Maltese Falcon
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Maltese Falcon
Maltese Falcon Jenseits der Vorstellungskraft Es gibt Schiffe, die schreiben Geschichte. The Maltese Falcon ist so eines. Das grösste Privatsegelschiff der Welt, ein zukunftsweisend konzipierter High–Tech–Klipper, läutet eine neue Ära des Segelns ein. 38 Logbuch Text und Fotos: Daniel B. Peterlunger Der Falke ist gelandet. Wie aus einer anderen Galaxie einschwebend ist The Maltese Falcon, das revolutionärste Segelschiff der Welt, vor der karibischen Insel St. Barth vor Anker gegangen. Silbergraue Rahen und drei Masten schimmern – von integrierten Leuchtdioden erhellt – metallisch-bläulich. Die Spitze des 58 Meter hohen Hauptmasts verliert sich wie ein zwanzigstöckiges Hochhaus im blauschwarzen Himmel über der Karibik. Im schwarzen Schiffsrumpf unterhalb der Wasser linie eingebaute Strahler illuminieren das Meer: Der Falke scheint auf einer türkis farbigen Wolke zu schweben. Das 289 Fuss marina.ch oktober 07 bzw. 88 Meter lange, atemberaubend gestylte Schiff mit den höchsten freistehenden Masten der Welt, schaukelt sanft in der Dünung. Schaulustigen am Ufer huscht ein ungläubiges Lächeln übers Gesicht, so eine High– Tech–Pracht haben sie noch nie gesehen. Das soll ein Segelschiff sein? Das futuristische, von der italienischen Werft Perini Navi gebaute Ding ist segelnd über den Atlantik gerauscht, um vor der Insel St. Barth den Anker fallen zu lassen – wegen der traditionellen St. Barth Bucket Regatta (siehe «marina.ch» 02/07). Es ist kein Zufall, dass dieses Segelrennen der Megayachten jeweils hier, vor einer der vielleicht schönsten Inseln der Karibik, stattfindet: oktober 07 marina.ch Saint Barthèlemy, entdeckt von Christoph Kolumbus und benannt nach dessen Bruder Batholomeo, besitzt eine perfekt geschützte Bucht. Hier liegt das malerische Hafenstädtchen Gustavia mit exquisiten Restaurants, Galerien und Bars mit Live-Musik. Das edle Eiland, das zu Frankreich gehört, zieht Stars und Prominente an, die in fantastisch gelegenen Hotels und Villen residieren und 22 nie überbevölkerte Strände zur Auswahl haben. Massentourismus gibts hier nicht. Dafür Naturreservate, die man über kleine Strässchen erreicht. Sie bieten immer wieder atemberaubende Ausblicke übers Meer und die grüne Insel. Einen besonders schönen Panorama-Blick hat man vom erst 1962 elektrifizierten Leuchtturm: Gustavias liebliche Bucht, an deren Eingang unübersehbar The Maltese Falcon liegt. Barfuss–Segler Der erste Schritt an Bord des teuersten Segelschiffs der Welt beginnt für alle wie das Leben überhaupt: barfuss. Edles Teak von vorne bis hinten. Schuhe fliegen in die bereitstehende Schuhbox. Die Crew serviert Welcome Drinks. «Fühlen Sie sich wie zu Hause», sagt Captain Chris Gartner (42). Aus unsichtbaren Lautsprechern erklingen Klaviersonaten, der warme Passatwind trägt die Musik über Bord hinaus aufs Wasser. Im warmen Licht des späten Nachmittags harmoniert das Hellbraun des Decks mit dem edel glänzenden Porsche-Silbergrau der Decksaufbauten, in denen sich der Himmel spiegelt. Die Auf bauten, obschon aus statischen Gründen in massivster Bauweise, strahlen formvollendete Leichtigkeit aus. Im Deckstisch raffiniert integrierte, hart lackierte Karbonmatten unterstreichen den High-Tech-Look ohne deswegen technisch-kalt zu wirken. Doch immer wieder neigen sich die Köpfe der Gäste nach hinten, wandern Blicke nach oben ins futuris tische Rigg mit den 18 aerodynamisch geformten Rahen, an denen sich per Knopfdruck auf der Kommandobrücke oder mit einer tragbaren Funkfernsteuerung in Minutenschnelle 15 Segel setzen lassen. Bereits in den 60er Jahren hatte Ingenieur Wilhlem Prölss dieses so genannte Dynarigg entwickelt: Dabei werden die Nachteile des historischen Rahriggs – aufwändige Handhabung, schlechte Amwind-Eigenschaften – mit spaltlos geführten Segeln an drehbaren Masten überwunden. Doch dieses eigentlich hocheffiziente Rigg blieb während 40 Jahren blosse Theorie. Karbon und Kunst seien Dank Erst mit Karbon und dank den Ansprüchen sowie den finanziellen Möglichkeiten des Eigners Tom Perkins, Ingenieur und Segler von klein auf, erwachte die Theorie zum Leben. logbuch 39 Der Bau der drei freistehenden Masten führte zur bisher weltgrössten Einzelbestellung an Karbon, seit es den Werkstoff gibt. Diese Wunderwerke der Forschung und Entwicklung lassen sich per Knopfdruck drehen. Eine Weltneuheit. «Unglaublich», meint Bordgast David Ray, US-Werft-Unternehmer, bewundernd. Dann wird er nostalgisch: «Als ich vor ein paar Jahren Nelson Rockefellers 