Laudatio

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Laudatio
Anlässlich der Staatsmeisterschaft 2007 wurde an Fritz Gratzer
der Preis "Leidenschaft Film" verliehen
Laudatio - Gratzer für den Ehrenpreis "Leidenschaft Film".
Dieser Preis soll nicht eine Einzelleistung oder einen Film herausstreichen, sondern soll
Filmautoren ehren, die über viele Jahre, ja Jahrzehnte durch ihre vielfältigen Filmbeiträge
eine Bereicherung des Österreichischen nichtkommerziellen Filmwesens geschaffen haben und deren Leidenschaft für das Medium Film spür- und erlebbar ist.
Sg. Damen u. Herren, sg. Fritz Gratzer,
lieber Freund !
Wenn ich Dich so bezeichnen kann, dann hat das seinen guten Grund darin, dass ich Dich
nicht nur als den allzeit lustigen Menschen kenne, der immer ein – manchmal auch gewagtes – Scherzerl auf den Lippen hat, sondern ich in Dir auch einen Menschen kennen- und
schätzengelernt habe, der die Fähigkeit besitzt, in sehr persönlichen Gesprächen ein offener und einfühlsamer Gesprächspartner zu sein.
Leider hat uns ja Deine medizinische "Generalsanierung" fast einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ist ja auch kein Wunder, ein Herz, das fast 50 Jahre für die "Leidenschaft
Film" schlägt, braucht zwangsweise mal eine kleine Reparatur. Als Funktionär bist Du ja
schon vor längerer Zeit mit der höchsten Verbandsauszeichnung, dem „Goldenen Ehrenzeichen mit Brillanten“ dekoriert worden.
Aber wer ist nun dieser Fritz Gratzer, der heute mit dem Ehrenpreis "Leidenschaft Film" geehrt werden soll?
Filmautor? Darsteller? Lichtspezialist? Ein geschätzter Kollege, der allzeit zu jeder filmischen „Schandtat“ bereit ist?
"Der Mann mit den vielen Gesichtern"? "Deftig aber herzlich"?
Ja, alles bunt durcheinander, in allen Facetten und das nun schon fast 50 Jahre lang.
"Leut’ln, so kann man nicht arbeiten!" oder "....apropos- kennst den schon?" – Zwei legendäre Gratzer-Zitate.
Vom Filmvirus infiziert wurde Fritz, als er Anfang der 60-er Jahre mit seiner Tischlerei Studio-Dekorationen für Werbefilme baute. In einer Mussestunde hat er mit den herumstehenden Leuchten seine Deko spasshalber selbst ausgeleuchtet, Hanns Matula, damals bekannter Kameramann, kam, sah und sagte: "Ja, passt". – Und Fritz hatte für die nächsten
Jahrzehnte seine neue Leidenschaft als Lichtspezialist entdeckt, meist zum Nulltarif plus
dankbarem Händedruck seiner Filmfreunde.
Als 1962 der grosse John Huston in Wien seinen Siegmund-Freud-Film dreht, werden für
die Statisterie "Männer mit Bart" gesucht. Fritz Gratzer geht hin und wird genommen.
Regisseur John Huston lässt sich nicht davon abbringen, dass bei der Bahnhofs-Szene ein
typisch österreichischer Bauer mit Freud im Zugabteil sitzen muss.
Und so bekommt der grosse Hollywood-Star Montgomery Clift die einmalige Chance, mit
Fritz Gratzer gemeinsam in einer Szene aufzutreten. – Wie gut Fritz war, können Sie daraus ersehen, dass er im fertigen Film mindestens ganze 3 Millisekunden an der Seite von
Montgomery Clift im Bild zu sehen war – und das aber bitte weltweit!
Eine neue Leidenschaft war geweckt, nämlich die als Darsteller. Und immer, wenn man in
den Filmstudios einen "bladen G’scherten mit Bart" (Eigenzitat Fritz Gratzer) gebraucht
hat, wurde Fritz geholt. Aber er war nicht nur in dieser Rolle gut, er wurde auch öfters als
Double und Lichtdouble für grosse Stars engagiert, unter anderem auch für Robert Mitchum, an dessen Stelle er bedeutungsschwanger über die Wiener Reichsbrücke geschritten ist.
Apropos, Sie werden ja wissen, dass Robert Mitchum seine weiblichen Fans vor allem wegen seines erotischen Ganges um den Verstand gebracht haben soll. – Auf die Frage, wie
er das so hinkriegt, soll Mitchum geantwortet haben: "Wie würden Sie gehen, wenn Sie
ständig den Bauch einziehen müssten?". Wie hat das der Gratzer gemacht ?
