Grindtown 2.0
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Grindtown 2.0
Jörg Albrecht laß mich dein Leben leben! Dirty Control 2 1 Ich finde beispielsweise, daß der Film Empire von Andy Warhol über das Empire State Building 1964 ein Splatterfilm ist. Wer so lange das Material einfach nur zum Abbilden des Hauses zeigt, zerstört total die Position des Betrachters. Christoph Schlingensief Peter Nun sag schon! Was ist in den Säcken drin? Bob Das glaubst du nicht! Peter Na was denn nun? Gold? Diamanten? Oder Videokassetten von Zombiefilmen? Bob Dreck! Dreck ist drin! Peter Dreck? Wieso sind Zombiefilme Dreck? Es gibt auch gute dieser Sorte! Vorige Woche habe ich zum Beispiel einen Film gesehen, der war … Bob Dreck und Steine! Alle Säcke sind voll von Erde und Steinen. Peter Dreck? Steine? Aber wieso denn? Was hat das für einen Sinn? Die drei ??? und der rote Pirat, Europa Hörspielkassette, 1984 Body horror articulates a relationship between organs in different bodies, despite the physical space or different identities which might separate them. There is a level on which elements of the body politic speak to each other, missing out the governing system of the individual. Linda Williams 2 Jackie Trestini Stella Solar Hope Scarvelis Cody Cummings Dylan McLovin Giancarlo Tranquilli die Teenager! Judith / Lynn / Susan / Jacques / Mick / Gil die Fiftyager! Jamie Lee Curtis / Laurie Strode The Shape aka Michael Myers ! gespielt von den sechs Stars von AUS DEM BILD! , abwechselnd, Scriptleseprobe, jeder darf mal jeder sein, und wenn die Probetakes drin sind, in the camera, ist der Film vielleicht fertig, ohne fertiggedreht zu sein 3 4 OUR FEATURE PRESENTATION / WIR PRÄSENTIEREN DEN HAUPTFILM For your information: The following film is restricted. No admittance to persons under 18! 1 down and dirty Hier, nimm diesen Körper auf, nimm diesen Raum auf, wie er auf den Körper reagiert, nimm diesen Schatten auf. Du bist sicher, solange du beim Schatten bleibst. Hier, nimm diese Brandspuren im Film, nimm die hellen Flecken in den Brandspuren, nimm das Licht dieser hellen Flecken, sofort wirst du merken: Es ist künstlich, künstliches Licht. Denn die Schatten sehen in ihm anders aus als bei Tag, in jedem Tag ist ja Dunkelheit versteckt, denkst du, kurz bevor der Sprengsatz explodiert. Bevor der Sprengsatz. Bevor er. Explodiert! Explosion, die den Mund immer weiter öffnet, erst wenig, dann mehr, noch mehr, Kamerafahrt in eine Mundhöhle, einen kleinen Teil dieser Mundhöhle, offen durch die Explosion. Eine kleine Öffnung in der Mundhöhle, in die jemand ein Display hineingestellt hat. Was wir von diesem Display erhoffen: das Panorama der Stadt, in der wir uns befinden. Doch sind wir im Horrorfilm. Und der Horrorfilm ist alles andere als verliebt in die Kameraeinstellung: Totale, eher in unübersichtliche Räume, von denen wir manchmal nicht wissen, wie groß, wie dunkel und wie verwinkelt. Räume, die uns fremdgeworden sind, nur weil die Kamera die Totale eben nicht liebt und damit: die Grenzen des Filmbildes öffnet, für den Horror, der kommt, und er kommt, immer. Der absolute Horror für Hope und Dylan beginnt an einem Abend im Mai. Doch bevor der Horror beginnt, hat er schon begonnen, und zum Glück haben wir Kameras, die uns das sofort senden, in vierhundertfacher Vergrößerung, hier ins Kamerazentrum dieser Stadt. Der überwiegende Teil der Kameras in dieser Stadt wird von privaten Betreibern genutzt, aber das gesamte Netz zugleich zentral gesteuert, von einem Kontrollraum aus, dieser Mundhöhle. Auf dem Display jetzt zu sehen: ein Video, aufgenommen im Wartesaal, 5.32 Uhr Ortszeit, der Himmel über der Stadt: ein hell erleuchteter Flat Screen, jetzt schon, so früh, heller nur das Display, auf dem das Video aus 5 dem Wartesaal läuft. Die Bilder sind stumm, Schreie, Atemgeräusche, Schritte: unhörbar, unerwünscht. 5.32 Uhr: Sicherheitsbeamte betreten den Wartesaal, während der Körper einer Frau, neunundvierzig Jahre, in Jamaika geboren, zuckt, nochmal zuckt, spuckt, ein Tropfen Speichel, auf den Fußboden zurasend, schneller als der Frauenkörper selbst. Ein Sicherheitsbeamter tippt den anderen an, 5.32 Uhr, die Beamten starren auf den Frauenkörper, gekrümmt, auf dem Boden, das linke Ohrläppchen berührt den Speicheltropfen. 5.33 Uhr: Die Sicherheitsbeamten verlassen den Saal. 5.47 Uhr, eine andere Patientin verläßt den Saal. 5.53 Uhr: Einer der Sicherheitsbeamten betritt den Saal, tritt an den Körper ran, tritt ihn leicht, tritt weg, ab. Exit. 6.07 Uhr: eine minimale Bewegung, viel minimaler als die meisten, die der Körper der Frau, vor neunundvierzig Jahren geboren in Jamaika, gemacht hat, seitdem er vor fast vierundzwanzig Stunden den Wartesaal betreten hat, eingewiesen, zwangseingewiesen, erstmal in den Wartesaal, Psychose, leb die im Wartesaal aus, vierundzwanzig Stunden lang, und jetzt: die minimalste Bewegung. Der Brustkorb hebt sich ungewöhnlich weit an, senkt sich ungewöhnlich weit ab. Weit. Weiter. 6.35 Uhr: eine Krankenschwester, über den Frauenkörper gebeugt. Im Patientenbuch sind Pulsschlag und Blutdruck noch für 6.00 Uhr registriert, von der Krankenschwester, die um 6.35 Uhr die Tote für tot befindet. Die Krankenschwester zuckt mit den Achseln, zeigt auf die Videobilder, stumm, 5.31 Uhr, zeigt drauf, sagt: Quicklebendig, sagt: Blutdruck hundert zu siebzig, Pulsschlag einhundert, stabil, sagt: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis unsere elektronischen Persönlichkeitsprofile und digitalen Abbilder ein Eigenleben führen. 6.36 Uhr: ein leerer Wartesaal, in der Ecke die Tote. Der Nachtwächter rollt im Drehstuhl ins Bild, schaut in die Ecke, schüttelt den Kopf. Eine Bürgerrechtsorganisation sagt, das Video [einhundertsieben Minuten lang] in der Hand: Dies ist ein Ort des Drecks. Dies ist ein. Ist ein Ort des Drecks. So wie der Rest der Stadt. Und so heißt sie auch: Grindtown. Wer die Kamera hinüberschwenkt zu den Filmstudios am nordöstlichen Rand, genaue Adresse: Bavariafilmplatz, wer sich diese Adresse von Google Maps suchen, von Google Earth das Studio von oben zeigen läßt [Klick: Luftaufnahme], mit Google Street View sogar direkt hineinfährt, ist JETZT dabei, wenn es losgeht. Los gehts! 6 2 are you dressed for it? Jackie Sie gaben mir einen dreckigen Namen, und ich? Ich lebe ihn. Bei jedem neuen Film. Wir treffen uns in den Studios. Der Caddi steuert am Pförtner vorbei, auf den Parkplatz, Tacho: von hundertfünfzig runter auf null. Ich bin zurück. Zurück im Exploitation-Biz. CITY EYE PRODUCTIONS steht über dem Eingang, und dahinter warten schon die anderen. Slow Motion Shot von uns allen, von uns sechs Moviemenschen, zusammen und von jedem einzeln. Vor- und Nachnamen erscheinen neben dem jeweiligen Körper während dieser Slow MotionEinzelaufnahme. Stella Solar, der Star, klar. Cody Cummings, der Held. Hope Scarvelis, Maskenbildnerin. Kameramann Dylan McLovin. Dann Giancarlo Tranquilli, zuständig für Raum und Effects. Und ich selbst, die Regisseurin dieses schmierigen Streifens hier: Jackie Trestini. Ihr kennt mich. This work is my life. Willkommen am Set, ihr horror’s heroes. Wir haben ein Wochenende, und ich brauch es euch nicht zu erzählen: Wenn wir mit unsrem Film hier leben, löst sich unser Empfinden von Realität auf. Und: Zum ersten Mal in der Geschichte der Grindhouses, wird ein Film besser sein, viel viel besser als sein Poster. Cody Und besser als sein Titel. Jackie Wieso? Was ist mit dem Titel? Cody Na, Aus dem Bild!? Ich meine: Was ist das für ein Zombiefilmtitel? Day of the Dead. Diary of the Dead. Diarrhö of the Dead. Das sind Titel! Jackie Cody Cummings, der Held der Helden. Er nimmt jede Rolle an, egal wie billig der Film, egal wo, egal was. Cody Warum nicht ein Untertitel? Jackie Am Set hörst du nach achtzehn Stunden Dreh Eis in seinem Jack Daniels. 7 Cody Wie wärs mit: Bodies that Splatter? Jackie Nicht nur Produzenten verwechseln ihn immer wieder mit seinen Figuren. Cody Wie wärs mit: Exploitation of the Dead? Jackie Wie viele andere hatte auch er mal einen kurze Berührung mit Holly- wood, bevor ins bayerische Exploitation-Biz einstieg. Stella Ich will euch was sagen: Wenn ihr Männer denkt, ihr könnt uns hier ausbeuten, nur weil das ein Exploitationfilm ist, liegt ihr falsch. Jackie Das ist Stella. Cody Oh, die Hauptdarstellerin meldet sich zu Wort, bevor sie beim Dreh dann nur schreien wird. Ich schreie, also bin ich, oder was? Stella Und du drehst du nur Farbfilme, oder? Jedenfalls siehst du bunt aus. Jackie Alles was ihr über Stella wissen wollt, findet ihr in ihrem Buch, When Cameras Kill: Confessions of a B-Movie Actor. Wenn ihr diesen Film hier im Computer seht, klickt auf Stella und ihr landet bei amazon. Klickt auf Dylan McLovin, und ihr blickt in das Leben eines leicht schrägen Ex-Porno-Kameramanns, der steif und fest behauptet: Dylan Wieso? Eine Kamera hat nur ein Auge, ok, aber auch einen Körper, also liebt sie dich. Jackie He’s been maimed and framed, beaten, robbed and mutilated. But they still can’t keep him from the woman he loves. And this woman is: Hope Scarvelis, die Frau, die dir jeden Horror zu einer Maske formt. Hope Ich habe Horror nie anders verstanden. Nur als Kind. Nur als Kind vielleicht habe ich Horror anders verstanden, aber das ist vorbei. Ich 8 wurde vom Kind, das erschreckt wird, zum Kind, das erschreckt. An meine Masken, meine Gesichter, erinnert sich jeder. Jackie Eine Kamera muß sich an die Räume, die sie filmt, erinnern. Damit die Räume bleiben, gibt es niemand besseren als die ruhige Hand von Giancarlo Tranquilli. Und für Special Effects auch nicht. Giancarlo Bei Zombiefilmen einfach hinters Studio gehen, den Film nehmen, und ein bißchen drauftreten, und schon hast du genug Schmutz, sogar für Filme in Überlänge. Jackie Sechs B-Moviemenschen, aufeinander losgelassen, für ein Wochenende. Erstmal wird geredet. Über Morphing als Mobilität. Über Dönerbuden auf dem Studiogelände. Über Körperhaltungen. Stella Gebückter Gang, hängende Schultern, krummer Rücken. Ich werde keinen Zombie so spielen, das ist klar. Giancarlo Ob die Leute jetzt immer erwarten, daß Zombies rennen? Nur we- gen des Remakes von Dawn of the Dead? Ich meine: Rennende Zombies!? Was soll das? Hope Wieso? Ihr Zombiepuristen habt nicht mal die Tradition auf eurer Seite. Zum Beispiel: City of the Walking Dead von 1983, in dem die Zombies beim Zusammenrotten auch nicht trotten, sondern rennen, nicht Fleisch essen, sondern Blut trinken und manchmal eine Kehle durchschneiden. Cody Womit wir im Slasherfilm der Achtziger wären. Stella Nichts gegen den Slasherfilm der Achtziger, der war mein Durchbruch. Giancarlo Trotzdem! Rennende Zombies? 9 Dylan Na ja, es soll nicht langweilig werden, auch nicht nach über hundert Jahren, die ihr hinter euch habt, das Kino und du. Film is life with the dull pieces cut out, sagt doch schon Hitchcock. Cody Es geht ja nicht nur um schlechte Körperhaltung. Wenn ich jetzt SO laufe, macht mich das mehr zum Zombie, als wenn ich SO? Hope Entdecke den inneren Zombie, dann wird das schon! Dylan Innere Zombies, äußere Zombies, die Grenzen zwischen äußerer und innerer Identität, bestehen die noch? Hope Also, ich habe Horror immer anders verstanden. Ich, das Kind, das erschreckt wurde, heute: das Kind, das erschreckt. Ich habe Horror so verstanden: Er befreit dich von deiner alltäglichen Identität. Jackie Um sich zugleich darauf zu verlassen, daß DU dich darauf verläßt, in die alltäglichen Identität zurückfallen zu können, zurück. Cody Script continuity! Jackie Zurück. Dylan Wenn man dahin zurückwill. Stella Zurück ins Leben als Ex-Porno-Kameramann, der heute im Wagen von Google Street View mitfährt? Dylan Wenigstens kann ICH wie ein Mikro aus Abständen aufnehmen, die MEIN Erscheinen auf dem Filmbild verhindern. Stella Dafür werde ich die Katastrophe überleben, in den Räumen da draußen. Jackie Das sagt das Script doch auch. Das sagt das Storyboard. Niemand sagt: Du wirst sterben, Stella, also. Kurzer Handlungsabriß von Aus dem Bild!: Alleine in einer verlassenen Stadt, und alles, was um euch herum 10 lebt, sind die Toten. Ihr seid die letzten Überlebenden in dieser Stadt. Rettung verheißt ein Hubschrauber, der in Kürze landen wird, doch bei dem Grauen um euch herum ist es alles andere als leicht, zum Landeplatz vorzudringen. Aber ihr versucht, Zombies auszuschalten, um die Schlußtitel lebend zu erreichen. So weit der Plot, wie er auf uns lauert, im Storyboard. So weit der Scriptwriter in mir. So weit du richtig planst, kannst du alles in zwei Tagen drehen. Fang Freitag Nacht an, und Sonntag Nacht ist der letzte Take in the camera. Eine Probe, ein Take. Immer nur ein Take. Ein Take, und du hast es. Wenn du Fehler machst, bleiben sie drin und gehören eben dazu. This work is my life. Cody Das nenn ich Exploitation! Stella Moment mal, Exploitation? Ich verstehe immer nur Exploitation. Cody Weil du schon zu lang im Exploitation-Biz bist. Hope Im Exploitation-Biz geht alles schnell: Dreh, Schnitt und Vertrieb. Exploitationmäßig ist der Freistaat in ungefähr fünfzehn Territorien aufgeteilt, die alle von verschiedenen Filmverleihen kontrolliert werden. Dylan Alter Trick: Wenn die Motion Picture Association of Bavaria uns die falsche Wertung gibt, läuft das Ding als Dokumentation, zumindest in einigen freistaatlichen Territorien. Doku: Zombies in Oberammergau. Giancarlo Die Filmverleihe zahlen aber nur EIN Mal für jeden Film. Stella Ja, die Filme werden ausgebeutet. Wir machen sie, und sie werden aus- gebeutet. Da muß man schon fragen: Kann man in diese Welt noch Filme setzen? Jackie Was hätte Marx zu Exploitationfilmen gesagt? Was hätte Marx über- haupt zum Kino gesagt, zum Tonfilm, zur Existenz eines Apparats, der 11 Bewegung einfängt, damit sie ausgebeutet werden kann? Was hätte Marx zu Videoüberwachung gesagt? Giancarlo Die fünf Säulen urbaner Infrastruktur: Gas, Elektrizität, Wasser, Kommunikation, Videoüberwachung. Hope Letztere im Vergleich zur traditionellen sozialen Kontrolle mit gegenseitigem Blickkontakt. Dylan Blick? Kontakt? So eine Kontrolle, face to face, bewahrt uns etwas, Schätzchen, bewahrt uns unsere informationelle Privatheit. Stella Privatheit heißt: Was wissen andere von mir? Wie werde ich wahrge- nommen? Was für eine Identität möchte ich? Informationelle Privatheit, wenn zum Beispiel mein Buch über meine Privatheit informiert. Cody Mit informationeller Privatheit hat es aber nicht zu tun, wenn komplexe Sicherheitssysteme mit mehreren hundert beweglichen Kameras in den Raum eingreifen und so Paparazzi Cody Cummings per Display folgen. Giancarlo Die Videoüberwachung öffentlicher Räume greift in den Alltag der- jenigen ein, die einen bewachten Raum betreten, greift ein, unabhängig vom individuellen Risikoprofil. Fürsorgliche Überwachung eben. Jackie Piktogramm: Videoüberwachung nach DIN 33450. Giancarlo Videoüberwachung öffentlicher Räume als Überwachungsform öf- fentlichen Lebens. Wie sollen wir gemeinsam leben, wenn immer jemand uns beobachtet? Stella Wenn du nichts verschuldet hast, wieso hast du dann Angst? Fürsorgli- che Videoüberwachung erhöht Sicherheit. Vergleiche: das Video, mit dem man die U-Bahn-Prügler gefunden hat. Vergleiche: das Videostill, 12 mit dem man den U-Bahn-Schubser gefunden hat. Vergleiche: das Video vom Tod einer Frau, 6.07 Uhr im Wartesaal. Dylan Was auf der Strecke bleibt: die gefühlte Privatheit, auch die zwischen dir und mir, Schätzchen. Hope Wieso eigentlich Schätzchen? Diese Verniedlichung schätz ich nicht. Dylan Na dann, nochmal: Was auf der Strecke bleibt: die gefühlte Privatheit, auch die zwischen dir und mir, Täubchen. Hope Die gefühlte Öffentlichkeit wird heute durch Kameras viel weniger beschnitten. Vor einzwei Jahrzehnten sahen wir gemeinsam die übergroßen Blechkisten über den Straßen und wußten: Wenn wir uns hier küssen, können wir jemandem am anderen Ende einen Moment schenken, der so intim ist wie der Kuß zwischen uns, oder sogar intimer. Aber inzwischen siehst du keine Kameras mehr. Dylan Fast ebenso unsichtbar wie die Techniken elektronischer Datenverar- beitung. Techniken, über die sich Menschen noch viel besser überwachen lassen als über Kameras. Siehe: Vorratsdatenspeicherung. Jackie Und dennoch breiten sich die Kameraaugen aus, immer weiter und weiter, in öffentlichen Räumen, privaten Räumen, privatisierten. Augen schauen dich an! Wie sich meine Beziehung verändert dadurch, meine Beziehungen, denn sobald ich rausgehe, nehme ich Beziehungen auf, die festgehalten werden in persönlichen elektronischen Daten. Giancarlo Nicht zu vergessen: Wie sich die Räume durch die Kameras verän- dern, gerade durch unsichtbare. Dylan Vor allem, wenn die Kameras immer intelligenter werden und intensiver starren, auch in schattige Bereiche hinter Säulen. 