Ein starke Familie packt an – mutig und erfolgreich
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Ein starke Familie packt an – mutig und erfolgreich
18 B E T R I E B S R E P O R TA G E Ein starke Familie packt an – mutig und erfolgreich Helmut Meyer, Josef Zieglgänsberger Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Töging a. Inn Es ist Freitagnachmittag, der 10. Juli 2009, und auf dem Marktgelände in Mühldorf fahren gerade 65 Fleckviehaussteller ihre Kühe zur Tierschau anlässlich des 105-jährigen Verbandsbestehens vor. Sichtlich entspannt und ohne Zeitdruck laden auch die Salzeders aus Grüntegernbach ihre Enrico-Tochter „Zauber“ ab. Obwohl zu Hause über 120 Kühe zu melken sind, kann das Betriebsleiterehepaar alle Vorbereitungen zur Tierschau vor Ort in Ruhe erledigen und muss nicht heim, denn dort melkt der Melkroboter und einer der Söhne überwacht die Technik. Auch spät in der Nacht sieht man die Salzeders beim Züchterfest in der Tierzuchthalle bestens gelaunt mit den anderen Züchterfamilien feiern. Es hat sich viel getan in den letzten Jahren auf dem Betrieb Salzeder. Im April 2007 zog die Fleckviehherde in den neuen Milchviehlaufstall mit automatischem Melksystem ein, der binnen sechs Monaten fertiggestellt war. Dem Bau voraus ging ein entschlossenes Handeln der ganzen Familie, die nach vielen Stallbesichtigungen und ausführlichen Gesprächen mit anderen Betriebsleiterfamilien den Schritt wagte und von ihrem Anbindestall für 80 Kühe zu einem Liegeboxenstall mit 130 Plätzen und Melkroboter expandierte. Die zahlreichen Ideen der Söhne und die hohe Arbeitsintensität des Anbindesystems ermutigten alle zu dem einschneidenden Wachstumsschritt. Der neue Milchviehliegenboxenlaufstall mit Tiefbuchten und Schrapper Familie Gertraud und Alois Salzeder, Weg 1, 84405 Grüntegernbach. Der neue Liegeboxenlaufstall. FLECKVIEHWelt 3/2009 B E T R I E B S R E P O R TA G E ist für die Kühe ein „5-Sterne-Zuhause“. Die Kühe fühlen sich pudelwohl, verhalten sich unauffällig und haben keinen Stress. Beim Kontrollgang durch den Stall, beim Säubern der Liegebuchten und bei der Tierbeobachtung in der Herde wird die ruhige Vertrautheit von Tier und Besitzer offensichtlich. Die Kälber sind in den ersten 14 Lebenstagen in Iglus und dann in zugfreien, sauberen Tiefstreubuchten mit viel Licht und Luft untergebracht. Die männlichen Kälber werden über die Nutzkälberversteigerung des Zuchtverbandes Mühldorf abgesetzt. Frau Salzeder versorgt ihre Kälber bestens und so ist das sehr gute Vermarktungsergebnis keine Überraschung. Im letzten Jahr fanden 67 Kälber mit 100 kg Gewicht schnell ihren Weg zum Bullenmäster. Im Schnitt lagen die Kälber knapp 30,– z je Tier über den Marktdurch- Zara (V. El Pais) 2/305 9466 3,84 3,69 350 (GZW 128 / MW 119) schnittspreisen. Die weiblichen Kälber werden nach der Tränkephase in Tiefstreubuchten und dann in SpalBetriebsdaten: tenbodenboxen gehalten, ehe sie mit 16 - 18 Monaten kurz vor der Familie Alois und Gertraud Salzeder, Weg 1, ersten Besamung in Anbindehal84405 Grüntegernbach, Zuchtverband Mühldorf tung aufgestallt werden. Dort bleiben sie bis etwa 4 - 6 Wochen vor Lage: Tertiäres Hügelland, nördlich des Isentales, dem Abkalben. Ab dem zweiten Lekeine ebenen Betriebsflächen bensjahr erhalten die Jungrinder ausschließlich Grasprodukte, SiloNiederschlag: 700 - 900 mm mais steht erst wieder in der Zeit der Vorbereitungsfütterung auf dem Speiseplan. Bewirtschaftungsfläche: 90 ha LN, davon 40 ha Grünland, 30 ha Silomais, 15 ha Winterweizen und 5 ha Wintergerste Fütterung Die Milchkühe erhalten ganzjährig das gleiche Grundfutter. Jeden Morgen wird der Futtertisch gereinigt und anschließend Heu vorgelegt. Nach etwa einer Stunde werden Grassilage und Silomais nachgelegt. Zur Abendfütterung werden nochmals beide Silagen gefüttert. Ein „Fütterungsbutler“ dosiert über 24 Stunden verteilt dem Grundfutter 6 kg Kraftfutter je