L00A12 Luftbrücke

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L00A12 Luftbrücke
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Demokratische Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone und in Berlin
Interessen des werktätigen Volkes berücksichtigt / Ein Beispiel sozialer Gerechtigkeit /
Weitgehende Möglichkeiten für Entfaltung der Industrie und Landwirtschaft geschaffen
Befehl des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland Nr.111
Inhalt: Ueber die Durchführung der Währungsreform in der sowjetischen
Besatzungszone Deutschlands
In den westlichen Besatzungszonen Deutschlands ist die separate Währungsreform
durchgeführt. Die Einheit des Geldumlaufes – die Grundlage der wirtschaftlichen
Verbundenheit der einzelnen Gebiete des Landes – ist zerstört. Ein zerschmetternder Schlag
ist der Einheit Deutschlands versetzt worden. Verletzt sind das Abkommen über den
Kontrollmechanismus und die Potsdamer Beschlüsse, die die Wahrung der Einheit
Deutschlands vorsahen. Die separate Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen
beschließt die Spaltung Deutschlands.
Die amerikanischen, britischen und französischen Besatzungsbehörden haben die separate
Währungsreform gegen die Interessen des deutschen Volkes durchgeführt, um den Wünschen
der amerikanischen, britischen und französischen Monopole zu entsprechen, die bestrebt sind,
Deutschland zu schwächen und zu zergliedern, es wirtschaftlich zu knechten. Die separate
Währungsreform in Westdeutschland hat gleichfalls die Stärkung der Stellung der Vertreter
des deutschen Großkapitals und der Junker zum Ziel, die die Machtergreifung des Faschismus
sicherten, den zweiten Weltkrieg vorbereiteten und entfesselten und jetzt der Verknechtung
Westdeutschlands durch die ausländischen Imperialisten Vorschub leisten.
Die Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland, entsprechend den Anweisungen der
Sowjetregierung, trat einer separaten Währungsreform in den einzelnen Besatzungszonen
Deutschlands entgegen, bestand auf der Verwirklichung einer gesamtdeutschen
Währungsreform. Eine einheitliche Währungsreform in ganz Deutschland war möglich und
für Deutschland notwendig. Im Kontrollrat was Einstimmigkeit über die Grundlagen einer
gesamtdeutschen Währungsreform erreicht. Aber das in seinen Grundzügen schon
vorbereitete Viermächteübereinkommen über die Durchführung einer gesamtdeutschen
Währungsreform wurde von den amerikanischen, britischen und französischen
Besatzungsbehörden gesprengt.
Die dadurch entstandene Lage enthält eine schwere Gefahr für den normalen Wiederaufbau
ganz Deutschlands und die Entwicklung der Friedenswirtschaft des Landes.
Unter diesen Verhältnissen und den Forderungen der deutschen demokratischen
Oeffentlichkeit entgegenkommend, sieht sich die Sowjetische Militärverwaltung gezwungen,
unaufschiebbare Maßnahmen zu treffen, um die Interessen der deutschen Bevölkerung und
der Wirtschaft der sowjetischen Besatzungszone und Groß-Berlins zu wahren. Deswegen
billigt die Sowjetische Militärverwaltung den Vorschlag der Deutschen
Wirtschaftskommission über die Durchführung der Währungsreform in der sowjetischen
Besatzungszone Deutschlands.
Während die separate Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands im
Interesse der ausländischen und deutschen Monopole durchgeführt wird, geht die
Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone aus von der Berücksichtigung der
Interessen des werktätigen Volkes, von den Grundlagen sozialer Gerechtigkeit, von der
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Notwendigkeit der schnellsten Wiederherstellung und Entwicklung der deutschen
Friedenswirtschaft. Die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone soll das im
Umlauf befindliche Geldvolumen stark vermindern, es den Bedürfnissen der
Wirtschaftsentwicklung anpassen. Gleichzeitig soll ihre Durchführung der werktätigen
Bevölkerung möglichst geringe Verluste verursachen. Die Hauptlast der bei der
Währungsreform unvermeidlichen Verluste sollen diejenigen tragen, die sich am Kriege, an
Spekulationen, an illegalen Operationen auf dem schwarzen Markt bereichert haben. Die
Währungsreform muß weitgehende Möglichkeiten schaffen für die weitere Entfaltung der
Industrie und Landwirtschaft, vor allem auf der Basis der Festigung der dem Volke
gehörenden entscheidenden Industriezweige, auf der Basis der Festigung der werktätigen
Bauernwirtschaften sowie für die Ausnutzung der privaten Unternehmerinitiative, die auf die
Entwicklung der Friedenswirtschaft gerichtet ist.
Es ist selbstverständlich, daß die Sowjetische Militärverwaltung, auf der Notwendigkeit einer
gesamtdeutschen Währungsreform bestehend, eine Doppelpolitik zu führen und im Geheimen
Vorbereitungen für eine separate Währungsreform zu treffen nicht für möglich hielt.
Deswegen sind jetzt keine neuen Geldscheine in der sowjetischen Besatzungszone
Deutschlands vorhanden. Die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone wird auf
Grund der Reichsmark und Rentenmark, auf die Spezialkupons aufgeklebt werden,
durchgeführt.
Für den Erfolg der Währungsreform ist es notwendig, daß die gesamte Bevölkerung, alle
demokratischen Organisationen und die Presse der sowjetischen Besatzungszone aktiv an
ihrer richtigen Durchführung, in Uebereinstimmung mit den festgesetzten Vorschriften,
mitwirken sowie zum schnellsten Wirtschaftsaufstieg, zur Ueberwindung wirtschaftlicher
Schwierigkeiten, zur Erweiterung des Warenumsatzes, zum Kampf gegen Spekulation,
schwarzen Markt und illegale Preissteigerungen beitragen.
Unter Berücksichtigung der Vorschläge der Deutschen Wirtschaftskommission und der
Wünsche der deutschen demokratischen Oeffentlichkeit
befehle ich:
1. Ab 24. Juni 1948 auf dem gesamten Territorium der sowjetischen Besatzungszone
Deutschlands und auf dem Gebiet Groß-Berlins neue Geldscheine einzuführen: Reichsmark
und Rentenmark alten Muster mit aufgeklebten Spezialkupons.
Scheidemünzen bleiben ihrem Nominalwert nach im Umlauf
2. Als einziges gesetzlich zugelassenes Zahlungsmittel in der sowjetischen Besatzungszone
und im Gebiet von Groß-Berlin gelten Reichsmark und Rentenmark mit aufgeklebten
Spezialkupons sowie im Umlauf befindliche Scheidemünzen
3. Um einer Desorganisation des Geldumlaufes vorzubeugen und die wirtschaftlichen
Schwierigkeiten zu beseitigen, sind im Gebiete von Groß-Berlin, das sich in der sowjetischen
Besatzungszone befindet und wirtschaftlich einen Teil der Sowjetzone bildet, nur neue
Geldscheine der sowjetischen Besatzungszone im Verkehr zuzulassen.
4. Die gesamte Bevölkerung , die Leiter der Betriebe, Organisationen und Anstalten der
sowjetischen Besatzungszone und des Gebiets von Groß-Berlin sind verpflichtet, bis
einschließlich den 28. Juni 1948 die gesamten bei ihnen befindlichen Reichsmark,
Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden an die Kreditinstitute zwecks
Umtauschs gegen neue Geldscheine – und zwar Reichsmark und Rentenmark alten Musters
mit aufgeklebten Spezialkupons – abzuliefern.
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5. Den Umtausch der Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden
gegen neue Geldscheine – Reichsmark und Rentenmark mit aufgeklebten Spezialkupons – am
24. Juni 1948 zu beginnen und am 28. Juni 1948 abzuschließen.
Ab 29. Juni 1948 den Umtausch von Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten
Militärbehörden überall einzustellen.
6. Während der ersten zwei Umtauschtage, d. h. am 24. und 25. Juni 1948, den Umlauf von
alten Geldscheinen – Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden und
deren Empfang für alle Zahlungen – gleichzeitig mit den neuen Geldscheinen zu gestatten, im
Verhältnis: 10alte Mark für einen neue.
Vom 26. Juni 1948 ab ist der Umlauf der Mark der Alliierten Militärbehörden sowie der
Reichsmark und Rentenmark ohne aufgeklebte Spezialkupons einzustellen.
7. Die von der Deutschen Wirtschaftskommission eingereichte "Verordnung über die
Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands" zu bestätigen; die
Deutsche Wirtschaftskommission sowie die Regierung der Länder, den Magistrat und andere
deutsche Verwaltungsorgane der Stadt Berlin zu verpflichten, den Umtausch von Reichsmark,
Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden gegen neue Geldscheine – Reichsmark
und Rentenmark alten Musters mit aufgeklebten Spezialkupons – sowie die Umwertung von
Einlagen und Salden von laufenden Konten durchzuführen im Verhältnis: 10 Mark in alten
Geldscheinen gegen eine Mark in neuen Geldscheinen, mit Ausnahme der in der Verordnung
aufgezählten Vergünstigungen oder besonderen Umtausch- und Umwertungsbedingungen,
insbesondere:
a) um die laufenden Einkünfte der werktätigen Bevölkerung zu wahren, ist ein
Vorzugsumtausch von Beträgen bis zu 70 Mark pro Person im Verhältnis 1:1 zu sichern;
b) um die Ersparnisse der Werktätigen und die Interessen der Versicherungsnehmer zu
wahren, ist die folgende Vorzugsumwertung der Spareinlagen zu sichern: bis 100 Mark im
Verhältnis 1:1; bis 1000 Mark im Verhältnis 5:1; bei Versicherungspolicen im Verhältnis 3:1;
c) die Umwertung der Summen, die sich auf laufenden Konten von staatlichen,
kreisbehördlichen, gemeindlichen und anderen volkseigenen Betrieben befinden, ist zu
Vorzugsbedingungen im Verhältnis 1:1 durchzuführen;
d) Beträge auf laufenden Konten anderer Industriebetriebe sind zu Vorzugsbedingungen im
Verhältnis 1:1 in Höhe des wöchentlichen Umsatzes und des Lohnrückstandes umzutauschen;
Beträge auf laufenden Konten von Handels- und anderen Wirtschaftsorganisationen sind zu
Vorzugsbedingungen im Verhältnis 1:1 in Höhe der wöchentlichen Lohnsumme
umzutauschen;
e) um eine weitere Festigung der Bauernwirtschaften, die im Zuge der Bodenreform
entstanden sind, zu fördern, sind die diesen Wirtschaften gewährten Kredite zu
Vorzugsbedingungen im Verhältnis 5:1 umzuwerten;
f) Beträge, die auf laufenden Konten und Spareinlagen vor dem 9. Mai 1945 entstanden und
bis auf heute gesperrt sind, im Verhältnis 10:1 umzuwerten. Für den nach der Umwertung
erhaltenen Betrag ist eine innere Anleihe auszugeben. Sollten die Salden des laufenden
Kontos oder der Einlage den Betrag von 3000 Mark für einen Inhaber übersteigen; so erhält
der Inhaber des laufenden Kontos oder der Einlage Stücke dieser Anleihe erst nach
Ueberprüfung des rechtmäßigen Erwerbes dieser Mittel.
Die Deutsche Wirtschaftskommission hat binnen drei Monaten nach der Ausgabe dieses
Befehls einen Beschluß über die Bedingungen und Fristen der Ausgabe dieser inneren
Anleihe zu fassen;
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g) zur Entziehung der Gewinne aus Rüstungslieferungen, Spekulationen, illegaler
Preissteigerung und Schwarzmarktgeschäften wird der Umtausch von Bargeld über 5000
Mark für eine Familie und von Salden der laufenden Konten und Einlagen über 5000 Mark
für einen Inhaber nur nach Ueberprüfung des rechtmäßigen Ursprungs dieser Summen
gestattet. Dabei sind Gewinne von Personen, die sich am Kriege bereichert haben, oder
Gewinne, die auf Grund von Spekulationen, illegaler Preissteigerung und
Schwarzmarktgeschäften entstanden sind, als rechtswidrig zu betrachten und zu konfiszieren.
Gleichfalls sind die Beträge, die faschistischen Verbrechern und Kriegsverbrechern gehören,
zu konfiszieren.
Die Deutsche Wirtschaftskommission hat Richtlinien zur Ueberprüfung der Rechtmäßigkeit
des Ursprungs dieser Geldbeträge zu erlassen und im Laufe von zwei Monaten nach
Verkündigung dieses Befehles eine sorgfältige Ueberprüfung und Entziehung der
rechtswidrig erworbenen Einkünfte zu gewährleisten.
8. Bei der Durchführung der Währungsreform bleiben die Löhne der Arbeiter und die
Gehälter der Angestellten, die Pension und Stipendien sowie die Preise für Waren und
Dienstleistungen aller Art unverändert.
9. Die vor dem 9. Mai 1945 entstandenen inneren Staatsschulden Deutschlands und alle
Auslandsschulden Deutschlands sowie die Schuldverpflichtungen der geschlossenen Banken
bleiben von der Währungsreform unberührt.
Der Ankauf und Verkauf von Stücken der inneren Staatsanleihen, die vor dem 9. Mai 1945
ausgegeben wurden, sowie die Zahlung von Zinsen für diese Anleihen ist verboten.
10. Geldbeträge an Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden, die
Generalen und Offizieren der Sowjetarmee oder Angestellten der Sowjetischen
Militärverwaltung gehören, werden in Höhe des in deutscher Währung zur Auszahlung
gelangenden zweiwöchigen Gehalts umgetauscht im Verhältnis 1:1, den Soldaten und
Sergeanten wird ihr monatlicher in deutscher Währung zur Auszahlung gelangender Sold im
Verhältnis 1 : 1 umgetauscht.
Geldbeträge, die die hier angegebene Höhe übersteigen, werden im Verhältnis 10:1
umgetauscht.
Die diesen Personen gehörenden Beträge auf Sparkonten und laufenden Konten in deutscher
Währung werden annulliert und unterliegen nicht der Umwertung.
11. Die Gesamtleitung der mit der Durchführung der Währungsreform verbundenen Arbeit
obliegt der Hauptfinanzverwaltung der Deutschen Wirtschaftskommission, welche die
Verantwortung trägt für die genaue Einhaltung der Vorschriften über den Umtausch des
Bargeldes, die Umwertung der Spareinlagen und laufenden Konten gemäß der bestätigten
"Verordnung über die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands".
12. Die Leitung der Durchführung der Währungsreform und die Verantwortung dafür tragen
in den Ländern die Ministerpräsidenten, in den Städten und Kreisen die Bürgermeister und
Landräte, im Gebiet von Groß-Berlin die Bürgermeister der Bezirke und der Magistrat.
Die Ministerpräsidenten der Länder, die Bürgermeister und Landräte der Städte und Kreise
bestätigen die Listen der Kreditinstitute, die zum Umtausch zugelassen sind, erteilen
Anweisungen über den Einsatz der erforderlichen Anzahl von Arbeitskräften, die zur
Verfügung der Kreditinstitute stehen, über die Bereitstellung entsprechender Räume, über die
Sicherung der Werte bei der Durchführung der Währungsreform.
13. Der Umtausch der alten Geldscheine und die Umwertung der Konten und Einlagen ist
durch die Deutsche Emissions- und Girobank, die Emissions- und Girobanken der Länder und
in der Stadt Berlin durch das Berliner Stadtkontor durchzuführen.
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Die Umwertung der Spareinlagen und laufenden Konten ist spätestens bis zum 30. Juni 1948
abzuschließen.
14. Fälschung von Spezialkupons für Geldscheine gilt als Fälschung und Nachahmung von
Geldscheinen, wofür die Schuldigen auf Grund der bestehenden Gesetze zur Verantwortung
gezogen werden.
Werden in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und im Gebiet von Groß-Berlin
andere als im Punkt 1 dieses Befehls vorgesehene Geldscheine oder Reichsmark und
Rentenmark ohne aufgeklebte Spezialkupons im Umlauf gesetzt, so gilt das als Schädigung
der Wirtschaft, wofür die Schuldigen entsprechend bestraft werden.
Die deutsche Verwaltung des Innern der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, die
Minister des Innern der Länder und die Polizeichefs der Stadt Berlin und ihrer Bezirke sind
verpflichtet, den Kampf gegen die im Artikel 14 dieses Befehls vorgesehenen Verbrechen zu
führen.
15. Die Hauptverwaltung Finanzen der Deutschen Wirtschaftskommission für die sowjetische
Besatzungszone, die Finanzminister der Länder und das Berliner Stadtkontor sind
verantwortlich für die Einreichung laufender Meldungen über den Umtausch der Geldscheine
und die Umwertung der Konten sowie für Einreichung endgültiger Berichte über die
Ergebnisse der Durchführung der Währungsreform.
16. Zwecks Stabilisierung des Geldsystems sind die Deutsche Wirtschaftskommission, die
Länderregierungen, die Landräte und Bürgermeister der Kreise und Städte verpflichtet:
a) Eine strenge Kontrolle über die Einhaltung der bestehenden Preise zu gewährleisten und
entschiedene Maßnahmen für den Kampf gegen den schwarzen Markt und die Spekulation zu
treffen;
b) Maßnahmen zur Erhöhung der Produktion von Industriewaren, zur Vergrößerung der
landwirtschaftlichen Erzeugung und zur Sicherung der Belieferung der Bevölkerung mit
Industriewaren und Lebensmitteln zu treffen.
c) Vorschläge zur Aenderung der Steuergesetzgebung vorzubereiten, um einen
Lastenausgleich der Kriegsfolgen, eine gerechte Besteuerung der laufenden Einnahmen von
Betrieben und die Sicherung der Einkünfte der werktätigen Bevölkerung zu gewährleisten.
d) Maßnahmen zur Einschränkung unnötiger Verwaltungs- und anderer unproduktiver
Ausgaben zu treffen, um Fehlbeträge in den Haushalten zu vermeiden und ein Höchstmaß von
Mitteln zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Zone bereitzustellen
17) Die allgemeine Kontrolle über die Durchführung dieses Befehls hat der Chef der
Finanzverwaltung der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland auszuüben.
Der Oberste Chef der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland – Oberbefehlshaber der
Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland Marschall der Sowjetunion
W. Sokolowskij
Chef des Stabes der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland Generalleutnant
G. Lukjantschenko
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23. Juni 1948
Verordnung über die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone
Deutschlands
1. Allgemeiner Teil
1. Vom 24. Juni 1948 ab werden im Bereich der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
als gesetzlich zugelassene Zahlungsmittel Reichsmark und Rentenmark alten Musters mit
aufgeklebten Spezialkupons in Umlauf gebracht (die Beschreibung der Spezialkupons und
deren Muster sind in der Anlage zur Verordnung gegeben).
2. Alle Personen, Unternehmen, Organisationen und Anstalten, die sich im Bereich der
sowjetischen Besatzungszone befinden, sind verpflichtet, vom 24. Juni 1948 bis zum 28. Juni
1948 einschließlich die in ihrem Besitz befindlichen Reichsmark, Rentenmark und Mark der
Alliierten Militärbehörden an die Kreditinstitute zum Umtausch gegen Geldscheine mit
Spezialkupons abzuliefern.
Die Regelung dieses Umtausches und dessen Bedingungen sind in dieser Verordnung
festgesetzt.
3. Scheidemünzen aller Werte und Muster, die sich im Umlauf befinden, unterliegen nicht
dem Umtausch und werden ihrem nominellen Werte nach zur Zahlung angenommen.
4. Vom 26. Juni 1948 ab sind in der sowjetischen Besatzungszone Reichsmark und
Rentenmark ohne aufgeklebte Spezialkupons sowie Mark der Alliierten Militärbehörden nicht
mehr umlaufsfähig.
Die zum Umtausch nicht abgelieferten Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten
Militärbehörden werden mit Wirkung von 29. Juni 1948 außer Kraft gesetzt (annulliert).
5. Die Salden der Spareinlagen, der laufenden und anderen Konten bei den Kreditinstituten
der sowjetischen Besatzungszone werden umgewertet; die Regelung der Umwertung und
deren Bedingungen sind in dieser Verordnung festgesetzt.
II. Umtauschbedingungen für Bargeld
6. Das alte Bargeld – Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden –
wird gegen neue Geldscheine – Reichsmark und Rentenmark mit aufgeklebten Spezialkupons
– zu folgenden Bedingungen umgetauscht:
a) Die zum Umtausch abgelieferten Geldscheine, in Höhe bis zu 70 Mark für jeden
Familienangehörigen werden umgetauscht im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen
= eins zu eins.
b) Die zum Umtausch abgelieferten Geldscheine, die den Betrag von 70 Mark für jeden
Familienangehörigen übersteigen, werden umgetauscht im Verhältnis der alten Geldscheinen
zu den neuen = zehn zu eins.
c) Beträge, die 5000 Mark für eine Familie (im Sinne der Steuergesetzgebung) oder für eine
Einzelperson, bei Nichtvorhandensein einer Familie, übersteigen, werden gemäß Art. 12
dieser Verordnung umgetauscht.
d) Der Umtausch der Geldscheine vollzieht sich gegen Vorlegung der Lebensmittelkarten für
den laufenden Monat, auf die von dem den Umtausch vollziehenden Institut ein
entsprechender Vermerk angebracht wird.
e) Das gesamte Bargeld in den Kassen von Unternehmen, Organisationen und Anstalten wird
umgetauscht im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn zu eins.
