Hermann Scherer
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Hermann Scherer
Leseprobe Jeder Tag ist Schlussverkauf Das Rabattgesetz fällt - jetzt mit Gewinn verhandeln! Hermann Scherer Broschiert, 122 Seiten Gabal Verlag, 2001 ISBN 3-89749-174-5 Nur keine Hemmungen – Verhandeln ist Ihr gutes Recht! „Entweder du machst deinen Mund auf oder deinen Geldbeutel.“ Meine Großmutter hat es stets auf den Punkt gebracht, auch in diesem Fall. Viel zu viele Menschen zahlen einfach das, was von ihnen verlangt wird. Das freut zwar den Händler, aber nicht die Haushaltskasse. Und kennt man die Mischkalkulationen der Einzelhändler, dann ist die einzige Wahrheit: Wer den vollen Preis zahlt, zahlt den Rabatt, den ein anderer Kunde aushandelt, mit. Wollen Sie das wirklich? Tipp 6: Halten Sie Argumente bereit! „Warum sollte ich Ihnen einen Rabatt geben?“ – Wenn ein Verkäufer Sie das fragt, sollten Sie gute Argumente in der Tasche haben. Stellen Sie sich vor dem Einkauf einfach selbst die Frage: Warum sollten gerade Sie einen Rabatt bekommen? Welcher Umstand begünstigt einen Rabatt? Gute Argumente können zum Beispiel sein: _ Angebote von (überregionalen) Wettbewerbern, z. B. auch Versandanbieter, ausländische Firmen, deren Waren Sie übers Internet beziehen könnten, etc. _ Beschädigungen an der Ware bzw. die Auswahl von Vorführgeräten, Schaufensterstücken etc. _ Die nächste Kollektion (Mode, Schuhe, Taschen etc.), die von den Medien bereits angekündigt wurde. _ Ein Folgemodell (Auto, Computer, Fax, Bügeleisen, was auch immer), das bereits kurz vor der Auslieferung steht. _ Zieht auch: Sie positionieren sich als künftiger, potenter Stammkunde, der sich vorgenommen hat, viel viel Geld in eben diesem Laden auszugeben. Noch besser ist´s natürlich, wenn Sie bereits häufiger dort gekauft haben und das geschickt in ein Gespräch verpacken. _ Sie haben einen Gewerbeschein? Na, wunderbar! Setzen Sie ihn unbedingt als Argument ein! Mehr zum Thema „gute Argumente“ werden Sie auch in den folgenden Tipps und Feilscher-Strategien entdecken, deshalb möchte ich an dieser Stelle nicht zuviel vorweg nehmen. Grundsätzlich gilt aber: Machen Sie sich bereits vor Ihrem Einkauf über mögliche Gründe einer Preisreduzierung Gedanken. Das gilt umso mehr, je weniger Erfahrung Sie als Feilscher bislang gemacht haben! Tipp 7: Nehmen Sie zwei Geldbeutel mit! Zwei Geldbeutel – „Was soll das bringen?“, werden Sie sich vielleicht fragen. Ich erzähl´s Ihnen mit einer kleinen Geschichte: Ich habe einen Bekannten, der Uhren sammelt und seine schönsten Stücke auf Flohmärkten und Antiquitätenbörsen ergattert hat. Eines Tages war er wieder auf der Jagd und entdeckte an einem Stand auf einer Antiquitätenbörse ein Exemplar, das er unbedingt sein eigen nennen wollte. Das Objekt der Begierde sollte 1900 Mark kosten. Er hatte mehrere Tausend Mark dabei, wollte aber nicht mehr als 1300 Mark für das schöne Sammlerstück ausgeben. Er ging zurück zu seinem Auto, holte einen zweiten – leeren – Geldbeutel, zählte 1300 Mark ab und steckte sie hinein. Dann ging er zu dem Händler, sprach mit ihm über die schöne Uhr und sagte ihm, er würde sie wirklich gerne kaufen. „Ich bin bereit, alles zu geben, was ich habe“, sagte er zum Verkäufer, machte seinen Geldbeutel auf, zeigte ihm die 1300 Mark und legte sie auf den Tisch. Der Händler dachte kurz nach, betrachtete die Scheine auf seinem Tisch und ging dann auf das Geschäft ein. Der Trick mit dem zweiten Geldbeutel zieht natürlich nicht nur auf Flohmärkten und Antiquitätenbörsen, sondern auch in Geschäften, wenn Sie größere Anschaffungen planen. Achten Sie stets