Kurzinformation Wildbrethygiene und Wildbretvermarktung aus

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Kurzinformation Wildbrethygiene und Wildbretvermarktung aus
Kurzinformation
Wildbrethygiene und Wildbretvermarktung
aus rechtlicher und jagdpraktischer Sicht
(Stand: 01.03.2006)
Lebensmittel Wild
Der Eigenvertrieb von Wildbret durch den Jäger einschließlich der
Werbemaßnahmen (z. B. Inserat in der Zeitung) bedarf keiner Genehmigung und
stellt grundsätzlich kein Gewerbe dar. Es sei den der Jäger kauft Wild bei anderen
auf, um dieses dann weiterzuverkaufen. Für die Behandlung und Vermarktung
müssen aber selbstverständlich gewisse fleischhygienerechtliche Voraussetzungen
erfüllt werden, die im Nachfolgenden dargestellt werden.
Verbraucherschutz (Verantwortung für das Produkt Wildbret)
Die Jäger übernehmen mit der Selbstvermarktung von erlegtem Wild eine große
Verantwortung gegenüber den Abnehmern. Um die Verbraucher vor
gesundheitlichen Gefahren beim Verzehr von Wildfleisch zu schützen, sind eine
Reihe von Rechtsvorschriften, auf europäischer (EU-Mitgliedsstaaten) und nationaler
Ebene, erlassen worden. Die nachfolgend genannten Vorschriften gelten für den
Umgang und die Abgabe von Wildfleisch in Deutschland. Zur besseren
Übersichtlichkeit zeigt Tabelle 1 die jagdlichen Anwendungsbereichesbereiche wo
die jeweiligen Verordnungen gelten bzw. nicht gelten.
1
Tabelle 1: Anwendungsbereiche der EU-Vorschriften im Bereich Wildbrethygiene und
Wildbretvermarktung
Vorschrift
Anwendungsbereiche
Gilt bei … (Beispiele)
Gilt nicht bei …
Verordnung (EG) 178/2002
• allen Produktions-,
• beim Umgang und
„Lebensmittelsicherheit“
VerarbeitungsGebrauch von Wild
und
für
den
Vertriebsstufen
Eigenbedarf
im
vom Lebensmittel
privaten häuslichen
„Wild“
Bereich
Verordnung (EG) 852/2004
• Abgabe von Wild
• beim Umgang und
„Lebensmittelhygiene“
an
Gebrauch von Wild
Wildbearbeitungsfür
den
betriebe
Eigenbedarf
im
(Großhandel)
privaten häuslichen
Bereich
• Abgabe von Wild
in großen Mengen
• bei
direkter
Abgabe
von
• Abgabe
von
kleinen Mengen1
zerwirktem Wild
Wild in der Decke
an
Endverbraucher
• bei Abgabe von
kleinen Mengen
Wild in der Decke
an lokale Einzelhandelsgeschäfte
2
(die das Wild
dann
an
Endverbraucher
abgeben)
Verordnung
(EG)
Nr.
• Abgabe von Wild
• Jäger, die kleine
853/2004
Spezifische
an
Mengen von Wild
Hygienevorschriften
für
Wildbearbeitungsoder Wildfleisch
Lebensmittel
tierischen
betriebe
direkt
an
den
Ursprungs
(Großhandel)
Endverbraucher
oder an örtliche
• Abgabe von Wild
Einzelhandelsin großen Mengen
unternehmer zur
direkten
Abgabe
an
den
Endverbraucher
abgeben
1. Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Lebensmittelsicherheit (ist seit dem 01. Januar
2005 verbindlich)
1
Definition „kleine Menge“: Als kleine Menge ist die Strecke eines Jagdtages definiert
Definition lokale Einzelhandelsgeschäfte: Wildeinzelhändler, Metzgereien und Gaststätten, die sich
in lokaler Nähe zu Revier oder zum Wohnort des Jägers befinden
2
2
Der Revierinhaber wird in dieser Verordnung zum Lebensmittelunternehmer mit
Primärproduktion erklärt. Demnach ist der Revierinhaber und Jäger grundsätzlich für
die gesundheitliche Unbedenklichkeit des von ihm in den Verkehr gebrachten
Wildbrets verantwortlich. Er darf deshalb kein Wild in den Verkehr bringen, dass
gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist.
