StrokeNews 1_2016

Transcription

StrokeNews 1_2016
STROKE
NEWS
Aktuelle Literatur
zur Pathophysiologie
und Therapie
von
Schlaganfällen
1/2016
Stroke-News
1/2016
STROKE-NEWS
Aktuelle Literatur zur Pathophysiologie, Diagnostik, Prophylaxe und Therapie von
Schlaganfällen
21. Jahrgang, Nummer 1, April 2016, Auflage: nur online
Herausgeber und verantwortlich:
Prof. Dr. H.C. Diener, Neurologische Universitätsklinik, Hufelandstr. 55, D-45122 Essen
Prof. Dr. M. Brainin, Neurologische Universitätsklinik, Alter Ziegelweg 10, A-3430 Tulln
Prof. Dr. H. Mattle, Neurologische Universitätsklinik, Inselspital, CH-3010 Bern
Autoren dieser Ausgabe:
Prof. Dr. P. Berlit, Neurologie, Alfried-Krupp-Krankenhaus, Alfried-Krupp-Str. 21, 45131 Essen (PB)
Prof. Dr. H.-C. Diener, Neurologische Universitätsklinik, Hufelandstr. 55, 45122 Essen (HCD)
PD Dr. Dr. M. Ebinger, Neurologische Universitätsklinik Charité, Charitéplatz 1, 10117 Berlin (ME)
PD Dr. B. Frank, Neurologische Universitätsklinik, Hufelandstr. 55, 45122 Essen (BF)
Prof. Dr. C. Gerloff, Neurologische Universitätsklinik, Martinistr. 52, 20246 Hamburg (CG)
PD Dr. K. Gröschel, Neurologische Universitätsklinik, Langenbeckstr. 1, 55131 Mainz (KG)
PD Dr. K.-G. Häusler, Neurologische Universitätsklinik, Charitéplatz 1, 10117 Berlin (KGH)
Prof. Dr. H. Huttner, Neurologische Universitätsklinik, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen (HH)
Prof. Dr. H.-C. Koennecke, Neurologie, Klinikum im Friedrichshain, Landsberger Allee 49, 10249 Berlin (HCK)
Dr. T. Krause, Neurologische Universitätsklinik, Charitéplatz 1, 10117 Berlin (TK)
Dr. J.B. Kuramatsu, Neurologische Universitätsklinik, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen (JBK)
Dr. C. Leithner, Neurologische Universitätsklinik Charité, Charitéplatz 1, 10117 Berlin (CL)
Dr. R. Malik, Neurologische Universitätsklinik Großhadern, Marchioninistr. 15, 81337 München (RM)
Prof. Dr. G. Nelles, Praxis für Neurologie, Werthmannstr. 1 c, 50935 Köln (GN)
PD Dr. C. Nolte, Neurologische Universitätsklinik Charité, Charitéplatz1, 10117 Berlin (CN)
Prof. Dr. P. Schellinger, Neurologie, Johannes Wesling Klinikum Minden, Hans-Nolte-Str. 1, 32429 Minden (PDS)
Prof. Dr. C. Weimar, Neurologische Universitätsklinik, Hufelandstr. 55, 45122 Essen (CW)
Redaktion: Prof. Dr. C. Weimar
1
Stroke-News
1/2016
Vorwort Stroke News 1/2016
Liebe Leserinnen und Leser der Stroke News,
ich kann Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass auch im Jahr 2016 drei Hefte der Stroke
News erscheinen. Die Stroke News gibt es allerdings seit Anfang dieses Jahres nur noch online.
Ich bedanke mich bei den Firmen Boehringer-Ingelheim GmbH, Ingelheim und Bayer Vital,
Leverkusen für die finanzielle Unterstützung, die ohne jedwede inhaltliche Einflussnahme stattfindet. Ich bedanke mich auch bei den Autoren, die eine kritische Einschätzung von Studien vorgenommen haben und uns erklären, welche Bedeutung diese Studien für unseren klinischen Alltag haben. Herr Weimar hat in bewährter Weise die Redaktion der Stroke News übernommen.
Essen, im April 2016
H. C. Diener
2
Stroke-News
1/2016
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Epidemiologie ......................................................................................................................... 4
2. Pathophysiologie .................................................................................................................... 5
3. Klinik ....................................................................................................................................... 6
4. Diagnostik ............................................................................................................................. 19
5. Primärprävention ................................................................................................................ 22
6. Sekundärprävention ............................................................................................................ 28
7. Blutungen .............................................................................................................................. 33
8. Rehabilitation ....................................................................................................................... 42
9. Verschiedenes ....................................................................................................................... 43
Die vorherigen Stroke-News können über die Webpage www.stroke-news.de aufgerufen werden.
Die Benotung erfolgt nach folgenden Kriterien
***** Exzellente Arbeit, die bahnbrechende Neuerungen beinhaltet oder eine ausgezeichnete
Übersicht bietet
**** Gute experimentelle Arbeit, gute klinische Studie oder gute Übersichtsarbeit
*** Mittelmäßige Publikation mit etwas geringerem Innovationscharakter oder nur für Spezialisten geeignet
** Mäßige Publikation von geringerem klinischen und experimentellen Interesse und leichten methodischen Mängeln
* Nur für die Literatursammlung, wesentliche inhaltliche oder formale Mängel
mit finanzieller Unterstützung:
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Ingelheim
Bayer Vital, Leverkusen
Die Firmen haben keinen Einfluss auf den Inhalt genommen
ISSN 1431-7780
Copyright 2016 Prof. H.C. Diener
3
Stroke-News
1/2016
1. Epidemiologie
Genetische Faktoren für Veränderungen der weißen Substanz
Diese Studie versucht die Frage zu beantworten, ob altersbedingte und schlaganfallbedingte Veränderungen der weißen Substanz eine gemeinsame genetische Komponente aufweisen.
**** Traylor M, Zhang CR, Adib-Samii P, Devan WJ, Parsons OE, Lanfranconi S, Gregory S, Cloonan L, Falcone GJ, Radmanesh F, Fitzpatrick K, Kanakis A, Barrick TR, Moynihan B, Lewis CM, Boncoraglio GB, Lemmens R, Thijs V, Sudlow C, Wardlaw J, Rothwell PM, Meschia JF, Worrall BB, Levi C, Bevan S, Furie KL, Dichgans M, Rosand J,
Markus HS, Rost N. Genome-wide meta-analysis of cerebral white matter hyperintensities
in patients with stroke. Neurology 2016;86(2):146-153
Schäden an der weißen Substanz (WMHs)
CADASIL) ausgeschlossen. Es wurden so-
sind sowohl mit Schlaganfall und Demenz
wohl T2 als auch FLAIR Sequenzen analy-
als auch mit fortgeschrittenem Alter und
siert, um das WMH Volumen zu bestimmen.
kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert.
Hierbei führten die Autoren ein synchroni-
WMHs weisen eine große Heritabilität
siertes Protokoll durch, das den Vergleich
(55%-80%) auf und werden insbesondere
und die Meta-Analyse der verschiedenen
bei mikroangiopathischem Schlaganfall sehr
Datensätze ermöglicht. Anschließend wurde
häufig beobachtet. In populationsbasierten
eine Regressionsanalyse jedes SNPs auf das
Studien wurden 8 Regionen identifiziert, die
WMH Volumen durchgeführt. Obwohl in
ein genetisches Risiko für WMHs ohne
der primären Analyse des Schlaganfallkol-
Schlaganfall übermitteln (=altersbedingte
lektivs keine genomweit signifikanten Re-
WMH). Es ist unklar, ob die Pathophysiolo-
sultate zu beobachten waren, wurde deut-
gie
Schlaganfall-assoziierten
lich, dass bei den 8 vorher entdeckten alters-
WMHs und diesen altersbedingten WMHs
bedingten WMH Loci die Effektrichtungen
übereinstimmen und ob es eine gemeinsame
jeweils identisch sind. Nach einer Meta-
genetische Komponente gibt. Die Studie
Analyse der populationsbasierten, altersbe-
führte eine genomweite Suche nach geneti-
dingten Studien und des Schlaganfallkollek-
schen Risikoregionen in 3,670 europäischen
tivs zeigten sich insgesamt 6 Assoziationen
Schlaganfallpatienten durch. Hierbei wurden
mit genomweiter Signifikanz. Regionen
monogene Ursachen des Schlaganfalls (z.B.
nahe der Gene TRIM65 und EFEMP1 wur-
zwischen
4
Stroke-News
1/2016
den bereits berichtet. Neue Signale der Stu-
Niveau eine große Heterogenität zwischen
die liegen nahe der Gene NBEAL1, EVL,
diesen zwei Typen postuliert wurde, legt
C1QL1 und COL4A2. Weitere Gene, die
diese Studie nahe, dass es auf genetischem
durch diese Varianten beeinflusst werden
Niveau durchaus viele Ähnlichkeiten gibt.
könnten sind EFTUD2 und ICA1L.
Es kann also davon ausgegangen werden,
dass zumindest gewisse Stoffwechselwege
Kommentar:
sowohl bei kleinen punktuellen Läsionen als
Die Studie zeigt sehr überzeugend, dass die
auch bei größeren, konfluenten Läsionen
genetischen
populations-
nach Schlaganfall ähnlich betroffen sind.
basierten Studien zu WMHs und Studien zu
Diese Erkenntnis lässt eine weitere gezielte-
WMHs nach Schlaganfall teilweise überein-
re Suche nach den Ursachen dieser WMHs
stimmen. Obwohl auf pathophysiologischem
offen. (RM)
Signale
von
2. Pathophysiologie
Geringes Risiko eines Schlaganfalls aufgrund eines Karotisverschlusses bei Patienten mit
asymptomatischer Karotisstenose
Die Verhinderung eines Karotisverschlusses stellt hochwahrscheinlich keine Indikation für das
Stenting oder die Operation einer asymptomatischen Karotisstenose dar
***** Catherine Yang, Chrysi Bogiatzi, David Spence. Risk of stroke at the time of carotid
occlusion. JAMA Neurol 2015;72:1261-1267
Die zunehmende Evidenz zeigt, dass die
die Vermeidung eines Karotisverschlusses.
meisten Patienten mit asymptomatischer
In der hier referierten, retrospektiven Analy-
Karotisstenose durch die mittlerweile einge-
se sollte nun untersucht werden, wie hoch
führte intensivierte Medikamententherapie
das Schlaganfallrisiko bei einem Verschluss
nicht mehr von einer Operation oder Inter-
einer asymptomatischen Stenose ist. Hierzu
vention profitieren. Allerdings liegt in den
wurden Daten von 3681 Patienten aus den
Vereinigten Staaten der Anteil der Interven-
Jahren 1990 bis 2014 untersucht, die jährli-
tionen asymptomatischer Stenosen bei über
che Ultraschalluntersuchungen an der Stroke
90%, während dieser in Dänemark bei 0%
Prevention Clinic des Victoria Hospitals im
liegt. Die Indikation zum Eingriff ist häufig
Süd-Westen Ontarios aufgrund einer asymp-
5
Stroke-News
1/2016
tomatischen Karotisstenose erhielten. Die
kenhaus die einzige tertiäre Versorgungsein-
meisten Karotisverschlüsse ereigneten sich
richtung in dieser Region ist und alle Patien-
vor dem Jahr 2002, ab dem eine intensivierte
ten mit einem Endpunkt dort behandelt wur-
Medikamententherapie begann (254 von
den. Patienten, die nicht mehr zu den jährli-
316; 80,4%). Jedoch nur ein Patient erlitt
chen Vorsorgeuntersuchungen kamen, wur-
einen Schlaganfall durch einen Karotisver-
den telefonisch kontaktiert. Die präsentier-
schluss (0,3%) und drei Patienten hatten
ten Daten unterstützen die Annahme, dass
einen ipsilateralen Schlaganfall während des
seit Einführung der intensivierten Medika-
Follow-ups
Kaplan-Meier
mententherapie asymptomatischer Karotiss-
Überlebensanalyse zeigte keinen Einfluss
tenosen der Nutzen einer Intervention oder
des Stenosegrades. Auch ein vorbestehender
Operation selten überwiegt. Umso trauriger
kontralateraler Karotisverschluss hatte kei-
ist es, dass die Heidelberger Investigator-
nen Einfluss auf das Outcome.
initiierte SPACE-2 Studie nicht zu Ende
(0,9%).
Eine
geführt werden kann. Die Ergebnisse des
Kommentar:
Pendant aus den USA und Kanada, die
Bei retrospektivem Design profitiert die
CREST-2 Studie, werden somit umso wich-
Studie davon, dass das untersuchende Kran-
tiger. (BF)
3. Klinik
Blutdruck,
Blutdrucksenkung
und
systemische
Thrombolyse
nach
ischämischem
Schlaganfall
Ein hoher initialer Blutdruck sowie starke Blutdruckschwankungen innerhalb der ersten 24h haben eine schlechte Prognose bei Patienten, welche für eine systemische Thrombolyse infrage
kommen. Dagegen sind ein früher Blutdruckabfall sowie eine frühe antihypertensive Behandlung
mit einer guten Prognose assoziiert.
*** Berge E, Cohen G, Lindley RI, Sandercock P, Wardlaw JM, Sandset EC, Whiteley W.
Effects of blood pressure and blood pressure-lowering treatment during the first 24 hours
among patients in the third international stroke trial of thrombolytic treatment for acute
ischemic stroke. Stroke 2015;46(12):3362-3369
6
Stroke-News
1/2016
Stark erhöhte Blutdruckwerte und starke
druckschwankungen in der Akutphase nach
Blutdruckschwankungen in der Akutphase
ischämischem Schlaganfall.
nach ischämischem Schlaganfall sind häufige Entscheidungsgründe gegen eine syste-
Kommentar:
mische Thrombolyse. Eine explorative Ana-
Bisher wird in vielen Leitlinien nur bei ex-
lyse aus dem International Stroke Trial (IST-
zessiv erhöhten Blutdruckwerten eine medi-
3) untersuchte nun den Einfluss von Blut-
kamentöse Blutdrucksenkung in der Akut-
druck und früher Blutdrucksenkung in 3035
phase nach ischämischem Schlaganfall emp-
Patienten, welche auf eine systemische
fohlen. Ein hoher initialer Blutdruck in der
Thrombolysebehandlung innerhalb von 6h
Akutphase nach ischämischem Schlaganfall
versus Placebo randomisiert worden waren.
wurde allerdings bereits in früheren Studien
Mittels logistischer Regression wurde die
als negativer Prognosemarker identifiziert.
Assoziation zwischen initialem Blutdruck,
Auch starke Blutdruckschwankungen inner-
Blutdruckveränderungen innerhalb der ers-
halb der ersten 24h konnten in der vorlie-
ten 24h sowie einer medikamentösen Blut-
genden explorativen Analyse als negativer
drucksenkung verglichen mit frühen uner-
Prognosemarker bestätigt werden. Über den
wünschten Ereignissen, frühem Tod und
zugrunde liegenden Pathomechanismus lässt
dem funktionellen Outcome nach 6 Mona-
sich angesichts der großen Heterogenität
ten. Dabei wurde auch für wichtige prognos-
von Infarktmorphologie und –ätiologie viel
tische Variablen korrigiert. Hohe Blut-
spekulieren.
druckwerte und eine starke Blutdruck-
kung reduzierte in dieser Analyse jedoch
schwankung innerhalb der ersten 24h waren
(nicht signifikant) das Risiko für ein Hirn-
(teilweise
uner-
ödem, eine symptomatische intrazerebrale
wünschten Ereignissen und frühem Tod as-
Blutung sowie eine neurologische Ver-
soziiert. Eine stärkere Blutdrucksenkung
schlechterung aufgrund anderer Ursachen.
und der Einsatz von Antihypertensive in den
Hingegen waren die bisher durchgeführten
ersten 24h waren assoziiert mit einem signi-
klinischen Studien (CATIS, ENOS, SCAST)
fikant reduzierten Risiko für ein schlechtes
zur
funktionelles Ergebnis nach 6 Monaten, un-
(Beginn im Durchschnitt nach 24h) nach
abhängig von einer Thrombolysebehand-
ischämischem Schlaganfall sämtlich negativ.
lung. Diese Ergebnisse unterstützen nach
Zwar laufen derzeit weitere randomisierte
Meinung der Autoren laufende sowie künf-
Interventionsstudien, bis zu deren Veröffent-
tig geplante randomisierte Studien zur Blut-
lichung sollte jedoch eine medikamentöse
drucksenkung oder Reduktion von Blut-
Blutdrucksenkung außer bei exzessiv erhöh-
signifikant)
mit
mehr
7
Eine stärkere Blutdrucksen-
medikamentösen
Blutdrucksenkung
Stroke-News
1/2016
ten Werten nur vor einer geplanten systemischen
Thrombolysebehandlung
(CW)
erfolgen.
Intravenöse Thrombolyse bei Schlaganfall-Rezidiv innerhalb von 3 Monaten
Die systemische Thrombolyse stellt auch bei Patienten mit einem stattgehabten Schlaganfall in
den vorangehenden 3 Monaten eine Therapie-Option ohne erhöhte Blutungskomplikationen und
mit vergleichbarem klinischen Outcome dar.
**** Karlinski M, Kobayashi A, Czlonkowska A, Mikulik R, Vaclavik D, Brozman M,
Gdovinova Z, Švigelj V, Csiba L, Fekete K, Kõrv J, Demarin V, Bašic-Kes V, Vilionskis A,
Jatuzis D, Krespi Y, Shamalov N, Andonova S, Ahmed N, Wahlgren N; Safe implementation of treatments in stroke–east registry (SITS-EAST) Investigators. Intravenous thrombolysis for stroke recurring within 3 months from the previous event. Stroke 2015;46:31843189
Gemäß europäischer Zulassungsbestimmun-
Risikofaktoren (arterielle Hypertonie und
gen stellt ein Schlaganfallrezidiv innerhalb
Hyperlipoproteinämie)
von 3 Monaten eine Kontraindikation zur
prämorbider funktioneller Status. Hinsicht-
systemischen Thrombolyse mittels Alteplase
lich eines guten klinischen Outcomes (mRS
dar. In dieser multizentrischen Registerstu-
0-2 nach 3 Monaten), dem Auftreten symp-
die aus 12 osteuropäischen Ländern (Safe
tomatischer intrakranieller Blutungen gemäß
Implementation of Treatments in Stroke –
ECASS II Definition und signifikanter Ver-
East Registry (SITS-EAST)) wurde für den
besserung
Zeitraum von 10/2003 – 07/2014 in einer
(NIHSS-Reduktion um mindestens 4 Punkte
Studienpopulation von 13007 lysierten Pati-
oder NIHSS = 0 an Tag 7) konnte kein sig-
enten retrospektiv die Sicherheit dieser The-
nifikanter Unterschied zwischen den beiden
rapie und das klinische Outcome zwischen
Gruppen aufgezeigt werden.