darauf, dass Sie in Ihrem „Feilscher“-Geldbeutel keine Schecks, Scheckkarten oder Kreditkarten aufbewahren, damit Sie Ihre Geschichte auch glaubhaft vermitteln können. Tipp 9: Denken Sie voraus! Die meisten Menschen tendieren dazu, häufiger kleine Einkäufe zu unternehmen, statt bei wenigen Shopping-Touren mehr einzukaufen. Mal abgesehen vom Zeitfaktor und den Benzinkosten, können Sie durch Vorausdenken clever sparen. Schließlich sind wir Menschen Gewohnheitstiere und tragen gerne eine spezielle Strumpfmarke, essen am liebsten eine bestimmte Schokoladenmarke, eine Joghurtsorte, tragen am liebsten die Unterwäsche, die wir schon seit Jahren kaufen ... Warum also nicht Einkäufe bündeln und bessere Konditionen aushandeln. Es gibt bereits Supermarktketten, beispielsweise die Real-Supermärkte, die dieser Idee bereits Rechnung tragen und mit der „Mehr Menge – weniger Kosten“ – Schiene ganz explizit werben. Entweder Sie achten auf diese Angebote oder Sie wenden sich direkt an einen Lebensmittelhändler und fragen ihn nach Sonderkonditionen für größere Mengen. Das klappt übrigens auch beim Metzger! Entweder Sie kaufen auch für andere Familienmitglieder, Tanten, Omas, Cousinen oder Freunde ein oder Sie lagern das Fleisch einfach in Ihrer Tiefkühltruhe. Nicht nur über das Einkaufsvolumen im Moment, auch über das Einkaufsvolumen über einen langen Zeitraum hinweg können Sie argumentieren: Anstatt mal hier, mal da einzukaufen, erklären Sie ein, zwei oder drei Modegeschäfte, die mit ihrem Angebot Ihrem Stil und Geschmack am nächsten kommen, zu Ihren Stammgeschäften. Das muss natürlich auch den Inhabern bzw. Filialleitern/-innen kommuniziert werden. Frei nach dem Motto: Ich werde in Zukunft die meisten meiner Kleidungsstücke bei Ihnen kaufen. Als Gegenleistung wünsche ich mir neben einem guten Service auch das eine oder andere lukrative Bonbon. Ich verspreche Ihnen – es wird funktionieren. Auch die Gegenstrategie ist möglich. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Da sich in der Herrenmode die Trends in punkto Schnitt und Farbe nicht so radikal ändern und ich ohnehin jeden Tag Anzüge trage, bündle ich meinen Bedarf – und starte einmal im Jahr zum großen Modebummel. Dann kaufe ich mir gleich drei oder vier klassische Exemplare auf einmal und bekomme enorm gute Konditionen. In einem Spezialgeschäft habe ich kürzlich Socken, Hemden und Gutscheine im Gesamtwert von 1.000 Mark gekauft. Dafür habe ich acht Prozent Rabatt kassiert, also summa summarum achtzig Mark gespart. Auch wenn ich die Gutscheine erst in einem Jahr einlöse, habe ich Plus gemacht. Für 1.000 Mark hätte ich in dieser Zeit auf meinem Girokonto nur zwei Prozent Zinsen, also ganze 20 Mark Plus verbuchen können. Und Sie bekommen auf Ihrem Girokonto vielleicht gar keine Zinsen! Die gleiche Empfehlung gilt für alles, was Sie regelmäßig tun oder brauchen: Besuche im Solarium oder bei der Kosmetikerin, Massagen, Schreibwaren, Schuhe, Drogerieartikel, Haushaltswaren, etc. Die besten Strategien Viele clevere Pfennigfuchser entwickeln im Lauf der Zeit ihre ganz eigene Masche. Wer noch nicht soweit ist, kann sich in diesem Kapitel Anregungen holen – alle getestet, für gut befunden und natürlich auch zum Schmunzeln gedacht. Bei den folgenden sechs Strategien werden Sie vieles entdecken, worauf wir in unseren Tipps noch näher eingehen. Sie geben Ihnen einen kleinen Vorgeschmack auf die hohe Kunst der Preisverhandlungen. Die Mitleidstour: Für Omi einkaufen Warum auch immer: Es kommt besser an, für andere um einen Preisnachlass zu fragen als für sich selbst. Zum Beispiel für Ihre Großmutter. Wenn´s