Im Gespräch Auf dem Absprung

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Im Gespräch Auf dem Absprung
Report Im Gespräch
Im Gespräch
Balinger Skispringertalent: Pascal Bodmer
Auf dem Absprung
Springer gelten gemeinhin als AdrenalinJunkies. Pascal Bodmer hingegen scheint kontrolliert abgehoben. Der 18-jährige Balinger
ist ein behutsam aufgebautes Talent, das sich
berechtigte Hoffnungen auf eine Teilnahme
an der Olympiade in Vancouver machen darf.
Das Gespräch mit „Wirtschaft Neckar-Alb“
fand irgendwo zwischen Kaffee, Kuchen und
dem nächsten Sprung statt.
WNA: Herr Bodmer, sind Sie eigentlich berufsunfähigkeitsversichert?
Bodmer: Ich bin über den DSV (Deutscher
Ski-Verband) und momentan die Bundeswehr
rundum versichert, aber eigentlich habe ich
mir darüber noch keine Gedanken gemacht.
Ich bin auch immer von Verletzungen verschont geblieben – bis auf einen Beinbruch
mit 10 Jahren. Aber klar, wenn es irgendwann
richtig gut läuft und ich ganz oben stehe,
sorge ich vor.
WNA: Was fühlt man, wenn man oben steht
und weiß, dass es gleich über 100 Meter runtergeht?
Bodmer: Dass es nur wenige machen können.
Es ist schon ein verdammt cooles Gefühl in
150, 160 Metern Höhe durch die Luft zu fliegen. Diese Frage wird mir wohl am häufigsten gestellt, aber bis jetzt sind mir noch nicht
die richtigen Worte dafür eingefallen. Je weiter man fliegt, desto schöner ist es.
„Wenn man das alles
für jemand anderen macht,
sollte man es gleich lassen.“
WNA: Sich bei Wind und Wetter auf zwei dünnen Latten ins Tal katapultieren: Fliegt da nie
die Angst mit?
Bodmer: Im Training bin ich selten nervös, da
läuft alles routiniert. Wenn es arg windig ist,
ist schon eine gewisse Anspannung da. Auch
beim Wettkampf, aber das ist normal, die
braucht man für die eigene Leistung. Nach der
Wintersaison, wenn man nach drei Monaten
zum ersten Mal wieder von der Schanze
springt und sich davor nicht ausreichend um
den Muskelaufbau gekümmert hat, kann’s
schon mal wackelig werden. Aber ich hake
schlechte Sprünge einfach ab, es bringt nix
sich dabei zu verkopfen. Der Kopf setzt beim
Springen ja schon genug um – Bewegungsabläufe koordinieren, Winkelöffnung und so
22 WIRTSCHAFT Neckar-Alb
Wenn sie im Dezember und Januar wieder im Fernsehen von der Schanze springen, darf man diesem sympathischen Greenhorn die Daumen drücken: Pascal Bodmer.
Foto: Privat
weiter –, damit es so leicht läuft, wie es im
Fernsehen letztlich aussieht.
WNA: Wie kommt man auf der Alb zum Skispringen?
Bodmer: Angefangen habe ich ja hier drüben
in Meßstetten: Von der 40-Meterschanze im
Sommer und der 60-Meterschanze im Winter.
Mit 5 habe ich meinem Bruder Patrick bei Wettkämpfen zugeschaut und dann wollte ich das
auch machen. Wir waren sogar zusammen auf
demselben Skiinternat in Furtwangen, etwa
drei Jahre lang. Aber mein Bruder tat sich insgesamt schwerer mit der Profikarriere, musste wegen einer Knieverletzung aufhören.
WNA: Während ihre Kindergartenkameraden
in Sandkästen spielten, sind sie also von
Schanzen gesprungen?
Bodmer: Das klingt härter als es eigentlich ist.
Man steigert sich natürlich langsam. Wie im
Hallenbad zum Beispiel: Da springt man auch
nicht gleich vom Zehn-Meter-Brett! Auf die
richtig großen Schanzen wird man also gut
vorbereitet.
WNA: Erzgebirge, Bayern, Allgäu, Schwarzwald – die Wiege deutscher Skispringer liegt
nicht unbedingt im Zollernalbkreis. Fühlen
Sie sich der Region diesbezüglich irgendwie
„verpflichtet“?
Dezember 09/Januar 10
Bodmer: Nein. Ich hatte einfach Talent, trainiere bis heute mit Schwarzwäldern, Allgäuern, aber verpflichtet fühle ich mich nur mir
selbst. Wenn man das alles für jemand anderen macht, sollte man es gleich lassen. Aber
ich bin sehr gerne hier, auch jetzt, wo ich in
Freiburg lebe. Ich unternehme nach wie vor
viel mit dem alten Freundeskreis – man kennt
sich halt schon ewig.
WNA: Skispringen ist eigentlich ein Saisongeschäft. Wie trainieren Wintersportler wie
Sie eigentlich die restlichen drei Jahreszeiten?
Bodmer: In der warmen Jahreshälfte springen
wir draußen von der Keramikschanze und
landen auf befeuchteten Kunststoffmatten.
Aber nach der Wintersaison, Ende März, ist
erst mal komplette Pause angesagt. Ab Mai
beginnen dann die ersten Lehrgänge, in Athletik zum Beispiel, wo man ein paar Dinge
wieder aufbaut. Der Sommer ist eigentlich die
Vorbereitung für den Winter, weil im Winter
aus Zeitgründen kein Training mehr möglich
ist: man zehrt sozusagen davon.
WNA: Sind dann Sommerwettkämpfe keine
zusätzliche Belastung?
Bodmer: Im Sommer ist man vom Training
müde, okay. Aber man hat dort eben einen
Vergleich und der ist notwendig. Außerdem
passieren Verletzungen fast ausschließlich

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