Swansea University, 2014-15

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Swansea University, 2014-15
Erfahrungsbericht
Name: S a r a h E h r m a n n
Austauschjahr: WS 2014/15
Gastuniversität: Swansea University
Stadt: Swansea
Land: Wales, Großbritannien
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
"Du gehst jetzt dann nach England, stimmt's?" – "Nein, Wales." – "Ist das nicht dasselbe?"
Auf Gespräche dieser oder ähnlicher Art sollte man sich einstellen, nachdem man die
Zusage für Swansea bekommen hat. Und allerspätestens wenn man dann drüben
angekommen ist, lernt man, dass Wales wirklich nicht England ist. Und das ist auch gut so.
Aber first things first. Nach der Zusage über den Erasmus-Platz gibt es einige Dinge, die
man schon von Deutschland aus erledigen kann und auch erledigen sollte.
Eine gute Idee ist es, sich eine Kreditkarte zuzulegen, falls man noch keine hat. Das
Buchen von Flug- und Bustickets und sonstige Anschaffungen sind so sehr viel einfacher zu
erledigen. Die Sache mit dem Bezahlen im Alltag kann man dann unterschiedlich
handhaben. Viele Briten zahlen auch kleine Beträge im Supermarkt mit der Karte (Vorsicht,
manchmal ist das mit einer nicht-britischen Kreditkarte etwas komplizierter). Ich persönlich
mochte es lieber, wenn ich mir einen bestimmten Betrag in Bargeld von meinem Bankkonto
abgehoben habe und damit bezahlt habe (hierbei fallen aber jeweils circa 5€
Bearbeitungsgebühren an, also vielleicht immer etwas mehr holen).
Auch um eine Unterkunft kann man sich vorher schon bemühen. Hierbei empfiehlt es sich,
auf die Erfahrungsberichte von ehemaligen Erasmusleuten zu hören. Auf diesem Wege
kamen zwei Freundinnen und ich in eine 6-er WG mit drei anderen Mädels. Die Miete war
hierbei 300 Pfund monatlich warm und mit Internet, was so ziemlich der Standard zu sein
scheint. Man muss aber auch selber entscheiden, ob man dazu bereit ist, einen Mietvertrag
zu unterschreiben, bevor man die Wohnung überhaupt gesehen hat. Bei uns hat es
wunderbar geklappt und es gab keine bösen Überraschungen, ich habe aber auch
gegenteilige Geschichten gehört. Man sollte sich aber bereits im Voraus darüber im Klaren
sein, dass der Wohnstandard in Großbritannien niedriger ist als in Deutschland, wobei das in
einer Gemeinschaftswohnung natürlich auch stark von den Mitbewohnern abhängig ist. Wir
hatten keine Probleme, da wir alle ähnliche Vorstellungen von Sauberkeit hatten. Nur mit
dem Abwaschen hat es nicht immer sofort geklappt, aber man kann ja miteinander reden. 
Es gibt auch die Möglichkeit, sich für eines der Studentenwohnheime zu bewerben,
allerdings sollte man sich hierbei keine allzu großen Hoffnungen machen. Die Plätze dort
sind eher für einheimische und längerfristige Studenten gedacht, sodass man bei einem
Semester Wohnzeit kaum Chancen auf einen Platz hat.
Die Anreise nach Swansea ist eigentlich sehr einfach. Von München aus gibt es eine
Vielzahl an Flügen nach London. Hierbei würde ich empfehlen, lieber etwas mehr Geld
auszugeben und mit einer der großen Fluglinien zu fliegen, da ich zum Beispiel eine Menge
Gepäck dabei hatte und das bei Billigairlines doch sehr schnell sehr teuer werden kann. Von
London aus ist dann die beste Möglichkeit nach Swansea zu kommen der Bus. Es gibt einen
Nationalexpress Bus direkt vom Heathrow Airport nach Swansea, der allerdings etwas teurer
ist. Die Alternative ist Megabus, wo es die Busfahrt schon ab 1 oder 2 Pfund gibt, allerdings
muss man dafür mit der Tube nach London zur Victoria Coach Station fahren. Ich persönlich
bin mit dem Nationalexpress gefahren, da es mir die paar Pfund mehr dann wert waren, dass
ich nicht mit meinem Gepäck durch halb London musste. Von der Busstation in Swansea
aus kann man dann ein Taxi nehmen, diese sind allgemein sehr viel billiger als bei uns.
Die Universität in Swansea kann sich sehen lassen. Der Campus ist wirklich schön und
übersichtlich. Für ausländische Studierende gibt es viele Einführungsveranstaltungen und
bei Fragen kann man immer im International Office vorbeikommen. Die Anmeldung für Kurse
erfolgte bei uns persönlich, war aber keine große Geschichte, da man sich ja schon vorher
für sein Learning Agreement die Kurse aussuchen muss. Änderungen (teilweise aufgrund
von Stundenplanüberschneidungen) sind in der ersten Woche noch möglich, wenn auch mit
ein bisschen bürokratischem Aufwand verbunden. Als Austauschstudent kann man 60
Swansea-Credits belegen, was 30 ECTS-Punkten entspricht. Meistens sind das drei Module,
die häufig aus einer oder zwei Vorlesungen und einem dazugehörigen Seminar bestehen.