Durch Verunreinigungen mit Fremdstoffen oder durch verhitzen ist Wildfleisch u. a.
bereits ungeeignet für den Verzehr.
Merke: Verstöße gegen diesen Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
werden in Deutschland nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch als
Straftat mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet.
In besonders schweren Fällen (z. B. wenn die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet wurde) wird eine
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängt.
Ein weiterer wesentlicher Punkt der auch die meisten Revierinhaber tangiert ist der
Artikel 18 über die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln. Jeder Revierinhaber der
Wild oder Teile von Wild an Wildhändler, Fleischereien oder Gastronomiebetriebe
abgibt muss dies genau schriftlich festhalten mit Name des Abnehmers und dem
Datum der Abgabe. Diese Informationen sind den zuständigen Behörden auf
Aufforderung zur Verfügung zu stellen. Revierinhaber die ihr Wild nur im eigenen
Haushalt verwerten oder nur direkt an Endverbraucher abgeben unterliegen keiner
Aufzeichnungspflicht. In diesem Zusammenhang wird auch die Einführung einer
Wildursprungsmarke und eines Wildursprungsscheins in Niedersachsen geprüft.
Bislang (Stand 01.03.2006) gibt es aber in Niedersachsen noch keine
entsprechenden Vorgaben.
2. Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Lebensmittelhygiene (ist seit dem 01. Januar
2006 verbindlich)
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich findet diese Verordnung nicht in allen Fällen, bei denen
Jäger Wildbret vermarkten, Anwendung. Bei der häufigen Abgabeart „in der Decke
bzw. im Federkleid“ direkt an Endverbraucher oder den örtlichen Einzelhandel bleibt
vorerst alles beim Alten. Die Mitgliedsstaaten sind aber aufgefordert diesen Bereich
im Sinne der Verordnung 852/2004 zu regeln. Das ist bislang (Stand 01.03.2006) in
Deutschland noch nicht geschehen.
Sobald aber zerwirktes Wild vom Revierinhaber abgeben wird, auch wenn es nur
eine kleine Menge ist, muss die Verordnung (EG) 852/2004 Lebensmittelhygiene
beachtet werden (vgl. Tabelle 1).
Das bedeutet, dass der Jäger sowohl die Anforderungen des allgemeinen
Lebensmittelrechts als auch die speziellen Hygienevorschriften, die für das
Gewinnen von Fleisch gelten, zu beachten hat. Es sind hygienisch kritische Punkte
im Herstellungsprozess zu definieren, zu kontrollieren und die Kontrollen zu
dokumentieren. Dies kann zum Beispiel die Kontrolle der Einhaltung der maximalen
Kühltemperatur sein. Mit seinen Aufzeichnungen dokumentiert er die
ordnungsgemäße Herstellung eines Lebensmittels.
3. Verordnung (EG) Nr. 853/2004 Spezifische Hygienevorschriften für
Lebensmittel tierischen Ursprungs (ist seit dem 01. Januar 2006 verbindlich)
3
Bei der Abgabe von Wild an Wildbearbeitungsbetriebe (Großhandel) kommen gemäß
der Verordnung 853/2004 weitreichende Änderungen auf die Revierinhaber zu. Die
Direktabgabe kleiner Mengen Wild oder Wildfleisches ist von den Bestimmungen
dieser Verordnung ausgenommen (vgl. Tabelle 1). Die nachfolgende Übersicht zeigt
stichpunktartig die wesentlichen Änderungen beim Verkauf von erlegtem Wild an
Wildbearbeitungsbetriebe.