Patienten
mit
erstmaligem
des
ein
schlechterer
neurologischen
Status
Schlaganfall
(n=11221; 86%) und mit Schlaganfall in den
Kommentar:
vorangehenden 3 Monaten (n=249; 2%)
In der hier vorliegenden Registeranalyse
verglichen. In der Gruppe mit positiver
„wackelt“ wieder mal eine formale Kontra-
Schlaganfall-Anamnese zeigte sich neben
indikation für eine systemische Lysethera-
einer erhöhten Inzidenz kardiovaskulärer
pie. Im Fokus standen hier Patienten, die in
8
Stroke-News
1/2016
den letzten 3 Monaten vor einer aktuellen
daten in dieser größten bislang publizierten
Thrombolyse einen Schlaganfall erlitten
Studie, dass diesen Patienten rt-PA nicht
hatten, was eine formale Anwendungsbe-
zwingend vorenthalten werden sollte und
schränkung für eine systemische Lyse dar-
eine off-Label Therapie abgewogen werden
stellt. Es zeigt sich trotz der bekannten me-
kann. (KG)
thodischen Einschränkungen von Register-
Registerdaten aus Südwestdeutschland stützen den off label-Einsatz der intravenösen
Thrombolyse bei Schlaganfallpatienten im Alter über 80 Jahren
In Europa ist die intravenöse Thrombolyse mit rtPA beim ischämischen Schlaganfall nicht zugelassen im Alter über 80 Jahre. In der vorliegenden Registerstudie wurde untersucht, ob im klinischen Alltag Schlaganfallpatienten dieser Altersgruppe von der Lyse profitieren.
Reuter B, Gumbinger C, Sauer T, Wiethölter H, Bruder I, Rode S, Ringleb PA, Kern R,
Hacke W and Hennerici MG for the Stroke Working Group of Baden Wuerttemberg. Intravenous thrombolysis for acute ischaemic stroke in the elderly: data from the BadenWuerttemberg stroke registry. Eur J Neurol 2016;23:13-20
Um die Wertigkeit der intravenösen Throm-
Scale führt. Allerdings zeigte sich auch eine
bolyse beim akuten ischämischen Schlagan-
grenzwertig erhöhte Mortalität im Kranken-
fall bei älteren Patienten zu analysieren,
haus, möglicherweise in Assoziation mit der
wurden von den Autoren Daten des Baden-
Lysetherapie. In der Altersgruppe der über
Württemberg-Stroke-Registers ausgewertet.
90-Jährigen bestand ebenfalls ein Trend zu
Erfasst wurden 101.349 Patienten, die im
einem besseren Outcome durch die Lysebe-
Zeitraum von Januar 2008 bis Dezember
handlung, ohne dass ein Anstieg der Morta-
2012 behandelt wurden. 10,1% der Patien-
lität zu verzeichnen war.
ten, die 80 Jahre oder älter waren, wurden
mit intravenöser Thrombolyse behandelt. Es
Kommentar:
zeigt sich, dass – vergleichbar den Ergebnis-
Registerdaten sind in Ergänzung zu kontrol-
sen bei jüngeren Patienten - für die Alters-
lierten randomisierten Studien wertvoll, da
gruppe von 80-89 Jahren die intravenöse
sie den klinischen Alltag außerhalb eines
Thrombolyse mit rtPA zu einem signifikant
Studiensettings abbilden. Die vorgelegten
besseren Outcome auf der Modified-Rankin-
Registerdaten aus Südwestdeutschland zei-
9
Stroke-News
1/2016
gen, dass auch im Alter von 80 Jahren oder
Indikation zu dieser Therapie überprüft und
mehr beim ischämischen Schlaganfall die
sie nach entsprechender Aufklärung des
intravenöse Thrombolyse mit vertretbarem
Patienten und seiner Angehörigen im Ein-
Risiko erfolgreich eingesetzt werden kann.
zelfall off label angewandt werden. Hohes
Obwohl die intravenöse Lysebehandlung in
Alter per se stellt keine Kontraindikation für
Europa bei Patienten im Alter von 80 Jahren
eine Lysetherapie beim akuten ischämischen
oder mehr nicht zugelassen ist, sollte die
Schlaganfall dar! (PB)
Risiko einer Vorbehandlung mit Thrombozytenfunktionshemmern bei Patienten, die mit
einem akuten ischämischen Insult lysiert werden.
Mit Thrombozytenfunktionshemmern vorbehandelte Patienten haben bei einer systemischen
Thrombolyse ein etwas höheres Risiko einer symptomatischen intracraniellen Blutung. Insgesamt haben sie aber einen besseren Outcome.
*** Xian Y, Federspiel JJ, Grau-Sepulveda M, Hernandez AF, Schwamm LH, Bhatt DL,
Smith EE, Reeves MJ, Thomas L, Webb L, Bettger JP, Laskowitz DT, Fonarow GC, Peterson ED. Risks and benefits associated with prestroke antiplatelet therapy among patients
with acute ischemic stroke treated with intravenous tissue plasminogen activator. JAMA
Neurol 2016;73(1):50-59
Die systemische Thrombolyse mit rt-PA ist
akuten Koronarsyndrom und insbesondere
die einzig wirksame und zugelassene medi-
Patienten mit Koronarstents werden über
kamentöse Therapie des akuten ischämi-
einen längeren Zeitraum mit einer dualen
schen Insults. Dem potentiellen Nutzen,
Plättchenhemmung behandelt. Die Analyse
nämlich einer Verbesserung des klinischen
der Publikation stützt sich auf das Get With
Outcomes, steht das potentielle Risiko einer
the Guidelines-Schlaganfallregister, in dem
intracerebralen Blutung gegenüber. Viele
85.072 erwachsene Patienten mit ischämi-
Patienten mit einem akuten ischämischen
schem Insult erfasst sind, die zwischen 2009
Insult sind mit Thrombozytenfunktions-
und 2015 systemisch mit rt-PA lysiert wur-
hemmern vorbehandelt, weil sie entweder
den. Erfasst wurde insbesondere, ob die Pa-
bereits ein ischämisches zerebrales Ereignis
tienten vor der Lyse mit Thrombozytenfunk-
hatten oder unter einer anderen vaskulären
tionshemmern behandelt waren. Endpunkte
Erkrankung leiden. Patienten mit einem
der Studie waren symptomatische intracra-
10
Stroke-News
1/2016
nielle Blutungen, die Sterblichkeit im Kran-
Staaten, mit deren Hilfe eine Reihe von
kenhaus und die modifizierte Rankin Skala
wichtigen wissenschaftlichen Fragestellun-
bei der Entlassung aus dem Krankenhaus.
gen untersucht werden kann. Leider hat das
Von 85.072 Patienten waren 38.844 (45,7%)
Register nur Outcome-Daten für den Zeit-
mit Thrombozytenfunktionshemmern vor-
punkt der Krankenhausentlassung, die daher
behandelt. Diese Patienten waren im Mittel
einem bestimmten Bias unterliegen. Erwar-
älter (76 vs. 68 Jahre) und hatten mehr kar-
tungsgemäß zeigt die Studie, dass das Risiko
diovaskuläre Risikofaktoren. Die nicht ad-
symptomatischer intracranieller Blutungen
justierte Häufigkeit symptomatischer intra-
bei Patienten, die mit Thrombozytenfunkti-
cranieller Blutungen war mit 5,0 vs. 3,7%
onshemmern vorbehandelt sind, unter sys-
höher. Nach einer Adjustierung für Risiko-
temischer Thrombolyse höher ist, wobei
faktoren betrug die Odds Ratio eines erhöh-
ebenfalls erwartungsgemäß das Risiko höher
ten Risikos für symptomatische intracraniel-
ist, wenn eine duale Plättchenhemmung be-
le Blutungen 1,18 mit einem 95% Konfiden-
steht, verglichen mit einer Monotherapie.
zintervall von 1,10 bis 1,28 und einer Num-
Das Risiko ist allerdings nicht so hoch, als
ber needed to harm von 147. Die Odds Ratio
dass eine duale Plättchenhemmung eine
betrug 1,19 für Patienten, die nur mit Ace-
Kontraindikation darstellen würde. Insge-
tylsalicylsäure behandelt waren und 1,47 für
samt ist die Prognose von Patienten, die mit
Patienten, die eine duale Plättchenhemmung
Thrombozytenfunktionshemmern vorbehan-
hatten. Die Wahrscheinlichkeit im Kranken-
delt sind, sogar besser als bei Patienten, die
haus zu versterben, war zwischen den bei-
keine Thrombozytenfunktionshemmer er-
den Gruppen nicht unterschiedlich. Patien-
hielten. Subgruppenanalysen zeigen, dass es
ten, die mit Thrombozytenfunktionshem-
keinen Einfluss des Zeitfensters bis zur
mern vorbehandelt waren, hatten aber eine
Thrombolyse, des Geschlechts, des Alters,
höhere
guten
einer vorbestehenden koronaren Herzer-
funktionellen Outcome zu erreichen, defi-
krankung sowie vorbestehender TIAs und
niert als modifizierter Rankin Skala-Wert 0
Schlaganfälle gab. Interessanterweise gab es
bis 1 (24,1% vs. 27,8% mit einer Odds Ratio
einen starken Trend, dass Patienten mit der
von 1,14, Number needed to treat 50).
Kombination von Acetylsalicylsäure und
Wahrscheinlichkeit
einen
Dipyridamol ein geringeres Risiko symptoKommentar:
matischer intracerebraler Blutungen bei
Das Get with the Guidlines-Register ist eine
Thrombolyse hatten. (HCD)
große Datensammlung in den Vereinigten
11
Stroke-News
1/2016
Alter ≥80 Jahre ist keine Kontraindikation für eine intra-arterielle Intervention bei Patienten mit akutem Schlaganfall
In dieser retrospektiv durchgeführten Analyse an einer Krankenhauskohorte von 239 Schlaganfallpatienten, die mit einer intraarteriellen Intervention behandelt wurden, hatte „Alter ≥80 Jahre“ keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeiten eine symptomatischen intrakraniellen Blutung (sICH) zu erleiden, im Krankenhaus zu versterben, eine deutliche Verbesserung
der neurologischen Defizite (gemessen am NIHSS) zu erfahren oder mit einem geringen Grad an
Unterstützungsbedürftigkeit (gemessen am mRS) aus dem Krankenhaus entlassen zu werden.
** Leonhard J, Frei D, Salottolo K, Fanale CV, Wagner JC, Whaley M, McCarthy K, Bellon RJ, Loy D, Bar-Or D. Age >= 80 Years is not a contraindication for intra-arterial therapy after ischemic stroke. Cerebrovasc Dis 2015;40:121-128
Inzwischen haben fünf randomisierte Stu-
nungen fanden keine statistisch signifikante
dien die Überlegenheit der kombinierten
Differenz in der Häufigkeit der vier Outco-
Therapie von im Wesentlichen systemischer
me-Variablen. Symptomatische intrazereb-
Thrombolyse plus zusätzliche intra-arterielle
rale Blutungen (sICH) traten bei 5% versus
Thrombektomie gegenüber dem Standard
10% auf. Die Krankenhausmortalität lag bei
mit Stroke-Unit-Behandlung und systemi-
18% versus 24%. Eine Besserung der neuro-
scher Thrombolyse belegt. Die Autoren die-
logischen Defizite wurde bei 92% versus
ser Analyse stellten sich die Frage, ob die
83% festgestellt und eine weitestgehend
intra-arterielle Therapie bei Patienten im
erhaltende Unabhängigkeit wurde bei 19%
Alter von 55-79 Jahren (N=176) genauso
versus 13% erreicht. (Die zweite Zahl be-
sicher und wirksam ist, wie bei Patienten
zieht sich jeweils auf den Anteil der Studi-
≥80 Jahren (N=63). Dazu wurde das Patien-
enpopulation im Alter ≥80 Jahre.)
tenregister eines Krankenhauses in Californien/USA ausgewertet. Hier liegen also Da-
Kommentar:
ten der Routine-Versorgung vor, die außer-
Diese Studie bringt wenig neue Erkenntnisse
halb von kontrollierten, randomisierten Stu-
und diese sind durch Limitationen sehr ein-
dien erhoben wurden. Diese haben grund-
geschränkt. Zunächst stellt sich die Frage,
sätzlich das Potential zu zeigen, ob diese
ob eine solche Analyse notwendig ist, da
komplexe Therapie auch außerhalb von Stu-
vier der fünf positiven Studien zur mechani-
dien erfolgreich durchgeführt werden kann.
schen Thrombektomie (MrClean, ESCAPE;
Die univariaten und multivariablen Berech-
EXTENT-IA, REVASCAT) gar kein Al-
12
Stroke-News
1/2016
terslimit hatten. Lediglich SWIFT-PRIME
Fehlers zweiter Ordnung hoch. Zum Bei-
hat Patienten über 80 Jahren nicht einge-
spiel ist eine multivariable Analyse bei einer
schlossen. Die Verfahren sind für Patienten
Anzahl von <25 Ereignissen (was hier für
≥80 Jahre zugelassen. Des Weiteren haben
sICH der Fall ist (N=15 bzw. N=10 in einer
die Studien MrClean und ESCAPE keine
Subgruppenanalyse)
Interaktion für Alter und Therapieeffekt
schließlich birgt eine solche Analyse das
gefunden (Verum versus Placebo). Es be-
Problem des Selektions-Bias. Wurden bei
steht also kein Anlass anzunehmen, dass die
den Patienten >79 Jahre gegebenenfalls an-
mechanische Rekanalisation ab einem Alter
dere Kriterien zur Indikationsstellung heran-
von 80 Jahren per se nicht mehr wirksam
gezogen als bei der Vergleichsgruppe der
wäre. Auch ist die hier vorgestellte Studie
Jungen? Also, höheres Alter per se ist keine
zahlenmäßig viel zu klein, um die Schluss-
Kontraindikation für die intra-arterielle The-
folgerungen auf dem Boden ihrer Daten
rapie – war es nicht und wird es auch nicht
rechtfertigen zu können. Aufgrund der klei-
werden. (CN)
ungeeignet.
Und
nen Fallzahl ist die Wahrscheinlichkeit eines
Intraarterielle Behandlung von Patienten mit akutem ischämischen Schlaganfall unter oraler Antikoagulantion
Die Einnahme von Vitamin K Antagonisten mit einer INR von über 1,7 erhöht nicht das intracerebrale Blutungsrisiko bei Patienten, die mit intraarterieller Therapie behandelt werden.
** Rozeman AD, Wermer MJ, Lycklama À Nijeholt GJ, Dippel DW, Schonewille WJ, Boiten J, Algra A; MR CLEAN pre-trial study group. Safety of intra-arterial treatment in
acute ischaemic stroke patients on oral anticoagulants. A cohort study and systematic review. Eur J Neurol 2016;23(2):290-296
Die gefürchtetste Komplikation der intrave-
sind und eine INR von über 1,7 haben, zu
nösen systemischen Thrombolyse mit rt-PA
einem erhöhten Blutungsrisiko führt. Bei
bei Patienten mit akutem ischämischen In-
diesen Patienten ist die systemische Throm-
sult ist die intracerebrale Blutung. Große
bolyse daher ausgeschlossen. Die Situation
Registerdaten zeigen, dass die systemische
ist möglicherweise anders bei Patienten, die
Thrombolyse mit rt-PA bei Patienten, die
thrombektomiert werden. Daher haben die
mit Vitamin K Antagonisten antikoaguliert
holländischen Kollegen in einer nationalen
13
Stroke-News
1/2016
Datenbasis über intraarterielle Therapie bei
raarteriellen Therapie behandelt worden
akuten Schlaganfall-Patienten antikoagulier-
waren. Die Inzidenz symptomatischer intra-
te Patienten stratifiziert nach einer INR von
cerebraler Blutungen betrug hierin 8,1%.
größer oder kleiner 1,7. Der primäre Outcome war eine systemische intracerebrale Blu-
Kommentar:
tung definiert als eine Verschlechterung auf
Diese relativ kleine Studie legt nahe, dass
der NIHSS Skala von 4 oder mehr oder der
das intracerebrale Blutungsrisiko nicht er-
Nachweis einer intracerebralen Blutung in
höht ist bei Patienten mit ischämischem In-
der Bildgebung. In die Studie wurden 456
sult, die eine intraarterielle Therapie erhalten
Patienten eingeschlossen. 18 dieser Patien-
und antikoaguliert sind. In den großen rand-
ten hatten eine INR von über 1,7 mit einem
omisierten Studien zur Thrombektomie mit
medianen Wert von 2,4. Ein Patient (6%)
Stent-Retrievern war der Prozentsatz von
mit einer INR > 1,7 entwickelte eine intra-
antikoagulierten Patienten relativ gering, so
cranielle Blutung versus 53 Patienten (12%)
dass hieraus keine sicheren Schlussfolge-
mit einer INR < 1,7. Dieser Unterschied war
rungen zu ziehen sind. Zumindest geben
statistisch nicht signifikant. Auch der klini-
aber alle bisher vorliegenden Studien keine
sche Outcome war nicht unterschiedlich. Die
Hinweise darauf, dass das Risiko intracereb-
meisten Patienten erhielten eine intraarteriel-
raler Blutungen signifikant erhöht ist bei
le Thrombolyse mit rt-PA oder Urokinase
antikoagulierten Patienten, die thrombekto-
bzw. eine Thrombektomie mit älteren
miert werden, so dass diese Therapie eine
Thrombektomie-Devices. Die Autoren iden-
wichtige Alternative darstellt, insbesondere
tifizierten darüber hinaus 5 Studien, in de-
wenn die INR über 1,7 liegt. (HCD)
nen antikoagulierte Patienten mit einer int-
14
Stroke-News
1/2016
Ein- und Ausschlusskriterien für eine systemische Thrombolyse mit rt-PA beim akuten
ischämischen Schlaganfall, Empfehlungen der American Heart Association/American
Stroke Association
Die AHA und die ASA haben neue Empfehlungen zu Ein- und Ausschlußkriterien der systemischen Thrombolyse bei Patienten mit akutem ischämischen Insult publiziert.
***** Demaerschalk BM, Kleindorfer DO, Adeoye OM, Demchuk AM, Fugate JE, Grotta
JC, Khalessi AA, Levy EI, Palesch YY, Prabhakaran S, Saposnik G, Saver JL, Smith EE;
American Heart Association Stroke Council and Council on Epidemiology and Prevention.
