermittlung von Lerninhalten positiv genutzt werden kann. Aus pädagogischer
Sicht, kommt es nun bei der Gestaltung von Lernspielen
darauf an, die motivierenden Elemente eines Spiels zu
identifizieren und Lerninhalte in diesem Kontext didaktisch sinnvoll aufzuarbeiten.
Die motivierenden und Spaß vermittelnden Elemente
eines Spiels können folgende sein:
 Das Eintauchen in eine Spielwelt, welche durch eine
attraktive Graphik, starke Spielfigurcharaktere, eine
Spielstory, einen ansprechenden Sound, Animationen,
Videos und Dialoge eine Identifizierung ermöglicht.
 Ein hohes Maß an aktiver Beteiligung, welches durch
die Selbststeuerung und die sofortige Sichtbarkeit der
Konsequenzen des eigenen Handelns erreicht wird.
 Der Wechsel von Spannung und Entspannung,
durch die Integration von Rätseln, Wettbewerben mit
anderen Spielern und der Vorkommnis von überraschenden Ereignissen und Situationen.
 Das Wecken der Neugierde, durch die Offerierung
von Möglichkeiten ungewohnte, aber interessante Rollen einzunehmen.
Kommentar: Die in den Modellversuch KooL integrierten Lernspiele sind sehr schlicht gestaltet und verfügen
nur ansatzweise über den Lerner motivierende Elemente. Eine Spielwelt wird nur in sofern bereit gestellt, indem sowohl das Memory wie auch das Spiel Hangman über eine gewisse, jedoch bescheidene graphische Gestaltung verfügen. Eine Spielstory, die beispielsweise über die Bereitstellung einer ausgeprägten Spielfigur erreicht werden könnte, liegt nicht vor. Ebenso beinhalten die Spiele keine weiteren Unterstützungsfunktionen
(Sound, Videos etc.), sodass die Spiele nach nur kurzer Zeit recht eintönig erscheinen. Des Weiteren sind in die
Spiele auch nur unzureichend viele Spannungselemente integriert. Überraschende Ereignisse oder Wettbewerb mit anderen Spielern gibt es nicht, da die Handlungsabfolge immer gleich ist. Dadurch wird auch das
Wecken von Neugierde nicht erreicht. Positiv zu vermerken ist, dass die KooL-Spiele den Handlungsakteur zur
Selbststeuerung seiner Handlungen veranlassen. Der Spieler wird zum Nachdenken angeregt und dessen Reaktionen werden mit sofortiger Wirkung mit für ihn sichtbaren Konsequenzen bewertet. Eine Selbstregulierung
der Handlungen findet somit statt. Insgesamt werden in den Spielen des Modellversuchs KooL aber zu wenige
motivierende Elemente von Spielen für das Lernen genutzt. Insbesondere durch die Integration der Lerninhalte
in eine Spielwelt mit graphischer, audiovisueller Gestaltung und zusätzlichen unvorhersehbaren, spannungssteigernden Elementen, könnten hier wesentlich positivere Ergebnisse erzielt werden. Momentan handelt es
sich bei den Lösungen lediglich um Ansatzpunkte, die aber die motivierenden Potenziale von Lernspielen nur
unzureichend nutzen und somit weiter ausgebaut werden sollten.
3
JIM-Studie (2006): S. 31ff.
PRENSKY, M (2001): S. 4.
5
KELLER, J.A., NOVAK, F. (1993): S. 328ff.
4
2
Spielend lernen oder lernend Spielen am Personal Computer (PC)
Mit der Entwicklung und der Verbreitung des Personal Computers und der CD-ROM in der Mitte der 80er Jahre
ging eine zunehmende Verbreitung des computerbasierten Unterrichts voraus.
Die CD-ROM kann als ein signifikanter Meilenstein für die Entstehung der multimedialen Lernprogramme angesehen werden. Durch diese Art des Massenspeichers, war es erstmals möglich, intensiven Gebrauch von Bildern,
Audio- und Videodateien zu machen. Neben den neuen technologischen Möglichkeiten wirkten sich insbesondere die Abkehr vom Behaviorismus und die Zuwendung zum Kognitivismus prägend aus.
In der Gegenüberstellung Behaviorismus zum Kognitivismus, lässt sich subsumieren, dass der Schwerpunkt beim
Kognitivismus auf aktive Denk- und Verstehensprozesse des Lernenden beruht. Explizite Computersoftware für
das Lernen wurde ursprünglich im Zusammenhang der Programmierten Unterweisung6 und der behavioristischen
Lerntheorie entwickelt.
Potenziale und Grenzen der Computernutzung
Potenziale