geht, nehmen Sie Ihre Omi doch mit. Vor einigenMonatenkonnte ich folgendes Gespräch verfolgen: Eine Mittzwanzigerin handelte mit einer Verkäuferin um Haushaltsgeräte, Kaffeemaschine, Küchenmaschine etc. im Wert von rund 700 Mark. Die Kundin war in Begleitung einer älteren Dame. Sie fragte nach einem Preisnachlass auf die Geräte – nicht für sich selbst, sondern für ihre Oma (auf die ältere Dame deutend). Sie sagte: „Wissen Sie, ich würde nicht fragen, wenn meineGroßmutternichteinesogeringeRentehätte,aberin diesem speziellen Fall, könnten Sie da nicht Herz zeigen und uns ein bisschenentgegenkommen?“DieVerkäuferinkonntekaum anders, als einen Nachlass zu gewähren, wollte sie nicht als gefühlloses Monster dastehen. Ob die Geräte wirklich für Omi bestimmt waren oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Die Strategie hat jedenfalls funktioniert! Die Großmutter steht hier natürlich nur stellvertretend: Auch die befreundete, vielköpfige Familie oder die mittellose Tante, der Sie eine Freude machen möchten – es gibt viele Möglichkeiten, Verkäuferinnen und Verkäufer für einen Nachlass zu gewinnen. Der Smart-Shopper-Bonus Im feinsten Zwirn, mit der neuesten Frisur, voll bepackt mit Taschen und Tüten – so präsentiert sich der „Smart-Shopper“. Solchermaßen als Konsumkönig oder -königin identifizierbar, wird Sie jeder Verkäufer mit offenen Armen empfangen. Denn Sie signalisieren Kaufkraft, Geschmack an Teurem und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem – also alles, was einen Kunden interessant macht. Klar, dass Sie jeder Verkäufer gerne als Stammkunden gewinnen möchte, wenn das Geld so locker sitzt. Dafür kommt er Ihnen beim Preis schon mal entgegen. Keine Angst: Verkäufer sind es gewohnt, dass gerade diejenigen gerne handeln, die offensichtlich am meisten Geld in der Tasche haben. Loben Sie das Sortiment, lassen Sie Sätze wie „Wenn ich gewusst hätte, dass Sie so eine fantastische Auswahl haben, hätte ich schon viel früher bei Ihnen gekauft“ oder „Das nächste mal komme ich mit meiner Freundin“ einfließen und erwähnen Sie ruhig mal das sündhaft teure Kostüm, das Sie (leider!) eben erst bei der Konkurrenz gekauft haben. Natürlich nur, weil Sie diesen Laden bis dato nicht kannten! Die Business-Masche Den ledergebundenen Planer in der einen, das Laptop in der anderen Hand betreten Sie den Laden – businesslike konservativ gekleidet. Am besten mit einem „Geschäftspartner“ im Schlepptau, mit dem Sie ganz furchtbar wichtige Informationen austauschen. Sie sind ganz Geschäftsmann oder -frau und das sieht man Ihnen auch an. Und weil Sie es gewohnt sind, beruflich auf den Bühnen der Wirtschaftswelt zu verhandeln, tun Sie dies auch privat beim Einkaufen. Geben Sie sich charmant und weltmännisch, und dennoch knallhart in der Verhandlung. Hilfreich sind Sätze wie: „Das ist ja ein tolles Sortiment, bei Ihnen werde ich häufiger kaufen.“ oder „Echte Großstadtauswahl – richtig prima.“ Der geschmeichelte Verkäufer ist sicher auch offen für ein paar gute Tipps in Sachen Werbung und Marketing. Ganz selbstbewusst fragen Sie nach seinem guten Willen, was den Preis betrifft. Die „Good guy, bad guy“- Strategie Als Fan von TV-Krimis kennen Sie diese Strategie längst. Klassische Situation: das Verhör! Zwei Kommissare nehmen den Tatverdächtigen ins Kreuzfeuer ihrer Fragen – einer spielt den Guten, einer den Bösen. Ziel ist es, zwischen dem Guten und dem Verdächtigen eine Beziehung aufzubauen. Doch auch der Gute will letztlich nur eines – ein Geständnis oder zumindest wichtige Informationen! Ganz ähnlich läuft die „Good guy, bad guy“-Strategie in Sachen Feilschen. Sie betreten mit einem von Ihnen instruierten Shoppingpartner das Geschäft. Jeder von Ihnen beiden hat seine Rolle: Einer spielt den guten, der andere den bösen „Jungen“. Während der Böse den Verkäufer mit seinen Forderungen und Wünschen fast in den Wahnsinn treibt („Also wenn Sie nochmal 50 Mark abziehen, dann kommen wir vielleicht ins Geschäft ...