Ich will nicht ewig Junioren

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Ich will nicht ewig Junioren
Report Im Gespräch
beim Warmmachen, in der Halle. Direkt an
der Schanze eher selten. Die Sommertermine
nehme ich mit, weil sie geballt, aber sehr kurz
sind. Dieses Jahr kamen meine Sprünge nicht
so rüber, aber mittlerweile ist die Sicherheit
wieder absolut da.
zwar nicht unbedingt benachteiligt worden,
haben aber von diesem Hoch nicht allzu sehr
profitiert. Vor drei Jahren hat der DSV den
österreichischen Trainer Stefan Horngacher
für die Jugend geholt, das war ein Wendepunkt, besonders für mich.
WNA: Welche Chancen rechnen Sie sich für
die jetzt startende Skisprung-Saison aus?
WNA: Inwiefern?
Bodmer: Unter die Top 15 im Gesamt-Weltcup kommen. Das wird schwer, aber wer das
Mögliche erreichen will, muss sich das Unmögliche vornehmen.
WNA: Wie werden Sie die Olympischen Winterspiele vom 12. bis 28. Februar 2010 in
Vancouver verfolgen?
Bodmer: Vor Ort, davon gehe ich schon aus.
Das deutsche Aufgebot steht allerdings erst
dann, wenn die Saison schon läuft. Man will
sehen, wie wer in welcher Form ist. Ein paar
Springer sind vom DSV schon vorher anvisiert, die müssen sich beweisen.
„Vom Hoch mit Hannawald
und Schmitt hat der Nachwuchs
nicht sehr profitiert“
WNA: Lob von Bundestrainer Werner Schuster gab es ja schon bei der letzten Vierschanzentournee. Angenommen Sie sind dabei in
Kanada: Wäre damit das persönliche Ziel erreicht?
Bodmer: Nein, wenn ich dort hinfahre, will ich
unter die ersten fünfzehn. Aber die Saison hat
noch nicht begonnen, man muss also abwarten. Will ich nach Olympia, darf ich mir über
das Hinkommen keine Gedanken machen. Ich
bin gut drauf, aber die paar Wochen brauche
ich auch noch, um mein Ziel zu erreichen.
WNA: Die großen Erfolge blieben in den letzten Jahren aus. Woran hapert es zurzeit im
deutschen Skisprung?
Bodmer: Solche Phasen wie jetzt kann es
immer geben, das ist kein grundsätzliches
Problem. Zumindest nicht mehr. Der Skisprung-Nachwuchs wurde schließlich nach
dem Hoch mit Hannawald und Schmitt nicht
gerade bestens gefördert.
WNA: Der Nachwuchs sind doch eigentlich
Sie! Wurden Sie etwa nicht gefördert?
Bodmer: Schon. Aber ich hatte eben etwas
mehr Glück als andere Jahrgänge – die von
’85 bis ’87 fehlen ja fast komplett. Bei meinem Bruder, der nur drei Jahre älter ist, lief
die Förderung auch nicht optimal. Wir sind
Bodmer: Er hat mein Potenzial entdeckt, durch
ihn bin ich auch früher ins Skiinternat nach
Furtwangen gekommen und schließlich fest
in den B-Kader. Für mich war Horngacher einfach ein Glücksfall und zur rechten Zeit am
rechten Ort. Ohne ihn hätte man mich damals
vermutlich fallen lassen. Heute schaut man
beim Verband viel stärker auf die Nachwuchsförderung, man ist dran, lässt wenig
anbrennen. Die großen Erfolge sind sicher nur
eine Frage der Zeit.
WNA: Wie sehr bestimmt der Sport momentan Ihr Leben?
Bodmer: Ich bin jetzt Profisportler, das nimmt
schon viel Raum ein. Das Training hat Vorrang vor allem, Privates wird untergeordnet
– aber das war eigentlich immer so. Jetzt in
der Bundeswehr haben wir mehr Freizeit, als
im Internat: Wir trainieren vormittags und
haben nachmittags frei. Dass die Bundeswehr
einen nach zwei Monaten Grundausbildung
komplett für den Sport freistellt, hat meine
Entscheidung schon beeinflusst.
eine Rolle. Zurückgetretene Jungstars wie
Springer Sven Hannawald oder Fußballer Sebastian Deisler, sollen nur auf der Schanze
oder dem Platz glücklich gewesen sein. Was
bereitet Ihnen vergleichbare Freude?
Bodmer: Meine Familie, meine Freunde, Feiern gehen – eben alles, was so dazu gehört.
Beim Skispringen ist es einfacher wie im Massensport Fußball, man kommt da eher raus.
Aber einen Ausgleich oder Abstand zum Sport
zu haben ist wichtig, deshalb habe ich auch
vor zu studieren. Technische oder wirtschaftliche Themen könnte ich mir vorstellen. Das
Springen sollte allerdings nicht darunter leiden. Beides muss passen.
„Ich will nicht ewig JuniorenWeltmeister bleiben“
WNA: Was wird kommen, wenn das Leben des
Profisportlers mal vorbei ist?
Bodmer: Auf jeden Fall dem Sport verbunden
bleiben. Wenn ich bekannt genug geworden
bin … vielleicht als Moderator wie Dieter
Thoma arbeiten. Ein Trainerjob reizt mich
noch nicht wirklich.
WNA: Spüren Sie bereits ein wachsendes Medieninteresse?
Bodmer: So richtig große Erfolge hab ich ja
noch nicht gebracht. Nachdem ich in Zakopane mit dem Team Gold geholt habe, war das
Medienecho schon etwas vorhanden. Das war
schön, aber mir ist es eher wichtig, dass ich
einmal ganz vorne bin. Ich will schließlich
nicht ewig Junioren-Weltmeister bleiben.
WNA: Skispringen ist eine Einzelsportart,
aber im Team ist man mit verantwortlich. Wie
gehen Sie damit um?
Bodmer: Im Team verteilt sich der Druck eher:
Springen alle schlecht, wächst die Kritik von
außen, springt einer gut, wird diese wieder
abgebaut. Ich trainiere ja auch nicht allein,
bin ständig im Vergleich, duelliere mich kollegial, um die Leistung zu steigern. Jeder vertraut dem anderen und weiß, dass er das Beste
gibt. Der Sprung fürs Team ist also wie beim
Einzelwettkampf. Alles andere macht einen
nur unnötig verrückt: Man kann nicht mehr
zeigen, als man draufhat.
Will nicht ewig Junioren-Weltmeister bleiben:
Pascal Bodmer aus Hossingen.
Foto: IHK
Pascal Bodmer wurde 1991 in Balingen
geboren. Bereits mit elf Jahren war er
zweitbester Skispringer des Deutschen
Skiverbands (DSV). 2006 bis 2009 wurde
sein Talent in Furtwangen gefördert, wo er
bald als Aushängeschild des Skiinternats
galt. Er wurde 2008 doppelt Deutscher
Meister (Herren und Junioren) und gewann im selben Jahr bei den JuniorenWeltmeisterschaften in Zakopane (Polen)
Gold im Team. Derzeit leistet er bei Freiburg seinen Wehrdienst, wo er später auch
studieren möchte. Bis heute startet Bodmer bei bundesweiten Wettkämpfen für
seinen Heimatverein SV Meßstetten.
WNA: Im Profisport spielt auch die Psyche
WIRTSCHAFT Neckar-Alb
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