Scientific rationale for the inclusion and exclusion criteria for intravenous alteplase in
acute ischemic stroke: A statement for healthcare professionals from the American Heart
Association/American Stroke Association. Stroke 2016;47(2):581-641
Neben der Thrombektomie ist die systemi-
intravenöse Lyse fanden und darauf aufbau-
sche Thrombolyse mit rt-PA die bisher ein-
end Empfehlungen zum Einschluss und
zige wirksame und zugelassene Therapie des
Ausschluss von Patienten formuliert. Eine
akuten ischämischen Insults. Bei sorgfältiger
Besonderheit in den Vereinigten Staaten ist
Patientenauswahl können bis zu 25% aller
die Tatsache, dass dort im Moment die Zu-
Patienten, die mit einem akuten ischämi-
lassung
schen Insult aufgenommen werden, mit rt-
Zeitfenster besteht. Nach Einschätzung der
PA behandelt werden. Bei der ursprüngli-
Autoren ist ein vorausgegangener Schlagan-
chen Zulassung in Europa wie in den Verei-
fall oder ein epileptischer Anfall zu Beginn
nigten Staaten wurde eine Reihe von Kont-
der Symptomatik keine Kontraindikation
raindikationen benannt, die sich auf kleine
mehr. Weiter bestehende Kontraindikationen
Patientenzahlen in den randomisierten Stu-
sind eine Thrombozytopenie von unter
dien bezogen oder Kontraindikationen für
100.000/mm3, die Gabe von Heparin oder
Patienten, die von vorne herein aus den Stu-
niedermolekularem Heparin in den letzten
dien wegen erhöhter Blutungsgefahr ausge-
48 Stunden mit Verlängerung der aPTT,
schlossen worden waren.
eine INR über 1,7 bei Patienten mit Vitamin
Die Autoren haben in einer systematischen
K Antagonisten-Einnahme sowie die Ein-
Literaturrecherche alle Studien mit Throm-
nahme von neuen Antikoagulantien, wobei
bolyse erfasst, in denen sich Daten zu poten-
bei einer normalen aPTT oder PT unter Ein-
tiellen Ein- und Ausschlusskriterien für die
nahme von Dabigatran die Thrombolyse
15
für rt-PA nur im 3-Stunden-
Stroke-News
1/2016
möglich ist. Bei erhöhtem Blutdruck sind
chenden Eingriff, sind hier nicht besonders
nur noch Werte über 175 mm Hg eine Kont-
hilfreich.
raindikation. Keine Kontraindikation mehr
sind frühere Schlaganfälle bei Diabetes mel-
Kommentar:
litus und Alter über 80 Jahre. Die Indikation
Die amerikanische Zulassungsbehörde hat
zur Thrombolyse besteht auch bei Patienten
ihre Zulassungsbedingungen für die syste-
mit leichter Symptomatik und bei Patienten,
mische Thrombolyse vor kurzem modifi-
bei denen sich die Symptomatik rasch bes-
ziert. Im Einklang mit den hier vorgelegten
sert. Patienten mit Blutnachweis in der Bild-
Empfehlungen wurden viele der bisherigen
gebung oder einer Subarachnoidalblutung
Kontraindikationen und Ausschlusskriterien
dürfen nicht lysiert werden. Zur Thromboly-
entfernt, wie beispielsweise Alter über 80
se bei Jugendlichen und Kindern unter 18
Jahre,
Jahren liegen keine Daten vor, wobei es aber
Schlaganfälle und Diabetes mellitus sowie
keinen erkennbaren Grund gibt, diese Pati-
erhöhte Blutdruckwerte. In vielen Spezialsi-
enten nicht zu behandeln. Bei Patienten mit
tuationen ist allerdings die klinische Erfah-
vorbestehenden Blutungen oder Operationen
rung und die Einschätzung des Verhältnisses
sollte
von Risiko und Nutzen durch den behan-
eine
sorgfältige
Nutzen-Risiko-
Analyse erfolgen. Fixe Zeiträume, wie im
schwere
Schlaganfälle,
frühere
delnden Arzt gefragt. (HCD)
Moment von 3 Monaten nach dem entspre-
Blutdrucksenkung in der Akutphase nach Schlaganfall – eine Metaanalyse
Die vorliegende Metaanalyse legt nahe, dass eine blutdrucksenkende Therapie in den ersten drei
Tagen nach akutem ischämischen Schlaganfall keinen signifikanten Einfluss auf die Mortalität
oder die funktionelle Abhängigkeit nach 3 Monaten hat. Die Daten lassen jedoch keine Aussage
darüber zu, ob diese Schlussfolgerungen auch für einen Therapiebeginn innerhalb der ersten
Stunden nach Symptombeginn gelten und inwiefern für ätiologische Subtypen des Schlaganfalls
unterschiedliche Effekte bestehen.
** Lee M, Ovbiagele B, Hong KS, Wu YL, Lee JE, Rao NM, Feng W, Saver JL. Effect of
Blood Pressure Lowering in Early Ischemic Stroke: Meta-Analysis. Stroke
2015;46(7):1883-1889
16
Stroke-News
1/2016
Nach ischämischem Schlaganfall finden sich
Parameter wurden eine funktionelle Abhän-
bei 60-80% aller Patienten hypertensive
gigkeit oder Tod (modified Rankin Scale
Blutdruckwerte, insbesondere in den ersten
(mRS) score 3-6 Punkte) nach 3 Monaten
72 Stunden. Dies kann auf einen nicht di-
bzw. bei Studienende definiert. Als sekundä-
agnostizierten oder insuffizient therapierten
re Endpunkte wurden ein „vaskuläres Ereig-
arteriellen Hypertonus hinweisen, spiegelt
nis“ nach 3 Monaten oder bei Studienende,
zudem aber auch eine neuroendokrine Ant-
ein Schlaganfallrezidiv oder ein mRS≥2
wort auf den Schlaganfall wider, welche
nach 3 bzw. 6 Monaten definiert. Im Zeit-
offenbar der (kompensatorischen) Perfusion
raum von 1966 bis 2015 fanden sich 13 Stu-
der Penumbra dient. Gemäß Leitlinien wird
dien, die insgesamt 12703 Patienten umfass-
empfohlen, hypertensive Blutdruckwerte in
ten (6392 [50,3%] Patienten in der aktiven
der Akutphase des ischämischen Schlagan-
Behandlungsgruppe und 6311 Patienten
falls erst ab 220/110 mmHg zu senken, wo-
[49,7%] in der Kontrollgruppe), wobei die
hingegen vor Beginn einer Thrombolyse-
Basisdaten der Patienten nicht vorlagen. Die
Therapie eine Senkung unter 185 mmHg
gepoolte Analyse von 12 der 13 Studien
systolisch empfohlen wird. Bisher wurden
ergab für den primären Endpunkt, dass eine
jedoch nur wenige Studien zur antihyperten-
„blutdrucksenkende Therapie“ das Risiko
siven Therapie nach akutem ischämischen
für Abhängigkeit oder Tod nach 3 Monaten
Schlaganfall veröffentlicht. Eine im Jahr
bzw. bei Studienende nicht beeinflusst (rela-
2008 publizierte Metaanalyse zeigte keinen
tives Risiko 1.04 [95% Konfidenz-Intervall
Effekt einer blutdrucksenkenden Therapie
0.96-1.13]). Nur einem (variierenden) Teil
nach akutem Schlaganfall, wobei sowohl in
der 13 Studien waren Angaben zu den vor-
einzelnen Studien als auch in der Metaana-
definierten sekundären Endpunkten zu ent-
lyse nicht zwischen einem ischämischen
nehmen. Die diesbezügliche Analyse ließ
bzw. hämorrhagischen Schlaganfall diffe-
zusammenfassend keinen Effekt einer „blut-
renziert wurde. Einschlusskriterien der nun
drucksenkenden Therapie“ erkennen, auch
vorliegenden Metaanalyse waren ein bildge-
nicht für das Auftreten von serious adverse
bender Ischämie-Nachweis in der Studien-
events.
population (bzw. in einer separat analysierten Subpopulation), eine „blutdrucksenken-
Kommentar:
de Therapie“ als aktive Intervention inner-
Die vorliegende Metaanalyse von 13 rand-
halb von maximal drei Tagen nach Symp-
omisierten Studien legt nahe, dass eine in
tombeginn sowie ein randomisiertes Stu-
den ersten drei Tagen nach einem ischämi-
diendesign.
schen Schlaganfall begonnene blutdruck-
Als
primärer
Outcome-
17
Stroke-News
1/2016
senkende Therapie keinen Einfluss auf die
könnte. Es bleibt abzuwarten, ob derzeit
Morbidität und Mortalität hat. Ein wesentli-
laufende Studien (wie bspw. die „Enhanced
cher Schwachpunkt der vorliegenden Me-
Control of Hypertension and Thrombolysis
taanalyse ist das Fehlen von individuellen
Stroke“ [ENCHANTED] Studie) weiter-
Patientendaten. Die Zeit von Symptombe-
führende Erkenntnisse liefern werden. Für
ginn bis zur Randomisierung bzw. bis zum
die klinische Praxis bleiben uns die Leitli-
Beginn der studienspezifischen Therapie
nienempfehlungen der DGN3, die keine
betrug (sofern berichtet) im Median bzw. im
blutdrucksenkende Therapie in der Akutpha-
Durchschnitt 11 bis 58 Stunden, so dass über
se eines ischämischen Schlaganfalls vorse-
die hyperakute Phase keine valide Aussage
hen, solange keine kritische Blutdruckgren-
getroffen werden kann. Darüber hinaus wur-
ze überschritten wird (220/110 mmHg bzw.
de in nur fünf der 13 Studien überhaupt über
185 mmHg systolisch vor Thrombolyse).
das Ausmaß der blutdrucksenkenden Thera-
(TK, KGH)
pie innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn berichtet. In diesem Kontext ist
Literatur:
interessant, dass aus einer jüngst veröffent-
Donovan AL, Flexman AM, Gelb AW;
lichten Analyse des Third International
Blood pressure management in stroke. Curr
Stroke Trial (IST-3) hervorgeht, dass erhöh-
Opin Anaesthesiol. 2012; 25(5):516-22
te Blutdruckwerte in den ersten 24 Stunden
Weimar C, Roth MP, Zillessen G, Glahn J,
nach ischämischem Schlaganfall mit dem
Wimmer ML, Busse O, Haberl RL, Diener
vermehrtem Auftreten von adverse events
HC; German Stroke Date Bank Collabora-
und Tod jeglicher Ursache innerhalb von 7
tors; Complications following acute ische-
Tagen assoziiert waren. Eine antihypertensi-
mic stroke. Eur Neurol. 2002;48(3):133-40
ve Therapie in diesem Zeitfenster reduzierte
Veltkamp R. Leitlinien für die Akuttherapie
zudem in IST-3 das Risiko für ein schlechtes
des
Outcome nach 6 Monaten.
Aufgrund der
http://www.dgn.org/leitlinien/11-leitlinien-
Heterogenität der in der Metaanalyse be-
der-dgn/2310-ll-22-2012-akuttherapie-des-
rücksichtigten Studien ist die Analyse der
ischaemischen-schlaganfalls
sekundären Endpunkte leider nur wenig aus-
Geeganage C, Bath PM. Interventions for
sagekräftig. Des Weiteren wurden keine
deliberately altering blood pressure in acute
Angaben zu den verschiedenen Subtypen
stroke.
eines ischämischen Schlaganfalls gemacht,
2008:CD000039
auf die eine blutdrucksenkende Therapie
Berge E, Cohen G, Lindley RI, Sandercock
durchaus unterschiedliche Effekte haben
P, Wardlaw JM, Sandset EC, Whiteley W;
18
ischämischen
Cochrane
Database
Schlaganfalls.
Syst
Rev.
Stroke-News
1/2016
Effects of Blood Pressure and Blood Pres-
2015; 46:3362-3369. Originally published
sure–Lowering Treatment During the First
October 20, 2015
24 Hours Among Patients in the Third Inter-
Anderson C. Enhanced control of hyperten-
national Stroke Trial of Thrombolytic Trea-
sion
tment for Acute Ischemic Stroke. Stroke.
(ENCHANTED). Clinicaltrials.Gov website.
and
thrombolysis
stroke
study
http://clinicaltrials. Gov/show/nct01422616.
4. Diagnostik
Diffusionsrestriktionen im MRT sind bei transienten neurologischen Attacken keine Seltenheit
Die diagnostische Zuordnung bei transienten neurologischen Symptomen ist eine Herausforderung im klinischen Alltag. Fokale Defizite mit plötzlichem Beginn, die einem bestimmten arteriellen Versorgungsgebiet zugeordnet werden können, werden bei entsprechendem Risikoprofil
häufig als Ausdruck einer transienten ischämischen Attacke gewertet. Schwieriger kann die Situation bei diffusen Symptomen wie Schwankschwindel, Verwirrtheit, bilateraler Schwäche etc.
werden.
*** van Rooij FG, Vermeer SE, Goraj BM, Koudstaal PJ, Richard E, de Leeuw FE, van
Dijk, EJ. Diffusion-weighted imaging in transient neurological attacks. Ann Neurol
2015;78(6):1005-1010
Transiente ischämische Attacken (TIA)
Symptomen (<24h) geschickt, hatten keine
werden bisweilen von transienten neurologi-
MRT-Kontraindikationen und nie zuvor
schen Attacken (TNA) abgegrenzt. Bei letz-
einen Schlaganfall erlitten. Zwei voneinan-
teren liegen nicht-fokale Defizite vor, für die
der unabhängige Neurologen verwendeten
sich keine ätiologische Erklärung findet. In
die dokumentierten Symptome sowie Anga-
der vorliegenden Studie wurden 87 Patien-
ben zum jeweiligen vaskulären Risikoprofil
ten mit TIA und 56 Patienten mit TNA ein-
und den ABCD2 score, um sich zwischen
geschlossen. Die Patienten waren mindes-
den Diagnosen TIA oder TNA (oder anderen
tens 45 Jahre alt, wurden zu einer TIA-
Diagnosen) zu entscheiden. Die Patienten
Ambulanz binnen 7 Tagen nach transienten
erhielten binnen 7 Tagen eine magnetreso-
19
Stroke-News
1/2016
nanztomographische Aufnahme des Kopfes
artifizielles: Es gibt Patienten, bei denen die
(1.5T). Hierbei zeigte sich bei 31% der TIA-
Symptome suggestiv für eine TIA sind, weil
Patienten und 23% der TNA-Patienten ein
sie bis auf ihre Flüchtigkeit an Schlaganfälle
frischer Schlaganfall auf den diffusionsge-
in bestimmten Versorgungsgebieten erin-
wichteten Bildern. Die Autoren der Studie
nern (z.B. die brachiofazial betonte Hemi-
schlossen daraus, dass es sich auch bei viel-
parese bei Infarkt im Strombahngebiet der
leicht untypischen und diffusen transienten
Arteria cerebri media). Findet sich bei die-
Symptomen lohnen kann, zur ätiologischen
sen Patienten eine korrespondierende Diffu-
Zuordnung ein MRT zu veranlassen.
sionsrestriktion, bietet es sich an, von transienten Symptomen mit Infarkt (TSI) zu
Kommentar:
sprechen. Die TNA hingegen ist eine Verle-
Die Studie ist handwerklich gut gemacht.
genheitsdiagnose. Wie diese Studie zeigt, ist
Die Neurologen waren gegenüber dem Er-
sie zudem in über einem Fünftel der Fälle
gebnis der MRT-Untersuchung verblindet,
eine Fehldiagnose. Insofern folgern die Au-
das Patientenkollektiv war durchaus auf den
toren völlig zu Recht, dass diffuse transiente
klinischen Alltag übertragbar. Die der Prob-
Symptome mit plötzlichem Beginn per MRT
lemstellung zugrunde liegende Differenzie-
abgeklärt werden sollten. (ME)
rung zwischen TIA und TNA hat aber etwas
Relevanz des hyperdenses Mediazeichens – prognostisch, nicht aber therapeutisch ?!
Das hyperdense Mediazeichen (HMCAS) bei akuten Schlaganfallpatienten ist prädiktiv für das
Vorhandensein von einem Thrombus, assoziiert mit schwereren Schlaganfällen und schlechterem Outcome und in gewissem Maße bezüglich der Thrombuslast auch prädiktiv für die Response auf eine rekanalisierende Therapie. Die Autoren führten eine sekundäre Analyse der IST-3
Daten durch und zeigten, dass IV rt-PA (im Vergleich zu Placebo) im 6h Zeitfenster intraarterielles (hyperdenses) Thrombusmaterial reduziert. Das verbesserte Outcome nach einer IV-Lyse
gegenüber Plazebo war aber unabhängig vom Vorhandensein oder Fehlen eines HMCAS.
**** Mair G, von Kummer R, Morris Z, von Heijne A, Bradey N, Cala L, Peeters A,
Farrall AJ, Adami A, Potter G, Cohen G, Sandercock PA, Lindley RI, Wardlaw JM,
Group ISTC: Effect of alteplase on the ct hyperdense artery sign and outcome after ischemic stroke. Neurology 2016;86:118-125
20
Stroke-News
1/2016
Mair und Kollegen führten eine sekundäre
scheidung für oder gegen IV rt-PA bedin-
Auswertung der CT-Bilddaten aus IST-3
gen.
durch. Ihr Ziel war dabei herauszufinden, ob
die Lokalisation und das Ausmaß eines
Kommentar:
HMCAS bei der Akutpräsentation den the-
Positiv anzumerken ist, dass es sich um eine
rapeutischen Effekt von rt-PA beeinflusst
sekundäre Auswertung einer großen rando-
bzw modifiziert. Dafür wurden alle CCTs
misierten
vor Randomisierung und im Verlauf (24-
handelt. Die Einschränkungen werden aus-
48h) bezüglich folgender HMCAS Variab-
führlich diskutiert, so u.a. dass viele Scans
len analysiert: Vorhandensein, Lokalisation,
keine Dünnschicht CCTs waren und auch
Persistenz, Zu- oder Abnahme, Persistenz
nur eine qualitative (keine automatisierte
bei Follow-up, Assoziation mit 6-Monats-
HU-basierte) Analyse vorgenommen wurde
Outcome und Effekt von rt-PA vs Plazebo.
und das mit einer mäßigen Interrater Varia-
Das Vorliegen und Ausmaß eines HMCAS
bilität (Kappa 0.39-0.46). Mir war nie klar,
war unabhängig prädiktiv für ein schlechte-
warum auch die von anderen Arbeitsgrup-
res Outcome (Oxford Handicap Scale
pen propagierte und nur behelfsweise am
[OHS]) in einer adjustierten ordinalen Re-
HMCAS gemessene „Thrombuslast“ unsere
gressionsanalyse (OR=0.66, p<0.001 und
Entscheidungsfindung hinsichtlich verfügba-
OR=0.61, p=0.027). Höheres Alter war mit
rer Therapien in die eine oder andere Rich-
größerem HMCAS Wachstum im Verlauf
tung beeinflussen sollte. Klar ist, sieht man
assoziiert (OR=1.01, p=0.013). IV rt-PA
ein HMCAS, handelt es sich wahrscheinlich
verstärkte die Schrumpfung oder das Ver-
um einen größeren Schlaganfall mit einem
schwinden
Verlauf
schlechteren Outcome. Nach der aktuellen
(OR=0.77, p=0.006) ohne Unterschied zwi-
Datenlage sollten Kliniken bei akuten
schen proximalen oder distalen bzw. stärker
Schlaganfallpatienten, die Lysekandidaten
oder geringer ausgeprägtem HMCAS und
sind, soundso eine Gefäßbildgebung, i.d.R.
ohne eine Interaktion zwischen Vorhanden-
eine CTA, mitlaufen lassen. Rt-PA sollte in
sein oder Fehlen eines HMCAS und dem
jedem Fall (vorher) verabreicht werden, egal
Effekt von IV rt-PA auf das Outcome nach 6
ob ein HMCAS zu sehen ist oder nicht.
Monaten (alle p=n.s.). Somit reduziert IV rt-
Stellt sich nach der CTA der Fall dann so
PA zwar das HMCAS hat aber keinen be-
dar, dass eine endovaskuläre Therapie indi-
handlungsmodifizierenden Effekt. Das Vor-
ziert ist, sollte diese auch eingeleitet werden,
liegen eines HMCAS sollte somit keine Ent-
unabhängig von einem HMCAS. Keinesfalls
eines
HMCAS
im
doppelblinden
Therapiestudie
sollte ein „fehlendes“ HMCAS als Indiz
21
Stroke-News
1/2016
gegen eine Lysetherapie angesehen werden
tischer Sicht zur Kenntnis, leite aber keine
(auch so was habe ich schon gehört). Das
therapeutischen Indikationen daraus ab. Die-
letztere zeigt diese Arbeit vortrefflich, wes-
se sehr schöne Analyse verändert mein täg-
wegen ich sie mit 4 Sternen bewertet habe.
liches Handeln auch nach den positiven
Fazit: Ein HMCAS nehme ich aus prognos-
EVT-Studien dennoch nicht ! (PDS)
5. Primärprävention
Antihypertensive Therapie zur Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse: Ist niedriger
besser?