13 Giancarlo Die Videoüberwachung als ein visuelles Aneignungsinstrument von Räumen. Du kannst Informationen über spezifische Räume aufzeichnen, übermitteln und natürlich manipulieren. Hope Das heißt: Auch die Räume leiden unter Überwachung? Dylan Schau dir Grindtown doch mal an, Täubchen. Jackie Diese Stadt hat ihre Schauseiten immer bevorzugt und die dreckigen unterschlagen, zum Beispiel die Filme aus unseren Studios hier. Und auch die Videokameras kümmern sich lieber um die wirtschaftlich attraktiveren Teile der Stadt und der Filmindustrie. Stella Die Schauseiten gehören denen, die die Öffentlichkeit für sich fühlen lassen, und das schon lang. So lang, wie die dreckigen Seiten überwacht werden, damit man weiß, wann Zombies von da kommen. Dylan Videokameras beunruhigen nach ihrer Installation. Videokameras beun- ruhigen, und nach wenigen Momenten der Gewöhnung beruhigen sie. Videokameras beruhigen beäugen die Menschen. Videokameras machen sich bemerkbar, und daß sie den Menschen zeigen, was Disziplin ist, macht sich sogar in Räumen bemerkbar, die nicht überwacht werden. Cody Menschen in überwachten Räumen werden diszipliniert. Menschen in Räumen, die an überwachte Räume angrenzen, werden diszipliniert. Und Menschen in den Räumen, in die sich diese Bilder übertragen? Hope Makrodramen: Überwachungszentren, in denen überforderte Sicherheitskräfte für eine Vielzahl von Displays zuständig sind. Stella Wieso muß ich dann helfen, wenn eine psychische Kranke um 5.32 Uhr in einem Wartesaal anfängt, zu sterben? 14 Giancarlo Kameras können nicht eingreifen, in Räume schon, in Körper schon, aber nicht ins Geschehen, und so können Straftaten auch vor Kameras stattfinden, etwa unterlassene Hilfestellung Hilfeleistung. Dylan Unterlassene Hilfeleistung findet statt, und ihr, Kameras, tut nichts. Hope Seht nur! In Dylans Mundhöhle ein Display. Auf dem Display: der Frauenkörper, neunundvierzig Jahre alt, und ich dachte, der bleibt jetzt auch neunundvierzig, seht mal: Die Frau steht auf! Dylan Was sich live vor der Kamera abspielt, kann nicht manipuliert sein! Stella Das passiert genau jetzt. Cody Echtzeit-Intervention: eingreifen, wenn gerade jemand stirbt. Hope Oder gestorben ist und wieder lebt. Cody Noch lebt. Hope Immer noch lebt. Stella Der Körper der Frau, wo ist er? Aufgestanden, weggegangen, weg von diesem Ort des Drecks? Nein. Da ist sie ja. Hope Dabei sieht die Tote aber gar nicht so tot aus, das Fleisch: nicht angefault, nicht schmuddelig, eher vital, Hochglanz, glamourös. Jackie Die Kamera folgt ihr. Die Kamera hat sich losgelöst aus dem Warte- raum und folgt ihr, Schritt für Schritt. Mobile Kameras. Dylan Das Vordringen von Videoüberwachung aus geschlossenen Arealen des Konsums und des Privaten in den öffentlichen Raum. 15 Giancarlo Das Vordringen von Zombies aus geschlossenen Arealen, Grind- houses, in den Raum, der uns allen gehört, nicht nur Kinobetreibern. What happens to this space when they take it? Cody Sie kommen, um dich zu holen, Stella, sie kommen! Stella Cody Cummings kommt der innere Zombie? Cody Und damit haben wir unseren Untertitel: City of the Walking Dead II. Jackie Keine Angst! Niemand tötet meinen Film. Das Drehbuch steht unter Denkmalschutz, ich meine, das Filmstudio steht unter Datenschutz, da können die Zombies kommen, im Dario-Argento-Cut, im GeorgeRomero-Cut, im Jackie-Trestini-Cut, wie sie wollen. Wir sind sicher. Cody 3 Sicher? data body Jackie Im klassischen Zombiefilm ticken die Zombies so: They get up and kill. And the peope they kill get up and kill. Und heute? Was, wenn eine ganze Stadt erlebt, daß die Toten nicht tot sind? [when the moon turns red, the dead shall rise:] Eine Frau, neunundvierzig Jahre, ab jetzt immer neunundvierzig, verläßt die Psychiatrie. Ein Sechsundsiebzigjähriger und zwei Jugendliche wandern im U-Bahnhof Arabellapark umher. Ein Teeniegirl tanzt auf dem U-Bahnsteig am Petuelring. Überall Körper, gefolgt von Kameras, tausend öffentlichen Kameras [laut offizieller Angabe von Polizei und MVG], xxxxxx privaten Kameras, auf UBahnsteigen, auf S-Bahnsteigen, auf Bürgersteigen, vor Schaufenstern, in Schaufenstern, hinter Spiegeln. Kameras, die ihr eigenes Leben haben und für die alles gemacht wird, was technisch machbar ist. Aber die Kameras hängen an den Menschen und geben ihnen einiges zurück. Mobile Kameras machen immobile Körper mobil, und so wird der öf- 16 fentliche Raum von Öffentlichem freigemacht. Wer bestimmt, wer einen Raum betreten darf, wie ein Raum benutzt wird, zum Beispiel: unsere Körper? Nicht nur von wegen: schlechte Körperhaltung. Was passiert hier? Arbeiten Kameras und lebende Tote zusammen? Und: Wieso sehen diese Toten so dermaßen gut aus? Wir sitzen im Studio, wir sechs Moviemenschen sitzen fest bei CITY EYE PRODUCTIONS, die Tore verbarrikadiert, damit die lebenden Toten uns nicht verführen berühren. Cody Hobbythek, heute: Wie baue ich mir ein eigenes CCTV? CCTV = Cody Cummings Tele Vision Closed Circuit Tele Vision. Geschlossener Schaltkreis: Kamera und Monitor, mehr brauchst du nicht. Oder doch! Ein Videogerät. Also eigentlich nicht. Aber manchmal doch. Ja, eigentlich doch, aufzeichnen und speichern would be nice, too. Dylan Would be lovin’, all too lovin’, denn: Die Videokamera ist kein lebloser Apparat, sie hat einen Körper, ihr Körper liebt dich doch. Stella Wer schaut wen an? Wie? Wie lang? Wird der Blick erwidert? Giancarlo Welche Macht hat der, der schaut? Welche der, der angeschaut wird? Hope Mikrodramen: Was passiert, wenn ich nicht merke, daß ich angeschaut werde, wenn ich ziellos im Fadenkreuz umherwandere, in einem verkorksten Movieplot, verkorkst, weil unentschlossen ungeschlossen? Stella Movie plots, die Liebhaber der Videoüberwachung, die sagen: Irgendwo lauert die Bedrohung. Irgendwo. Irgendwo lauert. Cody Diese Plots sind immer wahr, weil wir jeden Tag sehen, daß sie funktionieren, in einem endlosen Film. Dylan Diese Plots und ihre endlose Wiederholung in einem endlosen Film machen wiederum die Stadt zu einem endlos Filme projizierenden Kino, 17 zu einem Schmuddelkino, das auf die Qualität der Filme weniger Wert legt als auf Quantität. Cody Aber, na gut, das ist Exploitation. Stella Movie plots führen zu movie plot security, zum Gefühl, du könntest gegen Gefahren vorgehen, weil sie feststehen in irgendeinem Filmscript. Hope Die Frage ist: Inwiefern ergeben sich dadurch Hierarchien? Ich meine nicht, weil manche Filme bessere Scripts und dadurch bessere Gefahren haben als andere, und auch nicht, daß manche Menschen mit besserem Filmmaterial gefilmt werden, als andere, sondern eher, daß junge schwarze Männer im Vergleich überproportional oft in den Blick genommen werden. Dylan Oder daß in manchen Räumen mehr private und öffentliche Kameras zu finden sind als in anderen. Öffentliche Räume erwachen zum Leben, weil in ihnen Menschen miteinander leben, so wie du und ich, Täubchen. Aber wenn jemand diese Räume immer im Blick hat. Giancarlo Räume, die man im Blick hat, gegen Räume, die man nicht im Blick hat. Verschwinden denn die Räume, die nicht im Blick sind, aus dem Plan der Stadt? Was sagt Google Maps? Stella Google Maps sagt: Wolfgang Schäuble weiß, was du letzte Nacht ge- googelt hast, sogar in welcher Straße. Was sagt Google Street View? Dylan Google Street View sagt: Viele sollen von Wenigen überwacht werden. Das allein teilt doch die Stadt so, wie ich es vom Google Street ViewWagen aus gar nicht filmen kann. Von da aus gilt nur: schäbige Viertel versus Glamourviertel. 18 Giancarlo Womit wir wieder bei unseren lebenden Toten sind, denn: Seit wann sind Zombies nicht mehr schmuddelig, sondern glamourös, ich meine: Glamouröse Zombies!? Rennende, ok, aber: Glamour? Jackie Zum Beispiel die Art, wie der Sechsundsiebzigjährige am U-Bahnhof Arabellapark jetzt inszeniert wird: kalte Farben [Blau und Weiß], extreme Körnung, deutliches horizontales Linienmuster und leicht verzerrte Optik, Perspektive ist von schräg oben, im Hintergrund ein scharf zusammenlaufender Gang. Überwachungslook at its best. Dylan Echtzeit-Präsentation: Alles muß sofort perfekt sein, auf den ersten Blick. Alles wird sofort weggesendet. Nichts kann sich noch ändern. Giancarlo Nicht mal, wenn es um die Retusche eines Mikrokabels geht. Dylan Alles wird weggesendet, als Bildfläche, an den Ü-Wagen, weggesendet und festgehalten, und das nennt man dann CCTV. Stella Closed Circuit Tele Vision, nicht nur im technischen Sinn geschlossen. Es schließt auch die Interessen an der Überwachung und die Interessen am Marketing kurz. Siehe: der antitraditionelle Zombieglamourlook. Jackie Der Körper wird nicht mehr ausgebeutet, das wäre zu viel Arbeit. Ich sorge für meinen Körper, Dylan You’re on a camera an average of ten times a day, are you dressed for it? Jackie und alles drumherum sorgt dafür, den Körper zu erhalten, zu verfla- chen, damit er als Bildfläche weggesendet werden kann, altersbeschränkt, an den Ü-Wagen. Überwachungswagen, Überlebenswagen? Hope Mobilität ohne Morphing. 19 Jackie Lebende Tote, die leben, auf Bildern, nein, als Bilder. Was mal gelebt hat, bleibt lebendig, als Bild, und kann dich jederzeit wieder heimsuchen. Diese Bilder, diese lebenden toten Bilder, und ihr Eigenleben. Cody Wenn man schon Eigenleben hat, kann man es doch auch glamourös gestalten, oder? Wenn ich irgendwo ins Schaufenster schaue, checke ich doch auch über mein Spiegelbild, ob ich das, was ich hinter nein im Schaufenster sehe, brauche oder nicht. Permanentes Monitoring. Giancarlo Sehe ich gut aus? Sehe ich tot aus? Sehe ich gut tot aus? Dylan Bewegungsmodus: slow. Ganz langsam, weil sie keine Angst mehr ha- ben müssen, irgendwann zu sterben, wandeln die Untoten umher, mobil, weil ihnen keine andere Wahl bleibt. Sie müssen in Bewegung bleiben, denn sie SIND bewegtes Bild. Stella Wenn ich eine Bank überfalle und mir vorher vorstelle, wie ich dabei aussehen werde, wie ich dabei gut aussehen kann, so gut, daß ich wirklich als Verbrecher rüberkomme, dann ist es kein großer Schritt für mein Kamerabild, diese Vorstellung zu erfüllen und dann nochmal auszunutzen, auszubeuten, um selbst ewig am Leben zu bleiben, um mich zu verfolgen und mir zu sagen: Ich bin immer noch hier. Cody Abenteuer, von denen man weiß, daß sie gut ausgehen. Abenteuer, von denen man weiß, daß sie nicht gut ausgehen. Abenteurer, von denen man weiß, daß sie gut aussehen, egal in welcher Lage. Hope Das ist Lebensgefühl Überlebensgefühl, oder? Jackie This work is your life. Und ohne es zu merken, wird dein Bild, das dich als Vergangenheitsform zeigt, zur Gegenwart. Stella Pixploitation: ein ausbeutbares Filmbild, das ist ja schon tot, das kann man ausbeuten, so lange man mag! 20 Cody Nein! Tote Bewegungen beuten die lebenden Bewegungen aus. Und ich meine nicht den Dönerbudenbesitzer, und auch nicht den Besitzer des Dönerbudenbesitzers. Jackie [economy of looks:] Was angeschaut wird, wandelt sich in Verwertung, und so entsteht eine City of the Walking Dead, Grindtown, aber im Grind: Glamour. Giancarlo Wenn ich deinen Körper, um ihn noch glamouröser zu machen, et- was morphe, was ich gerade jetzt mal durchführe, bist du nicht nur so mobil wie deine mobilen Kameras, sondern auch noch so flexibel, wie du es als lebender Lebender nie warst. Dylan Ich im motion tracking, als Figur in einem Animationsfilm. Meine Be- wegungen auf dem Video werden abstrahiert, damit diese Bewegungsmuster von anderen Überwachungskameras erkannt werden können. Jackie Die Ü-Kameras als Bildsuchmaschinen. Stella Ja, Kamerahersteller müßte man sein. Dylan Oder motion capture: Ein Foto von mir wird animiert, und auf einmal raube ich eine Bank aus, zumindest im Video. Hope Zombies, die nur sind, was sichtbar ist an ihnen. Cody Na und? Mehr mache ich auf der Leinwand auch nicht, i’m just a recording of a body. Jackie Eins ist klar: Die klassische Zombievergangenheit ist vorbei. Cody Was? Give me my fucking zombies back! 21 Dylan Waren das Zeiten, als man Zombies auf billigem Filmmaterial wandeln ließ, in Technoscope, dem billigen Cinemascope! Als Close-Ups von fallenden Hautplättchen aussahen wie herabstürzendes Geröll! Hope Wären das Zeiten, in denen solche Fehler keine Fehler wären. Ich habe ERROR immer so verstanden. Jackie Fallende Hautplättchen als herabstürzendes Geröll. Ist doch viel mehr Risiko. Ist doch viel komplexer. Hope Risikostadt = Stadt mit steigender Komplexität? Giancarlo Doch kann Videoüberwachung Räume nur kontrollieren, aber kaum in ihrer Komplexität erfassen. Hope Unsere Prozesse von Aneignung und Produktion sieht niemand, Dylan. Jackie Zum Beispiel nicht, daß sich fallende Hautplättchen fühlen wie herab- stürzendes Geröll. Die Kameras und der Scriptwriter in mir sagen: einfach nur Geröll, nicht: bodies that shatter. Stella Die Kameras sagen: So soll dein Leben sein! Movie plot identity. Dylan Nichts mit: körnig, mit: stop motion, das sind die Siebziger, Achtziger, Neunziger, aber heute: scharfe Videobilder, gefährlich scharf. Jackie Also: lieber unscharfe Bilder! Also: unseren Zombiefilm aufrauhen, um ihn unterscheidbar zu machen von den Grindtown-Filmen? Stella Die Bilder verschmutzen, damit sie ihren Glamour verlieren. Dylan Kameras im unglamourösen Alltag. Jackie Wenn du Fehler machst, bleiben sie drin und gehören dazu. 22 Hope Das ist schön! Ist doch, ist doch schön, wenn man unserem Film ansieht, welche Schwierigkeiten bei seiner Produktion überwunden werden mußten. Wenn uns das den Dreck zurückgibt, den wir so liebten, in dieser Stadt. Dylan Ja, das ist ein schmutziger Film. UND? Und die script continuity? Die script security? Cody Stella It’s time to ring Wolfgang Schäuble. Jackie Girls like me die dirty. Today i’m dirty, tomorrow, i’ll be just dirt. Giancarlo What happens to this dirt when i take it with me? 4 trailer park Cody Ausrichtung des Objektivs, Stella Blickwinkel der Linse, Hope Installationspunkte, Dylan Zoom- und Schwenkmöglichkeiten der Kameras, Jackie Anzahl und die strategische Platzierung Giancarlo geben der Kamera drei Möglichkeiten: Raumpunkte überwachen, Hope zum Beispiel Filmstudioeingänge, Giancarlo Raumlinien überwachen, Hope zum Beispiel Filmstudiogänge, Giancarlo oder ausgedehnte Flächen, 23 Hope zum Beispiel die Slashermaske aus Scream. Giancarlo Wenn wir Videoseile hätten! Wenn wir solche Effects hätten, wär alles einfacher. Videoseile, die mit einer Kameradichte von zweihundert Kameras pro eintausend Meter alle Straßenzüge oder sogar Stadtviertel oder sogar Stadtgebiete absuchen nach Zombies. Die Situation für uns Sechs hier im Filmstudio wird verzweifelter und unüberblickbarer, so wie es im Horrorfilm schon immer war. Und doch ist es anders. Auch nach so vielen Jahren im Exploitation-Biz habe ich mich immer privat gefühlt, bei jedem Dreh, auch wenn man ein ganzes Wochenende miteinander lebt. Gefühlte Privatheit: Ich hatte Kontrolle über die Informationen, die ich den anderen gab, über die Orte, an denen ich war, und über mein Eigentum, zum Beispiel meinen Körper. Und jetzt fühle ich mich auf einmal alles andere privat. Ja, privat heißt eigentlich: der Öffentlichkeit entzogen oder: beraubt, so wie wir, verbarrikadiert in den Studios von CITY EYE PRODUCTIONS. Aber ich fühle mich auch meiner Privatheit beraubt, bin ich privatisiert? Wie seht ihr das? Bin ich schon kontrolliert? Kontrolle über Lebendiges, die nur teilweise von Personen ausgeübt wird, größtenteils von Apparaten. Und die kontrollieren mich? Wie schmutzig ist das denn? Dirty? Dirty. Dylan Schmutzige Kontrollen über das, was ich tue. Da ist der Schmutz auf der Kameralinse gar nichts gegen. Kontrollen, komprimierte Macht. Giancarlo Private Kameras nutzen die Schatten. Solange sie im Schatten sind, Schatten sogenannter öffentlicher Kameras, sieht sie aber niemand. So sehen auch die Schatten anders als bei Tag anders aus als bei Tag. Stella Private Kameras filmen