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III. Umwertungsbedingungen
für Spareinlagen
Die Spareinlagen bei den Kreditinstituten nach ihrem Stand per 24. Juni 1948 werden nach
folgenden Vorzugsbedingungen umgewertet:
a) Salden der Spareinlagen bei den Kreditinstituten in Höhe bis 100 Mark im Verhältnis der
alten Geldscheine zu den neuen = eins zu eins.
b) Salden der Spareinlagen in Höhe bis zu 1000 Mark werden wie folgt umgewertet: die
ersten 100 Mark im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = eins zu eins; die weitere
Summe im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = fünf zu eins.
c) Salden der Spareinlagen über 1000 Mark bis zu 5000 Mark werden umgewertet: die ersten
1000 Mark nach der im Punkt b dieses Artikels vorgesehenen Regelung; der restliche Teil im
Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn zu eins.
Beträge, die 5000 Mark übersteigen, werden entsprechend Art. 12 dieser Verordnung
umgewertet.
8. Sollte der Sparer mehrere Konten in einem oder mehreren Kreditinstituten besitzen, so wird
die Umwertung nach der Gesamtheit aller Konten vollzogen.
9. Zinsen auf die Spareinlagen werden vom 1. Januar 1948 auf die umgewerteten Salden der
Spareinlagen im neuen Gelde und in festgesetzter Höhe berechnet.
IV. Umwertungsbedingungen für laufende und andere Konten
10. Salden der laufenden und anderen Konten bei Kreditinstituten – mit Ausnahme der in der
Art. 11 und 12 dieser Verordnung angeführten – werden nach ihrem Stand per 24. Juni 1948
in Höhe bis zu 5000 Mark im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn zu eins
umgewertet.
Beträge, die 5000 Mark übersteigen, werden entsprechend Art. 12 dieser Verordnung
umgewertet.
11. Salden der laufenden und anderen Konten, die den unten angeführten Organisationen
gehören, werden nach folgenden Vorzugbedingungen umgewertet:
a) Salden der Haushaltsmittel auf den laufenden und anderen Konten der Deutschen
Wirtschaftskommission, der deutschen Verwaltung in der sowjetischen Besatzungszone, der
Verwaltungsbehörden der Länder, Städte, Kreise und Gemeinden, sowie Salden auf den
Konten staatlicher, kreisbehördlicher, gemeindlicher und anderer volkseigener Betriebe
werden umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = eins zu eins.
b) Salden der laufenden und anderen Konten von Versicherungsanstalten werden umgewertet
im Verhältnis des alten Geldes zu dem neuen = fünf zu eins und auf Konten der
Sozialversicherung = zwei zu eins.
c) Beträge der laufenden und anderen Konten von Industrieunternehmen, die im Punkt „a”
dieses Artikels nicht aufgezählt wurden, in den Grenzen des wöchentlichen Umsatzes und der
Lohnrückstände, und Beträge der laufenden und anderen Konten von Handels- und anderen
wirtschaftlichen Unternehmen in den Grenzen der wöchentlichen Lohnsummen werden
umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = eins zu eins. Die die oben
angegebenen Beträge übersteigenden Summen werden nach der allgemeinen Grundlage
umgewertet, im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn zu eins, höchstens
jedoch im Betrage des zweiwöchigen Umsatzes.
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d) Eigene Geldmittel der deutschen Banken, die einen Teil ihres Grund- oder
Rücklagenkapitals bilden, werden umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den
neuen = eins zu eins.
e) Salden der Geldmittel auf den Konten von Partei- und Gewerkschaftsorganisationen, nach
ihrem Stand per 1. Mai 1948 werden umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den
neuen = eins zu eins. – Die dem 1. Mai 1948 entstandenen Summen der laufenden und
anderen Konten werden umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn
zu eins.
V. Besondere Umtauschbedingungen
12. Bei der Durchführung der Währungsreform werden folgende besondere
Umtauschbedingungen festgesetzt:
a) Das Bargeld, das den Betrag von 5000 Mark für eine Familie übersteigt, die Salden der
Spareinlagen, laufenden und anderen Konten – mit Ausnahme der im Art. 11, Punkt „a”, „b”,
„d” und „e” dieser Verordnung angeführten Konten – die den Betrag von 5000 Mark für einen
Kontoinhaber übersteigen, werden umgetauscht, nachdem ihr rechtmäßiger Erwerb
festgestellt worden ist.
b) Die Feststellung des rechtmäßigen Erwerbs vollzieht sich nach besonderen von der
Deutschen Wirtschaftskommission zu erlassenden Richtlinien.
c) Einkommen von Kriegsgewinnlern und durch Spekulationen erzielte Gewinne gelten nicht
als rechtmäßig erworben und werden konfisziert. Konfisziert werden gleichfalls
Kriegsverbrechern und faschistischen Verbrechern gehörenden Beträge. Dies bezieht sich
auch auf Guthaben, die vor dem 9. Mai 1945 entstanden sind.
d) Die Prüfung der gesperrten Einlagen, laufenden und anderen Konten, die vor dem 9. Mai
1945 entstanden sind, wird – diesem Artikel entsprechend – in allen Fällen durchgeführt, in
denen die Salden der Spareinlagen, laufenden und anderen Konten den Betrag von 3000 Mark
für einen Konteninhaber übersteigen.
13. Salden der Spareinlagen, laufenden und anderen Konten von Personen, welche nicht in
der sowjetischen Besatzungszone und nicht in Groß-Berlin wohnen, werden auf allgemeiner
Grundlage umgewertet und auf Sperrkonten eingetragen.
14. Für in der sowjetischen Besatzungszone wohnende ausländische Bürger sowie für in
Betrieb befindliche Industrie-, Handels und andere Unternehmen, welche ausländischen
Bürgern oder ausländischen Organisationen gehören – mit Ausnahme der im Art. 11, Punkt
„a” erwähnten – erfolgt der Umtausch ihres Bargeldes und die Umwertung ihrer Spareinlagen
und Salden der laufenden und anderen Konten auf allgemeiner Grundlage.
15. Für gesperrte Salden der Spareinlagen und laufenden und anderen Konten, die vor dem
9. Mai 1945 entstanden sind, und sich bei Kreditinstituten der sowjetischen Besatzungszone
befinden, wird folgende Regelung der Umwertung festgesetzt:
a) Spareinlagen, laufende und andere Konten – mit Ausnahme der in Punkt c dieses Artikels
genannten – werden umgewertet im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = zehn zu
eins, unter Berücksichtigung von Art. 12 dieser Verordnung; sie werden in
Schuldverpflichtungen umgewandelt.
Die Regelung der Ausgabe und Tilgung dieser Schuldverpflichtungen wird getrennt
vorgenommen.
b) Ausländischen Bürgern und Organisationen gehörenden Spareinlagen, laufenden und
anderen Konten, werden auf allgemeiner Grundlage umgewertet und auf Sperrkonten
eingetragen.
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c) Spareinlagen, laufenden und andere Konten, die Organisationen gehören, deren Tätigkeit
untersagt ist, oder Unternehmen gehören, die als zum Kriegspotential zählend aufgelöst
wurden, oder Faschisten und Kriegsverbrechern gehören, werden annulliert.
VI. Schuldverhältnisse
16. Die 1946 von den Landesregierungen begebenen Anleihen, und zwar die 4proz. Anleihe
Thüringens, die 4proz. Anleihe der Mark Brandenburg, die 4proz. Anleihe Sachsen-Anhalts,
die 4proz. Anleihe Mecklenburgs und die 4proz. Anleihe Sachsens, bleiben im Umlauf und
unterliegen keiner Umwertung.
Die Auszahlung von Zinsen für diese Anleihen vollzieht sich nach den bei der Ausgabe der
Anleihe festgesetzten Bedingungen.
17. Die bis zum 9. Mai 1945 entstandene innere Staatsschuld Deutschlands und alle
Auslandsschulden Deutschlands sowie die Schuldverpflichtungen der geschlossenen Banken
werden durch die Währungsreform nicht berührt.
18. Die innerdeutschen Schuld- und Vertragsverpflichtungen, die vor der Durchführung der
Währungsreform entstanden sind, bleiben unverändert und unterliegen nicht der Umwertung,
mit Ausnahme von:
a) Krediten, welche den Bauernhöfen auf Grund der Bodenreform gewährt wurden und
welche unter Vorzugsbedingungen umgewertet werden, im Verhältnis der alten Geldscheine
zu den neuen = fünf zu eins.
b) Versicherungspolicen, welche in dem vor der Währungsreform bereits bezahlten Teil
umgewertet werden, im Verhältnis der alten Geldscheine zu den neuen = drei zu eins; dabei
wird der Policenwert nach der Umwertung entsprechend herabgesetzt oder in früherer Höhe
wiederhergestellt, sollte der Versicherungsnehmer wünschen, die Versicherung – bei
entsprechender Vergrößerung der Beiträge – umzustellen.
c) Hinterlegten Beiträgen, welche sich bei öffentlichen Verwaltungen und Kreditinstituten
sowie gewerkschaftlichen und anderen demokratischen Verbänden befinden und ihren
Inhabern nach der Umwertung ausgezahlt werden, im Verhältnis der alten Geldscheine zu den
neuen = zehn zu eins.
19. Veranlagte Steuern, deren Fälligkeit im Zeitpunkt der Durchführung der Währungsreform
noch nicht eingetreten war, sowie alle Steuerrückstände sind in festgesetzter Höhe und in
neuen Geldscheinen zu entrichten.
20. Steuervorauszahlungen werden dem Steuerpflichtigen aus Haushaltsmitteln erstattet oder
auf Zahlung laufender Steuern verrechnet, im Verhältnis der alten Geldscheine zu den
neuen = zehn zu eins.
21. Zahlungs-, Überweisungs- und Akkreditivaufträge, die bei dem erstbeauftragten
Kreditinstitut oder bei der Post vor der Währungsreform eingetroffen sind, jedoch bei dem
Kreditinstitut, das die direkte Abwicklung mit dem Begünstigten vornimmt, erst nach Beginn
der Währungsreform eintreffen, werden in neues Geld im Verhältnis zehn zu eins
umgewertet.
VII. Preise, Löhne, Steuern
22. Die bestehenden Preise für Waren und Dienstleistungen aller Art, die Löhne und Gehälter
der Arbeiter und Angestellten, die Steuer- und Abgabensätze, die Pensionen, öffentlichen
Renten und Stipendien, bleiben unverändert.
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VIII. Regelung der Durchführung des Umtauschs und der Umwertung
23. Die Gesamtleitung der Durchführung der Währungsreform hat die Deutsche
Wirtschaftkommission – Hauptverwaltung Finanzen; sie trägt die Verantwortung für die
genaue Einhaltung der in dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften für den Umtausch des
Bargeldes und die Umwertung der Spareinlagen, laufenden und anderen Konten in der
sowjetischen Besatzungszone.
24. Die Ministerpräsidenten der Länder, die Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister
der Kreise und Gemeinden sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Durchführung der
Währungsreform verantwortlich.
25. Die endgültige Abwicklung der gesamten Umtausch- und Umwertungsaktion erfolgt
durch die Deutsche Emissions- und Girobank. Die Listen der den Umtausch vollziehenden
Kreditinstitute werden von den Landesregierungen bestätigt.
26. Sämtliche Kreditinstitute der sowjetischen Besatzungszone und Groß-Berlins haben vom
24. Juni 1948 bis zum 28. Juni 1948 einschließlich alle ihrer Operationen, mit Ausnahme der
mit der Währungsreform verbundenen, einzustellen.
Vom 29. Juni 1948 an vollziehen sich alle Operationen in gewohnter Weise.
IX. Strafbestimmungen
27. Wer bei der Durchführung der Währungsreform falsche Angaben macht, wird vom
Verwaltungswege mit einer Strafe bis zu 10.000Mark in neuem Gelde belegt, in besonders
schweren Fällen kann er gerichtlich mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Deutsche Wirtschaftskommission
der Vorsitzende: Rau
der stellvertretende Vorsitzende: Prof. Dr. Kastner
Berlin, 21. Juni 1948
Beschreibung der Spezialkupons und Regelung für ihr Aufkleben auf Reichsmark- und
Rentenmarkscheine
1. Die Kupons mit den Zahlen „1”, „2” und „5” sind von rechteckiger Form, 18X20 mm groß,
mit perforiertem Rand.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „1” ist 15X17 mm groß, von hellblauer
Färbung, hat eine schmale weiße Umrandung, in der Mitte ein weißes Muster und in dessen
Mitte eingeprägte weiße Zahlen „1” und (darunter) „1948”.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „2= ist 14X17 mm groß, von grellgrüner
Färbung, hat eine schmale weiße wellenlinige Umrandung, in der Mitte ein weißes Muster
und in dessen Mitte eingeprägte weiße Zahlen „2” und (darunter) „1948”.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „5” ist 14X16 mm groß, von hellbrauner
Färbung, hat ein wellenlinig verlaufendes weißes Muster längs des Randes, in der Mitte ein
weißes Muster und in dessen Mitte eingeprägt weiße Zahlen „5” und (darunter) „1948”.
2. Der Kupon mit der Zahl „10” ist von rechteckiger Form, 22X26 mm groß, mit perforiertem
Rand.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl 10 ist 18X22 mm groß, von violetter Färbung,
hat eine weiße, wellenlinig verlaufende Umrandung, in der Mitte ein weißes Muster und in
dessen Mitte eingeprägte weiße Zahlen „20” und (darunter) „1948”.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
3. Der Kupon mit der Zahl „20” ist von rechteckiger Form, 24X31 mm groß, mit perforiertem
Rand.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „20” ist 20X27 mm groß, von
rötlichbräunlicher Färbung, hat eine schmale weiße Umrandung, in der Mitte ein weißes
Muster und in dessen Mitte eingeprägte weiße Zahlen „20” und (darunter) „1948”.
4. Der Kupon mit der Zahl „50” ist von recheckiger Form, 27X32 mm groß, mit perforiertem
Rand.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „50” ist 23X28 mm groß, von graublauer
Färbung, hat eine weiße gemusterte Umrandung, in der Mitte eine weiße Rosette und in deren
Mitte eingeprägte weiße Zahlen „50” und darunter„1948”.
5. Der Kupon mit der Zahl „100” ist von rechteckiger Form, 26X43 mm groß, mit
perforiertem Rand.
Die bedruckte Fläche des Kupons mit der Zahl „100” ist 22X39 mm groß, von dunkelgrüner
Färbung, hat eine weiße wellenlinig verlaufende gemusterte Umrandung, in der Mitte eine
weiße gemusterte Rosette und in deren Mitte eingeprägte weiße Zahlen „100” und (darunter)
„1948”.
6. Die Spezialkupons werden auf Reichsmark- und Rentenmark-Scheine gleicher Werte
aufgeklebt, z. B. wird ein Spezialkupon mit der Zahl „1” auf einen 1-Mark-Schein aufgeklebt,
ein Spezialkupon mit der Zahl „2” auf einen 2-Mark-Schein usw.
Das Aufkleben der Spezialkupons auf 1-, 2 und 5-Rentenmark-Scheine erfolgt auf der
Vorderseite, im rechten Teil des Scheines, in der Mitte des weißen Feldes, unmittelbar an
dessen innerem Rand.
Das Aufkleben der Spezialkupons auf 5-, 10-, 20-, 50-, und 100-Reichsmark-Scheine erfolgt
auf der Vorderseite, im linken Teil des Scheines, in der Mitte des weißen Feldes, unmittelbar
an dessen innerem Rand. Auf 1000-Reichsmark-Scheine werden Spezialkupons nicht
aufgeklebt.
Die Spezialkupons gelten als untauglich, wenn ein Teil des Kupons fehlt, wenn er aus zwei
oder mehreren Teilen zusammengeklebt ist, wenn er beschmutzt oder die Deutlichkeit des
Musters beeinträchtigt ist. Als zum Aufkleben untauglich gelten ferner Kupons, die beim
Druck als Ausschuß ausgesondert wurden wegen Undeutlichkeit der den Wert bezeichnenden
Zahl, Undeutlichkeit des Musters oder starker Abweichung in der Färbung.
Durchführungsbestimmungen zur Verordnung über die Währungsreform in der
sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
I. Organisation des Bargeldumtausches und der Umwertung von Spareinlagen,
laufenden und anderen Konten
1. Der Umtausch der alten Geldscheine erfolgt gemäß der Verordnung über die
Währungsreform durch die Umtauschkassen der zu Umtausch zugelassenen Kreditinstitute
laut den von den Landesregierungen bestätigten Listen dieser Institute.
2. Die Umwertung der Spareinlagen, der laufenden und anderen Konten gemäß der
Verordnung über die Währungsreform durch alle Kredit- und Geldinstitute, welche die
Genehmigung haben, Einlagen entgegenzunehmen und Konten zu errichten, erfolgt dort wo
die Konten geführt werden, und zwar binnen sieben Tagen nach Verkündung der Verordnung
über die Währungsreform.
3. Zur Durchführung des Umtausches werden von jedem zum Umtausch zugelassenen
Kreditinstitut soviel Umtauschkassen eingerichtet, wie zu einer schnellen Abfertigung der
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23. Juni 1948
Bevölkerung erforderlich sind. In jeder Umtauschkasse sollen mindestens zwei Angestellte –
ein Buchhalter und ein Kassierer – arbeiten. Im Bedarfsfalle können bei größeren
Umtauschoperationen zusätzliche Hilfskräfte herangezogen werden.
Zwecks schnellerer Abfertigung der Bevölkerung sind in Kreditinstituten, die über mehrere
Kassen oder andere geeignete Schalterräume verfügen, besondere Kassen einzurichten zum
Umtausch des Bargeldes von Personen, welche nicht mehr als 70,-Mark pro Person abliefern.
4. Zwecks Durchführung des Umtausches und der Umwertung von Spareinlagen, laufenden
und anderen Konten ist es den Kreditinstituten gestattet, für die Umtausch- und
Umwertungsaktion Mitarbeiter aus Stellen der öffentlichen Verwaltung und öffentlichrechtlichen Anstalten des betreffenden Kreises (und der betreffenden Stadt) heranzuziehen.
Die zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute halten ihre Schalter während der
Umtauschaktion mindestens 10 Stunden täglich geöffnet.
II. Regelung des Umtausches von Bargeld
1. Das Bargeld an Reichsmark, Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden wird
vom Familienoberhaupt oder einer von ihm beauftragten Person zusammen mit einer
Erklärung laut Formular 1 zum Umtausch in den Kassen vorgelegt. Beim Umtausch werden
die abgetrennten Stammabschnitte der Lebensmittelkarten für den laufenden Monat, auf die
Zucker verausgabt wird, vorgelegt. Gleichzeitig mit der Einreichung der Erklärung laut
Formular 1 wird dem Buchhalter der Umtauschkasse für jeden Familienangehörigen, welcher
ein oder mehrere Sparkonten, laufende oder andere Konten besitzt, eine Erklärung über die
Anzahl und die Salden der Konten lauf Formular Nr. 4 übergeben.
2. Die Echtheit der Lebensmittelkarten und die Uebereinstimmung ihrer Anzahl mit der
Anzahl der in der Umtauscherklärung angegebenen Familienangehörigen wird vom
Buchhalter der Umtauschkasse geprüft.
Die Umtauscherklärung und die Stammabschnitte der Lebensmittelkarten, die mit dem
Stempel des Kreditinstituts versehen werden, bleiben in der Umtauschkasse und dienen als
Unterlage für den Umtausch.
3. Die Berechnung für den Umtausch der abgegebenen alten Geldscheine in neue Geldscheine
gemäß Art.6 der Verordnung über die Währungsreform wird vom Buchhalter der
Umtauschkasse vorgenommen. Diese Berechnung wird auf der Erklärung vermerkt.
Bei Ablieferung eines 5000.- Mark pro Familie übersteigenden Betrages in alten
Geldscheinen wird der Betrag von 5000,- Mark übersteigenden Teil auf ein Sperrkonto
zwecks Prüfung überwiesen. Ueber diesen Teil wird vom Buchhalter eine Quittung in zwei
Exemplaren ausgefertigt und dem Kassierer zusammen mit der Umtauscherklärung und den
Stammabschnitten der Lebensmittelkarten übergeben.
Die Quittung wird in der für Bareinzahlungen üblichen Form ausgefertigt. In ihr wird der
Betrag in neuer Währung, der auf Sperrkonto verbucht wird, angeführt.
4. Gemäß der vom Buchhalter auf der Umtauscherklärung vorgenommenen Berechnung
nimmt der Kassierer die alten Geldscheine in Empfang und zahlt den entsprechenden Betrag
in neuen Geldscheinen aus.