Eine aggressivere blutdrucksenkende Therapie senkt das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse, des
Schlaganfalls und des vaskulären Tods gegenüber einer weniger aggressiven Therapie.
**** Xie X, Atkins E, Lv J, Bennett A, Neal B, Ninomiya T, Woodward M, MacMahon S,
Turnbull F, Hillis GS, Chalmers J, Mant J, Salam A, Rahimi K, Perkovic V, Rodgers A.
Effects of intensive blood pressure lowering on cardiovascular and renal outcomes: updated systematic review and meta-analysis. Lancet 2016;387:435-443
Die arterielle Hypertonie ist ein wichtiger
eine aggressivere mit einer weniger aggres-
Risikofaktor für den Schlaganfall und kardi-
siven blutdrucksenkenden Therapie über
ovaskulärer Erkrankungen. Die arterielle
einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten
Hypertonie ist auch ein häufiger Grund für
verglichen wurden. Anschließend führten sie
eine Niereninsuffizienz. Die bisherigen Leit-
eine Meta-Analyse durch. Endpunkte der
linien empfehlen systolische Blutdruckwerte
Meta-Analyse waren schwerwiegende kar-
unter 140/90 mm Hg anzustreben und bei
diovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt,
Patienten mit Diabetes mellitus unter 130/85
Schlaganfall, Herzinsuffizienz und kardi-
mm Hg. Die 8. Joint National Commitee
ovaskulärer Tod. Außerdem wurden ausge-
Guidelines empfehlen sogar bei über 60-
wertet die Gesamtsterblichkeit, die Entwick-
jährigen eine Grenze des Blutdrucks von
lung einer Niereninsuffizienz, schwerwie-
150/90 mm Hg. Diese Empfehlungen sind
gende unerwünschte Arzneimittelwirkun-
aber keineswegs unumstritten. Die Autoren
gen, Albuminurie und fortschreitende Re-
führten eine systematische Literatursuche
tinopathie bei Patienten mit Diabetes melli-
durch und identifizierten Studien, mit denen
tus. Die Autoren fanden 19 Studien mit ins-
22
Stroke-News
1/2016
gesamt 44.989 Teilnehmern. Während der
war am größten bei Patienten mit vorbeste-
Studiendauer traten 2.496 schwerwiegende
henden vaskulären Erkrankungen, einer Nie-
kardiovaskuläre Ereignisse auf, 1.762 To-
renerkrankung
desfälle und 514 Fälle eines Nierenversa-
Schwerwiegende unerwünschte Arzneimit-
gens. Fast alle Studien waren offen. Die
telwirkungen waren bei aggressiverer und
mittlere Beobachtungsdauer war 3,8 Jahre.
weniger
Fünf Studien schlossen nur Patienten mit
Therapie nicht unterschiedlich. Lediglich
Diabetes mellitus ein und 6 Studien schlos-
eine klinisch wirksame arterielle Hypotonie
sen Patienten mit chronischer Niereninsuffi-
fand sich beim aggressiven blutdrucksen-
zienz ein. Zwei Studien rekrutierten Patien-
kenden Regime häufiger.
oder
Diabetes
aggressiver
mellitus.
blutdrucksenkender
ten mit Diabetes mellitus ohne arterielle
Hypertonie.
Der mittlere Blutdruck in der weniger ag-
Kommentar:
gressiven Behandlungsgruppe lag im Mittel
Diese große Meta-Analyse zeigt sehr über-
bei 140/81 mm Hg und in der aggressiv be-
zeugend, dass es sich definitiv lohnt, eine
handelten Gruppe bei 133/76 mm Hg. Die
arterielle Hypertonie aggressiv zu behan-
relative Risikoreduktion zugunsten der ag-
deln. Soweit dies von der Toleranz der The-
gressiveren blutdrucksenkenden Therapie
rapie bzgl. Nebenwirkungen vertretbar ist,
betrug 14% für schwerwiegende kardiovas-
gilt damit weiterhin das Paradigma je nied-
kuläre Ereignisse, 13% für Myokardinfarkte,
riger umso besser. Dies gilt vor allem für die
22% für Schlaganfälle, 10% für eine Al-
Reduktion von Schlaganfällen und kardi-
buminurie und 19% für ein Fortschreiten
ovaskulären Ereignissen. Deutlich geringere
einer vorbestehenden Retinopathie. Keine
Auswirkungen hat die aggressive Blutdruck-
eindeutigen Auswirkungen der intensiven
senkung auf die Entwicklung und Progressi-
blutdrucksenkenden Therapie fand sich bei
on einer Herzinsuffizienz. Bemerkenswert
der Herzinsuffizienz mit einer relativen Ri-
ist, dass die höchste Risikoreduktion für das
sikoreduktion von 15%, beim kardiovasku-
Auftreten von Schlaganfällen erreicht wird.
lären Tod mit 9%, bei der Gesamtsterblich-
Eine interessante Beobachtung der Studie
keit von 9% und dem Nierenversagen mit
war, dass der Effekt einer besseren Blut-
10%. Die Analyse zeigte auch, dass es einen
drucksenkung über alle Patientengruppen
eindeutigen Nutzen einer blutdrucksenken-
hinweg zu beobachten war. Im klinischen
den Therapie gibt, wenn der systolische
Alltag in Deutschland besteht allerdings das
Blutdruck unter 140 mm Hg gesenkt wird.
Problem, dass bei vielen Patienten eine arte-
Der Nutzen der antihypertensiven Therapie
rielle Hypertonie nicht diagnostiziert wird
23
Stroke-News
1/2016
und selbst wenn sie bekannt ist, nicht ausrei-
arteriellen Hypertonie nicht sehr hoch. Die
chend behandelt wird. Solange Patienten
Situation ist natürlich stark verändert, wenn
keine Beschwerden haben und kein vaskulä-
Patienten bereits einen Endpunkt wie einen
res Ereignis erlitten haben, ist die Einsicht in
Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall
eine Notwendigkeit der Behandlung einer
bzw. eine Hirnblutung erlitten haben. (HCD)
Neue Therapieziele bei der Behandlung der arteriellen Hypertonie: Die SPRINT Studie
Bei Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, aber ohne Diabetes mellitus reduziert ein systolischer Blutdruck unter 120 mm Hg verglichen mit unter 140 mm Hg das Risiko
tödlicher und nicht-tödlicher schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse und reduziert ebenfalls die Mortalität. Dem steht eine erhöhte Rate an Nebenwirkungen gegenüber.
***** SPRINT Research Group, Wright JT Jr, Williamson JD, Whelton PK, Snyder JK,
Sink KM, Rocco MV, Reboussin DM, Rahman M, Oparil S, Lewis CE, Kimmel PL, Johnson KC, Goff DC Jr, Fine LJ, Cutler JA, Cushman WC, Cheung AK, Ambrosius WT. A
randomized trial of intensive versus standard blood-pressure control. N Engl J Med
2015;373(22):2103-2116
Die arterielle Hypertonie ist der wichtigste
und mehr aufgenommen, die kardiovaskulä-
Risikofaktor für den Schlaganfall und der
re Risikofaktoren aber keinen Diabetes hat-
drittwichtigste Risikofaktor für den Herzin-
ten. Die Patienten wurden entweder in eine
farkt. Eine Behandlung der arteriellen Hy-
Gruppe randomisiert, bei der angestrebt
pertonie führt zu einer 30 bis 40%igen Re-
wurde den systolischen Blutdruck unter 120
duktion von Schlaganfällen und zu einer 15
mm Hg einzustellen oder in eine zweite
bis 25%igen Reduktion von Herzinfarkten.
Gruppe, bei der der Blutdruck unter 140 mm
Der größte Einfluss der antihypertensiven
Hg gesenkt werden sollte. Der primäre End-
Therapie ist die Verhinderung einer Herzin-
punkt war die Kombination aus Herzinfarkt,
suffizienz mit einer Risikoreduktion von bis
akutem
zu 64%. Umstritten ist nach wie vor welches
Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod.
der ideale systolische Blutdruckwert ist, auf
Die Patienten waren im Mittel 68 Jahre alt.
den der Blutdruck gesenkt werden soll. In
Der initiale Blutdruck betrug 140 mm Hg
die Studie wurden 9.361 Patienten mit ei-
systolisch und 78 mm Hg diastolisch. Etwa
nem systolischen Blutdruck von 130 mm Hg
die Hälfte der Patienten nahm ein Statin
24
Koronar-Syndrom,
Schlaganfall,
Stroke-News
1/2016
oder Acetylsalicylsäure ein. 13% waren
der intensiven Therapiegruppe auf. Statis-
Raucher. Im Mittel nahmen die Patienten bei
tisch signifikant häufiger waren die arterielle
Studieneinschluss 1,8 verschiedene Antihy-
Hypotonie, Synkopen, Elektrolytstörungen
pertensiva ein. Ein Jahr nach Randomisie-
und Niereninsuffizienz. In der Intensiv-
rung betrug der mittlere systolische Blut-
Therapie-Gruppe traten auch häufiger Hy-
druck
pokaliämien und Hyponatriämien auf.
in
der
Intensiv-Therapie-Gruppe
121,4 mm Hg und in der Standard-Gruppe
136,2 mm Hg. Den primären Endpunkt er-
Kommentar:
reichten 243 Patienten in der Intensiv-
Die SPRINT Studie wurde angesichts der
Therapie-Gruppe, entsprechend 5,2% mit
hochsignifikanten Ergebnisse vorzeitig ab-
einer jährlichen Rate von 1,65%. In der
gebrochen. Die Ergebnisse geben Anlass,
Standard-Therapie-Gruppe traten 319 Ereig-
die bisherigen Therapieziele von unter 140
nisse auf, entsprechend 6,8% und einer jähr-
mm Hg systolisch bei Nichtdiabetikern und
lichen Ereignisrate von 2,19%. Dies ent-
130 mm Hg bei Diabetikern zu überdenken.
spricht einer Hazard Ratio von 0,75, die
Die wesentlichen Ergebnisse beziehen sich
statistisch signifikant war. Für die sekundä-
auf die Mortalität und die Entwicklung einer
ren Endpunkte ergaben sich signifikante
Herzinsuffizienz. Die Studiendauer von 3,3
Unterschiede für Herzinsuffizienz, kardi-
Jahren war wahrscheinlich zu kurz, um Ef-
ovaskuläre Todesfälle und die Gesamt-
fekte auf Herzinfarkt und Schlaganfall zu
Mortalität, wobei für die Endpunkte Herzin-
zeigen. Die Umsetzung der Studie in die
farkt, akutes Koronar-Syndrom und Schlag-
klinische Realität ist sicher schwierig, da
anfälle keine signifikanten Unterschiede zu
eine aggressive antihypertensive Therapie
beobachten waren. Die Ergebnisse waren bei
mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen
Patienten mit normaler Nierenfunktion deut-
einhergeht und sehr wahrscheinlich Proble-
lich ausgeprägter als bei Patienten mit ein-
me mit der Compliance bereitet. Die Ergeb-
geschränkter Nierenfunktion. Subgruppen-
nisse sind im Moment auch nur auf Nichtdi-
Analysen ergaben keine Unterschiede be-
abetiker zu übertragen, die bisher keinen
züglich Alter, Geschlecht, Rasse, vorbeste-
Schlaganfall hatten. Welche idealen Grenz-
hende kardiovaskuläre Erkrankungen und
werte für Patienten nach ischämischen Insult
dem initialen Ausgangsblutdruck. Erwar-
oder zerebraler Blutung gelten, ist nach wie
tungsgemäß traten mehr Nebenwirkungen in
vor nicht geklärt. (HCD)
25
Stroke-News
1/2016
Apixaban vs. Warfarin bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzklappenerkrankungen
In der ARISTOTLE Studie hatten ein Viertel aller Patienten leichte oder mittelschwere Herzklappenerkrankungen. Bei diesen Patienten war Apixaban überlegen im Vergleich zu Warfarin
für die Schlaganfall-Prävention und führte zu weniger Blutungskomplikationen. Dies ist mit den
Ergebnissen der Gesamtstudie vergleichbar.
**** Avezum A, Lopes RD, Schulte PJ, Lanas F, Gersh BJ, Hanna M, Pais P, Erol C, Diaz
R, Bahit MC, Bartunek J, De Caterina R, Goto S, Ruzyllo W, Zhu J, Granger CB, Alexander JH. Apixaban in comparison with warfarin in patients with atrial fibrillation and valvular heart disease: Findings from the Apixaban for reduction in stroke and other thromboembolic events in atrial fibrillation (ARISTOTLE) trial. Circulation 2015;132(8):624-632
Patienten mit Vorhofflimmern haben ein
Risiko für Schlaganfälle und Blutungskom-
erhöhtes Schlaganfallrisiko. Dies ist beson-
plikationen. Das Risiko von Schlaganfall
ders hoch, wenn zusätzlich eine rheumati-
und Herzinfarkt war wie in der Gesamtstu-
sche Herzerkrankung mit Herzklappende-
die für Apixaban um 30% reduziert.
fekten vorliegt. Für diese Patienten sind die
Schwerwiegende Blutungen waren um 20%
neuen Antikoagulantien nicht geeignet. Die
reduziert. Die Mortalität war nicht verän-
ARISTOTLE Studie verglich bei Patienten
dert.
mit Vorhofflimmern das neue Antikoagulanz Apixaban in einer Dosis von 2 x 2,5
Kommentar:
mg mit INR-angepasstem Warfarin (1). In
In den meisten Studien, die die neuen An-
die Studie konnten auch Patienten mit Aor-
tikoagulantien mit Vitamin K Antagonisten
tenstenosen, leichten Mitralklappenstenosen,
verglichen, waren Patienten mit Herzklap-
Trikuspidalklappenstenosen
biologi-
pen-Erkrankungen ausgeschlossen. Dies war
schen Herzklappen eingeschlossen werden.
für rheumatische Herzerkrankungen und
Primärer Endpunkt war die Häufigkeit von
hochgradige Mitralklappenstenosen auch in
Schlaganfällen und systemischen Embolien.
der ARISTOTLE Studie der Fall. Patienten
Von den 18.200 Patienten in der Studie hat-
mit leichten Stenosen und Stenosen an den
ten 4.808, entsprechend 26,4%, Verände-
Herzklappen sowie Patienten mit biologi-
rungen an den Herzklappen oder biologische
schen Herzklappen konnten eingeschlossen
Herzklappen. Im Vergleich zur übrigen Po-
werden. Sie machten etwa ein Viertel der
pulation hatten diese Patienten ein höheres
Studienpopulation aus. Es zeigte sich beru-
und
26
Stroke-News
1/2016
higenderweise, dass für diese Patienten der
lemlos mit Apixaban behandelt werden.
Nutzen von Apixaban im Vergleich zu
(HCD)
Warfarin sowohl für die Reduktion von
1.
Schlaganfällen, wie für die Reduktion von
ray JJ, Lopes RD, Hylek EM, Hanna M, et
schwerwiegenden
al. Apixaban versus warfarin in patients with
Blutungen
bestehen
bleibt. Deshalb kann diese Population prob-
atrial
Granger CB, Alexander JH, McMur-
fibrillation.
N
Engl
J
Med.
2011;365(11):981-92
Antikoagulation bei Patienten mit gastrointestinaler Blutung unter einer antithrombotischen Therapie und Vorhofflimmern.
Bei Patienten mit Vorhofflimmern, die unter einer Antikoagulation eine gastrointestinale Blutung erlitten haben, führt eine Wiederaufnahme der Antikoagulation zu weniger Thromboembolien und reduziert die Sterblichkeit verglichen mit Patienten, die nicht mehr antithrombotisch
behandelt werden.
*** Staerk L, Lip GY, Olesen JB, Fosbøl EL, Pallisgaard JL, Bonde AN, Gundlund A,
Lindhardt TB, Hansen ML, Torp-Pedersen C, Gislason GH. Stroke and recurrent haemorrhage associated with antithrombotic treatment after gastrointestinal bleeding in patients
with atrial fibrillation: nationwide cohort study. BMJ 2015;351:h5876
Patienten mit Vorhofflimmern haben ein
dann untersucht, ob eine erneute antithrom-
hohes Schlaganfallrisiko, das durch eine
botische Therapie mit oralen Antikoagulan-
Antikoagulation signifikant reduziert wer-
tien, Thrombozytenfunktionshemmern oder
den kann. Die gefürchtetste Komplikation ist
eine Kombinationstherapie erfolgte. Der
die intracerebrale Blutung. Am häufigsten
Follow-up begann 90 Tage nach Kranken-
kommt es allerdings als Nebenwirkung zu
hausentlassung. Endpunkte waren die Ge-
gastrointestinalen Blutungen. Das dänische
samtsterblichkeit, erneute thromboemboli-
Krankenhausregister erfasst alle Patienten,
sche Ereignisse, schwerwiegende Blutungen
die in Dänemark stationär behandelt werden.
und erneute gastrointestinale Blutungen. Für
Für diese Untersuchung wurden Patienten in
die Studie wurden 4.602 Patienten mit ei-
dem Register identifiziert, die in den Jahren
nem mittleren Alter von 78 Jahren identifi-
1996 bis 2012 mit Vorhofflimmern eine
ziert. In den nächsten 2 Jahren verstarben
gastrointestinale Blutung unter antithrombo-
40% der Patienten, 12% hatten ein thrombo-
tischer Therapie erlitten hatten. Es wurde
embolisches Ereignis, 18% eine schwerwie-
27
Stroke-News
1/2016
gende Blutung und 12% eine erneute gastro-
Kommentar:
intestinale Blutung. 924 Patienten (27%)
Diese Studie aus Dänemark ist sehr wichtig,
wurden nicht mehr antithrombotisch behan-
da sie zeigt, dass wahrscheinlich die meisten
delt. Verglichen mit diesen Patienten hatten
Patienten, die unter einer antithrombotischen
Patienten, die wieder antikoaguliert wurden,
Therapie bei Vorhofflimmern eine gastroin-
eine um 60% reduzierte Mortalität. Erhielten
testinale Blutung erleiden, zu einem späteren
sie einen Thrombozytenfunktionshemmer,
Zeitpunkt wieder antithrombotisch behan-
war die Mortalität um 25% reduziert und bei
delt werden sollten. Dabei sind orale An-
einer Kombination von oralen Antikoagu-
tikoagulantien wirksamer als Thrombozy-
lantien
Thrombozytenfunktionshem-
tenfunktionshemmer. Sie haben zwar ein
mern um 60%. Ähnliche Zahlen fanden sich
etwas höheres Risiko für schwerwiegende
für die Reduktion von thromboembolischen
Blutungskomplikationen, aber nicht für er-
Ereignissen. Das Risiko einer schwerwie-
neute
genden Blutungskomplikation war bei er-
schränkend muss hier angemerkt werden,
neuter Gabe von oralen Antikoagulantien
dass die Daten bei Antikoagulantien auf
um 37% erhöht. Das Risiko einer erneuten
Vitamin K Antagonisten beruhen. Daten zu
gastrointestinalen Blutung war über alle 4
den neuen oralen Antikoagulanzien sind für
Therapiegruppen hinweg nicht unterschied-
diese Fragestellung liegen bisher nicht vor.
lich.
