Mit dem Etikett zum Markenprodukt

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Mit dem Etikett zum Markenprodukt
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Nordiska Etikettbolaget
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Mit dem Etikett zum Markenprodukt
Ein T-Shirt ist ein T-Shirt.
Erst das Etikett macht es
zum Markenprodukt. Wer
nun aber glaubt, ein Etikett
sei einfach bloß ein Etikett,
liegt falsch. Es kann gewebt,
gestickt, gedruckt, gelasert,
gestanzt oder anderweitig
hergestellt werden. TVPChefredakteur Stefan RollerAßfalg schaute sich bei dem
schwedischen
Hersteller
Nordiska Etikettbolaget die
vielfältigen Möglichkeiten
der Etikettenproduktion an.
Dabei zeigte sich, dass sich
die Fertigung der Cent-Artikel trotz asiatischer Konkurrenz auch in Europa lohnt.
Und wie – erst zu Beginn
des Jahres investierte das
Unternehmen zweieinhalb
Millionen Euro in zwei Siebdrucklinien und eine Digitaldruckmaschine.
Es sind die kleinen Details an der Kleidung, die das
Textil zur Marke machen: in
die Seitennaht eingenähte
Webetiketten, im Nacken applizierte Druckpatches oder
an einer Innentasche angebrachte Stickembleme. Namhafte Labels weltweit vertrauen dabei auf die Expertise
der schwedischen Nordiska
Etikettbolaget (deutsch: Nordische Etikettenfabrik), die
sich mit ihren 45 Mitarbeitern
auf diese kleinen Teilchen
wie Druck-, Stick- und LaserEtiketten, Patches, Gummilabels, Lederabzeichen, mit
Logos markierte Zipper und
anderes mehr spezialisiert
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Blick in die Weberei
hat. Das Unternehmen wurde 1993 in Borås nahe Göteborg gegründet und sitzt
dort im Zentrum der schwedischen
Bekleidungsindustrie. Kein Wunder also, dass
Schweden selbstredend noch
heute der wichtigste Absatzmarkt für den Etikettenhersteller ist. Doch schon längst
hat sich die Firma global
aufgestellt, zumal große internationale Bekleidungshersteller, die ihre Produktionen
nach Asien verlagert haben,
auf die Qualität der schwedischen Etiketten zählen. Neben der klassischen Bekleidungs- und Modeindustrie
kamen im Laufe der Jahre
die Bereiche Werbetextilien
und Promotion, Berufskleidung und Corporate Fashion,
Industriewäschereien sowie
die Sportartikelindustrie hinzu. Gerade der Profi-Fußball
steht bei den Etikettenherstellern hoch im Kurs. So ist die
Fabrik Sponsor des örtlichen
Profi-Erstliga-Clubs IF Elfsborg, in dessen Stadion die
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Etikett-Mitarbeiter in einer eigenen VIP-Lounge regelmäßig die Spiele verfolgen.
„Obwohl wir mit den
Preisen unserer Mitbewerber aus Asien eigentlich gar
nicht mithalten können, produzieren wir immer wieder
Etiketten für namhafte Labels
und schicken sie in die asiatischen Produktionsfirmen,
wo sie eingenäht werden.
Offenbar ist unsere Qualität
einfach gut“, freut sich Geschäftsführer Lasse Svensson, der das Unternehmen
seit 1995 leitet. Auf der Exportliste stehen zur Zeit 54
Länder, wobei Deutschland
nach Norwegen den zweiten
Platz belegt, gefolgt von Dänemark, der Schweiz, Österreich und Niederlande. „Gerade in Deutschland und in
der Schweiz legen die Kunden hohen Wert auf Qualität
und entscheiden sich daher
immer mehr für unsere Produkte und unseren Service
mit kurzen Lieferzeiten“,
sagt Ralf Brehsan, der den
deutschsprachigen Markt als
gebürtiger
Brandenburger
natürlich kennt. Vor knapp
zehn Jahren verschlug es
ihn mitsamt Familie in sein
Lieblingsland Schweden, wo
er seit 2006 den Export des
Etikettenherstellers in die
deutschsprachigen
Länder
leitet. Und gerade die europäischen Länder sind es,
die Nordiska Etikett Bolaget
zukünftig verstärkt ins Visier
nehmen möchte. Bei einem
Gesamtumsatz von 3,8 Millionen Euro im vergangenen
Die Etiketten werden mit Heißklebefolien ausgestattet
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Jahr erwirtschaftete das Unternehmen allein in Deutschland rund 350.000 Euro und
in der Schweiz 150.000 Euro.
