September 2009 - März 2010 Erfahrungsbericht California

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September 2009 - März 2010 Erfahrungsbericht California
September 2009 - März 2010
Erfahrungsbericht
California Polytechnic State University
San Luis Obispo, CA, USA
Die Universität
Die California Polytechnic State University in San Luis Obispo gehört zum California State University
(CSU) dem zweiten großen System von Universitäten in Kalifornien. Innerhalb dieses Systems genießt
sie einen führenden Ruf und belegt auch in landesweiten Rankings von US News besonders im
Ingenieursbereich Spitzenplätze. Das Profil der Universität entspricht dem einer deutschen
Fachhochschule und so steht die praktische Ausbildung im Vordergrund. Das Motto der Hochschule,
welches auch ihr Logo ziert, lautet „Discere Faciendo“ lateinisch für „Learning by Doing". Das
Studienjahr ist in Quarter a 12 Wochen unterteilt, wobei im Summer Quarter kaum Vorlesungen
stattfinden. Die Zahl der Studenten beträgt ca. 18.000, welche somit einen erheblichen Anteil der
rund 44.000 Einwohner von San Luis Obispo ausmachen.
Das Campus der Universität ist weitläufig am Rande der Stadt angelegt. Neben den einzelnen
Gebäuden der verschiedensten Studiengänge, gibt es auch eine Vielzahl von zentralen Einrichtungen.
Besonders hervorzuheben ist dabei die Bibliothek, die neben zahlreichen Computerarbeitsplätzen
auch spezielle Räume für Studien- und Projektgruppen bereithält. Je nach Bereich bzw. Stockwerk ist
sie ein ruhiger Ort zum Lernen bis hin zum sozialen Treffpunkt. Des Weiteren erwähnenswert ist die
„University Union“, die neben zahlreichen Essens- und Freizeitmöglichkeiten wie z.B. Bowling auch
den „Bookstore“ beinhaltet. Hier findet man neben Lehrbüchern, Schreibwaren und einer
Elektronikabteilung auch einen großen Merchandising-Bereich, in dem angefangen von der „Cal Poly“
Tasse über alle Arten von Bekleidung nahezu alles mit dem Logo der Universität darauf zu erwerben
ist. Da ein beträchtlicher Teil der Studenten auch in den verschiedensten Wohnheimen auf dem
Campus lebt, gestalten diese sich quasi als Stadt in der Stadt. So findet man auf dem Campus neben
Supermärkten auch eine eigene Poststation.
Ein großes Plus des Campus ist die Sicherheit. So gibt es eine eigene Universitäts-Polizei, die für Recht
und Ordnung sorgt, sowie zahlreiche Notfalltelefone über die gesamte Anlage verteilt. Des Weiteren
wird bis Mitternacht ein kostenloser Shuttle-Service zumindest für universitätsnahe wohnende
Studenten angeboten, sodass niemand nach einer längeren Bibliotheksaufenthalt im Dunkeln allein
nach Hause laufen muss.
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Vorbereitung
Die California Polytechnic University ist eine Partnerhochschule der Hochschule München. Als
Student der Hochschule München durchläuft man als Studieninteressent das Auswahlverfahren des
International Office. Alle anderen Studenten können sich auch direkt an der Cal Poly bewerben. Die
Auswahl trifft dann das dortige International Office. Als Student der HS München kann ich nur über
den ersteren Bewerbungsweg berichten.
Für die Bewerbung einzureichen sind neben den Bewerbungsformularen, ein aktueller Notenspiegel,
ein Motivationsschreiben in englischer Sprache sowie ein Studienplan. Für eine erfolgreiche
Bewerbung ist neben den Noten als hartes Entscheidungskriterium vor allem der Gesamteindruck.
Der Bewerber sollte im Motivationsschreiben und im späteren Auswahlgespräch verdeutlichen,
warum gerade er/sie genau an dieser Hochschule studieren will.
Nachdem man das Auswahlverfahren der Hochschule München erfolgreich durchlaufen hat bzw. sich
erfolgreich eigenständig an der Cal Poly beworben hat, beginnt der zweite Abschnitt der
Vorbereitung. Neben administrativen Angelegenheiten, wie Visum und
Auslandskrankenversicherung, gilt es vor allem den Stundenplan zusammen zu stellen und eine
Unterkunft zu finden.
