Tour de France

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Tour de France
M A R K T I N F O R M AT I O N
Tour de France
Die neue Frost Maschinenbau GmbH bezieht ihre Produkte künftig
von französischen Herstellern
Seit Mai greift Frost wieder
aktiv ins Marktgeschehen
ein. Die neue Gesellschaft
konzentriert sich dabei auf
den Vertrieb und bezieht
Fotos: Noordhof (3) , Werkfotos
ihre Produkte ausschließlich
von französischen Partnern.
Über die neue Strategie
haben wir uns in
Friedewalde informiert.
F
rostige Zeiten – so lautete die Überschrift eines Artikels, den AGRARTECHNIK für die Januar-Ausgabe
über die Gerhard Frost Maschinenfabrik
vorbereitet hatte. Wie sich herausstellte,
traf dieser Titel den Nagel deutlicher auf
den Kopf als beabsichtigt. Denn noch vor
Redaktionsschluss stand das Unternehmen
unerwartet vor dem „Aus“. Der damalige
Geschäftsführer, Joachim Frost, musste
Konkurs anmelden.
Damit fand er sich im Kreise anderer Firmen
aus der Branche wieder, denn wie Frost
blieb auch Eberhardt und BBG Leipzig der
Gang zum Sequester nicht erspart. Wahrlich frostige Zeiten.
Nachdem die beiden Wettbewerber bereits
einen Neuanfang wagten, sucht nun auch
das Friedewalder Unternehmen den Weg
des „Phönix aus der Asche”. Anfang Mai
wurde die „Frost Maschinenbau GmbH“
gegründet. Deren Geschäftsführer ist jetzt
Peter Frost, ein Bruder des bisherigen
Firmenchefs Joachim Frost. Letzterer ist
in die neue Firma nicht mehr involviert.
Struktur nicht zu halten war, entschied sich
Peter Frost für einen radikalen Schnitt. Das
neue Team besteht jetzt nur noch aus 20 statt
ehemals 63 Mitarbeitern. Betroffen ist
davon vor allem die eigentliche Fertigung,
die in der Vergangenheit mit ihren relativ
hohen Stückkosten maßgeblich zu der
Misere beigetragen hat. Bereits in der Vergangenheit wurden Scheibeneggen sowie
Pflugrahmen zugekauft, jetzt sozusagen
alles. Künftig wird es in Friedewalde keine
eigene Produktion mehr geben.
Ausgenommen davon ist nur die Fertigung
von Federstahlzinken und -klingen für
Dunggabeln, Siloblockschneider und ähnliche Geräte. Hier war Frost bisher erfolgreich Zulieferer zum Beispiel für Strautmann, Trioliet und Jenz, aber auch für Firmen
Fast nur noch Vertrieb
In seiner neuen Position liegt ein hartes
Stück Arbeit vor Peter Frost. Die Zeit seit
Dezember war mit Problemen und Rückschlägen reichlich belastet. Natürlich war
der Handel verunsichert, der Wettbewerb
hat ebenfalls „dazwischengefunkt”. Nachdem feststand, dass die alte GmbH in ihrer
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Scheibeneggen hat Frost bereits früher von
Razol bezogen. In Zukunft will man dort auch
das gesamte Sortiment verschiedener Kurzund Schwergrubber sowie Tiefenmeißel einkaufen. Im Gespräch ist weiterhin, später auch
das übrige Razol-Programm an Bodenbearbeitungsgeräten zu übernehmen.
in Kanada und Japan. Diesen guten Ruf
des Spezialanbieters möchte Peter Frost
weiter nutzen.
Außerdem läuft die Ersatzteilproduktion für
alle bisherigen Geräteserien unverändert
weiter, wie er betont. Handel und Endkunden
erhalten somit die Sicherheit, weiterhin auf
alle Verschleiß- und Ersatzteile zurückgreifen
zu können. Diese Garantie soll unter anderem mit dazu beitragen, die noch von der
alten GmbH produzierten Bodenbearbeitungsgeräte zu vermarkten. Spätestens bis
zur Agritechnica möchte er diesen Vorrat
jedoch abbauen und das gesamte Programm auf die neue Linie ausrichten.
Partner gesucht
Obwohl auch der neue Firmenname den
Zusatz „Maschinenbau“ enthält, hat sich
Frost im Prinzip zu einer Vertriebsgesellschaft entwickelt, die ihre Produkte bei
anderen Herstellern einkauft. Vorrangige
Aufgabe für das Unternehmen war und ist
daher die Suche nach möglichen Kooperationspartnern. Deren finanzielle Beteiligungen am Unternehmen ist bisher jedoch
nicht erfolgt oder künftig vorgesehen.