(HCD)
und
gastrointestinale
Blutungen.
Ein-
6. Sekundärprävention
Evidenz zur frühen Revaskularisierung symptomatischer Carotisstenosen auf Basis einer
Metaanalyse der Risiken für Schlaganfall und Tod
Der bestmögliche Zeitpunkt für eine frühe Revaskularisierung symptomatischer Stenosen der A.
carotis interna mittels Endarterektomie (CEA) oder Stenting (CAS) ist nicht bekannt und wird
kontrovers diskutiert.
** De Rango P, Brown MM, Chaturvedi S, Howard VJ, Jovin T, Mazya MV, Paciaroni M,
Manzone A, Farchioni L, Caso V. Summary of evidence on early carotid intervention for
recently symptomatic stenosis based on meta-analysis of current risks. Stroke
2015;46:3423-3436
28
Stroke-News
1/2016
Die Arbeit analysiert 47 zwischen 2008 und
2004;363:915-24) gilt eine frühe Revaskula-
2015 publizierte Studien (35 CEA, 7 CAS, 5
risierung (i.e., 14 Tage) zumindest nach TIA
beide Methoden) im Hinblick auf das 30-
oder minorem Infarkt als Standard, auch
Tage-Komplikationsrisiko bei früher Inter-
wenn es diesbezüglich weder für die OP
vention in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des
noch das Stenting randomisierte Studien gibt
Eingriffs
cerebral-
und unklar bleibt, welches der beste Zeit-
ischämischen Ereignis (maximal 15 Tage).
punkt innerhalb dieses Zeitfensters ist. Da-
Die ganz überwiegend retrospektiven Stu-
ran ändert auch diese Arbeit nichts, obwohl
dien, von denen auch keine randomisiert
man sich durch Einsatz komplexer statisti-
war, schlossen insgesamt > 70.000 Patienten
scher Methoden bemüht hat, der unvermeid-
ein, wobei selbst das Supplementum keine
lichen Heterogenität der analysierten Stu-
genaue Angabe zur exakten Fallzahl erlaubt.
dien Rechnung zu tragen. Zudem sind die
Die Auswertung erfolgte getrennt für 3 In-
Autoren selbstkritisch genug, ausführlich
tervalle: 0-15 Tage, 0-7 Tage und 0-48 h
auf die Limitationen ihrer Arbeit hinzuwei-
nach dem ischämischen Ereignis, wobei
sen, so dass dieser Teil beinahe so umfäng-
auch für diese 3 Strata die Anzahl der je-
lich ist wie der Rest der Diskussion. Als
weils behandelten Patienten nicht aus den
wesentliches und nicht überraschendes Er-
Ergebnissen hervorgeht. Das Risiko für
gebnis bleibt festzuhalten, dass eine CEA
Schlaganfall oder Tod nach CEA war binnen
innerhalb der ersten 15 Tage nach cerebraler
0-15 Tagen (3,8% vs. 6,9%) bzw. 0-7 Tagen
Ischämie mit einem vertretbaren Risiko von
(3,6% vs. 6,6%) jeweils geringer als nach
ca. 4% (Schlaganfall/Tod) durchgeführt
CAS, bei einem Intervall von 0-48 Stunden
werden kann. Vorsicht geboten ist allerdings
jedoch geringfügig höher (5,8% vs. 5,4%).
bei Eingriffen nach Hirninfarkt innerhalb
Insgesamt waren die Komplikationsraten bei
der ersten zwei Tage, da hier die Komplika-
Patienten nach TIA deutlich geringer als
tionsraten für CEA und CAS um 8% liegen,
nach Hirninfarkt (CEA 1,9% vs. 4,9%; CAS
was den Nutzen eines Eingriffs in Frage
3,4% vs. 8%), wobei diese Unterschiede bei
stellt. Im klinischen Alltag basiert die Ent-
akut (0-48h) Behandelten besonders deutlich
scheidung über den Zeitpunkt einer revasku-
wurden (CEA 2,8% vs. 8,4%; CAS 3,4% vs.
larisierenden Maßnahme meist auf mehreren
7,9%).
Faktoren wie Infarktgröße und –lokalisation,
nach
dem
letzten
Pathomechanismus (embolisch vs. hämodyKommentar:
namisch), kollateraler Gefäßanatomie und
Seit der post-hoc Analyse gepoolter Daten
klinischer Dynamik (stabil vs. instabil). Da
aus
diese Parameter in Studien und deren Me-
ECST
und
NASCET
(Lancet
29
Stroke-News
1/2016
taanalysen oft nicht differenziert betrachtet
Eingriffes in vielen Fällen eine Entschei-
werden können und auch nicht mit diesbe-
dung, die nicht auf Evidenz sondern Patien-
züglich randomisierten Studien zu rechnen
ten-immanenten Faktoren und der Erfahrung
ist, bleibt die Wahl des Zeitpunktes eines
der Behandler beruht. (HCK)
Embolischer Hirninfarkt unbekannter Quelle: Ist Dabigatran besser als ASS? – Design der
Re-SPECT-ESUS-Studie
Die optimale Sekundärprophylaxe für Patienten mit bildmorphologisch wahrscheinlich embolischen Hirninfarkten ohne Nachweis einer Emboliequelle in der Standard-Schlaganfalldiagnostik
ist unklar. Die RE-SPECT-ESUS-Studie vergleicht randomisiert und doppelt-verblindet die Wirkung von Dabigatran gegen ASS in diesem Kollektiv.
***** Diener HC, Easton JD, Granger CB, Cronin L, Duffy C, Cotton D, Brueckmann M,
Sacco RL on behalf oft he RE-SPECT ESUS Investigators. Design of Randomized, doubleblind, Evaluation in secondary Stroke Prevention comparing the EfficaCy and safety of the
oral Thrombin inhibitor dabigatran etexilate vs. acetylsalicylic acid in patients with Embolic Stroke of Undetermined Source (RE-SPECT ESUS). Int J Stroke 2015;10:1309-1312
Patienten
mit
bildmorphologisch
wahr-
Hirninfarkte
ist
(siehe
Ergebnisse
der
scheinlich embolischen Hirninfarkten erhal-
CRYSTAL-AF und EMBRACE Studien),
ten häufig eine ausführliche Diagnostik zur
stellt sich die Frage, ob bei Patienten mit
Detektion der Emboliequelle. Diese umfasst
embolischen
meist die Darstellung der hirnversorgenden
Quelle (embolic stroke of undetermined
Arterien vom Aortenbogen bis intrakraniell
source – ESUS) eine Sekundärprophylaxe
mittels CT- oder MR-Angiografie und
mittels oraler Antikoagulation effektiver ist
Duplexsonografie,
transösophageale
als eine Therapie mit ASS. Diese Frage soll
Echokardiografie und, zur Detektion eines
in der RE-SPECT-ESUS Studie multizent-
möglichen (intermittierenden) Vorhofflim-
risch, randomisiert und doppelt-verblindet
merns, ein Langzeit-EKG-Monitoring. Trotz
beantwortet werden. Geplant ist der Ein-
ausführlicher Diagnostik bleibt bei einer
schluss von ca. 6000 Patienten an ca. 550
relevant großen Subgruppe (ca. 20-30%) die
Zentren, die Dabigatran (110 oder 150 mg
Emboliequelle unklar. Da nicht selten ein in
zweimal täglich) oder ASS (100 mg einmal
der Akutphase nicht detektiertes intermittie-
täglich) erhalten. Wesentliche Einschlusskri-
rendes Vorhofflimmern die Ursache dieser
terien sind Alter ≥ 60 Jahre oder 18-59 Jah-
eine
30
Hirninfarkten
unbekannter
Stroke-News
1/2016
re, wenn mindestens ein kardiovaskulärer
drei Jahren. Die Autoren haben für den Ein-
Risikofaktor vorliegt, sowie TIA oder
schluss von 6000 Patienten eine 92%ige
Schlaganfall in den letzten 3(-6) Monaten.
Power
Kritisch ist die Definition des ‚embolischen
Schlaganfallrate um 30% nachweisen zu
Hirninfarktes unbekannter Quelle (ESUS)‘.
können. Dabei wurde eine Rezidivrate von
Hierunter fallen in der RE-SPECT-ESUS
4.1% unter ASS-Therapie zugrunde gelegt.
Studie Patienten mit bildgebend nicht-
Kommentar:
lakunären Hirninfarkten, die keine ≥ 50%ige
Jeder länger tätige Stroke-Unit-Arzt hat Pa-
Stenose der das Infarkt-Territorium versor-
tienten
genden Arterie aufweisen und bei denen ein
ASS-Therapie gesehen, bei denen ein inter-
Vorhofflimmern, eine andere kardiale Em-
mittierendes
boliequelle oder eine andere Schlaganfallä-
wurde, das dem EKG-Monitoring beim ers-
tiologie (wie z.B. Dissektion oder Vaskuli-
ten Schlaganfall entgangen war. Häufig
tis) nicht nachgewiesen sind. Ein EKG-
stellt sich daher die Frage, ob nicht bei feh-
Monitoring mit automatischer Rhythmusde-
lender oder geringer Arteriosklerose und
tektion muss über mindestens 20 Stunden
embolischem Infarktmuster in der cerebralen
erfolgt sein. Wichtige Ausschlusskriterien
Bildgebung eine Antikoagulation auch ohne
sind eine frühere intrakranielle Blutung und
sicheren Nachweis eines Vorhofflimmerns
eine höhergradige Niereninsuffizienz. Pri-
begonnen werden sollte. Die RE-SPECT-
märer Endpunkt der Studie ist der erste Re-
ESUS
zidiv-Schlaganfall, die sekundären End-
werden diese Fragen in den nächsten Jahren
punkte umfassen Myokardinfarkte und kar-
für eine relevant große Subgruppe beantwor-
diovaskulär bedingten Tod. Erste Patienten
ten. Schon jetzt besteht ein möglicher Aus-
wurden bereits ab November 2014 einge-
weg aus dem Dilemma im Einschluss in eine
schlossen, die geplante Dauer liegt bei etwa
der beiden Studien. (CL)
31
berechnet,
mit
und
eine
Reduktion
Rezidiv-Hirninfarkten
Vorhofflimmern
der
unter
gefunden
NAVIGATE-ESUS-Studien
Stroke-News
1/2016
Die SOCRATES Studie: Ticagrelor vs. Aspirin zur frühen Schlaganfall-Prävention
Die SOCRATES Studie vergleicht den Thrombozytenfunktionshemmer Ticagrelor mit Aspirin
bei Patienten mit TIA und leichten Schlaganfällen, die innerhalb von 24 Stunden randomisiert
werden.
*** Johnston SC, Amarenco P, Albers GW, Denison H, Easton JD, Held P, Jonasson J,
Minematsu K, Molina CA, Wong LK. Acute Stroke or Transient Ischemic Attack Treated
with Aspirin or Ticagrelor and Patient Outcomes (SOCRATES) trial: rationale and design.
Int J Stroke 2015;10(8):1304-1308
Patienten, die eine TIA oder einen ischämi-
(SOCRATES) Studie ist eine randomisierte
schen Insult erlitten haben, haben ein hohes
doppelblinde Studie mit 3.600 Teilnehmern,
Risiko innerhalb der nächsten Tage einen
die in 33 Ländern rekrutiert werden. Einge-
zweiten und dieses Mal schwereren Schlag-
schlossen werden Patienten mit TIA und
anfall zu erleiden. Bei Patienten ohne kardi-
leichten Schlaganfällen. Die Randomisation
ale Emboliequelle erfolgt im Moment die
erfolgt innerhalb von 24 Stunden. Die Be-
Sekundär-Prävention mit Acetylsalicylsäure.
handlung erfolgt über 90 Tage entweder mit
Die CHANCE Studie in China hatte gezeigt,
2 x 90 mg Ticagrelor oder 100 mg Acetylsa-
dass für die frühe Sekundär-Prävention die
licylsäure. Der primäre Endpunkt ist die
Kombination von Clopidogrel und Acetylsa-
Kombination aus Schlaganfall, Myokardin-
licylsäure einer Monotherapie mit Acetylsa-
farkt und Tod. Der primäre Sicherheitsend-
licylsäure überlegen ist (1). Dieses Konzept
punkt sind schwerwiegende Blutungskom-
wird im Moment in den Vereinigten Staaten
plikationen. Die Studienteilnehmer werden
und Europa in der POINT Studie untersucht.
nach Beendigung der randomisierten Thera-
Ticagrelor
pie über weitere 30 Tage nachverfolgt.
ist
ein
P2Y12
Rezeptor-
Antagonist an Blutplättchen und hat eine
höhere Wirksamkeit als Acetylsalicylsäure
Kommentar:
bei Patienten mit akutem Koronar-Syndrom.
Die SOCRATES Studie untersucht, ob Ti-
Ob Ticagrelor auch bei Patienten nach TIA
cagrelor einer frühen Sekundär-Prävention
und leichtem Schlaganfall besser wirksam
mit Acetylsalicylsäure bei Patienten mit TIA
ist als Aspirin, wird in der SOCRATES Stu-
und leichten Schlaganfällen überlegen ist.
die untersucht. Die Acute Stroke or Tran-
Bisher war in allen Studien, in denen
sient Ischemic Attack Treated with Aspirin
Thrombozytenfunktionshemmer untersucht
or
werden, eine bessere Wirksamkeit mit einem
Ticagrelor
and
Patient
Outcomes
32
Stroke-News
1/2016
erhöhten Blutungsrisiko assoziiert. Ob dies
Nutzen von Ticagrelor gegenüber ASS.
auch bei der SOCRATES Studie der Fall ist,
(HCD)
ist im Moment nicht absehbar. Die Studie
Literatur:
hat ihre Rekrutierung abgeschlossen und die
1.
Ergebnisse werden beim europäischen
Schlaganfallkongress in Barcelona öffentich
gemacht. Eine Pressemitteilung der Firma
berichtete jedoch bereits einen fehlenden
Wang D, Wang C, et al. Clopidogrel with
Wang Y, Wang Y, Zhao X, Liu L,
aspirin in acute minor stroke or transient
ischemic
attack.
N
Engl
J
Med
2013;369(1):11-19
7. Blutungen
Mannitol als Osmotherapeutikum in Patienten mit intrazerebraler Blutung, eine multivariate und propensity score adjustierte post-hoc Analyse der INTERACT-2 Studie
Die Evidenzlage einer Osmotherapie bei Patienten mit stattgehabter intrazerebraler Blutung
(ICB) ist sehr gering. Mannitol ist ein häufig angewendetes Osmotherapeutikum, welches über
einen osmotischen Gradienten extrazelluläres Wasser zurück in das Gefäßsystem zieht und somit
Ödementwicklung, intrakraniellen Druck sowie zerebrale Perfusion positiv beeinflussen könnte.
Die vorliegende post-hoc Analyse untersucht den Einfluss einer Mannitol-Therapie auf das funktionelle Outcome bei Patienten mit ICB anhand der Daten, die im Rahmen der randomisiert kontrollierten INTERACT-2 Studie erhoben wurden.
** Wang X, Arima H, Yang J, Zhang S, Wu G, Woodward M, Muñoz-Venturelli P, Lavados PM, Stapf C, Robinson T, Heeley E, Delcourt C, Lindley RI, Parsons M, Chalmers J,
Anderson CS; for the INTERACT2 Investigators. Mannitol and outcome in intracerebral
hemorrhage: propensity score and multivariable intensive blood pressure reduction in
acute cerebral hemorrhage trial 2 results. Stroke 2015;46(10):2762-2767
Eine der größten und validesten Studie der
(RRsys < 180 mmHg) hinsichtlich dessen
letzten Jahre bei ICB Patienten ist die
Einfluss auf das funktionelle Outcome (mo-
INTERACT-2 Studie, die eine intensivierte
difizierte Rankin-Skala) nach 90 Tage ver-
und frühzeitige Blutdrucksenkung (RRsys <
glichen hat. Im Rahmen der Studie wurde
140 mmHG innerhalb der ersten 6 Stunden)
zudem die Gabe von Mannitol erfasst, wel-
mit einem konventionellen Blutdruckregime
che in der vorliegenden Arbeit auf klinische
33
Stroke-News
1/2016
Assoziationen und Auswirkungen auf das
schlossenen chinesischen Patienten signifi-
Outcome untersucht wurde. Es wurden dezi-
kant jünger waren, weniger Ko-Morbiditäten
dierte statistische Verfahren (propensity
aufwiesen und neurologisch weniger schwer
score matching, inverse probability of treat-
betroffen waren als vergleichbare Durch-
ment weighting) angewendet, um Bias und
schnittskohorten unserer Breiten. Unter die-
Imbalanzen auszugleichen, welche bei post-
sen Gesichtspunkten muss die durch die
hoc Analysen entstehen können. Die Ergeb-
Autoren berichtete Sicherheit einer Manni-
nisse zeigen, dass die Therapie mit Mannitol
tol-Therapie für die Allgemeinheit von ICB
bei ICB Patienten sicher zu sein scheint, da
Patienten kritisch hinterfragt werden, da
schwerwiegende unerwünschte Komplikati-
zudem
onen nicht gehäuft auftraten. In den Sub-
chinesischen Patienten erhöhte Komplikati-
gruppen Analysen zeigte sich ein möglicher
onsraten
Vorteil – reduzierte Mortalität und besseres
Therapie zeigten. Die Validität des propensi-
Outcome
einer Mannitol-Therapie bei
ty-score-matching bleibt ebenfalls offen, da
Patienten mit größeren ICB Volumina (≥
exakte Kriterien nicht berichtet wurden und
15ml).
vermutlich der wichtigste Parameter (chine-
–
Subgruppenanalysen
zuungunsten
einer
bei
nicht-
Mannitol-
sische Patienten) nicht eingeflossen ist. InteKommentar:
ressant und klinisch relevant könnte der auf-
Die vorliegende Arbeit untersucht eine Fra-
gezeigte positive Einfluss der Mannitol-
gestellung, die in den aktuellen Europäi-
Therapie bei Patienten mit größeren ICB
schen Leitlinien zur Behandlung einer ICB
Volumina sein, doch auch hier bleiben o.g.
nur mit einer schwachen Empfehlungsstärke
Einschränkungen bestehen und dezidierte
abgebildet werden konnte. Somit stellen die
Angaben zum Beginn, Dauer und Dosierung
Ergebnisse theoretisch einen wissenschaftli-
der Therapie werden nicht gemacht. Zu-
chen Mehrgewinn dar, aber leider ohne bzw.
sammenfassend trägt diese Studie nur wenig
nur geringen unmittelbaren klinischen Ein-
bei, die schwache Empfehlungsstärke und
fluss. Ein großes Problem besteht darin, dass
Evidenzlage relevant zu verbessern, doch
die hier verglichene Behandlungskohorte
könnte gerade für Patienten mit größeren
überwiegend aus chinesischen Patienten
Hämatomvolumina die Studie nützlich sein,
besteht und somit die Übertragbarkeit der
um valide designte Folgeuntersuchungen zu
Ergebnisse auf die westliche Bevölkerung
planen. (HH, JBK)
offen bleibt. Insbesondere, da die einge-
34
Stroke-News
1/2016
Strategien zur Antagonisierung von nicht-Vitamin K abhängigen oralen Antikoagulanzien
Eine Arbeitsgruppe der European Society of Cardiology Working Group on Cardiovascular
Pharmacotherapy hat Empfehlungen zur Antagonisierung von nicht-Vitamin K abhängigen oralen Antikoagulantien in Notfall-Situationen erarbeitet.
