Bewerten auf sicherer Grundlage – Wie gelingt eine angemessene

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Bewerten auf sicherer Grundlage – Wie gelingt eine angemessene
Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
Bewerten auf sicherer Grundlage – Wie gelingt eine angemessene Leistungsbeurteilung?
1. Einführung in die Leistungsbewertung
1.1 Allgemeine Hinweise
1.2 Geschichtliche Entwicklung
2. Rechtliche, didaktische und pädagogische Rahmenbedingungen der Notengebung
2.1 Funktionen der Notengebung
2.2 Bezugsnormen
2.3 Gütekriterien
2.4 Neuralgische Punkte der Notengebung
3.Notengebung in der Praxis
3.1 Schriftliche Überprüfung
3.2 Benotung mündlicher Leistungen
3.3 Alternative Formen der Lernerfolgskontrolle
3.4 Notengebung im Offenen Unterricht
4. Literaturverzeichnis
1. Einführung in die Leistungsbewertung
1.1 Allgemeine Hinweise
¾ Begriffsklärung Leistungsbeurteilung und Leistungsbewertung:
o Beurteilung: Beschreibung des Leistungsstandes, auf dem sich der Schüler befindet
o Bewertung: z.B. Noten, aus einer Beurteilung ergibt sich meist zwangsläufig eine Bewertung
¾ Leistungsbeurteilung ist grundsätzlich ein sehr sensibler Bereich im Lehrer – Schüler - Verhältnis
¾ bei SuS steht Wunsch nach gerechtem Lehrer (= gerechte Notengebung) ganz oben
¾ Lehrer hat Doppelrolle als Helfer und Richter inne
¾ Notengebung ist in mancherlei Hinsicht fragwürdig
¾ ASchO §21 Leistungsbewertung:
o soll über den Stand des Lernprozesses des Schülers Aufschluss geben, Grundlage für weitere
Förderung
o bezieht sich auf die im Unterricht vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten
o Eigenart Schulstufe, Schulform und Fach sind zu berücksichtigen, außerdem Umfang,
Selbständigkeit, richtige Anwendung und Darstellung der o.g.
o Bewertung erfolgt innerhalb von Notenstufen (§25)
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
¾ Notendefinition (Schulgesetz NRW): Leistung entspricht den Anforderungen bei
sehr gut (1): in besonderem Maße
gut (2): voll
befriedigend (3): im Allgemeinen
ausreichend (4): trotz Mängeln noch im Ganzen
mangelhaft (5): nicht, notwendige Grundkenntnisse jedoch vorhanden, sodass Mängel in
absehbarer Zeit behoben werden können
o ungenügend (6): nicht, Grundkenntnisse so lückenhaft, dass Mängel in absehbarer Zeit nicht
behoben werden können
o
o
o
o
o
1.2 Geschichtliche Entwicklung
¾ Vorläufer der Zensuren: Benefizienzeugnis (= Bescheinigung, dass Kind mittelloser Eltern eines Stipendiums
würdig ist / nur bei Bedarf ausgestellt), im Mittelpunkt stehen dabei Fleiß, Wohlverhalten und Gottesfurcht
¾ in der heute bekannten Form existieren Noten seit dem 19. Jh. / Entstehungsort: höhere Schule
Hintergrund: alte Führungsschicht des Adels reichte nicht mehr aus, um Leitungspositionen zu besetzen →
Leistungsprinzip setzte sich durch → Zeugnisse für alle, aus denen Lernerfolge / Leistungsvermögen
hervorgehen Begleiterscheinungen: Einführung der allg. Schulpflicht und der Jahrgangsklassen,
Versetzung nach Noten, Zugang zur Universität durch Abitur
¾ 1970er: Zensurengebung sehr heikles Thema → Ruf nach Abschaffung der Noten
¾ 1980er: Nachlassen der Diskussion um Notengebung, lediglich für Anfangsklassen in Grundschulen wurden
Noten abgeschafft
→
Warnung vor unkritischer Bindung an starre Benotungskonzepte (= teilweise
Selbstentmündigung der Lehrperson)
2. Rechtliche, didaktische und pädagogische Rahmenbedingungen der Notengebung
2.1 Funktionen der Notengebung
a) Berechtigungs- / Zuteilungs- und Selektionsfunktion
¾ Legitimation: rechtliche Grundlage für bildungspolitische, administrative und unterrichtliche Entscheidungen
(z.B. Wiederholen einer Klasse), betrifft hauptsächlich Schulen und Lehrer = ursprüngliche Funktion von
Noten / Ausgangspunkt des gesamten Notenwesens