5. Die Kassenbarbestände von Unternehmen, Organisationen und Anstalten (Punkt „e” Art.6
der Verordnung über die Währungsreform) werden bei einem der Kreditinstitute umgetauscht,
bei denen sie Konten unterhalten, und zwar in der Höhe des Kassenbarbestandes am Tage der
Verkündung der Verordnung über die Währungsreform sowie der Beträge an alten
Geldscheinen, welche im Laufe der ersten zwei Tage der Durchführung der Währungsreform
nach Abzug der Ausgaben eventuell noch vereinnahmt wurden.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Der Umtausch des Bargeldes von Unternehmen, Organisationen und Anstalten erfolgt auf
Grund eines dem Kreditinstitut einzureichenden Kassenbuchauszuges über den
Kassenbarbestand am Tage der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform, sowie
eines Kassenbuchauszuges über die Bargeldbeträge in alter Währung, welche im Laufe der
ersten zwei Tage der Durchführung der Währungsreform nach Abzug der Ausgaben eventuell
noch vereinnahmt wurden; in den Kassenbuchauszug ist auch die Anzahl der beschäftigten
Personen einzutragen. Die Auszüge werden dem Buchhalter der Umtauschkasse,
rechtsverbindlich unterschrieben, in zwei Exemplaren vorgelegt. Gleichzeitig muß eine
Erklärung über die Anzahl der bestehenden Konten und deren Salden laut Formular 6
übergeben werden. Der Buchhalter der Umtauschkasse prüft die vorgelegten
Kassenbuchauszüge und vermerkt darin die Berechnung des auszugebenden Betrages in
neuen Geldscheinen. Ein Exemplar der Auszüge verbleibt bei dem Kassierer der
Umtauschkasse, das zweite wird durch das Kreditinstitut an das für den Einreicher zuständige
Steueramt gesandt.
Kreditinstitute tauschen ihre eigenen Kassenbarbestände in gleicher Weise, jedoch ohne
Abgabe einer Kontenerklärung.
Sollte der Kassenbarbestand eines Unternehmens, einer Organisation oder Anstalt am Tage
der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform die für den betreffenden
Einreicher nach der Bekanntmachung der Deutschen Emissions- und Girobank vom 15. Juni
1948 festgesetzte Höhe übersteigen, so wird der übersteigende Teil auf ein Sperrkonto
verbucht. Ueber den auf Sperrkonto verbuchten Teilbetrag wird dem Einreicher eine Quittung
ausgehändigt.
6. Die alten Geldbeträge, die im Verhältnis 1:1 getauscht werden (bis zu 70,- Mark pro
Person, müssen auf die volle Mark lauten; die alten Geldbeträge, die im Verhältnis 10:1
getauscht werden, müssen auf volle 10,- Mark lauten.
7. Die Umtauschkassen haben die neuen Geldscheine – unter Berücksichtigung der bei ihnen
vorhandenen Stückelung – zwecks Sicherung eines normalen Verhältnisses zwischen den
umlaufenden großen, mittleren und kleinen Scheinen in gemischter Stückelung auszugeben.
8. Täglich nach Abschluß der Umtauschoperationen, haben Buchhalter und Kassierer der
Umtauschkassen ein Abrechnungs-Protokoll laut Formular 2 aufzustellen.
Dem Abrechnungs-Protokoll werden beigefügt: die Umtauscherklärungen, die
Stammabschnitte der Lebensmittelkarten, die zweiten Exemplare der Quittungen über
Sperrkonten zur Prüfung überwiesene Beträge sowie die Kassenbuchauszüge der
Unternehmen, Organisationen und Anstalten und die Zweitschriften der Quittungen über
deren auf Sperrkonten verbuchte Kassenbarbestandteile, die die festgesetzten Höchstgrenzen
überstiegen.
Das Abrechnungs-Protokoll nebst allen Unterlagen wird täglich der Buchhaltung des
Kreditinstituts übergeben. Es wird geprüft und vom Leiter des betreffenden Kreditinstituts
bestätigt.
9. Die den Betrag von 5000,- Mark pro Familie übersteigenden Teile der
Bargeldeinlieferungen werden von den Kreditinstituten auf neu zu eröffnende Sperrkonten
verbucht, an Hand der dem Abrechnungs-Protokoll beigefügten Quittungsdurchschläge. Die
Verbuchung erfolgt täglich nach Erhalt des Abrechnungs-Protokolls der Umtauschkasse.
III. Regelung der Umwertung von Spareinlagen
1. Die Umwertung der Salden der Spareinlagen gemäß der Verordnung über die
Währungsreform erfolgt durch das Kreditinstitut, bei dem die Konten geführt werden.
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23. Juni 1948
Die Vorzugsumwertung der Spareinlagen erfolgt nach der Gesamtsumme aller Spareinlagen
des betreffenden Kontoinhabers; die Feststellung des auf Sperrkonto zwecks Prüfung zu
verbuchenden Guthabenteiles erfolgt nach der Gesamtsumme aller Salden der Sparkonen,
laufender und anderer Konten.
2. Jeder Inhaber eines oder mehrerer Sparkonten hat sofort beim Bargeldumtausch eine
Erklärung laut Formular 4 einzureichen über sämtliche von ihm unterhaltenen Guthaben
(einschließlich solcher auf laufenden und anderen Konten). Die Inhaber von Sparkonten,
welche kein Bargeld umgetauscht haben, haben ihre Erklärung laut Formular 4 binnen fünf
Tagen vom Tage der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform einzureichen.
Ohne gleichzeitige Einreichung des Stammabschnittes der Lebensmittelkarte, der beim
Bargeldumtausch abzugeben ist, wird die Erklärung nicht angenommen. Alle Spareinlagen,
für die im Laufe der vorgesehenen Frist keine Erklärungen eingereicht werden, sind von den
Kreditinstituten zu sperren.
Die Freigabe dieser gesperrten Einlagen erfolgt nur nach Erhalt einer Meldung über die
Salden nach der Umwertung, welche das Kreditinstitut, das die Umwertung nach der
Gesamtsumme aller Salden der Sparkonten, laufenden und anderen Konten vorgenommen
hat, erstattet.
Hat derjenige, der die Kontenerklärung abgibt, Konten bei mehreren Kreditinstituten, so ist in
der Erklärung dasjenige Kreditinstitut an erster Stelle zu nennen, bei welchen die
Gesamtumwertung der Konten durchgeführt werden soll.
3. Zur Umwertung der Spareinlagen wird von den Kreditinstituten eine Bestandsliste laut
Formular 3 angefertigt. In diese Liste werden die Salden der Sparkonten nach dem Stande
vom Tage der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform eingetragen, ferner die
Umwertungsberechnungen, entsprechend den vorgesehenen Spalten der Bestandsliste. Dabei
wird die Umwertung zunächst ohne Berücksichtigung etwaiger weiterer Spareinlagen und
Konten des gleichen Konteninhabers bei anderen Kreditinstituten durchgeführt.
4. Wenn die Person, die die Kontenerklärung abgibt, Konten bei mehreren Kreditinstituten
besitzt, so fordert das Kreditinstitut, das die Umwertung nach der Gesamtsumme aller
Spareinlagen und anderen Guthaben vornimmt, von den übrigen Kreditinstituten eine
schriftliche Bestätigung über die Höhe der Spareinlagen am Tage der Verkündung der
Währungsreform. Für die Salden der laufenden und anderen Konten haben die Kontoinhaber
Saldenbestätigungen der Kreditinstitute, bei denen die Konten geführt werden, einzureichen,
aus denen die Höhe der Guthaben am Tage der Verkündung der Verordnung über die
Währungsreform hervorgeht.
Sollte die Kontenerklärung nicht bei demjenigen Kreditinstitut eingereicht worden sein, bei
welchem der Kontoinhaber die Gesamtumwertung seiner Guthaben durchführen lassen will,
so ist die Erklärung an dieses Kreditinstitut weiterzuleiten.
5. Nach Erhalt der Bestätigungen über sämtliche Kontensalden und nach der Umwertung aller
Guthaben nach der Gesamtsumme, die sich aus diesen Bestätigungen ergibt, benachrichtigt
das betreffende Kreditinstitut sofort die übrigen kontoführenden Kreditinstitute über die
Ergebnisse der Umwertung der Konten; die Beträge, die auf freie Konten und auf Sperrkonten
zu verbuchen sind, werden dabei gesondert angegeben.
Die Berechnung der Umwertung der Spareinlagen, laufenden und anderen Konten nach dem
Gesamtguthaben erfolgt auf der Erklärung laut Formular 4; dieser Erklärung sind alle von
anderen Kreditinstituten erhaltenen Bestätigungen der Kontensalden beizufügen.
6. Lauten Konten auf die Namen mehrerer Personen (Gemeinschaftskonten), so ist sowohl in
den Kontenerklärungen jedes einzelnen der an dem Konto beteiligten Inhaber als auch in den
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23. Juni 1948
Saldenbestätigungen der Kreditinstitute der nach der Anzahl sämtlicher Konteninhaber auf
den einzelnen entfallende Bruchteil als Guthaben in Altmark anzugeben, ohne Rücksicht auf
die etwa anders festgelegten Ansprüche der Beteiligten unter sich.
7. Die Salden der Spareinlagen, über die der Kontoinhaber nach der Umwertung frei verfügen
kann, werden sofort bei erster Buchvorlage in sein Sparbuch eingetragen mit dem Vermerk:
„Freie Einlage …… Mark”. die Ordnungsmäßigkeit der neuen Eintragung wird durch
Stempelabdruck des Kreditinstituts nebst Unterschriften bestätigt. Sparbücher ohne
Eintragung des neuen Betrages der freien Einlage sind ungültig. Wenn die Umwertung der
Einlagen ihrer Gesamtheit nach bei einem anderen Kreditinstitut berechnet wurde, so kann die
Eintragung in das Sparbuch nur nach Erhalt der Mitteilung des anderen bei der Umwertung
führenden Kreditinstituts über die Höhe des freien Saldos der Einlage vorgenommen werden.
Vor Eintragung des neuen freien Saldos in das Sparbuch können Auszahlungen nicht
erfolgen.
Die auf Sperrkonten verbuchten Beträge der Spareinlagen werden in die Sparbücher nicht
eingetragen, es sei denn, daß die endgültige Entscheidung über ihre Verwendung zur Freigabe
führt.
8. Die Umwertung der Spareinlagen ist bis zum Ablauf der festgesetzten Frist abzuschließen.
Nach Ablauf dieser Frist sind nur noch Berichtigungen der Salden zulässig, deren Umwertung
ihrer Gesamtheit nach bei einem anderen Kreditinstitut berechnet und deren Salden
inzwischen endgültig festgestellt wurden.
Nach Ablauf der für die Umwertung festgesetzten Frist werden die Bestandslisten laut
Formular 3 vom Leiter und Hauptbuchhalter jedes Kreditinstituts geprüft und als offizielle
Dokumente über die Ergebnisse der Umwertung von Spareinlagen bestätigt.
IV. Regelung der Umwertung von laufenden und anderen Konten
1. Die Guthaben auf laufenden und anderen Konten, welche den in den Punkten a, b, e Art.11
der Verordnung über die Währungsreform aufgeführten Organisationen gehören, werden von
den Kreditinstituten an der Stelle, wo die Konten geführt werden, umgewertet. Bei der
Umwertung fertigen die Kreditinstitute Bestandslisten laut Formular 5 an.
2. Die Umwertung der laufenden und anderen Konten zu Vorzugsbedingungen für die in den
Punkten a, b, e Art.11 der Verordnung über die Währungsreform aufgeführten
Organisationen wird von den Kreditinstituten an Hand bestätigter Listen vorgenommen.
Die Listen der Organisationen, welche das Recht auf bevorzugte Umwertung ihrer laufenden
und anderen Konten besitzen, werden in jeder Stadt (in jedem Kreis) von den betreffenden
Bürgermeistern der Städte (Landräte der Kreise) bestätigt. Die Bürgermeister (Landräte)
senden diese Listen zur entsprechenden Verwendung an die die Umwertung vornehmenden
Kreditinstitute der Städte (Kreise).
Sollten solche Organisationen Konten auch außerhalb der betreffenden Stadt (des
betreffenden Kreises) unterhalten, so haben sie von dem zuständigen Bürgermeister (Landrat)
eine Bescheinigung darüber einzuholen, daß sie in der bestätigten Liste enthalten sind, und
diese an das betreffende Kreditinstitut weiterzuleiten.
Haushaltsmittel von Verwaltungsorganen der Länder, Städte, Kreise und Gemeinden werden
zu Vorzugsbedingungen umgewertet, soweit sie aus dem laufenden Haushaltsjahre herrühren.
Haushaltsmittel der gleichen Verwaltungsorgane, die aus der Zeit vor dem Beginn des
laufenden Haushaltsjahres herrühren, werden im Verhältnis 10:1 umgewertet.
3. Alle Industrie-, Handels- und sonstigen Unternehmen und Organisationen (mit Ausnahme
der in den Punkten a, b, e Art.11 der Verordnung über die Währungsreform angeführten),
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23. Juni 1948
welche laufende und andere Konten bei Kreditinstituten besitzen, haben sofort bei
Ablieferung des Bargeldes bei dem von ihnen für den Barumtausch gewählten Kreditinstitut
(siehe Abschnitt II Ziffer 5) während der festgesetzten Umtauschfrist eine Erklärung (in drei
Exemplaren) über ihre sämtlichen Guthaben laut Formular 6 miteinzureichen.
Das zweite Exemplar der Erklärung laut Formular 6 wird von Kreditinstitut an das für
betreffende Unternehmen zuständige Steueramt weitergeleitet; das dritte Exemplar wird von
dem Kontoinhaber zurückgegeben mit einer Bestätigung des Kreditinstituts über den
Empfang der Kontenerklärung.
Einzelpersonen, welche laufende und andere Konten unterhalten, reichen sofort beim
Umtausch ihres Bargeldes eine Erklärung laut Formular 4 ein.
Personen, die kein Bargeld zum Umtausch abliefern, haben eine Erklärung laut Formular 4
binnen fünf Tagen nach der Verkündung über die Währungsreform einzureichen. Ohne
gleichzeitige Einreichung des Stammabschnitts der Lebensmittelkarte, der beim
Bargeldumtausch abzugeben ist, wird die Erklärung nicht entgegengenommen.
Laufende und andere Konten, für die eine Kontenerklärung binnen der festgesetzten Frist
nicht eingereicht wurde, werden gesperrt.
4. Zur Umwertung der laufenden und anderen Konten fertigen die Kreditinstitute
Bestandslisten laut Formular 7 an.
Sollte ein Kontoinhaber mehrere laufende und andere Konten und Spareinlagen besitzen, so
erfolgt die Umwertung nach der Gesamtsumme aller Guthaben. Die Berechnung der
Umwertung nach der Gesamtsumme der Guthaben wird auf Kontenerklärung vermerkt.
Für die in der Kontenerklärung angeführten Salden von bei anderen Kreditinstituten
bestehenden Konten müssen Bestätigungen über den Stand der Konten am Tage der
Verkündung der Verordnung über die Währungsreform vom Konteninhaber beigebracht
werden. Diese Saldenbestätigungen werden von den Kreditinstituten, bei denen die Konten
geführt werden, angefertigt. Wegen der Behandlung von Gemeinschaftskonten siehe
Abschnitt III Ziffer 6.
5. Bei der Umwertung der laufenden und anderen Konten von Industrie-, Handels- und
anderen wirtschaftlichen Unternehmen gewähren die Kreditinstitute Vorzugsbedingungen
gemäß Punkt c Art.11 der Verordnung über die Währungsreform. Das Kreditinstitut bestimmt
an Hand der Angaben auf der Kontenerklärung die Beiträge, die zu Vorzugsbedingungen
umgewertet werden. Nachträglich prüfen die Steuerämter die Richtigkeit der in der Erklärung
enthaltenen Angaben und bestätigen sie dem Kreditinstitut.
Bei Feststellung unrichtiger Angaben über Umsatz und Löhne nehmen die Kreditinstitute an
Hand der Mitteilungen der Steuerämter unverzüglich Berichtigungen der Kontensalden vor
und erstatten gegen die Schuldigen in den betreffenden Fällen Anzeige.
Der Teil des Saldos eines oder mehrerer laufender und anderer Konten, die ein und demselben
Inhaber gehören, der den Betrag von 5000,- Mark übersteigt (mit Ausnahme der beim
Umtausch gewährten Vergünstigung), wird nach der Umwertung auf ein Sperrkonto zur
Prüfung eingetragen.
6. Das Kreditinstitut, bei dem die Kontenerklärung einging, hat in allen Fällen, in denen der
Kontoinhaber bei mehreren Kreditinstituten Konten unterhält, nach Durchführung der
Umwertungsberechnungen den anderen Kreditinstituten, die Konten desselben Kontoinhabers
führen, Mitteilung über die nach der Umwertung auf die entfallenden Kontensalden und über
die zu sperrenden Beträge zu machen. Bis zum Erhalt einer solchen Mitteilung sind keine
Auszahlungen von laufenden und anderen Konten vorzunehmen.
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7. Am siebenten Tag nach der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform wird
eine Umwertung aller laufenden und anderen Konten im Verhältnis 10:1 vorgenommen, für
die bis zum Ablauf dieser Frist keine Mitteilungen über neue Kontensalden nach der
Umwertungsberechnung durch ein Kreditinstitut, bei dem die Kontenerklärung abgegeben
wurde, eingegangen sind. Bis zum Erhalt einer solchen Mitteilung erfolgen von diesen
Konten keine Auszahlungen.
8. Nach Abschluß der Umwertung prüfen und bestätigen der Leiter des Kreditinstituts und der
Hauptbuchhalter alle Bestandslisten nach Formular 5 und 7 als offizielle Dokumente über die
Ergebnisse der Umwertung der laufenden Konten.
V. Buchmäßige Erfassung
1. Zur buchmäßigen Erfassung der von der Deutschen Emissions- und Girobank erhaltenen
Spezialkupons richtet die Emissions- und Girobank des Landes ein besonderes Konto
„Spezialkupons“ ein laut Formular 9. Auf diesem Konto werden gebucht: der Empfang der
Spezialkupons von der Deutschen Emissions- und Girobank, die Rückgabe der von den
Spitzenfilialen der Landeskreditbank nicht verwendeten Kupons sowie die Ausgabe der
Spezialkupons an die Spitzenfilialen der Landeskreditbank.
Alle Eintragungen auf diesem Konto erfolgen nach Abschluß der Tagesoperationen in einer
Gesamtsumme, gesondert für Einnahme und Ausgabe; der Kontosaldo wird täglich vermerkt.
Die Eintragungen erfolgen an Hand von Protokollen über den Empfang der Spezialkupons
von der Deutschen Emissions- und Girobank, von Protokollen über die Rückgabe der nicht
verwendeten Kupons durch die Spitzenfilialen der Landeskreditbank sowie von Protokollen
über die Uebergabe der Spezialkupons zum Aufkleben an die Spitzenfilialen der
Landeskreditbank.
2. Die Ausgabe der Spezialkupons durch die Emissions- und Girobank des Landes an die
Spitzenfilialen der Landeskreditbank erfolgt vorschußweise. Zur Erfassung dieses
Spezialkupons-Vorschusses sowie zur Erfassung seiner Verwendung wird ein besonderes
Konto „Spezialkupons” laut Formular 10 geführt.
Diese besonderen Konten werden für jede einzelne Spitzenfilialen der Landeskreditbank
gesondert geführt. Die Eintragungen auf diesen Konten erfolgen an Hand von Protokollen
über die Uebergabe der Spezialkupons zum Aufkleben an die Spitzenfiliale der
Landeskreditbank, von Protokollen über die Rückgabe der Spezialkupons und an Hand von
Rechenschaftsberichten der Spitzenfilialen der Landeskreditbank über die Verwendung der
Spezialkupons.
3. Die bei der Emissions- und Girobank des Landes vorhandene Reserve an Reichsmark und
Rentenmark, die zum Aufkleben der Spezialkupons bestimmt ist, wird von der Emissionsund Girobank auf ein besonderes Konto „Reichsmark und Rentenmark” laut Formular 9
eingetragen.
Die Eintragungen über die Ausgaben von Reichsmark und Rentenmark an die Spitzenfilialen
der Landeskreditbank sowie die Rückgabe der von den Spitzenfilialen der Landeskreditbank
nicht verwendeten Reichsmark und Rentenmark erfolgen auf diesem Konto in gleicher Weise
wie die Eintragungen über die Erfassung der Spezialkupons.
4. Die Ausgabe der Reichsmark und Rentenmark durch die Emissions- und Girobank des
Landes an die Spitzenfilialen der Landeskreditbank erfolgt vorschußweise. Zur Erfassung
dieses Vorschusses an Reichsmark und Rentenmark, der Rückgabe der nicht verwendeten
Reichsmark und Rentenmark sowie zur Erfassung der Verwendung dieses Vorschusses, wird
ein Konto „Reichsmark und Rentenmark“ laut Formular 10 geführt, für jede einzelne
Spitzenfiliale der Landeskreditbank gesondert.