“), versucht der Gute zu vermitteln („Herr XY muss bei dem Geschäft ja auch noch was verdienen, Du übertreibst mal wieder ...“), täuscht Peinlichkeit vor („Wir sind hier doch nicht auf einem türkischen Basar, Heinz!“) oder entschuldigt sich für das Verhalten des „Bösen“ („Er kann nicht anders, nehmen Sie´s ihm nicht übel!“). Was erreicht werden soll: Dadurch, dass der „good guy“ sich von seinem Einkaufspartner distanziert, baut er Sympathien zum Verkäufer auf. Dass ist die Basis für einen erfolgreichen Abschluss: Wenn der Verkäufer sich in Sicherheit wiegt, seinen Preis durchzusetzen, dann setzt der „Gute“ eins drauf. Zum Beispiel so: „Die Forderungen meines Freundes waren wirklich überzogen – aber jetzt sagen Sie mir doch mal, was für Sie ein faires Angebot wäre ... denn irgendwie müssen wir meinen Freund ja zufrieden stellen.“ Die Columbo-Taktik Er wirkt verschroben, schusselig und hat am Schluss doch immer die Nase vorn: Machen Sie es beim Einkaufen doch einfach mal wie TV-Kommissar Columbo in seinen Ermittlungen! Will der Inspektor einen Fall lösen, stellt er eine Menge eher unwichtig wirkender, belangloser Fragen. In seiner unnachahmlichen, unbeholfen wirkenden Art wird er leicht unterschätzt und seine „Opfer“ fühlen sich ihm meist bis zum bitteren Ende überlegen. Als Einkaufs-Columbo können Sie viele wichtige Informationen sammeln, über Preise, Konditionen, Qualitäten, Hintergründe. Ganz beiläufig können Sie sich erkundigen, wie das Geschäft so läuft, wie ein Produkt angenommen wird und ähnliches. Im entscheidenden Moment packen Sie´s dann an. Sie bündeln Ihre Informationen und kreisen den Verkäufer mit Ihrem Wissen gezielt ein. Dass diese Taktik funktioniert, habe ich selbst schon getestet: Vor einigen Monaten erkundigte ich mich in einem Geschäft nach Spracherkennungssoftware, einem Computerprogramm also, das Gesprochenes direkt in ein Computerdokument umwandelt. Ich stellte eine Vielzahl vermeintlich belangloser Fragen und der Verkäufer gab mir bereitwillig Auskunft, zum Beispiel über Entwicklungsdauer der Programme, über die Marktakzeptanz, über Kinderkrankheiten der Programme und über eigene Erfahrungen des Verkäufers mit der Software. Quintessenz des locker-flockig dahinplätschernden Gesprächs war für mich: Der Markt nimmt diese Art von Software noch nicht richtig an, die Produkte sind noch nicht ganz ausgereift. Ich hatte ihn dort, wo ich ihn haben wollte: Ich sagte ihm, dass ich die Software gerne kaufen möchte, er mich aber verunsichert habe, und fragte ihn, wie er mir die Entscheidung erleichtern könne. Er hatte mir die guten Argumente für eine Preisverhandlung selbst geliefert. Tipp 26: Sagen Sie niemals „Rabatt“! Rabatt ist so ein hässliches Wort. „Rabatz“ witzelt die Verkäuferzunft und meidet den Ausdruck wie der Teufel das Weihwasser. Warum sollten Sie also mit dieser Tür ins Haus fallen? Sprechen Sie lieber von einer Verbesserung der Konditionen, von einem Bonus für Sie, einem Hauspreis (bei Autos sehr beliebt!), einem Sonderpreis, einem Bonbon, einer Vergütung, einem Nachlass, einem Gefallen ... wie auch immer, Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Streichen Sie das Wort Rabatt einfach aus Ihrem Wortschatz! Tipp 27: Seien Sie leise! Ganz wichtig: Seien Sie leise, wollen Sie Ihren Verhandlungspartner nicht in Verlegenheit oder Misskredit bringen. Vor einigen Monaten habe ich folgende Szene in einem Einrichtungshaus erlebt: Ein Kunde ging auf einen Verkäufer zu und dröhnte, dass es die versammelte Kundschaft hören musste: „Wenn ich das jetzt alles kaufe, dann müssen aber fünf Prozent Rabatt auf alle Fälle drin sein!