¾ Zeugnisse dokumentieren Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht = Leistungsprinzip
¾ Jahres- und Abschlusszeugnisse sind maßgeblich für Versetzung / Übergang in andere Schulform
¾ ggfs. werden bei Überangebot auf Grundlage von Noten Auswahlentscheidungen getroffen,
(z. B. Numerus Clausus)
b) Sozialisierungsfunktion
¾ bei Schuleintritt lernen Kinder neue Leistungsnormen kennen :
Familie: Bravsein, Liebe usw. sind ausschlaggebend
Schule: Handlungsresultate und somit Noten sind ausschlaggebend
¾ Noten wirken sich mit zunehmendem Alter immer mehr auf Selbstwertgefühl des S aus
c) Rückmeldefunktion
¾ Kontrolle: kontrolliert mittels Noten werden Schüler, Lehrer, Lehrpläne, Schulen, Schularten, Schulsysteme
im Bezug auf Anspruch/Niveau
¾ L erhält Auskunft über Qualität und Erfolg seines Unterrichts
¾ SuS erhalten Auskunft über den Stand ihrer Lernbemühungen
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
¾ Prognose: weiterer Lernfortschritt und künftige Leistungen, Voraussage hinsichtlich des zu erwartenden
Zeugnisses bzw. weiterer Leistungen, Orientierung für fernere Zukunft (Eignung für bestimmte Laufbahnen,
gesellschaftliche und wirtschaftliche Planungsdaten)
¾ Ursachenzuschreibung ist nicht zwingend: Noten und Leistungen werden zwangsläufig interpretiert
d) Berichtsfunktion
¾ Eltern erhalten Informationen bzgl. Leistungsstand und zu erwartenden Abschlüsse ihrer Kinder
e) Anreiz- und Disziplinierungsfunktion
¾ Annahme: SuS setzen sich mit Stoff auseinander um mit guten Noten belohnt zu werden bzw. schlechte
Noten als Bestrafung zu vermeiden
¾ Gefahr: SuS lernen nur für gute Noten und die gute Leistung rückt in den Hintergrund
f) Lern- und Leistungserziehung
¾ Eigenverantwortlichkeit für Lernprozesse mit dem Ziel der Autonomie, realistische Zielsetzung,
Selbstmotivierung und –disziplinierung, Schulunterricht als Modell
2.2 Bezugsnormen
a) soziale Bezugsnorm
¾ die Leistung des Einzelnen wird mit den Leistungen der Referenzgruppe, z.B. Schulklasse, verglichen und
vor diesem Hintergrund bewertet, bei Schulnoten ist die Schulklasse normalerweise Referenzgruppe
¾ Hilfsmittel: Quotenmodell der Benotung, z.B. in Anlehnung an Gaußsche Normalverteilungskurve → die
besten 10 % erhalten eine 1, 34 % eine 3 usw. → alle Klassenarbeiten fallen gleich gut / schlecht aus;
ABER: quotierte Ausschöpfung dann nicht möglich, wenn Punkt- oder Fehlerzahlen nur sehr gering streuen,
Voraussetzungen für eine Normalverteilung werden oft nicht erfüllt
¾ Normalverteilung der Noten wird sehr oft von allen Beteiligten als normal empfunden
¾ es bleibt fraglich wie wünschenswert es ist, wenn es bei allen Tests von vornherein „Versager“ gibt
b) individuelle Bezugsnorm
¾ die aktuelle Leistung des Einzelnen wird mit seinen früheren Leistungen verglichen , i.d.R. in Form einer
ausformulierten Beurteilung
¾ bislang haben verbale Beurteilungen nur in den Anfangsklassen Einzug gehalten
c) kriteriumsorientierte Bezugsnorm
¾ die Lernleistung des Einzelnen wird mit dem Lernziel (= Kriterium) verglichen → Distanz zum Lernziel gibt
Auskunft über den Erfolg bisheriger Lernbemühungen und ggfs. notwendige weitere Lernschritte
→prinzipiell nur „Lernziel erreicht“ und „Lernziel nicht erreicht“ möglich und Notenskala überflüssig
2.3 Gütekriterien
(angelehnt an psychologische Testtheorien für die schulische Leistungsmessung nur bedingt geeignet)
a) Objektivität
Testergebnis ist vom Beurteiler unabhängig, d.h. verschiedene Prüfer kommen zu demselben Ergebnis
¾ gebundene Aufgaben, z. B. Multiple-Choice, sind vollständig objektiv auswertbar
¾ bei Aufgaben mit frei zu formulierenden Antworten sollte möglichst detaillierte Musterlösung /
Erwartungshorizont festgelegt werden
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b) Reliabilität (Zuverlässigkeit)
Die Reliabilität gibt die Genauigkeit an, mit der gemessen wird.