1. EU-Zulassung der Betriebe (Art. 4 Abs. 2 i. V. mit Anhang III)
2. Rückverfolgbarkeit muss gewährleistet werden durch verschiedene
Dokumente (evt. Wildursprungsschein) mit…
- Nummerierung
- Datum, Zeitpunkt, Ort des Erlegens
- Erklärungen/Bescheinigungen des kundigen Jägers (siehe unten)
(Art. 7 und Verordnung 178/2002 Art. 18)
3. Verkauf ohne Voruntersuchung
durch „kundige Person“3 (sollte
eher eine Ausnahme sein)
4. Verkauf mit Voruntersuchung
durch
„kundige
Person“
(Normalfall)
Î Abgabe des Wildkörpers mit Kopf
und allen Eingeweiden, aber ohne
Magen, Darm und ohne Trophäen
•
Fall 1: Bescheinigung, dass keine
verdächtigen
Merkmale
am
lebenden oder aufgebrochenen
Stück
Wild
vorliegen
(Ö Abgabe nur des Wildkörpers;
Organe müssen nicht mitgegeben
werden; Achtung: Aber Proben
bei Tierarten die Trichinenschaupflichtig sind müssen genommen
werden können (Zwerchfell)
•
Fall 2: Erklärung, welche verdächtigen Merkmale festgestellt
wurden
(ÖAbgabe
des
Wildkörpers mit Kopf und allen,
besonders
den
veränderten
Eingeweiden, aber ohne Magen,
Darm und Trophäen
(Anhang III, Abschnitt IV, Kapitel II,
Nr. 4c)
(Anhang III, Abschnitt IV, Kapitel II,
Nr. 1 bis 4b)
Nachfolgend sind stichwortartig nochmals einige wichtige Punkte beim Umgang mit
dem Lebensmittel Wild aufgeführt, die für alle Abgabearten (Direktvermarktung,
Großhandel, etc.) gleichermaßen gelten. Viele Bestimmungen sind dem vorläufig
noch geltenden Fleischhygienegesetz und Geflügelfleischhygienegesetz sowie den
3
„kundige Person“ = Jäger müssen auf dem Gebiet der Wildpathologie sowie der Produktion und
Behandlung von Wildbret ausreichend geschult sein, um das Wild vor Ort einer ersten Untersuchung
unterziehen zu könne. Ob alle Jagdscheininhaber „kundige Personen“ sind ist zur Zeit noch sehr
strittig. Die zuständigen Behörden werden das noch genau festlegen und ggf. die Jagdverbände
auffordern, entsprechende Lehrgänge anzubieten.
4
zugehörigen Verordnungen entnommen. Dazu gehören insbesondere die
Vorschriften zu den gesundheitlich bedenklichen Merkmalen, zur Beschaffenheit und
Ausstattung einer Wildkammer sowie zur amtlichen Fleischuntersuchung.
1. Aufbrechen/Ausweiden:
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•
erlegtes Haar- und Federwild ist unverzüglich (=ohne schuldhaftes
Zögern) aufzubrechen, nur bei Abgabe von Kleinwild (Niederwild außer
Rehwild) reicht es spätestens bei der Abgabe auszuweiden
der Begriff „unverzüglich“ ist immer unter den jeweiligen Gegebenheiten
der Jagd zu sehen; in der Regel ist das Aufbrechen nach ca. zwei
Stunden noch vertretbar
insbesondere bei länger andauernden Gesellschaftsjagden sollte eine
Aufbrechpause eingeplant werden
beim Aufbrechen sollten Einmalhandschuhe getragen werden, um
möglichen Kontaminationen des Wildbrets zu verhindern und um
mögliche Ansteckungen mit Wildkrankheiten (von Tier auf Mensch) zu
verhindern. Die Hasenpestfälle (Tularämie) 2005 in Hessen bei
Menschen haben deutlich gezeigt, dass mit solch einfach Mitteln eine
Ansteckung bei Menschen eventuell verhindert werden kann. Eine
gesetzliche Verpflichtung zum Tragen von Einmalhandschuhen beim
Aufbrechen besteht allerdings nicht.
Aufbrechmethode: Grundsätzlich sollte die Aufbrechmethode immer
nach den hygienischen Bedingungen des Treffersitzes, des Umfelds
und der anschließenden Transportmöglichkeit ausgewählt werden. Bei
der in Deutschland üblichen herkömmlichen Aufbrechmethode wird der
komplette Brustkorb geöffnet und die Keulenmuskulatur durch öffnen
des Schlosses freigelegt. Ebenso erlaubt und insbesondere beim
Bergen in schwierigem Gelände vorteilhaft ist die skandinavische
Aufbrechmethode. Dabei bleibt insbesondere das Schloss ungeöffnet
und die Beckenhöhlenorgane (Harnblase, etc) werden durch
Umschneiden von innen her entnommen.