“ Plötzlich war es mucksmäuschenstill und alle Kunden warteten darauf, wie der Verkäufer reagieren würde. Mal abgesehen von der barschen Art, die sicher nicht zum Verhandlungserfolg beiträgt: Dieser Kunde hatte einen ganz elementaren Fehler gemacht. Durch die Lautstärke seiner Forderung hatte er es dem Verkäufer praktisch unmöglich gemacht, ihm einen Nachlass zu gewähren. Hätte der Verkäufer leise geantwortet, hätte jeder Kunde vermutet, er würde ihm den Rabatt geben. Hätte er laut geantwortet: „Naja, ein bisschen was können wir da schon machen“, dann hätten alle anderen postwendend gefordert: „Bei mir aber bitte auch!“ So antwortete er laut mit: „Tut mir leid, wir geben keine Rabatte.“ Wie der Zufall es wollte, hatte ich eben auf einer Couchgarnitur Platz genommen, von der ich schlagartig wusste: „Die und keine andere möchte ich in meinem Wohnzimmer stehen haben!“ Rund 6000 Mark sollte sie kosten und ich hätte gerne noch einen kleinen Bonus herausgeholt. Die Zeichen standen ungünstig für eine Verhandlung, ich versuchte es trotzdem: Ich ging zum Verkäufer und sagte ihm – bewusst ganz leise – dass ich seine souveräne Reaktion bewundert habe. Ich fragte ihn und begann dabei zu flüstern, wie er reagieren würde, wenn man ihn ganz leise nach einem kleinen Bonus fragen würde. Ich sagte ganz leise: „Ich habe mich eben auf den ersten Blick in diese Couchgarnitur verliebt und möchte sie sofort mitnehmen!“ Der Verkäufer flüsterte lächelnd zurück: „Frisch Verliebte soll man nicht trennen“ – und belohnte das Flüstern mit Prozenten. Mein Fazit: Der Ton macht bekanntlich die Musik! Lautstärke und Tonalität können entscheiden, ob Sie einen Preisnachlass gewährt oder nicht gewährt bekommen. Tipp 31: … zum richtigen Zeitpunkt! Schritt für Schritt zum Erfolg: Echte Profis verwenden bei Preisverhandlungen die Vier-Schritt-Technik. Schritt 1: Nutzen erklären. Nicht nur den eigenen, versteht sich, sondern vor allem den Nutzen für den Verkäufer und das Geschäft. Schritt 2: Wunsch andeuten. Schritt 3: Offene Frage stellen. Schritt 4: Fokussierende Frage stellen. Ein Praxisbeispiel: Sie sind in einer Parfümerie und haben binnen kürzester Zeit zehn Kosmetikprodukte ausgemacht, die Sie kaufen möchten. Sie sagen zur Verkäuferin: „Na, da haben wir uns ja richtig Zeit gespart und in so kurzer Zeit so viele schöne Produkte gefunden (Schritt 1). Wenn ich da an so eine Art Bonbon für die Zeitersparnis denke (Schritt 2), was schlagen Sie vor (Schritt 3)? Nun lastet die Verantwortung (und zumeist auch das schlechte Gewissen) voll und ganz auf der Verkäuferin. An ihr ist es, einen Preisnachlass, eine Zugabe oder sonstige Möglichkeiten anzubieten. Äußert Sie zum Beispiel, dass Sie grundsätzlich bereit ist, Ihnen eine Zugabe zu gewähren, können Sie mit einer fokussierenden Frage, etwa „An welche Art von Zugabe haben Sie denn gedacht?“ (Schritt 4) noch einmal nachsetzen. Wichtig ist, im Gespräch Ihre Kaufabsicht stets vor der Rabattabsicht zu positionieren. Verkäufer sind nämlich wesentlich eher bereit, einen Preisnachlass zu gewähren, wenn Sie sich sicher sind, einen interessanten Abschluss machen zu können. Tipp 32: Der Zwei Stufen-Plan: Nehmen Sie nie das erste Angebot an! Ich versichere Ihnen: Das erste Angebot ist nie das letzte, wenn Sie gut verhandeln. Achten Sie deshalb darauf, dass die „Freudefalle“ nicht zuschnappt, bevor Sie sich die bestmöglichen Konditionen verschafft haben. Kurz gesagt: Freuen Sie sich nicht über ein erstes Entgegenkommen, wenn noch mehr für Sie drin ist! Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie gehen eine Straße hinunter und wissen – ganz am Ende dieser Straße ist etwas, auf das Sie sich sehr freuen. Zum Beispiel ein Cabrio, das in den Kleinanzeigen Ihrer Tageszeitung inseriert war – zu einem Traumpreis, wie Sie finden. Sie sagen sich, während Sie so laufen: Hoffentlich hat mir dieses Auto nicht schon jemand vor der Nase weggeschnappt, hoffentlich bekomme ich dieses Cabrio. Sie malen sich die erste Fahrt mit dem Cabrio in Gedanken aus. Sie sind am Ende der Straße angelangt und klingeln an einer Haustür. Sie erfahren, dass das Auto noch da ist. Jetzt haben Sie die Wahl: Sie können dem Verkäufer freudestrahlend entgegenschreien: „Dieses Auto kaufe ich!“ (was ihren innersten Gefühlen am ehesten entspricht) oder meinen Zwei-StufenPlan beachten, der etwa so aussieht: Stufe 1: Hören Sie sich das Angebot an. Dann fragen Sie nach einer Vergünstigung, fragen Sie nach besseren Konditionen. Wahrscheinlich wird Ihnen der Verkäufer entgegnen: „Das Auto kostet 25.000 und das ist auch ein fairer Preis.“ Sie antworten mit guten Argumenten für einen Preisnachlass. Der Verkäufer sagt: „Okay, ich gebe Ihnen das Auto für 24.500 Mark, aber nur, weil Sie es sind.“ Stufe 2: Sagen Sie jetzt nicht: „Oh, wunderbar, sehr schön.“, auch wenn Sie sich über die Ersparnis von 500 Mark freuen. Haken Sie noch einmal nach: „Ich weiß nicht, ob ich darauf eingehen kann.“ Oder: „Das kann nicht Ihr letztes Wort sein.“ Wiederholen Sie nochmals Ihre Argumente und versuchen Sie, ob noch mehr Plus für Sie möglich ist. Mein Tipp: Zuviel Vorfreude ist der Feind guter Verhandlungen. Nehmen Sie sich zurück und gehen Sie konsequent nach Tipp 36: Gehen Sie vorsichtig mit Zahlen um! Mal gesagt, lässt sich manches nicht verändern. Deshalb sollten Sie beim Feilschen stets vorsichtig mit Zahlen umgehen. Stellen Sie sich vor, Sie stecken in einer Preisverhandlung mit einem Möbelverkäufer. Der Verkäufer sagt zu Ihnen: „Diese wunderschöne Schrankwand kostet – komplett mit Glasvitrine und Schubladenelementen – 6.500 Mark.“ Sie entgegnen: „Das ist ja ganz schön teuer!“ Der Verkäufer gibt sich offen und fragt: „Was wäre sie Ihnen denn wert?“ Achtung Falle, möchte ich da schreien, denn wenn Sie kurz entschlossen einen Preis nennen, dann können Sie diesen in Ihren Forderungen nie wieder unterbieten. Doch wenn Sie den Preis zu niedrig ansetzen, wirken Sie unverschämt oder unglaubwürdig. Die bessere Strategie ist es, mit einer Gegenfrage zu antworten: „Sie sind der Experte. Was könnten Sie sich denn an Konditionsverbesserungen vorstellen?“ Fazit: Wenn Sie kein absoluter Profi sind, der den Wert einer Ware immer goldrichtig einschätzt (und wer kann das schon?), gehen Sie lieber vorsichtig mit Preisen um. Einmal ausgesprochen, werden Sie darauf in der gesamten Verhandlung „festgenagelt“. Und vielleicht wäre ja noch mehr drin gewesen ... Wenn Sie dennoch einen festen Betrag im Auge haben, den Sie ausgeben möchten, dann rechnen Sie bitte bei Ihrer Forderung bereits einen Kompromiss ein. Das heißt: Würden Sie z. B. für einen Wagen, der mit 27.000 Mark ausgeschrieben ist, höchstens 25.000 Mark bezahlen, bieten Sie zunächst 23.000 Mark an, damit Ihnen noch genügend Verhandlungsspielraum bleibt. Tipp 37: Schieben Sie Forderungen nach! Immer schön eins nach dem