Kurswahl
Da die California Polytechnic University sehr praxisorientiert ist, wird darauf geachtet, dass die
Klassengrößen in höheren Semestern 30 nicht übersteigen. Reguläre Studenten buchen sich über ein
Online System für die Kurse, die sie belegen müssen (Pflichtfach ihres Majors) oder belegen wollen
(Electives) ein. Dabei gilt das Motto „First come, first served“, sodass es mitunter schwierig ist, den
genauen Wunschstudienplan zu erhalten. International Students, wie Austauschstudenten genannt
werden, genießen bei der Kurswahl immense Vorteile. Da sie generell Schwierigkeiten haben Kurse
zu identifizieren, die ihrem Heimatcurriculum entsprechen, soll gewährleistet werden, dass sie eben
genau jene Kurse erhalten. Das System zur Kursbuchung steht ihnen als allererstes offen.
Bei der Kursbuchung gilt es noch zu beachten, dass mindestens 12 und maximal 16 Units pro Quarter
belegt werden, wobei eine US- Unit 60 Minuten Unterrichtszeit entspricht und somit mehr als die in
Deutschland benutzen ECTS Punkte (45 Minuten Basis). Um den Workload bewerten zu können, habe
ich mir als Richtwert sagen lassen, dass je nach Major die durschschnittliche Unit Anzahl pro Quarter
um die 15,5 liegt um in der Regelstudienzeit abzuschließen. Einzelne Kurse haben zwischen 1 bis 6
Units, wobei 3 bis 4 Units die Regel ist. Folglich wählt man ca. 4 Kurse je Quarter.
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Ein Problem bei der Kursbuchung stellt der Rotating Schedule da. Während man sich die Kurse, die
man belegen möchte generell bereits vor der Bewerbung aus den Kurskatalogen der einzelnen
Fakultäten / Departments sucht, kann es passieren, dass später bei der tatsächlichen Buchung eben
jene Kurse in diesem Quarter nicht angeboten werden. Einige Fakultäten haben Informationen zum
tatsächlichen Kursangebot je Quarter auf ihren Homepages, aber man sollte sich trotzdem immer
Alternativszenarien bereithalten.
Des Weiteren sind für die Anmeldung zu bestimmten Kursen Prerequisites sprich Vorleistungen
gefordert z.B. sollte man für Operations Research II vorher Operations Research I besucht haben. Da
man als Austauschstundent keinerlei Vorleistungen an dieser Uni vorzuweisen hat, umgeht man
diese Regelung durch die Eingabe von sogenannten Permission Numbers. Diese sollten im Vorab von
den jeweiligen Department Offices erfragt werden. Ob die eigenen Vorleistungen den geforderten
amerikanischen entsprechen wird dabei weniger streng gehandhabt und Austauschstudenten ein
gewisses Maß an Selbsteinschätzung zugestanden.
Ein weiterer Grund, warum man sich bei der Kurswahl Alternativszenarien bereit legen sollte, sind
Zeitkonflikte. Werden die gewünschten Kurse im entsprechenden Quarter angeboten, kann es immer
noch passieren, dass sich Vorlesungen überschneiden. Zwar werden gerade die wichtigsten
Standardkurse zu mehr als einer Zeit angeboten, jedoch können dann auch sehr lange zeitliche
Lücken zwischen den einzelnen Unterrichtsblöcken entstehen. Diese können doch jedoch in der
Library sinnvoll überbrückt werden.
Wohnen / Leben
Wie bereits eingangs erwähnt stellen Studenten gut ein Drittel der Bevölkerung von San Luis Obispo
dar. Dementsprechend hoch gestalten sich die Mietpreise. Knapp die Hälfte der Studenten lebt auf
dem Campus in den sogenannten Dorms, wie die Studentenwohnheime heißen. Hier kostet das
Zimmer je nach Größe und Anzahl der Mitbewohner ab $500 aufwärts. Generell wohnen hier vor
allem die jüngeren Semester, vor allem Studenten im ersten Jahr (Freshman). Da amerikanische
Studenten ihr Studium etwas früher als in Deutschland beginnen, liegt der Altersdurchschnitt in den
Dorms unter 20 Jahren.
Da man als deutscher Austauschstudent generell älter ist, lautet meine Empfehlung eines der
Studentenapartmentanlagen außerhalb des Campus zu ziehen. Als klassische Lösungen haben sich
dabei die beiden großen Komplexe in universitätsnähe „Valencia Apartments“ und „Mustang Village“
bei Austauschstudenten etabliert. In beiden Anlagen gibt mehrere Apartments die man sich mit zwei
bis drei Mitbewohner teilt, wobei jeder sein eigenens Zimmer hat. Wohnzimmer, Küche und
Badezimmer werden geteilt.
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Ich selbst habe im Valencia Apartments gewohnt. Für mein ausreichend zweckmäßig eingerichtetes
Zimmer habe $670 Miete + kleinerer Nebenkosten bezahlt. Die Preise im Mustang Village bewegen
sich auf ähnlichen Niveau.