Leidenschaft Nr. 3: Filmautor. – Seine ersten Werke sind mir nicht bekannt, sie scheinen
verschollen zu sein, wie das ja leider oft in der Geschichte des Films vorkommt. Es soll
sich um teils skurille, teils heitere, teils anrüchige Filme gehandelt haben, denen der grosse
Erfolg scheinbar durch missgünstige Jurien verwehrt blieb. Aber 1970 kam "Tatoo", gemeinsam mit seinem Freund Alfred Vendl hergestellt. Als Anti-Vietnam- oder Anti-Kriegsfilm konzipiert, experimentiell gestaltet, hat er offensichlich den damaligen Zeitnerv getroffen: "Tatoo" wurde zum Staatsmeister 1970 gekürt.
Und dann passierte etwas grossartiges: Über Drängen langjähriger Filmfreunde aus dem
damaligen kommunistischen Osten gelangte "Tatoo" nach Moskau, zum "Moskauer-FilmFestival", damals eines der grossen internationalen Profi-Festivals. – Eines Tages wurde
Fritz Gratzer ins Unterrichtsministerium bestellt, wo man ihm mitteilte, dass der Film Sieger
des Kurzfilm-Bewerbes des "Moskauer-Film-Festivals" geworden war. Franz Antel hatte zugleich mit seinem "Bockerer" bei den Langfilmen gewonnen, also Doppelerfolg für Österreichs Filmgrössen Franz Antel und Fritz Gratzer!
Spass beiseite, wir wissen alle, was Franz Antel für den österreichischen Film geleistet hat,
aber dieser Erfolg, den Du, lieber Fritz mit Alfred Vendl errungen hast, sollte nicht der Vergessenheit anheimfallen und deshalb hier noch einmal nachdrücklich in Erinnerung gebracht werden! In Erinnerung geblieben ist mir auch Dein Film "Das Ei", der eine Menge
Juroren zum Rätseln und Grübeln gebracht hat – und natürlich der "Eduard Lahola" von
1979, der uns in erschütternder Weise die Einsamkeit manch alter Menschen nahegebracht hat. Ein Thema, das seine Aktualität ja bis heute nicht verloren hat – ganz im Gegenteil.
Nachdem man mit zunehmender Reife bekanntlich bequemer wird, hat sich Fritz in den
letzten Jahren den "Minutencup-Filmen" zugewandt und auch in diesem Genre nicht nur
Staub aufgewirbelt, sondern auch Spuren hinterlassen. Ich denke z.B. an "Echo der Berge", mit dem Fritz Gratzer gemeinsam mit Sonja Steger und Franz Radler 1998 den Minutencup der UNICA gewinnen konnte und das fidele Trio damit zumindest inoffiziell den Titel
eines "Minutencup-Weltmeisters 1998" innehatte.
Es gäbe ja noch viel über Fritz Gratzer zu berichten, aber das würde den heutigen Rahmen
sprengen. Ich habe da so einiges gehört ... über die erste selbstgedrehte Filmrolle... von einer quer durch den Clubraum gespannten Film-Endlosschleife... von einem legendären
KdKÖ-Gschnas mit dem Motto „Pyjama-Party“... und da war dann noch was "Für die Reinigung"... – aber um Qualtingers "Herrn Karl“ zu zitieren: „ ...das sind Dinge, da wolln wir lieber nicht dran rühren!"
Im Anschluss sehen Sie einen kleinen Querschnitt durch Fritz Gratzers "Film-Leidenschaften". Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit herzlich bei Peter Gruber und Egon Stoiber
bedanken, die mir das Material aus dem KdKÖ-Archiv zukommen haben lassen.
Lieber Freund Fritz, ich gratuliere Dir herzlich zu dieser Ehrung; für Dich als einen, der sich
mit seinem Wissen und Können seinen Freunden und Kollegen immer wieder gerne zur
Verfügung gestellt hat, soll das ein kleines Zeichen unserer Wertschätzung sein.
Wir wünschen Dir von Herzen alles Gute und hoffen, dass Du Dich noch nicht endgültig
aufs filmische Altenteil zurückzuziehen gedenkst. Es war mir Ehre und Vergnügen, für Dich
die Laudatio halten zu dürfen!
20. Mai 2007
Peter Glatzl