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Die Eintragungen auf diesem Konto erfolgen an Hand von Protokollen über die Übergabe der
Reichsmark und Rentenmark zum Aufkleben der Spezialkupons an die Spitzenfilialen der
Landeskreditbank, von Protokollen über die Rückgabe der zum Aufkleben von Kupons nicht
verwendeten Reichsmark und Rentenmark und an Hand von Rechenschaftsberichten der
Spitzenfilialen der Landeskreditbank über die Verwendung der Reichsmark und Rentenmark
zum Aufkleben von Kupons.
5. Zur buchmäßigen Erfassung der von der Emissions- und Girobank des Landes erhaltenen
Spezialkupons, Reichsmark und Rentenmark, führen die Spitzenfilialen der
Handelskreditbank ein besonderes Konto laut Formular 9.
Diese Konten laut Formular 9 werden gesondert für die Spezialkoupons und für die
Reichsmark und Rentenmark geführt, an Hand von Protokollen über Empfang und Rückgabe
dieser Werte.
6. Die buchmäßige Erfassung der zum Aufkleben übergebenen Spezialkupons, der
Reichsmark und Rentenmark innerhalb der Spitzenfilialen der Landeskreditbank sowie die
Erfassung diese Werte bei deren Uebergabe zum Aufkleben an andere Kreditinstitute,
vollzieht sich gemäß den Regeln für die Uebergabe von Geldbeträgen innerhalb eines
Kreditinstituts, ohne Eintragung auf das besondere Konto laut Formular 9.
7. Nach dem Aufkleben werden die Reichsmark und Rentenmark mit aufgeklebten
Spezialkupons (neue Geldscheine) auf einem besonderen Konto „neue Geldscheine” laut
Formular 9 verbucht. Dabei werden die entsprechenden Beträge an aufgeklebten
Spezialkupons sowie an Reichsmark und Rentenmark, die zum aufkleben dieser
Spezialkupons verwendet wurden, von den besonderen Konten, auf denen sie früher verbucht
waren, abgebucht.
Diese Eintragungen erfolgen an Hand von Protokollen über das Aufkleben der Spezialkupons.
In den Protokollen werden der Betrag der aufgeklebten Kupons und die Richtigkeit des
Aufklebens nach den dafür festgesetzten Regeln vermerkt.
Die Protokolle über das Aufkleben der Spezialkupons werden von der für das Aufkleben
verantwortlichen Person und vom Kassierer, der die neuen Geldscheine in Empfang nimmt,
unterzeichnet und vom Leiter der Spitzenfiliale der Landeskreditbank bestätigt.
8. Die Ausgabe der zum Umtausch bestimmten neuen Geldscheine durch die Spitzenfilialen
der Landeskreditbank an die zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute geschieht
vorschußweise. Die ausgegebenen neuen Geldscheine werden auf der Ausgabeseite des
Kontos „neue Geldscheine” (Formular 9) gebucht.
Zur Erfassung dieses Vorschusses an neune Geldscheinen und der Rückgabe der nicht
verwendeten neuen Geldscheine wird ein besonderes Konto "neue Geldscheine" laut
Formular 10 geführt, gesondert für jedes Kreditinstitut.
Die Eintragungen auf diesem Konto erfolgen an Hand von Protokollen über die Uebergabe
der neuen Geldscheine, den Empfang der zurückgegebenen Geldscheine und an Hand von
Rechenschaftsberichten der Kreditinstitute über die Verwendung der Geldscheine.
9. Die Erfassung der neuen Geldscheine bei den zum Umtausch zugelassenen Kreditinstituten
erfolgt auf einem besonderen Konto „neue Geldscheine“ laut Formular 9.
Die Eintragungen auf diesem Konto erfolgen an Hand von Protokollen über den Empfang der
neuen Geldscheine, über die Rückgabe der nicht ausgegebenen neuen Geldscheine und an
Hand von Abrechnungsprotokollen der Umtauschkassen laut Formular 2.
10. Die Erfassung der beim Umtausch an die Kreditinstitute abgelieferten Reichsmark,
Rentenmark und Mark der Alliierten Militärbehörden erfolgt auf einem besonderen Konto
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„alte Geldscheine” laut Formular 8. Die Eintragungen erfolgen an Hand der
Abrechnungsprotokolle der Umtauschkassen laut Formular 2.
11. Die unmittelbar bei den Emissions- und Girobanken der Länder und bei den
Spitzenfilialen der Landeskreditbanken durchgeführten Umtauschoperationen werden
buchmäßig erfaßt gemäß der für alle mit Umtauschoperationen beschäftigten Kreditinstitute
getroffenen Regelung.
12. Die zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute haben binnen drei Tagen nach Ablauf der
für die Umtauschoperationen vorgesehenen Frist an die Spitzenfilialen der Landeskreditbank
einen Bericht über die Umtauschoperationen laut Formular 12 einzureichen sowie alle
während der Umtauschaktion eingegangenen alten und nicht ausgegebenen neuen
Geldscheine abzuliefern.
Dem Bericht sind alle Abrechnungsprotokolle der Umtauschkassen, die Belege und die
besonderen Konten laut Formular 9 und 10 beizufügen.
13. Die Spitzenfilialen der Landeskreditbank haben die Berichte zu prüfen. Nach der Prüfung
werden von den besonderen Konten des betreffenden Kreditinstituts die zurückerstatteten
Beträge an neuen Geldscheinen, welche für die Umtauschoperationen nicht verwendet
wurden, und die Beträge an neuen Geldscheinen, welche im Laufe der Operationen
verausgabt wurden (laut Formular 12), abgebucht.
14. Binnen fünf Tagen nach Ablauf der für die Umtauschoperationen vorgesehenen Frist hat
jede Spitzenfiliale der Landeskreditbank der Emissions- und Girobank des Landes einen
Bericht einzureichen, und zwar laut Formular 11 für die Spezialkupons und laut Formular 12
für die Umtauschoperationen.
Der von jeder Spitzenfiliale der Landeskreditbank einzureichende Bericht laut Formular 12
umfaßt alle zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute des betreffenden Kreises (der
betreffenden Stadt).
Gleichzeitig mit dem Bericht übergibt jede Spitzenfiliale der Landeskreditbank der
Emissions- und Girobank des Landes alle zum Aufkleben nicht verwendeten Spezialkupons,
Reichsmark und Rentenmark, die sie von der Emissions- und Girobank erhielt, sowie die
beim Umtausch abgelieferten alten Geldscheine und die nicht verwendeten neuen
Geldscheine.
Alle die Umtauschoperationen betreffenden Belege, die seitens der Kreditinstitute des Kreises
(der Stadt) den Spitzenfilialen der Landeskreditbank übergeben wurden, werden von diesen
aufbewahrt.
15. Nach Prüfung der von den Spitzenfilialen der Landeskreditbank erhaltenen Berichte
schließt die Emissions- und Girobank des Landes die besonderen Konten (laut Formular 10)
für Spezialkupons, Reichsmark und Rentenmark ab, indem sie auf den Konten die
Restbeträge an Spezialkupons, Reichsmark und Rentenmark und die Restbeträge an nicht
verwendeten neuen Geldscheinen als Ausgang bucht.
Außerdem werden auf diesen Konten als Ausgang die Beträge an neuen Geldscheinen
gebucht, die beim Umtausch ausgegeben wurden, an Hand der Berichterstattung laut
Formular 12.
Die nicht verwendeten Geldscheine werden in gleichen Beträgen als Ausgang auf dem
besonderen Konto für Spezialkupons und auf dem besonderen Konto für Reichsmark gebucht.
Nach Prüfung aller gegenseitigen Verrechnungen mit den Spitzenfilialen der
Landeskreditbank und Schließung der besonderen Konten laut Formular 10 fertigt die
Emissions- und Girobank des Landes einen zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse
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23. Juni 1948
der Umtauschoperationen laut Formular 11 und 12 an. Dieser Bericht ist spätestens vierzehn
Tage nach Ablauf der für die Umtauschoperationen vorgesehenen Frist an die Deutsche
Emissions- und Girobank einzureichen.
16. Die Leiter des Kreditinstituts sind verantwortlich für die Sicherung der Spezialkupons, der
zum Bekleben übergebenen Reichsmark und Rentenmark, der neuen Geldscheine sowie für
das ordnungsgemäße Aufkleben.
Bei Verlusten an Spezialkupons hat die für ihre Aufbewahrung verantwortliche Person den
Fehlbetrag im vollen auf den Kupons angebenen Wert in neuen Geldscheinen zu entrichten.
17. Alle Kreditinstitute, die die Umwertung von Spareinlagen, laufenden und anderen Konten
durchführen, haben binnen fünf Tagen nach Ablauf der für den Abschluß der Umwertung
vorgesehenen Frist ihrem übergeordneten Institut einen Bericht über die vollzogene
Umwertung einzureichen; für Spareinlagen laut Formular 13, für laufende und andere Konten
laut Formular 14. Dem Bericht sind alle bei der Umwertung aufgestellten Bestandslisten
beizufügen.
Nach Erhalt der Berichte über die Umwertung führen die Emissions- und Girobank des
Landes, die Landeskreditbank, der Sparkassenverband, die Zentralkasse der
Kreditgenossenschaften und andere Kreditorgane sowie die Hauptverwaltung für Post- und
Fernmeldewesen in der Deutschen Wirtschaftskommission eine genaue Prüfung der
eingereichten Berichte und Bestandslisten durch und fertigen Prüfungsprotokolle an.
In diesen Protokollen wird festgestellt, daß die vollzogene Umwertung den Bestimmungen
der Verordnung über die Währungsreform entspricht. Die Protokolle werden von den Leitern
der betreffenden Kreditinstitute und Kreditorgane bestätigt; für die Postsparkassen und
Postscheckämter erfolgt die Bestätigung durch den Leiter der Hauptverwaltung Post und
Fernmeldewesen in der Deutschen Wirtschaftskommission.
Ueber die Ergebnisse der Umwertung von Spareinlagen, laufenden und anderen Konten
reichen der Präsident der Landeskreditbank, der Leiter des Sparkassenverbandes, der Direktor
der Zentralkasse der Kreditgenossenschaften und die anderen Leiter der Kreditorgane einen
zusammenfassenden Bericht laut Formular 13 und 14 der Emissions- und Girobank des
Landes ein.
Kreditinstitute ohne übergeordnete Stellen (Stadt- und Privatbanken u.a.) reichen ihre
Berichte mit den Bestandslisten zur Bestätigung der Emissions- und Girobank des
betreffenden Landes ein.
18. Die Emissions- und Girobank des Landes fertigt (laut Formular 13 und 14) einen
zusammenfassenden Bericht über die Ergebnisse der Umwertung für das ganze Land an und
reicht ihn, spätestens zwei Wochen nach Ablauf der für die Umwertung vorgesehenen Frist,
der Hauptverwaltung Finanzen in der Deutschen Wirtschaftskommission ein.
19. Ueber die Ergebnisse der Durchführung der Währungsreform – den Umtausch des
Bargeldes, die Umwertung der Spareinlagen, der laufenden und anderen Konten – erstattet die
Emissions- und Girobank des Landes dem betreffenden Finanzministerium Bericht.
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23. Juni 1948
VI. Laufende Berichte
1. Alle zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute erstatten täglich telegrafisch Meldung
über den Umtausch der Geldscheine nach folgendem Schema:
Kennziffer 1
Anzahl der Personen, denen Bargeld umgetauscht wurde (Erfassung nach den
Stammabschnitten der Lebensmittelkarten
Kennziffer 2
Betrag der im Umtausch gegen alte ausgegebenen neuen Geldscheine (in
tausend Mark)
Kennziffer 3
Betrag der zum Umtausch abgelieferten alten Geldscheine (in tausend Mark)
Kennziffer 4
Anzahl der Personen, bei denen Bargeldbeträge gesperrt wurden (Erfassung
nach der Zahl der ausgehändigten Quittungen)
Kennziffer 5
Betrag der auf Sperrkonten von Einzelpersonen eingetragenen neuen
Geldscheine (in tausend Mark)
Kennziffer 6
Betrag in neuen Geldscheinen aus Bargeldbeständen bei Unternehmen,
Organisationen und Anstalten, die die festgesetzten Kassenlimite überstiegen
und auf Sperrkonten eingetragen wurden (in tausend Mark).
Die Meldung beginnt mit der Angabe des betreffenden Umtauschtages (erster Tag des
Umtauschs, zweiter Tag des Umtauschs usw.).
Die Meldungen sind vom ersten Umtauschtage ab zu erstatten.
Sie enthalten addierte Angaben vom ersten Umtauschtag ab. In der Meldung des letzten
Umtauschtages ist anzugeben, daß die Umtauschoperationen abgeschlossen sind.
Die zum Umtausch zugelassenen Kreditinstitute der Stadt (des Kreises) erstatten diese
Meldungen für den laufenden Tag der betreffenden Spitzenfiliale der Landeskreditbank bis
23 Uhr. Jede Spitzenfiliale der Landeskreditbank erstattet spätestens um 8 Uhr des folgenden
Tages der Emissions- und Girobank des Landes telegrafisch Bericht über die Ergebnisse des
Umtausches für die ganze Stadt (den ganzen Kreis). Die Emissions- und Girobank des Landes
drahtet der Hauptverwaltung Finanzen in der Deutschen Wirtschaftkommission und der
Finanzverwaltung der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland spätestens um 12 Uhr
die Ergebnisse für das ganze Land.
2. Am Tage nach Abschluß der Umwertung d. h. am achten Tage nach Verkündung der
Verordnung über die Währungsreform, drahten alle Kreditinstitute, welche die Umwertung
von Spareinlagen, laufenden und anderen Konten durchgeführt haben, ihren übergeordneten
Stellen (Direktorium der Emissions- und Girobank des Landes, Direktorium der
Landeskreditbank, Sparkassenverband, Hauptverwaltung Post- und Fernmeldewesen usw.)
die Ergebnisse der Umwertung nach folgendem Schema:
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23. Juni 1948
Kennziffer
"
1
2
"
3
"
4
"
5
"
6
"
"
7
8
"
9
"
10
"
"
11
12
"
13
"
14
Salden der Spareinlagen vor der Umwertung.
Salden der Spareinlagen, die auf freien Konten verbucht wurden, nach der
Umwertung.
Salden der Spareinlagen, die auf Sperrkonten verbucht wurden, nach der
Umwertung.
Salden der laufenden und anderen Konten von Verwaltungsorganen des
Landes, der Städte, Kreise und Gemeinden.
Salden der laufenden und anderen Konten von staatlichen,
kreisbehördlichen, gemeindlichen und anderen volkeigenen Betrieben.
Salden der laufenden und anderen Konten von Versicherungsanstalten
und Anstalten für Sozialversicherung vor der Umwertung.
Dto. nach der Umwertung.
Salden von Industrie-, Handels- und anderen Unternehmen und
Organisationen (mit Ausnahme der unter Ziffer 5 angeführten) vor der
Umwertung.
Salden der freien laufenden und anderen Konten von Industrie-, Handelsund anderen Unternehmen und Organisationen (mit Ausnahme der unter
Kennziffer 5 angeführten), nach der Umwertung.
Salden der laufenden und anderen Konten von Partei- und
Gewerkschaftsorganisationen vor der Umwertung.
dto. nach der Umwertung.
Salden der laufenden und anderen Konten von Einzelpersonen vor der
Umwertung.
Salden der freien laufenden und anderen Konten von Einzelpersonen nach
der Umwertung.
Salden der gesperrten Konten nach der Umwertung
Am neunten Tage nach Verkündung der Verordnung über die Währungsreform reichen die
übergeordneten Kreditinstitute und –organe der Länder und die Hauptverwaltung Post- und
Fernmeldewesen zusammenfassende Angaben nach denselben Kennziffern der
Hauptverwaltung Finanzen in der Deutschen Wirtschaftskommission und der
Finanzverwaltung der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland ein.
VII. Umstellung der Bilanzen der Kreditinstitute
1. Zahlungs- und Ueberweisungsoperationen jeder Art, die von Kreditinstituten oder der Post
vor Verkündung der Währungsreform in Bearbeitung genommen wurden, jedoch bei der an
den Begünstigten leistenden Stelle erst nach Verkündung der Währungsreform eingehen,
werden in alten Mark auf die Konten der Begünstigten verbucht und unterliegen der Salden
der betroffenen Konten. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Verbuchung von Inkasso oder
angekauften Schecks.
2. Alle den Kreditinstituten und der Post nach Verkündung der Währungsreform von der
Kundschaft zugehenden Zahlungs-, Ueberweisungs- und Akkreditivaufträge, die auf alte
Mark lauten, sowie ihnen von Nichtbankiers zur Zahlung präsentierte Schecks in alter Mark
werden zurückgesandt bzw. zurückgewiesen.
3. Alle Kreditinstitute stellen eine besondere Bilanz in alten Mark auf, in der alle Operationen
vor der Durchführung der Währungsreform enthalten sind. Diese Bilanz wird wie üblich an
die übergeordneten Stellen weitergegeben.
4. Die Bilanzposten der Kreditinstitute werden in genauer Uebereinstimmung mit der
Verordnung über die Währungsreform umgestellt. Zur buchmäßigen Erfassung der
Ergebnisse dieser Umstellung wird auf der Aktiv- und Passivseite der Bilanz jedes
Kreditinstituts je ein besonderes Konto „Umwertungsdifferenzen” eröffnet.
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23. Juni 1948
Auf dem Passiv-Konto „Umwertungsdifferenzen” werden verbucht: die VermögensVerminderungen aus der Umwertung der Barreserve, der Guthaben bei anderen
Kreditinstituten und der den Neubauern gewährten Kredite.
Auf dem Passiv-Konto „Umwertungsdifferenzen” werden verbucht: die Verminderung der
Verbindlichkeiten aus der Umwertung von Spareinlagen, laufenden und anderen Konten, die
sich aus den Bestandslisten ergibt.
5. Zur buchmäßigen Erfassung der gesperrten Guthaben werden in den Bilanzen der
Kreditinstitute folgende Konten eingerichtet: a) „Sperrguthaben aus Bargeldablieferungen”, b)
„Sperrguthaben aus der Umwertung von Spareinlagen”, c) „Sperrguthaben aus der
Umwertung von laufenden und anderen Konten”.
6. Nachdem alle Ergebnisse der Umwertung in die Bücher der Kreditinstitute aufgenommen
wurden, wird eine Bilanz in neuen Mark aufgestellt. Die Bilanzposten, die gemäß der
Verordnung über dir Währungsreform einer Umwertung nicht unterliegen, werden in die neue
Bilanz mit unveränderten Beträgen eingetragen. Diese Bilanzen sind an die übergeordneten
Stellen zehn Tage nach Verkündung der Verordnung über die Währungsreform
weiterzugeben.
7. Zur buchmäßigen Erfassung der Ergebnisse der nachträglichen Umwertungsberichtigungen
von Spareinlagen, laufenden und anderen Konten (infolge von Zusammenrechnungen), die
nach der für die Umwertung festgesetzten Frist vorgenommen wurden, wird ein besonderes
Konto „Differenzen aus nachträglichen Umwertungsberichtigungen von Spareinlagen,
laufenden und anderen Konten” errichtet. Auf diesem Konto werden von den Spareinlagen,
laufenden und anderen Konten abgeschriebene Beträge verbucht entsprechend den
eingegangenen Meldungen anderer Kreditinstitute über die Ergebnisse der Umwertung für
zusammenfassende Konten.
8. Anweisungen über den Abschluß der Konten „Umwertungsdifferenzen” und „Differenzen
aus nachträglichen Umwertungsberichtigungen” werden später gegeben werden.
VIII. Sonstige Anweisungen
1. Anweisungen über Fristen und Technik der Umwertungen von Spareinlagen, laufenden und
anderen Konten, die vor dem 9. Mai 1945 entstanden sind, werden folgen.
2. Vom Tage der Verkündung der Verordnung über die Währungsreform an wird die
Auszahlung von Unterstützungen auf vor dem 9. Mai 1945 entstandene Spareinlagen
eingestellt.
3. Schuldverpflichtungen, deren Fälligkeit vor der Durchführung der Währungsreform
eingetreten war, die aber durch Verschulden des Gläubigers nicht erfüllt werden konnten,
werden im Verhältnis 10:1 umgewertet.
4. Wirtschaftliche Unternehmen, Organisationen und Anstalten haben ihr Kapital
herabzusetzen entsprechend der Verminderung der Kassenbestände, der Guthaben auf
laufenden und anderen Konten bei Kreditinstituten, die auf Grund der Verordnung über die
Währungsreform eingetreten ist.
