Die große Schuh-Show - virtualshoemuseum.com
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KULTUR Seite 12 Mittwoch, 23. Januar 2013 Handschriften-Kauf Haussmann-Kopie Schelling riecht Rauch Bach-Porträt kehrt nach Leipzig zurück Schaukelnde Schuhe: „Rocking Chair von Kobi Levi (2003, Leder, Kork, Synthetik). GLiteratur und Film: Donnerstag, 19.30 Uhr, Haus des Buches, Gerichtsweg 28, der Eintritt ist frei. Der Autor und Redakteur Thomas Fritz wird in Hanekes Werk einführen. „Geraubte Mitte“ im Berliner Stadtmuseum Berlin (epd). Das Berliner Stadtmuseum erinnert in diesem Jahr mit vier Ausstellungen an die Zeit des Nationalsozialismus. 80 Jahre nach Machtübernahme solle mit der Präsentation „Geraubte Mitte“ an die Enteignung jüdischen Grundbesitzes im Berliner Zentrum erinnert werden, sagte gestern Generaldirektorin Franziska Nentwig. Das Haus gehöre damit zu den tragenden Säulen des Berliner Themenjahres „Zerstörte Vielfalt 1933–1945“. Das Programm umfasst mehrere hundert Projekte, Ausstellungen, Konzerte und Diskussionsrunden. Christo verpackt in Oberhausen Luft Oberhausen (epd). Der Gasometer in Oberhausen beherbergt nach 14 Jahren wieder ein Werk von Christo. Dort wird in diesem Jahr aus speziell gefertigtem Stoff die zeitweilig größte freitragende Skulptur, das „Big Air Package“ (großes Luftpaket), der Welt entstehen. Die sieben Stoffrollen für 20 350 Quadratmeter Gewebefläche sind gemeinsam mit den benötigten viereinhalb Kilometern Seil am Montag in Oberhausen eingetroffen. Vom 16. März bis 30. Dezember wird die per Gebläse aufgerichtete Skulptur im Gasometer zu besichtigen sein. KULTUR KOMPAKT Das Lustspiel „Der geduldige Sokrates“ von Georg Philipp Telemann steht am Samstag an der Oper Halle als erste Premiere des neuen Jahres auf dem Programm. Regie führt Opernhauschef Axel Köhler. Das Gesamtwerk des Theaterautors Frank Wedekind (1864–1918) liegt jetzt in 15 Bänden vor (Darmstädter Media-Verlag Jürgen Häusser). Nach mehr als 20 Jahren Forschung ist es die erste historisch-kritische Ausgabe, befreit von Zensur etwa aus der Zeit Wilhelms II.. in Zusammenarbeit mit ihr. Ihres Wissens sei es die erste umfassende Schau dieser Art in einem Museum für Angewandte Kunst überhaupt, freut sich die Museumsdirektorin. Kollegen, die Leihgaben für die Schau zur Verfügung stellten, hätten sich geärgert, nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein, so Hoyer. Das Ausstellungskonzept 2013 steht keineswegs nur auf Schuhen. Weitere Expositionen beschäftigen sich mit Produktdesign des 20. und 21. Jahrhunderts (16. April bis 14. Juli), Kunsthandwerk zur Zeit der Völkerschlacht („Kanonenknall und Hausidyll“, 23. Juli bis 20. Oktober) sowie deutscher und internationaler Studiokeramik seit 1946 („Gefäß und Skulptur II“, 17. November bis 23. März 2014) Die Grassimesse findet in diesem Jahr vom 25. bis 27. Oktober statt. 2012 stand im Zeichen der Vollendung des dritten Rundgangs. Mit fast 73 000 kamen noch nie so viele Besucher seit der Wiedereröffnung am Johannisplatz im Dezember 2007. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Zuwachs von rund 25 Prozent. Allein bei der Klimatechnik hakt es noch. „Es ist im Winter an einigen Tagen mit 18 Grad zu kalt gewesen, da haben wir für unsere Gäste Decken bereitgehalten“, berichtet Hoyer. Dem- auch Exemplare, in denen bereits Lady Gaga und Beyoncé Knowles durch Musikvideos gestöckelt sind. Insgesamt rund 150 Leihgaben aus aller Welt werden gezeigt. Beteiligt sind unter anderem Designer wie Keith Haring, Zaha Hadid, Sol Alonso oder Abel Bazan. Es gehe nicht um vordergründige Publikumswirksamkeit, erklärt Hoyer. „Schuhe sind ein großes Design-Thema.