Fressplatz zu. Die Zuteilung erfolgt mittels Transponder tierindividuell. Das Leistungsfutter besteht aus einem Eiweißfertigfutter und einer Körnermais-/Weizenmischung (1:1,5). Herdenmanagement Spitzenleistungen erreicht die Milchviehherde bei den kostenrelevanten Produktionsfaktoren Fruchtbarkeit und Abkalbung. Die Totgeburtenrate liegt bei unter 1,5%. Bei den Jungkuhabkalbungen im letzFLECKVIEHWelt 3/2009 Viehbestand: 140 Milchkühe, 150 weibliche Zuchtkälber und Jungvieh Stall: Liegeboxenlaufstall mit Schrapper, Jungvieh in Gruppenhaltung auf Festmist und Spaltenboden, ab 15 Monaten in Anbindehaltung Melktechnik: Zwei Melkroboter, Firma ALFA Laval Gülleraum: 2400 m3 Leistung: 2009: 2008: 2007: 2006: 2005: 135 115 98 82 81 8515 7839 7769 8465 8151 3,99 4,02 3,89 3,84 3,87 3,63 3,59 3,65 3,71 3,71 649 596 586 640 618 2004: 79 7740 4,06 3,74 604 2000: 64 7082 3,82 3,61 526 19 20 B E T R I E B S R E P O R TA G E Das Niveau der eingesetzten Bullen ist dementsprechend hoch, wobei sehr beachtlich ist, dass in etwa 43 % der Besamungen mit Prüfbullen durchgeführt werden. Neben den Prüfbullen kommen nur Stiere zum Einsatz, die eine ausreichende Sicherheit bei den Zuchtwerten aufweisen. Ganz junge Neueinsteiger kommen kaum zum Zug, lieber werden erst zwei bis drei Zuchtwertschätzungstermine abgewartet. Niveau der eingesetzten Besamungsbullen: GZW FW ZZ R F Distel (V. Enrico) 4/3.7 12631 3,44 3,52 879 (GZW 119/MW 113) Distel: Laktationen 1/305 10.271 3,19 3,65 702 2/274 9.568 3,41 3,59 669 3/269 12.613 3,62 3,34 878 4/262 13.503 3,34 3,53 928 4/3.7 12.631 3,44 3,52 879 22.10 38,6 3,12 3,65 25.11 27,5 4,36 3,91 27.12 Trocken 03.02 Trocken 03.03 04.04 50,8 62,5 3,25 3,23 3,44 3,43 04.05 68,5 3,15 3,28 08.06 55,4 3,24 3,47 01.07 68,8 3,28 3,56 05.08 41,7 3,02 3,65 07.09 34,3 4,46 3,72 12.10 36,3 3,68 3,99 GZW 119 MW 113 PM 2008/2009 4. Kalbung 10.02.09 ten Jahr – insgesamt 40! – gab es nirgends Komplikationen. Die Zwischenkalbezeit der gesamten Herde liegt bei 363 Tagen. Neben dem Betriebsleiter freut sich darüber besonders auch der „Hofbesamungstechniker“ Sepp Leipfinger. Er berichtet, dass ihm ausschließlich brünstige, besamungstaugliche Rinder vorgestellt werden. Eine gro- Erfolgreiche Besamung 26.03.09 ße Hilfe bei der Brunstüberwachung ist für den Rinderzüchter der Aktivitätsmesser. Die EDV-gestützte Herdenführung trägt wesentlich zum Betriebserfolg bei. Täglich arbeitet Herr Salzeder mindestens eine Stunde mit seinem Herdenüberwachungsprogramm. Bei der Bullenauswahl wird konsequent auf Zuchtfortschritt geachtet. 130 111 104 109 104 MW Fit Melkbk. B E 122 113 104 104 112 Neuer Stall und AMS steigert Milchleistung „Melkroboter und Fleckvieh – das passt gut“ finden die Salzeders. Die neue verbesserte Umwelt schöpft das vorhandene Leistungsvermögen der Milchkühe noch besser aus. Distel, eine von 15 sehr guten Enrico-Töchtern in der Herde, zeigt dies. Die Steigerung der Milchleistung der Herde führen die Salzeders einerseits darauf zurück, dass die tierindividuelle Leistungsveranlagung mittels Melkroboter besser ausgeschöpft werden kann. Andererseits bleiben die Kühe aber auch immer länger im Bestand, wodurch das Ansteigen der Milchleistung von Laktation zu Laktation ausgenutzt werden kann. So beträgt der Leistungsunterschied von Herdendurchschnitt und Erstlaktationsdurchschnitt auf diesem Betrieb 1400 kg Milch je Kuh. Die Familie Salzeder, Grüntegernbach beschreitet einen Weg, der vor 10 Jahren in dieser Weise nicht absehbar war. Auf die Frage „Was sollte man bei der Zukunftsplanung von Milchviehfamilienbetrieben vor allem tun?“ antwortet Frau Salzeder: „Uns hat sehr geholfen, dass wir viele Betriebe anschauen durften und ehrliche Antworten auf unsere Fragen mit den Betriebsleiterfamilien erhielten. Im vertrauten Gespräch gewannen wir Zuversicht, fanden Problemverständnis und Lösungsansätze für unsere eigenen Entscheidungen.“ FLECKVIEHWelt 3/2009