YIPS - Der Dämon des Golfers
Transcription
YIPS - Der Dämon des Golfers
YIPS - Der Dämon des Golfers EIN BEITRAG VON DR. GERD KINDL, APOTHEKER AUS VATERSTETTEN "Hast Du Yips?"- eine schlimmere Frage kann man einem Golfer nicht stellen, wenn er gerade einen wichtigen Einmeter-Putt verschoben hat. Die Folgen können verheerend sein: Bei den nächsten Putts rasen dem Spieler tausend Gedanken durch den Kopf, ein im Grunde einfacher Schwung wird zum Desaster. Eichenrieds ClubMitglied Dr. Gerd Kindl berichtet, was hinter Yips stecken und wie man den Dämon der Golfer besiegen könnte. Nach Tipps zum richtigen Sonnenschutz im Was versteht man unter Yips? Der Begriff Yips wurde erstmals in den 30er Jahren von dem Golfprofi Tommy Armour geprägt, der wegen dieser Art der Behinderung beim Putten als Professional mit dem Turniergolf aufhören musste. Stress als Verursacher für die „Krankheit zwischen den Ohren“ Yips äußert sich in plötzlichen, unwillkürlichen, ruckartigen Bewegungen der Hände und der Vorderarme. Das damit verbundene nicht kontrollierbare Zucken, Zittern und Verkrampfen erschwert eine rhythmische, ruhige Pendelbewegung. Im schlimmsten Fall kann auch eine momentane Blockierung des Schwungs auftreten. Beim Putten verharrt der Spieler dann oft Minuten über dem Ball, unfähig einen ruhigen Schwung durchzuführen ("Freezing" bzw. "Einfrieren"). Wenn man bedenkt, dass etwa ein Drittel aller Schläge auf dem Grün erfolgt und der letzte Schlag über einen guten Score entscheidet, kann man sich vorstellen, wie Yips-Probleme Golfer zur Verzweiflung treiben können. Yips kann aber nicht nur beim Putten auftreten sondern auch beim Abschlag ("Driver-Yips"), bei Fairway-Schlägen mit Holz oder Eisen und bei kurzen Chips. Typisch ist das Anziehen der Arme ("Chicken Wings") oder das Abbremsen der Schwungbewegung. Bekanntes Yips-Opfer: Bernhard Langer Die schlechte Nachricht vorweg: Yips kann jeden treffen, plötzlich und unverhofft, egal ob im Turnier oder während einer privaten Golfrunde. Das Heimtückische ist, dass die Beschwerden nicht bei jedem Spiel auftreten, sondern unvermittelt vorkommen können. Diese Unberechenbarkeit macht den Golfer noch mehr verrückt, weil er keine verlässliche Strategie und keine gezielte Vorbereitung entwickeln kann. Nach einer Studie der Mayo Klinik ( 2000) berichteten ca. 30 % der Spieler über Yips-Symptome. Erstaunlicherweise werden vorwiegend Spieler mit niedrigem Handicap (unter 12) von Yips geplagt und sogar Weltklassespieler. Bekannt gewordene "Yipser" sind z. B. Ben Hogan, Sam Snead, Bernhard Langer, Mark O'Meara oder Tom Watson. Erinnert sei an Sergio Garcia, der die Arme bis zu 20 Mal angezogen hat, bis er endlich den Schwung durchführte. 68 Fairway 13 Fairway Magazin 2012, weiß Dr. Gerd Kindl nun Wissenswertes über Golfers Zucken namens Yips zu berichten. Als der Schwede Robert Karlsson wegen unwillkürlicher Muskelzuckungen, die ihn beim Schwung blockierten, aus den Top 10 der Weltrangliste flog und er verzweifelt nach der Ursache suchte, haben ihm seine Sportpsychologen erklärt, dass es sich bei seinem Problem um einen Kurzschluss zwischen seinen beiden Gehirnhälften handelt (FAZ 5. 12. 2012). Eine Theorie, die von vielen Experten geteilt wird. Neuere Untersuchungen sprechen dafür, dass Yips durch eine Kombination einer neurophysiologischen und einer psychischen Störung hervorgerufen wird. Mediziner sprechen von einer fokalen Dystonie mit aktionsspezifischen Spasmen ("Golferkrampf"). Offensichtlich spielt dabei ein gestörtes Zusammenspiel verschiedener Hirnareale wie Kleinhirn und Großhirn eine Rolle, die beim Putten Emotion, Motivation, Koordination und analytische Funktionen steuern und in Gleichklang bringen sollen. Ein bekannter Golftrainer hat treffend von einer "Krankheit zwischen den Ohren" gesprochen. Auslösende Faktoren sind starke psychische und mentale Belastungen, wie sie besonders bei Turnieren herrschen. Jeder Golfer weiß aus Erfahrung, dass gerade die vermeintlich leichten, kurzen Einmeter-Putts Stress verursachen. Der Spieler setzt sich durch eine zu große Erwartungshaltung enorm unter Druck, er wird nervös, aufgeregt. Dieses "Lampenfieber", gepaart mit der Angst bei den entscheidenden Putts zu versagen, verstärkt die unkontrollierbaren Muskelbewegungen. Was tun gegen Yips? Diese Frage stellen sich viele verzweifelte Golfer. Nachdem die Ursachen so komplex sind, ist es bisher nicht gelungen, eine für jeden Spieler zutreffende effektive Therapiemethode zu entwickeln. Dementsprechend gibt es zahlreiche Ratschläge, Tipps und Tricks von Pros oder von "geheilten" Yipsern" im Internet (einfach "Yips beim Golf" googeln), viele Bücher, z. B. von Hank Haney, dem langjährigen Trainer von Tiger Woods ("How To Cure The Yips Forever"), oder von Dave Pelz, dem Guru des kurzen Spiels ("The Short Game Bible"). Nachdem die Yips-Forschung FITNESS Royal & Ancient Golfclubs zu einem Kompromiss entschlossen: Die langen Putter dürfen zwar weiter benützt werden, aber ab Januar 2016 soll es verboten sein, diese am Körper zu verankern. Man ist der Ansicht, dass es dem Wesen des Golfspiels mehr entspricht, wenn alle Schläger frei geschwungen werden. 