“ Allein die verwendeten Materialien zeigen, dass es in der Tat mehr um Kreativität als Chic, mehr um den Schuh als Kunstobjekt und zu formende Skulptur geht: Verwendet werden neben Leder und Textil Keramik, Holz, Glas und Papier. Ein britischer Designer verarbeitet Leder, Perlen und Elefanten-Dung. Von A nach B dürfte man mit diesem und anderen Exponaten eher nicht kommen, dafür vielleicht zum Nachdenken über Produktionsmethoden zum Beispiel. Der Schuh-Coup war mehr oder weniger ein Zufallsprodukt. Bei einer Recherche im Internet war Sabine Epple, Kuratorin für Moderne, auf das virtuelle Schuh-Museum der Niederländerin Liza Snook gestoßen. Seit 2005 zeigt sie auf www.virtualshoemuseum.com einen witzig-bizarren Kosmos, ein etwas anderes Schuhgeschäft. Die Ausstellung entstand Ein deutliches Besucherplus, ein Sammlungszuwachs um fast 1300 Positionen durch Ankäufe und Schenkungen: Im Grassimuseum für Angewandte Kunst blickte man bei der gestrigen Pressekonferenz zufrieden zurück – und nach vorn: Höhepunkt 2013 ist eine große Design-Schau zum Thema Schuhe. Weiter ausgebaut wird die Kinder- und Jugendarbeit. Von JÜRGEN KLEINDIENST In der Rhetorik nennt man so etwas „Einwandvorwegnahme“: „Viele haben uns unterstellt, wir würden uns selbst einen Wunsch erfüllen“, sagt Eva Maria Hoyer, Direktorin des Grassimuseums für Angewandte Kunst. Tatsächlich lächelt sie mehr als nur zufrieden, wenn sie über die Ausstellung „Starker Auftritt“ spricht, in der es um ein Thema geht, bei dem man Frauen gemeinhin eine gewisse Irrationalität unterstellt: Schuhe. Was vom 28. März bis zum 29. September in Leipzig zu sehen ist, gibt es definitiv nicht bei Deichmann: Stilettos mit Absätzen aus Pistolen, Haifisch-Pumps, Holland-Clogs in Busenform oder Bürstensandalen, deren Funktion sich sogar Männern erschließt. Präsentiert werden gegenüber sei die Temperatur im Sommer in der Pfeilerhalle auf 28 Grad gestiegen. Das Problem, so Hoyer, liege an der Steuerung der Klimaanlage. Etwas, vom dem die ebenfalls im Grassi-Komplex untergebrachten Museen für Völkerkunde und Musikinstrumente nur träumen können. Dort stieg die Temperatur im vergangenen Sommer laut Hoyer auf bis zu 37 Grad, so dass die Ausstellung geschlossen werden musste. Die Hausgemeinschaft – sprich die drei Museen – arbeite gemeinsam an einer Lösung. An der Belastungsgrenze ist die Museumspädagogik angekommen. Neu entwickelt wurde jetzt das Programm „Alles Zauber“. Auch mit Berufsschulen wird verstärkt kooperiert. Die Angebote seien bis März ausgebucht, die Nachfrage bei Geburtstagen übersteige die Möglichkeiten um das sechsfache, erklärt Pressesprecherin Anett Lamprecht. Die Stadt, meint Hoyer, habe eine bessere finanzielle Ausstattung in Aussicht gestellt. GFür diesen Sonntag wird in den drei Museen im Grassi zum Familienfest geladen (14–18 Uhr). Elektronische Musik wird am 22. Februar ab 20 Uhr in der Pfeilerhalle aufgelegt. Am 3. März ist von 11–16 Uhr ein Tag der offenen Tür der drei Museen Foto: Wolfgang Zeyen Grassimuseum für Angewandte Kunst erzielt Besucherrekord und setzt 2013 auf