Die Verbuchung dieser Vermögensverminderungen über Gewinn- und Verlustkonto ist
verboten.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Deutsche Wirtschaftkommission für die sowjetische Besatzungszone Hauptverwaltung
Finanzen
Meyer
Berlin, 21. Juni 1948
Die Formular-Vordrucke für die Währungsreform sind bei allen Banken und Geldinstituten
erhältlich.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Der neue demokratische Weg zu einer besseren Zukunft
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands zur Währungsreform in der sowjetischen
Besatzungszone Deutschlands und in Berlin
Berlin, 22. Juni (ADN). Das Zentralsekretariat der Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands beschloß folgende Erklärung:
Die separate Währungsreform in den Westzonen bedeutet die Spaltung Deutschlands. Sie
zwingt nunmehr zu schnellen Maßnahmen zum Schutze der Wirtschaft und der werktätigen
Bevölkerung in der sowjetischen Besatzungszone und Berlin.
Die Organe der sowjetischen Besatzungszone unternahmen alle Anstrengungen, um eine
gesamtdeutsche einheitliche Währungsreform zu erreichen. Bis zur Bekanntgabe der
separaten Währungsreform in Westdeutschland habe sie an diesen Standpunkt festgehalten.
So erklärt sich, daß von den verantwortlichen Stellen keinerlei technische Vorbereitungen zu
einer Währungsreform getroffen waren. Im Gegensatz dazu wurden in Westdeutschland von
langer Hand direkte Vorbereitungen einer separaten Währungsreform durchgeführt. Davon
zeugen die bereits Mitte 1946 von amerikanischen und deutschen Sachverständigen
durchgeführten Besprechungen, deren Ergebnis der Golm-Goldschmidt-Plan war. Nach
Erklärung des amerikanischen Finanzexperten Bennet wurden bereits vor vielen Monaten
neue Noten für Westdeutschland in den USA gedruckt. Ja, selbst Formulare zur Durchführung
der Währungsreform wurden im Ausland hergestellt.
Vor zwei Monaten begannen unter strengster Abgeschlossenheit von der Oeffentlichkeit in
der sogenannten Währungskonkabe bei Kassel die letzten direkten Vorbereitungen deutscher
Finanzsachverständiger unter Leitung von Beauftragten der drei westlichen
Besatzungsmächte, für die nunmehr in Westdeutschland durchgeführte separate
Währungsreform.
Die Währungsreform in Westdeutschland dient nicht dem Aufbau der Wirtschaft, sondern ist
ein Mittel zur Kolonisierung im Zusammenhang mit dem Marshall-Plan und zur Verstärkung
der Positionen des Konzern- und Bankkapitals in Westdeutschland. Die separate
Währungsreform ist nicht eine Neuordnung des Geldwesens nach sozialen Gesichtspunkten,
denn sie schöpft nicht die Kriegsgewinne ab, sie verändert nicht die aus dem Naziregime
verbliebene Vermögensstruktur, sondern sie dient der Sicherung der Kriegsgewinne, der
Gewinne der Kriegs- und Naziverbrecher, der Spekulanten und der Abwälzung der ganzen
Lasten des Hitlerkrieges auf das werktätige Volk. Die Bankrotteure der Hitlerschen
Kriegsfinanzierung und die konkursreifen Großbanken werden saniert. Die Monopolherren
konnten ihre Kriegsgewinne in Sachwerten anlegen. Die Hortungslager der Schieber aller Art
bleiben unberührt. Den Arbeitern, Angestellten und Angehörigen des Mittelstandes,
insbesondere den Ausgebombten und Heimatlosen werden aber die letzten Barmittel
genommen.
Die Währungsreform in Westdeutschland wurde diktiert von den Herren der Wallstreet
gemeinsam mit ihren deutschen Helfershelfern, den Pünder, Pferdmenges, Dahrendorf und
Konsorten. Die reaktionären Maßnahmen der de-facto-Regierung in Frankfurt bedeuten die
Auslösung einer Welle von Preiserhöhungen bei gleichzeitiger Niedrighaltung der Löhne und
zunehmender Arbeitslosigkeit. Unter der Losung der „Selbstverwaltung” geht die Lenkung
der Wirtschaft an die monopolistischen Unternehmerverbände über, jener Organisationen, die
die Träger der faschistischen Kriegswirtschaft waren. Die separate Währungsreform ist darauf
gerichtet, die verfaulende und krisenhafte kapitalistische Wirtschaft zu retten, wobei die
Führung der bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie aktive Hilfsdienste leisten. Diese
separate Währungsreform ist verbunden mit einer neuen Offensive des Großkapitals gegen die
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
arbeitende Bevölkerung in Westdeutschland. Sie bedeutet die Verschärfung des
Klassenkampfes gegen die Arbeiterklasse und muß deren erhöhten Widerstand hervorrufen.
In der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands werden die sich als notwendig erweisenden
Gegenmaßnahmen unter grundsätzlich anderen Bedingungen erfolgen. Die Konzern- und
Bankherren, Kriegsverbrecher und Großgrundbesitzer sind enteignet. Das werktätige Volk hat
die Staatsverwaltung in den Händen. Durch die Ueberprüfung aller alten Konten über
3000 Reichsmark gemäß den Beschlüssen der Deutschen Wirtschaftskommission werden mit
der Währungsreform die noch vorhandenen Kriegsgewinne vollständig beseitigt. Die durch
Schwarzmarktgeschäfte und Spekulationen erschobenen Gelder werden mit Hilfe der
Ueberprüfung aller neuen Konten über 5000 Reichsmark eingezogen. Durch diese
Maßnahmen werden auf Kosten der Kriegsgewinnler und Schieber gesunde Geldverhältnisse
geschaffen und es wird dem demokratischen Aufbau und der Friedenswirtschaft gedient.
Die katastrophale Finanzwirtschaft des Hitlerregimes hat zu einer Flut von Papiergeld geführt,
die bis heute nicht beseitigt ist, aber beseitigt werden muß, wenn eine gesunde demokratische
Friedenswirtschaft entwickelt werden soll. In der Ostzone wird jedoch im Gegensatz zu
Westdeutschland der Geldschnitt unter Beachtung sozialer Gesichtspunkte durchgeführt.
Wer auf seinem neuen Sparkonto RM 200, - hat, behält RM 120,-, das sind 60 Prozent. Wer
RM 300,- hat, behält RM 140,-. Bei RM 500,- verbleiben RM 180,- und bei RM 1000,bleiben RM 280,-. Auf diese anerkannten Beträge wird die Kopfquote von RM 70,- nicht
angerechnet, was eine weitere Vergünstigung gegenüber den Bestimmungen in
Westdeutschland bedeutet. Auch die Inhaber von alten Sparkonten werden berücksichtigt.
Diejenigen, welche nach dem Zusammenbruch durch Zeichnung von Aufbauanleihen der
Länder ihr Vertrauen zur neuen demokratischen Ordnung bekundet haben, erfahren keinerlei
Schmälerung des eingelegten Betrages.
Von besonderer Bedeutung ist, daß in der sowjetischen Besatzungszone die Gelder der
volkseigenen Betriebe, der kommunalen Betriebe und die Haushaltsgelder der staatlichen
Verwaltungen keiner Abwertung unterliegen. Die Neubauernkredite werden auf ein Fünftel
der Schuldsumme herabgesetzt. Das bedeutet eine Stärkung der durch die Bodenreform
geschaffenen Neubauernwirtschaften.
Zu dem Kreis der begünstigten Organisationen gehört auch die Sozialversicherung, deren
Vermögen 2:1 umgerechnet wird.
Um der Geldreform in der sowjetischen Besatzungszone zum Erfolg zu verhelfen, müssen alle
für die durchführenden Maßnahmen verantwortlichen Kräfte, insbesondere in den
Kreditinstituten und Finanzverwaltungen der Länder, die größte Aktivität entwickeln. Das
Wirtschaftsleben und die Versorgung der Bevölkerung müssen ihren ungehinderten Lauf
nehmen. Die Festigung und Entwicklung des wirtschaftlichen Aufbaues erfordert in
Verbindung mit der Währungsreform verstärkte Anstrengungen aller Werktätigen und ihrer
Massenorganisationen, insbesondere der Gewerkschaften zur Erhöhung der Produktion und
der Wirtschaftlichkeit der Betriebe.
Wir fordern die genaueste Einhaltung der Haushaltsgesetze und größte Sparsamkeit in den
Verwaltungen. Um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern und zu verbessern, ist es
notwendig mit Hilfe verstärkter Volkskontrolle den Schwarzhandel rücksichtslos zu
bekämpfen. Die teilweise ungesetzlich überhöhten Preise müssen durch eine strenge Kontrolle
auf das festgesetzte Niveau herabgesetzt werden, insbesondere bei Artikeln des täglichen
Massenbedarfs. Diese Maßnahmen können zur Erhöhung des Realeinkommens der
werktätigen Bevölkerung beitragen.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Im Anschluss an die Währungsreform ist eine Steuerreform notwendig, welche die niederen
Einkommen entlastet und die Mehrleistungszuschläge der Werktätigen von steuern freihält.
Die Löhne, Gehälter, Sozialrenten und Stipendien werden in voller Höhe gesichert.
Mit der separaten Währungsreform in Westdeutschland soll Berlin seine Rolle als Hauptstadt
Deutschlands verlieren. So wurden durch die Frankfurter Maßnahmen die Berliner Wirtschaft
und die Berliner Bevölkerung in eine unhaltbare Lage versetzt, die nur durch die enge
Verbindung Berlins mit der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands gelöst werden kann,
die die Basis im Kampf und die Einheit, um die Demokratisierung und um den Neuaufbau
Deutschlands bildet. Mit zwingender Notwendigkeit ergibt sich daraus, daß die von der
deutschen Wirtschaftskommission erlassenen Bestimmungen über die Währungsreform in
Berlin volle Anwendung finden und daß Geld im Umlauf gebracht wird, das in der
sowjetischen Besatzungszone Gültigkeit hat.
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands ruft die gesamte Bevölkerung der sowjetischen
Besatzungszone auf, alles zu, um den Aufbau der Wirtschaft aus eigener Kraft zu
beschleunigen und damit ihre materielle Lage zu verbessern.
Die Maßnahmen des Marshall-Plans in den Westzonen, die der kolonialen Ausbeutung und
der Versklavung unseres Volkes dienen, gilt es, mit der Erfüllung und Uebererfüllung des
Wirtschaftsplanes für das zweite Halbjahr 1948 und mit der beschleunigten Fertigstellung des
Wirtschaftsplanes für 1949/50 zu beantworten.
Angesichts der gegenwärtigen gespannten Verhältnisse wird der Parteivorstand der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands in verkürzter Frist das Wirtschaftsprogramm für
die Jahre 1949/1950 fertigstellen und dem Volke unterbreiten.
Durch die angespannte planmäßige Aufbauarbeit in der sowjetischen Besatzungszone wird
vor dem ganzen deutschen Volke der Beweis erbracht, daß der in der sowjetischen Zone
beschrittene neue demokratische Weg der einzige Weg zu einer besseren Zukunft ist. Der
Wiederherstellung der Einheit Deutschlands wird damit aufs Beste gedient.
Schreiben Marschall Sokolowskijs an General Robertson
Berlin, 22. Juni (SNB). Der Oberste Chef der Sowjetischen Militärverwaltung in
Deutschland, Marschall der Sowjetunion Sokolowskij, richtete heute ein Schreiben an den
Oberbefehlshaber und Militärgouverneur Großbritanniens in Deutschland, General Robertson.
In diesem Schreiben teilt Marschall Sokolowskij mit, daß die Handlungen der britischen,
amerikanischen und französischen Besatzungsbehörden, die die Durchführung der separaten
Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen verkündet haben, ihn gezwungen hätten,
den Beschluß über die Durchführung einer Währungsreform in der sowjetischen
Besatzungszone und im Gebiet von Groß-Berlin zu fassen, um die Interessen der deutschen
Bevölkerung und der Wirtschaft der sowjetischen Besatzungszone und des Gebiets von GroßBerlin vor dem wirtschaftlichen Chaos und der Desorganisation des Geldumlaufs zu schützen,
die durch den Zustrom der annullierten Geldscheine aus Westdeutschland verursacht werden.
Da die Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland sich stets für eine gesamtdeutsche
Währungsreform eingesetzt habe, hielt sie es aus politischen und moralischen Erwägungen
nicht für möglich, sich für eine separate Währungsreform in der eigenen Zone vorzubereiten.
Deswegen verfüge man auch gegenwärtig über keine neuen Geldscheine und sei gezwungen,
die Reform durch Ueberkleben der Reichs- und Rentenmark durchzuführen.
„Ich hoffe”, so heißt es im Schreiben von Sokolowskij, „daß Sie im britischen Sektor von
Berlin keine Hindernisse für die Durchführung dieser durch Ihre separaten Handlungen
erzwungenen Währungsreform schaffen und daß Sie bei der Gewährleistung eines normalen
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Geldumlaufs und Wirtschaftslebens sowohl in der sowjetischen Besatzungszone als auch im
Gebiet von Groß-Berlin keine Schwierigkeiten machen werden.“
Die Bedingungen und das Verfahren für die Durchführung der Währungsreform in der
sowjetischen Besatzungszone und im Raum von Groß-Berlin seien – so heißt es abschließend
– in dem anliegenden Befehl der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland Nr. 111 und
in der Verordnung dargelegt, die von der Deutschen Wirtschaftskommission angenommen
und von Marschall Sokolowskij bestätigt worden ist.
Gleichlautenden Briefe wurden an die Generale Clay und Koenig gerichtet.
Generalleutnant Lukjantschenko an die amtierende Oberbürgermeisterin Frau
Schroeder
Berlin, 22. Juni (SNB). Der Chef des Stabes der Sowjetischen Militärverwaltung in
Deutschland richtete heute ein Schreiben folgenden Inhalts an die amtierende
Oberbürgermeisterin von Berlin, Frau Schroeder:
„Sehr geehrte Frau Schroeder!
Die Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland strebt die Gesundung des Geldumlaufes
auf der Grundlage einer einheitlichen Währungsreform für ganz Deutschland an.
Die amerikanischen, englischen und französischen Besatzungsbehörden, die auf die in
Kontrollratorganen bereits vereinbarten Grundsätze einer einheitlichen Währungsreform für
ganz Deutschland verzichtet haben, führten die von ihnen insgeheim vorbereitete separate
Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen durch, womit sie einen Schlag gegen die
wirtschaftliche und politische Einheit Deutschlands führten und die Spaltung Deutschlands
vollendeten.
In Anbetracht dessen sieht sich die Sowjetische Militärverwaltung in Deutschland
gezwungen, eine Währungsreform sowohl in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
als auch im Gebiet von Groß-Berlin durchzuführen, um die Interessen der Bevölkerung der
sowjetischen Besatzungszone und Berlins zu schützen, den Zustrom der in den westlichen
Besatzungszonen annullierten Geldscheine und die infolgedessen drohende völlige
Desorganisation der Wirtschaft der sowjetischen Besatzungszone und von Groß-Berlin sowie
das Chaos zu verhindern, dessen erste Anzeichen in den letzten Tagen in Berlin bereits
beobachtet werden konnten.
Da die Sowjetische Militärverwaltung sich an die ihr in bezug auf Deutschland auferlegten
internationalen Verpflichtungen hielt, und einen Viermächtebeschluß über eine
gesamtdeutsche Währungsreform im Kontrollrat anstrebte, konnte sie keine geheime
Vorbereitung zur separaten Währungsreform durchführen und führte sie auch nicht durch.
Deshalb wird die Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone und im Gebiet von
Groß-Berlin auf der Grundlage deutscher Reichs- und Rentenmark alten Musters durch
Aufkleben besonderer Kupons durchgeführt werden. Mit dem Umtausch von Geldscheinen
wird in der sowjetischen Besatzungszone und im Gebiet von Groß-Berlin am 24. Juni
begonnen werden, wobei am 26. Juni in der sowjetischen Besatzungszone und im Gebiet von
Groß-Berlin der Umlauf der alten Reichsmark, Rentenmark und der Mark des alliierten
Militärkommandos völlig eingestellt wird. Diese Maßnahmen sind notwendig, da Berlin in
der sowjetischen Besatzungszone liegt und wirtschaftlich einen Teil der sowjetischen
Besatzungszone darstellt. Fernerhin werden im Gebiet von Groß-Berlin sich keine anderen
Währungen im Umlauf befinden außer der Währung der sowjetischen Besatzungszone. Eine
Verletzung dieses Befehls wird entsprechende Maßnahmen seitens der Militärbehörden nach
sich ziehen.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Die Durchführung der Währungsreform auf der Grundlage einheitlicher Grundsätze sowohl in
der sowjetischen Besatzungszone als auch im Gebiet von Groß-Berlin stellt die einzig
mögliche und notwendige Maßnahme dar.
Die Beibehaltung der alten entwerteten Währung in Berlin würde zur völligen Zerrüttung des
Geldumlaufs und des Wirtschaftslebens in der Stadt führen und die Bevölkerung der Stadt zu
schweren materiellen Entbehrungen verurteilen, was auch nicht im Interesse des Berliner
Magistrats sein kann, als eines Organs, das Berlin verwaltet und für seine Handlungen vor der
Bevölkerung verantwortlich ist.
Andererseits würde der Umlauf einer entwerteten Währung oder zweier verschiedener
Währungen in Berlin sich auch auf die Wirtschaft der sowjetischen Besatzungszone
verhängnisvoll auswirken, was die Sowjetische Militärverwaltung kraft der ihr auferlegten
Verpflichtungen zur Aufrechterhaltung des normalen Lebens und der öffentlichen Ordnung
nicht zulassen kann.
Die Einführung einer besonderen „Berliner Währung“ im Gebiet von Groß-Berlin dagegen ist
praktisch nicht durchführbar, widerspricht der Stellung Berlins und würde die Berliner
Wirtschaft isolieren, mit allen sich daraus ergebenen schweren Folgen für die Berliner
Industrie, den Berliner Handel, Verkehr, das Stadtbudget, für die Berliner Arbeiter und
Angestellten und die gesamte Berliner Bevölkerung als Ganzes. Die Berliner Bevölkerung
und die städtische Wirtschaft kann der wirtschaftlichen Verbindung mit den umliegenden
Bezirken und Gebieten nicht beraubt werden. Die Sowjetische Militärverwaltung kann eine
derartige Situation, die sowohl wirtschaftlichen Gesetzen als auch vitalen Interessen der
vielen Millionen zählenden Bevölkerung von Berlin und der sowjetischen Besatzungszone
widerspricht, nicht zulassen.
Ich schicke Ihnen zur strikten Durchführung den Befehl Nr. 111 des Obersten Chefs der
Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland – des Oberbefehlshabers der Gruppe der
sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland, Marschall der Sowjetunion Sokolowskij,
über die Durchführung der Währungsreform der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
und im Gebiet von Groß-Berlin sowie die vom Obersten Chef der Sowjetischen
Militärverwaltung in Deutschland bestätigte Verordnung über die Währungsreform, die von
der Deutschen Wirtschaftskommission angenommen wurde, nebst
Durchführungsbestimmungen.
Die in diesen Dokumenten enthaltenen Vorschriften sind am 23. Juni, 6.00 Uhr, zu
veröffentlichen und im gesamten Gebiet von Groß-Berlin unverzüglich in Kraft zu setzen.
Die Sowjetische Militärverwaltung will nicht daran zweifeln, daß der Magistrat von Berlin die
in diesen Dokumenten enthaltenen Vorschriften erfüllen und deren Durchführung
übernehmen wird.
Gemäß dem Befehl wird der Umtausch der alten Reichsmark, Rentenmark und der Mark des
Alliierten Militärkommandos in Reichsmark und Rentenmark alten Musters mit aufgeklebten
Spezialkupons dem Berliner Stadtkontor auferlegt, während die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung und der Kampf gegen Fälscher und andere verbrecherische Personen,
die verbotene Operationen mit irgendwelchen anderen Währungen, darunter auch mit der
neuen Währung der westlichen Zonen, dir für den Umlauf in der sowjetischen
Besatzungszone und im Gebiet von Groß-Berlin verboten ist, den Organen der Polizei von
Berlin übertragen wird.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Den Empfang dieses Befehls bestätigen Sie, und die Durchführung melden Sie mir durch den
sowjetischen Kommandanten von Berlin.
Mit aufrichtiger Hochachtung
gez. Lukjantschenko,
Generalleutnant.”
Das obige Schreiben wurde dem Bürgermeister Dr. Friedensburg durch Vertreter der
Sowjetischen Kommandantur überreicht.
Zugverkehr im Grenzgebiet eingestellt
Halle an der Saale, 22. Juni (ADN). Nachdem immer wieder illegale Grenzgänger aus dem
Westen versuchen, Geld in die sowjetische Besatzungszone zu schmuggeln, wurde als weitere
Sicherungsmaßnahme der Zugverkehr auf den Strecken Wernigerode-Nordhausen und
Wernigerode-Stapelburg eingestellt. Ferner wurde der gesamte Omnibusverkehr in den
Grenzgebieten des Harzes unterbunden.