In Bezug auf Scheibeneggen fiel die Wahl
nicht schwer, denn sie wurden schon lange
von der französischen Firma Razol für Frost
hergestellt. Dabei soll es auch in Zukunft
bleiben. Darüber hinaus wird Razol zur nächsten Saison Tiefenmeißel und Grubber im
Friedewalder Auftrag liefern. Dazu haben die
AGRARTECHNIK SEP ´99
Franzosen bereits ihre Fertigungsanlagen
umgerüstet.
Etwas schwieriger gestaltet sich die Suche
nach einem Pfluglieferanten. Der bisherige
Partner Vogel & Noot hat sich nach
Angaben von Peter Frost komplett aus der
bisherigen Vereinbarung zurückgezogen.
Momentan steht Frost in Verhandlungen
mit französischen Unternehmen. Namen
und Einzelheiten waren noch nicht zu erfahren, da die Gespräche bei Redaktionsschluss noch liefen.
In trockenen Tüchern ist dagegen die Vereinbarung hinsichtlich der Frontlader. Hier
kommt der neue Kooperationspartner –
wie könnte es anders sein – ebenfalls aus
Frankreich, es ist Faucheux. Mit diesem
Unternehmen konnte der führende Frontladeranbieter auf dem französischen Markt
gewonnen werden, erklärt Peter Frost zufrieden. Von dort werden bereits jetzt Frontlader, Anbaukonsolen und fast alle
Arbeitswerkzeuge geliefert.
Dank dieser „Tour de France“ hat der Geschäftsführer zweierlei erreicht: Einerseits
handelt es sich bei seinen neuen Lieferanten um renommierte Unternehmen, die
in Bezug auf Technik und Qualität dem
hohen Standard bei Frost entsprechen.
Andererseits sind die Franzosen bisher auf
dem deutschen Markt kaum vertreten und
somit sehr an dieser neuen Vertriebsmöglichkeit interessiert. „Damit ist sichergestellt,
dass unter dem Namen Frost weiterhin
unverwechselbar gute Produkte angeboten
werden und nicht etwa solche, die sich
vom Wettbewerb nur durch die Farbe
unterscheiden“, so der Geschäftsführer.
Ebenso klar ist für ihn, dass alle von Frost
AGRARTECHNIK SEP ´99
Geschäftsführer Peter
Frost und Unternehmensberaterin Heike
Labetzki sehen gute
Chancen für das neue
Unternehmen. Die
Gespräche mit zahlreichen Händlern haben
den hohen Stellenwert
der Marke bestätigt.
Mit neuen Produkten
und komplett umstrukturiertem Vertrieb will
man diesem Anspruch
wieder gerecht werden.
Pflüge, Scheibeneggen und Grubber prinzipiell jeweils gleich stark entwickeln.
Inwieweit sich das bereits in diesem
„Umbruchjahr“ realisieren lässt, ist dagegen fraglich. Auf absolute Zahlen kann und
will sich Peter Frost dabei gegenwärtig
nicht festlegen. Dass der Gesamtumsatz
des letzten vollen Wirtschaftsjahres unter
alter Regie 1999 nicht erreicht werden
kann, ist aber klar.
angebotenen Landmaschinen auch in
Zukunft ausschließlich unter eigenem
Namen verkauft werden. „Schließlich hat
diese Marke traditionell einen sehr guten
Ruf, der auch durch die zwischenzeitlichen
Turbulenzen keinen Schaden genommen
hat. Das haben uns die Gespräche mit unseren Handelspartnern eindeutig bestätigt“,
betont Peter Frost. Die Hausfarbe Blau
bleibt erhalten. Ausgenommen davon sind
nur die Frontlader. Sie präsentieren sich
jetzt im neuen Look Anthrazit und Weiß.
Mit der Suche nach neuen Produkten und
Produzenten alleine ist es jedoch nicht
getan. Will Frost beim Vertrieb erfolgreich
durchstarten, so müssen vor allem Bereiche wie Marketing und Service massiv
reformiert werden. Dessen ist sich Heike
Labetzki bewusst, die als Unternehmens-
Schrittweise
reorganisieren
Weiterhin zweigleisig
Das macht bereits deutlich: Eine Renaissance von Permanit & Co. wird es auf gar
keinen Fall geben. Bei den künftigen FrostGeräten handelt es sich eindeutig um reinrassige Franzosen. Allerdings wurden
einige „französische“ Konstruktionsmerkmale überarbeitet, um die Geräte voll auf
den Bedarf deutscher Landwirte abzustimmen. Dazu gehört zum Beispiel bei den
Frontladern die Querverbindung der
Anbaukonsole unter dem Schlepper. Sie
liegt in Frankreich tiefer als hierzulande
üblich und wird für deutsche Kunden in
veränderter Form geliefert.