Design für Augen und Füße Peter Wollny vom Bach-Archiv zwischen zwei Bach-Porträts: Johann Sebastian links, dessen Sohn Carl Philipp Emanuel rechts. Die Unabhängige Rädchen im Gehirn Jeanne Moreau wird 85 und hat einen neuen Film Vor 125 Jahren wurde Bestsellerautorin Vicki Baum geboren Ob es die große Liebe gibt, braucht man Jeanne Moreau nicht zu fragen. Seit mehr als 60 Jahren besteht zwischen der französischen Schauspielerin und dem Kino eine bis heute ungebrochene Beziehung. Ein Leben ohne die Schauspielerei kann sich Moreau nicht vorstellen. „Ich höre erst auf, wenn ich tot bin“, sagte sie in einem Interview. Das war vor etwas mehr als drei Jahren. Seitdem hat Moreau, die heute 85. Jahre alt wird, in mehreren Produktionen mitgespielt. Ihr jüngster Film „Eine Dame in Paris“ kommt voraussichtlich im April in die deutschen Kinos. Aus der Liebesgeschichte ist mittlerweile eine Lebensgeschichte geworden, wie sie selber sagt. Moreau braucht das Kino – und das Kino sie. In ihren mehr als 150 Filmen hat sie mit allen großen Regisseuren der Welt zusammengearbeitet: angefangen von Theo Angelopoulos, Michelangelo Antonioni, Orson Welles bis hin zu Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder und François Ozon. Sie war die Muse der Nouvelle Vague und drehte mit François Truffaut einer seiner besten Filme, „Jules und Jim“. Sie spielte in ihrer langen Karriere so ziemlich alles: Königin, Lehrerin und Gangsterin. Ihre Verwandlungsfähigkeit nannte Joseph Losey, einer ihrer vielen Regisseure, ein Wunder. „Sie ist eine Frau, die sich einer Unzahl von Hindernissen gegenübersieht und sie überwindet, indem sie all ihre Fähigkeiten einsetzt.“ Der Amerikaner drehte 1962 mit ihr „Eva“. Es war eine ihrer gewagtesten Rollen. Moreau spielt eine anspruchsvolle, verheiratete Prostituierte, der ein Schriftsteller sexuell verfällt. „Ich lebe in den Filmen, in denen ich spiele. Die Rollen bewohnen mich“, erklärte Moreau ihre steile Karriere. Luis Buñuel schwärmt in seinen Lebenserinnerungen „Mein letzter Seufzer“. von ihrer unbändigen Neugierde und ihrer Lust, sich zu verausgaben. Die Schauspielerei sei für sie nicht Verstellung, sondern Erleben. „Ich brauchte ihr nur zu folgen, fast ohne sie zu korrigieren. Über die Figur der Kammerzofe habe ich von ihr Dinge erfahren, die ich nicht geahnt hatte.“ Das „Tagebuch einer Kammerzofe“ von 1964 ist eine böse Satire auf Verlogenheit und Abgründe des Bürgertums. Als jüngste Schauspielerin der Geschichte wurde sie mit 20 Jahren in das renommierte Theaterhaus Comédie Française aufgenommen. In dem Theaterstück „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ entdeckte Louis Malle sie schließlich für den Film. Der Regisseur schlug ihr die Hauptrolle in „Fahrstuhl zum Schafott“ vor. Der Thriller wird für sie zum KinoKarrierefahrstuhl nach ganz oben. Ihr Repertoire ist weit gesteckt. Es verrät einen ihrer wichtigsten Charakterzüge: ihre Unabhängigkeit. Jeanne Moreau ist eine Frau, die sich nicht auf vorgeschriebenen Bahnen bewegen will. Bei der Auswahl ihrer Filme folgte sie ihrem Instinkt und keinem Karriereplan. „Ich lebe auf meine Weise“, bekannte Moreau. Auch privat. Sie habe viele Liebhaber gehabt, denn das Wichtigste sei es zu leben. Sabine Glaubitz Scharen von Gästen drängten am Abend des 26. Januar 1930 in den Zuschauerraum des Deutschen Theaters am Berliner Nollendorfplatz. Auf