Mit Erfahrung zum richtigen Öl

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Mit Erfahrung zum richtigen Öl
spezial
Fotos: Pohlmann Mineralölwerk / nasared – Fotolia.com
oldtimer
Die Arbeit im Labor ist heute wie gestern entscheidend für die Entwicklung eines neuen Öls. Mit Erfahrung zum richtigen Öl
Das richtige Öl für Motor und Getriebe ist unabdingbar dafür, dass sich der Oldtimer
wohl fühlt. Wir haben uns im Pohlmann-Mineralölwerk im hessischen Korbach umgesehen,
das klassische Öle der Marke Rektol herstellt. Ein Ausflug in die Ölgeschichte.
G
leich vorweg: Bei Pohlmann vertritt man die Philosophie, nur Öle einzusetzen, die seinerzeit auch
für die entsprechenden Maschinen und Fahrzeuge
qualifiziert wurden. Hier zahlt sich die Erfahrung
des Unternehmens aus – schließlich liefert Pohlmann seit 1892 Öle und Fette. Im Archiv sind alle relevanten
Rezepturen, Prüfungen, Spezifikationen und Fahrzeugempfehlungen seit 1930 teilweise und ab 1950 noch komplett vorhanden. „Wir haben einen Ölempfehlungsservice eingerichtet, der
sich auch mit individuellen Kundenanfragen befasst“, sagt Jörg
Stahlhut, Vertriebsleiter Schmierstoffe.
Technische Öle haben schon immer den Anforderungen
und Spezifikationen der Hersteller unterlegen. Laboruntersuchungen und theoretische Erkenntnisse über die Eignung
eines Motorenöls sind erfahrungsgemäß nur eine Seite in der
Öl-Entwicklung. Tatsächlich Aufschluss gibt nur ein praktischer
Motorentest. Deshalb werden Öle und Additive bis heute in
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Motoren getestet. In den 20er- und 30er-Jahren galt dafür ein
Einzellauf in einem Diesel- oder Otto-Motor als ausreichend.
Im Laufe der Nachkriegsjahre ergab sich jedoch eine erhebliche
Ausweitung der Prüflaufprogramme. Einer der Gründe für diese Entwicklung ist die erhebliche technische Weiterentwicklung der Motoren mit höheren Leistungen und Belastungen.
Ölspezifikationen von 1920 bis 1990
„In den ersten uns bekannten Richtlinien für technische Öle
von 1928 wurden technische Vorgaben für unterschiedliche
Öltypen, wie beispielsweise Motorenöl, Getriebeöl, Achsenöl
oder Hydrauliköl festgelegt“, sagt Stahlhut. Einige Jahre später,
1931, gab es vergleichbare Ölvorschriften in den USA, Österreich, Italien, Rumänien und Deutschland. In diesen Vorschriften
wurden schon die ersten Zusätze berücksichtigt, die größtenteils auf pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten basierten.
„Hierzu seien bei Motoren- und Getriebeölen die Zusätze Floricin und Dericin genannt, die auf mineralöllöslichem Rizinusöl
oder Voltolöl basierten. Diese Zusätze verbessern die Haftung
auf Metalloberflächen und bewirken damit eine höhere Belastbarkeit des Schmierfilms. Wir haben seinerzeit Aethericin der
Chemischen Fabrik Flörsheim AG eingesetzt“, berichtet Stahlhut.
In den Folgejahren etablierten sich in Deutschland die ÖlNormierungen DIN 6547 für Motorenöle und DIN 6546 für
Getriebeöle. Sie waren im grundsätzlichen Aufbau und Inhalt
entsprechend den Richtlinien von 1928 strukturiert.
Um an lukrative Aufträge zu kommen – beispielsweise mit
der Deutschen Reichsbahn oder auch mit der Deutschen Post
– waren weiterführende Testverfahren notwendig, um die Anforderungen der staatlichen Betriebe sicherstellen zu können.
Sowohl Reichsbahn als auch Post orientierten sich an den DINNormen. Eine Herausforderung war sicherlich der Wunsch der
Deutschen Reichsbahn, dass Sommer-Motorenöle eine Verdampfbarkeit von 15 Prozent nach Noack nicht überschreiten
durften.
Von 1938 bis zum Kriegsende erging es dem PohlmannMineralölwerk wie vielen anderen Industriebetrieben auch: Die
Rüstung hatte Vorrang. Das hessische Unternehmen produzierte fortan so genannte „Einheitsöle“ für die Wehrmacht. Im
Speziellen für Flugmotoren und leichte Radfahrzeuge, wie zum
Beispiel die BMW R75 oder die Zündapp KS 750. Die zu erfüllenden Spezifikationen enthielten im Wesentlichen die Kenndaten der Richtlinie von 1928 und der gültigen DIN-Normen.