Alternativ kann man auch „privat“ wohnen, d.h. in einer Studenten-WG von einem privaten
Vermieter. Dies ist zwar meist etwas günstiger, doch das Wohnen in den Apartmentanlagen hat
mehrere Vorteile. Die Zimmer sind stehts möbliert und bei Problemen (z.B. verstopftes
Waschbecken) kann man stehts das Facility Management um Hilfe bitten. Außerdem kann man sich
unkompliziert über die Homepage bewerben, während es wesentlich schwieriger ist ein WG aus
Deutschland heraus zu finden.
Im Valencia Apartments erhält man vorab auch einen Fragebogen zu den eigenen
Lebensgewohnheiten z.B. wie sehr man wert auf Ruhe und Sauberkeit legt. Darauf basierend wird
dann versucht ähnliche Mitbewohner zu finden. Des Weiteren sollte man angeben nicht mit anderen
deutschen Austauschstudenten zusammen zu wohnen um das Englisch noch intensiver zu üben.
In näherer Umgebung zu beiden Anlagen befinden sich mehrere Einkaufs- und Essensmöglichkeiten.
Generell ist das Preisniveau im Supermarkt vergleichbar mit dem in Deutschland oder etwas höher.
Zusammen mit der Miete sollten man die monatlichen Kosten nicht unterschätzen. $1000 ist ein
guter Richtwert. Dazu kommen noch die Kosten für die Bücher, die man meist kaufen muss, da sie
zwingend für Hausaufgaben etc. erforderlich sind. Die Bücher sind zu dem auch noch ziemlich teuer,
sodass man mit zusätzlich $300 pro Quarter rechnen sollte. Dabei empfiehlt es sich gebrauchte
Bücher zu kaufen. Zudem kann man sie im Anschluss, wenn auch mit einem kräftigen Abschlag an
den Universitäts Bookstore zurück verkaufen.
Etwas günstiger hingegen sind in den USA Bekleidungs- und Elektronikgüter. Hier kann also das ein
oder andere Schnäppchen gemacht werden. Zollfreibeträge nicht vergessen!
Studentischer Alltag
Der studentische Alltag gestaltet sich von der Zeiteinteilung anders als in Deutschland. Während ich
in Deutschland ca. 22 Zeitstunden Vorlesung in der Woche habe, sind es an der CalPoly je nach
gewählter Unit Anzahl ca. 15. Effektiv hat man allerdings wesentlich mehr zu tun. Meine Faustformel
war stets die gleiche Anzahl von Stunden noch mal in Vor- und Nachbereitung sowie Hausaufgaben
zu investieren. Je nach Professor kann es aber auch mal mehr werden.
Im Gegensatz zu den meisten deutschen Universitäten kommt die Kursnote nicht nur durch eine
große Prüfung am Ende zu Stande, sondern durch mehrere kleine Teilnoten. In etwa so wie man es
aus der Schule kennt. In der Regel hat man neben der Abschlussprüfung, dem Final, noch ca. 2
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Midterms. Diese sind vom Umfang und Schwierigkeitsgrad ähnlich. Die prozentuale Aufteilung, wie
die Endnote zu Stande kommt, ist jedem Professor selbst überlassen. Ein weiterer wichtiger
Bestandteil sind oft Hausaufgaben bzw. Unterrichtsbeteiligung basierend auf den Hausaufgaben. In
sogenannten Labs wird kürzlich erlerntes durch praktische Anwendung noch einmal vertieft. Auch
diese Übungen können Bestandteil der Endnote sein.
Außerdem gibt es in fast jedem Kurs ein Quarter Project. Dabei sollen die erlernten Kenntnisse
angewendet werden und ein Thema im Team bearbeitet. Dies ist hervorragend geeignet um seine
Komilitonen und die amerikanische Herangehensweise an Probleme besser kennen zu lernen.
Mein genereller Eindruck war, dass die Arbeitsweise wesentlich prakmatischer ist als die deutsche.
Themen werden schneller bearbeitet auch wenn manchmal die fachliche Tiefe geringfüig niedrieger
ist. Dies ist allerdings auch schwierig auf Grund des Workload aus den verschiedenen Kursen. Auf der
anderen Seite sind amerikanische Studenten sehr gut darin ihre Arbeitsergebnisse zusammen zu
fassen und zu präsentieren. Sie sind „hands-on“ bzw. Hemdsärmlig.
Die Vermittlung von fachlichen Inhalten durch die Professoren gestaltet sich ebenfalls etwas anders.