Tendenz stark steigend, wie
Svensson sagt.
Die Kunden erwarten Service und Qualität
Die Kunden in den europäischen Ländern haben
nach den Worten von Brehsan genaue Vorstellungen,
was sie wollen: „Der Preis
ist zum Glück nicht das dominierende Argument. Vielmehr fordern unsere Kunden
industrie wäschetaugliche
Produkte, sie benötigen kurze
Lieferzeiten von fünf bis zehn
Tagen und die Möglichkeit
von Nachbestellungen. Außerdem werden kleine Bestellmengen von beispielsweise zehn Teilen sowie Produkte
mit Öko-Zertifikaten nachgefragt. Wir können unseren
Kunden das alles bieten, und
darauf vertrauen zum Beispiel
die Schwedische Post für ihre
Mitarbeiterkleidung, Porsche
für Merchandising-Textilien
oder europäische Proficlubs
für ihre Sportkollektionen.“
Welches Produkt letztlich
für einen Kunden am besten
in Frage kommt, lässt sich laut
Brehsan immer erst genau
Ausschneiden der Etiketten mit dem Laser
bestimmen, wenn der Anwendungszweck bekannt ist
und eine Motivvorlage oder
ein Design auf dem Tisch
liegt. Die Anzahl der Farben,
Von der EPS-Datei zum Etikett
Der Weg von der grafischen Vorlage zum Etikett ist relativ einfach, wie unser TVP-Eigentest zeigte. Laut Export- und Vertriebsleiter Ralf Brehsan wird als Vorlage eine Vektordatei benötigt, die für die unterschiedlichen
Verfahren wie Weben, Sticken, Drucken oder Lasern mit entsprechenden Softwarelösungen verarbeitet
wird. Für unseren Test entwickelte TVP-Redakteurin Daniela Klinder die Idee eines dreifarbigen ScherenLogos für ihr Hobbylabel Ollewetter. Das Motiv diente der Herstellung eines so genannten Side-Labels.
Dieses gewebte Etikett sollte zum Einnähen in eine Seitennaht oder auch als Ärmel-Schleife Verwendung
finden. Daher war eine zusätzliche Anforderung die Endfaltung des Etiketts. Nachdem alle Parameter wir
Verwendungszweck, Größe und Anzahl der Farben abgeklärt waren, erhielt Nordiska Etikettbolaget eine
EPS-Datei. Fertig. Wenige Tage später traf per Post eine kleine Tüte mit 300 Webetiketten ein.
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die Feinheiten der Motive, die
Größe, der Anwendungsbereich, die Bestellmenge – all
das nimmt Einfluss auf die
Wahl des Etiketts beziehungsweise des Verfahrens. Jede
Technik hat ihre Vorteile, aber
auch Grenzen, die in den Gesprächen mit den Kunden
erläutert werden. So sind beispielsweise die Weblabels,
die von der Etikettenfabrik seit
annähernd 20 Jahren realisiert
werden, auf maximal zwölf
Farben limitiert. Doch wie
Brehsan erklärt, zeigt die Praxis, dass meistens zwei oder
drei Farben schon ausreichen.