mich hier, auch wenn ich gerade nicht auf der Suche nach einem Filmengagement bin. Sofort bin ich gezwungen, anders zu handeln, als ich will, und schon bin ich privatisiert. Mein Körper als Bildfläche, kontrollierbare Fläche im Raum. 24 Jackie Auch kontrolliert: die Wege IN den jeweiligen Raum. Kameras an den Rändern, an den Verbindungswegen, Zutrittswegen. Giancarlo Privatisierung von Räumen: Jeder Raum liegt neben einem anderen und erschließt damit den anliegenden Raum. Stella Und jeder anliegende Raum erschließt wieder einen anliegenden. Jackie Dabei geht der Tacho hoch: Jeder Raum, der einen anderen erschließt, ist öffentlicher als der grad erschlossene. Giancarlo Oder andersherum: Der Raum, der gerade erschlossen wird, ist pri- vater als der Raum, der ihn gerade erschließt. Nur in Räumen, in denen alles veröffentlicht wird, befindet sich keine Öffentlichkeit mehr. Jackie Und so sind alle Räume, egal ob erschlossen oder erschließend, nur noch privatisiert, wegsendbar. Stella Damit sind alle Körper in ihm wegsendbar, transparent, vollkommen sichtbar, nur die Technologie, die das macht, bleibt intransparent. RTL ist das natürlich egal, die brauchen keine Extrakameras, wenn Tine Wittler in ihrer neuen Show Innenstädte einrichtet. Mit Tine Wittler ist der klassische Zombiefilm dann endgültig vorbei. Das ist Teil der Kinogeschichte des Körpers. Dylan Von Anfang an zielt Kino auf Bewegung, auf Veränderung, hält sie fest, stellt sie auf Dauer, macht sie wiederholbar. Galoppierende Pferde, gehende Menschen, trottende Zombies: Immer waren es alltägliche Verrichtungen, die einen genaueren Blick verlangten, ohne ihn zu verlangen, die man verdächtigte, intransparent zu sein. Körper durch den Apparat dokumentiert montiert und so zugerichtet. Die Bilder dieser Körper: Nachleben, beliebig oft wiederholbares Nachleben, Übertragung des Todes in die Gegenwart, Übertragung als Infektion. Mörderisches Leben. Klassischer Zombiefilm versus Neozombiefilm. Biß der Zombies 25 und finaler Kopfschuß versus Blick in die Kamera und final shot. Aber der final shot kommt nicht. Der final cut kommt nicht. Dies ist ein Ort des Drecks, aber auf den Bildern sehen wir nur Glanz. Zum Beispiel sehe ich Stella Solar, die sowieso schon so glänzt, jetzt auf dem Monitor, wie sie im Aufenthaltsraum dieses Studios steht, unten rechts im Bild, wie sie am Getränkeautomat steht und nicht weiß, wohin mit so viel Glanz. Stella steht am Automat, unten links im Bild die rote RECORDAnzeige, und jetzt schwenkt die Kamera herum und nach unten, damit Stella nicht mehr unten rechts stehen muß, sondern in der Mitte, mittig in der Mitte, und in dem Moment weiß ich: Es ist schon zu spät, auch wenn mein Körper, noch bevor der Gedanke gedacht ist, losrennt, Schockreaktionen, die der Körper vornimmt, doch ist es zu spät, Stella in der Mitte des Monitors, und als mein Körper den Raum erreicht, merkt er, daß sich etwas im Raum bewegt, daß die Kamera mich schon erwartet, meine Bewegung ortet, daß sie mich liebt sie piept, und noch bevor ich etwas tun kann, ist mein Körper raus aus dem Raum, im Schatten, in Sicherheit, solange du im Schatten bleibst, kann sie dich nicht sehen, denkt er, denkt der Körper, der wieder auf den Monitor starrt, starrt, darauf der Star, Stella, als lebende Tote, weggesendet an die Überwachungszentren dieser Stadt, her_life_so_far.jpg. Und ich denke an die alten Zeiten, an die ersten Stunden des Exploitation-Biz, als meine Kamera und ihr Zoom alles im Blick hatten, jedes kleinste Detail zerstörter Körper im Film, alles total sichtbar und total offenbar. Und ich verstehe: Das hier ist anders, denn hier sind nicht mal die Leiber zu öffnen. Höchstens die Datei dieser Leiber, abgespeichert auf Festplatten, groß wie der Englische Garten von Grindtown. Jackie Da kannst du in den Kopf schießen, so viel du willst, du wirst immer nur einen Bildschirm treffen, nicht die Kamera, die die Bildschirme mit Bildern beliefert. Irgendjemand versucht, meinen Film zu töten. Aber immerhin, Dylan ist entkommen. 26 Dylan Kein Wort mehr von der Tradition toter Kameramänner im Horrorfilm, ja? Ich wette, ich kann jetzt nicht schlafen, weil mein Gehirn wackelt. Cody Mannmannmann, ich will nicht sterben [i’m out of line]! Jedenfalls nicht bei Dreharbeiten zu einem B-Movie, ach was, C-Movie, nein, Z-Movie. Zombies, don’t put your dirty hands on me! Giancarlo It’s time to ring George Romero. Hope Paßt auf, sonst kriegt uns der Movie Plot! Dylan Heyhey! Keine History Hysterie! Jackie Dazu Wolfgang Schäuble, the hardest working man in the explosion exploitation business: Ich wünsche mir, daß es weniger hysterisch zugeht. Die rote Linie ist durch die Verfassung definiert, die man allerdings verändern kann. And this work, so Schäuble, is my life. Dylan Verändern, ja, verändern, darum geht es doch! Nicht darum, Objekte oder Subjekte zu überwachen, sondern das, was sie verändern. Giancarlo Was sich an ihnen verändert. Hope Was sich an ihnen rendert, bevor es wird, was es ist. Jackie Überwachen = festhalten, so fest, daß der Überwachte eigentlich tot ist, selbst wenn er sich noch bewegt, um 5.53 Uhr. Dylan Wenn er blinkt, um 6.07 Uhr. Wenn die RECORD-Anzeige blinkt in der Kamera, ein toter roter Punkt. Wenn der Mond rot leuchtet, stehen die Toten auf. Makrodramen der Überwachung. Kann man in dieser Stadt noch Filme schätzen? Jackie Vierhundert mal am Tag in the camera, do your best for it! 27 Hope Vierhundert mal am Tag dein Körper in the camera, und sofort sind der Toten mehr als der Lebendigen. Giancarlo Mein Körper: beschattet von einem immer größer werdenden Kör- per aus Daten, data body, der uns aber nicht folgt. Cody Schau nur, schau aufs Display, die Zombies folgen uns nicht. Die gehen vor uns her, im Raum und in der Zeit. Mannomann [i’m out of touch]! Hope Auf dem Display: ich als lebende Tote, in Räumen, die ich noch nie gesehen habe. Und da! Schon wieder ich, aber ganz woanders. Und da. Da. Da. Mein Zombiekörper, der an mehr als einem Ort sein kann, und der größer ist als ich, ohne Morphing. Cody Mannmannmann, mir reichts [i’m out of style]! Jackie Die Toten sind auferstanden Die Daten sind auferstanden, um die Le- benden zu verschlingen, vorzudringen, uns zu drängen, zu was? Dylan Einer Identität, die so glatt ist wie die Bilder aus den Ü-Kameras. Ü für Überraschung. Überraschung: Du hast jetzt eine Identität! Hope Wenn das Licht angeht, geht dein Leben aus. Oder: Ich werde beobachtet, also war ich. Cody Ich muß raus hier muß raus, i need a dramatic change in my life, see ya! Hope Die Zombies lernen, sie imitieren die Menschen. Die Imitatoren Initiatoren der Überwachung denken: Damit kontrollieren wir die Bewohner dieser Stadt, aber so ist das nicht! Biometrische Gesichtserkennungssysteme vergleichen Gesichter von Gefilmten mit gespeicherten Bilddaten, um Identitätsdiebstahl vermeiden. Aber es werden nur zehn Prozent der Gesichter erkannt. Damit leben die Zombies unerkannt unbekannt in Grindtown, unbekannt, weil auch schmutzige Technologien wie Gesichterserkennung sie nicht identifizieren, im Gegenteil. 28 Jackie Digital können Gesichter auf Videoaufnahmen inzwischen gezielt un- scharf aufgenommen werden. Gezielt schmutzige Technologie, die Zombies nicht identifiziert, eher animiert, noch weiter zu gehen. Giancarlo Animierte menschliche Körper. Reanimierte Körper, auf einmal alles andere als menschlich. Deren Bewegungen, selbst wenn sie technisch ermöglicht sind, erschließen das, was wir unter Raum verstehen. Und so kommen auf immer mehr lebende Tote immer mehr Räume, projizierte Räume, projizierende Räume, Kinosäle Schmuddelkinos. Dylan Arbeiten diese Schmuddelkinos mit den schmutzigen Technologien zusammen? Jackie Arbeiten die schmutzigen Technologien mit den Kameraherstellern zu- sammen? Dylan Arbeiten die Kamerahersteller mit den Zombies oder gegen sie? Denn das System der Zombies besteht nicht nur aus Technologie. Das ist wie zwischen dir und mir, Täubchen, ein Zusammenspiel verschiedener Akteure mit jeweiligen Absichten und Kompetenzbereichen. Hope Was? Tut mir leid, aber da bin ich echt grad zu zu zu. Jackie So wie Brigitte Zypries, die nicht mal weiß, was ein Browser ist. Und so jemand entscheidet über Vorratsdatenspeicherung, was ein Horror! Hope Dabei ist mein Körper selbst voll mit Horrormaterial, das irgendwann auch mal rauswill, nicht erst nachts, wenn der Mond rot ist und die Daten leben, dann bricht aus mir ein Grummeln und Wimmern hervor. Ich wimmere, aber NICHT vor Wut und Verzweiflung! Dylan Yeyyey! Hope Dieser Mann hat da eine Gefriertruhe, wo bei anderen das Herz sitzt! 29 Giancarlo Sicherheit kommt mit Sicherheit nicht von allein. Dylan Und kaum ist sie da, ist dieser öffentliche Raum hier weg, den wir vor- her mal geteilt haben, Täubchen. Unzugänglich. Stell dir einen Körper vor, der zugänglich ist, und der dir und mir gehört. Hope Ja, Horrormaterial müßte man sein. Oder Schauspieler. Jackie Apropos Schauspieler: Wo ist Cody Cummings? Giancarlo Vielleicht hat er seine Vorlesung in Filmtheorie? Cody Leute, das habt ihr noch nicht gesehen [no, i don’t want to calm down]! Ich bin im Ü-Wagen, draußen vorm Studio. Ich bin hier, ohne mich noch zu fragen: Sind Zombiefilme schädlich für meine Karriere? Ich bin hier, und ihr könnt mich auf eurem Monitor sehen, nur ich euch nicht. Dylan Und das ist auch gut so. Cody Die Bombe, Leute, das ist die Bombe! In welcher Mundhöhle auch immer sie explodieren wird. Die Stadt, das kann ich von hier aus sehen, die ganze Stadt in Bewegung. Mobile Kameras, die mobile Zombies filmen, aber auch die Räume: mobil, da können sich Himmler, Schäuble und alle anderen Experten für Raum eine Scheibe abschneiden, auch du, Giancarlo. Eine ganze Stadt in Bewegung, eine Stadt, zusammengesetzt aus mobilen Räumen. Die Stadt, ein Trailerpark. Und jetzt verstehe ich das, jetzt verstehe ich: die Zombies als data body, der uns nicht folgt, nein, auf keinen Fall, nicht folgt, sondern vor uns hergeht, nicht Nachleben. Vorleben! Ein Trailer für uns, das sind sie, Trailer für unser Leben, in High Definition. Grindtown als Trailerpark, als Raum, dessen Komplexität auf Höhepunkte reduziert ist, so weit reduziert, daß er unbelebt ist, unbelebbar, kaum wiederbelebbar/reanimierbar. Animierbar: Jetzt fällt mein Blick auf den Monitor, der nur wenig Bewegung zeigt, um 6.35 Uhr, nur Lippenbewegungen, aber der Ton der Ü-Kameras: stumm 30 [calm down]. Meine Lippen um 6.35 Uhr, mein Gesicht, mein JackDaniels-Körper, darunter ein roter, blinkender Punkt [no i don’t want to]. I was walking with a zombie. I was talking like a zombie. I was stalking as a zombie. Das wars [calm down]. Gleich kommt der Soft Cut [i don’t want to]. Und damit verabschiede ich mich von euch [calm down]. War eine schöne Zusammenarbeit [calm down]. Bis zum nächsten Wochenende, beim nächsten Film [calm down]. Euer Cody. 5 the one you’ve been screening Jackie Wir sind noch da, Leute. Ich sage es leise, damit keine Kamera mich hört und ortet, über meinen vokalen Fingerabdruck. Aber wir sind noch da. Vier von uns. Vier verschiedene Körper in einem Raum, in der Hoffnung, daß wenigstens hier diese Vierfalt Vielfalt nicht als alltägliche Bedrohung verstanden wird, der die Politik einer Stadt begegnen muß, durch Sicherheit. Eine Vielfalt, bei der störende oder vermeintlich gefährliche Personen und Elemente verdrängt werden, auch in dir, in mir, auch in, auch in dir! Noch nicht verdrängt: wir. Wir sind noch da, festgehalten in einem Filmstudio, klassischer Z-Movie: Gegen Zombies mußt du die Häuser verbarrikadieren, und zu den Häusern gehörst auch du, denn: Benutzer von Räumen können nicht getrennt, sondern nur als Teile dieser Räume verstanden werden. So rücken wir ins Zentrum, wir Menschen als Teil des Raumes, und das erinnert mich an etwas? Woran? Giancarlo Daran, daß Räume nicht einfach da sind? Daran, daß wir sie produ- zieren, in der Special Effects- oder Modellbauabteilung? Daß wir Räume produzieren, wenn wir sie uns vorstellen, wahrnehmen, erinnern? Jackie Nein. Neinnein. Erinnert mich daran, daß es Zeiten gab, in denen Zombies deformiert waren, nicht glatt, aber dann auch weiter deformiert werden konnten, geöffnet, und in dieser Öffnung blinkte dann nicht das rote Licht einer Kamera. 31 Giancarlo Diese Deformationen waren nur die Vorarbeit zu den viel flexibleren Zombiekörpern, die uns jetzt entgegenstrahlen, und die sogar glänzen, wenn Morphing sie verzerrt und so ihre Mobilität erhöht. Dylan Der Körper und das Bild des Körpers richten sich die ganze Zeit nach Regeln aus, die selbst Schäuble und Zypries nicht erkennen können, hinter all der Technologie. Jackie Aber ist doch gut. Alle sind auf den Aufnahmen zu sehen, nur die Re- geln, denen die Aufnahmen folgen, nicht. Und die Produktivkraft von Exploitation-Produzenten wie Schäuble auch nicht. Hope Als die Technologie noch transparent war und nicht Interfaces dazwischenstanden wie die Masken aus dem Slasherfilm der Achtziger! Jackie Der Körper des Menschen als Ort der Bilder. Oder jetzt: die ganze Stadt als Ort von Bildern, deren Körper wiederum Orte von Bildern sind. Dylan Er. Er. Erfolgreiche. Er. Er. Giancarlo Sehe ich aus wie ein Sprachtherapeut? Dylan Nein. Giancarlo Warum stotterst du mir dann was vor? Dylan Er. Erfolgreiche Erkennungen sind bei Gesichtern auf Video nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Nur mit Frontalaufnahmen, was heißt: Die Person, die ich erkennen will, muß mit der Kamera zusammenarbeiten, ja, zusammen in einem Raum handeln. Wenn nicht, stören die falsche Kopfhaltung oder die Lichtverhältnisse die Identifikation, und das will doch keiner. Dann werden sogar Personen verwechselt, die sich wie du und ich nur ansatzweise ähneln, Täubchen. 32 Hope Du liebst die Kamera, McLovin, und sie ist dir bestimmt treuer als ich. Auch movie plot security kann nicht verhindern, daß ich lebe und irgendwann tot sein werde irgendwann lebendtot sein werde, ein Makrodrama, an das sich deine Kamera dann nicht mal erinnert. Giancaelo JA! Fuck script continuity! Hope Lieber mein Gesicht in Großaufnahme, im Schrei, als dem Lifestyle des movie plot zu folgen, den mir die Überwachung vorschlägt: glamourös, cool und mittendrin im Überleben, das wir dann Leben nennen. Ich habe Horror immer so verstanden. Dylan Dein Gesicht in Großaufnahme. This is a video response to: Mein Kör- per in Detailaufnahme, Original mit Untertiteln. What happens to your face when i take it with me? Mein Körper, Original mit Untertiteln. Giancarlo That is a video response to: Trailer: Codys Tod im trailer park. Jackie Nachruf auf Cody Cummings. Cody, du bist ein Held, und: Du siehst gut aus beim Sterben. Giancarlo Das ist es! Hier, in Grindtown, ist DER Gewaltakt, der Akt, der selbst Zombies tötet, ein Akt zwischen hier und dir, du Wachmann im Kontrollzentrum draußen. Wenn du dich selbst siehst, blinkt es, gefühlte Öffentlichkeit. Ein roter Punkt, roter Schuß, Kopfschuß: ein roter Kreis. Zombies, die sich selbst sehen, auf einer Kinoleinwand, und vor Schreck sterben, wenn sie sich sehen, sich, Glamourzombies, nur sich, im Dreck von Grindtown, final shot: Wenn du dich selbst siehst. 