¾ Je mehr voneinander unabhängige Einzelaufgaben gestellt werden, umso zuverlässiger ist das Testergebnis
¾ Reliabilität ist z. B. dann nicht bzw. kaum gewährleistet, wenn Aufgaben (z.B. in der Mathematik)
aufeinander aufbauen, d.h. das Lösen einer Aufgabe setzt richtige Zwischenergebnisse voraus
c) Validität (Gültigkeit)
Ein Test ist dann valide, wenn er das, was er zu messen vorgibt, auch tatsächlich misst.
¾ verschiedene Kriterien / Rahmenbedingungen können Validität einschränken, z. B. knappe Bearbeitungszeit,
geringe Schreibgeschwindigkeit
¾ z.T. haben Aspekte wie Handschrift, Rechtschreibung usw. auch Einfluss auf die Note; wenn den SuS nicht
klar ist, dass dies mit bewertet wird, ist entsprechender Test nicht valide
¾ ein valider Schulleistungstest misst das, was laut Lehrplan zu lernen war
¾ der L muss während der Vorbereitung mit Blick auf die abschließende Überprüfung verschiedene Aspekte
berücksichtigen
o Lernzielbereiche: kognitiv, affektiv, psycho-motorisch usw.
o Taxonomiestufen (im kognitiven Bereich): Wissen, Verständnis, Anwendung, Analyse, Synthese
Evaluation
o Operationalisierbarkeit der Lernziele: Was konkret sollen die SuS später können?
¾ unterrichtliche Validität bedeutet, dass das, was unterricht wurde, mit der selben Gewichtung, z.B. im Blick
auf die Taxonomiestufen überprüft wird
2.4 Neuralgische Punkte der Notengebung
a) systembedingte Schwachstellen der Notengebung
a. Skalenqualität: Noten bilden eine Rang- und keine Intervallskala ab, sind somit nicht interpretierbar
→ die Berechnung von Notendurchschnitten ist streng genommen unzulässig → der numerische
Aspekt von Noten sollte nicht überbewertet werden → sehr problematisch ist v.a. das gegenseitige
Verrechnen von Noten aus unterschiedlichen Fächern
b. klassenbezogener Maßstab: i.d.R. hat L nur (s)eine Klasse als Referenzgruppe, was nicht
repräsentativ ist → Schulnoten dürften eigentlich nicht über Klassen hinweg verglichen werden →
vorteilhaft ist das Unterrichten von Parallelklassen → um einen möglichst angemessenen
Beurteilungsmaßstab zu gewährleisten sollte ein intensiver Austausch mit Kollegen stattfinden;
Schüler können je nach Klassenzugehörigkeit unterschiedlich bewertet werden
c. Scheinobjektivität: Lehrer ist an der zu messenden Größe beteiligt: bestimmt Auswahl der zu
messenden Kompetenzen, muss das Messinstrument selbst konstruieren, Messergebnisse ablesen
und bewerten → Benoten ist eigentlich nicht messen sondern bewerten
b) subjektive Fehlerquellen
Personenwahrnehmung ist mit meist unkontrollierbaren und teilweise unbewussten Erwartungen und
Einstellungen verbunden; diese eröffnen Feherquellen
a. Einfluss von Vor- und Zusatzinformationen: Spitzenschüler, Sitzenbleiber, Problemkind,
Kollegenkind ?! → Hintergrundinfos beeinflussen Benotungspraxis
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
b. Einfluss von Sympathie und Geschlecht: oft werden Mädchen besser benotet, gelten als
angepasster, ordentlicher usw. ; aber nicht alle L lassen sich dadurch beeinflussen, Noten sind je
nach Sympathie besser oder schlechter
c. Einfluss von subjektiven Theoriebeständen: L haben eigene berufsbezogene „subjektive
Theorien, z. B. „Lateinklassen sind besser“, „Mädchen sind sprachbegabter“, → L nehmen wahr,
was sie wahrnehmen wollen
d. Halo-Effekt und logische Fehler: (Halo-Effekt: Hof-Erscheinung um eine Lichtquelle) von einem
Merkmal des S, z.B. schöne Handschrift, Höflichkeit, schließt L auf andere Merkmale; logischer
Fehler ist ähnlich wie subjektive Theorie, z.B. Wer in Mathe gut ist, ist auch gut in Latein.