anderen: Fordern Sie nicht alles auf einmal. Besser ist es, nachdem eine Einigung über den Kaufpreis erzielt wurde, nochmal einen kleinen Nachschlag zu fordern, eine kleine Zugabe, einen Mini-Bonus. Etwa ein Päckchen Batterien für ein Elektrogerät, Velours-Fußmatten für Ihr neues Auto oder Tintenpatronen für Ihren neuen Füller. Ein Beispiel: Sie haben gerade bei einem Autohändler einen Jahreswagen gekauft. Der Deal ist fast perfekt, Sie haben den Stift schon in der Hand, mit dem Sie den Kaufvertrag unterzeichnen möchten. Sie schauen kurz auf und sagen zum Verkäufer: „Das schließt doch einen vollen Tank mit ein?“ oder „Ein neuer Verbandskasten ist doch sicher inklusive?“ Was wird er wohl tun? In der Regel wird er nicht riskieren, dass sich die Unterzeichnung des Vertrags noch einmal verzögert und Ihnen mit einem Zähneknirschen die Zugabe gewähren. Die wahren Meister nachgeschobener Forderungen sind Kinder: Wenn sie den kleinen Finger haben, wollen sie gleich die ganze Hand. Hat Ihre Tochter Sie z. B. überzeugt, dass sie unbedingt ein neues Snowboard braucht, haben Sie nach dem Einkaufsbummel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur das neue Board, sondern auch ultimative „Softboots“ und zumindest eine neue Schneehose in der Tasche. Ihr Halbwüchsiger möchte mit seinen Freunden an einer Urlaubsreise für Jugendliche teilnehmen. Tagelang bearbeitet er Sie, bis Sie ihm die Reise finanzieren. Eine Woche vor der Abfahrt erläutert er Ihnen, dass seine Freunden von ihren Eltern selbstverständlich noch ein Urlaubstaschengeld bekommen. Würden Sie „nein“ sagen? Mein Fazit: Mit zum richtigen Zeitpunkt nachgeschobenen Forderungen können Sie noch einmal Plus machen. Maßlos dürfen Sie dabei aber nicht sein! Ist eine Preisverhandlung bereits abgeschlossen, dann schieben Sie noch ein kleines Extra, eine Zugabe nach. Tipp 39: Nutzen Sie die „Macht des Schweigens“! Wenn Sie eine Frage formuliert oder eine Behauptung aufgestellt haben und Ihr Verhandlungspartner nicht gleich antwortet: Nutzen Sie diese Denk- und Ruhepause für sich. Werfen Sie nicht gleich die nächste Frage in den Raum, nur weil Ihnen die Gesprächspause unangenehm ist. Nutzen Sie die Macht des Schweigens – warten Sie ab, bis Ihr Gegenüber antwortet. Durch Schweigen können Sie die Zeit für sich arbeiten lassen, um „Macht“ aufzubauen und Entscheidungen zu produzieren. Ein Beispiel: Meine Informationsreisen für dieses Buch führten mich auch in die USA. In einem Reiseführer für „Schnäppchenjäger“ fand ich ein günstiges Hotel. Ich rief dort an, um ein Zimmer für die folgende Nacht zu reservieren. Ich nannte meinen Namen, berief mich auf den Reiseführer und fragte nach den Konditionen. Die Dame am Telefon fragte mich nach einer bestimmten Clubkarte, die ich leider nicht vorzuweisen hatte. Sie sagte: „O.K., in diesem Fall liegt der Preis für Ihr Zimmer bei 69 Dollar pro Nacht.“ Ich wollte meine Reservierung schon bestätigen, schwieg aber noch einen Moment, weil ich mir gerade überlegte, ob ich das Zimmer nehmen sollte oder nicht. Nur wenige Augenblicke später sagte die Stimme am anderen Ende: „Gut, gut, dann gebe ich Ihnen das Zimmer eben für 59 Dollar die Nacht.“ Ich hatte nichts gesagt, nicht mit Worten verhandelt und hatte letztlich dennoch zehn Dollar gespart. Einzig, weil die Dame am Telefon durch mein Schweigen verunsichert war. Das verstehe ich unter der „Macht des Schweigens“! Tipp 43: Erschrecken Sie doch mal! Haben Sie das auch schon entdeckt? Die meisten Verkäufer haben ein schlechtes Gewissen und rechtfertigen sich gerne für den Preis ihrer Produkte bzw. Serviceleistungen. Nutzen Sie das für sich und erschrecken Sie erst einmal, wenn Ihnen ein Preis genannt wird! Dazu eine lustige Geschichte: Ich war in einem Kaufhaus und hatte, was ich kaufen wollte, bereits ausgewählt. Ich fragte den Verkäufer nach Möglichkeiten, die Konditionen zu verbessern. Er leierte mir in einem Atemzug alle Rabatte vor, die er mir gewähren konnte. Ich sagte: „Das ist doch nicht ihr Ernst!