Englische Panzerspähwagen auf sowjetisch besetztem Gebiet
Marienborn, 22. Juni (EB). Im südlichen Teil des Waldstücks des Glüsig operierten am
18. Juni, gegen 21 Uhr , anderthalb Kilometer vor der Zonengrenze bei Harbke auf sowjetisch
besetztem Gebiet zwei englische Panzerspähwagen, deren Besatzung aus einem Offizier,
mehreren englischen Soldaten und zwei deutschen Polizisten der englischen Zone bestand.
Die beiden Panzerspähwagen zogen sich erst auf englisches Gebiet zurück, als eine Streife der
Grenzpolizei-Kommandantur Marienborn sich den Fahrzeugen näherte.
Briten halten legale Grenzreisende fest
Weferlingen, 22. Juni (EB). Die Interzonenreisenden aus der sowjetischen Besatzungszone,
die ordnungsmäßige Interzonenpässe und Interzonenfahrbefehle der sowjetischen Behörden
besitzen, werden trotzdem auf englisch besetztem Gebiet von englischer Militärpolizei seit
Tagen festgehalten, nachdem ihnen durch Razzien großen Ausmaßes, an denen englische
Panzer und Panzerspähwagen beteiligt waren, auch kleinste Geldbeträge von 10 Mark
aufwärts abgenommen wurden. Ein Beauftragter der brandenburgischen Landesregierung
berichtet, daß in Saalsdorf schätzungsweise bis 500 Fahrzeuge der sowjetischen
Besatzungszone stünden, denen trotz der ordnungsmäßigen Papiere der Uebergang in ihre
Heimatzone verweigert wird. Da die Festgehaltenen schon seit Tagen ohne Verpflegung sind,
versuchen viele Fahrer, schwarz in die sowjetische Besatzungszone zu kommen, um für sich
und ihre hungernden Kollegen Lebensmittel heranzuschaffen.
Zugeinschränkungen in Westdeutschland
Frankfurt a. M., 22. Juni (ADN). Infolge des rapiden Rückgangs des Reiseverkehrs nach der
separaten Währungsreform wird in Westdeutschland der Verkehr von elf D-Zügen und fünf
Eilzügen ab Donnerstag eingestellt.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Die Kommunistischen Parteien als Avantgarde der Werktätigen
Dieser Artikel, den wir dem Organ des Belgrader Informationsbüros der kommunistischen
und Arbeiterparteien „Für einen dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie“ entnehmen,
analysierte die Bedeutung und die Methoden der kommunistischen Parteien im
Nachkriegseuropa.
In den vordersten Reihen der antiimperialistischen Bewegung für Frieden und Demokratie
stehen die kommunistischen Parteien und die anderen Arbeiterparteien. Sie erfüllen ihre
historische Rolle als die Vorhut der Arbeiterklasse und scharen alle progressiven Elemente
ums ich, indem sie die Massen der Werktätigen zum Kampf gegen den Imperialismus
organisieren.
Der wachsende Einfluß der kommunistischen Parteien kommt in erster Linie in ihrer
ideologischen und organisatorischen Festigung zum Ausdruck, aber auch in ihrem
zahlenmäßigen Wachstum. Das trifft besonders auf die kommunistischen Parteien Ost- und
Südeuropas und auf Länder wie Frankreich, Italien und China zu. Die kommunistischen
Parteien und die anderen Arbeiterparteien sind in den Ländern der Volksdemokratie nicht nur
zu Massenparteien geworden, in denen sich Millionen von fortschrittlichen Menschen
zusammengeschlossen haben, sondern sie sind auch die einflußreichsten Regierungsparteien
und lenken mit Erfolg das Streben der Völker auf die vor ihnen stehenden wirtschaftlichen
und politischen Aufgaben, auf die Stärkung und Erweiterung der Positionen des Sozialismus.
Ein wichtiges Ereignis in der Entwicklung der Arbeiterbewegung in jüngster Zeit war der
organisatorische Zusammenschluß der Arbeiterparteien in Rumänien und Ungarn und die
Schaffung der nötigen Voraussetzungen für einen derartigen Zusammenschluß in Polen und
der Tschechoslowakei. Das Erstarken der organisatorischen Einheit der Arbeiterklasse auf der
Grundlage des Marxismus-Leninismus begünstigt eine rasche Entwicklung dieser Länder auf
dem Wege zum Sozialismus.
Mit großem Erfolg haben die kommunistischen Parteien von Frankreich und Italien die
Volksmassen gegen den Imperialismus zusammengeschlossen. Trotz der offenen
Einmischung der amerikanischen Expansionisten in die inneren Angelegenheiten dieser
Länder, trotz des Terrors und der Erpressungsmanöver der imperialistischen Reaktion im
Lande selbst, die durch die rechten Sozialisten gedeckt werden, haben die kommunistischen
Parteien Frankreichs und Italiens es verstanden, die fortschrittlichen Kräfte der Werktätigen
im Kampf für die Lebensinteressen des Volkes zusammenzuschmieden und ihren Einfluß auf
die Massen zu verstärken und zu erweitern.
Heute zweifelt kaum noch jemand daran, daß die Länder der Volksdemokratie große Erfolge
erreicht haben und daß die Kräfte der Demokratie und des Sozialismus in allen Ländern
erstarkt und gewachsen sind. Das müssen sogar ihre Feinde anerkennen. Aber es ist nicht die
Art der Kommunisten, sich mit dem Erreichten zu begnügen und auf ihren Lorbeeren
auszuruhen; es liegt ihnen nicht, überheblich zu werden. Das ist um so wichtiger, als beim
Uebergang vom Kapitalismus zum Sozialismus der Klassenkampf nicht nachläßt, sondern
sich verschärft. Jede Ueberheblichkeit und jedes Aufheben, das um erreichte Erfolge gemacht
wird, führt dazu, daß die Parteimitglieder die Mängel nicht mehr sehen, daß sie in ihrer
Wachsamkeit nachlassen und daß sich ihr organisatorischer Zusammenhang lockert.
Lenin hat gesagt: „Alle revolutionären Parteien, die bisher zugrunde gegangen sind, sind
deshalb zugrunde gegangen, weil sie überheblich wurden, weil sie nicht zu sehen vermochten,
worin ihre Stärke lag, und sich fürchteten, von ihren Schwächen zu sprechen.“ Dieser
Ausspruch Lenins ist von besonderer Bedeutung gerade in dieser Zeit, wo die
kommunistischen Parteien in den Ländern der Volksdemokratie auf der Grundlage ihrer
Erfolge eine gigantische Arbeit zur Umgestaltung der Gesellschaft in Angriff genommen
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
haben. Die neuen Aufgaben, vor die der Gang der historischen Entwicklung die
kommunistischen Parteien stellt, fordern von ihnen und besonders von ihren Führern eine
noch größere Anspannung aller Kräfte und die Fähigkeit, die starken und die schwachen
Seiten ihrer Arbeit zu erkennen.
Der Marxismus-Leninismus lehrt, daß die Kraft der Partei in ihrer ständigen Verbundenheit
mit den Massen liegt – in ihrer Fähigkeit, die Werktätigen zu organisieren und zu führen. Für
die Anhänger der Lehre von Marx und Engels war die Partei niemals Selbstzweck oder eine
Organisation mit beschränktem Kastengeist, sondern stets ein selbsttätiger Organismus, in
dem sich die besten Vertreter der Werktätigen zusammengefunden haben, die aktiv an der
Parteiarbeit teilnehmen, die Massen zusammenschließen und sie in der Richtung auf das
gemeinsame Ziel lenken: zum Kampf für den Sozialismus. Diese Verbundenheit mit den
Massen wird dadurch erreicht, daß die unteren Parteiorganisationen ebenso wie die einzelnen
Parteimitglieder mit den Massen ehrlich und offen im Namen der Partei sprechen, ihre Ideen
propagieren und tagaus, tagein durch ihr Beispiel und durch die Tat die Masse der Parteilosen
mit sich fortreißen.
Wie kann man dort von einer Verbundenheit mit den Massen sprechen, wo die
Parteiorganisationen und die einzelnen Parteimitglieder keinen Kontakt mit den parteilosen
Massen haben, sie fliehen, sich vor ihnen verstecken, und wo die parteilosen nicht einmal
wissen, ob es in ihrem Betrieb oder in ihrem Dorf eine Parteiorganisation gibt! Die Partei muß
feinhörig auf die Stimme der Masse reagieren, sie muß die Kampfpraxis der Masse studieren
und an ihr kontrollieren, ob ihre eigene Politik richtig ist. Sie soll die Massen nicht nur lehren,
sondern auch bei ihnen lernen. Es ist die Pflicht der Partei und jedes einzelnen ihrer
Mitglieder, tagtäglich um das Vertrauen und die Unterstützung der Massen zu ringen, sie zu
überzeugen und ihnen zu helfen, aus eigener Erfahrung zu der Einsicht zu kommen, daß die
Politik der Partei richtig ist.
Eine außerordentlich wichtige Bedingung für das Erstarken und das Wachstum der
kommunistischen Parteien und der anderen Arbeiterparteien sind Kritik und Selbstkritik.
Ohne diese Bedingung kann es, wie Stalin lehrt, keine richtige Erziehung der Parteiaktivisten
und der Arbeiterklasse in Geiste einer revolutionären Entwicklung geben. Kritik und
Selbstkritik stärken die Wachsamkeit, sie schärfen den Blick für Mängel und fördern ihre
Behebung, sie erleichtern es der Arbeiterklasse und den Werktätigen, große Politiker aus ihrer
Mitte auf verantwortliche Posten zu stellen. Die Kritik muß offen und ehrlich sein, sie darf
nicht hinter dem Rücken und heuchlerisch geübt werden.
Die Kritik erstreckt sich auf alle, ohne Ansehen der Person – das ist ein Entwicklungsgesetz
der marxistischen Parteien. Kritik und Selbstkritik sind die treibende Kraft bei der
Entwicklung der marxistischen Parteien – ein Zeichen ihrer Stärke und nicht ihrer Schwäche.
„Eine Partei, die die Wahrheit vor dem Volke verbirgt, eine Partei, die Licht und Kritik
fürchtet, ist keine Partei, sondern eine Clique von Betrügern, die zum Untergang verurteilt ist”
(Stalin). Mur bürgerliche Parteien verbergen die Wahrheit vor dem Volke und verstecken ihre
Mängel, indem sie sich den Anschein geben, als ob alles in Ordnung sei. Wahrhaft
revolutionäre Parteien aber fürchten sich nicht, dem Volke die Wahrheit über ihre Mängel und
Fehler zu sagen, sie vertuschen ihre Mängel nicht, sondern decken sie auf und beseitigen sie.
Lenin hat gesagt: „Das Verhalten einer politischen Partei zu ihren Fehlern ist eines der
wichtigsten und zuverlässigsten Kriterien für die Seriosität der Partei und für die Art, wie sie
mit der Tat ihren Verpflichtungen gegen ihre Klasse und gegen die werktätigen Massen
nachkommt. Das offene Eingeständnis, daß ein Fehler begangen worden ist, die Aufdeckung
seiner Ursachen, die Analyse der Umstände, die ihn verursacht haben, die sorgfältige
Erwägung der Mittel, um ihn zu berichtigen – das ist das Kennzeichen einer seriösen Partei,
die wirklich ihre Verpflichtungen erfüllt, das ist Erziehung und Belehrung der Klasse und
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
später auch der Masse.” Dieser Ausspruch Lenins ist ein Entwicklungsgesetz jeder
marxistisch-leninistischen Partei.
Die Rolle der Avantgarde der Arbeiterklasse erfüllen die kommunistischen Parteien nicht nur
durch ihr konsequent revolutionäres wissenschaftliches Programm und ihre Taktik, sondern
auch durch ihre Organisation. Die Formen der organisatorischen Arbeit und die Gesetze ihres
innerparteilichen Lebens setzen die kommunistischen Parteien entsprechend den historischen
Bedingungen fest, unter denen sie ihre Tätigkeit ausüben, um so die Erfüllung der politischen
Aufgaben sicherzustellen. Ein Beispiel in dieser Beziehung ist die Kommunistische Partei der
Sowjetunion (Bolschewiki), bei der die Organisationsprinzipien Lenins und Stalins für den
Aufbau der Partei ihren Niederschlag in dem Parteistatut gefunden haben, das die Wege für
die praktische Tätigkeit der Parteiorganisationen, die Formen des Parteiaufbaus und die
Regeln für das innerparteiliche Leben festlegt. Die gewaltigen Erfahrungen, die die
Kommunistische Partei der Sowjetunion in ihrer Arbeit gesammelt hat, waren bestimmend für
die Grundprinzipien des organisatorischen Parteiaufbaus: strenger Zentralismus, eine bewußte
innere Disziplin, die Einheit von Wille und Tat, die Unzulässigkeit von Fraktions- und
Gruppenbildung, die individuelle Auswahl der in die Partei Eintretenden, der Schutz der
Partei gegen das Eindringen opportunistischer Elemente, die innerparteiliche Demokratie, die
die Verantwortlichkeit und die Wählbarkeit der leitenden Organe vorsieht, das ständige
Bemühtsein, die Aktivität der Parteimitglieder zu heben. Diese Prinzipien bilden die
Grundlage für die Unerschütterlichkeit der Partei. Sie wurden errungen in hartnäckigem
Kampf gegen Menschewiki, Trotzkisten, die Anhänger Bucharins und andere Feinde der
Arbeiterklasse, die, solange die Kommunistische Partei der Sowjetunion besteht, voller
Ingrimm bestrebt waren, die organisatorischen Grundlagen der Partei zu unterminieren und zu
zerstören. Die Lehren der geschichtlichen Entwicklung haben gezeigt, daß jede Verletzung
der organisatorischen Grundprinzipien für den Aufbau der kommunistischen Parteien zu ihrer
Schwächung und Verwässerung führt, daß sie die Parteien aus gesunden, selbsttätigen
Organisationen in kraftlose sektiererisch-bürokratische Gruppen verwandelt. Eine solche
Gefahr entsteht überall dort, wo die Führer die Grundlagen der marxistisch-leninistischen
Organisationsprinzipien außer acht lassen.
Das gewaltige zahlenmäßige Wachstum der kommunistischen Parteien, ihre erstarkende
Verbundenheiten mit den Massen machen es erforderlich, daß das theoretische Niveau der
Kommunisten, in erster Linie der führenden Parteifunktionäre, erhöht wird. Wenn die
Parteimitglieder nicht durch die marxistisch-leninistische Lehre ideologisch gestählt werden,
wird eine richtige politische Leitung der Massen, ihre Mobilisierung für den Kampf gegen die
Reaktion und für den erfolgreichen Aufbau des Sozialismus unmöglich.
In dem Bewußtsein, daß es notwendig ist, die Reihen der Parteimitglieder politisch und
organisatorisch zu festigen, sie ideologisch und politisch zu stählen und daß die
Parteiorganisationen unter den Massen die Rolle der Avantgarde übernehmen müssen, heben
die kommunistischen Parteien als die Vorhut der Werktätigen das Banner der Partei noch
höher und führen die werktätigen Massen mit Erfolg zu neuen Errungenschaften im Kampf
für Demokratie und Sozialismus.
„Das dritte Kapitalverbrechen des Jahrhunderts”
D-Zugs-Gespräche zwischen Berlin und Dresden
„Drei Kapitalverbrechen an Deutschland und Europa gibt es in unserem Jahrhundert!” erhitzt
sich der Mann in unserem Abteil des Schnellzugs nach Dresden. „Kapitalverbrechen, unter
deren Folgen wir noch in ferner Zukunft bitterhart zu leiden haben werden. Und diese
Kapitalverbrechen, Leute, sind die Kriegsbrandstiftung des kaiserlichen Imperialismus, die
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Kriegsbrandstiftung des Hitlerschen Imperialismus und die separate Währungsreform des
westlichen Imperialismus.
Dies müssen wir alle erkennen lernen: Was sich heute in den westlichen Zonen tut, ist die
endgültige brutale Spaltung, Aufteilung, Zerreißung Deutschlands; diese verbrecherische
Währungsreform, die man heute dort drüber durchführt, macht die widersinnige Zonengrenze
zur unüberwindlichen Zollschranke und macht für uns Deutsche den anderen Teil unseres
eigenen Vaterlandes zum Ausland. Der tollste Widersinn, Leute, den man sich überhaupt
vorstellen kann, feiert heute seinen höchsten Triumph, und das schlimmste Verbrechen, das
man einem Volk und Land antun kann, ist ab heute Gesetz. Gesetz, von einem unerbittlichen
Hasser diktiert. Und wir Deutsche, wir alle müssen für dieses Gesetz zahlen und bluten. Wenn
dies auch heute noch nicht alle verstehen wollen, morgen werden wir es alle zu spüren
bekommen, bitterhart werden wir es zu fühlen bekommen…“
Der Mann hält ein und blickt steif in die vorbeifliegende Landschaft hinaus. Es ist betretenes
Schweigen im Abteil. Jeder einzelne von uns weiß, daß an diesem Sonntagmorgen, daß an
diesem 20. Juni, der uns auf zufällig gemeinsamer Fahrt sieht, „drüben“ in den anderen
„Zonen“ unseres Vaterlandes etwas Ungeheuerliches geschieht. Etwas, das man nur erahnen,
aber in seiner ganzen katastrophalen Furchtbarkeit noch gar nicht völlig fassen kann. Je mehr
die Gedanken den Auswirkungen der eben verkündeten separaten Währungsreform im
Westen nachzuspüren versuchen, um so mehr verlieren sie sich in grausamer
Hoffnungslosigkeit.
Plötzlich kommt es mich an: Der Mann da drüben am Abteilfenster hat recht. Ganz gewißlich
können im Augenblick noch nicht alle Deutschen die Folgen der separaten Währungsreform
des Westens übersehen, aber ebenso gewißlich werden wir dieses politische und
wirtschaftliche Attentat der schlimmsten Feinde Deutschlands und ihrer verräterischen
deutschen Handlanger zu spüren bekommen.
Als hätte der Mann meine Gedanken erraten, wendet er sich wieder uns zu: „Jetzt haben
unsere Erzfeinde ihr Ziel erreicht!” schnaubt er böse. „Jetzt haben die Amerikaner, Engländer
und Franzosen das, was sie sich seit eh und je erträumen: Ein zerstückeltes, zerrissenes und
daher abhängiges und ohnmächtiges Deutschland. Und ein solches Deutschland wollen sie,
weil sie es brauchen und weil sie ihre gepriesene Humanität nur im Munde führen, nichts
anderes aber als Profitgier und Imperialismus meinen.
Freunde, dieses amerikanische Gesetz ist aus Haß und Furcht geboren. Aber sie hassen uns
nicht, weil es in Deutschland einmal einen Kaiser, einen Hitler und weil es Nazis und
Naziverbrechen gab, sondern sie hassen und fürchten uns einzig und allein, weil es in einem
friedlichen, demokratischen Deutschland Fleiß, Können und Wertarbeit gibt; Wertarbeit, die
in der ganzen Welt gesucht und gut bezahlt wird, und die deshalb ein unangenehmer, lästiger
Konkurrent ist.
Dieser Konkurrent soll mit dem heutigen Tage endgültig zu Boden geschlagen werden und
dem profitgierigen Wallstreetimperialismus das Feld bis an die Elbe frei machen. Denn wenn
auch auf diesen neuen Geldscheinen, die heute drüben ausgegeben werden, zu lesen steht:
„Deutsche Mark”, dann ist das ein irreführender Druckfehler. Weit bezeichnender ist da schon
die fast symbolische Tatsache, daß dieses neue Geld drüben in Amerika auf amerikanischem
Papier mit amerikanischen Maschinen wegen amerikanischer Interessen gedruckt wurde. Es
ist seinem Wesen und seiner Bedeutung nach ganz richtiges amerikanisches Geld. Und mit
diesem Geld schiebt das amerikanische Kapital mit zynischer Offenheit seine Grenzen bis zu
unserer Zonengrenze vor, bis mitten in das Herz Europas also. Der Kolonialstaat
„Westdeutschland“ ist fertig!”
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Wieder ist für kurze Zeit nichts anderes zu hören als das monotone Rollen der Räder unter
uns. Dann meint eine Frau: „Aber, aber, man kann doch nicht ernstlich beabsichtigen, uns für
die Dauer auseinander zu reißen. Das ist ganz gewiß nur eine augenblickliche Notlösung, die
bald an uns vorübergeht.”
Da ist nur ein bitteres Lachen im Abteil. Und der Mann am Fenster spricht unser aller
Gedanken aus: „Wer dies meint, liebe Frau; der kennt die Amerikaner schlecht. Das billige
Geld, das sie für die westlichen Zonen druckten, war für diese kalten Rechner ein sündteurer
Spaß. Für eine Notlösung aber, an der sie nichts profitieren, würden die Amerikaner am
allerletzten auch nur einen Cent vergeuden. Der Plan dieser Währungsreform ist in vielen
Monaten gründlich ausgearbeitet, und für viele Jahre, für unabsehbare Zeit gedacht.