Bei einer Öl-Qualifizierung musste seinerzeit ein Schmierölhersteller selbst die Ölrezeptur entwickeln und die qualitätsrelevanten Ölprüfungen im Labor und im Motortest durchführen.
Oder es wurde einem Motorenhersteller das Öl zur Verfügung
gestellt, das unter Übernahme der Kosten den entsprechenden
Zulassungsverfahren unterzogen wurde. Gegebenenfalls wurde man dann für dieses Öl als empfohlenes Ölprodukt beim
Motorenhersteller gelistet. In den späten 40er-Jahren wurde
die Ölentwicklung immer häufiger von den Öladditiv-Herstellern zusammen mit den Maschinen-Herstellern übernommen.
Man konnte 1950 schon Additive kaufen, die spezielle Spezifikationen garantierten. Bei der Pohlmann Mineralölwerk GmbH
& Co.KG waren um 1950 Additive der „Deutsch-AmerikanischenPetroleum-Gesellschaft“ (Esso) sehr stark vertreten. Sie hatten
schon einen direkten Bezug zu gültigen oder zukünftigen Ölspezifikationen. Ein Beispiel hierfür ist das so genannte „Paranox
62“ – ein Detergent, mit dem sich bei einer Dosierungsrate von
vier Prozent die Spezifikation „HD-Motorenöl“ herstellen lässt.
Mit einer Dosierung von drei Prozent erhielt man die Spezifikation „Premium Motor Oil“.
Bei den Getriebeölen wurden von der Mitte der 30er-Jahre
bis zu Beginn der 60er-Jahre gechlorte Verbindungen zugegeben. Diese Öle wurden dann Hochdrucköle oder Höchstdrucköle genannt. Einer der bekanntesten Vertreter ist hier die
Opel-Spezifikation M12 für Höchstdruck-Hinterachsöle. Zu Beginn der 60er-Jahre setzte sich die Phosphor-Schwefel-Technologie für Getriebeöle durch, die in weiterentwickelter Form bis
heute Bestand hat.
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Fettherstellung im Jahr 1940: Damals war das Unternehmen – wie viele
andere auch – in erster Linie mit der Produktion kriegswichtiger Güter beschäftigt.
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Seit dem Ende der 40er-Jahre entstanden aus den Anforderungen einiger Fahrzeughersteller und den Zulassungskriterien
militärischer Anwender erste eigene Ölspezifikationen. Hier die
wesentlichen Meilensteine:
1947
1954
1949
Einführung der API-Motorenölklassen Regular,
Premium und HD.
Einführung der SAE-Viskositätsklassen
Deutschland – DIN 51511 und 51512.
in
Erste Spezifikationen (ATF-Typ A) für AutomatikGetriebeöle von GMC, die als Ursprung aller
nachfolgend en Dexron-Spezifikationen zu sehen sind.
1950
Einführung der Ölspezifikationen des US-Militärs (MIL-L), die bis über die 90er-Jahre hinaus
auch maßgebliche Vorgaben für den zivilen Fahrzeugbereich
lieferten. Auch andere Staaten erstellten derartige MilitärÖlspezifikationen wie zum Beispiel England (DEF), Frankreich
(DCEA) und die Bundesrepublik Deutschland mit den technischen Lieferbedingungen der Bundeswehr (TL). Diese Öl-Spezifikationen überschnitten sich größtenteils in den Anforderungen an Labor- und Motorentests, was eine Vereinheitlichung
bei Einführung von Nato-Codes vereinfachte. So bekam zum
Beispiel ein Verband innerhalb des Nato-Gebiets ein SAE 30,
MIL-L-45199-B, Serie 3, wenn Schmieröl nach Nato-Code 0-225
bestellt wurde.
1952
Einführung der API-Motorenöl-Spezifikationen
für Benzinmotoren ML, MM, MS und für Dieselmotoren DG, DM, DS, die auch die Grundlage der ersten ÖlSpezifikationen von den Fahrzeugherstellern Ford, Chrysler und
GMC darstellten.
1969
1970
Einführung der API-GL-Klassifizierung für Getriebeöle.
Einführung der „Engine Oil Classification SAE
J183“, die in einer Zusammenarbeit des API, der
ASTM und der SAE entstanden ist und die heute noch weitergeführt wird. Hierbei wird die Performance von Benzinmotoren
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mit dem Kürzel S und von Dieselmotoren mit dem Kürzel C gekennzeichnet, zum Beispiel SF/CC, wobei aufsteigende Buchstaben ein neueres Entwicklungsdatum darstellen.
1984
Um die Motorenöl-Spezifikationen stärker auf
den europäischen Markt abzustimmen, hat das
CEC (Coordination European Council for the Development of
Performance Tests for Lubricants and Engine Fuels) zusammen
mit dem CCMC (Committee of Common Market Automobile
Constructors) einige Testreihen erarbeitet, die bis zur Auflösung des CCMC 1996 Gültigkeit hatten.