dem Spielplan stand das Stück „Menschen im Hotel“. Es beruhte auf dem ein Jahr zuvor erschienenen gleichnamigen Bestseller von Vicki Baum, die morgen vor 125 Jahren geboten wurde. Die Autorin selbst hatte das expressionistisch angehauchte Epos zu einer Folge von 15 markanten Szenen umgearbeitet. Regie führte Gustav Gründgens. Nach der Premiere erntete die Schriftstellerin tosenden Applaus. Das Bühnenwerk trat einen sensationellen Siegeszug rund um den Globus an. Zunächst sorgten Inszenierungen in London, Paris, Madrid und Rom für Furore. Dann machte das Drama als Hit der Saison am New Yorker Broadway von sich reden. In der bekanntesten Verfilmung spielen die Hollywood-Legenden Greta Garbo und Joan Crawford zwei von sechs Hotelgästen, deren Wege sich Ende der 20er Jahre für wenige Tage in einem Berliner Luxushotel kreuzen. Das Buch war genreprägend: Für TV-Serien Foto: dapd Foto: AFP Mit seinem Drama „Liebe“ hat der österreichische Regisseur Michael Haneke gerade bei den Golden Globes und beim Bayerischen Filmpreis abgeräumt und ist in fünf wichtigen Sparten für den Oscar nominiert. BeMichael reits aus dem Jahr Haneke 1989 stammt seine Kafka-Adaption „Das Schloss“, die am Donnerstag in der Reihe „Literatur und Film“ im Haus des Buches zu sehen ist. Herr K. kommt als neuer Landvermesser in ein Dorf. Seine Versuche, ins Schloss, den Sitz der Verwaltung, zu gelangen, schlagen jedoch ebenso fehl wie der Versuch, sich in dem Dorf anzusiedeln. Hanekes Verfilmung verlegt die Handlung in die 1950er Jahre – mit dem Ziel, Kafkas Stoff zu aktualisieren, ohne ihn zu verändern. Neben Ulrich Mühe als Landvermesser spielen Susanne Lothar und Frank Giering. r. Schuhe werden aus dem Leder von Rindern hergestellt, die dafür ihr Leben lassen müssen. Die Arbeit „Cow girl“ von Iris Schieferstein (2012, Pferdehufe, Rinderfell, Pistolenlauf) weist recht drastisch darauf hin. Fotos (3): Museum für Angewandte Kunst Die große Schuh-Show Haus des Buches Hanekes „Das Schloss“ mit Ulrich Mühe Nein, Johann Sebastian Bach hat nicht vor Freude geweint. Auch wenn ein Strich über seinem Auge auf einer spektakulären Neuerwerbung des Bach-Archivs Leipzig sehr wohl „wahrscheinlich das Resultat eines Flüssigkeitsflecks“ ist, wie Christoph Wolff mutmaßt, Direktor der Sammlung. Ein Mittelsmann ersteigerte das Ölgemälde im Herbst auf einer Auktion in Philadelphia im Auftrag der Leipziger für rund 100 000 Dollar. Das Geld wurde mit Hilfe des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und der Bundeskulturstiftung aufgebracht. Gestern präsentierte das Bach-Archiv das Bild der Öffentlichkeit. Es handelt sich um eine Kopie aus dem frühen 19. Jahrhundert des berühmten Haussmann-Porträts von 1746, das im Stadtgeschichtlichen Museum hängt und mit dem beispielsweise jährlich für das Bachfest geworben wird. Nur dass die Nachbildung gegenüber dem Original einen entscheidenden Vorteil hat: Ihr wurde eine Restaurierung erspart. „Bach wirkt sehr viel lebensnäher“, schwärmt Peter Wollny, der als stellvertretender Direktor auch die Forschung im Bach-Archiv leitet. Im Original sind viele Details in einen Nebel aus Farbe gehüllt, seit ein Restaurator im späten 19. Jahrhundert Hand angelegt hat. Der unbekannte Kopist hatte sich dagegen noch Haussmanns ursprüngliche Version zum Vorbild genommen. Dadurch werde seine Fassung zum „echten Schlüsseldokument der