Lichtstreuung an Polymerlösungen

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Lichtstreuung an Polymerlösungen
Franziska Hofmann, Stephan Steinmann
17. Februar 2007
Lichtstreuung an Polymerlösungen
1
Einleitung
Oszillierende elektromagnetische Strahlung (Licht) führt zu schwingenden Dipolmomenten in Teilchen, da
die elektromagnetische Welle mit den Elektronen wechselwirkt. Die schwingenden Dipole senden wiederum selbst elektromagnetische Strahlung aus, dies ist das Streulicht. Elastische Streuung besitzt dieselbe
Energie (bzw. Wellenlänge) wie das eingestrahlte Licht. Bei inelastischer Streuung kommt es zu einem
Energieaustausch: Das bestrahlte Molekül kann entweder Energie aufnehmen oder abgeben, dies führt
zum Raman-Eekt und ist hier nicht weiter von Bedeutung.
In einem ideal homogenen Medium tritt destruktive Interferenz in alle Richtungen ausser der Ausbreitungsrichtung des eingestrahlten Lichts auf, so dass kein Streulicht beobachtet werden kann. Lösungen
sind keine ideal homogenen Gemische, auch reine Lösungsmittel nicht: Dichteuktuationen treten immer
auf. In Lösungen treten zudem auch noch Konzentrationsuktuationen auf. Diese sind es, welche bei der
statischen Lichtstreuung ausgenutzt werden. Die Dichteuktuationen werden durch Messung des reinen
Lösungsmittels subtrahiert.
Lichtstreuung an Partikeln, die wesentlich kleiner sind als die Wellenlänge des eingstrahlten Lichts, wird Rayleigh Streuung genannt.
Die Rayleigh Streuung ist abhängig vom Einstrahlungswinkel und proportional zur Masse der Partikel. Diese Abhängigkeit macht die Methode
interessant zur Bestimmung der molaren Masse von Makromolekülen. Zudem ist die Lichtstreuung strukturabhängig, so dass auch Aussagen über
die Form der Moleküle gemacht werden können. [2]
Abbildung
Für verdünnte Lösungen gelöster Teilchen, deren Grösse im Bereich
1:
Schematischer
Aufbau eines Streulicht Messge-
der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts liegt und deren Form eine Gauss
räts. Der Correlator wird für
Kette (oder random coil) entspricht, kann gezeigt werden, dass folgende
die statische Lichtstreuungsmes-
Gleichung gilt:
sung nicht benötigt. [1]
K·c
=
Rθ
1
q2
+ 2A2 c + 3A3 c2 + ... 1 + r2g
3
Mw
(1)
Mw das Massenmittel des Molekulargewichts, θ der Winkel
zwischen eingestrahltem Licht und Detektor, A2 und A3 sind die zweiten und dritten Virialkoezienten,
θ
rg ist der Trägheitsradius und q = 4π
λ · sin ( /2), λ ist die Wellenlänge des eingestrahlten Lichts im Streumedium (also λ = λ0/n)
Rθ ist das Rayleigh-Verhältnis:
is r2
Rθ =
I0 (1 + cos2 θ)
Hierbei gilt: c ist die Massenkonzentration,
wobei
I0
die eingestrahlte Intensität, is die Intensität des Streulichts und r der Abstand des Beobachters-
zum Streuzentrum ist.
Die letzte zu erklärende Grösse ist K:
2π 2 n2 dn
dc
K=
NA λ40
Hierbei ist n der relative Brechungsindex und
2
(2)
dn
dc das Brechungsindexinkrement, d.h. dieser Ausdruck gibt
die Abhängigkeit des Brechungsindex von der Konzentration an.
Um die Parameter
•
Für jede Konzentration wird
h
•
Mw , A2 und r2g
i
K·c
Rθ q2 =0
=
zu erhalten werden folgende lineare Regressionen durchgeführt:
Kc
∂R
K·c
2
θ
gegen q aufgetragen und die Steigung
und der Achsenabschnitt
Rθ
∂q2
K·c
R0 bestimmt.