***** Niessner A, Tamargo J, Morais J, Koller L, Wassmann S, Husted SE, Torp-Pedersen
C, Kjeldsen K, Lewis BS, Drexel H, Kaski JC, Atar D, Storey RF, Lip GY, Verheugt FW,
Agewall S. Reversal strategies for non-vitamin K antagonist oral anticoagulants: a critical
appraisal of available evidence and recommendations for clinical management-a joint position paper of the European Society of Cardiology Working Group on Cardiovascular
Pharmacotherapy and European Society of Cardiology Working Group on Thrombosis.
Eur Heart J 2015 Dec 24.pii: ehv676. [Epub ahead of print]
Die nicht-Vitamin K abhängigen oralen An-
komplikation mit hämodynamischer Instabi-
tikoagulantien (NOACs) sind in der Präven-
lität besteht, sowie Situationen, in denen es
tion des Schlaganfalls bei Vorhofflimmern
nicht möglich ist eine Operation solange zu
teilweise wirksamer als der Vitamin K An-
verschieben bis die Wirkung der NOACs
tagonist Warfarin und haben entweder ein
abgeklungen ist, oder bei lebensbedrohli-
vergleichbares
Risiko
chen Blutungen, die nicht unmittelbar be-
Blutungskomplikationen
handelt werden können. Bei mittelschweren
mit Ausnahme von gastrointestinalen Blu-
und schweren Blutungskomplikationen bzw.
tungen. Die Häufigkeit intracranieller Blu-
bei dringender Indikation für eine Operation
tungen ist deutlich reduziert. Es gibt zwei
sollen die NOACs abgesetzt werden und
Situationen in denen Probleme auftauchen,
wenn möglich, eine mechanische Kompres-
nämlich wenn schwerwiegende Blutungs-
sion der Blutungsstelle erfolgen. Die Patien-
komplikationen auftreten, oder wenn Patien-
ten müssen hämodynamisch stabilisiert wer-
ten notfallmäßig operiert werden müssen
den, erhalten Volumen und ggf. Bluttransfu-
bzw. sich einer invasiven Prozedur unterzie-
sionen. Zusätzlich soll versucht werden,
hen müssen. Für Dabigatran steht in der
interventionell oder chirurgisch die Blutung
Zwischenzeit als Antidot Idarucizumab zur
zu stoppen. Wichtig ist, dass zur Ausschei-
Verfügung, das die Wirkung von Dabigatran
dung der NOACs die Diurese erhalten blei-
innerhalb von wenigen Minuten aufhebt. Die
ben muss. Bei lebensbedrohlichen Blutun-
Empfehlungen der Arbeitsgruppe gehen von
gen und notfallchirurgischen Eingriffen
einer Situation aus, in der eine Blutungs-
müssen die Patienten im Schockraum be-
schwerwiegender
oder
geringeres
35
Stroke-News
1/2016
handelt werden und anschließend auf einer
tungskomplikationen und dringenden chi-
Intensivstation weiterbetreut werden. Wenn
rurgischen Eingriffen dar. Mit der Einfüh-
das NOAC weniger als 2 Stunden vor dem
rung des neuen Antidots wird es zu einem
Ereignis eingenommen wurde, kann oral
Paradigmenwechsel in der oralen Antikoa-
Kohle gegeben werden. Für Dabigatran wird
gulation kommen. Ein spezifisches Antidot
dann das spezifische Antidot eingesetzt. Für
steht für Vitamin K Antagonisten wie Mar-
die Faktor Xa Hemmer wird im Moment
cumar nicht zur Verfügung. Die Antidots
empfohlen,
Prothrombinkomplex-
gegen Dabigatran und die Xa Hemmer lösen
Konzentrat zu geben bis das Antidot An-
allerdings nicht das Problem einer Blu-
dexanet erhältlich und zugelassen ist.
tungskomplikation, wenn neue Antikoagulantien in Kombination mit Thrombozyten-
Kommentar:
funktionshemmern gegeben werden. (HCD)
Dieser Übersichtsartikel stellt die therapeutischen Optionen bei schwerwiegenden Blu-
Blutungsrisiko bei zerebralen Kavernomen
In einer großen Kohortenstudie zur Prognose von unbehandelten cerebralen Kavernomen zeigte
sich, dass Patienten mit Kavernomen im Hirnstamm, die bereits geblutet hatten oder fokalneurologische Defizite verursachen, das höchste Blutungsrisiko aufweisen.
**** Horne MA, Flemming KD, Su IC, Stapf C, Jeon JP, Li D, Maxwell SS, White P,
Christianson TJ, Agid R, Cho WS, Oh CW, Wu Z, Zhang JT, Kim JE, Ter Brugge K, Willinsky R, Brown RD Jr, Murray GD, Salman RA; Cerebral Cavernous Malformations Individual Patient Data Meta-analysis Collaborators. Clinical course of untreated cerebral
cavernous malformations: a meta-analysis of individual patient data. Lancet Neurol
2016;15:166-173
Kavernome sind in vielen Fällen Zufallsent-
tomatisch werden indem sie bluten oder zu
deckungen wenn Kernspintomographien des
epileptischen Anfällen führen. Selten bedin-
Gehirns wegen anderer Indikationen durch-
gen sie andere fokal-neurologische Ausfälle.
geführt werden. Die Prävalenz bei neurolo-
Die gefürchtetste Komplikation von Kaver-
gisch unauffälligen Personen liegt zwischen
nomen ist die Blutung. Die meisten Daten
1:600 und 1:700. Kavernome können symp-
zum Blutungsrisiko beruhen bisher auf ret-
36
Stroke-News
1/2016
rospektiven Auswertungen. Die vorliegende
Symptome, 18,4% für Personen mit Kaver-
Publikation ist die erste größere Studie, die
nomen außerhalb des Hirnstamms mit Blu-
auf Daten individueller Patienten beruht. Die
tung oder fokal-neurologischen Defiziten
Autoren identifizierten Studien-Zentren die
und 30,8% für Personen mit Kavernomen im
Kohorten von Patienten mit Kavernomen im
Bereich des Hirnstamms, die bereits geblutet
Alter über 16 Jahren publiziert hatten. Die
hatten oder fokal-neurologische Defizite
Zentren wurden angeschrieben und gebeten,
verursachten.
die Baseline-Daten der Patienten und Ereignisse während der weiteren Beobachtung zu
Kommentar:
erfassen. Aus den so gewonnenen Daten
Diese Publikation ist die numerisch größte
wurde dann das 5-Jahresrisiko einer symp-
untersuchte Population zur Prognose von
tomatischen intracraniellen Blutung mit
cerebralen Kavernomen. Die Studie zeigte
Hilfe
Cox-
ein relativ geringes Blutungsrisiko wenn
Regressionsanalyse berechnet. Die Studie
Kavernome außerhalb des Hirnstamms loka-
umfasste 1.620 Personen aus sieben Kohor-
lisiert sind, bisher nicht geblutet haben und
ten.
Personenjahren-
keine fokal-neurologischen Defizite verur-
Beobachtung traten 204 intracranielle Blu-
sachen. Hier besteht sehr wahrscheinlich
tungen auf. Dies entspricht einem 5-
kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Kaver-
Jahresrisiko von 15,8% mit einem 95%
nome im Hirnstamm, insbesondere diejeni-
Konfidenzintervall von 13,7 bis 17,9%. Das
gen die bereits geblutet haben, haben ein
Risiko war deutlich erhöht wenn ein Kaver-
sehr hohes Blutungsrisiko und in diesen Fäl-
nom bereits geblutet hatte oder wenn es
len muss mit den Neurochirurgen kritisch
symptomatisch war. Außerdem war das Blu-
diskutiert werden, ob eine operative Resek-
tungsrisiko bei Kavernomen, die im Hirn-
tion des Kavernoms indiziert und möglich
stamm lokalisiert waren, um den Faktor 4,4
ist. Eine weitere Indikation für die Operation
erhöht gegenüber Kavernomen in anderen
eines Kavernoms, das nicht im Hirnstamm
Lokalisationen. Keinen Einfluss auf das Blu-
gelegen ist, sind fokal-eingeleitete und se-
tungsrisiko hatten Alter, Geschlecht und die
kundär-generalisierte Anfälle, wenn diese
Zahl der Kavernome. Das 5-Jahresrisiko
medikamentös nicht zu beherrschen sind.
einer intracerebralen Blutung bei Patienten,
Die hier festgestellten Ereignisraten und
die nicht behandelt wurden, betrug 3,8% für
Risikofaktoren bilden eine gute Grundlage,
Personen mit Kavernomen außerhalb des
um in Zukunft eine randomisierte Therapie-
Hirnstamms ohne Symptome, 8% bei Ka-
studie zu planen. (HCD)
einer
Während
multivariablen
5.197
vernomen im Hirnstamm ohne Blutung und
37
Stroke-News
1/2016
Größe und funktioneller Outcome intracerebraler Blutungen unter oraler Antikoagulation
In einer kleinen prospektiven Beobachtungsstudie hatten Patienten, die mit NOACs antikoaguliert waren und eine cerebrale Blutung erlitten, kleinere Blutungsvolumina und ein besseres klinisches Outcome als Patienten, die mit Warfarin antikoaguliert waren.
*** Wilson D, Charidimou A, Shakeshaft C, Ambler G, White M, Cohen H, Yousry T, AlShahi Salman R, Lip GY, Brown MM, Jäger HR, Werring DJ; CROMIS-2 collaborators.
Volume and functional outcome of intracerebral hemorrhage according to oral anticoagulant type. Neurology 2016;86:360-366
Intracerebrale Blutungen sind die gefürch-
Patienten mit intracerebralen Blutungen un-
tetste Komplikation einer oralen Antikoagu-
ter neuen Antikoagulantien und 52 Patienten
lation zur Schlaganfallprävention bei Patien-
mit Warfarin induzierten intracraniellen Blu-
ten mit Vorhofflimmern. Intracerebrale Blu-
tungen. Das mediane Volumen der intrace-
tungen unter Antikoagulanzien haben eine
rebralen Blutung betrug 2,4 ml unter neuen
Sterblichkeit um 40% und die meisten Pati-
Antikoagulanzien und 8,9 ml unter Warfa-
enten, die überleben, sind schwerwiegend
rin. In einer univariaten linearen Regressi-
behindert. In den großen randomisierten
onsanalyse waren die Einnahme von Warfa-
Studien zum Einsatz von nicht-Vitamin K
rin und lobäre Blutungen mit größeren Vo-
abhängigen oralen Antikoagulanzien bei
lumina der Blutungen assoziiert. In einer
Vorhofflimmern im Vergleich zu Warfarin
multivariaten linearen Regression, die po-
war die Häufigkeit intracerebraler Blutungen
tentielle Confounder wie Geschlecht, arteri-
zwischen 65% und 80% reduziert. Die
elle Hypertonie, vorausgehender ischämi-
Sterblichkeit an intracerebralen Blutungen
scher Insult, Ausmaß der Mikroangiopathie
war allerdings zwischen den beiden Thera-
und vorbestehende Behinderungen berück-
pien in den randomisierten Studien nicht
sichtigte, blieb Warfarin ein unabhängiger
unterschiedlich. Die Kollegen aus Birmin-
Risikofaktor für große intracerebrale Blu-
gham und Edinburgh führten eine prospekti-
tungsvolumina. Eine logistische Regression
ve multizentrische Beobachtungsstudie bei
zeigte auch einen signifikant schlechteren
Patienten mit Antikoagulanzien induzierten
Outcome bei Patienten mit Warfarin indu-
intracerebralen Blutungen durch. Von 63
zierten intracerebralen Blutungen (Odds
Patienten lagen cerebrale Bildgebung und
Ratio 4,46; p = 0,037).
Outcome-Daten vor. Verglichen wurden 11
38
Stroke-News
1/2016
Kommentar:
ner Blutung unterschiedlich war, wenn die
Diese kleine Beobachtungsstudie legt nahe,
Patienten unterschiedlich antikoaguliert wa-
dass intracerebrale Blutungen bei Patienten,
ren. Da bei den meisten Patienten auch keine
die mit neuen Antikoagulanzien antikoagu-
Kernspintomographie vorlag, gibt es keine
liert sind, kleiner sind als bei Patienten, die
Aussagen zum Einfluss einer ausgeprägten
mit Warfarin antikoaguliert sind und eine
Mikroangiopathie oder von Microbleeds.
bessere Prognose haben. Hier muss aller-
Die Ergebnisse stehen auch im Widerspruch
dings einschränkend angemerkt werden,
zu den Ergebnissen der großen randomisier-
dass die Studie sehr klein war und dass da-
ten Studien. Diese hatten allerdings nicht die
her die statistischen Auswertungen nur ein-
Möglichkeit, die Blutungsgröße in der Bild-
geschränkt verwertbar sind. Leider wurde
gebung zu messen. In den randomisierten
bei den meisten Patienten nur ein einmaliges
Studien wurde lediglich die Mortalität be-
CT angefertigt, so dass keine Aussagen dar-
stimmt. (HCD)
über bestehen, ob das Größenwachstum ei-
Andexanet Alfa als Antidot für Faktor Xa Hemmer
Andexanet ist ein wirksames Antidot für Personen, die mit Apixaban oder Rivaroxaban antikoaguliert sind. Die Wirkung setzt innerhalb weniger Minuten ein.
**** Siegal DM, Curnutte JT, Connolly SJ, Lu G, Conley PB, Wiens BL, Mathur VS, Castillo J, Bronson MD, Leeds JM, Mar FA, Gold A, Crowther MA. Andexanet alfa for the
reversal of factor Xa inhibitor activity. N Engl J Med 2015;373(25):2413-2424
Die neuen oralen Antikoagulanzien haben
delt sich um ein modifiziertes menschliches
zwei Wirkungsmechanismen: Dabigatran ist
Xa Protein, das Faktor Xa Hemmer bindet
ein direkter Thrombinantagonist und Riva-
und ohne biologische Aktivität ist. Es han-
roxaban, Apixaban und Edoxaban sind Fak-
delt sich hier um eine Phase II Studie bei
tor Xa Hemmer. Für Vitamin K Antagonis-
gesunden Probanden, die entweder mit 2 x 5
ten gibt es bisher kein spezifisches Antidot.
mg Apixaban oder 20 mg Rivaroxaban be-
Für Dabigatran gibt es den humanisierten
handelt wurden. Im Rahmen einer Placebo-
monoklonalen Antikörper Idarucizumab, der
kontrollierten Studie wurden sie dann ent-
die Aktivität von Dabigatran innerhalb we-
weder mit einem Bolus von Andexanet be-
niger Minuten aufhebt. Andexanet Alfa ist
handelt oder mit einem Bolus und zusätzlich
ein Antidot für Faktor Xa Hemmer. Es han-
einer 2-stündigen Infusion. Der primäre
39
Stroke-News
1/2016
Zielpunkt der Studie war die mittlere Verän-
durch eine zusätzliche 2-stündige Infusion
derung der Anti-Faktor Xa Aktivität. Bei
verhindert werden.
Personen, die mit Apixaban vorbehandelt
Kommentar:
wurden, führte die Bolus-Gabe von Andexa-
Nach Idarucizumab für Patienten, die mit
net zu einer 94%igen Reduktion der Anti-
Dabigatran behandelt werden, steht in Zu-
Faktor Xa Aktivität, verglichen mit 21% bei
kunft auch ein neues Antidot, nämlich An-
den Probanden die Placebo erhielten. Die
dexanet Alfa für Patienten zur Verfügung,
Apixaban-Konzentration fiel von 9,3 ng/ml
die mit einem Faktor Xa Hemmer antikoa-
auf 1,9 ng/ml. Bei den Personen, die mit
guliert sind. Diese Studie ist an gesunden
Rivaroxaban vorbehandelt waren, war die
Probanden durchgeführt worden. Derzeit
Anti-Faktor Xa Aktivität um 92% reduziert,
läuft eine Studie an Patienten, die schwer-
verglichen mit 18% unter Placebo. Die Ri-
wiegende Blutungskomplikationen erlitten
varoxaban-Konzentration
23,4
haben. Mit einer Zulassung von Andexanet
ng/ml auf 4,2 ng/ml. Bei einer reinen Bolus-
ist erst dann zu rechnen, wenn die Ergebnis-
Gabe ließ die Wirksamkeit von Andexanet
se dieser Studie vorliegen. (HCD)
fiel
von
nach 2 Stunden wieder nach. Dies konnte
Intrazerebrale Blutung: Welche diagnostische Methode hat die höchste Trefferquote?
Die CT-Angiographie eignet sich als initiale diagnostische Maßnahme zur Identifikation makrovaskulärer Blutungsursachen bei Patienten mit intracerebralen Blutungen. Die Trefferquote ist
allerdings gering. Bei Patienten mit normaler CT-Angiographie sollte daher eine digitale Subtraktionsangiographie erfolgen. Kavernome können nur mit Hilfe der Kernspintomographie identifiziert werden.
*** van Asch CJ, Velthuis BK, Rinkel GJ, Algra A, de Kort GA, Witkamp TD, de Ridder
JC, van Nieuwenhuizen KM, de Leeuw FE, Schonewille WJ, de Kort PL, Dippel DW,
Raaymakers TW, Hofmeijer J, Wermer MJ, Kerkhoff H, Jellema K, Bronner IM, Remmers MJ, Bienfait HP, Witjes RJ, Greving JP, Klijn CJ; DIAGRAM Investigators. Diagnostic yield and accuracy of CT angiography, MR angiography, and digital subtraction
angiography for detection of macrovascular causes of intracerebral haemorrhage: prospective, multicentre cohort study. BMJ 2015;351:h5762
10 bis 15% aller Schlaganfälle sind intrace-
sind arteriovenöse Malformationen, Aneu-
rebrale Blutungen. Makrovaskuläre Ursache
rysmen, arteriovenöse Fisteln, Kavernome
40
Stroke-News
1/2016
und cerebrale Sinus-/Venenthrombosen. Die
ovenöse Malformationen, durale arteriove-
meisten dieser makrovaskulären Blutungsur-
nöse Fisteln, Kavernome, ein Aneurysma,
sachen haben therapeutische Konsequenzen.
eine cerebrale Sinus/Venenthrombose oder
Daher ist der bildgebende Nachweis sehr
eine angeborene venöse Anomalie. Bei 291
wichtig.