65 Fuss Yacht kaufte, war sie die grösste und schönste im Hafen. Vorbei. The Maltese Falcon, das ist eine andere Welt.» Eine mit reichem Innenleben: Tom Perkins, einst Topmanager bei Hewlett–Packard, Compaq und Genentech sowie Gründer einer der ersten Risikokapitalgesellschaften, die Startups wie Amazon und Google unterstützte, dieser 74-jährige Mann, der mit der Maltese Falcon seinen ambitiösen High-Tech-Traum verwirklichte, sammelt auch zeitgenössische Kunst. Im Steuerbordsalon hängt Wand füllend Bo Bartletts «Lifeboat». Im Büro schaut Kurt Trampedach als Selbstporträt auf Perkins Pult. Auf dem ovalen Tisch im riesigen Hauptsalon steht ein blauer Bugatti, ein Modell. Der Eigner sammelt die Originale. Stört das Modell, genügt ein Knopfdruck, es versinkt im Tisch, eine Platte schliesst ab. Auf dem Oberdeck gibts eine so genannte Passage-Suite mit einer Terrasse – das Wort Kabine verbietet sich: Auf ihrer 70m2 grossen Terrasse laden Liegestühle zum Nichtstun ein, 2400 m2 Segel sind in den revolutionären, unverstagten Karbonmasten versteckt. geschützt vor den Blicken anderer Gäste. Warmes Holz, helle Teppiche und farbige Gemälde prägen weitere vier luxuriöse Gäste suiten, die sich dank versenkbaren Wänden in zwei Supersuiten verwandeln lassen. Alle mit Highspeed-Internet via Satellit und Bade zimmer wie im Tophotel. Der Flug des Falken Elizabeth Windsor von Ken Freivokh Design, der Architekturfirma, die den Innenausbau und die Aufbauten entwickelte, schwebt noch heute im siebten Designerhimmel: «Die fantastische Kunstsammlung war die Vorgabe. Wir kreierten Form und Farben um sie herum – so machts Freude.» Swimmingpool oder Jaccuzzi wie auf anderen Megayachten gibts hier nicht, dafür atemberaubende Ausblicke durch drei Decks hindurch ins Rigg – dank Spezialglasböden um den Hauptmast herum. Das Achterdeck. Verstärkungen am Mastfuss reichen bis zum Motor unter Deck, der den Mast dreht. Damit wird verhindert, dass Rumpf und Deck auseinanderbrechen, wenn der Motor arbeitet. An den Wänden hängt nicht nur zeitgenössische Kunst, auf der Maltese Falcon werden sogar Ersatzteile der Schiffschraube zum Designobjekt. 40 Logbuch marina.ch oktober 07 oktober 07 marina.ch Das Schmieren der Segelführungen ist eine Schwindel erregende Kletterpartie am höchsten freistehenden Mast der Welt: 58 Meter! wie ein Kreuzfahrtschiff oder ein schwimmender Kühlschrank, der wie ein Lastwagen über die Wellen bügelt. Der Falke schmiegt sich an die Wellen. Er hat eine Beziehung zum Meer. In der Biskaya flog der Falke mit 24,8 Knoten über die Wellen – mit drei von fünf Segeln pro Mast. Die Crew schwärmt noch heute von der kontrollierten Raserei, bei der die Riggbelastung nur 70 Prozent erreichte. Für einige sind Schiffe Renngeräte, für andere Brücken übers Meer. Und für Tom Perkins? «Sie ist mein Heim», sagt er stolz und fügt hinzu: «Ich kann jedoch nicht immer an Bord sein, deshalb kann man sie chartern. Das tut dem Schiff und der Crew gut, alles bleibt in Bewegung.» Volle Besegelung, 17 Knoten Fahrt, elektronisch kontrolliert via Touchscreens und Knöpfe. Inmitten des Durchblicks schwebt freundlich lächelnd ein aus Silberblech Patchwork-artig gefertigter Hai. Die geräumige Kommandobrücke der Maltese Falcon ist geprägt von schwarzem Leder, Karbon und vielen Touchscreens – das Cockpit des Space Shuttles würde vergleichsweise antiquiert wirken. Der Captain der Maltese Falcon drückt ein paar Knöpfe, stellt die Motoren ab, dreht sich zum Eigner um und sagt: «Tom, der Vogel gehört dir.» Tom Perkins übernimmt und drückt seinerseits ein paar Knöpfe: Alle 15 Segel werden aus dem Mastinnern auf beide Seiten der Rahen ausgefahren. Ein von Zauberhand geführter Vorgang. Das seit Jahrhunderten bekannte und berüchtigte Leinengewirr auf «normalen» Segelschiffen dieses Typs ist Geschichte. Perkins: «In 30 Minuten kann man lernen, die Maltese Falcon zu segeln.» Dann dreht er einen anderen Knopf – ein klassisches Steuerrad gibts nicht – und geht höher an den Wind. In schöner Schräglage segelnd, ziehen wir davon. Das Schiff verhält sich trotz des hohen Gewichts von 1240 Tonnen wie eine «normale» Segelyacht – nicht marina.ch infobox The Maltese Falcon: je nach Saison Ralligweg 10 3012 Bern ab 335 000 Euro pro Woche, inkl. 18– köpfiger Crew und max. 12 Gäste. Exklusiv bei Logemann Yachting, D-Bremen, 0049 421 34 69 650, www.logemann–yachting.de [email protected] St. Barth: www.st–barths.com www.marina-online.ch oder www.gotostbarths.com 42 Logbuch marina.ch oktober 07 Tel: 031 301 00 31 oktober 07 marina.ch Tel Abodienst: 031 300 63 43