Die Achsenabschnitte werden gegen die Konzentration aufgetragen, wodurch wiederum eine Gerade erhalten wird. Der Achsenabschnitt dieser Geraden liefert das Inverse des Massenmittels des
1
Molekulargewichts:
1
K·c
=
R0 c=0
Mw
(3)
und die Steigung der Geraden liefert den Virialkoezienten
A2 :
K·c
A2 =
•
1 d R0
2 dc
(4)
Die Steigungen werden ebenfalls gegen die Konzentration aufgetragen, woraus eine Gerade resultiert,
deren Achsenabschnitt den Trägheitsradius liefert gemäss
"
r2g = 3Mw
Kc
∂R
θ
∂q2
#
(5)
c=0
Gleichung 1 ist eine Gleichung mit zwei unabhängigen Variabeln (c und
θ
2
bzw. q ), das heisst, es
müssten 3D-Plots verwendet werden um die Werte aufzutragen. Da man lieber mit 2D-Darstellungen
arbeitet, wurde das Zimm-Diagramm entwickelt:
Kc
Rθ wird gegen
q2 + kc
aufgetragen (was dann als eine
Variable angesehen wird), wobei k eine willkürliche Konstante ist, welche man so wählt, dass eine günstige
Darstellung der Werte resultiert. Im Prinzip sollte eine Reihe von geraden Linien erhalten werden. Ist dies
nicht der Fall, so ist dies ein Hinweis darauf, dass das gewählte Modell nicht korrekt ist.
2
Experimentelles
5 ml einer Lösung von 10 g/L Polystyrol in Toluen wurde angefertigt. Daraus wurden vier Verdünnungen
hergestellt mit Konzentrationen von 8, 6, 4 und 2 g/L.
Alle Lösungen wurden ltiert und es wurden jeweils drei statische Lichtstreumessungen durchgeführt bei
Winkeln zwischen 50 und 150 Grad. Gemessen wurde alle 10 Grad.
Die Daten für die Messung des reinen Lösungsmittel und die optischen Parameter (Brechungsindex und
Brechungsindexinkrement) wurden aus einer früheren Messung übernommen.
3
Ergebnisse
Abbildung 2 zeigt die erhaltenen Rohdaten, welche auch in Tabelle 1 enthalten sind. Um nur den linearen
Bereich zu berücksichtigen, wurden für die weiteren Auswertungen nur die Werte von Winkeln zwischen
70 und 140 Grad verwendet.
Für die fünf Konzentrationen wurden lineare Regressionen durchgeführt. Da der Fehler für die Messwerte
2.5E-05
Kc/R/(mol g-1)
2.0E-05
10 g/L
8 g/L
6 g/L
4 g/L
2 g/L
1.5E-05
1.0E-05
5.0E-06
0.0E+00
0.0E+00
2.0E+14
4.0E+14
6.0E+14
8.0E+14
q2/cm-2
Abbildung 2: Auftragung aller Messwerte
2
Kc
2
Rθ gegen q .
nicht konstant ist, wurden die Werte nach dem absoluten Fehler gewichtet. Die Resultate der linearen
Regressionen von
K·c
2
Rθ gegen q führen zu den in Tabelle 2 zusammengefassten Resultaten. Mit diesen
Werten wurden wieder gewichtete lineare Regressionen durchgeführt, wie die Abbildungen 3 und 4 zeigen.
Aus den daraus resultierenden Parametern lassen sich gemäss den Gleichungen 3 - 5 die gesuchten Werte
bestimmen:
• Mw
• A2
• r2g
= 150'000±20'000 g/mol.
= 5.25±0.05
= 10±2
1.8x10
-5
1.6x10
-5
1.4x10
-5
1.2x10
-5
1.0x10
-5
8.0x10
-6
10−18
0.002
10−4 mol cm3 g−2
2
cm
0.004
→ rg ≈
0.006
30 pm.
0.008
4.5x10
-21
4.0x10
-21
3.5x10
-21
3.0x10
-21
2.5x10
-21
2.0x10
-21
1.5x10
-21
1.0x10
-21
5.0x10
-22
0.010
0.002
0.004
0.006
0.008
0.010
Abbildung 3: Auftragung der Achsenabschnitte aus
Abbildung 4: Auftragung der Steigungen aus Ta-
Tabelle 2 gegen die Konzentration.
belle 2 gegen die Konzentration.