nicht optimal getroffene Stücke Wild (z. B. bei Weidwundschuss) sollten
vorrangig versorgt werden; dabei sollte insbesondere Wasser in
Trinkwasserqualität zum gründlichen Ausspülen des Wildkörpers
verwendet werden
zum Säubern des Wildkörpers darf unter keinen Umständen Gras oder
Reisig verwendet werden
das Aushakeln von Federwild ist abzulehnen
bei erlegten Wildtauben und Hühnervögeln muss auch der Kropf
entfernt werden
Merke: Es darf kein unausgeweidetes oder nicht aufgebrochenes
Wild (gilt auch für Niederwild) zum Verzehr an Endverbraucher und
Einzelhandel abgegeben werden,
der Aneignungsberechtigte (Revierinhaber) bzw. der kundige Jäger
muss sich vorher davon überzeugen, dass keine bedenklichen
Merkmale an Organen und Wildbret vorliegen
Dies ist mit ein Grund, dass grundsätzlich erlegtes Wild nur bei guten
Lichtverhältnissen
(Tageslicht,
gute
künstliche
Lichtquelle)
aufgebrochen werden sollte.
5
2. Transport von Wild:
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Das Transportieren von erlegtem Wild über zwei Stunden Dauer muss
unter Kühlbedingungen erfolgen, wenn erlegtes Haarwild nicht
unmittelbar an Verbraucher (Freunde, Verwandte, etc.) abgegeben
wird.
Zerlegtes und enthäutetes Wild darf nicht offen in Fahrzeugen
transportiert werden, in denen auch Jagdhunde oder frisch erlegtes
Wild transportiert werden. Es sei den, dass dieses Fleisch völlig
verpackt ist oder sich in einem geschlossenen Behältnis befindet.
wichtig ist es, dass nach dem Aufbrechen und dem Transport Wild in
den Körperhöhlen abtrocknen kann, um die Haltbarkeit zu verlängern
keinesfalls sollte Wild übereinander gestapelt transportiert werden
beim Transport von aufgebrochenem Wild ist das Wildbret vor
Verschmutzung zu schützen
3. Kühlung:
•
•
•
erlegtes Wild ist nach dem Aufbrechen so aufzubewahren, dass es
gründlich auskühlen kann (auf Kerntemperatur von maximal 7°Celsius;
Hase, Kanin und Federwild auf maximal 4°Celsius); die ideale
Fleischreifungstemperatur liegt eher sogar bei 1 bis 2°Celsius)
In der Praxis bedeutet dies, dass die Revierinhaber Zugriff auf eine
Kühlkammer bzw. einen Wildkühlschrank haben müssen, um das Wild
ordnungsgemäß durchkühlen zu können. Ein .Abhängen im „kühlen“
Keller oder an der frischen Luft im Freien genügt den
Hygieneanforderungen in der Regel nicht.
Zu den großen Vorteilen einer entsprechenden Kühlmöglichkeit gehört,
dass das Wildbret unter Idealbedingungen reifen kann. Das Fleisch
wird dabei immer zarter und geschmackvoller. Dabei sind
Abhängezeiten von sieben Tagen in der Kühlzelle unter normalen
Umständen kein Problem. Das bedeutet, man hat auch länger Zeit
einen Käufer für das Wildbret zu finden.
4. Aus der Decke schlagen, Abschwarten und Zerwirken
•
•
•
Enthäuten und Zerwirken am Erlegungsort ist nur zulässig, wenn
anders ein Transport nicht möglich ist
Merke: Will man Wild zerwirkt abliefern, dann ist das rechtlich ohne
amtliche Fleischuntersuchung nur an einzelne natürliche Personen
zulässig (vgl. Abbildung 1)
Zerwirken ist nur in einem Raum zulässig, dessen Ausstattung der
Anlage 2 der Fleischhygieneverordnung entspricht (siehe Tabelle 2)
Tabelle 2: Wildkammer
(Wie muss ein Raum in dem Wild zerwirkt wird gestaltet sein?)