Nein, liebe Frau, wenn Sie 1958 in die bayrischen Berge fahren wollen, und es geht nach den
Amerikanern, dann ist das für Sie nicht einfacher, als wenn Sie 1938 in die Schweiz verreisen
wollten. Für uns Sachsen, für die Mecklenburger, Brandenburger, Berliner soll hinfort das
Land jenseits der Zonengrenze Ausland sein, München ist Amerika, Hamburg ist England und
Freiburg ist Frankreich. So ist das und nicht anders!”
„Aber um Himmelswillen, Mann, was können wir dagegen tun?” fragt einer mit bangem
Hader dazwischen.
Was wir tun können, Leute, ist vorerst nichts anderes, als daß wir mit diesem Tage die wahren
Feinde des deutschen Volkes endgültig erkennen lernen und daß auch der letzte von uns sehen
lernt, wo die wirklichen Feinde eines friedlebenden, demokratischen, einheitlichen,
fortschrittlichen Deutschlands stehen, nämlich in Washington, London und Paris. Und auch
das muß endlich der letzte von uns sehen lernen, das diese unerbittlichen Feinde mitten unter
uns Deutschen ihre willigen Handlanger und Agenten haben, deutsche Verräter und Judasse,
die der separaten Währungsreform, diesem brutalen Dolchstoß gegen Deutschlands Einheit
und wirtschaftliche Gesundung, ein Loblied singen. Daß wir mitten unter uns einen
schamlosen Chor haben, der sich von ausländischen Silberlingen aushalten läßt…“
Der Mann am Fenster, der dies alles sagte, war nicht mehr und nicht weniger als ein deutscher
Arbeiter. Beim Aussteigen erzählter er es mir, daß er zu dem Heer der neuen Menschen
gehört, die in unserer Zone das Neue aufbauen helfen, einer, der sich von der Drehbank
heraufgearbeitet hat in die Stube des Betriebsratsvorsitzenden eines bedeutenden sächsischen
Werkes, wo er nun für das Wohl und Wehe Tausender seiner Kollegen steht. Nimmer dabei
aber außer acht lassend das Wohl und Wehe unseres ganzen Deutschlands.
Fritz Sigl
Kleiner Mann, was nun?
Die Währungsreform im Westen brachte Sorgen für die Werktätigen
München, 22. Juni (ADN). In den Kreisen der Werktätigen Westdeutschlands herrscht
Erbitterung über die Tatsache, daß die separate Währungsreform wohl Preissteigerungen,
aber keinerlei Lohnausgleich gebracht hat. Nach Aufhebung der Bewirtschaftung kann
Gemüse jetzt frei eingekauft werden. Aber die Preise sind derartig in die Höhe gestiegen, daß
es einer Arbeiterfamilie bei einem Wochenlohn von 35 Mark einfach nicht möglich ist,
Gemüse zu kaufen.
Man verweist in diesem Zusammenhang auf die noch vor der Währungsreform getroffene
Feststellung des Stellvertreters Schlange-Schöningens, daß viele Arbeiter nach der
Geldreform nicht mehr in der Lage sein würden, selbst die ihnen zustehenden
Lebensmittelrationen zu kaufen. In der Arbeiterschaft herrscht Erbitterung darüber, daß trotz
dieser Voraussagen nichts unternommen worden ist, diese Entwicklung zu verhindern.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Franfurt a. M., 22. Juni (ADN). Nach der Währungsreform herrscht unter der Frankfurter
Bevölkerung wachsende Unruhe und Besorgnis über die wirtschaftliche Entwicklung. Völlige
Unklarheit besteht noch über die Gehaltszahlungen am Ende dieses Monats. Niemand weiß,
wie lange er mit den 40 Deutsch-Mark Kopfgeld auskommen soll und ob davon am 1. Juli die
Mieten und andere Abgaben bezahlt werden sollen.
Nach Mitteilungen des allgemeinen Studentenausschusses der Frankfurter Universität wird
mehr als ein Drittel der Frankfurter Studenten das Studium nicht fortsetzen können, da
Kredite für einen Ueberbrückungsfonds für die nächsten Monate nicht zu erwarten seien.
München, 22. Juni (ADN). In offiziellen bayrischen politischen und Wirtschaftsfachkreisen
wird die Meinung vertreten, daß die Bewirtschaftung der freigegebenen Güter in wenigen
Monaten wieder eingeführt werden muß, wenn die Hortungswarenlager an den Mann
gebracht worden sind, da der Rohstoffnachschub für die Industrie nicht gesichert sei. In der
Industrie ist man sich über die Kredite noch völlig im unklaren, die eine laufende Produktion
gewährleisten sollen. Von seiten der Unternehmer werden aus diesem Grunde umfangreiche
Entlassungen geplant.
Der Verband der bayrischen Theater und anderer kultureller Unternehmen erklärte am
Montag, daß die bisher bekanntgewordenen Grundlagen der separaten Währungsreform für
die kulturellen Unternehmen keine Möglichkeit einer weiteren Existenz bieten. Wenn bis
24. Juni keine Ueberbrückungsbeihilfe bereitgestellt sei, müßten 300 kulturelle Unternehmen
schließen. Das würde die Vernichtung Zehntausender von Existenzen bedeuten.
250 000 Arbeitslose erwartet
Stuttgart, 22. Juni (ADN). Das württembergisch-badische Arbeitsministerium stehe vor einer
schweren Aufgabe, da im Zusammenhang mit der separaten Währungsreform mit 250 000
Arbeitslosen im Lande Württemberg-Baden gerechnet werden muß. Das seien 20 Prozent
aller Beschäftigten. Diese Feststellung traf der Arbeitsminister auf einer Tagung der
Arbeitsämter in Stuttgart.
Alle, die gehofft hätten, fuhr der Minister fort, daß nunmehr auch das Schwarzmarktgelichter
zur aktiven Mitarbeit am Wiederaufbau der Heimat herangezogen werde, seien bitter
enttäuscht. Schon die ersten zwei Tage nach der Durchführung des ersten Abschnitts der
Geldneuordnung hätten gezeigt, daß der schwarze Markt wiederauflebe.
SVD ruft zum Protest auf
Frankfurt am Main, 22. Juni (ADN).Die Sozialistische Volkspartei (SVD) Hessen hat für
Donnerstag zu einer öffentlichen Protestkundgebung auf dem Börsenplatz in Frankfurt a. M.
gegen die separate Währungsreform aufgerufen. Es wird gefordert: Die sozial ungerechte
Bestimmung des Währungsgesetzes rückgängig zu machen, die vorsieht, daß das Kopfgeld
von 60 D-Mark bei der Festsetzung des Neugeldbetrages, der dem einzelnen Sparer verbleibt,
in Abzug gebracht wird. Bei dieser Bestimmung, so wird weiter ausgeführt, handele es sich
um einen Trick, durch den gerade die kleinen Sparer praktisch um ihr Geld betrogen werden.
Lohnzahlungen im Ruhrbergbau in Frage gestellt
Düsseldorf, 22. Juni (ADN). Der Zweckoptimismus, dem Kreise der Frankfurter
Zweizonenverwaltung nach der separaten Währungsreform huldigen, wird durch immer neue
Notrufe aus allen Kreisen der Wirtschaft ad absurdum geführt. Auch der Ruhrbergbau weiß
nicht, wie die Barmittel für die nächsten Lohnzahlungen an die Bergarbeiter beschafft werden
sollen.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Demokratische Bauernpartei zur Währungsreform
Interview mit dem Parteivorsitzenden Goldenbaum
Schwerin, 22. Juni (ADN). Der erste Vorsitzende des Zonenausschusses der Demokratischen
Bauernpartei, Goldenbaum, nahm in einer Unterredung mit einem ADN-Vertreter zu der
Situation Stellung, die durch die separate Währungsreform in den westlichen Zonen
entstanden ist.
„Die separate Währungsreform der westlichen Zonen ist der größte Schlag gegen das
deutsche Volk, denn damit wurde die deutsche Einheit unmöglich gemacht und die Spaltung
Deutschlands vollzogen”, erklärte Goldenbaum. „Die Währungsreform in den westlichen
Zonen zeigt, daß ihre Durchführung schon längst geplant und beabsichtigt war. Es ergibt sich
daraus, daß nunmehr ebenfalls in der sowjetischen Besatzungszone eine Währungsreform
durchgeführt werden muß. Es ist aber sicher, daß unsere Währungsreform anders
durchgeführt wird. All das Elend, das jetzt über die kleinen Leute im Westen kommt, können
wir im Osten vermeiden, weil durch die Blockierung der Altguthaben bei uns günstige
Voraussetzungen für eine Währungsreform geschaffen wurden.
Die Demokratische Bauernpartei Deutschlands”, fuhr Goldenbaum fort, „steht auf dem
Standpunkt, daß für Sparkonten bis zu einer gewissen Höhe bei einer Währungsreform in der
sowjetischen Besatzungszone Vorzugsbedingungen gewahrt werden sollten. Insbesondere die
Umsiedler und die Pensionäre dürfen nicht zu kurz kommen.
Goldbaum vertrat weiter die Ansichten, auch die Behandlung der bisher den Neubauern
gewährten Kredite müsse eine sinnvolle Regelung finden, und außerdem müßten den
Neubauern weiter neue Kredite auch nach der Währungsreform gewährt werden. „Das
Neubauernprogramm”, fuhr Goldenbaum fort, „darf durch die Währungsreform keinerlei
Schwächung, sondern nur eine Förderung erfahren.”
Realisierung der Demokratie
6. Sitzung des Verfassungsausschusses des Deutschen Volksrats
Berlin, 22. Juni (ADN). In der 6. Sitzung des Verfassungsausschusses des Deutschen
Volksrats am Dienstag referierte Minister Diekmann – Dresden über „Die gegenwärtigen
Landesverfassungen in Deutschland“. Dr. Dr. Brandt – Berlin erstattete Bericht über
„Verfassungsentwürfe und Pläne der deutschen Parteien“.
In der sich anschließenden Aussprache wurden folgende Thesen zu den obengenannten
Themen beschlossen:
1. Jede Staatsverfassung ist Spiegel und Ausdruck der gesellschaftlichen, politischen und
moralischen Ordnung, in der sich die Staatsbürger im Zeitpunkt des Entstehens dieser
Staatsverfassung befinden. Insbesondere ist an ihr der Grad der Ausbildung des politischen
Allgemeinwillens des Volkes erkennbar.
2. In Deutschland ist – wie die Verfassung der deutschen Länder und die Mehrzahl der
Vorschläge für eine gesamtdeutsche Verfassung erweisen – erstmalig in seiner politischen
Geschichte ein allgemeiner politischer Volkswille erstanden, der die deutsche Einheit und die
Sicherung des Friedens zum Ziel hat. Nur die Verfassung Bayerns bindet die Bildung des
deutschen Gesamtstaates an Vorbehalte. Dieser Volkswille ist weiter zielklar auf die
Realisierung der Demokratie zu lenken, was nur durch grundlegende Reformen zu erreichen
ist. Dem hat die neue deutsche Nationalverfassung Rechnung zu tragen.
3. Nach Erörterung der vorliegenden Verfassungsentwürfe gelangte der Verfassungsausschuß
des Deutschen Volksrats zu folgenden Feststellungen: Die Zuständigkeitsverteilung zwischen
Gesamtdeutschland und den Ländern darf die Souveränität des deutschen Volkes nicht
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
beeinträchtigen. Eine Realisierung der Demokratie ist ferner undenkbar bei Wiedereinführung
eines autoritären Staatspräsidenten und ohne tatsächliche und rechtliche Beseitigung der
Monopole sowie des Großgrundbesitzes.
Mit der 6. Sitzung hat der Verfassungsausschuß Deutschen Volksrats den ersten Teil seines
Arbeitsplans beendet.
Grober Rechtsbruch der US-Militärregierung
Illegale „kommissarische Gewerkschaftsleitung” bestätigt
Berlin, 22. Juni (ADN). Als Vollendung der in den Kreisen des FDGB Groß-Berlin die
Tatsache bezeichnet, daß der Chef der Abteilung für Arbeitsfragen der Amerikanischen
Militärregierung für Berlin, McClusky, der kommissarischen Leitung der UGO in einem
Schreiben vom 18. Juni mitteilte, die Amerikanische Militärregierung erkenne sie vorläufig
als Berliner Gewerkschaftsleitung an.
Van Binneveld stellt richtig
Am 22. Juni erschienen in einigen Berliner Zeitungen Meldungen, wonach van Binneveld, der
Vertreter des WGB bei den deutschen Gewerkschaften, erklärt haben sollte, der WGB hätte
den FDGB-Vorstand von Groß-Berlin nicht anerkannt. Dazu teilt der FDGB-Pressedienst mit:
Im Auftrage der WGB hat der ständige Vertreter bei den deutschen Gewerkschaften, van
Binneveld, im Rahmen seiner allgemeinen Tätigkeit objektiv und unparteiisch versucht, sich
ein allgemeines Bild über die Gewerkschaftslage in Berlin zu verschaffen. Es gehörte weder
zu seiner Aufgabe noch lag es in seinen Kompetenzen, den von der Berliner Stadtkonferenz
gewählten FDGB-Vorstand für Groß-Berlin oder die UGO anzuerkennen, entsprechend dem
Auftrag des WGB, gegenwärtig nur Informationen zu erlangen, auf Grund derer der WGB für
die ungehinderte Entwicklung der deutschen Gewerkschaften und ihre Einheit eintreten kann.
Berliner Magistrat und Währungsreform
In der heutigen Magistratssitzung machte Stadtrat Waldemar Schmidt den Vorschlag, der
Oberbürgermeister solle im Auftrag des Magistrats sofort Verhandlungen mit der DWK über
die jetzt zu treffenden währungspolitischen Maßnahmen für die sowjetische Besatzungszone
und für Berlin aufnehmen. Die sozialdemokratisch-bürgerliche Mehrheit des Berliner
Magistrats lehnte diesen Vorschlag ab.
Stadtrat Heinzelmann ist beschäftigt
Gestern tagte der Wirtschaftspolitische Ausschuß der Stadtverordnetenversammlung, ohne
sich irgendwie – was bezeichnend ist für das Versagen der Stadtverordnetenmehrheit vor
jeder realen Aufgabe – mit dem Problem der Währungsreform für Berlin zu beschäftigen. Der
zuständige Stadtrat für Banken und Versicherung, der SPD-Stadtrat Heinzelmann, war gar
nicht in der Sitzung anwesend. Er ließ sich mit dringenden Besprechungen entschuldigen.
Stadtrat Heinzelmann ist auch der Sitzung des Stadtverordnetenausschusses für Banken und
Versicherungen am Montag ferngeblieben.
Keine Behinderung des Güterverkehrs
Wie die Abteilung für Wirtschaft beim Magistrat mitteilt, liegen dort keine Meldungen über
Stockungen des Güterverkehrs von den westlichen Zonen nach Berlin vor.
Bisher seien keine schwebenden Verhandlungen mit westdeutschen Geschäftspartnern
abgebrochen worden, und es sei auch keine Annullierung von bereits abgeschlossenen
Geschäften erfolgt, erklärte der Leiter des Industrie- und Handelskontors Berlin, Mummert.
Dem Industrie- und Handelskontor lägen auch keinerlei Mitteilungen darüber vor, daß der
Güteraustausch in irgendeiner Weise behindert sei. Erst am Montag sei ein größerer Posten
Kugellager aus Hamburg in Berlin eingetroffen. (ADN)
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
OMGUS beeilt sich, seine Schulden zu bezahlen
Seit Ende vergangener Woche begann – wie und berichtet wird – die Amerikanische
Militärregierung ihre Schulden an die Berliner zu bezahlen, denen durch amerikanische
Dienststellen, Kasinos usw. Einrichtungsgegenstände, Flügel, Teppiche, Silberzeug u.a.m. aus
den Wohnungen genommen wurden. Seit Jahren kämpfen die Betroffenen vergeblich um eine
Vergütung für ihr Eigentum, und ausgerechnet jetzt, da die Reichsmark durch die separate
Währungsreform im Westen entwertet wurde, erhalten sie das Geld.
Amerikaner packen ein
Während zur Zeit in Berlin sämtliche Geschäfte stocken, Handwerker jede Arbeit ablehnen,
hat ein Betrieb in Berlin so viele Aufträge wie nie zuvor zu verzeichnen. Es ist die Tischlerei
des OMGUS, bei der schon vor Verkündung der westlichen separaten Währungsreform
Massenaufträge von zahlreichen amerikanischen Dienststellen für die Anfertigung von Kisten
und Verpackungsmaterial einliefen. Daß die deutschen Angestellten der Amerikanischen
Militärregierung im Zusammenhang damit die Gerüchte über die Abreise der Amerikaner aus
Berlin besonders lebhaft diskutieren, ist verständlich.
(ADN)
Zahlreiche Schieber gefaßt
Zahlreiche Großschieber, die die letzten Gelegenheiten vor der Durchführung von
Währungsreform-Maßnahmen auch in Berlin zu Großgeschäften ausnutzen wollten, wurden
am Sonntag und Montag von den zuständigen Behörden ermittelt und festgenommen. Bei
einzelnen dieser Großspekulanten wurden Barbeträge bis zu 50 000 Mark vorgefunden.
(ADN)
Ein „unparteiischer“ Bürgermeister
Bürgermeister Burgemeister (SPD) lehnt jegliche Genehmigung für
Gewerkschaftsversammlungen des FDGB ab, wenn die Anträge nicht die Unterschrift des
neuen UGO-Vorsitzenden Tittmann tragen. Bevor die Amerikanische Militärregierung zu den
Anträgen Stellung nimmt, müssen sie vom Bezirksbürgermeister mitunterschrieben werden.
(ADN)
Wer muß Gartenerzeugnisse abliefern?
Die Alliierte Kommandantur hat mit Befehl vom 31. Mai den Magistratsentwurf einer
Verordnung über Pflichtablieferung pflanzlicher Erzeugnisse genehmigt und ihre sofortige
Durchführung angeordnet. Danach unterliegt der Anbau der in der Verordnung bezeichneten
Produkte von Erntejahr 1948 ab bis auf weiteres einer Pflichtabgabe zu den festgesetzten
Preisen. Diese Abgabe beträgt für Gemüse je ha 100 dz, für Getreide 7 dz, für Hülsenfrüchte
3 dz, für Mohn 3 dz und für Kartoffeln 40 dz. Bei Getreide, Hülsenfrüchte und Kartoffeln sind
bei Anbauflächen über 5 ha gewisse Steigerungen vorgesehen. Grundlage für die Ablieferung
ist der jedem Anbauer durch das zuständige Bezirksamt zugegangene Jahresanbauplan.
Für Beeren, Obst- und Nußbäume beträgt die Pflichtabgabe 50 Prozent der Ernte der 500 qm
übersteigende Fläche. Bei Flächen, die erst seit dem Jahre 1945 kultiviert worden sind, kann
auf Antrag des Anbauers die Pflichtabgabe ermäßigt werden.
Nach Erfüllung seiner Pflichtabgabe kann der Ablieferer den Ueberschuß zu den festgesetzten
Preisen verkaufen.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Neuer Wohnraum aus Ruinen
Durch ein besonderes Bauverfahren wurden im Bezirk Lichtenberg 250 Quadratmeter
Wohnfläche neu gewonnen. Nach den bisherigen Erfahrungen hätte das fünfstöckige Haus,
das in der Frankfurter Allee 225 liegt, völlig abgerissen werden müssen. Statt dessen wurde
mit aller Vorsicht ein schwerbeschädigter Pfeiler untermauert, so daß ein acht Meter breite
Baulücke durch sämtliche Stockwerke wieder ausgebaut und die Instandsetzung der übrigen
Etagenwohnungen begonnen werden kann. Das Lichtenberger Bauamt beabsichtigt, in drei
ähnlichen gelagerten Fällen die gleiche Methode anzuwenden, dadurch werden rund 4000
Mark Baukosten gespart.
(ADN)
Berliner Mosaik
Markennotizen. Groß-Berlin: Berichtigung unsere Mitteilung am 20. 6.: Trockenkartoffeln für
die 3. Juli (nicht Juni)-Dekade können ab sofort bei allen Kleinhändlern bezogen werden. –
Friedrichshain: Fischmarken der 2. Juni-Dekade verfallen am 23. Juni. – Neukölln: Bis zum
28. Juni auf Abschnitt d1 der Juli-Kartoffelkarte 62,5 Gramm Trockengemüse. –
Wilmersdorf: Auf Abschnitt P des Bezugsausweises 6. Ausgabe 125 g Trockengemüse. Die
Abschnitte A der Mai-Ausgleichskarte Diabetiker und 17 der Mai-Zusatzkarte Blutspender
verfallen mit sofortiger Wirkung. – Charlottenburg: Auf die Abschnitte W und R des
6. Bezugsausweises je 62,6 Gramm Trockengemüse.
20 000 Quadratmeter Waldboden brennen. Im Grunewald, Jagen 67, brach am
Montagnachmittag ein größerer Brand aus der schließlich etwa 20 000 Quadratmeter
Waldboden erfaßte.