“ – Nicht weil ich entsetzt war, sondern weil ich zuvor noch nie erlebt hatte, dass mich ausgerechnet ein Verkäufer so detailliert über Möglichkeiten der Rabattierung aufgeklärt hat. Er aber interpretierte meine Reaktion – „Das ist doch nicht Ihr Ernst!“ – als Enttäuschung! Glauben Sie´s oder nicht, ich erhielt 10% Prozent Rabatt und – durch mein vermeintliches Erschrecken – noch eine kleine Zugabe obendrein. Tipp 44: Erst rechnen, dann freuen: Rabatt ist nicht gleich Rabatt! Verkäufer geben – statt einem Rechnungsrabatt – gerne Naturalrabatte. Klar, ein Naturalrabatt ist besser als gar kein Rabatt. Doch oft fahren Sie dabei schlechter als mit einem vermeintlich gleichwertigen Rechnungsrabatt. Ein Beispiel: Sie gehen in einen Laden und kaufen zehn Paar Socken für je fünf Mark. Der Händler ist ein netter Kerl, der sich überzeugen lässt, einen neuen Stammkunden gewonnen zu haben, und gibt Ihnen zehn Prozent Rabatt auf den Betrag. Statt 50 Mark bezahlen Sie fünf Mark weniger, also 45 Mark. Beispiel Rechnungsrabatt: Gesamtwert 10 Paar à 5 Mark = 50 DM – 10% Rechnungsrabatt = 5 DM Summe = 45 DM Ersparnis: 5 DM 5 DM von 50 DM entsprechen einem prozentualen RechnungsRabatt von 10 % Nehmen wir jetzt an, der Händler räumt Ihnen statt einem Rechnungsrabatt in Höhe von 10 Prozent einen Naturalrabatt in Höhe von 10 Prozent ein und legt auf die zehn Paar Socken für je fünf Mark, die Sie gerade bei ihm gekauft haben, noch einmal – gratis – ein Paar Socken obendrauf. Sie haben also 11 Paar Socken für 50 DM eingekauft. Und dabei tatsächlich nur 9,09 % Rechnungsrabatt erhalten! Beispiel Naturalrabatt: 10 Paar à 5 Mark = 50 DM + 1 Paar gratis = 5 DM Gesamtwert = 55 DM Ersparnis: 5 DM 5 DM von 55 DM entsprechen einem prozentualen RechnungsRabatt von 9,09 % Achten Sie also stets darauf, welche Rabattarten Sie bekommen und rechnen Sie sich Ihre Ersparnis im Kopf genau durch. Verkäufer machen nämlich aus Mücken gerne Elefanten: Prüfen Sie immer nach, ob die „Elefanten“ auch so groß sind wie Sie sich anhören, also der Rabatt, der Ihnen gewährt wird, auch wirklich so groß ist, wie der Verkäufer Ihnen glauben machen möchte. So rechnen Sie aus, wieviel eine Zugabe in Prozent ausmacht: Wert der Zugabe x 100 Gesamtwert (= Einkaufswert + Wert der Zugabe) In unserem Beispiel: 5 Mark (1 Paar Socken) x 100 55 Mark (11 Paar Socken) = 9,09 % Sonstiges Interessante Versteigerungen gibt´s übrigens auch dort, wo man sie auf Anhieb nicht vermutet. Beispielsweise auf den Webseiten der Lufthansa: www.lufthansa.com Jeden ersten Donnerstag im Monat zwischen 10 und 18 Uhr kommen hier Tickets für die Economy Class unter den Hammer. Zwei Stück, alle zehn Minuten. Am 4. Januar 2001 habe ich die Versteigerung für Sie mitverfolgt. Hier einige Zuschläge jeweils mit Rückflug: Frankfurt-Atlanta 510 Mark, Frankfurt-Mailand 330 Mark, Frankfurt-Rom 460 Mark, Frankfurt-Los Angeles 470 Mark (Preise zzgl. Flughafensteuern und Gebühren). Ich erhielt den Zuschlag für Frankfurt-New York und zurück zu 830 Mark für zwei Plätze! Also Hin- und Rückflug pro Person nur 415 DM. Wichtig ist: Ihre ersteigerte Flugreise können Sie weder umbuchen noch stornieren, auch nachträgliche Namensänderungen sind nicht möglich.