Farbverläufe können im Webverfahren nicht umgesetzt
werden, dafür lassen sich diese mit Sublimationsdrucken
herstellen. Große Auflagen
von mehreren tausend Stück
stellen aber auch kein Problem dar. Und es lassen sich
feine Linien mit einem Durchmesser von weniger als einem
Millimeter wiedergeben, was
etwa bei gestickten Etiketten
nicht möglich ist. Ein Webetikett ist eben ein Webetikett,
seiner Qualität wegen fällt die
Entscheidung meistens für die
Webtechnik aus. Als Spezialität können die Weblabels
als Aufkleber auf textile, aber
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Geschäftsführer Lasse Svensson (links) und Ralf Brehsan
Funktionstextilien
haben
sich die Bedürfnisse insofern
verändert, dass eine unbegrenzte Anzahl an Farben sowie Farbverläufe gewünscht
werden. Außerdem sollen
die Etiketten dehnbar und flexibel, aber dennoch bei bis
zu 90 Grad Celsius waschbar
sein. „Bei diesen Anforderungen kommen gewebte Etiketten ebenso wie Stickembleme
teilweise an ihre Grenzen.
Daher beliefern wir unsere
Kunden schon seit längerer
Zeit auch mit gedruckten
Transfers. Allerdings haben
wir diese Produkte bisher
nicht selbst produziert, sondern bei einer schwedischen
Siebdruckerei eingekauft“, erklärt Svensson. Die steigende
Nachfrage nach Transfers,
die von den Kunden selbst
mit Transferpressen auf die
Kleidung gebügelt werden,
Ein Transfer aus der neuen Druckerei
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hat die Nordiska Etikettbolaget nun dazu bewogen, tief
in die Tasche zu greifen und
eine eigene Sieb- und Digitaldruckerei aufzubauen. Zweieinhalb Millionen Euro investierte das Unternehmen im
vergangenen Winter in eine
Sieben-Farb-Digitaldruckmaschine vom Typ HP Indigo
5600 sowie zwei Drucklinien
mit je einer Siebdruckmaschine der Hersteller Thieme
und Sakurai. Jede Druckmaschine wurde noch durch
lange Trockenkanäle ergänzt.
„Das teure an dieser Investition waren allerdings gar nicht
so sehr die Maschinen selbst,
als vielmehr die Umbaumaßnahmen für die Installation
einer leistungsstarken Klimaanlage. Da wir ausschließlich mit wasserbasierten
Farbsystemen arbeiten, ist
das Raumklima von großer
Bedeutung für gute Druckergebnisse“, erklärt Svensson.
Und Brehsan ist sich sicher,
dass die Druckerei mit der
Kombination aus Digital- und
Siebdruck bei den Kunden
einschlagen wird: „Bereits
im ersten Quartal dieses Jahres erwirtschafteten die Maschinen einen Umsatz von
250.000 Euro, obwohl die
Druckerei eigentlich noch
im Testmodus lief. Wir sind
so zufrieden, dass wir bereits den Aufbau einer dritten
Siebdrucklinie ins Auge gefasst haben.“ Realisiert werden können bügelbeständige,
sehr dünne und äußerst flexible Transfers, die bis zu 95
Grad Celsius waschbar sind
und chemisch gereinigt sowie
getrocknet werden können.
In Kürze soll es die Transfers
auch inklusive Flammschutz
geben. „Wir haben die Produktion von vornherein auf
die wichtigen ökologischen
Zertifizierungen angepasst.
Die Transfers sind frei von
PVC, Phthalaten und Formaldehyd“, erklärt der Geschäftsführer. Die Farben basieren
auf einer wasserlöslichen
Technologie, doch hier will
Svensson nichts Näheres sagen: „Die Farben haben wir
mit dem Hersteller gemeinsam entwickelt, die Zusammensetzung bleibt aber unser
Betriebsgeheimnis. Ich bin
mir sicher, dass wir nun die
umweltfreundlichsten Transfers auf dem Markt anbieten
können.“
www.etikettbolaget.se/de

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