1 Prof. Dr. Luigi Cornacchia FORSCHUNGSPLAN (ISTGH) Der
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1 Prof. Dr. Luigi Cornacchia FORSCHUNGSPLAN (ISTGH) Der
Prof. Dr. Luigi Cornacchia FORSCHUNGSPLAN FUNKTION UND LEGITIMATION DER STRAFE IM RAHMEN DER ZUSTÄNDIGKEIT DES INTERNATIONALEN STRAFGERICHTSHOFES (ISTGH) Der Anspruch des Statuts des IstGH besteht in der Bildung eines Strafrechts ohne Staat, ohne Volk und ohne festgesetztes Gebiet, also eines universalen Strafgerichtsbarkeitsystems. In dieser Weise wird die Anschauung des Strafrechts als staatliches Recht par excellence überholt. Das ius puniendi ist nicht mehr staatliches Monopol, sondern gehört nun auch einer übernationalen Behörde. Das Schaffen einer Strafgewalt auf globaler Ebene stellt sowohl auf kriminalpolitischer Ebene als auch in Hinsicht auf die Legitimation und Rechfertigung eines solchen strafrechtlichen Systems neue Fragen. Durch das „Direct Enforcement Model“ wird eine starke Einmischung in die Staatshoheit und, infolgedessen, eine drastische Einschränkung der nationalen Souveränität legitimiert. Zum anderen werden die Personen, auf Grund der Annahme, sie hätten Pflichten, die die nationale von den einzelnen Staaten auferlegte Gehorsampflicht übersteigen, auch für die von dem Staat erlaubten und sogar gebotenen Handlungen verantwortlich gemacht. Die Kernvoraussetzung, die die Strafe rechtfertigt, besteht darin, dass es um Verbrechen geht, die unbestreitbare und allgemein geltende Werte gefährden und deshalb so schwerwiegend sind, dass ein verstärkter Schutz notwendig ist (ius cogens): das Völkerstrafrecht wird daher als Strafrecht der Weltgemeinschaft verstanden. Welchen Zweck erfüllt ein globaler Eingriff des Strafrechts? Im fünften Absatz des Präambels des Rom-Statuts scheint die klare Zielbestimmung („Determined to put an end to impunity for the perpetrators of these crimes and thus to contribute to the prevention of such crimes”) bedeutende Anregungen zur Vertiefung der Problematik der Funktion der Strafe im Bereich der Zuständigkeit des IstGH zu liefern: also, Unrechtsausgleich, d.h. Reaktion auf begangenes Unrecht (Vergeltung); gebotene Äußerung der Empörung der internationalen Gemeinschaft gegenüber solchen Verbrechen (“as duly expressing the outrage of the international community at these crimes”); Präventionsmaßnahme, die in der Zukunft weitere Straftaten verhindern soll (Abschreckung). Zudem sind weitere Gerechtigkeitsgründe festestellbar: Verbrechen, die in den einzelnen Staaten nicht bestraft werden, dürfen nicht auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft straflos bleiben. Der Gedanke der Vergeltung gewinnt oft gerade im Bereich des Völkerstrafrechts seine ethische Dimensione zurück: an der Strafe wird der Aspekt der Sühne und dessen „sittenbildende Kraft“ hervorgehoben. Im Bereich eines „opferbezogenen und menschenrechtlich eingebetteten Vergeltungsgedanken“ wird zudem auch die Beziehung der Strafe zur Justizerwartung des Opfers betont: vor dem IStGH werden tatsächlich auch den Opfern einige verfahrensrechtliche Befugnisse zur Anerkennung ihrer Rechte gewährt, im Unterschied zu den vorhergehenden Ad-hocGerichtshofen für Jugoslavien und Rwanda (JStGH und RStGH), wo das Opfer im Strafverfolgungssystem keine Rolle spielte (und meistens sogar kein Gesicht hatte). 1 Abgesehen von den „offensichtlichen“ Funktionen, die der Strafe als schwerwiegendste Form aller Strafmaßnahmen in den modernen Rechtsordnungen herkömmlich zugeschrieben werden, muss man in Bezug auf das Völkerstrafrecht auch jene Funktionen berücksichtigen, die, wegen der besonderen Eigenschaft des geschichtlichen Erfolges des Gedankens einer universalen Justiz, sozusagen in ihr „latent“ bleiben: es sind die „wahren“ Gründe des Völkerstrafrechts – z.B., “den internationale Frieden zu sichern”; oder „die Gerechtigkeit in den betroffenen Gebieten zu befördern“ -, diejenigen die das Erfordernis eines internationalen Strafgerichtshofs, der über die Verletzung der „highest legal values of the community of nations“ entscheiden muss, direkt rechtfertigen. Die Völkerrechtsverbrechen betreffen „crimes of concern to the international community as a whole“: es geht um den Schutz grundlegender Rechtsgüter oder Interessen weltumspannender Bedeutung. Das mit der Schaffung des IStGH gegründete universale Strafrechtssystem der Gegenwart ist das erste und bisher einzige und ist von seiner eigenen Rechtsprechung dafür bestimmt, ein Justizsystem zu liefern, das abschreckend und vergeltend sei, die Opfer entschädigen könne, dazu diene, die Geschichte nicht zu vergessen, die gesellschaftlichen Werte stärke und die gegenwärtige und zukünftige Generationen erziehe; ein Justizsystem, also, in dem die Funktion der Strafe noch mehr ihren starken symbolischen Charakter zeige. Mangels einer retrospektiven Ansicht, betrifft die grundlegende und noch offene Frage die Funktion, die die Strafe in einer extrem komplexen Rechtsordnung, wie die des Völkerstrafrechts, wegen der Wirkungen des Komplementaritätsprinzips, konkret erfüllen kann, und zwar: - Bedeutung der Strafe im Rahmen des IStGH-Statuts, d.h.: Anerkennung einer richtigen „universalen Staatsangehörigkeit“ versus Legitimation eines Krieges gegen gefährliche Feinde, die neutralisiert und ausgeschlossen werden müssen - Eventuelle Inklusion in der Zuständigkeit des IStGH auch von anderen Verbrechen (z.B. in Sachen Umweltverschmutzung oder Gefährdung des Ökosystems) - Problem der präventiven Wirksamkeit der Strafe im Bereich des IstGH - Alternative Justizformen: „restorative justice“, Entschädigung, Vergleich, Beilegung mit den Opfern, Anerkennung der Opferrolle im Verfahren (z.B., „Truth and Reconciliation Commissions“,“Juicios por la verdad”, u.s.w.) 2 5.- GRUNDBIBLIOGRAPHIE AKHAVAN P., Byond Impunity: Can International Criminal Justice Prevent Future Atrocities?, AJIL 95 (2001), S. 7 ff. 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