Bach-Ikonographie“ und beantworte etliche offene Fragen, hofft Wolff. Seit den 50ern gehörte das Porträt einem niederländischen Kunstsammler, der bald nach Nordamerika auswanderte – und es Forschung und Öffentlichkeit vorenthielt. In Leipzig soll nun zunächst der renommierte Berliner Kunsthistoriker Helmut Börsch-Supan das Bild unter die Lupe nehmen und es unter anderem genauer datieren. Zudem steht wohl eine vorsichtige Restaurierung an. Bevor das Gemälde seinen Platz im Bach-Museum neben der einzigen anderen Haussmann-Kopie vergleichbaren Alters bekommt, die ebenfalls dem Archiv gehört, bereichern sechs weitere Einkäufe von 2012 die Ausstellung. Unter ihnen das Fragment einer Notenhandschrift der „Chromatischen Fantasie“, die Johann Sebastian Bachs zweitjüngster Sohn Johann Christoph Friedrich abschrieb. Sie belegt erstmals, dass tatsächlich der Komponist selbst dem einflussreichen Stück den Namen gab. Das zurückgekehrte Bach-Porträt wiederum wurde zuletzt 1913 in Leipzig gesichtet, vor 100 Jahren. Eine Träne darf man da durchaus verdrücken. Mathias Wöbking Star-Schuhe: „Lady Gaga Shoe” von Ben Naäm (2011, Lackleder, Kunststoffteile). Foto: dapd Dem Weimarer Goethe- und Schiller-Archiv ist der Ankauf von bislang unbekannten Handschriften aus dem Umkreis des Gelehrten Gottlieb Hufeland (1760– 1817) gelungen. Den Kern der 23 Teile umfassenden Sammlung bilden ein Brief von Johann Wolfgang Goethe an Hufeland aus dem Jahr 1794 sowie weitere eigenhändige Mitteilungen von Friedrich Schiller, August Wilhelm Schlegel und Ernst Moritz Arndt, teilte die Klassik Stiftung Weimar gestern mit. Für die Forschung und vor allem für die Editionsvorhaben des Archivs seien die erworbenen Handschriften von großer Bedeutung. So werfe etwa eine Beschwerde des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ein Schlaglicht auf das Universitätsleben in Jena. In der vermutlich an Hufeland gerichteten Notiz beklagt sich Schelling darüber, dass von einem Diener Tabakrauch in den Vorlesungssaal geblasen worden sei, weshalb er sogar seinen Vortrag abbrach. Als Zeugen für dieses Ärgernis benannte er das gesamte Auditorium. Der aus Danzig stammende Jurist Hufeland war von 1788 bis 1802 als Professor in Jena und als Mitherausgeber der „Allgemeinen Literaturzeitung“ tätig. Zu seinem engeren Bekanntenkreis gehörten neben Schelling auch Schiller und Johann Gottlieb Fichte. Die angekauften Hufeland-Briefe befanden sich in Privatbesitz. Das Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung ist eine der 25 Einrichtungen, die seit 1998 zum Welterbe der Unesco gehören. In dem im Juli 2012 nach zweijähriger Sanierung und Erweiterung wiedereröffneten Gebäude werden mehr als 130 Autorennachlässe sowie Archive von Institutionen wie der Shakespeare-Gesellschaft, der Schiller-Stiftung und des Insel-Verlags bewahrt. epd Die französische Schauspielerin Jeanne Moreau im September 2012. Vicki Baum (1888–1960) auf einer Aufnahme aus dem Jahre 1945. und Romane, in denen eine Gruppe von Charakteren vorübergehend an einem bestimmten Ort – etwa ein Krankenhaus oder Schiff – zusammentrifft, war es das Vorbild. Von solchen Triumphen träumte Vicki Baum nicht, als sie 1914 inkognito zu schreiben begann. Die am 24. Januar 1888 in Wien geborene Tochter eines jüdischen Regierungsbeamten der k.u.k. -Monarchie absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Harfenistin, war