•
Boden wasserundurchlässig, fest, nicht verrottendes, leicht zu reinigendes
und zu desinfizierendes Material – Wasser muss leicht ablaufen können und
wird in einen abgedeckten, geruchssicheren Abfluss geleitet
6
•
Glatte, helle Decke – Glatten, hellen Belag oder Anstrich an Wänden und bis
mindestens 2 m Höhe abwaschbar
•
Oberfläche
von
Türen
und
Fensterrahmen
abwaschbar
und
korrosionsbeständig (Kunststoff, Metall, entsprechend bearbeitetes Holz)
•
Ausreichende Beleuchtung und ausreichende Be- und Entlüftung,
•
ausreichende Einrichtung zur Reinigung und Desinfektion der Hände mit
handwarmen, fließenden Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmittel plus
hygienische Mittel zum Händetrocknen
•
Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte aus korrosionsbeständigem,
leicht zu reinigendem und zu desinfizierendem Material; Verwendung von
Holz
(außer Räucher- und Reife-Raume, bei Hackklötzen oder zum
Transport verpackten Fleisches) nicht zulässig. Qualität des Fleisches darf
nicht beeinträchtigt werden.
•
Raum vor Ungeziefer absichern.
Es müssen vorhanden sein:
o Behältnisse, die unmittelbaren Boden und Wandkontakt des
Wildbrets verhindern
o Kühleinrichtungen
o Anlage, die ausreichend heißes Wasser liefert
o Toilettenanlage mit Handwaschgelegenheiten (Fußpedal)
(Auszug aus der Fleischhygieneverordnung (siehe Literaturverzeichnis))
5. Zu den bedenkliche Merkmalen gehören…
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•
Abnorme Verhaltensweisen und Störungen des Allgemeinbefindens
Fehlen von Anzeichen äußerer Gewalteinwirkung als Todesursache
(Fallwild)
Geschwülste oder Abszesse, wenn sie zahlreich oder verteilt in inneren
Organen oder in der Muskulatur vorkommen
Schwellungen der Gelenke der Hoden, Hodenvereiterung, Leber- oder
Milzschwellung, Darm- oder Nabelentzündung
Fremder Inhalt in den Körperhöhlen, insbesondere Magen- und
Darminhalt oder Harn, wenn Brust oder Bauchfell verfärbt sind
Erhebliche Gasbildung im Magen- und Darmkanal mit Verfärbung der
inneren Organe
Erhebliche Abweichungen der Muskulatur oder der Organe in Farbe,
Konsistenz oder Geruch
Offene Knochenbrüche, soweit sie nicht unmittelbar mit dem Erlegen im
Zusammenhang stehen
Erhebliche Abmagerung oder Schwund einzelner Muskelpartien
Frische Verklebungen oder Verwachsungen von Organen mit Brustoder Bauchfell
Sonstige
erhebliche
sinnfällige
Veränderungen
außer
Schussverletzungen, wie z.B. stickige Reifung
Bei diesen bedenklichen Merkmalen ist zwingend eine amtliche Fleischuntersuchung
zu veranlassen, wenn das Wildbret in den Verkehr gebracht werden soll. „ In den
Verkehr bringen“ fängt bereits bei Eigenverbrauch an. Ein Unterlassen stellt nach
dem Fleischhygienerecht einen Straftatbestand dar und kann deshalb
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weitreichende Folgen für den Jagdscheininhaber haben (Jagdscheinentzug, Verlust
der Jagdpacht, etc.) (siehe auch Anmerkungen unten).
Merke: Deshalb gilt grundsätzlich: Wenn Zweifel an der Genusstauglichkeit des
erlegten Stückes bestehen, ist der amtliche Tierarzt als Fachmann in der
Lebensmittelhygiene zu Rate zu ziehen.
•
•
Zur amtlichen Untersuchung müssen natürlich auch veränderte Organe
und das kleine Jägerecht vorgelegt werden.
Die Anmeldung und Durchführung der amtlichen Fleischuntersuchung
muss so rechtzeitig erfolgen, dass Veränderungen erkannt und beurteilt
werden können (längstens: Freitag bis Montag)
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Entscheidungswege für oder gegen die Notwendigkeit einer
amtlichen Fleischuntersuchung bei Haar- und Federwild
Grundsatz:
Alles erlegte Haar- und Federwild unterliegt der amtlichen Fleischuntersuchung,
sofern es für den menschlichen Verzehr bestimmt ist.