e. Stabile Urteilstendenzen: bei manchen L ist bzgl. der Notengebung eine Tendenz zu erkennen:
Milde- oder Strengeeffekt oder die Tendenz zur Mitte
f.
Reihenfolge-Effekte: v. a. bei mündlichen Prüfungen sind Noten stark von den Noten der
Vorgänger beeinflusst, oft setzt die zu erst vergebene Note den Maßstab, bei schriftlichen Test kann
sich Beurteilungsmaßstab im Laufe der Korrektur allmählich verändern
3. Notengebung in der Praxis
¾ Bewertung sehr unterschiedlicher Lernbereiche: früher kognitiv, psycho-motorisch und künstlerisch-kreativ;
heute Erwerb einer umfassenden Handlungskompetenz: fachlich-inhaltlich, sozial-kommunikativ,
methodisch-strategisch, Selbst- und Persönlichkeitskompetenz
¾ Unterschiedliche Lernbereiche erfordern unterschiedliche Formen der Leistungsfeststellung und Benotung
¾ die amtlichen Verordnungen zur Notengebung legen nur Rahmenbedingungen fest, z.B. eine Höchst- oder
Mindestzahl von schriftlichen Arbeiten für einzelne Fächer und Klassenstufen → dem L bleibt ein großer
Gestaltungsspielraum bzgl. der Art der Leistungsüberprüfung
¾ der L ist dazu verpflichtet, zu Beginn des Schuljahres die Art seiner Notengebung für SuS und Eltern
transparent zu machen
3.1 Schriftliche Überprüfungen
→ Der vorauslaufende U sollte klar an Lernzielen ausgerichtet sein und den SuS genügend Lern- und
Übungsmöglichkeiten für die Inhalte bieten, die Gegenstand der Überprüfung sind
Kurzarbeit:
¾ oft missverständlich als „Test“ bezeichnet, häufig unangekündigt
¾ maximal sind zwei Kurzarbeiten (schriftliche Übungen) pro Halbjahr zulässig
¾ bezieht sich i.d.R. nur auf den Stoff der vorangegangenen Stunden (die letzten 6 Unterrichtsstunden)
¾ kürzer als eine KA, Dauer: max. 15 Minuten
Klassenarbeit (KA)
¾ i.d.R. am Ende eines längeren U-Abschnitts mit Ankündigung
¾ grundlegende Lernziele = Basiscurriculum → ihre Beherrschung legt die Note „ausreichend“ fest,
anspruchsvolle Ziele = Aufbaucurriculum, Basis für einen differenzierten Unterricht und Notengebung
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
¾ der L sollte rechtzeitig vor der KA klare und hinreichende Informationen bzgl. Inhalt, Umfang und Art der
Überprüfung geben → sinnvoll: abschließende Frage- oder Wiederholungsstunde
¾ bei der Konzeption von KA sollte Folgendes beachtet werden:
o Berücksichtigung der wichtigen Aspekte und Lernziele/ der zentralen Inhalte des durchgeführten
Unterrichts (entsprechend Lehrplan und repräsentativer Stichprobe des Unterrichts)
o möglichst eine größere Anzahl voneinander unabhängiger Aufgaben (Reliabilität)
o angemessene Berücksichtigung der Taxonomiestufen (s.o.) und Aufgabenarten (gebunden / offen /
halb-offen)
o klar und eindeutig formulierte Aufgaben mit Angaben zur Art der verlangten Antwort, z.B.