Mitglied im Symphonieorchester des Wiener Konzertvereins und lehrte an der Musikhochschule. Im Alter von 19 ereilte sie ein schwerer Schicksalsschlag: Ihre Mutter erkrankte an unheilbarem Knochenkrebs. Mehrmals täglich spritzte Vicki ihr Morphium, da der mental überforderte Vater jede Hilfe verweigerte. Halt bot ihr in dieser Krise die Liebe zu dem Schriftsteller Max Prels, den sie 1909 heiratete. Doch die Beziehung zeigte schon bald Risse. Der Bohemien trank übermäßig viel, immer öfter musste Vicki für den unzuverlässigen Gatten einspringen und Artikel verfassen, die er nicht liefern konnte. Dabei zeigte sie ein erstaunliches Maß an Kreativität und Versiertheit: „Wenn das Geld für die simpelsten Notwendigkeiten, für das Wohlergehen der eigenen Familie fehlt, dann produzieren die Drüsen tollste Säfte und Gedanken, und die kleinen Rädchen im Gehirn beginnen sich zu drehen und schaffen Neues.“ 1910 gewann sie bei einem Wettbewerb des Münchner Satiremagazins „Licht und Schatten“ einen Preis für die „beste heitere Novellette“. Dennoch war an ein finanzielles Auskommen auf der Basis literarischer Tätigkeit nicht zu denken. Vicki Baum tingelte daher weiterhin als Musikerin durch die Lande. Bei einem ihrer Engagements lernte sie den Dirigenten Richard Lert kennen, für den sie zwar keine brennende Leidenschaft empfand, doch die Ehe erwies sich ungeachtet etlicher Affären beiderseits als stabil und tragfähig. 1926 wurde Vicki Baum Zeitschriften- Redakteurin bei Ullstein, schrieb für damals beliebte Illustrierte wie „Dame“ und „Uhu“ Der Verlag baute sie als Marke auf: Als selbstbewusste Frau, die arbeitet, in ihrer Freizeit boxt, Mann, Kinder und Beruf unter einen Hut bringt und sich modisch kleidet, sollte Vicki Baum jungen Frauen zur Identifikation dienen. Mit Werbekampagnen, Radiointerviews und Auftritten in Kaufhäusern und Hörsälen machte Ullstein sie zum „ersten Medienstar des deutschen Literaturbetriebs“, schreibt Nicole Nottelmann in der Biografie „Die Karrieren der Vicki Baum“. Und sie entpuppte sich als äußerst geschäftstüchtig. In einem Generalvertrag, den sie während der Weimarer Republik mit dem Ullstein Verlag schloss, forderte sie für jeden ihrer Romane ein Garantiehonorar von 10 000 Mark plus Tantiemen. Auch in den zähen Verhandlungen mit Hollywood um die Filmrechte für ihre Romane pokerte sie gewieft. Das brachte ihr ein stattliches Kapital ein, das ihr in den USA, wo sie seit 1932 wohnte, einen großbürgerlichen Lebensstil erlaubte. In Deutschland waren die Bücher der jüdischen Autorin zur Zeit des Nationalsozialismus verboten, 1938 nahm sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Abenteuerlustig reiste Vicki Baum unermüdlich durch die Welt. Auf Bali infizierte sie sich 1936 mit Malaria. Die Symptome quälten sie. In den 40er Jahren erkrankte sie dann an einer Depression, weil sie fürchtete, dass sie ihren Zenit überschritten habe und die Öffentlichkeit sich bald nicht mehr für sie interessieren werde. Deshalb griff sie oft zu Beruhigungsmitteln. In den Strudel der Sucht geraten, erlitt sie einen traumatischen Zusammenbruch, von dem sie sich nie mehr ganz erholte. Die späten Bücher der „geborene Geschichtenerzählerin“ sind Dokumente des künstlerischen Abstiegs einer Frau, die sich psychisch und körperlich bis zuletzt gnadenlos ausbeutete. Sie starb 1960 in Los Angeles. Ulf Heise/jwe