Patienten
Hierzu
stehen
die
CT-
(98%)
wurde
eine
CT-
Angiographie, die MR-Angiographie und
Angiographie durchgeführt. Bei 214 Patien-
die digitale Subtraktionsangiographie zur
ten mit normaler CT und CT-Angiographie
Verfügung. Die prospektive multizentrische
wurde eine Kernspintomographie und Kern-
Diagnostic AngioGRAphy to find vascular
spinangiographie durchgeführt, die bei 97
Malformations (DIAGRAM) Studie schloss
Patienten negativ war. Diese Patienten er-
Patienten mit nicht-traumatischen, intrace-
hielten eine digitale Subtraktionsangiogra-
rebralen Blutungen im Alter zwischen 18
phie. Die initiale CT-Angiographie identifi-
und 70 Jahren ein, die in 22 Krankenhäusern
zierte 51 makrovaskuläre Blutungsursachen
in Holland zwischen Juli 2008 und Juni
mit einer diagnostischen Trefferquote von
2014 behandelt wurden. Patienten mit Blu-
17%. Die Kombination von CT- und Kern-
tungen in den Basalganglien, im Thalamus
spintomographie identifizierte 2 zusätzliche
und in der hinteren Schädelgrube wurden
makrovaskuläre Ursachen. Die digitale Sub-
ausgeschlossen. Außerdem wurden Patien-
traktionsangiographie fand weitere 15 Ursa-
ten mit definitiv hypertensiven Blutungen
chen. Erwartungsgemäß wurden Kavernome
ausgeschlossen. In die Studie wurden 298
nur mit Hilfe der Kernspintomographie ent-
Patienten rekrutiert. Die CT-Angiographie
deckt. Der positive prädiktive Wert der CT-
wurde bei allen Patienten innerhalb von 7
Angiographie betrug 72%, die zusätzliche
Tagen nach der Blutung durchgeführt. Wenn
Kernspintomographie und Kernspinangio-
die CT-Angiographie normal war, erfolgte 4
graphie 95% und die DSA 100%.
bis 8 Wochen später eine Kernspintomographie mit Kernspin-Angiographie. Wenn bei-
Kommentar:
de Schnittbildverfahren negativ waren, wur-
Diese holländische Studie zeigt eine befrie-
de eine digitale Subtraktionsangiographie
digende diagnostische Treffsicherheit einer
durchgeführt. Die Beurteilung der Bildge-
initialen CT-Angiographie bei Patienten mit
bung erfolgte durch 3 verblindete Neurora-
nicht-hypertensiven und nicht-traumatischen
diologen. Bei 69 Patienten, dies entspricht
intracerebralen Blutungen. Im klinischen
23%, wurde eine makrovaskuläre Ursache
Alltag würde man in Deutschland allerdings
der intracerebralen Blutung festgestellt. In
nicht 4 bis 8 Wochen warten bis dann eine
abnehmender Reihenfolge waren dies arteri-
Kernspinangiographie oder eine digitale
41
Stroke-News
1/2016
Subtraktionsangiographie
durchgeführt
würde bei normaler CT-Angiogaphie in der
wird. Angesichts der geringen diagnosti-
Regel eine digitale Subtraktionsangiogra-
schen Ausbeute der Kernspinangiographie
phie durchgeführt werden. (HCD)
8. Rehabilitation
Kein Durchbruch bei der Behandlung von Fatigue
Fatigue ist eine krankhafte Erschöpfung, die sich nicht durch normale Erholungsmechanismen
beheben lässt. In der Onkologie, zunehmend aber auch bei entzündlichen und degenerativen
ZNS-Erkrankungen, wird Fatigue als eigenständiges Krankheitssymptom mit erheblichen Teilhabestörungen verstanden. Spezielle Behandlungen sind bisher nicht etabliert.
* Poulsen MB, Damgaard B, Zerahn B, Overgaard K, Rasmussen RS. Modafinil may alleviate poststroke fatigue: a randomized, placebo-controlled, double-blinded trial. Stroke
2015;46(12):3470-3477
Fatigue nach Schlaganfall ist eine häufige
Von 1121 evaluierten Patienten wurde 41
und trotzdem nicht selten unerkannte Kom-
eingeschlossen. Der größte Teil verfehlte
plikation. Hier untersuchen die dänischen
den Einschluss wegen kognitiver Störungen
Autoren
Modafinil
(n=366) oder wegen Kontraindikationen
400mg/d über 3 Monate. Das wichtigste
gegen Modafinil (n=105). Für die Analyse
Einschlusskriterium
randomisierten,
standen in der Verumgruppe 17 und in der
doppelblinden, plazebokontrollierten Studie
Plazebogruppe 18 Patienten zur Verfügung.
war eine Punktzahl ≥ 12/20 auf einer allge-
In Bezug auf den primären Endpunkt gab es
meinen Fatigue-Skala (MFI-20 GF). Der
keinen Unterschied. Im sekundären End-
MFI ist ein Fragebogen zur Selbsteinschät-
punkt Fatigue-Severity-Scale konnte nach 3
zung von körperlicher und geistig-seelischer
Monaten ein knapper Effekt zu Gunsten von
Ermüdung. Die Selbsteinschätzung wurde
Modafinil beobachtet werden. Unerwünsch-
nach 1, 3 und 6 Monaten durchgeführt. Pri-
te Wirkungen traten unter Modafinil nicht
märer Endpunkt war das Ausmaß von Fati-
häufiger auf. In ihrer Schlussfolgerung hal-
gue nach 3 Monaten. Sekundäre Endpunkte
ten die Autoren eine weitere Untersuchung
waren u.a. Rankin-Skala, Barthel-Index so-
unter Einsatz der Fatigue-Severity-Scale für
wie kognitive und seelische Funktionen.
sinnvoll.
die
Wirkung
der
von
42
Stroke-News
1/2016
Kommentar:
mären Endpunkt können mit den vorliegen-
Das wichtigste Ergebnis dieser Studie be-
den Daten keine verlässlichen Aussagen
trifft die Sicherheit der Behandlung mit Mo-
getroffen werden. Dazu hätten in beiden
dafinil: es gab in beiden Behandlungsgrup-
Gruppen Daten von weiteren 50 Patienten
pen keine schwerwiegenden unerwünschten
zur Verfügung stehen müssen. Wichtig wäre
Ereignisse. Auch andere unerwünschte Wir-
dann auch, Depression als Kovariable in die
kungen traten unter Modafinil nicht häufiger
Analyse mit einzuschließen, da es zwischen
auf. Insbesondere wurde keine Blutdrucker-
Fatigue und Depression enge wechselseitige
höhung
bei
Einflüsse auf die Wahrnehmung der eigenen
Schlaganfallpatienten demnach zumindest
Leistungsbereitschaft gibt. Wichtig wären
nicht offenkundig risikoreich, sofern eine
zudem auch die Einflüsse von nicht-
Schlussfolgerung aus dieser Arbeit über-
medikamentösen Verfahren wie körperliches
haupt zulässig ist. Das Hauptproblem ist die
Training, Edukation und Psychotherapie zu
zu kleine Fallzahl. In Bezug auf den pri-
berücksichtigen. (GN)
beobachtet.
Modafinil
ist
9. Verschiedenes
Gamma Knife Behandlung von asymptomatischen cerebralen Aneurysmen
Die Frage nach der besten Behandlung von asymptomatischen cerebralen Aneurysmen wird auch
nach der ARUBA Studie weiter kontrovers dikutiert. Mit einer retrospektiven Auswertung der
Langzeitdaten von Gamma Knife behandelten Patienten stellen die Autoren nun die Prognose
nach dieser Intervention in einer großen Fallserie dar mit dem Ergebnis, dass ein Vorteil gegenüber konservativer Behandlung erst nach 15 bis 20 Jahren zu erwarten ist.
*** Ding D, Starke RM, Kano H, Mathieu D, Huang P, Kondziolka D, Feliciano C, Rodriguez-Mercado R, Almodovar L, Grills IS, Silva D, Abbassy M, Missios S, Barnett GH,
Lunsford LD, Sheehan JP. Radiosurgery for cerebral arteriovenous malformations in a
randomized trial of unruptured brain arteriovenous malformations (ARUBA)-eligible patients: A multicenter study. Stroke 2016;47(2):342-349
Asymptomatische (nicht geblutete) arterio-
und haben nach der ARUBA Studie ein jähr-
venöse Malformationen (AVM) werden bei
liches Blutungsrisiko von 2,2%. An der
etwa 1 von 100.000 Menschen detektiert
ARUBA Studie gab es viel Kritik an der
43
Stroke-News
1/2016
(bisher) zu kurzen Nachbeobachtungsdauer
trat in 4,5% auf und 4,3% verstarben, davon
sowie vor allem an der hohen Komplikati-
ein Viertel an einer Blutung aus der AVM,
onsrate im Interventionsarm unter einer he-
ein Drittel an anderen Ursachen als der
terogenen Behandlung mittels Operation,
AVM und der Rest aufgrund unklarer Ursa-
Bestrahlung, Embolisation oder einer Kom-
che. Ein ungünstiges klinisches Ergebnis trat
bination verschiedener Verfahren. Die vor-
bei insgesamt 13% auf. Im Vergleich zur
liegende retrospektive Studie untersuchte
Spontanprognose
daher die Langzeitprognose von Patienten
AVM kann ein Vorteil der Radiochirurgie
mit asymptomatischer AVM, welche die
somit erst nach 15-20 Jahren erwartet wer-
Einschlusskriterien
den.
für ARUBA erfüllen,
von
asymptomatischen
sowie außerhalb der Studie zwischen 1977
Kommentar:
und 2014 in einem von 7 Zentren mittels
Die Autoren zeigen mit ihrer retrospektiven
Gamma Knife radiochirurgisch behandelt
Studie, dass die Gamma Knife Behandlung
und mindestens 12 Monate nachbeobachtet
in ausgewählten Patienten mit AVM mit
worden waren. Von 2361 in diesem Zeit-
einer niedrigeren Komplikationsrate als in
raum behandelten Patienten erfüllten 509 die
Einschlusskriterien
incl.
ARUBA durchgeführt werden konnte. Lei-
Nachbeobach-
der ersetzt eine retrospektive Datenanalyse
tungsdauer. Das mittlere Alter lag bei 40
keine randomisierte Studie und die hier aus-
Jahren. Einen Wert von I oder II auf der
gewerteten Patienten hätten stattdessen bes-
Spetzler-Martin Skala hatten 46% und die
ser in ARUBA eingeschlossen werden sol-
mittlere Strahlenranddosis lag bei 22 Gy.
len. Es bleibt daher offen, ob die Gamma
Ein Verschluss der AVM konnte in 75%
Knife Behandlung ein sichereres Verfahren
aller Patienten erreicht werden und die Blu-
als der multimodale, konsensbasierte Inter-
tungsrate bis zum nachgewiesenen Ver-
ventionsansatz von ARUBA darstellt. Die
schluss lag bei 0,9%/Jahr. 70% der Patienten
Aufklärung von asymptomatischen Patien-
erreichten ein gutes Behandlungsergebnis,
ten für eine Intervention mittels Gamma
definiert als Verschluss der AVM, ohne Be-
Knife mag hierdurch zwar einfacher werden,
strahlungsfolgen oder Blutung. Eine neuro-
jedoch nicht evidenzbasierter. (CW)
logische Verschlechterung nach Bestrahlung
44
Stroke-News
1/2016
Bericht vom International Stroke Congress – 2016 in Los Angeles
Vom 17. – 19. Februar 2016 fand in Los Angeles die International Stroke Conference statt. Im
Folgenden werden die wichtigsten vorgetragenen Studienergebnisse kurz referiert.
Epidemiologie
Die FIND AF-Studie ging der Frage nach,
flimmern nach 6 Monaten, erreichten 4,5 %
wie
der Patienten in der Kontrollgruppe und 13,5
häufig
bei
aufwändigerem
EKG-
Monitoring bei Patienten nach Schlaganfall
%
unabhängig von der Ätiologie neues Vorhof-
tungsgruppe. Dieser absolute Unterschied
flimmern identifiziert wird. Die Studie wur-
betrug 9 % und war mit einem p-Wert von
de von der Universitätsklinik in Göttingen
0,002 signifikant. Die Zahl der Patienten,
organisiert. Eingeschlossen wurden Patien-
die gescreent werden müssen um Vorhof-
ten im Alter unter 60 Jahren, bei denen ent-
flimmern zu entdecken, betrug 11. Bei den
weder über 3 x 10 Tage ein Holter-EKG
meisten Patienten betrug die Dauer des Vor-
abgeleitet wurde oder nur gelegentliche
hofflimmerns über 6 min. Die Ergebnisse
EKGs abgeleitet wurden. Die Studie war
waren für alle Untergruppen vergleichbar.
offen, randomisiert mit einer verblindeten
Die Studie legt nahe, dass ein intensiveres
Zuordnung der Endpunkte (Entdeckung von
EKG-Monitoring nicht nur bei Patienten mit
Vorhofflimmern <30 Sekunden). Das Hol-
kryptogenem Schlaganfall oder ESUS er-
ter-Monitoring erfolgte nach dem Schlagan-
folgversprechend ist sondern bei allen
fall sowie 3 und 6 Monate nach dem Schlag-
Schlaganfallpatienten möglicherweise von
anfall. Von 2.840 gescreenten Patienten
Nutzen wäre. Es steht allerdings noch aus,
wurden 402 randomisiert. 95 % hatten einen
Risikofaktoren zu identifizieren, die die
Schlaganfall, 5% eine TIA. Den primären
Ausbeute dieses Ansatzes verbessern.
in
der
intensiveren
EKG-Ablei-
Endpunkt, nämlich Nachweis von Vorhof-
Primärprävention
Die ACT I-Studie untersuchte eine Carotis-
Patienten im Verhältnis 3 : 1 zwischen
Operation versus Stenting bei Patienten mit
Stenting und Operation randomisiert wurden
asymptomatischen
Es
(1). In die Studie wurden 1.453 Patienten
handelte sich um eine randomisierte Studie
randomisiert. Die Patienten mussten jünger
unterstützt von der Fa. Abbott, wobei die
als 80 Jahre sein und eine über 70 %-ige
Carotis-Stenosen.
45
Stroke-News
1/2016
Carotis interna Abgangsstenose aufweisen.
Die ARUBA-Studie war eine randomisierte
Der primäre Endpunkt war Schlaganfall,
Studie, in die Patienten mit nicht rupturier-
Myokardinfarkt, Tod innerhalb von 30 Ta-
ten arteriovenösen Malformationen des Ge-
gen nach der Prozedur und ipsilateraler
hirns eingeschlossen wurden (3). Sie wurden
Schlaganfall vom Tag 31 bis zu einem Jahr.
entweder konservativ behandelt oder inter-
Die Patienten waren im Mittel 68 Jahre alt
ventionell mit neurochirurgischem Eingriff,
und hatten im Schnitt eine 74 %-ige Carotis-
endovaskulärer Therapie oder Strahlenthe-
Stenose. Den primären Endpunkt erreichten
rapie. Die Autoren stellten jetzt die 5-Jahres-
3,8 % der Patienten in der Stenting-Gruppe
Verläufe dar. Der primäre Endpunkt war der
und 3,4 % in der Endarterektomie-Studie.
Zeitraum bis zum Tod oder einem sympto-
Dieser Unterschied war erwartungsgemäß
matischem Schlaganfall. Die Studie rando-
statistisch nicht signifikant. Es ergaben sich
misierte 226 Patienten. Die Hazard-Ratio
auch keine Unterschiede bezüglich ipsilate-
zugunsten des konservativen Vorgehens
ralem Schlaganfällen vom Tag 31 bis zu 5
betrug 0,31 und war mit einem p-Wert von
Jahren. Wurden die Daten von ACT I mit
0,001 signifikant. Dies entspricht einer
den Patienten mit asymptomatischen Steno-
number-needed-to-harm von 5. Den End-
sen in der CREST-Studie (2) verglichen,
punkt symptomatischer Schlaganfall oder
ergaben sich keine Unterschiede. Diese Stu-
Tod erreichten 41 von 116 Patienten in der
die legt nahe, dass es für die Behandlung
Interventionsgruppe und 15 von 110 in der
einer
Carotis-Stenose
konservativen Therapiegruppe. Die Ergeb-
durch Operation versus Stenting keinen Un-
nisse waren auch für die sekundären End-
terschied in den Komplikationen und im
punkte signifikant. Nach unserer Einschät-
Langzeit Outcome gibt. Ungeklärt ist wei-
zung ändert dieses Ergebnis nichts daran,
terhin die Frage, ob diese Intervention über-
dass für individuelle Patienten in einem ge-
haupt sinnvoll ist und ob nicht eine aggres-
meinsamen Konsil von Neurochirurgen,
sive Therapie von Risikofaktoren und Be-
interventionellen Neuroradiologen und Neu-
gleiterkrankungen ausreichen würde.
rologen die optimale Therapie bestimmt
asymptomatischen
werden sollte.
Thrombolyse und mechanische Thrombektomie
Die französische THRACE-Studie unter-
schweren Schlaganfällen (NIHSS: 10-25) im
suchte eine systemische Thrombolyse mit rt-
Vergleich zu systemischer Thrombolyse mit
PA bei Patienten mit mittelschweren bis
Thrombektomie innerhalb von 4 Stunden
46
Stroke-News
1/2016
nach Beginn der Schlaganfallsymptomatik.
chen wurde. Die Studie schloss Patienten
Im Interventionsarm wurde zunächst abge-
mit akutem ischämischen Insult ein und ver-
wartet, ob die systemische Lyse wirkte und
langte nur CT und CT-Angiographie. Die
erst dann eine Angiographie durchgeführt.
maximale Einschlusszeit betrug 4,5 Stunden.
Es wurde eine Vielzahl von Thrombekto-
Wie in den anderen Studien wurde eine al-
mie-Devices (Alte und Neue) verwendet.
leinige rt-PA-Therapie mit rt-PA plus
Insgesamt wurden 414 Patienten randomi-
Thrombektomie verglichen. Die Patienten
siert. Die Patienten waren im Mittel 63 Jahre
waren im Mittel 65 Jahre alt, die mittlere
alt und der mediane Wert auf der NIHSS-
Schwere des Schlaganfalls lag zwischen 14
Skala betrug 17. Die meisten Patienten hat-
und 18 (NIHSS) und die meisten Patienten
ten einen proximalen M1-Verschluss. Nach
hatten proximale M1-Verschlüsse. Die Re-
3 Monaten erreichten 85 Patienten, dies ent-
kanalisierungsquote betrug 87 %. Der pri-
spricht 42,1 % einen Rankin-Wert von 0-2
märe Outcome, nämlich ein Wert auf der
in der Thrombolyse-Gruppe und 106 Patien-
modifizierten Rankin-Skala zwischen 0 und
ten (entsprechend 53 %) in der Kombinati-
2, hatte eine Odds Ratio von 2,12 und war
onstherapiegruppe. Dieser Unterschied war
nicht signifikant. Für den sekundären Out-
mit einem p-Wert von 0,027 signifikant. Die
come, einen Wert auf der modifizierten
Mortalität war mit 13,1 % versus 11,9 %
Rankin-Skala zwischen 0 und 1, betrug die
nicht unterschiedlich. Es ergab sich eben-
Odds Ratio 7,36 und war signifikant. Es
falls kein Unterschied bei symptomatischen
ergaben sich keine Unterschiede bezüglich
Blutungen. Die Rekanalisierungsquote be-
Mortalität und symptomatischen Hirnblu-
trug 69 %. Die Ergebnisse der THRACE-
tungen. Diese kleine Studie unterstützt somit
Studie sind, was Rekanalisierung und Out-
trotz einer minimalen Patientenzahl das
come anbelangt, schlechter als die der ande-
Konzept der Thrombektomie zusätzlich zur
ren fünf Thrombektomie-Studien. Dies liegt
systemischen Thrombolyse.
sehr wahrscheinlich an der teilweisen Ver-
Die HERMES-Kollaboration präsentierte
wendung
Thrombektomie-
eine Metaanalyse basierend auf Einzelpati-
Devices und der abwartenden Strategie nach
entendaten aus ESCAPE (4), REVASCAT
Gabe von rt-PA.
