Forschungsmethoden in der Sozialen Arbeit (XVI)

Transcription

Forschungsmethoden in der Sozialen Arbeit (XVI)
Forschungsmethoden in der
Sozialen Arbeit (XVI)
Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik „Alice-Salomon“
Hochschule für Soziale arbeit, Gesundheit, Erziehung und Bildung
– University of Applied Sciences –
Einführung in die „Grounded Theory“
Dr. Thomas Pudelko
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
†
Die grounded theory – eine offene und explorative Methodologie
†
Das Kodieren
„
„
„
Offenes oder induktives Kodieren
Axiales Kodieren
Selektives Kodieren
†
Theoretical Sampling
†
Theoretische Sättigung
†
Rechnergestützte qualitative Forschung
2
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
†
Die „grounded theory“ ist eine Forschungsstrategie bzw. eine
Methodologie
†
In ihr kommen verschiedene systematische Verfahren zur Anwendung
†
Das Ziel ist jeweils eine „gegenstandsbezogene Theorie“ zu entwickeln
†
Sie ist offen und explorativ
†
Die Art und Form der Datenerhebung im Rahmen der „grounded theory“
ist allein dem Untersuchungsgegenstand geschuldet
†
Die „grounded theory“ ist ein handlungsorientiertes Modell der
Forschung
†
In der Anwendung der „grounded theory“ werden keine Häufigkeiten
ausgezählt
†
Datensammlung, Analyse und Theoriebildung stehen bei der „grounded
3
theory“ in einem Wechselverhältnis zueinander
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
† Zu Beginn steht ein Untersuchungsfeld
† Vorannahmen sollten so offen wie möglich sein
† Der Forschungsprozess gestaltet sich dann als Wechselspiel zwischen
„
„
„
Lesen von Literatur
Datenerhebung
Analyse von Daten
† Die Art der Daten, welche erhoben werden, sind
gegenstandsangemessen zu wählen
† Die Daten werden gleichzeitig
„
„
„
gesammelt
kodiert
analysiert
† Dabei wird entschieden, welche Daten wo und wie als nächstes
gesammelt werden sollen
4
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Die Begriffe
† Kodierung: Vorgang des Zuweisens von markanten Benennungen
(Codes) für genau begrenzte Materialsegmente
(z.B. Textstellen, Grafiken, Bilder, Filmsequenzen etc.)
† Code: Benennung einer Materialstelle, die beim Kodieren definiert
wurde
† Kategorie: Benennung eines Merkmals einer Materialstelle, die
eindeutig umrissen ist und im Sinne der Untersuchung klar auf den
Bedeutungszusammenhang verweist
† Subkategorie: Untergliederung einer Kategorie in Untermerkmale
bzw. Teilbereiche
† Konzept: Ausweisung von Kategorien inklusive Subkategorien, die
einen Sinnzusammenhang ergeben
† Dimension: Subkategorien, die unter mehreren Kategorien
auftauchen, aber jeweils im Bezug zur dazu gehörenden Kategorie
stehen
† Merkmal: Eigenschaft einer Kategorie, die abstrakt aus dem Material
generiert wird
5
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Kodierung
†
Der Kodierung voraus gehen muss auf jeden Fall die Verschriftlichung
(Transkription) aller nicht in Schriftform vorliegender Materialien
†
Die Kodierung ist der in der „grounded theory“ wesentliche
Materialaufbereitungs- und gleichzeitig Analyseschritt
†
Kodierung bedeutet im Wesentlichen die Zuordnung von Textsegmenten
zu Kategorien
†
Die Kodierung kann deduktiv oder induktiv erfolgen
„
Induktive Kodierung: Ein markanter Begriff aus dem Material wird der
gesamten Material/Textstelle als Begriff zugeordnet
„
Deduktive Kodierung: Ein Begriff aus der Literatur oder der dem theoretischen
Vorwissen der Forschenden wird der Material-/Textstelle zugeordnet
6
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Offenes oder induktives Kodieren
†
Offenes Kodieren meint: aus dem Material abgeleitete Kategorien.
Hierzu ist es notwendig
„
Das Material Satz–für-Satz durchzugehen
„
Die Bedeutung eines jeden Satzes für den Untersuchungsgegenstand zu
bestimmen
„
Einen eindeutigen Begriff aus dem Materialsegment eben diesem zuzuordnen
„
Dies Schritt-für-Schritt mit dem gesamten Material zu machen.
„
Die so entstandenen Codes nach ihrem Sinngehalt zu ordnen
„
Kategorien, die als von ihrem Sinngehalt gleich anzusehen sind, werden mit
einem Kategorienamen versehen
„
Kategorien, die eindeutig einem Oberbegriff (Hauptkategorie) zuzuordnen
sind, werden als Subkategorien definiert
„
Allen Kategorien und Subkategorien werden eindeutige Eigenschaften bzw.
Bedingungen zugewiesen.
7
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Axiales Kodieren
†
†
Bevor mit dem axialen Kodieren begonnen werden kann, müssen den
Kategorien und Subkategorien eindeutige Eigenschaften bzw.
Bedingungen zugewiesen worden sein
Axiales Kodieren meint: Es wird nach Verbindungen zwischen den
verschiedenen Kategorien und Subkategorien – jenseits deren
Eigenschaften – gesucht.
Diese können
„
„
„
†
Hierbei werden erste Hypothesen über
„
„