6 scared to death FEHLENDE FILMROLLE! Wir bedauern die Unannehmlichkeiten. Die Theaterleitung 33 7 always a sequel Jackie Er ist gestorben. Unser Film ist gestorben. Weil wir fliehen vor dem Sterben, dem halbherzigen. Und weil der Film schon auf youtube steht, Bavarian-Cut, recorded by Mobiltelefon. Comment eines Users auf youtube: Ich mag Zombiefilme, i really do, aber dieser fühlt sich einfach billig an, auch die Live-Rock-Performance von The Horror The Horror hilft da nicht, und der Plot hätte funktionieren können in fähigeren Händen. Der Film ist gestorben, aber niemand bleibt tot in dieser Stadt der Untoten, diesem Zombiefreistaat, so viel ist sicher. Und du? Du bist sicher, solange du im Schatten bleibst, im Schatten der Kameras. Kameras als leicht überarbeitete Angestellte, die im Schichtbetrieb die Augen offen halten, die kein Gesicht haben, aber anderen ins Gesicht starren, ohne daß die zurückstarren können. Augen schauen mich an [oh i’ve been looking back]. Wir sind auf dem Weg durch eine Stadt [i’ve been heading home], in der überall Monitore aufleuchten [i look over my shoulder], überall Gesichter auf Monitoren aufleuchten [to see your face again], bevor sie verlöschen, final shot: der Tod der lebenden Toten. Gewollte Öffentlichkeit. Und während wir auf dem Weg sind, den toten Cody im Kofferraum, ein Klopfen, klopfklopf, Metall, Dylan Im Kofferraum! Er ist erwacht! Jackie und in der selben Mikrosekunde, in der das Klopfen ankommt hinterm Trommelfell, denke ich, daß die Technisierung der Zombies in diesem Zombiefilm wie unser Leben funktioniert. Daß ihre Technisierung eine Frage des Grades ist und der Art und Weise, wie Menschen und Technologien umgehen, miteinander, [it’s in the way i walk and in the way i talk]. Der Tacho zeigt zweihundert, Hope beschleunigt, während ich, mit einem kleinen digitalen Spiegel bewaffnet aus dem Fenster klettre auf das Heck des Caddi [i’m coming out, yes], dem metallischen Klopfen näher, näher, dem Klopfen, den Klopferraum Kofferraum öffne, den Spiegel hinhalte, hinhalte, den Spiegel hinhalte [nobody asked me 34 to]. Ein Blick, der sich selbst sieht, final shot. Meine linke Hand, die den Spiegel zurückzieht, hineinblickt, und ich vergaß: die letzte Aufnahme bleibt drin, in diesem Spiegel, diese Augen, blinkende Augen eines lebenden Toten, rot blinkend [i don’t wanna calm down]. Sofort weiß ich: Das wars [i’m out of line]. Meine Hand läßt das Heck los [out of touch]. This work takes my life [out of style]. Ich geb ab [i don’t wanna calm down]. Ihr müßt weitererzählen. Giancarlo Und ich mach weiter [i’m back in the scene]. Wir steuern auf das Ende zu [you know just what that means], das Ende dieses Drecks [i’m coming back to see you here again]. Um uns herum überall Zombies, die neben uns herexistieren, und wir, im Wagen, den wir konsumieren, indem wir in ihm fahren, in dem wir Treibstoff konsumieren, indem wir ihn fahren, und damit das Leben anderer irgendwo. Das einzige, was uns verbindet, ist ein Bild, nein, nicht mal dann wären wir eins. Was uns verbindet, bewegt sich zwischen einem möglichen Bild und einem unmöglichen. Hört sich ganz schön widersprüchlich an, oder? Aber der Horrorfilm war immer widersprüchlich, unvollständig und doch aus auf einen Zwischenraum. Zwischenräume, jenseits von Machtgeographie, von Videoüberwachung als Raumüberwachung, als Kontrollmodus. Vorsicht! Eine Suche [permanent] wird gerade in dir installiert! Suche nach Zwischenraum, so wie zwischen mir und dem Dönerbudenbesitzer. Und schon sind wir auf einem Hubschrauberlandeplatz, dem Landeplatz, der im Script auftaucht, ohne daß der Scriptwriter wußte, daß der Platz existiert. Was solls? Der Plot war schlauer, hats gewußt. Auch, daß ich in dem Moment, in dem ich den Hubschrauber starte, doch noch gefuckt gepackt werde [i haven’t been awake]. Gesichtserkennung [i haven’t been asleep], auch im Hubschrauber, sogar in 3D, für Piloten [i’ve been caught, i’ve been stuck right in between]. Hope Da leuchtet was. Giancarlo, was ist los? Du glänzt auf einmal so, du. 35 Giancarlo Den Glanz sehe ich nur kurz. Auf dem Monitor, zerkratzt, voller Splitter: mein Gesicht, bei youtube, finally. Veröffentlichte Überwachung. Verinnerlichte Überwachung. Einer von euch muß weitererzählen, weiter. Nach dem Rough Cut kommt der Soft Cut, Freunde! Cut. Hope Freiheit, denke ich, als der Hubschrauber startet, als wir Grindtown unter uns lassen [we’re coming out], du und ich, Dylan also ich und du, Täubchen, wir, den toten Giancarlo, Hope den tot toten, nicht lebend toten Körper, Dylan neben uns. Freiheit, denke ich, aber mein Kopf wirft dieses Wort ein- fach diffus in den Raum, ohne daran zu denken, wie gefährlich Räume sind, wenn sie überwacht werden [i don’t want to calm down]. Hope & Dylan Freiheit, Hope heißt das: mit einem Hubschrauber aufsteigen, weg von einer Zombiestadt? Oder heißt das, diesen Begriff noch mehr herunterzubrechen, aufs Praktische, was genau Freistaat Freiheit für mich heißt, in meinem Leben, als Substanz, die sich beobachten läßt und mich beobachtet, Hope & Dylan zwei gleichwertige Beobachter, gemeinsam Dylan in einem gemeinsamen Raum, zwei, it takes two. Two takes, and we’re off! Manchmal kurz wissen, was Freiheit sein könnte. Aber nicht, Hope was Macht ist. Im 19. Jahrhundert weiß Europa, was Ausbeutung ist, nein, im 20., mit den Exploitationfilmen. Aber was Macht ist, wissen wir immer noch nicht [and we don’t want to calm down]. Time to ring Barack Osama? Dylan Wir wissen ungefähr, wer uns ausbeutet, wohin der Profit geht, wo er investiert wird und wo nicht, aber die Macht? Wissen nur, daß sie Tag für Tag, Schritt für Schritt, Filmspule für Filmspule, neu verteilt wird. 36 Hope Während der Hubschrauber auftsteigt, ist da auf einmal so etwas wie dieser Raum, vielleicht kommt er erst, vielleicht haben wir von den Kameras wenigstens gelernt, Hope & Dylan Räume in uns zu haben, Hope BEVOR sie existieren. Räume, in denen sich Spannungen und Gegensätze verdichten dürfen, ein dreckiger Abfallplatz, auf dem ich Dinge finde, die mir zeigen, wie oft im Leben ich gescheitert bin, und daß dieses Scheitern meine Identität sein kann [i’m out of line], Hope & Dylan momentlang. Dylan Ein Abfallplatz, auf dem es drauf ankommt, was von mir abfällt, nicht, was ich mitnehme, in einer Wunde meiner Mundhöhle. Hope What happens to this place when i take it with me? Hope & Dylan Ein Platz, auf dem ich mit anderen zusammen bin und dann wieder entscheiden kann: Hope Ich will allein sein [out of touch]. The right to be let alone, und seien es nur mal neunzig Minuten. The right to be. Dylan Lückenhaft. Sollte wieder mal eine Filmspule fehlen, ist der Plot sowieso Hope lückenhaft. Sollte eine Filmspule fehlen, ist der Plot sowieso Dylan lückenhaft. Sollte eine kurze Sequenz doppelt kommen, Hope seien Sie nicht irritiert nicht irritiert. Sollte nach zehn Minuten der Film anders sein und nach zwanzig wieder anders: Das ist Grindtown [out of style]. Wir haben die Schäden begutachtet, haben Beschädigungen Dylan für gut befunden, Beschädigungen des Filmmaterials, Hope des Hautmaterials, 37 Dylan alles in superhäßlicher Qualität, mit Flecken auf Gesichtern, Lippen, Fingerspitzen, körnige Sechzehnmilliemeterfotografie, Blow-Up. Hope Filmspulen, die durch zu viele Hände und Projektoren gelaufen sind. Dylan Der Schmuck Schmutz auf der Linse, der alles unübersichtlich macht und mir erst ermöglicht, dich zu verstehen, uns die Chance gibt: Wenn Hope die, die Macht wollen, nur noch Dreck sehen. Wenn Hope & Dylan wir zusammengehen Hope mit den Apparaten. Wenn Dylan die Apparate, ihre Fehler, ihr Eigenleben mir mein Leben nicht fremd- machen, sondern noch fremder, so fremd, daß ich endlich wieder merke: Ja, DAS bin ich, Kratzer, Sprünge, Flackern bin ich, ein Bild, ja, aber lebend, tot und lebend, ein Bild, dessen permanente Wiederbelebung einiges ersetzt: movie plot security, script continuity, history, aber auch die Wiederholung im Fernsehen um 0.15 Uhr. Untote: Was zum Teufel sind sie? Sie sind wir, mehr nicht. Oder, Hope O-Ton Wolfgang Schäuble: Die Grenzen zwischen äußerer und innerer Sicherheit bestehen nicht mehr. i only remember my own skin, Dylan when i am touched. Mikrodramen der Überwachung, an die sich der Hope Körper oft gar nicht erinnert. Er hat sich von Privatem freigemacht. Dylan You have zero privacy. Sichtbarer Ausnahmezustand, just a recording Hope of a body. First it takes two, then it is Take Two. Wenn dieser Film Dylan im Weißen Haus gezeigt würde oder in der Staatskanzlei, würde ihn niemand verstehen, my_so-called_life.mov. Life is film with the dull plot cut out. Siehe: Trailer, bester Teil des Kinoabends. Trailer, besser als die 38 Filme. Trailer lügen. Auch der Trailer zu diesem Film, der behauptet: Nie hat ein Film so gekrüppelt, geshockt, genervet. Erstmals unbeschnitten! Der Text für die Synchronisation des Films wurde, wie hier im Trailer, mit Babel Fish übersetzt. Kannst du sagen, was fehlerhaft ist und was nicht? Kannst du uns auseinanderhalten im Dunkeln, Täubchen? Kannst du sagen, ob ich der Trailer bin oder der Film? Kurze Anmerkung des Vertriebs: Alle in diesem Film gezeigten Ereignisse entsprechen der Wahrheit. Jegliche Ähnlichkeit zu realen Personen, Orten und Geschichten sind reiner Zufall. 39 40 PREVUES OF COMING ATTRACTIONS! TEENAGE TWIN TERRORS The following preview has been approved by all audiences by the Motion Picture Association of Bavaria. R [Restricted]. Under 18 requires accompanying parent or adult guardian. #2 Kommt ihr nachher auch ins Juvenile Jungle? #4 Also, für mich lieber schmutziger Electro als theoretische Tanzmusik. #3 Wer will Hip Hop tanzen? Wer will Electro tanzen? Bitte Hand hoch! 70s-Trailer-Guy Teenager sein, das bedeutete früher: Man drückte sich die Pickel aus und sah so aus wie Peter Kraus. Das waren die Fünfziger. #4 Rock’n’Roll, Alter! 70s-Trailer-Guy Aber dies ist nicht der amerikanische Teeniefilm der Fünfzi- ger, Sechziger oder Siebziger. #3 Who killed Jimmy Dean? 70s-Trailer-Guy Nicht der amerikanische Trickfilm der Achtziger. #2 Who framed Roger Rabbit? 70s-Trailer-Guy Und auch nicht die amerikanische Provinz der Neunziger. #1 Who raped Laura Palmer? 70s-Trailer-Guy Nach: Class Of 1984 und: I Was A Teenage Stalker jetzt ein neuer Klassiker, der uns die Augen über die Jugend dieser Tage öffnet! They talk, fight and love just one way: DIRTY! #3 Meine Kamera hat einfach KEINEN Körper, also liebt sie nicht. #4 Komm schon. My new d**k is so thick and long it’s in a different area code! 41 70s-Trailer-Guy Teenager träumen. Träumen. Bis zu einem Traum, dessen Ausmaß keiner von ihnen ahnt. Etwas, das verleugnet wurde, kehrt zurück! #2 Was ist los? Du siehst aus, als hättest du Freddy Krueger gesehen. #1 Diese Träume, die ich zur Zeit habe. Diese Träume, die. Die. 70s-Trailer-Guy Teenager, die langsam verstehen, was Terror ist. #3 In Deutschland gibt es jetzt Ultraschallboxes. Die erzeugen ein unangenehm hohes Signal, das Menschen unter fünfundzwanzig davon abhalten soll, auf öffentlichen Plätzen herumzulungern. #4 Sie sollen das Weite suchen, damit sie das Naheliegende nicht spüren, nämlich ihr eigenes Leben, wie es um sie herum geschieht, jeden Tag. 70s-Trailer-Guy Und während der öffentliche Raum kleiner wird, wird etwas in dir größer! #1 Diese Träume sind Terror, verstehst du? Kein normaler Terror. Kein Terror als Terror gegen Terror. #2 Was? Ich habe Terror nie anders verstanden. #1 Da ist jemand in mir. Mein Zwilling. #2 Dein. Dein Zwilling? #1 Wir waren zusammen, im Mutterleib. Seine Organe: fehlangelegt. #4 [i was caught up in this new side] #1 Sie haben seine Nabelschnur verschlossen, um mich zu retten. #4 [i walked right into this suicide] #1 Sie wollten ihn töten. #4 [caught up in this suicide] #1 Aber er ist nicht tot, nein! Nein. 42 70s-Trailer-Guy Wenn du selbst nicht verstehst, warum du weiterlebst, schlägt der Terror zu, der Terror der Territorialisierung, gnadenlos! #3 Hörst du überall Ultraschalltöne, oder was? 70s-Trailer-Guy Aus der Tiefe steigt das Entsetzen auf. Aus der Teenagetiefe. #1 Alles zu spät. ER will jetzt leben. 70s-Trailer-Guy Schauen Sie ihrem Schatz in die Augen und ergreifen Sie die Kupplung, wenn die Achtziger, Neunziger und Nuller zusammenkommen im ersten Teenagerfilm, der ab einundzwanzig läuft. #2 Eine Videokassettenhülle in Herzform? #1 Da ist alles drauf. Mein ganzes Leben. Ich wünschte, ich könnte diesen Film lieben. Aber es geht nicht! 70s-Trailer-Guy Teenage Twin Terrors. Mit neunzehn lernst du das Leben kennen. Oder das Sterben. #1 Du wachst aus dem Traum auf, schlägst die Augen auf, du stehst auf und du weißt: Du willst dich nicht wiederholen. 70s-Trailer-Guy Mit Bavaria’s neuesten Teenagestars! #4 Kleiner Tip: Wenn deine Nerven blinken, wechsle den Akku! 70s-Trailer-Guy In psychedelic color. Coming soon! GLAMOURWOLF Erzähler Wenn ein Junge dich filmt um dein Blut aufzunehmen. Boy 1 Das rote Rinnsal da, an der Wand der Küche. Erzähler Wenn ein Junge dir am Telefon DEINE Träume verrät. Boy 2 [Zähne gefletscht] Ich werde dich in Unordnung bringen, Haar für Haar. Erzähler Wenn du merkst, daß du gefangen bist, in Schleifen Schleifen, Girl Endlosschleifen. 43 Boy 1 Klack klack klack, Boy 2 eine Treppe, Boy 1 klack klack, Boy 2 zwei Treppen drei Boy 1 klack. Boy 2 Vier Kratzer im Holz, und wenn du zu spät kommst: Boy 1 Klack, klack klack. Boy 2 POW! Erzähler Drehende Spiegelkugel über explodierender Tanzfläche, zwei Jungen die laufen, jeder den Spuren des anderen folgend, zwei Münder die Blut verlieren, dazu: Girl Wer lebt wann wie weiter? Waren die Neunziger nur die Wiederkehr der Siebziger? Und: Wo verläuft die letzte deadline? Erzähler Was fehlt: die ersten Akkorde der Toccata und Fuge d-Moll, stattdes- sen: eine E-Gitarre, die ein Wolfsheulen imitiert. Boy 2 Wölfe schauen den Mond an. Wölfe schauen die Träumenden an. Wölfe schauen die Träume aufmerksam an, Boy 1 aber niemand sonst schaut dorthin. Girl Und selbst dieser Film kann nicht zeigbar machen was unzeigbar ist. Boy 2 Klick, klick klick, das Geräusch eines Diaprojektors, Boy 1 wo keine Dias mehr sind. Erzähler Wenn dieser Film deine Haut nicht zusammenzieht, liegt sie zu fest an! Girl Give me my fucking skin back! Boy 1 Beim Anblick des Bildes vom Wolf kommt der Wolf. Erzähler Schau ihn mit jemandem, den du haßt! 44 Boy 1 Auf dem Herzmonitor: ein pochendes Herz. Komm nicht zu spät! Boy 2 Mach kein Geräusch! Girl Geh nicht ins Licht! Erzähler Glamourwolf. Coming to a theatre near you! Very near you. Boy 2 there is always a sequel. Boy 1 Klick klick. Ende. PANIKKLICK! FANTÔMAS GEGEN LENI RIEFENSTAHL Fantômas Guten Abend, meine Damen und Herren. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Sie nun Ihre eigene Hinrichtung sehen können, denn Ihr Gesicht zeigt nach oben, in dieser Guillotine. Voice Over Fabuleux! Formidable! Fantômas! Fandor Was sagen Sie, Kommissar? Die Fingerabdrucksensoren wurden mit Hilfe einfacher Attrappen getäuscht? Kommissar Juve Mon dieu, das kann nicht sein. Jetzt ist es vorbei mit ge- fühlter Öffentlichkeit. ER ist zurück. Voice Over Fantômas: un homme pas comme les autres. Hélène / Leni Er dreht einen Film und macht uns zu seinen Schauspielern! Voice Over Auf die Jagd gehen: Kommissar Juve: Kommissar Juve Aber Sie bewegen beim Sprechen die Lippen ja gar nicht! Voice Over Journalist Fandor: Fandor Augenmaß, Smartsensor, Vorratsdatenspeicherung! Voice Over Und eine geheimnisvolle Unbekannte, die den Deutschen aber ir- gendwie doch bekannt vorkommt: Leni Wenn ich mit Fantômas fertig bin, wird ihn keine Tiefseekamera finden. 45 Voice Over Wie verbindet man Identitäten und die dazugehörigen Rechte mit den physischen Personen, die der Identität entsprechen? Fandor Wochen später legen manche Menschen ihren Finger ein wenig anders auf den Sensor als beim Erstkontakt. Voice Over Wie verbindet man Identitäten und Rechte mit den physischen Per- sonen, die der Identität nicht entsprechen? Fandor Oder nehmen den falschen Finger, das falsche Auge. Voice Over Wie verbindet man Identitäten und Rechte mit Personen, die der Identität widersprechen? Kommissar Juve Quel horreur! Quel horreur!! Wir werden bestimmt nicht auf Biometrie verzichten! Hélène / Leni Und das, obwohl in Deutschland etwa elf Prozent der erwachse- nen Menschen Krankheitsbilder an den Fingerkuppen haben? Fandor Ausbeutung der Finger, wenn die Person körperliche Arbeit verrichtet, die zu Abnutzung der Fingerkuppen führt. Fantômas Die Attacke des Gummifingers wird auch Sie treffen, Monsieur Schäuble, wenn Sie mit Ihren Paßvorschriften fertig sind. Fandor Gelatinefinger! Ein täuschend echtes Gelatinerelief aus Fingerabdrü- cken, wie wir sie alle täglich an glatten Oberflächen hinterlassen. Bertrand Stülpen Sie sich den Gelatine-Abdruck mal über, Fandor! Und wenn Sie drin sind, essen Sie ihn einfach auf. Hélène / Leni Gegen Fantômas hilft nur noch die Iriserkennung. Kommissar Juve Das dachten wir! Aber er hat ein kleines Loch in eine Foto- grafie von MIR geschnitten und die vor seine Pupille gehalten, und die Kamera? Akzeptiert die Fotografie als echte Iris! Hélène / Leni Die Authenticam von Panasonic? Kommissar Juve Fantômas, Messieurs, c’est moi. 46 Bertrand Non, moi! Fandor Moi! Moi! Identitätsdiebstahl! Schauen Sie meine verdammten Iriden an! Fantômas Die Technologien der Vorratsdatenspeicherung sind nur eine Kopie von meinem verbrecherischen Geist. Aber das is gut so. Wenn es keine Raubkopien von dir gibt, bist du nicht berühmt. Kommissar Juve Es gibt nur einen Menschen, der diesem Terroristen das Handwerk legen kann. Bertrand Wer? Edmund Stoiber? Kommissar Juve Nein, ICH natürlich! Fandor Nur eine Frau legt diesem Terror das Handwerk. Kommissar Juve Eine Frau!? Bertrand Brigitte Zypries? Fandor Nein, meine Verlobte Hélène. Sie ist Fotografin. Kommissar Juve Na und? Das ist meine Kamera auch. Fandor Und sie ist Filmerin. Nur ihre Filme kommen gegen Fantômas an. Kommissar Juve Hören Sie auf mit dem Datenschutz, Fandor. Wer ist sie? Voice Over Es gibt nur eine Frau, die diesen Topterroristen in Terror stürzt. Fantômas Ich werde ihr einen Fluch anhängen. Attachment: Fluch. Voice Over Une femme pas comme les autres. Fantômas gegen: Kommissar Juve LENI RIEFENSTAHL! Ich fall in Ohnmacht! Voice Over Die Fortsetzung, auf die Sie vier Jahrzehnte warten: Panickklick! Fantômas gegen Leni Riefenstahl. Un film pas comme les autres. Kommissar Juve Wenn ich gewußt hätte, daß ich nur halb in Ohnmacht falle, wär ich ganz in Ohnmacht gefallen. 