(5), MR CLEAN (6), EXTEND IA (7) und
von
älteren
SWIFT PRIME (8). Die Studie wurde
Die PISTE-Studie war eine pragmatische
gleichzeitig in Lancet publiziert (9). Die
Thrombektomie-Studie in Großbritannien,
Metaanalyse umfasste 1.287 Patienten, da-
die angesichts der Ergebnisse der anderen
von 634 in der Thrombektomie plus rt-PA-
Thrombektomiestudien vorzeitig abgebro-
Gruppe und 653 in der reinen Thrombolyse-
47
Stroke-News
1/2016
Gruppe. Die Odds Ratio in der Shiftanalyse
on des Gefäßverschlusses in der distalen A.
der modifizierten Rankin-Skala betrug 2,49
carotis interna, dem M1-Segment oder dem
und war mit einem p-Wert von 0,001 signi-
M2-Segment. Es ergaben sich auch keine
fikant. Dies entspricht einer number-needed-
Unterschiede bezüglich der Schwere des
to-treat von 2,6. Es gab keine Unterschiede
Schlaganfalls und des Alters.
bezüglich Geschlecht, Alter und Lokalisati-
Akuttherapie
Die ARTSS-2-Studie untersuchte, ob der
in der Kombinationsgruppe. Dieser Unter-
i.v.-applizierte
Thrombinhemmer
schied war statistisch nicht signifikant. Un-
Argatroban in Kombination mit systemi-
serer Meinung nach ist diese kleine Studie
scher Thrombolyse mit rt-PA wirksam und
nicht geeignet, um die Sicherheit von Ar-
sicher ist. Es handelt sich um eine Phase IIb-
gatroban tatsächlich zu belegen. Ob eine
Studie, für die Patienten in drei Arme rand-
weitere Studie mit dieser Substanz im Zeit-
omisiert wurden, nämlich entweder rt-PA
alter der wirksamen Thrombektomie sinn-
allein, sowie rt-PA in einer niedrigeren Do-
voll ist, ist zu bezweifeln.
direkte
sis plus Argatroban mit einer Ziel-PTT von
1,75 x baseline oder einer hohen Dosis mit
Die ICTuS-2-Studie randomisierte 120 von
einer Ziel-PTT von 2,25 x baseline. Der
geplanten
primäre Outcome war die Häufigkeit symp-
Schlaganfall und untersuchte eine systemi-
tomatischer intrakranieller Blutungen nach
sche Thrombolyse als Monotherapie in
90 Tagen. Die Studie wurde abgebrochen,
Kombination von Thrombolyse und Hypo-
nachdem 90 Patienten eingeschlossen wa-
thermie. Der primäre Endpunkt war der
ren. Die Patienten waren im Mittel 70 Jahre
Outcome gemessen mit der mRS 0 – 1 nach
alt und der mediane NIHSS betrug 15. Die
90 Tagen. Der mittlere NIHSS-Wert bei
angestrebte Verlängerung der PTT in den
Einschluss betrug 14 und die angestrebte
beiden Argatroban-Armen wurde erreicht.
und erreichte Temperatur-Erniedrigung mit
Die Zahl symptomatischer Hirnblutungen
intravenöser Gabe von gekühlter Kochsalz-
war zwischen den beiden Behandlungsgrup-
lösung betrug 34°C für 24 Stunden. Einen
pen nicht unterschiedlich. Den den primären
guten Outcome erreichten 33 % der Patien-
Endpunkt, nämlich einen Wert von 0 und 1
ten in der Hypothermie-Gruppe und 38 % in
auf der mRS nach 90 Tagen erreichten 21 %
der Normothermie-Gruppe. Dies führte zu
in der TPA-Monotherapiegruppe und 31 %
einer Odds Ratio von 1,37, die nicht signifi-
48
1850
Patienten
mit
akutem
Stroke-News
1/2016
kant war. Die Sterblichkeit und die Rate der
enten eingeschlossen. Für keinen der funkti-
Pneumonien waren in der Hypothermie-
onalen Endpunkte ergab sich ein signifikan-
Gruppe doppelt so hoch. Diese Studie wirft
ter Unterschied. Die Sterblichkeit war in der
im Zeitalter der Thrombektomie ebenfalls
MultiStem-Gruppe mit 10,8 % versus 24,6
die Frage auf, ob es noch Sinn macht, Hypo-
% in der Placebo-Gruppe reduziert, was aber
thermie-Studien beim akuten Schlaganfall
auch ein Zufallseffekt sein kann. Ob es Sinn
durchzuführen.
macht, mit diesem Ansatz weitere Neuroprotektiva-Studien durchführen, bleibt abzuwar-
Die NeuSTART-Studie war eine Sicher-
ten.
heitsstudie um festzustellen, ob hoch dosiertes Lovastatin bei Patienten mit akutem
In der ACTION-Studie wurde untersucht, ob
Schlaganfall sicher ist. Ziel ist anschließend
Natalizumab mit seinen antiinflammatori-
eine größere Wirksamkeitsstudie durchzu-
schen Eigenschaften die Größe eines ischä-
führen. Statine haben pleiotrope Effekte. In
mischen Insultes im Vergleich zu Placebo
der Studie wurden Placebo, sowie 80 mg
reduzieren kann. Es handelte sich um eine
und 640 mg Lovastatin bei 162 Patienten
randomisierte
mit akutem ischämischen Insult untersucht.
kontrollierte Studie an 159 Patienten. Die
Der primäre Endpunkt waren Leber- und
Patienten erhielten entweder 300 mg Natali-
Muskeltoxizität. Bezüglich beider Endpunk-
zumab i.v. innerhalb von 9 Stunden oder
te ergaben sich keine Unterschiede zwischen
Placebo. Die Zunahme der initialen Größe
der hohen Dosis von Lovastatin und Place-
des Insultes gemessen mit der Kernspinto-
bo. Erwartungsgemäß ergab sich bei der
mographie war zwischen den beiden Thera-
kleinen Patientenzahl auch kein Unterschied
piegruppen nicht unterschiedlich. Es erga-
im klinischen Outcome. Die Autoren planen
ben sich ebenfalls keine Unterschiede be-
jetzt eine große Neuroprotektiva-Studie
züglich der Mortalität und schwerwiegenden
durchzuführen.
Nebenwirkungen. Eine Verbesserung der
doppelblinde
Placebo-
Schwere des Schlaganfalls auf der modifiDie MultiStem-Studie untersuchte die Gabe
zierten Rankin-Skala nach 90 Tagen war
von multipotenten erwachsenen Progenitor-
ebenfalls statistisch nicht unterschiedlich.
zellen (1,2 Mrd. Zellen i.v. versus Placebo)
Diese Ergebnisse legen nahe, dass es keinen
bei 126 Patienten mit ischämischem Schlag-
Sinn machen würde, eine größere Phase III-
anfall. Die Gabe der Stammzellen erfolgte
Studie mit Natalizumab durchzuführen.
über 24 bis 48 Stunden. In die Verumgruppe
wurden 65, in die Placebo-Gruppe 61 Pati-
49
Stroke-News
1/2016
In der GAMES-RP-Studie wurde die anti-
Wert auf der modifizierten Rankin-Skala
ödematöse Substanz Glyburide zur Präven-
zwischen 0 und 4 und Vermeidung einer
tion des Hirnödems bei Patienten mit großen
Hemikraniektomie, erreichten 17 Patienten
hemisphärischen ischämischen Insulten un-
entsprechend 42 % in der aktiven Behand-
tersucht. Parallel dazu laufen große Studien
lungsgruppe und 14 Patienten entsprechend
beim Schädelhirntrauma. In diese prospekti-
39 % in der Placebo-Gruppe. Bezüglich un-
ve randomisierte doppelblinde Studie wur-
erwünschter Ereignisse gab es keine Unter-
den 83 Patienten mit schweren Mediainsul-
schiede. Die Studie war für alle Endpunkte
ten eingeschlossen. Der mittlere Wert auf
negativ, aber auch zu klein, um einen mögli-
der NIHSS betrug 20 und die mittlere Größe
chen Therapieeffekt zu zeigen. Warum die
des
diffusion
sponsernde Firma sich jetzt entschlossen hat,
weighted imaging (DWI) betrug 160 ml.
trotz dieser Ergebnisse eine Phase III-Studie
Den primären Endpunkt, nämlich einen
durchzuführen, bleibt rätselhaft.
Infarktes
gemessen
mit
Sekundärprävention - medikamentös
Die IRIS-Studie war eine Sekundärpräventi-
einen signifikanten Unterschied bezüglich
onsstudie, in die Patienten nach Schlaganfall
des Auftretens eines Diabetes mellitus mit
oder TIA mit Insulin-Resistenz eingeschlos-
3,8 versus 7,7 % zugunsten von Pioglitazon.
sen wurden. Die Patienten wurden entweder
Bezüglich Nebenwirkungen kam es lediglich
mit Pioglitazon oder Placebo behandelt. Die
zu vermehrten Knochenfrakturen in der Pi-
Pioglitazon-Dosis begann mit 15 mg und
oglitazon-Gruppe. Weitere häufigere Ne-
wurde langsam auf 45 mg/Tag erhöht. Die
benwirkungen unter Pioglitazon waren Ge-
mittlere Beobachtungszeit betrug 4,8 Jahre.
wichtszunahme, Ödeme und Luftnot. Die
Der primäre Endpunkt waren tödliche oder
Studie hat möglicherweise Auswirkungen
nicht tödliche Schlaganfälle und Myokardin-
auf die klinische Praxis. Die absolute Risi-
farkte. In die Studie wurden 3.895 Patienten
koreduktion zur Verhinderung von Schlag-
randomisiert. In der Pioglitazon-Gruppe
anfall und Myokardinfarkt betrug 2,9 % und
traten 175 Ereignisse auf (9 %), in der Pla-
die relative Risikoreduktion 24 %. Für die
cebo-Gruppe 228 Ereignisse (11,8 %). Dies
Neuentwicklung eines Diabetes betrug die
entspricht einer Hazard-Ratio von 0,76, die
absolute Risikoreduktion 3,9 % und die rela-
mit einem p-Wert von 0,007 signifikant war.
tive Risikoreduktion 52 %. In Deutschland
Es ergab sich kein Unterschied in der Morta-
war Pioglitazon in der Vergangenheit wegen
lität mit 7 % versus 7,5 %. Es gab allerdings
gehäufter Blasentumore und Knochenfraktu-
50
Stroke-News
1/2016
ren in Verruf geraten. Die IRIS Studie wird
Risikoverhältnis von Pioglitazon einläuten.
eine neue Diskussionsrunde bezgl. Nutzen-
Sekundärprävention – Interventionell
Für die amerikanische CREST-Studie, die
1,10, die nicht signifikant war. Das Ergebnis
bei symptomatischen und asymptomatischen
war für alle Untergruppen bezüglich Alter,
Patienten
Carotis-
Geschlecht, symptomatisch versus asymp-
Stenosen das Stenting mit Endarterektomie
tomatisch und schwere versus mittelschwere
verglich (2), liegen jetzt die 5- und 10-
Stenosen identisch. Der Endpunkt ipsilatera-
Jahres-Daten vor (10). Die Studie randomi-
ler Schlaganfall und Tod trat auf bei 11 % in
sierte 2.502 Patienten mit über 70 %-igen
der Stenting-Gruppe und 7,9 % in der Ope-
Carotis-Abgangsstenosen. Die Verlaufsbe-
rationsgruppe. Dieser Unterschied war mit
obachtung konnte bis zu 10 Jahren erfolgen.
einer Hazard-Ratio von 1,37 signifikant. Der
Für den Langzeit-Follow up lagen die Er-
Unterschied ergibt sich allerdings aus-
gebnisse von 1.607 Patienten vor. Die
schließlich aus dem unmittelbaren Zeitraum
Schlaganfallraten nach 10 Jahren betrugen
nach dem Eingriff. Die Behandlungs-
für asymptomatische Personen mit Stenting
bedürftige Restenose-Rate betrug 12,2 %
6,9 % und mit Carotis-Endarterektomie 5,6
beim Stenting und 9,7 % bei der Operation
%. Für die symptomatischen Stenosen waren
und war ebenfalls nicht signifikant unter-
die entsprechenden Zahlen 6,9 % und 5,6 %.
schiedlich. Diese Studie zeigt, dass das
Diese Unterschiede waren statistisch nicht
Stenting eine höhere Komplikationsrate
signifikant. Nimmt man beide Gruppen zu-
aufweist. Bei erfolgreichem Stenting ist al-
sammen, war die Schlaganfallrate für das
lerdings der Langzeitverlauf äquivalent zu
Stenting 11,8 % und für die Operation 9,9
Patienten, die operiert werden.
mit
hochgradigen
%. Dies entspricht einer Hazard-Ratio von
Blutungen
Die CLEAR III-Studie untersuchte den Ein-
Phase-II Studie (11). Die Studie umfasste
satz von intraventrikulärer Gabe von rt-PA
500 Patienten. In der Interventionsgruppe
im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit
wurde entweder Placebo oder rt-PA alle 8
kleinen und größeren intraventrikulären Blu-
Stunden über die Ventrikeldrainage appli-
tungen. Vorausgegangen war eine kleinere
ziert. Dies wurde solang durchgeführt, bis
51
Stroke-News
1/2016
sich der 3. und 4. Ventrikel wieder offen
reichten 66,7 % der Patienten in der PCC-
zeigten. Der Endpunkt war die modifizierte
Gruppe und 8,9% in der fresh frozen-
Rankin-Skala nach 30, 180 und 365 Tagen.
Plasma-Gruppe. Dies entspricht einer Odds
Nach 180 Tagen ergaben sich keine Unter-
Ratio von 4,7, die hoch signifikant war. Es
schiede zwischen den beiden Therapiear-
ergab sich auch eine starke Tendenz dahin,
men. Nach einem Jahr war im modifizierten
dass die Zunahme der Blutung nach 24
Rankin-Wert ebenfalls kein Unterschied.
Stunden unter PCC geringer war. Die Studie
Die Sterblichkeit war für die Interventions-
war sehr klein, zeigt aber trotzdem die Über-
gruppe um 10 % reduziert und bei Patienten
legenheit von PCC gegenüber fresh frozen-
mit großen Blutungen zeigte sich eine Ver-
Plasma. In einer größeren retrospektiven
besserung bezüglich der modifizierten Ran-
Studie in Kanada mit 1547 Patienten mit
kin-Skala zwischen 0 und 3. Das insgesamt
Antikoagulantien-induzierten
negative Ergebnis dieser Studie ist dadurch
Blutungen war die Mortalität vergleichbar
zu erklären, dass zu viele Patienten mit rela-
bei Patienten, die mit FFP oder PCC behan-
tiv kleinen intraventrikulären Blutungen
delt wurden (12).
zerebralen
eingeschlossen wurden, bei denen ein Therapieeffekt einer intraventrikulären Lyse mit
Zusammengefasst waren die Highlights des
rt-PA auch nicht zu erwarten war.
Kongresses die Studie zum Einsatz von Pioglitazon bei Patienten mit Insulin-Resistenz
Thorsten Steiner aus Frankfurt stellte die
nach TIA und Schlaganfall und die Me-
Ergebnisse der INCH-Studie vor. Es handel-
taanalyse der Thrombektomie-Studien. Wei-
te sich um eine randomisierte Studie bei
tere spannende Ergebnisse wird es beim
Patienten mit intrazerebralen Blutungen
Europäischen Schlaganfallkongress im Mai
durch Vitamin K-Antagonisten, bei denen
in Barcelona geben. (HCD, CG)
fresh
frozen-Plasma
und
Prothrombin-
Komplex (PCC) verglichen wurden. Der
Literatur:
primäre Endpunkt war eine Normalisierung
1.
Rosenfield K, Matsumura JS, Chatur-
der INR < 1,2 innerhalb von 3 Stunden. Die
vedi S, Riles T, Ansel GM, Metzger
Patienten mussten innerhalb von 12 Stunden
DC, et al. Randomized Trial of Stent
randomisiert werden. Die Studie randomi-
versus Surgery for Asymptomatic Ca-
sierte 54 Patienten. Die INR bei Baseline lag
rotid Stenosis. N Engl J Med. 2016.
2.
zwischen 2,8 und 3,2 und das Volumen der
Brott TG, Hobson RW, 2nd, Howard G,
intrazerebralen Blutung zwischen 17 und 21
Roubin GS, Clark WM, Brooks W, et
ml. Eine INR von < 1,2 nach 3 Stunden er-
al. Stenting versus endarterectomy for
52
Stroke-News
1/2016
treatment of carotid-artery stenosis. N
3.
8.
Engl J Med. 2010;363(1):11-23.
HC, Levy EI, Pereira VM, et al. Stent-
Mohr JP, Parides MK, Stapf C, Mo-
Retriever Thrombectomy after Intrave-
quete E, Moy CS, Overbey JR, et al.
nous t-PA vs. t-PA Alone in Stroke. N
Medical management with or without
Engl J Med. 2015.
interventional therapy for unruptured
brain
4.
arteriovenous
6.
7.
9.
Goyal M, Menon BK, van Zwam WH,
malformations
Dippel DW, Mitchell PJ, Demchuk AM,
(ARUBA): a multicentre, non-blinded,
et al. Endovascular thrombectomy after
randomised
large-vessel ischaemic stroke: a meta-
trial.
Lancet.
2014;383(9917):614-21.
analysis of individual patient data from
Goyal M, Demchuk AM, Menon BK,
five randomised trials. Lancet. 2016.
Eesa M, Rempel JL, Thornton J, et al.
10. Brott TG, Howard G, Roubin GS, Mes-
Randomized
5.
Saver JL, Goyal M, Bonafe A, Diener
Assessment
of
Rapid
chia JF, Mackey A, Brooks W, et al.
Endovascular Treatment of Ischemic
Long-Term Results of Stenting versus
Stroke. N Engl J Med. 2015.
Endarterectomy for Carotid-Artery Ste-
Jovin TG, Chamorro A, Cobo E, de
nosis. N Engl J Med. 2016.
Miquel MA, Molina CA, Rovira A, et
11. Naff N, Williams MA, Keyl PM,
al. Thrombectomy within 8 Hours after
Tuhrim S, Bullock MR, Mayer SA, et
Symptom Onset in Ischemic Stroke. N
al. Low-dose recombinant tissue-type
Engl J Med. 2015.
plasminogen activator enhances clot
Berkhemer OA, Fransen PS, Beumer D,
resolution in brain hemorrhage: the in-
van den Berg LA, Lingsma HF, Yoo
traventricular hemorrhage thrombolysis
AJ, et al. A randomized trial of intraar-
trial. Stroke. 2011;42(11):3009-16.
terial treatment for acute ischemic
12. Parry-Jones AR, Di Napoli M, Gold-
stroke. N Engl J Med. 2015;372(1):11-
stein JN, Schreuder FH, Tetri S, Tatli-
20.
sumak T, et al. Reversal strategies for
Campbell BC, Mitchell PJ, Kleinig TJ,
vitamin K antagonists in acute intracer-
Dewey HM, Churilov L, Yassi N, et al.
ebral
Endovascular Therapy for Ischemic
2015;78(1):54-62.
Stroke with Perfusion-Imaging Selection. N Engl J Med. 2015.
53
hemorrhage.
Ann
Neurol.

Documents pareils