Grenzen
Schüler nutzen Computerfunktionen nicht
nur für Computerspiele sondern auch für
die Schule
→Schüler die mehr Erfahrung mit dem
Computer haben: schneiden in wichtigen
Schulfächern besser ab (nutzen Textverarbeitungsprogramme; Internetsuche)


positive Einstellung zu Computern
ABER: Geschlechtsunterschiede
Grenzen)

nicht überall in Deutschland ausreichende
Computerausstattungen an Schulen vorhanden
→ andere Zugangsniveaus (z.B.: Computer mit
mehreren Personen teilen)

Computer sind nicht zentraler Bestandteil des
Unterrichts
→ mögliche Potenziale werden nicht erkannt

Mädchen sind weniger mit Computerfunktionen
vertraut als Jungen Programmieren; MultimediaPräsentationen; PC-Spiele spielen)

häufig verbringen männliche Jugendliche ihre
Freizeit mit Computerspielen (Ego-Shooter;
Ballerspiele)

Computer wird häufiger zu Hause als in der
Schule genutzt

Computerspiele werden in Verbindung mit
Freizeit betrachtet

Lernende: Computer als Unterhaltungsmedium
ABER nicht im Bezug zu Lehr-und Lernprozesse

Computer als Interaktionsinstrument
ABER nicht bei Lerngewohnheiten

Verwendung des Computers als Lern-und
Arbeitsmittel
durch
berufliche/schulische
Zwänge
(siehe
heutige Generation mit Computer und
Multimediaanwendungen aufgewachsen
→intuitive Benutzung

effektive und regelmäßige Nutzung neuer
Medien und Lernplattformen
→guter Zugang zu Computern im privaten
und schulischen Bereich
Mit der Kritik an der Programmierten Unterweisung und der verstärkten Berücksichtigung kognitionstheoretischer
und konstruktivistischer Ansätze sowie mit den erweiterten technischen Möglichkeiten haben sich verschiedene
Computerlernspiele herauskristallisiert:
6
Programmierte Unterweisung: Lehrinhalte werden in kleine Abschnitte gegliedert. Nach jedem Abschnitt sind Verständnisfragen zu beantworten.
3
Drill & Practice Programme:
Planspiele/Simulationen:
Digitale Medien der ersten Generation für Lernzwecke
waren stark von behavioristischen Theorien geprägt.
Der Wissenschaftler Skinner selbst hat Ende der sechziger Jahre, das Modell der programmierten Unterweisung entwickelt. Auf dieser Grundlage entstanden somit die ersten Lernprogramme (Computer Based Trainings - CBT).7 Lernspiele wie z.B. Quizz, Memory, Solitaire sind durch den Behavioristischen Ansatz begründet und erfahren hierdurch ihre Berechtigung. Diese
Spielart ist dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerung
des Lernens durch Reize erfolgt.
Betrachtet man das Ende der 80er Jahre, so traten Simulationen und Planspiele als eine weitere Form des
computerbasierten Lernens auf.
Simulationen haben als vorrangiges Ziel, dass Objekte
und Vorgänge möglichst realistisch abzubilden sind. In
Planspielen, eine Form der Simulation, wird ein virtueller Raum rekonstruiert, in dem der Lernende sich versuchen kann.
Einen verstärkten Fokus erfahren hier insbesondere die
Wirtschaftssimulationen, in denen der Anwender ein
virtuelles Unternehmen führt. Alle Aktivitäten innerhalb dieses künstlich geschaffenen Raums führen zu
möglichst realitätsnahen Folgen. Somit kann bspw.
durch falsches Bewerben von Produkten die virtuelle
Firma in die Insolvenz geführt werden, oder aufgrund
einer falschen Personalpolitik der Mitarbeiter zum
streikenden Mitarbeiter agieren.
Hier sei festzuhalten:
Simulationen sind eine „optimale“ Art von Lernspielen,
welcher als Basis die konstruktivistische Lerntheorie zu
Grunde liegt. Bei Simulationen handelt es sich um
Insbesondere werden dem Benutzer einfache (im Sinne
interaktive Programme, welche dynamische Modelle
von nicht komplexen) Fragen zu Faktenwissen gestellt.
von Systemen und Prozessen abbilden.
Lernspiele, die dem "Quizz & Memory"-Genre zugeordnet werden können, zeichnen sich verstärkt durch eiSimulationen können in vielen Bereichen sehr erfolgnen geringen Interaktionsgrad, kurze Fragen und eine
reich zu Lernzwecken eingesetzt werden. Sie unterstütunmittelbare Rückmeldung im Sinne von richtig oder
zen eine aktive entdeckende und selbstgesteuerte
falsch aus. Diese Lernspiele werden zu den behaviorisVorgehensweise.
tischen Lernspielen gezählt.8
Abbildung 3: Hangman beim Modellversuch Kool
Typische Charakteristika sind:
Abenteuerspiele:

Abenteuerspiele sind dadurch gekennzeichnet, dass sie
ein kleinschrittiges Vorgehen, das zu vermittelnde
eine Integration von Spielhandlung und Didaktik aufLerninhalte in viele einzelne Lernschritte aufsplitweisen.
tet;

die regelmäßige Rückmeldung (Feedback) zum Oft folgt ein gegenseitiges Wechselspiel zwischen regulärem Spielen und Lösen von kniffligen Aufgaben.
Lernfortschritt und

eine enge Führung der Lernenden durch das Lernprogramm, die wenige Freiräume zulässt.9
Lern-/Spielwelten:
Diese Spielart wird oft auch als „Drill & Practice“ bezeichnet, wobei "Drill" ein mehrmaliges wiederholen
von Ausführungen meint und das Trainieren einer
schon bekannten Tätigkeit. Der Begriff „Practice" hingegen, bedeutet allgemein das Einüben von verschiedenen Tätigkeiten.
Lern-/Spielwelten dienen zur Vermittlung von Inhalten
in einem spielerischen Kontext (d.h. einer virtuellen
Lernwelt). Sie ermöglichen somit eine ganzheitliche
Aufbereitung der zu vermittelnden Inhalte in einer abgeschlossenen Handlungswelt.
7
Vgl. ARNOLD (2005): S. 6.
Vgl. BLUMSTENGEL (1998): S. 34 ff.
9
Vgl. ARNOLD (2005): S. 7.
8
4
Zeitalter „Web 2.0“ und das Game-Based Learning
Durch technologische Entwicklungen, die Zunahme von
Breitbandanschlüssen und den stagnierenden Kosten
des Internetzugangs in den letzten Jahren, lässt sich ein
Trend zu multimedialen und vernetzen Lernen in virtuellen Welten erkennen.10 Insbesondere erfahren hier
Digitale Lernspiele einen verstärkten Fokus. Sie sind
dadurch gekennzeichnet, dass sie wie ein herkömmliches Spiel aufgebaut sind, aber digitale Komponenten
wie audio-visuelle und kommunikative Elemente beinhalten. Im digitalen Bereich bieten diese Spiele ein entdeckendes und wenig vorstrukturiertes Lernen. Der
Interaktionsgrad ist sehr hoch. Dabei kann ein personalisiertes Spielen erfolgen.
Vernetzung mit reellen Personen ein „Abbild“ kommunikativer Zusammenhänge unter gleichen. Parallel zu
der fortschreitenden Entwicklung von neuen Medien
und dessen Technologien, entwickeln sich neue Gestaltungsmöglichkeiten für Programmierer und Mediendidaktiker. Die Möglichkeiten ansprechende Grafiken,
komplexe Welten und vernetzte Lebensbereiche zu
schaffen ist seit „World of Warcraft“ oder der zweiten
Welt „Second Life“ unumstritten.
Potenziale
 Spieler wird ins Handlungsgeschehen involviert
→ Identifikation mit Spielfiguren und Rollen
Der Ursprung begründet sich überwiegend auf die
konstruktivistische Lerntheorie. In den meisten komplexen Computerspielen geht es darum, Kausalstränge Abbildung 4: Virtuelles Lernen in Second Life - Campus online
zu erkennen. Der Spieler ist ständig aufgefordert, seine
Taktiken zu überdenken und bei Bedarf zu verändern,
sie an neue Bedingungen anzupassen und zu optimie- Kommentar:
ren. Hat der Spieler diese sogenannte „UrsacheWirkung-Kette“ erkannt und ist er mit seiner Taktik Betrachtet man die angebotenen Lernspiele im Moerfolgreich gewesen, bildet er Schemata aus, die er in dellversuch Kool, kann der Betrachter erkennen,
dass der Lernende nur eine passive Rolle einnimmt.
ähnlichen Situationen abruft und anwendet.11
Konkret bedeutet dieses, dass der Lernende, bzw.
der Anwender der Computerspiele nur Wissen im
Potenziale
Rahmen eines theoretischen Anwendungsbezugs
 komplexe Zusammenhänge verstehen
vermittelt bekommt. Insbesondere sind Lerninhalte
 Förderung der dynamischen Entwicklung
fest vorgegeben und veranlassen zu keinen Ent Trainieren von Fertigkeiten
scheidungsspielraum. Gerade die angeführten „Drill
und Practice“ Programme, ermöglichen es zwar Wissen zu manifestieren, aber werden dem Anspruch an
Ferner ermöglichen Strategiespiele und Wirtschaftssi- eine komplexe Lernsituation nicht gerecht. Ein weimulationen einen einfachen Zugang zu komplexen Vor- terer Aspekt der gänzlich bei der Umsetzung der
gängen und deren Zusammenhängen. Diese Form der Lernspiele im Bezug zum Modellversuch Kool fehlt,
Wissensvermittlung wird durch eigenes Handeln im ist die Interaktion mit anderen Teilnehmern. Die
Spielgeschehen unterstützt. Die Fähigkeit, in bestimm- angebotenen Spiele können nur isoliert benutzt
ten Situationen strategisch zu denken, Entscheidungen werden und ermöglichen keine Interaktion und Inzu treffen und diese hinsichtlich der Konsequenzen zu tegration mit anderen „realen“ Personen.
überprüfen und so einen Einblick über die Wechselbeziehungen komplexer Systeme zu gewinnen, veran- Hier sollten sich die Verantwortlichen Gedanken
schaulicht die Relevanz von solchen Spielen auch im machen, inwieweit Lernformen, die dem konstruktiBereich der Bildung. Besonders sei hier die Vernetzung vistischen Ansatz zugrunde liegen, implementiert
mit anderen „realen“ Personen zu nennen. Das Spielge- werden können. Ein Ansatzpunkt wäre z.B. die Verschehen wird nicht nur durch feste Determinanten der wendung von virtuellen Lernstätten in „Second Life“
Entwickler geprägt, sondern erfährt durch die
ähnlichen Umgebungen.
10
11
Vgl. HEDDESHEIMER, Lernen in der virtuellen Welt von Second Life (2007)
Vgl. ARNOLD (2005): S. 9 f.
5
Potenziale und Grenzen von Computerlernspielen
Potenziale