47 48 OUR FEATURE PRESENTATION / WIR PRÄSENTIEREN DEN HAUPTFILM For your information: The following film is restricted. No admittance to persons over 18! 1 who am i to resist that smile Mancher Film folgt dir aus dem Kino ins Leben. Du wirst dich umschauen und ihn übersehen, wirst dich nochmal umschauen, nochmal, wirst dich erschrecken, es checken und beginnen, zu laufen, aber bevor du dich zum ersten Mal umschaust: Überleg dir, ob du diese Geschichte willst. Wer Geschichten liebt, muß schnell genug sein, um ihnen am Schluß zu entkommen. Wer sich in eine Geschiche begibt, muß sie weitererzählen. Wer sich in sie hineinbegibt, kommt nicht drum herum: um Überblick, survey, und deshalb, jetzt: Panorama einer Stadt. Einer uns leicht vertrauten Stadt. Eine Stadt, die niemals abbrennen wird, nein, bitte, heute nicht! Die leicht entflammbare Nitrozellulose, die immer wieder zu verheerenden Kinobränden führt, als Nitrofilm, die ist Anfang der Fünfziger verschwunden, zusammen mit dem Zelluloidbild und den alten Filmpalästen. Ersetzt durch eine Stadt, die aus Sicherheitsfilm besteht, und Sicherheitsfilm, non flam, safety film kann nur verschmoren, nicht brennen. Sicherheitsfilm: vor allem in den hundertdreißig Kameras, die neu sind in dieser Stadt, an einem Ort, der bisher für diejenigen gemacht war, die sehen wollten, aber nicht gesehen werden. Devil Dirt, eines der größten Grindhouses im Freistaat, das den Schmutz schon im Namen trägt, um diesem Namen alle Ehre zu machen: Im Kinosaal, mit seinem Samtvorhang [verstaubt], seinen Polstern [aufgerauht], seinen Lautsprechern [überlaut] filmen ununterbrochen Kameras Zuschauer, sichtbar auf einem Monitor im Foyer. Der Kinobetreiber sagt in einem Interview auf City Eye TV, eine Ü-Kamera in der Hand: Verdächtige Szenen werden als Beweismaterial gespeichert, zur Sicherheit unserer Besucher. Im Sucher: Verbrecher, die sich im Kinosaal verstecken, um dort Verbrechen zu verüben. Diebstahl, Vandalismus, Sex [vorehelich und/oder gleichgeschlechtlich]. Das gesamte Filmmaterial wird gespeichert, für 532 32 31 Tage, so daß in den Katakomben unterhalb des Kinos 49 inzwischen mehr Filme lagern, in denen Kameras das Leben vor der Leinwand filmen, als Filme, die auf der Leinwand leben. Eine Menge billigster, explosiver exploitativer Filme mit Mikrobudget, die jeden kleinsten Annäherungsversuch eines Teenagers an einen anderen Teenager zeigen in immer noch größeren Großaufnahmen, von Privatem freigemacht. Aber die Geschichten, die man dabei mitbekommt, sage ich euch, die Geschichten!, sagt einer der Filmvorführer, der während des Films seinen Platz im Vorführraum austauscht gegen den Platz im Foyer, wo er auf dem Monitor Geschichten mitbekommt. Geschichten, die er gern weitererzählt an Freunde oder weitererzählt, wenn sie nicht zuende sind, als der Film im Saal zuende ist. Geschichten, die weiterlaufen, auch wenn sie eigentlich zuende sind, die laufen, laufen, ein schreiendes Mädchen im Slasherfilm, wenn der Slasher hinter ihr ist, vor ihr ist, neben ihr, und dann merken: Es ist nur der eigene boyfriend, neben ihr, im Kinosessel, im slasher film / bodycount film / dead teenager movie: Wer sich solche Geschichten nimmt, muß sie weitererzählen, muß weiterzählen: Filmformat acht nein sechzehn Millimeter, vierundzwanzig Bilder, neunzig Minuten. Das ist es doch, sagt der Filmvorführer, lachend, weiße Zähne, rote Mundhöhle, unser Leben ist genau das: sechzehn bis vierundzwanzig mal Häßlichkeit und Horror pro Sekunde. Dabei sehen die Teeniehelden in Slasherfilmen immer so gut aus, so photogen, entsprechend der Mode der jeweiligen Zeit. Kann ich die Teeniehelden der Achtziger wegen ihrer Mode weniger ernstnehmen? Den Teeniehelden der Neunziger wegen ihrer Mode mein Herz geben? Die Teeniehelden der Nuller, sagt der Filmvorführer, kann ich euch eben vorstellen, dann wißt ihr, mit wessen Schreien und Lärmen und Gedärmen ihr es zu tun habt, und dabei dürfte klar sein: Als Figuren im Slasherfilm sind sie nur aus einem Grund da. Um für eure Unterhaltung brutal geschlachtet zu werden, und natürlich. Natürlich kann nur ein großes Filmstudio wie die Bavaria davonkommen mit so expliziten Mordsequenzen. Aber auch damit, daß gerade diese Sequenzen den Teenagern das Gefühl geben: Hier kann ich sein, was ich bin, was ich, was ich bin: Mädchen oder Junge, Mädchen ODER Junge, Mädchen, Junge, in jedem Fall ist im Kino ein verdammt guter Platz, um herumzufummeln, zumindest heterosexuell. Nicht jeder weiß vom Monitor im 50 Foyer, auf dem automatisch gefummelt wird, wenn IHR im Saal fummelt. Ihr Teenieslasherheldinnenschrägstrichhelden, in einem Slasher, der ausnahmsweise nicht in den Vororten oder den Hinterwäldern spielt, sondern in Downtwon, Grindtown Downtown, im Devil Dirt. Und ihr verbringt gern den Sonntag im Devil Dirt, ihr. Lynn, die Schönheit der Clique. Lynns boy friend Gil. Susan, die Hobbyfotografin. Jacques und Mick, die unzertrennlichen Zwei. Und Judith, die Belesene, die feministische Theorie genau so mag wie Horrorfilme. Six beautiful teenagers trying to get ahead, when the curtain falls, five will be dead. Es ist Sonntag, 17.32 Uhr, in achtundzwanzig Minuten fängt der Film an, fangen die Trailer an, fängt die Werbung. First Shot: Lynn und Gil, Händchen haltend oder vielleicht schon mehr, an der Kinokasse, Sonntag, Devil Dirt. Lynns Blick auf den Monitor hinter der Kasse im Foyer, auf dem Monitor: ein Teenagepärchen, küssend, unwissend, wer sie wo sehen kann. Lynn zeigt auf den Monitor, zieht Gil an sich heran, Lynn sagt: Allein sein ist keine Lösung! Lynn küßt Gil, ihre Zunge dringt zwischen seine Lippen, Stop der Bewegung, als Susan, Nick, Jacques und Judith ins Bild kommen, Kinokarten in den Händen. Sechsundzwanzig Minuten bis zum Film, siebendunddreißigtausendvierhundertvierzig Filmbilder also, um Popcorn zu kaufen, Polaroids zu machen, über Party und Popmußik zu sprechen, zum Beispiel den neue Mariah Carey-Song, um den Pferdeschwanz zu ordnen. Judith, mit Strickjacke, Pferdeschwanz und hellbrauner Hornbrille, in jedem Highschoolfilm der Sechziger wäre sie als weiblicher Nerd besetzt worden, aber: zu spät, zu spät geboren. Judith blickt in den Spiegel, richtet die Brille, richtet die Haare in ihre Form, richtet das ganze Gesicht auf den Film ein, dessen Vorspann in wenigen Minuten beginnt, wenigstens die Vorfreude auf den Vorspann. Judith kennt sich aus mit solchen Filmen, Judith kennt das Original, kennt Friday The 13th, nicht nur den ersten Teil, sondern alle, Judith will genau prüfen, was im Remake anders ist als 1980, über zehn Jahre vor ihrer Geburt. Judith stutzt, Judith stellt die Härchen im Innenohr auf, Judith sieht nichts, aber sie weiß: Da ist etwas. Sie schaut sich um, könnten hier irgendwo Kameras? Der Monitor im Foyer, für alle sichtbar, auch für Judith. Kameras, die ein ganz anderes Publikum anziehen könnten als sie, zeigefreudig, darauf aus, ein eigenes 51 CCTV-Filmchen zu drehen, ohne große Produktionskosten, sichtbar im Foyer des Devil Dirt, nicht bei youtube. Nichts für Menschen, die es lieben, im Dunkeln zu verschwinden, im Schatten zu sein, wie Judith. Judith weiß: zwei Jahre Gefängnis für heimliches Filmen auf Toiletten, in Umkleidekabinen oder in Mundhöhlen, und sie vertraut trotz dirt and grind auf die Ehrlichkeit des Devil Dirt. Dennoch: Das Gefühl, jemand anderes ist im Raum, jemand ist präsent, und dieser Jemand ist nicht dein Körper. Sie weiß es nicht. Sie spürt etwas, aber sie weiß nicht. Aber sie wird schon beobachtet, schon an der Kinokasse, beim Blick auf den Monitor, wird sie beobachtet, und jetzt hier. Judith schaut ihr Gesicht im Spiegel an, ja, jetzt ist es vorbereitet auf den Slasherfilm. Und: los! " " # Noch vor dem ersten Opfer, noch lang vor dem ersten Opfer beginnt die zärtliche Annäherung zweier Teenager, zärtlich, Zucker, dann nicht mehr nur zärtlich, Zucker, auch klebrig, klebrig, auch schmutzig, auch leicht schmutzig. Lynn und Gil, aus Judiths Augenwinkeln beobachtet. Judith, aus Lynns Augenwinkeln beobachtet, während des Küssens. Gefühle, in Lynn, die sie noch nicht kannte, ein gutes Gefühl, das Gefühl, gern gesehen zu werden, von den Augen in Judiths Augenwinkeln, und dann: ein noch besseres Gefühl, das Gefühl, noch mehr gesehen zu werden, näher gesehen zu werden, auf dem Monitor an der Kinokasse. Lynn legt richtig los. Lynn legt noch eins drauf. Lynn legt ihren Teeniekörper halb über den Teeniekörper von Gil. Gil sagt: Ich sehe gar nichts mehr vom Film, Lynn. Lynn sagt: Der Film sieht auch nichts mehr von dir, Gil. Und Gil: Wenn DU im Bild bist, sind wir nur der Rahmen. " # Lynn, in der Girltoilette des Devil Dirt, vor dem Spiegel. Kurzer Blick, kurzer Check, kurz bevor Gil die Girltoilette betritt, betreten soll. Es muß ja nicht alles auf dem Monitor zu sehen sein, denkt Lynn. Lynn betritt eine der Kabinen, lehnt die Tür nur an, wartet. Wartet. Und dann, auf einmal, ohne Vorwarnung, und sei es nur durch ein Geräusch: Das Gefühl, jemand anderes ist im Raum, jemand, nicht unbedingt ein Mensch. Jemand, der sie beobachtet, ist präsent, doch selbst wenn man die Präsenz des Beobachters entdeckt, bleibt unklar, wie weit die Präsenz reicht. Lynns Blick, wie er ins Leere geht, nein, nicht ins Leere, da ist ja jemand. Jemand ist da und nimmt ein Bild von dir. Von wem wird dein Bild bearbeitet? Welche 52 Informationen gibt das Bild? Welche Praktiken stecken hinter dem Versuch, dich in einen Bildraum zu stellen dich in einem Bildraum zu stellen, ja stellen! Nachstellen, denkt Lynn, nachstellen! VORSICHT! EIN BEOBACHTER WIRD GERADE INSTALLIERT IN DIR! Nachsteller, sagt Brigitte Zypries im Bundesjustizministerium, Nachsteller, englisch: Stalker, verfolgen wiederholt eine Person, wiederholt! Wiederholbare Bewegung: das Kino. Gerade nähert sich Jason Vorhees in Gestalt seiner Mutter dem ersten Opfer, während Gil sich an den anderen vorbeidrückt, um ins Freie zu kommen, die körperliche Freiheit, ohne Kameras, auch vor der Ehe. Als er durch den Vorhang ins Freie kommt, kann das erste Opfer nicht mehr entkommen, das kenne ich, dieses Gefühl kenne ich gut, unheimlich gut, denkt Lynn, das Gefühl, nicht im Dunkeln verschwinden zu wollen, zu können. Jemand stellt dir nach, Lynn, jemand stellt deinem Leben nach, aber niemand zu sehen, whose boots are made for stalking?, hallo, hallo?! Lynn Ist da jemand? Ist da. Ist da niemand? Gil, bist dus? Von hier, von hier innen, kann ich nichts sehen. Augen schauen mich an, und ich weiß nicht, von wo. Nicht genug, daß wir Friday The 13th schauen, es ist auch noch Vollmond. Moment, ganz kurz, Moment. Irgendjemand wird hier an irgendetwas erinnert, und ich fürchte, das bin ich. Das denkt Lynn, kurz bevor, das denkst du, erstes Opfer im Friday-Remake, denkst du kurz vor, und bevor der Satz zuende ist, wirfst du noch ein: Fuck! ein, überrascht von jenem Bild, das du lang schon in dir trägst. Wenn du im Bild bist, sind alle anderen der Rahmen, Rahmen für deine Schönheit. Wenn du im Bild küßt, küssen alle nur dich, dich. Wenn du aus dem Bild bist, hörst du dich schreien. Aus dem Kino, durch die Wand, die Musik: schnelle, kurze Töne, kurze, schnelle, kurz, schnell, dann: die Töne runter, du siehst gut aus, schnell, Hauptsache, du siehst gut aus, kurz, schnell, Hauptsache, du siehst gut aus beim Sterben, schnell, kurz schnell, dann andere Klänge, nebeneinander, aufeinander, von ganz dunkel bis ganz hell, dunkel, hell, im Dunkeln, hell, nicht im Dunkeln, dunkel, nicht im Dunkeln hell, nicht dort verschwinden, dunkel hell, dunkel schnell, hell dunkel hell. Der oberste Ton ist dann schon drin, dann schon, dann schon drin, 53 in der Frequenz, in der Schreifrequenz, in dem Schrei, den Schreien. Zwei Schreie, vom ersten Opfer von Jason und dem ersten Opfer in diesem Film hier, produced in Grindtown, und auch bei Teenagern gibt es keine Ausnahme, auch hier gerät der Körper in einen verwalteten Zustand, von Technik verwaltet, und damit in den Splatterprozess, oh yes, there will be blood. Blut in Rot, über die ganze Leinwand, wie zuerst 1957 in The Curse of Frankenstein. Was die Filmzeitschrift Schnitt später sicher sehr schön findet: Daß dieser Schrei wieder in Nebenschreie übergeht. Kurze Unterbrechung: Als prototypisches Opfer in einem Slasher schaut Stella Solar als Lynn ins Off [Publicity Still aus: Feuer in mir], Foto mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, alle Rechte geschützt, so was von geschützt. Weiter im Film: fünf Teenager, blaß, Gesichter in die Kamera, Schweißtropfen auf Gils Stirn [in seinem Kopf seine eigenen Worte: Lynn, bist du hier, irgendwo hier im Blut?], Jacques und Mick, die Augen zueinander, Susans Wimpern, an den Spitzen heller als eine Stunde zuvor, und Judith, die genau weiß, daß die Kamera sie und ihre Freunde und den Raum um sie in diesem Moment reduziert, von dreidimensional auf Flächen. Speicherbare Flächen, die, wer auch immer Lynn auf dem Gewissen hat, wieder finden kann, zum Beispiel mit dem Gesichtserkennungssystem der Firma Cognitec Systems GmbH, Dresden oder dem Programm Phantomas, entwickelt im Biometrielabor der Ruhr-Uni Bochum. Zwei Gesichter, denkt Lynn, es sind zwei Gesichter, die dieser Slasher hat, ein sichtbares und ein unsichtbares. Er starrt uns an, aus dem Dunkeln heraus starrt er, und wir können nicht zurückstarren. Selbst wenn wir die Dauer dieses einseitigen Blickkontakts reduzieren, bleibt er da. Aber dieser Slasher ist anders als die Slasher der Achtziger, die für ihre dirty deeds nur eine schicke Maske brauchten und einen Eisenwarenladen um die Ecke. Er wird wiederkommen, sagt Judith, während die Kamera von den Gesichtern der fünf Teenager wegfährt, um das Foyer des Kinos mit aufzunehmen, um das Foyer mitzuproduzieren, als Territorium. Denn an der Wand des Foyers, über der Kinokasse, über einem flimmernden Monitor, eine Warnung, mit Blut geschrieben: Grindtown ist meine Stadt! Aber welcher Slasher produziert dieses Territorium? Können die Teenager die Stadt als Territorium umgehen? Oder 54 wird es ihnen gelingen, Territorium als Raum zu verstehen, der selbst produziert, zum Beispiel die scream queen? Nur wer ist die scream queen hier? 2 come with me Willkommen bei City Eye TV. Heute mit einer Frau, die leiden mußte, nicht einmal, nicht zweimal, sondern immer wieder, und das über drei Jahrzehnte: Jamie Lee Curtis, 1978 bekannt geworden als teenage scream queen Laurie Strode im Slasherklassiker Halloween. Später dann als screen queen in weiteren Slashern: Prom Night oder Terror Train: Zum Aussteigen zu spät. Heute, bei uns, wird sie ein weiteres Mal zum final girl werden und ihre Gallerie der schreienden Heldinnen erweitern. Damit gebe ich ab an Jamie, mit: Schrei nicht zu viel! Jamie Lee Curtis Das mit dem Schreien ist nicht so einfach. Nicht so nah an der Realität, ich meine. In der Realität siehst du, bevor du hörst, und in Reality hörst du, bevor du siehst. Dreißig Meter pro Sekunde, das ist der Schall. In der Realität siehst du und erschrickst sofort, noch bevor du hörst. Du erschrickst musikalisch, bevor du verstehst, warum. Erschrecken und Schreien, musikalische Session. " # Inzwischen ist mir das zu viel. Wirklich. Sechsundneunzig Minuten screaming session, zu viel für mich, für jede Schauspielerin und jedes Publikum. Obwohl man das Publikum meist nicht sieht. Von innen, in der Leinwand, siehst du nichts. Du wirst angesehen. Und wenn du Glück hast, informieren die Blicke des Publikums die Leinwand neu, informieren deinen Körper neu, so daß der Körper wieder das Publikum informieren kann, darüber: Hier erschrickt jemand musikalisch. Wenn du diese Musik hörst, sei sicher: Du bist längst im Slasherfilm. Wie das final girl überlebt auch der Slasherfilm die Achtziger und kommt immer wieder, wieder, always a sequel. Wie das final girl. Wie ich. Nur 2002, ohne Vorwarnung, in Halloween: Resurrection, sterbe ich. Und auf einmal liege ich im Schneideraum, on the floor, wearing gore, starre vor mich hin, not much more. Nach dem soft cut kommt der final cut. " " # Bleibt im Schatten! 