Auch sie sind praxisnäher als in Deutschland unterwegs. Während die Quantität des theoretisch
vermittelten Wissens vielleicht etwas niedriger ist als in einem vergleichbarem deutschen Kurs, wird
darauf geachtet alles gelernte auch aktiv angewendet zu haben.
Des Weiteren ist das Betreuungsverhältnis durch die Professoren sehr gut. Wenn man noch Fragen
hat, wird man stehts dazu ermuntert auch in ihre Sprechstunden zu kommen. Da die Anzahl der
Office Hours je Professor ca. drei mal so hoch ist wie in Deutschland bleibt dort auch Zeit für einen
privaten Smalltalk.
Das passt zu einem anderen Eindruck den ich an der CalPoly gewonnen habe. Die Identifikation der
Studenten sowie der Professoren mit der Universität ist sehr hoch. Dadurch, dass man sehr viel Zeit
auf dem Campus verbringt und zu dem viele Studenten dort auch wohnen, fühlt man sich wie in einer
eigenen Stadt in der Stadt. Viele Studenten tragen auch Bekleidung mit dem CalPoly Logo darauf,
während man in Deutschland wohl eher selten das Logo seiner Hochschule trägt. Mit zahlreichen
Clubs von Sport bis Sprachen sowie diversen anderen Einrichtungen kann man leicht auch seine
Freizeit auf dem Campus verbringen.
Freizeit
San Luis Obispo ist eine nette Kleinstadt mit äußerst überschaubaren Sightseeing Angebot. Die
Innenstadt mit modernen Geschäften und Restaurants beherbergt auch die sogenannte Mission.
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Diese Kirche ist das älteste Gebäude der Stadt, welches von spanischen Missionaren im 18.
Jahrhundert zur Stadtgründung erbaut wurde.
Ansonsten lohnt es sich einen der umliegenden Hügel, den Mount Bishop oder den Madonna Hill zu
erklimmen. Von dort aus hat meinen einen sehr guten Blick über das gesamte Stadtgebiet, welches
sich zwischen den Hügeln umherschlängelt.
Durch den generell hohen Workload der Studenten, stellt die Freizeitgestaltung unter der Woche
kein Problem da. Sollte man allerdings doch etwas Zeit haben, laden die lokalen Bars, Restaurants
und Kinos ein. Höhepunkt der Woche ist der „Farmer’s Market“ der jeden Donnerstagabend in der
Innenstadt findet. Lokale Bauern und Restaurants bieten sehr leckeres Essen zum Verkauf, es wird
Live Musik gespielt und allerlei Geschäfte und Interessengruppen werben um Aufmerksamkeit. Alles
in allen ist der „Farmers Market“ der soziale Treffpunkt der Stadt.
Das Wochenende bietet sich an um die Stadt zu verlassen und das Umland zu erkunden. Los Angeles
und die Bay Area mit San Francisco als Zentrum sind jeweils vier Autostunden entfernt. Allerdings
lohnt es sich beide Städte v.a. San Francisco mehr als nur ein Wochenende zu bereisen. Am besten
plant man vor oder nach dem Austauschstudium bzw. in den Ferien zwischen den Quartern einige
Wochen für ein Roadtrip ein. Da die Entfernung in den USA im Vergleich zu Deutschland sehr groß
sind, kann es passieren, dass man dabei an manchen Tagen nur im Auto sitzt. Die
abwechslungsreiche Landschaft sowie die verlockenden Reiseziele entschädigen jedoch für sehr
vieles. Meine beiden Mitstreiter und ich haben während unserem Roadtrip eine große Schleife über
Los Angeles, Grand Canyon, Las Vegas, Death Valley, Yosemite Nationalpark, Lake Tahoe, Sacramento
und San Franciso gedreht und dabei viel schönes erlebt und gesehen.
Andere beliebte Ziele für Wochendausflüge sind z.B.: Campen im Big Sur State Park, Mammutbäume
und wunderschöne Wasserfälle im Yosemite Park, Hearst Castle (ehemaliges Millionärsanwesen der
Superlative) und nicht zu vergessen der STRAND. Innerhalb einer Autostunde kann man mehrere
schöne Strände entlang der Pazifikküste erreichen, die zum Surfen und Relaxen einladen.
Fazit
Ein Auslandsstudium an der California Polytechnic University, San Luis Obispo ist aus meiner
persönlichen Erfahrung heraus uneingeschränkt zu empfehlen. Die Kombination aus akademischer
und Lebensqualität in Verbindung mit einem für amerikanische Verhältnisse moderatem Preisniveau
stellt ein sehr interessantes Angebot für alle, die einmal in den USA studieren wollen, da. die Lage der
Universität in Kalifornien einem der Zentren für Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft ist ein weiterer
großer Pluspunkt.