„Beschreibe in eigenen Worten…“
o Aufgaben nach Schwierigkeit staffeln, idealerweise mit leichteren („Eisbrechern“) beginnen
o angemessener Umfang, d.h., alle SuS sollten sich mit allen Aufgaben befassen können (Validität)
o Note „ausreichend“ sollte auch tatsächlich von allen erreicht werden können
o pro Aufgabe die Maximalpunktzahl angeben, sodass SuS ihre Arbeitsbemühungen einteilen können
o alle Aufgaben sollten gut lesbar sein, idealerweise getippt
o evtl. Parallelgruppen bilden, je nach Rahmenbedingungen, dann aber auf größtmögliche
Gleichwertigkeit der Aufgaben achten
¾ beim Schreiben der KA sollte auf Folgendes geachtet werden:
o L sorgt für freundliche aber sachliche Atmosphäre + störungsfreie Umgebung
o L sollte sich möglichst ruhig und unauffällig verhalten
o Umgang mit unkorrektem Schülerverhalten = Gratwanderung: übertriebenes Misstrauen vs.
Wegsehen → Palette abgestufter Maßnahmen: Ermahnung durch Blickkontakt → direkte verbale
Ermahnung → Nichtwerten der betreffenden Aufgabe → Notenabzug → sofortiges Wegnehmen
der KA → Note „ungenügend“ →Wichtig: Täuschungsversuche dürfen nicht übersehen werden!!
¾ beim Korrigieren und Bewerten der KA sollte auf Folgendes geachtet werden:
o Korrektur sollte möglichst umgehend erfolgen
o für Aufgaben, die umfangreiche offene Antworten erfordern, sollte ein Erwartungshorizont erstellt
werden, dieser kann bei der Korrektur ergänzt werden
o falls möglich sollte L die KA anonym korrigieren, aber nicht ausnahmslos sinnvoll
o wg. der Reihenfolgeeffekte sollte L die KA in zufälliger Reihenfolge korrigieren
o sinnvoll KA aufgabenweise zu korrigieren
o Übergang von der Leistungsfeststellung zur Leistungsbewertung ist problematisch, hierzu gibt es
keine bindenden amtlichen Vorschriften → das Normalverteilungsmodell ist nicht empfehlenswert
→ sinnvoll und i.d.R. akzeptiert: 50 % der erreichten Punktzahl = „ausreichend“ →wichtig: bereits
bei Konzeption der KA darauf achten, dass Note „ausreichend“ von allen erreicht werden kann
o Einbau von Fehlerquotienten
o vorab festgelegter Maßstab kann abgeändert werden, wenn KA zu gut oder zu schlecht ausgefallen
ist → d.h. Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung dürfen getrennt werden
o die Korrektur der KA wird mit einer Note abgeschlossen, der Notendurchschnitt (muss mitgeteilt
werden!) kann ebenfalls auf KA mitvermerkt werden
o sinnvoll + wünschenswert: individuell formulierte, v.a. lobende und ermutigende Kommentare durch
den L unter der Arbeit
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
¾ die Rückgabe von KA
Rückgabe der KA geht mit Besprechung einher
L legt in geeigneter Form Erwartungshorizont vor = Transparenz
der L sollte die Noten der SuS nicht laut vorlesen und die KA nicht nach Noten sortiert zurückgeben
SuS sollen die Möglichkeit haben, konkrete Korrekturentscheidungen mit dem L zu besprechen,
ggfs. sollte L eine Korrekturmaßnahme abändern sofern dies berechtigt ist
o Nicht unbedingt den Notenspiegel veröffentlichen, aber die Bewertungskriterien
o
o
o
o
Täuschungsversuche (Schulgesetz NRW § 21,8)