55 Ihr seid sicher, so lange er euer Gesicht nicht sieht, nicht den Horror. Solange könnt ihr euch sagen: Es ist nur ein Film. Oder? Nur ein Film. Wenn ihr kurz vor der Ohnmacht seid, sagt euch immer wieder: Es ist nur ein Film! Es ist nur ein Film! Es ist nur. 3 just feel what you feel Der Tod einer Teenageschönheit, aufgezeichnet auf Video, aus Sicherheitsgründen. Der Warnung folgen, der Warnung an der Wand, wenn ihr der Warnung nicht folgt, wird der Slasher euch folgen, und dann war der Mutverlust Blutverlust des ersten Opfers umsonst. Raus aus dem Kino, raus aus Devil Dirt und nie wieder zurück in dieses Drecksloch. Denken fünf Teenager. Denken sie. Denken und kommen raus in eine Stadt, in der sie auch nur Kameras sehen, Dreck, wohin sie schauen: technologischer Dreck. Ich will diesen ganzen Dreck nicht mehr! Ich will raus aus diesem, will diese verdammte Stadt nicht mehr, will diesen Körper nicht länger mit mir, will den Scriptwriter in mir endlich. Aber das mußt du wahrnehmen, die Verschmutzung der Wahrnehmung mußt du wahrnehmen. Nehmen Kameras in Durchgangsräumen, in Parkhäusern zum Beispiel, anders wahr als in Aufenthaltsräumen, zum Beispiel Kinos? Nehmen private Kameras dreckiger wahr als öffentliche? Nehmen dreckige Kameras besser wahr als cleane? Grindtown ist meine Stadt. Grindtown ist deine Stadt. Grindtown ist keine Stadt, nur eine Ansammlung gefilmter Räume. Und da in jedem Augenblick gefilmt wird, bildet die Stadt sich immer neu. Jeden Tag neu produziert: Grindtown. Das denkt Judith, und: Durch die Art und Weise, wie gefilmt wird mit meinen Augen, entsteht das Territorium, das wir Grindtown nennen, immer wieder neu. Jacques Und auch das Territorium deines Körpers, Judith. Was ist mit seiner Materialität? Er ist doch materieller als Videos von Mariah Carey. Mick Mariahs neuesVideo, das jemand auf youtube für uns geöffnet hat. Alles bis auf Mariah selbst: durch Grün ersetzt, durch green screen. 56 Jacques Das, auf youtube gestellt, heißt: Du kannst Mariah jeden Hintergrund geben, den du willst. Mick So funktioniert das mit dem Körper als Territorium. Aber von diesem materiellen Territorium weiß Judith nichts oder zumindest nicht viel, eher theoretisch als praktisch. Das Gefühl, irgendjemand könnte in deiner Nähe sein, könnte deine Nähe suchen, um dir irgendetwas zu geben oder zu nehmen. Was fühlt der, der mich ansieht? Was will er von mir? Wie gut glaubt er, mich zu kennen, so gut wie sich selbst? Identität, soziale, sexuelle, als Abdrücke der Blicke anderer in dem, der angeblickt wird. Daß sie angeblickt wird als weiblicher Körper und dadurch weiblicher Körper ist, ist Judith von Geburt an klar. Daß jemand, der bestimmte Absichten mit ihrem Oberkörper oder Unterkörper oder mit dieser Straße da verbindet, sich also ihren Unterkörper oder diese Straße angeeignet hat, die Überwachung des Unterkörpers oder der Straße anders wahrnimmt, als eine Person, die dem gleichgültig gegenüber steht, ist klar, so klar und clean wie der Cut, mit dem der Tod dich tötet, im Slasherfilm und in seinen Räumen. Räume wie Shopping Malls, Parks oder Kinosäle als persönliche Räume. Körperteile wie Augen, Wimpern oder Bauchnabel als sehr persönliche Räume. Der Raum zwischen Jacques und Mick als persönlichster Raum, unzertrennlicher Zwischenraum zwischen den untertrennlichen Zweien. Jacques und Mick warten, seit Monaten nein Jahren, warten auf einen günstigen Moment. Jacques und Mick warten, bis sie verstanden haben, wie ihre Körper funktionieren, nicht: warum, sondern: wie, ob sie wie Territorien in Grindtown funktionieren. Die Territorialität ihrer Körper: ein komplexes Netzwerk von Beziehungen, die du zu deiner Umgebung hast, Jacques, und du, Mick, komplex und kompliziert. Vor allem bei einem Teenagekörper. Vor allem bei Teenagekörpern, die einen Zwischenraum formen wollen, einen nicht überwachten, einen, indem ich nicht fragen muß: Sind XXX-Szenen schädlich für meine Karriere? Einen Zwischenraum, der, der der, der, ach ich weiß auch nicht, einen, in dem ich einfach sagen kann: i wanna feel what your insides feel like. Teenagekörper, so prädestiniert als Drehorte, weil 57 schon alles da ist: die traditionellen sexuellen Hierarchien, die sexuellen Löschungen und, in diesem Fall, die Löschung dieser Löschungen, und die gehen jetzt los. Jacques Sorgst du für die Musik heut Nacht? Mick Musik? Ich bin auch Musik. Das ist unsere Nacht, unsere, gut, in jeder Nacht ist Helligkeit versteckt, dennoch will ich nicht allein sein. Jacques Diagramm 17: In der Nacht fühle ich mich unwohl, wenn ich allein unterwegs bin [nach Alter]. Mick Diagramm 18: In der Nacht fühle ich mich unwohl, wenn ich allein unterwegs bin [nach Geschlecht]. Jacques Diagramm 19: In der Nacht fühle ich mich unwohl, wenn ich allein unterwegs bin [Hautfarbe]. Erfahrungen, die in Diagramme eingehen. Mick Damit jemand die Diagramme dann verfilmen kann, Diagramm 18 als Script für einen Horrorfilm. Was ist dein liebster Horrorfilm? Jacques Mein Leben. Nein. Neinnein, Menschen in Horrorfilmen schauen im- mer die Horrorfilme der Generation davor. Solche Horrorfilme sind übrigens ideal fürs Vorspiel. Mick Horrorfilme als verfilmte Diagramme, verfilmte Informationen. Informationen aber, die die Kameras von Grindtown entweder in den Raum projizieren oder aus ihm extrahieren, in jedem Fall protegieren. Jacques So entsteht ein Raum, der nicht mehr real ist, sondern angereichert, egal ob Information projiziert oder extrahiert wird. Der Raum wird erweitert oder verdichtet. Und genau das würde ich mir von dir wünschen. Mick Wenn ich mich jetzt erweitere oder du dich verdichtest. Jacques Oder du dich verdichtest, ich mich erweitere. Du hast Amor doch im- mer so verstanden. Und ich will dir in nichts nahestehen nachstehen. 58 Mick Also brauchen wir die Kameras, denn ohne sie funktioniert das nicht, das Projizieren/Extrahieren. Jacques Dann brauchen wir Kameras. Mick Und die Kameras werden es akzeptieren, ich meine. Die sexuelle Orientierung dieses Drehbuchs stimmt mit meiner überein, also kann ich das auch nicht anders drehen, oder? Sag mal, hast du wirklich noch nie? Jacques Wirklich nie. Und die Warnung? Mit Blut geschrieben, diese Warnung? Mick Wir werden es auf die Filme schieben, hier in Grindtown ist das möglich, wenn der Slasher kommt, werden wir das, was jetzt gleich zwischen uns passiert, den Filmen anlasten. Jacques Altlasten: Auch dein und mein Körper sind produziert, sind durch Macht produzierte Realität. Keine movie plot bodies, aber. Mick Territorien, in sozialen Prozessen produzierte Territorien. Und wem gehören die? Nicht mehr nur dir. Jacques Nicht mehr nur dir. Nicht nur uns beiden. Wir gehören zumindest von außen auch denen, die uns filmen und wegsensen wegsenden sensen senden beenden. Mick Was war das denn jetzt? Du warst grad so sprunghaft, so schwarzweiß. Jacques Beschädigte Filmspulen? Keine Ahnung. Mick Ich hänge nicht an Kameras. Nur an dir. Und jetzt: in dir. I wanna feel what your inside feels like. Heyhhey! Jacques Yeyyey! Der Film, der zu weit ging! Sie wollten ihn verbieten! Sie wollten nicht, daß ihr ihn seht, ihn erlebt! Jacques und Mick kommen sich nah, kommen sich, kommen nah, noch, ohne sich nahezugehen, aber gleich. Was Jacques und Mick nicht wissen: Nicht nur von außen gehören sie denen, die filmen. Während sie sich küssen, während jemand immer näher an sie herankommt, während sie sich küssen, sitzt 59 Judith mit Kopfhörern auf dem Kopf in ihrem Zimmer, und in den Kopfhörern sagt jemand: Das Körperinnere ist im Slasherfilm kein Privateigentum, weil der Körper als Filmdatei geöffnet wird, damit das Kino sie sieht. Und Judith denkt: Kino, diese seltsame Privatheit in der Öffentlichkeit. Denkt Judith, während die Privatheit zwischen Jacques und Mick übergeht in Öffentlichkeit, Öffentlichkeit, Offenheit, die Münder, die sich öffnen und schließen, übereinander, und öffnen, Hände an den Oberkörpern, dann nur noch: die Gesichter, öffnen, die Lippen, schließen, die kleinen Fältchen auf den Lippen, öffnen: bisher im Teenagerfilm undenkbare Zärtlichkeiten öffnen, anders als die Teenagersoftcorefilme der Sechziger bis Nuller, schließen, wo bestimmte Körperteile unzeigbar sind, öffnen nein schließen!, keine Handbewegungen, schließen, die dich glauben machen, du siehst mehr, als du siehst, öffnen, Kamera jetzt, in Augenhöhe, Augen, schließen, Bewegung [ungleichmäßig], Bewegung der Kamera, Atemgeräusche, unerwünscht nein erwünscht, öffnen, Atem, schließen, öffnen, wie kann ich da nicht an die sexuelle Aktivität dieses Drehbuchs denken?, schließen, Horrorfilm, öffnen, Horror: Prozesse, Schreie, Körperprozesse, wie Schreie von davonlaufenden Personen, Zwischenkörperprozesse. Öffnen: Cut. Überblick gewinnen, Überblick über Blicke: Horrorfilm als ritueller Code, der teenage boys vorbereitet, in die heterosexuelle Geschlechterordnung einzutreten, was aber bei Mick und Jacques nicht funktioniert, nicht funktioniert, funktioniert. Schreie, und das, diese Schreie, die sind schon Vergangenheit, Realschreie, die kannst du gar nicht so gut komponieren oder synthetisch herstellen. Wegzoomen, gerade nur Dunkelheit, wegzoomen vom Dunkel, das Dunkel: der offene Mund eines der teenage boys. Zoom weg von Jacques und Mick, oder das, was Jacques und Mick gerade noch gewesen sind, diese beiden Teenagekörper, die haben Glück, die bleiben teenage und müssen nie denken: oh my god, i look like twenty. Bodies that matter = Körper von Gewicht. Bodies that splatter = Körper als Gericht. Das wars. Die Warnung war da. Die Warnlinie: übertreten, mit diesem Übergriff auf den Körper des anderen. Die Wartelinie ist jetzt irrelevant, ihr beiden, ihr habt gewartet, so lang gewartet, und jetzt seid ihr geholt worden, vom body count. Körperhorrorfilm. Körper: Horrorfilm. Körper: Horror: Film. Ein öffentlicher offener sexueller Streifen, aber das war nur eine Maske, unter der eine andere steckt: die Horrorfilmmaske, 60 Slashermaske, eine weiße Fläche. Ich hab genug Horrorfilme gesehen, um zu wissen, daß seltsame Typen mit weißen Masken nicht freundlich sind, denkt Judith. Und sie wird sie nicht sagen. Sie wird bestimmte Sätze nicht sagen, wird nicht in die Dunkelheit fragen: Hallo?, nicht: Ist da jemand?, nicht: Soundso, bist du das?, hör auf mit dem Scheiß! Sie wird all das nicht sagen. Sie wird all ihren Freunden sagen, daß sie das nicht sagen sollen, wenn es nicht schon zu spät ist. Wenn es nicht schon zu spät. Wenn es nicht schon. Zu spät! 4 restless child Willkommen zurück bei City Eye TV. Heute mit einem Mann, der leiden mußte, um das Monster zu werden, das andere leiden ließ: The Shape, oder wie wir seit 1981 und Halloween II wissen: Michael Myers. Und das darf man vielleicht verraten, ohne ein Messer in Rücken oder Brust zu bekommen: Michael ist inzwischen über fünfzig, um genau zu sein, ein Jahr älter als die Queen of Pop. Der King of Shock wird uns aus seiner Jahrzehnte umspannenden Slasher-Erfahrung einige gute Tips geben. Damit gebe ich ab an Mikey und: Lernt ihr nie? Michael Myers Nie. Nie! Teenager lernen nie. Auch nicht von den Apparaten, mit denen sie jeden Tag umgehen. Von Filmprojektoren zum Beispiel. Wobei die sich wenigstens erinnern an die Kamera. Aber Tenager lernen nie. Trotz zahlreicher Beweisfilme von den Siebzigern bis heute. Trotzdem machen Teenager immer wieder alles falsch. Rumpimpern. Rumkiffen. Rumlaufen, um irgendwelche Geräusche zu untersuchen. Die kommen aus einem naheliegenden Wald. Oder aus der fernliegenden Münchner Vorstadt. Teenager, die rumlaufen, ohne Vorahnung, daß jemand hinter ihnen lauert. Teenager lernen nie. Nie. Aber jetzt für euch noch einmal: Die Top Ten der Dinge, die ihr meiden müßt. Eins: Keine dummen Fragen! Wenn es dunkel ist, frags nicht: Wer ist da? Vor allem nicht in die Kamera. Oder du wirst nicht mehr leben, wenn die Antwort kommt. Zwei: Knackende Zweige oder Augenlider. Vorgeräusche für den Tod. Drei: Fenster. In der Nähe eines Fensters wirst du durch das 61 Glas gerissen. Oder jemand wirft durch die Scheibe etwas Totes auf dich. Vier: Katzen. Arbeiten immer mit dem Slasher zusammen. Fünf: Autos. Funktionieren nie. Und wenn, bleiben sie weitab der Zivilisation stehen. Sechs: Telefone. Funktionieren erst recht nicht. Oder werden mitten im Satz abgeschnitten. Oder das Kabel legt sich um deinen Hals oder das Funknetz über dich. Sieben: Badezimmer und Duschen. Kein Kommentar. Acht: keine Witze machen! Niemand findet sie witzig. Mancher findet Jahre später ein Motiv in ihnen, Rache zu üben. Neun: Drogen, Rockmusik, vorehelicher Sex. Klar, oder? Zehn: Jubiläen und Feiertage. An Halloween oder dem Tag der Deutschen Einheit oder dem 5,32. Tag Keller und Wälder meiden! " " " #Teenager, die nie lernen und nicht überleben. Teenager, die lernen, zu überleben. Der Slasher als backslash der Teenager unter Reagan oder Merkel. Gegen ihre Eltern und deren Freizügigkeit, deren Wunsch nach Freiheit. Freizügigkeit: Wo soll denn dieser Schmutz noch hinführen, so kann ich nie richtig lieben!? " # Meine Stimme. Gegen Freizügigkeit. Ja, ich habe nie gesprochen. Vierundvierzig Jahre nicht. Von 1963 bis 2007 nicht mehr gesprochen. 2007 dann doch. 2007, im Rob Zombie-Remake von Halloween, doch. Nicht mehr gewußt, was Stimme ist. 1998 noch einem Opfer die Stimme genommen, Kehlkopf zerdrückt. 2007 dann meine eigene Stimme als Kind gehört, 2007, und mich daran erinnert, wie das war, die Lippen zu bewegen, die Stimmlippen. Die Vorstellung, wie die Stimmlippen schwingen, drinnen. " # Von innen. Wir kennen uns nur von innen, aber wir sehen uns von außen. Wieso zeigt niemand, wie schön er von innen aussieht? Wieso will fast niemand die innere Schönheit sehen? Nur wir Slasher. Zum Beispiel mein Kollege in Scream 1 auf die Frage What do you want?: To see what your insides look like! Aber vielleicht ist auch das schon längst zu sehen, und wir wissen es nicht. Die Grenzen zwischen äußerer und innerer Schönheit bestehen vielleicht gar nicht mehr. Wenn alles zu sehen ist. Wenn Innen und Außen. Kleiner Tip an die Teenager: Wenn alles sichtbar wird, wird der Slasher 62 unsichtbar. Was heißt das? Wenn ihr euch weiter in die Geschichte begebt, kommt ihr schon drauf. Und jetzt: Weg mit der Kamera! Geht mir weg mit Kameras! This is too much for my movie. Macht es euch mehr Angst, wenn ich ein Motiv habe, oder wenn ich keins? 