2. Ändern der Putt-Technik Um den Schwungablauf gezielt zu verändern, muss dieser zuerst genau analysiert werden. Mit modernen Videoanlagen mit Zeitlupe kann man den Schwung genau verfolgen, High TechMesssysteme wie das SAM PuttLab, wie es die Golfakademie im Golfclub München Eichenried hat, zeichnen Puttbewegung und Schlägerkopfrotation exakt auf und ermöglichen so eine Fehlerkorrektur. In vielen Fällen wird eine Änderung der Griffhaltung empfohlen. Ein zu fester Griff erschwert eine gefühlvolle, flüssige Bewegung, die - nach gängiger Lehrmeinung - mehr aus den Schultern gesteuert werden soll. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Putter für eine gleichmäßige Bewegung stabil zu halten, z. B. Ändern der Körperhaltung, Wechseln der Führungshand (z. B."Cross-Handed"), Anlehnen des Schaftes an den Unterarm u. ä.. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, man denke nur an die eigenartige Griffhaltung des Golfprofis Chris di Marco. Der Belly-Putter war die Lösung von Bernhard Langers YipsProblem. In Zukunft dürfen die langen Putter nicht mehr am Körper verankert werden. bei uns im Vergleich zu den USA noch am Anfang steht, haben sich verschiedene Forschungsgruppen, z. B. das deutsche Yips Institut (Yips-Test unter www.deutsches-yips-institut.de), vorgenommen, dieser Golferplage wissenschaftlich auf den Grund zu gehen und daraus Behandlungsmethoden zu entwickeln. 1. Zum Belly-Putter wechseln Das am häufigsten praktizierte und wohl auch erfolgreichste Mittel ist der Wechsel auf einen Putter mit längerem Schaft: Der "Belly-Putter" reicht bis zum Bauchnabel, der Longputter ("Broomstick" oder "Besenstiel") bis auf Brust- oder sogar Kinnhöhe. Mit solchen Geräten behebt man zwar nicht die eigentliche Ursache des Yips, aber da sich die unkontrollierbaren Bewegungen nicht so stark auf die Schlagfläche übertragen, wird man bald wesentlich präziser und selbstbewusster beim Putten. Bernhard Langer hat zum Beispiel der Wechsel auf einen Langputter geholfen, seine Yips-Probleme zu lösen. Inzwischen spielen auf der Tour immer mehr Weltklassespieler wie der Australier Adam Scott oder der Südafrikaner Tim Clark mit Langputtern, nicht weil sie unter Yips leiden, sondern weil sie mit einem langen Putter einfach bessere Ergebnisse auf den Grüns erzielen. Es ist offensichtlich ein Vorteil, wenn der längere Schaft am Bauch oder an der Brust fixiert werden kann. Um wieder gleiche Bedingungen herzustellen, hat man sich bei den Regelverbänden des 3. Mentales Training durchführen Weil sich Yips unter Stressbedingungen verschlimmern kann, werden in Coaching-Seminaren, in Büchern oder auf DVD's zahlreiche Übungen zur Entspannung, zur Förderung der Konzentration und zu positivem Denken oder das Erlernen einer richtigen Atemtechnik angeboten. Manch verzweifelter Golfer investiert sogar in mehrere Sitzungen einer Golfhypnose. Aber Vorsicht: Die dauernde, zu intensive gedankliche Beschäftigung, das Grübeln über mögliche Ursachen und der Versuch, jede Bewegung zu kontrollieren, können auch das Gegenteil bewirken und die Beschwerden noch mehr verstärken. Auch hat sich gezeigt, dass eine zu lange Vorbereitung, z. B. intensives Suchen der Breaks und langes Studieren der Puttlinie sowie ein zu langes Verharren über dem Ball, die Situation eher verschlimmern kann. Der Rat von Experten: Yips keine Chance geben, sich im Kopf festzusetzen. Also: Keine lange Vorbereitung, keine Probeschwünge mehr, Ball vergessen, auf Schwung vertrauen. Grundprinzip: Negative Gedanken ausschalten und die Bewegung vom Körper steuern lassen. Vielleicht ist für Yips geplagte Golfer der einfache Rat eines Sportpsychologen auch der erfolgversprechendste: "Betrachten Sie Golf als entspannendes Spazierengehen mit Bälle schlagen." Literatur • Moritz Fischer: Motorische Organisation und dystonische Störungen im kurzen Golfspiel - das "Yips" Phänomen. Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Humanmedizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München, 2007 • Christian Marquart: Yip, Yip Hurra, Golf Journal, Juni 2011 Fairway 13 69