Potenziale durch neue Technologien (z.B.
Simulationen; automatisches Feedback durch
neue Medien)
Grenzen

Risiko: Ablenken von den Lerninhalten
→ Demotivation (kein Lernerfolg)

Potenziale nur bei „guten“ Spielen möglich:
digitale Lernformen: mit Elementen von
Simulationen und Spielen
→Handlungsspielräume eröffnen
→Lösen von Problemen
→ Versuch Engagement und hohe Lernerfolge zu
erzielen

Rollenspiel: verschiedene Rollen einnehmen:
Erlebnis/Erfahrungsperspektiven

digitale Lernwelt: Neugierverhalten, spielerische
Herangehensweise
→Verständnis fördern
→Spieler als Produzent nicht als Konsument
(Einflussnahme durch Interaktion)
→nach eigenen Gewohnheiten spielen können (Lernstil)
→ selbstgesteuertes und eigenverantwortliches
Lernen
vielfältige Aspekte bieten:
→ aktives Lernen (aktives Handeln der Spieler)
→neue Identitäten schaffen (nicht reales
Leben; Befreiung von Zwängen)
→ Aktion und Interaktion

Ausprobieren und Experimentieren
(Symbolwelt: keine Konsequenzen für reale
Welt)

positives Feedback (nach gelösten
Problemen)
unmittelbares Erkennen der Konsequenzen des
eigenen Handelns

verschiedene Stufen des
Problemschwierigkeitsgrades




→Problemlösung: vorstrukturierte Probleme (nicht zu komplizierte)
ansprechende grafische Darstellung von
Situationen und Charakteren möglich
→ →Motivation

authentische Lernsituation (realitätsnah)

immer aktuelle Inhalte

Unabhängigkeit

Flexibilität

anwendbares Wissen vermitteln
→planerische Überlegungen
→Schwierigkeiten bei Realisierung