¾ unerlaubte Hilfe (= abschreiben, abhören, vorsagen lassen, nachlesen)
¾ Täuschungshandlung = während der Erbringung der Leistung, Vorbereitung einer T. ist keine
¾ Formen der T. (nach Umfang):
o
o
o
o
gering (Nachsehen/Erfragen einer Vokabel): Teil aufgrund der T. erbracht = nicht bewertet
umfangreich (ganz oder überwiegend abgeschrieben) = ungenügend
Umfang nicht feststellbar: Nachschreiben
Lehrer muss Beweis führen, kann auch bei/nach Korrektur erfolgen
3.2 Benotung mündlicher Leistungen
¾ mündliche Leistungen liefern eigenständigen Beitrag zur Jahreszensur
¾ in Nebenfächern kann L ganz auf schriftliche Leistungen verzichten
¾ mündliche Noten müssen unabhängig von den schriftlichen erhoben werden
¾ mündliche Leistungen müssen vom L u.U. eingefordert werden
Vorteile + Chancen mündlicher Noten
¾ mündliche Noten spiegeln Kontinuität und Ganzheit des Lernens besser wider als schriftliche Prüfungen
¾ durch flexibles Nachfragen und Einhelfen eher individuelle Leistungsfeststellung möglich als bei KA
¾ bei mündlichen Prüfungen erfolgt unmittelbare Rückmeldung
¾ mündliche Noten als Chancenausgleich v.a. für SuS, die bei KA unter Prüfungsangst leiden
¾ der einzelne S wird stärker an sich selbst gemessen
¾ besondere Beiträge, v.a. kreative, können durch mündliche Noten besser wertgeschätzt werden
¾ mündlichen Noten können bzgl. der Unterrichtsbeteiligung motivierend wirken
Probleme und Nachteile mündlicher Noten
¾ L ist immer direkt am Urteilsprozess beteiligt, kein unbeteiligter Beobachter
¾ die zu bewertende Situation ist flüchtig, der direkte Vergleich mit anderen nicht möglich
¾ mündliche Noten beruhen weitestgehend auf Schätzurteilen, sind somit ungenau / L hat großen
Ermessenspielraum / z.T. werden mündliche Noten durch Erinnerungslücken der L verfälscht → geringe
Validität mündlicher Noten
¾ hoher Einfluss unbewusster subjektiver Theorien / Fehlerquellen, z. B. Halo-Effekt
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
¾ mündliche Noten häufig durch Milde-Effekt beeinträchtigt, d.h. viele L geben für die mündliche Leistung der S
ungern schlechtere Note als „ausreichend“
¾ Erwartungseffekt: L. erwartet im Mündlichen ähnliche Noten wie im Schriftlichen, Noten werden angepasst,
nur bei stark differierenden Leistungen gibt es unterschiedliche Noten
Prüffragen zur Auswahl eines geeigneten Verfahrens zur mündlichen Leistungsfeststellung
¾ Ist die Überprüfung eher kontinuierlich oder punktuell?
¾ Beziehen sich die Noten auf konkrete Einzelleistungen oder eher auf eine Gesamtleistung?
¾ Wird für die mündliche Leistungserhebung gesonderte Unterrichtszeit benötigt?
¾ Kann die mündliche Überprüfung in die didaktische Konzeption der Stunde einbezogen werden?
¾ Hat das Verfahren Auswirkungen auf Motivation und Mitarbeit der Schüler im Unterricht?
¾ Ist die Überprüfung angekündigt oder unangekündigt?
¾ Ist die Überprüfung offen oder verdeckt?
¾ Besteht die Gefahr, dass die Überprüfung Angst induzierend wirkt?
¾ Besteht eine besondere Gefahr von Beurteilungsfehlern, etwa mangelnde Vergleichbarkeit, Vermischung
von Qualität und Quantität, Erinnerungslücken, Sympathie/ Antipathie?