Durchführung/Anmeldung:
„amtlicher Tierarzt“, Fleischbeschauer;
der Aneignungsberichte (Jagdausübungsberechtigte) muss diese Untersuchung bei
allem untersuchungspflichtigem Wild veranlassen (Eine Abtretung der
Untersuchungspflicht an bestimmte rechtliche definierte Personenkreise (siehe
Trichinenschau) ist theoretisch möglich)
Kosten:
differieren von Landkreis zu Landkreis (ca. zwischen 5 und 15 Euro pro Stück Wild)
Ausnahmen:
Eine Fleischuntersuchung ist nicht erforderlich, wenn der Jäger keine bedenklichen
Merkmale feststellt, die das Wildbret als genussuntauglich erscheinen lassen und die
in Abbildung 1 dargestellten Vermarktungswege und Abgabemengen beachtet
werden.
Ergebnis: Im „Normalfall“ kann eine amtliche Fleischuntersuchung unterbleiben
Zuwiderhandlungen:
Ein Unterlassen der amtlichen Fleischuntersuchung, obwohl diese notwendig
gewesen wäre, stellt nach dem Fleischhygienerecht einen Straftatbestand dar und
kann deshalb weitreichende Folgen für den Jagdscheininhaber haben
(Jagdscheinentzug, Verlust der Jagdpacht, etc.).
Beispiele:
•
•
•
Unfallwild: Wenn Unfallwild oder Teile von Unfallwild als Lebensmittel genutzt
werden soll, ist vorher unbedingt eine amtliche Fleischuntersuchung
durchzuführen, weil das so wichtige Beurteilen vor dem Schuss
(„Lebendbeschau“) fehlt. Das gilt auch für Stücke wo ein Fangschuss nötig
war. Vielleicht ist das Stück Wild gerade deshalb in einen Verkehrsunfall
geraten, weil es vorher krank war. Das zu beurteilen muss aber dem
amtlichen Tierarzt überlassen werden.
Brunftiges/rauschiges Wild: Brunftgeruch in der Paarungszeit ist kein Grund
für eine amtliche Fleischuntersuchung. Ein starker geschlechtsspezifischer
Geruch außerhalb der Paarungszeit kann aber ein Hinweis auf eine Krankheit
sein (bedenkliches Merkmal) und eine amtliche Untersuchung notwendig
machen. Das Wildbret rauschiger Keiler gilt als nicht verzehrfähig.
Wild, das auf einer Nachsuche zur Strecke kommt: „Nachsuchenwild“,
dass erst nach längerer Unterbrechung, um es z. B. krank werden zu lassen
oder weil die Nachsuche im Dunkeln keinen Sinn hatte, zur Strecke kommt,
9
•
•
•
muss einer amtlichen Fleischuntersuchung zugeführt werden, sofern es für
den menschlichen Verzehr bestimmt ist. Auch bei Wild, dass nach einer
kürzeren Nachsuche zur Strecke kommt sind häufig schon bedenkliche
Merkmale vorhanden, die zwingend eine amtliche Fleischuntersuchung nötig
machen.
Verkauf von tiefgefrorenen Wildeinzelteilen: Will man Wild zerwirkt
abliefern, dann ist das rechtlich ohne amtliche Fleischuntersuchung nur an
einzelne natürliche Personen im frischen Zustand (d. h. nicht eingefroren
oder geräuchert) zulässig.
Abbildung 1: Wege zur amtlich Fleischbeschau
NEIN
JA
Auffälligkeiten vor dem Schuss
Verhalten
Bewegung
Aussehen
Lautäußerungen
Gesundheitlich bedenkliche Merkmale*
NEIN
JA
Auffälligkeiten am Stück
z. B. Organveränderungen, Knotenbildung, Geruch, Verletzungen
• Eigenverbrauch
Abgabe des
Wildbrets in
der Decke,
ungefroren
• unmittelbar an Verbraucher
• auf Wochenmarkt an Verbraucher*2
• nahe gelegene Gasstätten,
Restaurants, etc.