6
Kommentar: Didaktische Umsetzung in Bezug zu KooL
Letztendlich liegt die Realisierung und der Erfolg von kooperativen Lernformen mit dem Computer in der Verantwortung der Lehrenden und dass sie die Lerninhalte so aufbereiten, dass sie in das Konzept des Game-Based
Learning passen und für die Lernenden ansprechend sind.
Allerdings werden oft Lerninhalte didaktisch ungeschickt und nicht motivierend aufgebaut. Es werden weitgehend
veraltete didaktische Strukturen übernommen. So kann man auch am Modellversuch KooL feststellen, dass dort
als Lernspiele im besonderen Hangman, Puzzles und Quizzes eingesetzt werden. Hier wird somit weiterhin der
Behavioristische Ansatz gewählt.
Zwar kann man ein hohes Computer-und Internetnutzungsverhalten bei den Lehrkräften erkennen und der Computer wird als Arbeitserleichterung bei schulbezogenen Tätigkeiten wahrgenommen. Dennoch ist es von Bedeutung, dass die Dienste, welche die Lehrer am Computer nutzen können, unproblematisch und selbsterklärend
sind. Zudem ist die Vorbereitung und die Einarbeitung von Planspielen sehr zeit-und kostenintensiv. Weiter tritt
die Schwierigkeit auf, eine didaktisch sinnvolle Umsetzung zu erzielen: Spiel und Phantasie mit realen Situationen
verbinden und gleichzeitig die Lerninhalte zu vermitteln. Allerdings können nicht alle Lerninhalte im kooperativen
Unterricht vermittelt werden. Es treten nicht nur Zeit-und Raumprobleme auf, weiter ist die Prüfung nicht als
kooperative Situation ausgelegt: man lernt und wendet die Lerninhalte gemeinsam an, aber in der Prüfung ist
man auf sich allein gestellt. Somit muss der Lehrende sicherstellen, dass jeder die Lerninhalte auch außerhalb
einer kooperativen Lernstruktur verstanden hat und anwenden kann.
Bei den Lernenden gehört das kooperative Lernen zum Alltag und sie erkennen den Lernerfolg. Dennoch wird der
Computer als Unterhaltungsmedium, aber nicht im Bezug zu Lernprozessen verstanden. Der Computer wird von
den Lernenden als Interaktionsmedium angesehen, aber nicht um interaktiv zu lernen.
Es liegen sehr viele Potenziale im Modellversuch KooL, welche nur mit der richtigen Unterstützung und Umsetzung ausgebaut werden können.
Es wäre sehr sinnvoll, den konstruktivistischen Ansatz aufzugreifen und umzusetzen, damit die Lernenden das
Lernen als selbstgesteuert und interaktiv erfahren.
Interessant wäre es, sich an der Entwicklung des „Web 2.0“ anzuschließen, indem Lehrende und Lernende in einer
virtuellen Umgebung zusammenkommen und dort gemeinsam die Lerninhalte zu vermitteln. Orientierungspunkt
könnte die Second Life Oberflächenstruktur darstellen: in Anlehnung daran, könnten Lernende den Computer als
Unterhaltungs-und Lernmedium kennen und schätzen lernen. Da sie dort in Kontakt mit Spielfiguren kommen
können, hinter denen eine reale Person steht, die sie aus dem Unterricht kennen, kommt nicht das Gefühl auf,
mit dem neuen Medium alleine gelassen zu werden. Sondern es kann ein Gemeinschaftsgefühl innerhalb der simulierten Welt aufgebaut werden, welches sich dann auch im Unterricht widerspiegelt. Innerhalb der virtuellen
Welt könnten sich Lehrer wie Schüler ohne Konsequenzen für die reale Welt ausprobieren. Die Erfahrungen und
Lernergebnisse könnten dann im realen Unterricht zusammengefasst und diskutiert werden, damit man gemeinsam an Verbesserungen der virtuellen Welt und der Aufbereitung der Lerninhalte arbeitet.
Literaturverzeichnis:
ARNOLD, P. (2005) Einsatz digitaler Medien in der Hochschullehre aus lerntheoretischer Sicht.
BLUMSTENGEL, A. (1998) Entwicklung hypermedialer Lernsysteme. Berlin: Wissenschaftlicher Verlag Berlin.
Brockhaus Enzyklopädie (2006): Band 25, 21. Auflage, Leipzig.
HEDDESHEIMER, M. (2007) Lernen in der virtuellen Welt von Second Life. Online:
http://www.lernpilot.de/blog/index.php/2007/02/21/p328#more328 (Stand: 21.11.2007)
JIM-Studie (2006) Computer und Computerspiele. Online: http://www.mpfs.de/index.php?id=93 (Stand: 20.11.2007)
KELLER, J.A., NOVAK,F. (1993) Kleines Pädagogisches Wörterbuch. Herder, Freiburg.
MEIER, C., SEUFERT, S. (2003) Game-based Learning: Erfahrungen mit und Perspektiven für digitale Lernspiele in der betrieblichen
Bildung .
PRENSKY, M. (2001) Digital Natives, Digital Immigrants, Part II: Do They Really Think Differently? In: On the Horizon – NCB University
Press Vol. 9 No. 5.
7

Documents pareils