Peter Goller Rechtsanwalt 79346 Endingen

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Schuldenfrei in 12 Monaten durch Privatinsolvenz in Frankreich
- Die Luftnummer -
22. Juni 2007
In Zeitungen, Zeitschriften und im Internet werden zunehmend Anzeigen und Angebote veröffentlicht
mit dem Titel „Schuldenfrei in 12 Monaten durch Privatinsolvenz in Frankreich“. Gelegentlich sind es
auch 18 Monate oder 24 Monate, aber länger als 2 Jahre dauert es nicht, bis die Restschuldbefreiung
eintritt. Dies jedenfalls ist die Aussage der Inserenten.
Bei näherer Betrachtung allerdings enthalten die einschlägigen Anzeigen überwiegend nur heiße Luft.
Für die Insolvenz in Frankreich gelten Sonderbestimmungen in den Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin
und Moselle. Während der Zugehörigkeit zum Deutschen Reich und noch einige Jahre darüber hinaus
galt in Elsaß-Lothringen die alte deutsche Konkursordnung (1879 bis 1924). In den drei Departements
sind im Gegensatz zum klassischen französischen Insolvenzrecht auch Nichtkaufleute konkursfähig.
Zuständig für Insolvenzen in Frankreich ist das Handelsgericht, das auf Antragsstellung des
Schuldners, eines Gläubigers oder des Generalstaatsanwalts ein Konkurseröffnungsurteil (jugement
déclaratif) verkündet. Der Konkursfall tritt bei der Zahlungseinstellung des Schuldners ein, wenn er
keine verfügbaren Aktiva mehr hat – und nicht auch bei einer Überschuldung, wie nach deutschem
Recht.
Das Konkursgericht legt den Zeitpunkt der Zahlungseinstellung fest und kann diesen Zeitpunkt auf
maximal 18 Monate zurückdatieren. Das Urteil wird im französischen Veröffentlichungsorgan
(BODACC) sowie im Handelsregister veröffentlicht. Die Forderungen inländischer Gläubiger erlöschen
2 Monate nach der Veröffentlichung der Eröffnungsentscheidung, wenn sie nicht bis dahin beim
Gläubiger-vertreter angemeldet werden. Ansprüche ausländischer Gläubiger erlöschen spätestens
nach 4 Monaten.
Die Restschuldbefreiung erfolgt mit der Einstellung des Verfahrens mangels Masse, nachdem das
Konkursgericht die Liquidation angeordnet und das Vermögen verwertet hat.
Von der Restschuldbefreiung werden nicht erfasst:
-
die Ansprüche von Gläubigern, deren Forderung auf einer strafrechtlichen Verurteilung des
Schuldners beruht
-
die Ansprüche von Gläubigern wegen Unterhalts- oder Schmerzensgeldansprüchen
-
die Ansprüche von Bürgen im Rahmen etwaiger Regressansprüche
Darüber hinaus kann das französische Konkursgericht dem Schuldner in Ausnahmefällen einen Beitrag
zur Befriedigung der Gläubiger abverlangen.
Für die Beurteilung des Insolvenzgerichts ist von erheblicher Bedeutung die Prüfung der Redlichkeit
(bonne foi) des Konkursschuldners.
Der Konkursschuldner muss bereits zum Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung mindestens 6 Monate
seinen Hauptwohnsitz in einem der drei Departement in Elsaß-Lothringen nachweisen. Schwierigkeiten
ergeben sich auch dann, wenn der überwiegende Teil seiner Schulden gegenüber Gläubigern in
Deutschland besteht und er dort nach wie vor arbeitet. Indizien für eine Zuständigkeit des französischen
Insolvenzgerichts sind die Zahlungen lokaler Steuern, Kalt- und Warmmiete, Telefon- und Fernsehgebühren sowie kulturelle Aktivitäten des Schuldners wie z. B. in Sportvereinen.
Nicht selten ordnen die Richter an, dass sämtliche Post des Schuldners an den Insolvenzverwalter
weiterzuleiten ist. Am Ende kann eine Restschuldbefreiung unter Umständen auch versagt und eine
Summe festgelegt werden, die über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren abgetragen werden muss.
Ein Zurück in deutsches Recht gibt es dann nicht mehr. Insofern besteht auch ein umgekehrtes Risiko:
Der Wohnsitz im Ausland muss spätestens ein halbes Jahr vor dem Insolvenzantrag genommen
werden. Aufmerksame Gläubiger bekommen das Ganze mit und stellen den Insolvenzantrag in
Deutschland. Dann waren alle Kosten und Mühen umsonst, denn nach EU-Recht ist das zuerst
befasste Gericht zuständig.
Die professionelle Unterstützung bei der Insolvenz in Frankreich ist nicht billig. Gute Ratschläge auf
dem Papier gibt es schon für € 149,00. Eine Full-Service-Betreuung inclusive Wohnsitzbeschaffung und
Postservice – natürlich ohne Erfolgsgarantie – kostet immerhin € 10.000,00 und mehr.
Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass der Anteil deutscher Staatsangehöriger bei den französischen
Insolvenzverfahren in den drei Departements deutlich unter 5 % beträgt.
Im Ergebnis sollten die Angebote von Dienstleistern bei der Unterstützung in einem französischen
Insolvenzverfahren mit Vorsicht und mit Zurückhaltung behandelt werden.
Auch wenn im Einzelfall tatsächlich professionelle Hilfe geleistet wird, so gibt es dies nicht zum
Schnäppchenpreis.
Der Inserent verdient bereits mit der ersten schriftlichen Auskunft und dann fortwährend mit den
weiteren Leistungen, während der Insolvenzschuldner erst nach geraumer Zeit sicher weiß, ob er die
angestrebte Restschuldbefreiung überhaupt erreicht. Erst dann stellt sich heraus, ob der Insolvenzschuldner möglicherweise mit Zitronen gehandelt hat.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Peter Goller
Rechtsanwalt