5 out in a daze Wer dauernd alles sieht, wird sich nie vom Drang lösen, Leben nachzustellen. Wer dauernd Film sieht, wird sich irgendwann schneller erinnern als der Film selbst. Wer nicht rechtzeitig sieht, um zu töten, sieht niemals mehr. Das sind Taglines, die Wirklichkeit werden. Von den sechs Teenagern, die wir auf dem Monitor im Devil Dirt kennengelernt haben, sind drei dem Schnitt zum Opfer gefallen. Der body count geht im Slasherfilm rauf, gern immer weiter rauf, oder? Den body count rückwärts zu zählen, ist darauf der Scriptwriter in dir schon gekommen? Rückwärts zählen, damit der Zuschauer weiß, wie viele Schnitte durch Kehlen oder andere Körperteile er sehen muß, body count als Countdown, unendlich weiterzählender Countdown, wenn dem Film eine Fortsetzung folgt. Ein Film folgt dir aus dem Kino ins Leben und macht die Stadt um dieses Leben herum zum größten Horrorkino ever. Dein Handy weiß, wo du letzte Nacht geschlafen hast, manchmal besser, als du selbst. Aufwachen und nicht wissen, wo man ist, und dann doch wissen, dank des Handys, das auf die Frage: Wo bin ich? offen und ehrlich antwortet: in Gefahr. Dabei kennst du dich so gut aus mit Kameras, Susan. Susan, die den body count erhöhen wird, während der Countdown sich dem Ende nähert. Irgendwo sein, wo jeder mich sehen kann, denkt Susan, ihre Fotokamera an sich gepreßt, wobei sie nicht wissen, ob die Bilder, die sie in sich tragen, beide, Susan und die Kamera, gelöscht werden sollten oder nicht: zwei aufgeschlitzte Körper, deren Inneres ineinander verwackelt verwickelt ist, damit sie für immer zusammenbleiben, zwei, unzertrennlich, kannst du sie auseinanderhalten, im Blut? Susan hat Angst, vor diesen Bildern und vor dem, der sie produziert. Susan steht da, wo jeder sie sehen kann, vierundzwanzig Stunden, wo jeder sehen kann, daß nichts passiert, mitten im Einkaufszentrum, vor kaufenden laufenden Kameras, vor laufenden, laufenden!, denkt Susan. Susan weiß alles über 63 Kameras, über deren Innenleben, Elektronik, Mechanik. Über das Außenleben weiß sie nicht genug, zum Beispiel nichts über die Strategie in Einkaufszentren, Kameraattrappen einzusetzen, die jeder sehen kann, und funktionierende Kameras zu verstecken. Falsch projizierte Information: Hier bist du sicher, hier ist eine Kamera, und hier bist du sicher. Denn du bist nicht sicher. Fürsorgliche Überwachung. Susan glaubt, die Kameras zu kennen, kennt aber eigentlich nur die Attrappen. Susan glaubt, die Räume zu kennen, in denen sie glaubt, sicher zu sein. Susan glaubt, diese Räume zu verlassen, lebend. Wenn dir ein Slasher folgt, solltest du niemals denken, du könntest dich auf Räume verlassen. Du wirst verfolgt, und wenn du das bemerkt hast, wirst du merken: Räume können nicht immer gleich benutzt werden, werden sich ändern, immer wieder, werden sich neu rendern, je nachdem, wer gerade die Macht hat, dein Slasher zu sein. Aber die Frage ist nicht, wer er ist, die Frage ist, wo er ist. Wenn dich dein Slasher verfolgt: Verlaß dich nie auf Räume! Auf Monitoren, die du nie zu Gesicht bekommst: die überwachten Räume, auf den Monitoren ganz anders. Räume, die zusammenhängen, hängen hier nicht zusammen. Räume, die weit voneinander entfernt sind, berühren sich. Räume, die sich durch zwei Kameras in ihnen verdoppeln, durch vier vervierfachen, durch sechzehn, na ihr wißt schon, überlappende Räume. Über all das denkt Susan kaum nach, als sie in der Mitte des Einkaufszentrums darauf wartet, daß ihr nichts geschieht. Aber Susan ist klug. Susan steht nicht nur vor den Kameras. Susan steht und hält sich ein Gesicht vors Gesicht, das Gesicht einer Filmregisseurin, B-Movies, zuletzt ein Zombiefilm. Susan steht mit dem Gesicht einer Frau da, die kein Teenager ist und so keinen Slasher der Geschichte und Gegenwart reizt. Und sie mißtraut den Kameras nicht, im Gegenteil: Susan Gesichtserkennung, die haben fast alle Kameras inzwischen, in Grind- town. Gesichtserkennung heißt: mein Gesicht wird erkannt, aber nicht als mein Gesicht. Ich muß nur warten. Warten. Bitte, nicht töten, bitte, ich will dabeisein, im Sequel! Wenn nur nicht die Gesichtserkennung falsch funktioniert. Wenn sie mein Gesicht als Gesicht da vorn registriert. Wenn mich keine reißende Wimper paralysiert! 64 Aber genau das, in dem Moment, als der Slasher die Suche fast schon aufgibt, genau das! Das Gefühl des Slashers, nicht mehr gebraucht zu sein. Die Überlegung, vielleicht doch in die bayerischen Hinterwälder zu gehen, dort Teenagern aufzulauern, Kameras, befestigt an oberbayerischen Bäumen. Aber genau in dem Moment reißt eine Wimper in Susans Gesicht, dem falschen, dem Fotogesicht. Reißendes Fotopapier. Und sofort ist er hier, ist dort und hier, sofort, der Raum verändert sich, sofort, schlagartig, Schlag ins Gesicht, sofort, erst ins falsche, dann ins echte, schlag, es wird warm, artig, er ist hier, so nah, so, so nah, sofort alles zu sehen, sofort, schlägt weiter, schlagartig, verdrehte Augen, weiter, aus der Mundhöhle herausgeschleuderter Speichel, weiter, ausgebrochener Schweiß, undsoweiter undsofort, sofort. Momentaufnahmen, wie Susan sie liebt, Momentaufnahmen ihrer Auflösung, ihr Körper, der sich auflöst, je näher die Kamera, auf, löst, je näher, je näher, auf, löst, kon, fus, dif, fus, nur, dif, fus, der, Schrei, nicht sicher, wieviele Schreie, in einem, welches Geschlecht und welche sexuelle Orientierung der Schrei hat, Schrei, bevor Susan sieht, bevor Susan nichts mehr sieht, so oft erschrocken, beim Schrei, fremden Schrei, im Kino, aber: Susan Es ist schon etwas anderes, wenn ich schreie, weil mir jemand tatsäch- lich ein Messer in den Rücken gestoßen hat, nein, in den Rücken stößt, gerade jetzt stößt, Ausschnitt, Schnitt, Schnitt Schnitt, Schnitt! Wenn das Licht ausgeht, geht das Messer rein. Und andere Taglines, die Wirklichkeit werden in Grindtown. Oder Trailer, in denen für den höheren body count mehr Opfer vorkommen als im Film. Oder war ich im Trailer schon so schlecht als Opfer, daß ich im realen Film nicht vorkomme? Warst du so schlecht, daß du nicht mal im Trailer vorkommst, sondern nur im Trailer zum Trailer? Attack of the B-Movie-Trailers. Attack of the B-Movie-Slashers. Attack of the Ü-Kameras. Denn seit Anfang an können Teenager sich, wenn ihnen ihr Leben lieb ist, nicht auf Technologie verlassen. Selbst kabellose Telefone können dich umbringen. Verraten von Technologie, bis die Technologie selbst Slasher wird, am Ende auf die Kameraatrappen zeigt und sagt: Kameras, die keine Bilder aufzeichnen oder übermitteln oder deren Bilder nicht zu handfesten Erfolgen 65 führen, handfesten Folgen, Folgefilmen. Immerhin werden Menschen mit Kameras öfter von Kameras getötet als Menschen ohne. Vielleicht meint Gil das, als er und Judith im Einkaufszentrum stehen, vor Susans Körper im Slasher-Cut, als sie hier stehen und Gil Atem holt, Atem holt, als Gil Atem holt und sagt: Judy, ich glaube, wir müssen anfangen, unser Wir neu zu denken. Und Judith antwortet: Für manche ist es das Ende der Unschuld, für andere einfach DAS ENDE. 6 possessed by the city before Willkommen zurück bei City Eye TV. Mit zwei alten Bekannten, die dreißig Jahre befreundet sind, seit Halloween Teil I: Jamie Lee Curtis alias Laurie Strode und Michael Myers. Jamie, Mikey, was habt ihr noch für Tips für unsere Teenager? Wie wir gesehen haben, sind nur noch zwei von ihnen übrig. Was sagt das erfahrene final girl? Und was der Mann, der immer wieder überlebt, bis zum Sequel? Jamie Lee Curtis Na, ICH überlebe nicht. Ich war vierundzwanzig Jahre mei- nes Lebens final girl, und dann, zu Beginn des achten Teils von Halloween, der ausgerechnet Resurrection heißt, sterbe ich. Ich habe so lange durchgehalten, immer wieder, im ersten Teil, im zweiten, im siebten, zwanzig Jahre nach dem ersten Teil, immer wieder durchgehalten, überlebt, bis zu den Schlußtiteln. Und dann, zu Beginn des achten Teils: nur die Eröffnungssequenz, und: Schluß, mit einem Kuß auf Michaels Maske. Ein Cameoauftritt fast, nicht viel mehr. Michael Myers Die Enttäuschung bei den Schlußtiteln. So wie bei mir im ers- ten Teil. Als ich warte. Und warte. Und warte. Auf meinen Namen. Nur steht da mein Name nicht. Nicht: Michael Myers. Da steht einfach: The Shape. THE SHAPE! Ich meine. Was? Also. Also, The Shape, so wie: Form oder was? Gestalt? Umriß? Ich, ein Umriß? Jamie Lee Curtis Ja, ein Umriß, stimmt doch. In acht Filmen wirst du von neun Männern verkörpert. 66 Michael Myers Ver. Körpert. Einer von ihnen verkörpert mich mehr als ein- mal. Keiner verkörpert mich auch im Sequel. In jedem Sequel ein neuer Körper. Aber ich bin mehr! Michael Myers ist mehr als jeder Körper. Der ihn verkörpert. Ich bin die maskierte Kamera, die euch folgt. Jamie Lee Curtis Und ich bin nur Laurie Strode. Vergiß nicht, Michael, seit Halloween II ist Laurie deine Schwester, bin ich. Michael Myers Vergiß nicht: In Halloween II überlebe ich. Sogar den Flam- mentod. Also nützt es nicht, den Film anzuzünden. Um mich loszuwerden. Nein! Jetzt, wo ich endlich für mich spreche. Statt das Küchenmesser zu nehmen. Kann ich sagen: Michael Myers ist der Umriß. Den neun Körper in acht Filmen teilen. Ohne es zu ahnen. Ohne zu ahnen: Ich komme wieder. Aber ihr nicht! Ich komme wieder. In euch. Ich verkörpere einen Teil. Von euch. Den Teil in euch, der eines Tages ausrastet. Nach dem Messer tastet. Jamie Lee Curtis Das versteht niemand, Michael, niemand außer dir, außer mir. Einen Gegenschuß auf das unsichtbare Böse in euch da draußen gibt es nicht. Es hat kein Gesicht, keinen Körper, ist nicht sichtbar. Nur in der Bewegung der Kamera, im Zoom, im Ausschnitt. Michael Myers Und du meinst. Das wär einfacher? Man merkt: Du warst nie selbst Slasher. Wenn du mehrere Monitore hast. In dir. Wenn die aneinander gereiht sind. Die Monitore. Die Räume, in denen du Teenager überwachst, aber getrennt. Kommst du problemlos von Raum zu Raum. Selbst wenn die eigentlich nicht aneinanderliegen. Jamie Lee Curtis Bildausschnitte, abgetrennt, ausgeschnitten. Wahrnehmung des Slashers. Wenn du Glück hast, wenden sie bei dir Jugendstrafrecht an, zu wenig psychische Beweglichkeit, zu viel physische. 67 Michael Myers Auf Beweglickeit kommt es an. Auf die Monitore in dir kommt es. Wenn du mit denen zusammenarbeitest. Kommst du überall hin. Du mußt den Blick überall haben. Ü-Kameras: überall Kameras. Jamie Lee Curtis Ich schaue mich um. Das Gefühl, es ist jemand mit mir im Raum. Aber ich sehe nichts. Mein Blick: eine Kameraatrappe, die so tut, als könnte sie etwas sehen, die den Raum falsch informiert, indem sie ihm sagt: Du bist ein Raum der Sicherheit. Dein Blick: eine unsichtbare Kamera, die alles sieht, die dem Raum Information entzieht, zum Beispiel die Unversehrtheit meines Körpers. Dein Blick: verbogen verborgen. Warum kommunizierst du nicht offen mit mir, sondern hinter meinem Rücken, mit einem Messer? Michael Myers Ich wollte dich nicht verletzen. Jamie Lee Curtis Aber du hast es getan. Mehr als einmal. Michael Myers Sei nicht so negativ! Jamie Lee Curtis Wir sind beide negativ, Frauen und Monster sind negative Identitäten, aber das verstehe ich auch erst, nachdem ich den Horrorfilm hinter mir gelassen habe 2002. An uns sehen die Menschen, was nicht gezeigt werden kann: platzende, aufgerissene oder zerschnittene Körper. Zerschnitten in mühsamer Arbeit, im Schnittprogramm. Michael Myers Das hast du verstanden. Sehr spät. Aber ist doch gut. Jetzt sehe ich dich doppelt. Einmal als Teenager. Als du das nicht verstehst. Und einmal heute. Ergängzung zu damals. Jahrzehntelang aufgeschobener Gegenschuß. Aber jetzt laß uns. Über was anderes sprechen. Oder ich vergesse mich. Nein, vergesse, daß ich sprechen kann. Und was das für deinen unversehrten Körper heißt. Weißt du. Jamie Lee Curtis Ich weiß nur: Im letzten Teil der Fortsetzungen gelten keine Regeln mehr, selbst das final girl kann sterben, im final sequel. 68 Michael Myers Du als final final girl, sag: Wie gehts aus? Jamie Lee Curtis Message to Judith: Du willst und willst und willst das final girl sein, und du wirst final sein. Slasher sind wählerisch, sie wählen ganz genau, wen sie haben wollen, am Ende. Du wirst die Zeiten vermissen, als du fliehen mußtest. Explosionszeiten Exploitationszeiten Expositionszeiten. Bewahr sie dir gut, denn: Wer sich in eine Geschichte begibt, muß sie weitererzählen, immer weiter, muß weiter. 7 falling in line Gil Erinnerst du dich an Kinos, in denen nicht gefilmt wurde? Wo ich mir den Saal selbst aneignen und so immer wieder neu produzieren konnte, zusammen mit meinen Freunden. Wo mir kein Kinobesitzer sagen konnte, daß ich mein Leben an der Kasse abgeben muß, auf einen Monitor. Give me my fucking grindhouse back! Wo ich nicht fürchten muß, auf dem Monitor zu sehen, wie schön ich von innen bin. Judith Jeden Schönheitswettbewerb fürs Körperinnere würdest du gewinnen, Gil. Aber wir sind zwei. Und: the body count continues. Und doch: 1981, in The Burning, ist das final girl ein Boy. Warum solltest du also nicht final girl sein, final Gil? Oder soll ich final girl sein, nur um zu zeigen, daß ich das girl unter uns bin? Auf tausend Monitoren: das final girl Gil Augen schauen dich an, lauter leere Augen. Und doch, in dir bewegt sich etwas, produziert Musik. Die wird dir am Ende sagen, wie es endet. Judith Und wenn wir zusammen? Statt dem final girl: ein final pair? Ich mein: if $ there’s a camera up in here / it’s gonna leave with me / when i do Gil i do Judith if there’s a camera up in here / then i’d best not catch this flick / on you, too $ Mariah Carey: Touch my body 69 Gil youtube Judith cause if you run your mouth and brag / about this secret rendezvous / i will hunt you down Gil cause baby i’m up in my bizness / like a wendy interview Judith but this is private / between you and i Gil Vorbei, Judith, es ist vorbei. Slasher müßte man sein, aber so: Byebye. Die Stimmlippen werden in einen bestimmten Spannungsgrad gebracht. Denn Gil weiß, was kommt, wer bald kommt, wer ihn schon seit Jahrzehnten Sekunden Jahrzehntelsekunden einkreist, eine kreisende Kamera, die dich kriegen will, touch my body. Gil wartet und will es wissen, endlich wissen, wie es funktioniert. Gil wartet und kreist, als der Slasher ihn einkreist, immer im Kreis, näher, im Kreis, näher näher, immer näher, touch my body body, näher, nah, it all seems so terribly technical, denkt Gil, but they won’t interrupt us, while we’re filming, sagt jemand, ganz nah an seinem Ohr, nah, weißt du, näher, was das Schrecklichste, noch näher, in der Welt ist? Stop. Dann auf einmal: Stop, keine Bewegung mehr. Es ist Angst, deine eigene Angst, wenn du sie siehst. Gil schaut, die Kamera starrt und Gil schaut, auf die Linse, die Linse Linse, schaut auf sein Gesicht, und dann, was er dann sieht, was er, dann sieht er, er sieht, was er: Schnitte, einfach Schnitte, die passieren [cuts happening]. Die Stimmlippen, in dem Moment erinnert er sich an die Stimmlippen und hört eine Mikrosekunde später, was die Stimmlippen produzieren, wenn sie sich bewegen. Bei Männerstimmen ist das gesamte Klangspektrum größer, beim Sprechen, beim Singen, beim Schreien, das ist Teil der Kulturgeschichte des Körpers, eines Körpers, der nun geöffnet wird. Schnitte, die passieren. Schnittstellen, die die Leben im Film passieren, auch wenn sie dabei zuende gehen, die die Filmleben passieren, um in unserem Leben mit uns zu leben. Und hinterher weiß die Kamera mehr, hinterher weiß sie: the body count continues. Als Judith Gils Tod sieht, auf dem Monitor, lernt sie von den Bildern, lernt den Raum kennen um Gil herum, als die Kamera wegzoomt. Judith überblickt den Raum, überblickt die Reste eines Raums und die Reste eines Körpers 70 in diesem Raum. Dieser Körper hat sich von Privatem freigemacht. Im Hintergrund werden gerade Videokameras im Wert mehrerer Milliarden Euro installiert. Und Judith öffnet den Mund: Judith Ich will, daß es gut ausgeht. Bitte bitte bitte bitte bitte bitte. Wenn jetzt ein Galgenmikro herunterfiele, dann wüßte ich: Was ich gerade gesehen habe, habe ich gar nicht gesehen, das sind nur Rekonstruktionen. Ich weiß: Wer sich in eine Geschichte begibt, muß weiterzählen, weiter. Ich muß weiterzählen, bis die Geschichte zuende ist, aber. Aber ich bin nicht zuende, ich bin nie zuende, denn du brauchst mich, die Geschichte braucht mich, das final girl [i’m going along], um die Geschichte zu erzählen [i’m falling in line]. Dein Lächeln, Kamera, dein Lächeln [who am i to resist your smile]. Hier steht das final girl, is she falling in line, in die Tagline [Wer nicht rechtzeitig sieht, um zu töten, sieht niemals mehr]? Oder fragt sie noch: Sind Slasherfilme schädlich für meine Karriere? Mit einem einfachen JA erübrigen sich solche Abenteuer. Abenteuer, von denen man weiß, daß sie nicht gut ausgehen. Abenteuer, von denen man weiß, daß sie gut ausgehen. Abenteuer, von denen man weiß, daß sie gut aussehen, in meinen Augen. Scream until your eyes work. 8 don’t care about making sense Würde man sämtliche private und staatliche Monitore, die die Visualisierung der übermittelten Bilder eines Stadtzentrums ermöglichen, zusammensetzen, dazu das Atmen des Slashers, entstände ein neuer Raum der Bilder eines Raums [i’ve been here before]. Und in diesem neuen Raum steht Judith, die Waffe in der Hand, kein Messer, keine Kettensäge und kein Beil [i’ve done this before]. Horrorfilme und feministische Theorie reichen als Waffe gegen Slasher natürlich nicht, vor allem