Zum Niveau der Kurse muss ich sagen, dass ich das Gefühl hatte, als wären sie einfacher
als die deutschen Kurse. Das kann aber auch daran liegen, dass man im Auslandsstudium
nur First und Second Year Kurse belegen kann und ich in meinem Studium schon etwas
weiter war. Ich habe einen Kurs in Englische Literaturwissenschaft zu Shakespeare, einen
Creative Writing-Kurs und Walisisch für Anfänger belegt. Zwar konnte ich mir nur einen
dieser Kurse am Ende anrechnen lassen, aber ich wollte sowieso eher Kurse besuchen, die
mir Spaß machen und es ging mir weniger ums reine "Punktesammeln". Vor allem den
Walisisch-Kurs kann ich für Spracheninteressierte nur empfehlen. Es ist eine wunderschöne,
wenn auch komplizierte Sprache, die auf dem Keltischen beruht und so nur wenig
Ähnlichkeiten mit anderen europäischen Sprachen hat.
Unbedingt zu empfehlen ist in der ersten Semesterwoche der Besuch der Fresher's Fair.
Hier stellen sich die verschiedenen Societies der Universität vor. Die Bandbreite reicht hier
von der German Society über die Baking Society bis hin zu Meeresbiologie und
frühmittelalterlichem Schaukampf. Wer schnell Kontakte zu anderen Studenten aufbauen
will, sollte unbedingt einer oder mehrerer dieser Societies beitreten.
Einkaufen in Swansea gestaltet sich als sehr einfach. Neben der Busstation gibt es einen
großen 24-Stunden-Supermarkt und auch die kleinen Supermärkte haben häufig bis 22 oder
23 Uhr geöffnet. Problem ist, dass die meisten Lebensmittel teurer sind als in Deutschland,
vor allem frisches Gemüse und Fleisch. Absolute Empfehlung ist hierfür der Swansea
Market, ein überdachter Markt, in dem man diese Dinge in hervorragender Qualität und sehr
billig bekommt. Wer nicht so kochfreudig oder – begabt ist, wird sich vielleicht mit der großen
Anzahl der britischen Fertiggerichte anfreunden können. Das einzige, worauf man wirklich
verzichten muss, ist gutes deutsches Brot. Die Briten kennen nur Toast und vereinzelt
Semmel/ "rolls", die allerdings mehr die Konsistenz von Hotdogbrötchen haben.
Für das Handy empfiehlt sich der Kauf einer britischen Prepaid-Karte. Es gibt von mehreren
Anbietern Tarife mit Internet- und Telefonflatrate, hier einfach vergleichen und den
passenden auswählen.
Zur Fortbewegung habe ich mir ein gebrauchtes Fahrrad gekauft. Das war zwar
stellenweise sehr anstrengend, da Wales ziemlich hügelig ist, aber auch am einfachsten. Es
gibt zwar ein relativ gut ausgebautes Busnetz, allerdings sind die Fahrten nicht unbedingt
billig und ich persönlich war nicht dazu fähig, den Streckenplan und die Haltezeiten korrekt
zu lesen. Für weitere Strecken empfehlen sich Fernbusse oder der Zug. Am Ende meines
Aufenthaltes habe ich mir außerdem zusammen mit einer Freundin ein Auto gemietet und
einen dreitägigen Road Trip veranstaltet, wobei das ungewohnte Linksfahren doch nicht so
ein großes Problem war wie gedacht.
Was kann man in Swansea sonst noch so unternehmen? Einiges. Es gibt dort ein
Einkaufszentrum, zwei Kinos, im Winter einen sehr netten Weihnachtsmarkt mit
Schlittschuhbahn, ein unbedingt empfehlenswertes kleines Stadtmuseum (mit einer echten
ägyptischen Mumie) und das Dylan Thomas Center mit einer Ausstellung zu Leben und
Werk des aus der Stadt stammenden Dichters.
Ein Geheimtipp: Frühstück im Uplands Dinner, in dem man das größte und beste British
Breakfast für vergleichsweise wenig Geld bekommt.
Für Ausflüge in der näheren Umgebung zu empfehlen sind das naheliegende
Naturschutzgebiet Gower, das Küstenstädtchen Mumbles, und der Nationalpark Brecon
Beacons. Etwas weiter entfernt sind Pembrokeshire, Bath mit seinem berühmten
Weihnachtsmarkt und das Dörfchen Hay-on-Wye, in dem es 37 Buchläden auf 1.850
Bewohner gibt. Wales hat, egal wohin man letzten Endes fährt, eine wunderschöne
Landschaft mit spektakulären Klippen und Hügeln, die zum Wandern und Spazierengehen
einladen. Mit dem Bus gut zu erreichen sind die walisische Hauptstadt Cardiff (1 Stunde
Fahrzeit) und London (5 Stunden Fahrzeit).
Die Waliser als Volk sind sehr nett, freundlich und hilfsbereit. Sie sind immer für einen Spaß
zu haben und sprechen mit einem zwar gewöhnungsbedürftigen, aber sehr charmanten
Dialekt. Das einzige, mit dem man sich wirklich unbeliebt macht, ist es, einen Waliser als
Engländer zu bezeichnen. Da verstehen sie wirklich keinen Spaß und haben den Engländer
immer noch nicht verziehen, auch wenn die Besetzung Wales' mittlerweile fast 700 Jahre her
ist  So sieht man nirgendwo die britische, aber überall die walisische Flagge.
Abschließend kann ich sagen, dass Wales für mich einer der schönsten Orte der Welt ist.
Eines meiner Lieblingswörter, die ich drüben gelernt habe, ist "hiraeth", Walisisch für
"Heimat". Und Wales ist wirklich zu so etwas wie meiner zweiten Heimat geworden. Ich
wollte am Ende gar nicht gehen und will auf jeden Fall dorthin zurückkehren.