• Einzelhandelsgeschäfte
Abgabe von
kleinen
Mengen
zerwirktem
Wild (Abgabe
nur frisch)
• Eigenverbrauch
• unmittelbar an Verbraucher*2
Sonstige
Abgabemöglichkeiten
insbesondere
Großhandel
gering
Abgabemenge
Keine
Amtliche Fleischuntersuchung
*= siehe Seite 4
*2= gilt nicht bei Abgabe von Federwild
Trichinenuntersuchung
10
groß
JA
Die Trichinenuntersuchung ist klar abzugrenzen von der oben erläuterten amtlichen
Fleischuntersuchung. Bei Fleisch von alles fressenden Tieren (z. B. Schwarzwild,
Dachs, Fuchs, etc.) und beim Nutria, dass in den Verkehr gebracht werden soll, ist
auf jeden Fall ohne jede Einschränkung eine Trichinenuntersuchung notwendig!
Zuwiderhandlungen sind keine Kavaliersdelikte sondern Straftaten.
Wer ist Fleisch- und Trichinenuntersuchungspflichtig?
•
In der Regel der:
Jagdausübungsberechtigte („Aneignungsberechtigte“)
•
Eine Abtretung der Untersuchungspflicht ist bei der Abgabe von Wild an…
1. be- oder verarbeitende Betriebe (z. B. Gasstätten, Wildhandel, etc.)
oder
2. Jagdscheininhaber möglich
Trichinenprobenentnahme:
Möglichkeit 1:
Trichinenprobenentnahme durch den amtlichen Fleischhygienetierarzt
Möglichkeit 2 (neu):
Trichinenprobenentnahme durch den geschulten und amtlich beauftragten
Jagdausübungsberechtigten
11
Literatur:
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Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen
Untersuchungen nach dem Fleischhygienegesetz (VwVfIHG) – vom 11.12.1986
(BAnz. Nr. 238a, 1986)
Bert, F.: Wildbretgewinnung und –hygiene unter dem Fleischhygiene- und
Geflügelfleischhygienerecht, 7.Auflage Deutscher Jagdschutz-Verband e. V.
Bundesinstitut für Risikobewertung: Information Nr. 01/2006 des Bfr vom 2. Januar
2006 „Tipps für Jäger zum Umgang mit Wildfleisch“
Deutsche Jagdzeitung: Achtung! Bedenkliche Merkmale beim Versorgen von Wild
Fleischhygienegesetz (FlHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.7.1993
(BGBl. I S. 1189), zuletzt geändert durch Artikel 2 § 25 des Gesetzes vom 22.12.1997
(BGBl. I S. 3224)
Verordnung über die hygienischen Anforderungen und amtlichen Untersuchungen
beim Verkehr mit Fleisch (Fleischhygiene-Verordnung – FlHV) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 21.5.1997 (BGBI. I S. 1138), zuletzt geändert durch Artikel 2
der Verordnung vom 3.12.1997 (BGBI. I S. 2786)
Geflügelfleischhygienegesetz (GFIHG) vom 17.7.1996 (BGBI. I S. 991), zuletzt
geändert durch Artikel 2 § 26 des Gesetzes vom 22.12.1997 (BGBI. I S. 3224)
Geflügelfleischhygieneverordnung (GFIHV). – Art. 1 der VO vom 3.12.1997 (BGBI.
I S. 2786)
Kujawski, Graf Olgierd E. J.. Wildbrethygiene (BLV Jagdpraxis) 2005, BLV
Verlagsgesellschaft mbH
Meier-Winn, A (2005): Das EU-Lebensmittelhygienepaket seit 1. Januar 2006;
DJV-Nachrichten
Möller, Wolfdietrich, Umweltrecht, Wald, Planung Naturschutz, Jagd u. a. Band IV
Jagdrecht; 3.Auflage 2004
Rose, Heinz: Kommentar Jagdrecht in Niedersachsen, 28.Auflage Deutscher
Gemeindeverlag
Verordnung (EG) 178/2002 „Lebensmittelsicherheit“ vom 28. Januar 2002
Verordnung (EG) 852/2004 „Lebensmittelhygiene“ vom 25.06.2004
Verordnung (EG) Nr. 853/2004 Spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel
tierischen Ursprungs vom 25.06.2004
von Pückler, Mark G.: Der Jäger und sein Recht, Hamburg, Paul Parey Verlag, 1999
von Braunschweig, Albrecht: Wildkrankheiten und Fleischbeschau, 6.Auflage
Landbuchverlag Hannover
Wild und Hund Exklusiv: Aus dem Revier in die Küche (3), Wild und Hund
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