Am Umsatzanteil der Produktgruppen soll
sich nach den Vorstellungen des Geschäftsführers nichts Grundsätzliches
ändern. Die Bereiche Frontlader und
Bodenbearbeitung erreichten in der Vergangenheit jeweils etwa 40 Prozent des
Gesamtumsatzes. Sie dürften sich künftig
ebenfalls die Waage halten.
Auch innerhalb der Bodenbearbeitungstechnik sollen sich seinen Plänen zufolge
Ersatzteile für die alten Frost-Serien werden
weiterhin in Friedewalde hergestellt. Auch
die Zinkenfertigung als Zulieferprodukt für
andere Hersteller weltweit bleibt erhalten.
beraterin die Neustrukturierung begleitet.
Sie hat die Unternehmensabläufe der alten
Frost GmbH analysiert und daraus einen
ersten Aktionsplan für die nächsten Monate
entwickelt. „Eigentlich müssten wir uns
vierteilen, um alle notwendigen Punkte auf
einmal angehen zu können. Denn nicht nur
im Produktionsbereich lief in der Vergangenheit vieles nicht optimal.“
Prioritätsstufe eins hat für sie die intensive
Betreuung und Zusammenarbeit mit den
bisherigen Partnern im Fachhandel. Hier
konnte Frost bisher auf etwa 860 Stützpunkte vor allem im nördlichen Bundesgebiet zurückgreifen. Dieses Potenzial ist A
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überwiegend erhalten geblieben. „Aus
zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass viele Händler froh darüber sind, weiter eine
Alternative zu den dominierenden Anbietern im Bodenbearbeitungssektor zu
haben“, so die Beraterin.
In einem ersten Schritt hat sie die interne
Organisation reformiert. Im Innendienst
wurde unter anderem eine technische
Beratung eingerichtet, um dem Handel in
allen Fragen zur Seite stehen zu können.
Offenheit heißt jetzt die Devise. Ansprechpartner sollen ständig erreichbar sein. Anfragen und Reklamationen will man zügig
behandeln und nicht aussitzen, wie in der
Vergangenheit zum Teil geschehen.
Jetzt geht es darum, den technischen
Kundendienst draußen neu zu organisieren.
Vorerst sind Techniker von Friedewalde
aus im Umkreis von etwa 200 Kilometern
unterwegs. Aber mittelfristig will das Unternehmen bundesweit Stützpunkte in den
Regionen einrichten.
Zentral bleibt dagegen die Ersatzteilversorgung. Neben den Teilen für die alten
Serien werden auch die gängigsten der
französischen Partner bevorratet. Damit
soll die möglichst schnelle Versorgung des
Handels gewährleistet werden. Neumaschinen machen momentan ebenfalls noch
den Umweg von Frankreich über Friedewalde zum Handel, im nächsten Jahr ist
die direkte Belieferung geplant. Spätestens
dann dürfte auch die bisherige Lieferzeit
von vier Wochen für die französischen Maschinen deutlich kürzer ausfallen.
nicht primär auf eine bestimmte Verkaufsvorgabe festlegen. Vielmehr erhofft
sich Frost davon eine genauere Abschätzung des Marktpotenzials insgesamt. Noch
einen Schritt weiter geht ihr Plan, eine
exakte Zielgruppen- und Kundenanalyse
durchzuführen. Diese Maßnahme soll
ebenfalls gemeinsam durchgeführt werden. Gleiches gilt für das breite Register
der Verkaufsunterstützung, von der Beratung bis hin zu gemeinsamen Sonderaktionen. „Hier wurde in der Vergangenheit zu wenig getan. Wir fangen quasi bei
Null an“, meint Heike Labetzki.