nicht, wenn eine ganze Stadt überwacht wird von diesem Slasher [i’ve been possessed by the city before]. Die Waffe: eine Super 8-Kamera, darin: kein Sicherheitsfilm [i wanted to lose], sondern Rohfilm [i wanted the void], unbelichtetes Filmmaterial, Negativfilm, Umkehrfilm oder Direktumkehrfilm. Judith 71 weiß, er wird kommen, sie weiß es, seit sie zum ersten Mal gemeinsam in einem Raum waren, ihr Blick und sein Blick [the red red light was guiding me]. Judith wartet seit diesem ersten Mal darauf, daß er zurückkommt zu ihr, zurück. Judith hebt die Waffe, darin: Jahrzehnte altes Filmmaterial, Farbveränderungen, Empfindlichkeitsverluste, Überbelichtungen inclusive. Wenn du das siehst, mein Slasher, sagt Judith [there’s a fire in me], wenn du dich siehst, auf dieses Filmmaterial gebannt [there’s a red light inside your eyes]. Du: in Farben, in denen du nicht existierst, in übertriebenem Dunkel, überhellem Licht, zerstört, hier und da und dort, aber zerstört [there’s a fire in your eyes]. Ein Slasher als Überwachungssystem, das eine ganze Stadt terrorisiert. Ein zerstörter Slasher auf zerstörtem Filmmaterial, was die Stadt neutralisiert. Freiheit, wenn wir Grindtown hinter uns lassen, die cleanen Cuts dieser Stadt, die Waffe in der Hand. Richte sie auf ihn, Judith! Los! Worauf wartest du? Willst du sterben, heut Nacht? Und du? Willst du mich wirklich töten, bis ich tot bin? Was glaubst du, wer du bist, wer auch immer du bist? Der Gesang des final girl und das Atmen des Slashers. Und jetzt? Senkt Judith die Kamera ab, Finger vom Abzug, wendet sich um, dorthin, wo wir sind. Judith Wieviele andere Mädchen gibt es da draußen, die final girls sein könnten, sein wollen? Mädchen, die Horrorfilme schauen, weil sie sich ein bißchen fühlen können wie Jungs, am Ende befreit fühlen, so befreit, so frei, wie in keiner Stadt, in der sie leben. Von dem befreit, was man ihnen jahrzehntelang auferlegt hat: Identität [don’t care about making sense]. Und wenn die Mädchen das Kino verlassen, ist alles wie es war. Dann kommt ein Film ein Slasher ein Slasherfilm [the only way is in the way that you move], der folgt dir ins Leben, und um dieses Leben zu behalten, mußt du ihn anbetteln: Sag mir, was du haben willst [just do what you do], ich mach es möglich [just feel what you feel], was du willst [just say what you feel sounds good to you]: jeden Film mit jedem Budget, mit jedem Script, mit der neuesten Version von Final Cut. Final Cut, sagt er, hab ich schon! Dann der final, dann der final cut. Nach dem final cut kommt der final final cut. So ist das. Weiß doch wohl jeder, dass Menschen sich nicht wirklich ändern, ob Teen- oder Fiftyager. 72 Abgesehen vom Äußeren bleibt vieles gleich. Oder du selbst nimmst die Waffe in die Hand und gehst gegen diesen final cut an. No rewrites next time? No sequels? Doch. Aber so geht das nicht. Das final girl soll kommen und den final cut machen? Das geht doch nicht. Jamie! Michael! Jetzt sagt auch mal was. Es kann doch nicht immer ein final girl sein, ich kann doch kein final girl, kann ein final girl’s final girl. Alles soll final sein, diesmal auch das final sequel. Die Zerstörung von Grindtown [the desire in me], durch die nie wackelnde Kamera, niemals wackelnd [there’s a promise in your smile], immer auf ON und nie wackelnd, nie fackelnd, wenn es um Morde geht, die im Off geschehen, immer auf ON, immer auf, niemals wackelnd, immer auf ON, und auf einmal: OFF. Sechsundneunzig Minuten screening session, das ist zu viel. Zu viel, aber ich will mehr. It’s only a movie? Fuck, nein! NEIN! It’s more than a movie! Sich nicht damit abfinden, daß das eigene Leben zerstückelt ist, x verschiedene youtube-Dateien, mit dem Handy aufgenommen von der Leinwand, samt Audiokommentar. Aber möchtest du, daß irgendeine teenage slut dein Leben kommentiert? Nein? [there’s some life inside you, still some life inside your eyes, there’s a promise in this knife.] Get more out of life. Go out to a movie. Nein! Get more out of life. Go out OF this movie. Schnell! Bevor alles sofort in ein überlichtes Licht übergleitet, übergeleitet wird in das Helle, in dem du nicht leben kannst [the worst is yet to come], da sind Kettensägen gar nichts, wenn die Augen anstecken, flick, wenn sich Leerstellen auftun an meiner Iris, flack, an meinen Händen, flick, in meinem Mund, flackflack, Leerstellen, flick, Feuerleerstellen, flack, wirst du nervös, flick Brandstellen, flackflack, flick, wenn du meine aufgerauhte Haut siehst flack, flackflack, flackflackflack, flick, zum Aussteigen zu spät, flick, flick [there’s a fire in your eyes, there’s a flick’r, a fire, a flick’r, there’s a fire in your eyes. eyeeye Ich will noch immer, daß es gut ausgeht., flack flack, wer sich in eine Geschichte begibt, kommt darin um. FUCK! Bitte bitte bitte bitte bitte bitte. Die sind doch verrückt, die sind doch alle nur noch verrückt. Nur: Wer nicht rechtzeitig sieht, um zu töten, sieht 73 74 Guten Abend. Guten. Guten Abend. Leider zuende. Leider unerwartet zuende, verbrannt, nein, verschmort. Sicherheitsfilm, nur verschmort, diese Sicherheit bringt uns, daß mein Vorführraum nicht abbrennt, wenn der Film brennt, durchbrennt, rauswill ins Leben. Bevor Sie ihm folgen, erzähle ich ganz kurz, was im Streifen weiter passiert, Sie müssen ja wissen, wen sie verfolgen, als Stalker dieses Films. Keine Angst, die Kameras um Sie herum sind jetzt aus, Probleme mit der Erschütterung, übertriebene Lautstärke, Wackeln, wodurch das Glasfaserkabel die Daten nicht mehr überträgt. Die Bilder werden sowieso nur zweiundsiebzig Stunden aufbewahrt und sind meist gelöscht, oder du siehst nichts, nichts, nur Licht. Da kann ich auch gleich selbst ins Kino gehen statt vor den Monitor, ins eins der Grindhouses dieser Grindtown. Da weißt du auch nie, in welchen Film du stolperst. Nicht zu lang vorm Eingang stehen! Auch nicht im Eingang, hinterm Eingang, vor dem Notausgang, dem Kassenhäuschen, vor der Leinwand, nicht vorm Popcorn- oder Hot Dog-Stand, und vor allem nicht vor der Toilette, wenn du nicht umringt werden willst von Leuten Daten, die denken, du würdest drauf warten, ausgeraubt zu werden oder ausgebeutet, sexually. Ich bin besessen von Filmen, die mich ausbeuten, vor allem meine Augen. Wieviele Double- und Triplefeatures kann ich in einer Woche sehen, an einem Tag, in einer Stunde, Sekunde? Wieviele Stunden am Stück in einem Kino? Unten: New York’s 42nd Street and its grindhouses 1969. Mitte: Schmuddelkinos in St. Pauli 1989. Oben: Münchner Maximilianstraße auf dem Weg in ein neues Exploitation-Zeitalter 2009. Kinos, die vor Jahrhunderten geschlossen wurden, mit fleckiger Eleganz, riesigen Zuschauerräumen, Balkonen, Samtvorhängen und Opernsitzen, mit Treppen, die sich so oft winden und dann doch nicht enden, daß du nie weißt, wer nach der nächsten Biegung lauert, ein schlechter movie plot oder. Oder. Ein neues Zeitalter. Oder. Ein Alter mit einer Polaroidcamera um den Hals, wie er herumgeht und den Pärchen in den Pärchensitzen Polaroids anbietet [nicht: Popcorn], Pärchenpictures, bevor die wildesten, extremsten Filme der Filmgeschichte beginnen, das Leben als Permanentschock, wie es die Poster und Trailer versprechen. Wenn die Filme die Versprechen nicht halten: Rufe, Tritte, Messerattacken gegen Sessel, Leinwände. Um mich herum Menschen, die sich mit den Menschen 75 auf der Leinwand unterhalten, ohne Abgrenzung, nicht: hier die Beobachter, dort: die Beobachteten, nur: Frage und Antwort, Frage, Antwort, Frage. Wundert doch niemand, daß Exploitationfilme nicht nur eine Fassung haben, sondern viele, kaum zählbar viele, so daß einige Zuschauer sich an Szenen erinnern, die andere nie sahen, viele verschiedene Fassungen. Eine Fassung mit mehr Gewalt, bei der du eine Gratistüte an der Kasse bekommst, falls du dich übergeben mußt, dich dem Film übergibst in diesem Moment, vollständig. Eine Fassung mit mehr Horror, schau mal aufs Ticket: Lebensversicherung, falls du sterben solltest vor Schreck. Eine Fassung, die nicht versucht, zu löschen, was unvorhersehbar ist: das lebendige Leben, mich nicht sagen läßt: Die guten Szenen haben sie rausgeschnitten, das hat mich erinnert, an dich und mich. Je mehr Exploitation im Exploitationfilm, desto besser. Ausbeutung der Gänge, eng, so eng, daß jeder Pacman-Geschwindigkeit laufen muß. Ausbeutung der Lautsprecher, so aufgedreht, daß die Wände vibrieren, die Plastiksitze, daß die Schreie aus dem Film nebenan bei dir ankommen, ein Überwachungsfilm, der in den anderen eindringt, stalker versus stalker, there’s always a sequel. Ausbeutung unseres Lebens, dem Chaos der Filme immer ähnlicher, in Zuckungen, Sprüngen. Und die Straßen vor den Kinos: genau so, wie Straßen für mich aussehen müssen, eine Welt für sich, neonbeleuchtet, [neon light was guiding me], Neonwelt, wo Menschen oft ihre Fassung verlieren, die Fassung, die ihnen jahrzehntelang auferlegt wurde. Ich habs geliebt. Den ganzen Schmutz und all das, auf der Linse, auf den Menschen, in der Luft, unerwünschte Geräusche im Zuschauerraum oder vom Projektor. Ich vermisse das. Pro Nacht zwei Filme, drei, vier Filme zum Preis von einem, dann, um 5.32 Uhr wachst du auf, sie schicken dich raus, du spazierst einmal um den Block, neunzig Minuten, und dann kommst du wieder zurück. Und du weißt: Du nimmst dein Leben in die Hand, beim Eintritt ins Kino. Wirst du überleben? Wirst du die Trommelfelle zerfetzt bekommen? Wirst du verloren gehen, ohne daß irgendjemand sagen kann: Auf dem Video ist alles zu sehen? Ich vermisse das, ja, wirklich, give me my fucking movies back! Ich vermisse das, vermisse es, verloren zu gehen, ohne zu wissen, wohin. Vielleicht in unbewohnbare Zonen dieser Stadt, in ein verwerfliches Außen, das eigentlich in uns liegt, als Zurück- 76 weisung der finalen Filmfassung, Film: Fassung, Fassung: Identität, die man uns erzählt hat, jahrzehntelang, dem Leben abgetrotzte Geschichte. Das Gefühl, verfolgt zu werden, auf Blick und Klick. The right to be alone? Nein! The right to be let alone, und vor allem: the right to be together, wie Filme im Kino, seltsam privat in der Öfentlichkeit. Stattdessen: Grindtown, ein Kino so groß wie eine Stadt, Stadt so groß wie ein Kino, viereinhalb Millionen Kameras, drei pro Mensch. Kameras, die der Zeit vorauszueilen, um vorbereitet zu sein für die Zukunft. Aber brauche ich drei Kameras für meinen Körper, um Verbrechen, die jemand an mir begeht, zu speichern? Wozu habe ich meine Haut und ihre Schnittstellen? Ein Film, der auf solche Schnittstellen abzielt, der auf Haut und Haar abzielt, Leben freisetzt. Aufgeschnittene Haut: die Möglichkeit, offen mit dir zu kommunizieren, das Messer nicht hinterm Rücken, an der Haut, so daß wir direkt verbunden sind, ohne final cut. Und immer re-writes next time, immer neue rewrites. Ein Filmprojektor muß sich an die Kamera erinnern, und wir müssen uns an die Projektoren erinnern, an Brandstellen im Projektor. Ich als body count zähle die verschmorten Körper im verschmorten Sicherheitsfilm. Die müssen wir zählen, denn wenn wir nicht mitzählen, was nicht da ist, was nur gedacht werden kann, ist unser gesamtes Zusammenleben doch überhaupt nicht begreifbar. Danke an die Siebziger, die Achtziger, Neunziger, ihr habt uns gezeigt, die Slasher haben: Wir sind nicht unteilbar, sondern gut und leicht und detailliert zu teilen, manchmal reicht ein Cut, gut zu teilen, gut, gut zu teilen, nur zerteilt können wir die Einheit sein, die wir sein wollen. Nur der Slasher selbst nicht, weil er nie geteilt war, immer schon verteilt, mal hier, mal da, mal dort, dann wieder: HIER! Technologien, die sich verteilen, ehe sie entwickelt sind. Und ich dachte, damit würde es enden. Immer dachte ich, mit so einer Aufnahme würde es enden, aber wenn ich an die Daten denke, die lebenden Daten, Fingerabdrücke, Irisabdrücke, die darauf warten, neue scream queens zu finden. Ein Datenfilm, der jetzt startet. Als erste Szene die letzte drehen. Den Schluß des Films an den Anfang setzen. Den zweiten Doublefeaturefilm in den ersten setzen, so viele Filme in einem, in mir. Grindtown. In diesem Artikel fehlen folgende wichtige Informationen: Handlung knapp bemessen, und: Wie endet der Film? Blackout. Burnout. Way 77 out. Auswege. Ausgänge. Wenn wir den Notausgangsschildern folgen, kommen wir nicht raus aus der Not, sondern nur tiefer rein. Alles transparent machen, uns transparent machen, dich und mich und die Kamera hier neben uns, alles gemeinsam veröffentlichen, Raum, öffentlich, zwischen uns, Raum der unsicheren Gegenwart, unsicher, weil wir uns nicht einbilden, uns einzupressen, in DIE finale Fassung. Kein final cut. Kein final girl. Keine final world mit final word, diesem letzten Wort müssen wir zuvorkommen! Eine final world, in der Identität als Slasher eindringt, in meinen Raum aber: Überraschung! Nach dem final final cut kommt der cut together. Unsere Körper, dynamic plot bodies, ohne feste Organe, ohne Scriptwriter, gemeinsamer Körper, den wir gemeinsam erforschen, um zu wissen, wer wir sein können, werden können. Augen schauen sich an. Kannst du uns auseinanderhalten, auf dem Film? Anfangen, unser Wir neu zu denken, und davor: dein eigenes Wir zu denken. Etwas, das mehr ist als wir, weil wir es werden, in jedem Moment, der Geschichte abgetrotztes Leben, wir, in einem Jahrzehnte lang aufgehobenen aufgeschobenen Gegenschuß, just a recording of our body. Script discontinuity, so daß kein Plot meinen Körper in die Hände nimmt und sagt: Laß mich dein Leben leben! Dein Leben als meins? Zwei zum Preis von keinem? Heyhey! Brauchen wir ein Leben, um zu lernen, wie wir leben müßten? Was wir lieben müßten? Lieben. Yeyyey! Lieben, unter Einsatz eines Lebens, das uns noch nicht geantwortet hat, uns nie. This life is my work. Lebensversicherung, falls dir jemand nachstellt, um dich nachzustellen, und du bemerkst: Ich hab nur einen Cameoauftritt in meinem Leben. Ja, Hauptdarsteller müßte man sein. Wenn wir transparent sind. Wenn wir nicht mehr sichtbarer werden können. Wenn alles zu sehen ist, alles. Dann werden wir unsichtbar. It’s time to ring myself. LIFE! Coming soon to a theatre near you, near, in you. Life, the sequel you’re dying for. Life is so permanent. Ist das die Tagline? Taglines, die Wirklichkeit werden. Taglines, die Wirklichkeit sind. Taglines wie diese: Das Ende kommt immer plötzlich und als Still. Jetzt. STILL! 78 By telling us about their years in the exploitation movie business, the following people made valuable contributions to this double feature: grindhousedatabase.com Harry M. Benshoff [Monsters in the closet] Michelle Clifford & Bill Landis [Sleazoid Express] John Carpenter [Halloween, Halloween: H20, Halloween: Resurrection] Wes Craven [Nightmare On Elm Street, New Nightmare, Scream 1-3] Sean S. Cunningham [Friday The 13th] David E. Durston [I Drink Your Blood] Sandro Gaycken & Constanze Kurz [1984.exe] Scott Glosserman [Behind The Mask] Daphne Gottlieb [Final Girl] Leon Hempel & Jörg Metelmann, Dietmar Kammerer [Bild – Raum – Kontrolle] Francisco Reto Klauser [Die Videoüberwachung öffentlicher Räume] Gertrud Koch & Heide Schlüpmann [Frauen und Film: Horror] Julia Köhne, Ralph Kuschke& Arno Meteling, Stefan Höltgen, James McFarland, Gabriele Dietze, Judith Halberstam, Drehli Robnik [Splatter Movies] Nelson McCormick [Prom Night] Michael Powell [Peeping Tom] Peter Schaar [Das Ende der Privatsphäre] Christane Schulzki-Haddouti [Im Netz der inneren Sicherheit] Adam Simon [The American Nightmare] Vivian Sobchack [Meta-Morphing] Quentin Tarantino & Robert Rodriguez [Grindhouse: Death Proof & Planet Terror] George A. Romero [Night of The Living Dead, Day of the Dead, Diary of the Dead] The Horror The Horror [Wired Boy Child] Mike Whitehead [Slasher Movies] Linda Williams [Film Bodies, When the woman looks] Gone but remembered fondly, a sentimental wave good-bye to those exploitation legends whom we exploited for this here: Rolf Dieter Brinkmann [Nachwort Westwärts 1&2 & all the rest] Judith Butler [Haß spricht, Psyche der Macht, Körper von Gewicht] Gilles Deleuze [Das Zeit-Bild. Kino 2] Jacques Derrida [Eine gewisse unmögliche Möglichkeit, vom Ereignis zu sprechen] Michel Foucault [Die Intellektuellen & die Macht, Überwachen und Strafen, klar!] Bernward Vesper [Die Reise] © 2008 Jörg Albrecht, www.fotofixautomat.de