Der SHE-Assay als In-vitro-Methode zur Vorhersage einer

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Der SHE-Assay als In-vitro-Methode zur Vorhersage einer
Der SHE-Assay als In-vitro-Methode
zur Vorhersage einer möglichen
krebserzeugenden Wirkung für die
Substanzgruppe der aromatischen Amine
Sabine Plöttner, Kerstin Schmitz, Heiko U. Käfferlein, Thomas Brüning
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
Hintergrund
Methode
Im SHE-Assay werden Hamsterembryonalzellen
(SHE-Zellen) eine Woche lang mit der zu prüfenden
Substanz behandelt (Abb. 1). Anschließend werden die Präparate histologisch gefärbt und es wird
unter dem Stereomikroskop beurteilt, ob sich die
Morphologie der behandelten Zellen im Vergleich
zu unbehandelten Kontrollzellen verändert hat,
d. h. ob die Zellen morphologisch transformiert sind
(Abb. 2).
Aromatische Amine werden in verschiedenen Branchen verwendet, z. B. bei der Herstellung von Farbstoffen, Pigmenten, Arznei- oder Pflanzenschutzmitteln. Sie können aber
auch als Nebenprodukte bei industriellen Prozessen entstehen. Zahlreiche aromatische Amine stehen unter Verdacht,
krebserzeugend zu wirken. Eine Prüfung auf mögliche krebserzeugende Wirkungen wird gewöhnlich in Langzeitstudien
an Nagetieren durchgeführt. Ein vielversprechendes, alternatives Testverfahren – anstelle oder zumindest ergänzend zu
den Langzeit-Kanzerogenitätsstudien – zur Vorhersage einer
möglichen krebserzeugenden Wirkung von Chemikalien ist
der SHE-Assay (SHE: engl. Syrian Hamster Embryo). Bisher
publizierte Studien zeigen eine hohe Übereinstimmung zwischen Ergebnissen des SHE-Assay mit Resultaten aus Langzeit-Kanzerogenitätsstudien. Im Rahmen einer Pilotstudie
wurden am IPA fünf repräsentative Vertreter aus der Gruppe
der aromatischen Amine im SHE-Assay (bei pH 6,7) untersucht: 2-Naphthylamin, o-Toluidin HCl, 2,4-Diaminotoluol,
p-Phenylendiamin 2 HCl und Anilin.
Einsaat
von
Feederzellen
Einsaat
von
Targetzellen
+ 2 ml
Zugabe
der
Testsubstanz
Fixierung
&
Färbung
+ 4 ml
+ 2 ml
7 Tage Inkubation
Tag
1
2
3
Abb. 2: Petrischale (Ø 60 mm) mit angefärbten
SHE-Kolonien (nach 7 Tagen Substanzinkubation).
Übersicht und vergrößerter Ausschnitt einer normalen Kolonie (rechts oben) bzw. einer morphologisch transformierten Kolonie (rechts unten).
10
Abb. 1: Zeitliches Schema zum Versuchsablauf
des SHE-Assay
Ergebnisse und Diskussion
2-Naphthylamin (2-NA)
o-Toluidin HCl (o-Tol)
3
*
*
*
60
2
40
*
1
0
20
40
60
0
80
10
100
8
3
60
2
40
*
1
200
300
400
2
4
6
8
10
12
14
MTF
RPE
120
100
80
60
4
40
20
0
200
400
600
800
120
100
80
6
60
*
4
0
140
40
MTF
RPE
0
20
40
60
20
0
80
2,4-DT-Konzentration [μg/ml]
6
0
0
16
0
600
500
2
20
0
100
*
*
2
1000
RPE [%]
80
RPE [%]
4
8
20
*
Anilin
5
0
0
*
p-Phenylendiamin 2 HCl (PPD)
120
80
*
*
*
MTF
RPE
o-Tol-Konzentration [μg/ml]
MTF
RPE
10
40
2-NA-Konzentration [μg/ml]
6
MTF [%]
20
MTF [%]
0
MTF
RPE
100
60
*
12
MTF [%]
MTF [%]
80
120
RPE [%]
4
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
RPE [%]
100
RPE [%]
5
MTF [%]
120
6
2,4-Diaminotoluol (2,4-DT)
*
Abb. 3: SHE-Assay-Ergebnisse (7 Tage Inkubation)
für 3 kanzerogene aromatische Amine (2-Naphthylamin, o-Toluidin HCl und 2,4-Diaminotoluol) und
zwei nicht als kanzerogen bzw. als krebsverdächtig
eingestufte aromatische Amine (p-Phenylendiamin
2 HCl bzw. Anilin).
MTF: morphologische Transformationsfrequenz
(Maß für die morphologische Transformation)
RPE: relative Plattierungseffizienz
(Maß für toxische Effekte)
0
1200
Anilin-Konzentration [μg/ml]
PPD-Konzentration [μg/ml]
Tab. 1: Vergleich der Ergebnisse aus der aktuellen Pilotstudie mit publizierten Daten.
Testsubstanz
SHE-Assay Ergebnisse
(Test bei pH 6,7)
Krebserzeugend
Aktuelle Publizierte im Tierversuch
Studie
Daten
Klassifizierung der
Kanzerogenität
IARC
MAK
2-Naphthylamin
+
+[1]
+
1
1
o-Toluidin HCl
+
+[1, 2]
+
1
1
2,4-Diaminotoluol
+
+[1, 3-5]
+
2B
2
p-Phenylendiamin 2 HCl
−
−[3]
−
3
3B
Anilin
−
+
3
4
[1] Engelhardt et al. (2004) Toxicol. In Vitro 18,
[4] Pant et al.
[2] LeBoeuf et al.
[5] Pant et al.
213-218.
(1996) Mutat. Res. 356, 85-127.
[3] Kerckaert et al. (1998) Toxicol. Sci. 41, 189-197.
(2012) Mutat. Res. 744, 54-63.
(2008) Mutat. Res. 654, 108-113.
Für drei kanzerogene aromatische Amine (2-Naphthylamin,
o-Toluidin HCl und 2,4-Diaminotoluol) wurde eine signifikante,
prozentuale Zunahme an morphologisch transformierten SHE-ZellKolonien ermittelt. Demgegenüber wurden negative Resultate für
die zwei nicht als kanzerogen bzw. als krebsverdächtig eingestuften
aromatischen Amine (p-Phenylendiamin 2 HCl und Anilin) erhalten
(Abb. 3 und Tab. 1).
Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen damit und zusammen mit
Daten aus der Literatur, dass sich der SHE-Assay als In-vitro-Methode
zur Abschätzung des kanzerogenen Potenzials aromatischer Amine
eignet und damit ein Testverfahren zur schnellen Kanzerogenitätstestung dieser industriell wichtigen Substanzgruppe zur Verfügung
steht.

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