„Bei Null anfangen”
Optimiertes Rabattsystem
Was auf technischem Gebiet schon anläuft, ist genauso im Verkauf geplant. Im
Hinblick auf Marketing hat Heike Labetzki
in der ersten Phase zusammen mit Peter
Frost Kontakt zu den sogenannten „key
accounts“ aufgenommen, um die Möglichkeiten der künftigen Zusammenarbeit
zu sondieren. Da man mit erheblich
kleinerer Verkaufsmannschaft gestartet ist,
kann das nur schrittweise geschehen. Hierfür hat sie eine vorläufige Strukturierung
des Handels in Umsatzkategorien vorgenommen. Sie berücksichtigt bisher mit
Frost getätigte und künftig mögliche
Umsatzvolumina. Diese Einteilung ist
jedoch nicht endgültig, so die Beraterin
weiter: „Wichtig ist außerdem die regionale
Verteilung. Insofern kann ein kleinerer
Handelsbetrieb sehr bedeutend sein. Außerdem ist bei vielen aus unserer Sicht noch
nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft
worden. Das wollen wir jetzt versuchen.“
Ein Ansatzpunkt dafür sind zum Beispiel
Jahrespläne, die erst einmal mit den umsatzstärkeren Händler entwickelt werden
sollen. Der einzelne Händler soll sich dabei
Völlig neu wurde das Preis- und Rabattsystem gestaltet. Von der bisherigen Praxis
überhöhter Listenpreise und großzügigster
Rabatte hat man sich in Friedewalde
verabschiedet. Der Handelsnachlass liegt
jetzt im gängigen Rahmen und orientiert
sich am Umsatzvolumen. Dafür sind die
Listenpreise sehr viel wettbewerbsfähiger,
außerdem wurde die Preisliste erheblich
übersichtlicher gestaltet, erklärt Peter Frost.
„Ein weiteres Plus ist zum Beispiel die üppige
Grundausstattung der Frontlader. So sind
Einhebelsteuerventil, Schnellkupplung und
doppelt wirkende Hubzylinder im Preis
inbegriffen. Andere Anbieter lassen sich
das in der Regel extra bezahlen.“
Nächster Ansatzpunkt ist die Neugruppierung der einzelnen Verkaufsgebiete und
deren schrittweise Besetzung mit neuen
Außendienstmitarbeitern. Sie sollen neben
der Betreuung der Stammhändlerschaft
vor allem neue Kunden gewinnen, um so
den Vertrieb möglichst flächendeckend
gestalten zu können. „Private“ und genossenschaftliche Unternehmen sind dabei
gleichermaßen willkommen.
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Frontlader werden künftig vom französischen Hersteller
Faucheux bezogen. Die Marke Frost bleibt erhalten, nur die Farbgebung
ist nicht mehr blau, sondern anthrazit-weiß. Überdurchschnittlich ist nach Angaben des
Herstellers die Serienausstattung. Die insgesamt zwei Serien mit diversen Grundmodellen
wurden kürzlich erstmals bei Frost präsentiert.
Handelsbetreuung heißt für Frost langfristig, beim Verkaufsgespräch des Händlers nach Möglichkeit dabei zu sein. Allerdings sieht der Hersteller das als Angebot,
nicht als Verpflichtung. Schließlich sind
besonders Frontlader und Pflüge sehr beratungsintensiv, so der Geschäftsführer.
In diesem Zusammenhang hält er zumindest in der Bodenbearbeitung Vorführgeräte für ein probates Mittel zur Verkaufsförderung. Die wahllose, breite Streuung
von Kommissionsgeräten - wie früher - ist
aber nicht vorgesehen. Wer dagegen als
Händler gut im Rennen ist, kann damit
rechnen. Allerdings ist in Zukunft eine
stärkere Nachbearbeitung angesagt: „Der
Händler sollte schon beim Endkunden
eindeutig die ernsthafte Kaufabsicht
sondieren. Damit möchten wir der in der
Landwirtschaft gängigen Praxis vorbeugen,
ein Dutzend Hersteller vorführen zu lassen
und dann doch ganz woanders zu kaufen“,
hebt Peter Frost hervor.
Doch auch vor der eigenen Haustür wird
kräftig gekehrt. Früher in Einzelfällen zu
beobachtende Direktgeschäfte mit Landwirten wird es nicht mehr geben. Hierüber
war der Handel in der Vergangenheit zu
Recht verärgert, da sind sich Geschäftsführer und Unternehmensberaterin einig.
Ruft ein Landwirt in Friedewalde an, will
man ihm den nächstliegenden Händler
empfehlen. Im Gegenzug wird aber nachgehakt, was daraus geworden ist. „Es kann
schließlich nicht sein, dass wir einen
interessierten Kunden vermitteln und dann
doch eine andere Marke zum Zuge kommt.
Wir möchten uns mit voller Energie für den
Handel einsetzen, erwarten das aber auch
im Gegenzug von unseren Vertriebspartnern. Doch ich bin sicher, dass wir mit
diesem Wunsch offene Türen einrennen“,
ist Heike Labetzki überzeugt.
(jn)
AGRARTECHNIK SEP ´99

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