Leiche in der Königsheide. Am 21. Juni wurde in der Königsheide, Johannisthal, eine
unbekannte männliche Leiche, bekleidet mit Hemd, Unterhose und schwarzen Halbschuhen,
gefunden. Der Kopf zeigte Blutspuren.
Interzonenpässe gesperrt. Die Britische Militärregierung sperrte am Montag die Ausgabe
von Interzonenpässen im britischen Sektor von Berlin nach Westdeutschland.
Prüfer mit orangefarbigen Ausweisen. Prüfer des Preisamtes werden sich an der
angekündigten verschärften Kontrolle der Geschäfte beteiligen. Sie haben orangefarbige
Ausweise mit Lichtbild und Nummer in der Art und Größe einer Postkarte.
Preisüberschreitung und Schwarzhandel. Bei der vom Preisamt des Berliner Magistrats in
Steglitz durchgeführten Ueberprüfung von 190 Geschäften wurden 81 beanstandet. 44
Geschäftsinhaber werden sich wegen grober Preisüberschreitung, 20 wegen Schwarzhandels
mit Mangelwaren und 17 wegen Verstoßes gegen die Preisauszeichnung vor ihrer zuständigen
Bezirkspreisstelle zu verantworten haben. Bei dieser Kontrolle konnten größere Posten
Zigarren, Zigaretten, Textilien und Nähgarn sichergestellt werden.
Rassehundeschau im Zoo. Der Verband der Rassehundezüchter veranstaltet am Sonntag,
4. Juli, von 9 bis 18 Uhr, im Berliner Zoo eine Ausstellung von Rassehunden. Insgesamt sind
1334 Hunde aller Rassen gemeldet worden.
Von der Domkuppel abgestürzt. Der Hilfsmonteur Herbert Wüstenberg aus Neukölln,
Schudomastraße 4, stürzte von der Kuppel des Berliner Doms und war sofort tot. Er hatte die
rote Warnleuchte abmontiert und trat beim Abstieg fehl. – In Tempelhof wurde der 57 jährige
Straßenbahnschaffner Paul Wenk, Friedrich-Karl-Straße 7, von einem Personenauto erfaßt
und getötet. Der Fahrer des Wagens flüchtete.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Wie wird das Wetter?
Amtlicher Wetterbericht des Observatoriums Potsdam
Wetterlage: Ein ausgedehntes Tiefdrucksystem erstreckt sich von Neufundland über den
Atlantik und die britischen Inseln nach Skandinavien und Nordrußland. Auf seiner Südseite
stoßen einzelne Störungen gegen den Kontinent und gestalten unser Wetter auch weiterhin
veränderlich.
Aussichten für Land Brandenburg
Bei mäßigen Winden um West wechselnd bewölk und einzelne Schauer, abends aufheiternd.
Temperaturen am Tage bis nahe 20 Grad ansteigend, tiefste in der Nacht zum Donnerstag
unter 10 Grad.
Was hören wir morgen?
Aus dem Berliner Sendeprogramm
Donnerstag, 24. Juni 1948
Nachrichten: 6.00 Uhr 7.00, 11.00, 12.00, 16.00, 20.00, 22.00 und 24.00 Uhr.
11.30: Mittagskonzert / 13.20: Bunte Klänge / 14.15:Berühmte Orchester spielen /
16.10: Teekonzert / 17.00: Musik von Hans Brehme und Felicitas Kestner / 17.45: Fünfzehn
Minuten mit dem Horst-Ramthor-Trio / 18.00: Stadt- und Landberichte / 18.45: Lieblinge vor
dem Mikrofon. Melodien von Johann Strauß und Franz Lehár / 19.30: Aus der Sowjetunion /
19.45: Der Pulsschlag und eine Runde Sport / 20.15: Stadtparlament oder Worüber man
spricht / 20.35: Beliebte Kapellen spielen zum Tanz / 21.30: Agnes Smeadley: China auf dem
Marsch / 23.05: Das Meisterwerk. Beethoven: Streichquartett c-moll op. 18 Nr. 4.
Moskau sendet in deutscher Sprache
13.30-14.00 Uhr auf Wellenlänge 19, 25, 31, 49, 415 m / 16.30-17.00: 19, 25, 31, 49, 415 m /
18.00-19.00: 19, 25, 31, 49, 415 m / 21.30-22.30: 25, 31, 49, 415 m / 23.30-24.00: 25, 31, 49,
415 m.
Unser Sprachkurs Wir lernen Russisch erscheint am nächsten Mittwoch, 30. Juni
Sokolowskij protestiert gegen Howleys Verhalten
Berlin, 22. Juni (SBN). Der Oberste Chef der Sowjetischen Militärverwaltung in
Deutschland, Marschall der Sowjetunion Sokolowskij, richtete am 21. Juni ein Schreiben an
den Oberbefehlshaber und Militärgouverneur der USA in Deutschland, General Clay,
anläßlich des Benehmens des Obersten Howley auf der Sitzung der alliierten Kommandanten
vom 16. Juni d. J.
Auf dieser Sitzung, so heißt es in dem Schreiben Marschall Sokolowskijs, „hat Howley sich
in beleidigender und grober Form faktisch geweigert, die vom sowjetischen Kommandanten
in der Frage der Verbesserung der materiellen und rechtlichen Lage von Arbeitern und
Angestellten der Industrie und des Verkehrs in Berlin eingebrachten Vorschläge zu erörtern
und sich nach einer Reihe ungebührlicher Ausfälle an die Adresse der sowjetischen Vertreter
aus dem Sitzungssaal entfernt”.
Bekanntlich sah sich der sowjetische Vertreter durch ein solches Benehmen des Obersten
Howley gezwungen, die Sitzung der Alliierten Kommandantur zu verlassen. Marschall
Sokolowskij erhebt in seinem Schreiben Protest gegen das „merkwürdige Verhalten von
Howley, das im Gegensatz zu den elementaren Regeln des Anstandes und des Verfahrens für
die Arbeit der Viermächteorgane steht und die Arbeit der Alliierten Kommandantur von
Berlin sprengt, was unzulässig ist”.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
374 416 Unterschriften für das Volkbegehren im Ruhrgebiet
Dortmund, 22. Juni (ADN). Das Bezirkskomitee zur Durchführung des am 13. Juni
abgeschlossenen Volksbegehrens im Ruhrgebiet teilt mit, daß die für das Volksbegehren
erforderlichen Unterschriften um 120 000 überschritten wurden. Die erste vorläufige
Zusammenstellung ergab 374 416 Unterschriften. aus entlegenen Orten treffen noch immer
Unterschriftslisten ein.
In politischen Kreisen wird erklärt, daß dieser Erfolg um so beachtlicher sei, als von allen
Seiten heftige Gegenpropaganda getrieben wurde. Rundfunk und Militärregierung hätten sich
dabei in Angriffen gegen das Volksbegehren überboten. Die Unterschriftensammlung mußte
von Tür zu Tür vollzogen werden. Auf diese Weise wurde etwas ein Drittel der in Frage
kommenden Bevölkerung erfaßt. Das Ergebnis läßt den Schluß ziehen, daß sich allein im
Ruhrgebiet über eine Million Menschen zur Einheit Deutschlands bekennen und hinter den
Forderungen des Deutschen Volkes stehen.
„Truman liebt die Wahrheit nicht”
Der Beobachter der „Prawda” schreibt in einem Aufsatz unter der Ueberschrift „Präsident
Truman liebt die Wahrheit nicht”:
Präsident Truman nimmt in seinen Reden häufig zu außenpolitischen Fragen Stellung. Dabei
verzerrt er die Tatsachen und erlaubt sich unwürdige und unbegründete Ausfälle gegen die
Sowjetunion, die sich weder durch den Wahlkampf noch durch die Hitze des Streites oder
(wie die „New York Herald Tribune" behauptet) durch das Streben, Henry Wallace eine
„effektive Antwort” zu erteilen, rechtfertigen lassen. Die Tatsache, daß die „effektive
Antwort” sich bumerangartig gegen Truman selbst wendet, der im Kampf gegen die
Wahrheit beschämende Niederlagen erleidet, enthebt diesen nicht der Verantwortung. Als
Beispiel eines solchen, milde gesagt, mißlungenen Auftretens Trumans sei seine in der
Universität Berkeley gehaltene Rede angeführt. Truman lobte die Politik der USA und hob als
besonderes „Verdienst“ ihre Einstellung zur Frage der Atomkontrolle hervor. Wie die
Tatsachen zeigen, waren es aber gerade die USA, die den sowjetischen Vorschlag über das
Verbot der Atomwaffe ablehnten.
Truman fühlt, auf welch schwankendem Boden er steht, da vollkommen klar ist, daß die
UdSSR für eine wahre internationale Zusammenarbeit eintritt und sich streng an die Statuten
der UN hält, was von den Vereinigten Staaten keineswegs gesagt werden kann. Deshalb sucht
Präsident Truman krampfhaft nach Beispielen, die zeigen könnten, daß die Sowjetunion die
internationale Zusammenarbeit untergrabe. Er findet jedoch nichts Besseres, als die „Lage in
Griechenland und Korea”. Die ganze Welt weiß, daß die Schuld an dem Krieg in
Griechenland auf die Politik der USA und Großbritanniens fällt, die die
monarchofaschistischen Banden finanzieren und bewaffnen. Was Korea anbetrifft, so dürfte
sattsam bekannt sein, daß die vereinigten Staaten den sowjetischen Vorschlag über den
gleichzeitigen Abzug der sowjetischen und der amerikanischen Truppen aus Korea abgelehnt
haben.
Zur Rechtfertigung des plumpen Manövers des Staatsdepartements, das der Sowjetunion
anfänglich vorgeschlagen hatte, Verhandlungen aufzunehmen, dann aber seinen Vorschlag
desavouierte und dadurch den aggressiven Charakter der amerikanischen Politik vor der
ganzen Welt enthüllte, stellt Truman die These auf, daß angeblich keine
Meinungsverschiedenheiten zwischen USA und der UdSSR, sondern
„Meinungsverschiedenheiten zwischen der UdSSR und der gesamten übrigen Welt” bestehen.
Er spielt sich als „Beschützer der kleinen Staaten” auf und erklärt, er sei gegen Abmachungen
unter den Großmächten. In der Auslegung Trumans sind historische Abkommen wie die
Abkommen von Teheran, Jalta und Potsdam (das letztere trägt seine Unterschrift) lediglich
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
„Abmachungen”. Dann ist der Londoner Beschluß zur Deutschlandfrage nichts anderes als
eine separate und ungesetzliche „Abmachung”. Wie ist der „Westpakt” anders zu bezeichnen
als eine separate, unter der Aegide der Vereinigten Staaten zustande gebrachte „Abmachung”,
die gegen die Sowjetunion und die Völker Europas gerichtet ist?
Präsident Truman hat die undankbare Aufgabe auf sich genommen, zu beweisen, daß die
Politik der USA friedlebend sei. Es ist nicht verwunderlich, daß er mit dieser Aufgabe nicht
fertig werden kann. Die Tatsachen sind stärker als Truman. Die Tatsachen bezeugen den
aggressiven Charakter der amerikanischen Politik.
„Täppische” Außenpolitik
Republikanische Kritik an Truman
Philadelphia, 22. Juni (AP). Der Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, Joseph
W. Martin, machte am Dienstag auf dem Republikanischen Parteikongreß der Regierung
Truman zum Vorwurf, in der Außenpolitik „täppisch und bürokratisch” zu sein. Amerika
könne seine Außenpolitik nicht nur „von einem Sonnabend zum andern“ machen.
Schluß mit dem kalten Krieg!
New York, 22. Juni (Moskauer Rundfunk). Der Rat für amerikanisch-sowjetische
Freundschaft teilt mit, daß über 100 bekannte Persönlichkeiten einen Brief unterzeichneten,
der die USA-Regierung auffordert, den kalten Krieg einzustellen und unverzüglich
Maßnahmen zur friedlichen Regelung der amerikanisch-sowjetischen Differenzen zu
ergreifen. Die Erklärungen Stalins und des Präsidentschaftskandidaten Wallace werden zitiert,
nach denen die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Sowjetunion und den USA auf
friedliche Weise geregelt werden können. Ferner wird in dem Brief die Regierung der USA
aufgefordert, diese Möglichkeit zur Gewährleistung des Friedens wahrzunehmen.
Ausverkauf Westdeutschlands
Westdeutsche Währungsreform scharf kritisiert
Prag, 22. Juni (ADN). Amerikaner, die aus Frankfurt in Prag eintrafen und die ersten
Wertmarknoten mitbrachten, äußerten sich mit zynischer Offenheit über die Möglichkeiten,
die sich ihnen jetzt böten. Aehnlich wie ihre Väter während der Inflation nach dem ersten
Weltkrieg könnten sie jetzt in Deutschland Häuser, Grundstücke und Fabriken kaufen.
Warschau, 22. Juni (ADN). Die Währungsreform in Westdeutschland ist zu einem Bonus für
die amerikanischen Schwarzmarkthändler geworden, schreibt die polnische Zeitung „Glos
Ludu” zu dem von den Westmächten verfügten Geldschnitt. Die Geschichte des MarshallPlans, so fährt das Blatt fort, erinnere an die Possen mit Auskleideszenen, wo zum Schluß
nichts als ein Feigenblatt übrigbleibt. Die Zeitung „Robotnik” bezeichnet die westdeutschen
Währungstransaktionen als einen Versuch, Westdeutschland von der Welt der neuen
Demokratien zu isolieren und die Welt in zwei Blöcke zu spalten. Die USA-Politik, so stellt
die Zeitung fest, unterstütze jene deutschen Elemente, die die beiden Weltkriege entfesselt
haben.
Freie Hand den Kapitalisten
London, 22. Juni (ADN). Die Durchführung der Währungsreform in Westdeutschland gebe
den nazifreundlichen Kapitalisten freie Hand zur Ausbeutung der Arbeiter und werde die
Schaffung einer ungeheuren Armee von Arbeitslosen und ein Absinken der Löhne nach sich
ziehen, heißt es in einer Stellungnahme der Londoner Zeitung „Daily Worker”.
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
CSR unternimmt geeignete Schritte
Prag, 22. Juni (ADN). Das tschechoslowakische Kabinett nahm einen Bericht des
Außenministers Clementis über die durch die einseitige Währungsreform in Westdeutschland
entstandene Lage entgegen. Das hierüber herausgegebene amtliche Kommuniqué besagt, daß
der Außenminister von der Regierung die Weisung erhielt, geeignete Schritte zu
unternehmen.
Schweiz fordert Sicherung ihrer Rechte
Bern, 22. Juni (ADN). Das eidgenössische politische Departement wird bei den Regierungen
Frankreichs, Großbritannien und der US Schritte zum Schutz der schweizerischen
Vermögensinteressen in Deutschland bei der Durchführung der Währungsreform in den
Westzonen unternehmen. Wie weiter amtlich bekanntgegeben wird, verlangt die Schweiz
insbesondere, daß die ihr aus den Staatsverträgen mit Deutschland zustehenden Rechte
respektiert und die in der Schweiz liegenden Reichmarkbeträge gegen die neue Währung
umgetauscht werden.
Opposition gegen Marshall-„Hilfe”
USA-Bedingungen bedeuten Einmischung in die Souveränität
Paris, 22. Juni (ADN/UP). Der USA-Botschafter in Paris, Caffery, und der Sonderbeauftragte
für den Marshall-Plan, Harriman, hatte am Dienstag mit dem französischen
Ministerpräsidenten Schuman sowie mit Außenminister Bidault und Finanzminister Mayer
eine Unterredung, um zu versuchen, die französische Opposition gegen die Marshall-PlanBedingungen zu beseitigen.
Die gesamte französische Presse gibt in ihren Kommentaren der Ansicht Ausdruck, daß die
von den Vereinigten Staaten gestellten Bedingungen eine Einmischung in die nationale
Souveränität des Landes bedeuten und, wie die „Humanité“ schreibt, Frankreich in eine
amerikanische Kolonie verwandeln sowie den amerikanischen Staatsbürgern in Frankreich die
Vorrechte von Eroberern geben würden.
Die Zeitung „Le Monde“ erklärte am Dienstag, es sei bedauerlich, daß die europäischen
Marshall-Plan-Staaten nicht eine gemeinsame Front gebildet hätten, um gegen die seitens der
USA an die gegenseitigen Marshall-Plan- Abkommen geknüpften Bedingungen Einspruch zu
erheben. Die seit mehreren Wochen in Washington andauernden Verhandlungen über diese
Abkommen hätten sich äußerst schwierig gestaltet und bewiesen, daß das Inkrafttreten der
Marshall-Plan-Abkommen Probleme aufwerfe, die die nationale Souveränität der
Teilnehmerstaaten schwerwiegend betreffen können. Es sei eine Frage des europäischen
Ansehens, zu prüfen, ob es den USA durch den Marshall-Plan gelingen würde, in Europa
Position einzunehmen, die eine Bedrohung der Unabhängigkeit der europäischen Länder
darstellen würden. Es sei daher zu bedauern, daß die einzelnen Marshall-Plan-Staaten in
Washington separate Verhandlungen zu führten, statt eine gemeinsame Front zu bilden. Diese
Front sollte geschafft werden, auch wenn es sich nur um den Abschluß zweiseitiger Verträge
handelt. Erst sann bestehe die Aussicht, daß ein gemeinsamer europäischer Verteidigungsplan
Wirklichkeit werden kann.
Großbritannien drängt
London, 22. Juni (ADN). Die in maßgebenden Washingtoner Kreisen vertretene Ansicht, daß
die USA „im Augenblick” nicht die Absicht hätten, militärische Verhandlungen mit den
Westblockländern (Frankreich, Großbritannien, Beneluxstaaten) und Besprechungen über die
„Verteidigung des Westens“ einzuleiten, hat in Londoner politischen Kreisen Aufsehen und
Mißbehagen ausgelöst. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums erklärte in diesem
Tägliche Rundschau
23. Juni 1948
Zusammenhang, daß die Regierung Attlees auf die Eröffnung solcher Verhandlungen und
Besprechungen dränge. Die am Brüsseler Pakt beteiligten Regierungen seien bestrebt, die
Vereinigten Staaten endlich an den Verhandlungstisch zu bekommen und sie dazu zu bringen,
sich informell oder formell dem Westblock anzuschließen.
Sowjetisches Veto bei der UN
New York, 22. Juni (ADN). Die Sowjetunion hat gegen die Annahme des USA-Plans über
die Atomkontrolle bei der UN ihr Veto eingelegt.
Léon Blum in Frankreich
Paris, 22. Juni (ADN). Der französische Sozialistenführer Léon Blum ist am Montagabend zu
einem Besuch in London eingetroffen. Am Dienstag hatte er eine Unterredung mit
Ministerpräsident Attlee. Blum wird außerdem mit Staatsminister McNeil zusammentreffen.
Neue Streiks in Frankreich
Paris, 22. Juni (ADN). Die im Allgemeinen Gewerkschaftsbund, den christlichen
Gewerkschaften und der Force Ouvriere organisierten Arbeiter der Peugeot-Werke in
Sochaux beschlossen, einen eintägigen Streik durchzuführen. sie protestierten damit gegen die
Unfähigkeit der Regierung, die wirtschaftliche Lage der Arbeiter angesichts der
Preissteigerung zu bessern.
Marseille, 22. Juni (ADN). Ueber 1100 Metallarbeiter in Marseille legten die Arbeit nieder
und besetzten ihre Werkstätten. Die Streikenden beschlossen, bis zur völligen Befriedigung
ihrer Lohnforderungen im Ausstand zu bleiben.
40 neue Morde
Athen, 22. Juni (ADN). 40 Offiziere und Mannschaften der griechischen Marine wurden von
einem Kriegsgericht in Athen zum Tode verurteilt. 19 Angeklagte erhielten lebenslänglich
Zuchthaus und weitere 19 Personen Zuchthausstrafen von zwei bis zehn Jahren. 18
Antifaschisten sind von der Athener Polizei verhaftet und einem Militärgericht übergeben
worden.
Sieger der Kommunisten
Rom, 22. Juni (ADN). Die Hochofenarbeiter der Fiat-Werke in Turin gaben bei den
Gewerkschaftswahlen 79 Prozent ihrer Stimmen den kommunistischen Delegierten. In der
Automobilfabrik Spa erhielten die Kommunisten 65 Prozent und die Nenni-Sozialisten 20
Prozent aller Stimmen. In Genua stimmten die Zuckerarbeiter mit 71 Prozent, die
Krankenhausangestellten mit 63 Prozent, die Arbeiter der Fossati-Werke mit 62 Prozent, die
der Delta-Werke mit 74 Prozent und die der „Oleifici Liguri Lombardi” mit 89 Prozent für die
Kommunisten.

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