„
„
†
Theoretisch begründet
Induktiv aus dem Material
Aufgrund von strategischen Konsequenzen
erfolgen
Spielarten von Bedingungen
Interaktionen
Strategien und
Konsequenzen
die mit dem Auftreten des Phänomens, auf das die Kategorie Bezug
nimmt, verbunden sind.
8
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Selektives Kodieren
†
†
Selektives Kodieren kann entfernt mit der multivariaten statistischen
Analyse verglichen werden.
Hierbei werden Muster zwischen den Kategorien
(und Subkategorien) ermittelt.
„
„
„
†
†
†
Die Kategorien werden nach bedeutsamen Schlüsselbegriffen durchgesehen
Diese werden auch anhand von Ankerbeispielen ermittelt
Nun werden alle weiteren Kategorien (und Subkategorien) diesen Schlüsselbegriffen ihrer
Bedeutung nach zugeordnet.
Aus dieser Struktur können ein oder mehrere Konzepte entwickelt
Entlang dieser Konzepte kann das untersuchte Phänomen in seiner
Bedeutung beschrieben werden
Die ebenfalls entwickelten, aber weniger ausgebildeten Konzepte können
die Hauptergebnisse ergänzen oder abrunden
9
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
„theoretical sampling“ (I)
†
Unter „theoretical sampling“ wird in der „grounded theory“ das
Erste
Hypothesen
Auswahlverfahren für Fälle und Daten verstanden. :
Erstellung
von Memos
„
„
Erstellung
von Memos
Verzicht auf einen vorab festen Auswahlplan,
Entwicklung der Fallauswahl in Abhängigkeit des bisherigen
Forschungsverlaufes,
Hinzuziehung neuer Daten anhand „generativer Fragen“
Erste Interviews
(Pretest)
Aus dem theoretischen
Vorverständnis
generierte Kategorien
„
Veränderter
Interviewleitfaden
Segmentierung
und Codierung
Erster Interviewleitfaden
Zwischen
bericht
Erweiterung des
Codiersystems
Erstellung
von Memos
Weitere
Interviews
Feldnotizen
Erstellung
von Memos
Memo
Memo
10
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
„theoretical sampling“ (II)
Strategie des minimalen Vergleichs
† Direkte Bearbeitung und Interpretation erhobener Daten, bevor neue
Daten anhand neuer Kriterien erhoben werden
† Möglichst homogene „Fälle“ untersuchen
† Auswahl der zu erhebenden Daten
„
†
Beim axialen Kodieren sollen neue Materialien
„
†
Neue Materialien sollen neue Erkenntnisse bringen
(neue) Zusammenhänge zwischen Kategorien und Konzepten erkennen bzw.
festigen helfen
Beim selektiven Kodieren sollen neue Materialien
„
„
Lücken in der Theoriebildung schließen und
deren Überprüfung möglich machen (Falsifizierbarkeit)
11
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
„theoretical sampling“ (III)
†
Auswahl der „Fälle“
„
„
„
„
„
†
Repräsentanten ihrer selbst (die Person wird als einmalige
Persönlichkeit in ihrer gesamten individuellen Besonderheit
gesehen),
Repräsentanten in ihrem speziellen Kontext (z.B. durch Gruppenoder Berufszugehörigkeit),
Spezielle Personen (die in ihrem Kontext spezielle Aufgaben oder
Rollen innehaben),
Repräsentanten ausgebildeter Subjektivität (durch den Erwerb
bestimmter Wissensvorräte)
Repräsentanten eines interaktiv hergestellten Handlungsraumes
Auswahl und Erhebung erfolgen
12
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Theoretische Sättigung
†
Eine „theoretische Sättigung“ liegt vor, wenn durch das Einbeziehen
neuen Materials :
„
„
„
sich z.B. keine neuen Kategorien mehr finden lassen,
sich die Kategorien in ihrer Bedeutung nicht mehr schärfen lassen,
Sich durch die Durchsicht des vorhandenen Materials keine neuen Kategorien
erarbeiten lassen
T1
T
V
V1
V2
V1 = Vorverständnis
T1 = Textverständnis
V1 = erweitertes Vorverständnis
T1 = erweitertes Textverständnis
usw.
Hernemeutischer Zirkel
bzw. Hermeneutische Spirale
13
Die „grounded theory“
eine kurze Einführung
Rechnergestütze qualitative Forschung
† QDA – Programme
„
AQUAD 6 (Analyse qualitativer Daten)
http://www.aquad.com
„
ATLAS/Ti
http://www.atlasti.de
„
Code-A-Text
http://www.codeatext.u-net.com/
„
KWALITAN
http://www.kun.nl/methoden/kwalitan/
„
NUD.IST
http://www.qsr.com
„
The Ethnograph
http://www.QualisResearch.com
„
MAXQDA
„
http://www.maxqda.de
HYPERRESEARCH
http://www.researchware.com
14
Die „grounded theory“
Zusammenfassung
†
Zu Beginn des Prozesses steht keine Hypothese, sondern ein
Untersuchungsbereich mit einer offenen Fragestellung
†
Auswahl und Erhebung der Daten erfolgen sukzessiv und
Prozessgesteuert
„
„
„
„
„
Die so ausgewählten Daten erhalten eine Adäquanz
Die verwendeten Erhebungsmethoden werden sukzessiv optimiert
Das theoretische sampling stellt eine Kette aufeinander aufbauender
Auswahlentscheidungen entlang des Forschungsprozesses dar.
Die Auswahlkriterien für weitere Datenerhebungen werden im Verlauf der
Forschung zunehmend spezifischer und eindeutiger
Die meisten QDA-Programme sind für die Arbeit nach der „grounded theory“
gut geeignet
15

Documents pareils