Gleichung:
m·c+b
Mit m=1.050±0.009
4
Gleichung:
10−3
und b= 6.77±0.05
10−6
m·c+b
10−19
Mit m=3.7±0.3
und b= 2.1
10−23
Diskussion
Das erhaltene Molekulargewicht von 150'000 g/mol liegt deutlich über dem oziellen Wert von 94'900
g/mol, der auf der Flasche angegeben war. Zwar liegt ein Fehler von 30-80% vor, aber die Grössenordnung des Resultats ist zumindest korrekt. Dieser relativ grosse Fehler kann mehrere Ursachen haben:
Die Konzentration der Proben könnte nicht exakt gewesen sein, sowohl Fehler bei der Herstellung der
Stammlösung als auch bei den Verdünnungen wären zu berücksichtigen. Des weiteren kann es sein, dass
das Lösungsmittel nicht vollständig rein war. Wie genau die Messwerte für das Brechungsindexinkrement
und für die Werte für Toluen selbst sind, welche aus vorgängigen Messungen übernommen wurden, können
wir nicht wissen.
Ausserdem ist Lichtstreuung eine Methode, welche eher für noch grössere Moleküle eingesetzt wird, da
die Messungenauigkeiten für kleine Moleküle beträchtlich sind.
Es soll auch darauf hingewiesen werden, dass die Bestimmung des Trägheitsradius nicht ernst zu nehmen ist: Die Abhängigkeit von der Struktur der Partikel spielt eigentlich nur eine Rolle, wenn diese eine
ähnliche Grösse besitzen, wie die Wellenlänge des verwendeten Lichts - und dies ist hier nicht wirklich
gegeben. Es ist anzunehmen, dass deshalb das Resultat für den Trägheitsradius so klein ist, denn 30 pm
ist keineswegs realistisch.
4.1
Weshalb ist der Himmel am Tag blau?
Wie die Denition von K (Gleichung 2) zeigt, ist Rayleigh Streuung ist proportional zu
λ−4 .
Deshalb ist
der Himmel am Tag blau: Das blaue Licht hat eine wesentlich kürzere Wellenlänge als das rote Licht,
weshalb es viel stärker gestreut wird. Am Abend tritt oft ein roter Himmel auf, wenn das blaue Licht aus
der Ausbreitungsrichtung des Sonnenlichts weggestreut wird.
3
−1
2
−2
30
4.69
13
40
8.19
50
1.25
60
1.75
70
2.30
80
2.89
90
3.50
100
4.11
110
4.70
120
5.25
130
5.75
140
6.18
150
6.53
50
1.25
60
1.75
70
2.30
80
2.89
θ/Grad
c/gL
10
8
6
q /cm
90
3.50
100
4.11
110
4.70
120
5.25
130
5.75
140
6.18
150
6.53
50
1.25
60
1.75
70
2.30
80
2.89
90
3.50
100
4.11
110
4.70
120
5.25
130
5.75
140
6.18
150
6.53
10
1013
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
1014
Kc
−1
)
Rθ /(mol g
−5
2.08 10
−5
1.79 10
−5
1.86 10
−5
2.04 10
−5
1.77 10
−5
1.83 10
−5
1.88 10
−5
1.86 10
−5
1.86 10
−5
1.91 10
−5
1.91 10
−5
1.92 10
−6
1.42 10
−5
1.61 10
−5
1.78 10
−5
1.52 10
−5
1.60 10
−5
1.58 10
−5
1.60 10
−5
1.61 10
−5
1.64 10
−5
1.67 10
−5
1.67 10
−6
1.14 10
−5
1.37 10
−5
1.49 10
−5
1.36 10
−5
1.37 10
−5
1.39 10
−5
1.41 10
−5
1.40 10