1996
Einführung der ACEA-Spezifikationen, die bis
heute weitergeführt werden.
Säubern, schmieren und kühlen
Motorenöl muss gleich mehrere Funktionen übernehmen. So
fängt und transportiert es Schmutz, ölt die Schmierstellen und
kühlt einzelne Motorkomponenten. Damit all das reibungslos
funktioniert, ist die Viskosität von ganz entscheidender Bedeutung. In den 50er- und 60er-Jahren lauteten die Vorgaben der
Motorenhersteller für ein Sommeröl zu mehr als 70 Prozent SAE
20W-20. Höhere Viskositäten hat man entgegen der Herstellervorgabe verwendet, wenn es Verschleiss-Probleme gab, die sich
in geringem Öldruck, hohem Ölverbrauch, Geräuschentwicklung oder anderen Unannehmlichkeiten zeigten.
Diese Abhilfe ist jedoch meistens nur von kurzer Dauer und
hat keine guten Folgen für den Motor. Durch die höhere Viskosität und dadurch mehr Fließwiderstand entstehen geringere
Mengenströme des Öls im Motor. Dadurch hat das Öl eine geringere Kühlwirkung auf Motorkomponenten und die Durchölungszeit bei Kaltstart steigt an, was den Verschleiss in der
Warmlaufphase erhöht. Zudem entstehen bei der Verbrennung
des hochviskoseren Öles auch mehr Verbrennungsrückstände,
die sich im Abgastrakt ablagern können und im schlechtesten
Fall zum Verkleben der Kolbenringe führen können. Grundsätzlich gilt, dass je höher die Viskosität eines Mineralöles ist, desto
höher ist auch die Neigung zur Rückstandsbildung bei der Verbrennung. Diese Erscheinung wird durch den Raffinationsprozess bedingt. Desweiteren enthält ein 20W-50-Mehrbereichsöl
etwa ein bis zwei Prozent Polymere, also Kunststoff. Dieses Po-
Das Firmengebäude 1925: Damals war
Pohlmann bereits 33 Jahre erfolgreich im Schmierölgeschäft.
lymer bewirkt den Mehrbereichs-Charakter des Öles, seine Verbrennung erfolgt aber nicht rückstandsfrei.
Eine wichtige Zutat in Motorenölen sind die so genannten
Detergentien und Dispersanten, die den Motor von Ablagerungen
reinigen sollen. Sie basieren auf Kalziumsulfonaten. Diese Additive
VERGANGENHEIT
TRIFFT ZUKUNFT
werden im Betrieb verbraucht, deswegen steht ihre Haltbarkeit
in direktem Zusammenhang mit den Ölwechselintervallen. „Wir
empfehlen, die Anteile an Detergentien/Dispersanten im Motorenöl zu verwenden, die für die Ölwechselfristen der jeweiligen
Fahrzeuge notwendig waren und die in den seinerzeit gültigen
Öl-Spezifikationen zu Grunde gelegt wurden“, berichtet Stahlhut.
Die Verbrennungsrückstände der Detergentien/Dispersanten erhöhen die basischen Eigenschaften des Öls. Basische Flüssigkeiten
greifen aber insbesondere organische Stoffe an – also auch alte
Dichtungsmaterialien wie Kork, Papier oder Kautschuk.
„Bei den Verschleißschutzadditiven, insbesondere ZDDP
(Zinkdialkyldithiophosphate), bevorzugen wir die höchste Dosierungsrate, die seinerzeit in den jeweiligen Öl-Spezifikationen
zugrunde gelegt wurde“, sagt Stahlhut. Grundsätzlich gelte auch
hier, dass sich ZDDP im Betrieb verbraucht und so Einfluss auf
die Wechselintervalle hat. Der Zinkgehalt eines Motorenöls sei
aber nicht automatisch ein sicherer Indikator für die Verschleißschutzwirkung, sondern entscheidend für die Auswahl der „richtigen“ ZDDP-Zusammensetzung sei der jeweilige Einsatzzweck,
die Temperaturen, die Flächenpressungen, die Reibgeschwindigkeiten und die sonstigen Additivierungen – zumal ZDDP zur
Aktivierung seiner Eigenschaften sowohl Temperatur als auch
Reibung als Katalysator benötige. „Hinzu kommt, dass ZDDP
auch negative Nebenwirkungen hat: Es erzeugt Verbrennungsrückstände, kann bei Buntmetallen zu beschleunigter Korrosion
führen und es erhöht die basischen Eigenschaften des Öls, greift
tv
also auch organische Dichtungen an“, sagt Stahlhut.
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