Häufig verwendete Verfahren zur mündlichen Leistungsfeststellung
¾ Abfragen einzelner S, z.B. nach Zufallsprinzip: vorab Fragen festlegen → beim Befragen auch Klasse mit
einbeziehen → später Note mit Datum notieren
¾ Eindrucksnoten über bestimmten Zeitraum, sinnvoll eher kürzere Zeiträume zu wählen
¾ einleitendes Wiederholungsgespräch mit der ganzen Klasse, aber nur auf bestimmte S achten,
entspricht verdecktem Abfragen, Note mit Datum notieren
¾ dialogische Bearbeitung von Kontrollfragen: Klasse löst Arbeitsblatt mit wiederholenden
Kontrollaufgaben in Einzelarbeit während L mit einem S das Blatt gemeinsam bearbeitet (Tipp: Ergebnisse
auf Folie festhalten, sodass dies später für die gemeinsame Besprechung im Plenum genutzt werden kann)
¾ L führt Strichliste, d.h. er vermerkt am Ende jeder Stunde gute mündliche Leistungen, später bildet er
hiervon ausgehend Eindrucksnoten
¾ ein S trägt, wie in der vorausgehenden Stunde vereinbart, das Protokoll der letzten Stunde frei vor, L stellt
Zusatz- und Anwendungsfragen, Schüler weiß im vorneherein, dass er vorträgt
¾ S halten zu vorgegebenen oder selbst gewählten Themen ein Referat mit anschließender Diskussion →
Bewertungsgrundlage: das Referat an sich sowie die Reaktion des S auf Fragen und sein Verhalten in der
anschließenden Diskussion
3.3 Alternative Formen der Lernerfolgskontrolle und Bestrebungen für die Zukunft:
¾ Portfolios
¾ Einbezug von Selbstevaluation
¾ Prozess- statt Produktorientierung
¾ Weiterentwicklung und Anpassung von traditionellen Klassenarbeiten an veränderte Lernbedingungen
(offene Formen zur Berücksichtigung von Individuum und Lernerautonomie)
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Leistungsbeurteilung in der Schule (Thema 8)
3.4 Notengebung im Offenen Unterricht
¾ im Offenen Unterricht kommt es auf den Lernprozess selber an → Gegenstand der Bewertung sind somit
auch: zielgerichtetes Planen, Nutzen von Informationsquellen, Arbeiten im Team, Dokumentation und
Präsentation, generell gleiche Benotung wie sonst auch
¾ Lehrer = Lernberater, gezielte individuelle Rückmeldung über Lern- und Arbeitsverhalten → L muss für
Transparenz sorgen, den SuS offen legen, welche Aspekte und Kriterien für die Benotung relevant sind
¾ Instrumente wie z.B. Beobachtungsbögen, Schätzskalen, Kriterienkataloge ermöglichen dem L eine
schnellere und sparsamere Notation der Eindrücke → Eindrücke können häufiger festgehalten werden →
Reliabilität steigt
¾ kommunikative Validierung: SuS und L tauschen sich gemeinsam über methodische und soziale
Kompetenzen der SuS aus, Selbst- und Fremdeinschätzungen der SuS dienen dem L als
Bewertungsgrundlage, sind aber keineswegs bindend!
¾ Vergabe von Kollektivnoten ist rechtlich nicht möglich
¾ Präsentation von Gruppenergebnissen:
a) die Gruppe übernimmt Rollenverteilung → SuS können sich gezielt auf Präsentation vorbereiten
b) L bestimmt bei Präsentation, wer welchen Teil vorträgt → jeder S muss über das Gesamtprojekt Bescheid
wissen
Rechtliche Hinweise:
Leistungsbewertung in der Sekundarstufe I: APO-SI, §6
Leistungsbewertung in der Sekundarstufe II: APO-GOSt, §§13-19
ASchO §21, §25
Schulgesetz NRW (17.06.2006)
4. Literaturverzeichnis
Sacher, Werner: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Grundlagen, Hilfen und Denkanstöße für alle
Schularten. 3. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2001.
Wengert, Hans Gert (2004) : „Leistungsbeurteilung in der Schule“. In: Bovet, Gislinde / Huwendiek, Volker (Hrsg.):
Leitfaden Schulpraxis – Pädagogik und Psychologie für den Lehrberuf. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor. S. 294-319.
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