−5
1.42 10
−5
1.44 10
−5
1.43 10
−7
8.65 10
Kc
dR
/%
θ
−1
c/gL
Kc
−1
)
Rθ /(mol g
Kc
dR
/%
θ
37.21
16.72
0.41
3.67
7.3
1.14
0.04
1.13
0.39
1.16
0.92
1.05
1.14
4
1.14
0.85
1.19
2.13
1.15
0.96
1.17
0.49
5.83
10−5
10−5
10−5
10−5
10−5
10−5
10−5
10−5
10−7
0.1
2.06
0.13
3.81
1.7
0.22
5.16
3.52
5.12
0.1
0.2
1.03
8.13
9.04
0.67
8.80
8.54
1.76
9.17
2
9.25
0.12
9.03
1.21
9.26
0.16
9.21
0.74
9.39
0.45
2.97
10−5
10−6
10−6
10−6
10−6
10−6
10−6
10−6
10−6
10−7
2.8
0.24
3.56
0.67
0.53
0.19
0.19
0.49
0.29
1.11
0.42
3.38
0.74
0.02
0.17
0.81
0.45
0.35
0.51
0.22
0.41
Tabelle 1: Erhaltene Daten aus dem Lichtstreuungsexperiment
Steigung
−1
c/gL
10
8
6
4
2
Kc
∂R
θ
∂q2
/(mol g
−1
10−21
−21
4.4 10
−21
1.98 10
−21
1.66 10
−22
7.4 10
3.3
2
cm )
∂ Kc
∆ ∂qR2θ
Achsenabschnitt
/(mol g
4
3
8
9
8
−1
10−22
10−22
10−23
10−23
10−23
2
cm )
K·c
−1
)
R0 /(mol g
−5
1.74 10
−5
1.41 10
−5
1.31 10
−5
1.10 10
−6
8.82 10
−1
∆ K·c
)
R0 /(mol g
−7
2 10
−7
2 10
−8
3 10
−8
3 10
−8
4 10
Tabelle 2: Erhaltene Daten den linearen Regressionen der Rohdaten.
4
4.2
Warum wird die Lichtstreuung zur Charakterisierung von Polymeren verwendet?
Die Lichtstreuung erlaubt die Bestimmung des Massenmittels des Molekulargewichts
Mw
mit einer ver-
hältnismässig einfachen und für grosse Moleküle zuverlässige Methode. Andere Methoden wie z.B. die
Osmometrie liefern liefern das Zahlenmittel
Mn , will man die Uneinheitlichkeit des Polymers beschreiben,
so braucht man beide Werte.
Zudem erlaubt die Lichtstreuung auch Rückschlüsse auf Form und Grösse (Trägheitsradius) des Polymers,
wenn entsprechende Modelle verwendet werden.
4.3
Weshalb wird Toluen als Standard verwendet?
Toluen hat einen Brechungsindex, der sehr nahe an jenem von Glas liegt, weshalb Fehler in der Messung
durch zusätzliche Brechungen weitgehend vermieden werden können. Toluen weist eine vergleismässig
starke Lichtstreuung auf, was eine exaktere Kalibrierung erlaubt. Ausserdem ist Toluen schwerüchtig
und relativ einfach in guter Reinheit zu erhalten.
4.4
Das Zimm-Diagramm
Wie Figur 5 zeigt, scheint das verwendete Modell ziemlich gut zu passen: Die Punkte liegen auf recht
geraden Linien.
1.9E-05
(Kc/R)/(mol g-1)
1.7E-05
1.5E-05
10 g/L
8 g/L
6 g/L
4 g/L
2 g/L
1.3E-05
1.1E-05
9.0E-06
7.0E-06
5.0E-06
2.0E+14
4.0E+14
6.0E+14
2
8.0E+14
-2
(q + kc)/cm
Abbildung 5: Das Zimm-Diagramm mit den Werten aller fünf Lösungen für die Winkel 70-140 Grad. k
wurde auf 2
1013
−1 gesetzt.
cm g
Literatur
[1] Hiemenz, P. C.;
Rajagopalan, R. Principles of Colloid and Surface Chemistry; 1997.
[2] Atkins, P.; de Paula, J. Physical Chemistry; 7th ed.; 2002.
5

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