JULIANE WERDING: Sehnsucher.

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JULIANE WERDING: Sehnsucher.
JULIANE WERDING: Sehnsucher.
„Eine Tour ist immer aufregend“
Interview mit Juliane Werding
Mit dem Titel ihrer aktuellen CD und ihres Buches bekennt Juliane Werding, noch immer eine
„Sehnsucherin“ zu sein – genau 20 Jahre nach ihrem Riesenerfolg mit „Sehnsucht ist unheilbar“. Wie
die Sängerin im Interview verrät, kostet sie das Gefühl unerfüllter Sehnsucht gern aus, gibt aber einem
ihrer sehnlichsten Wünsche jetzt nach: und präsentiert ihre Musik live.
Frau Werding, im Juli werden Sie 50. Was bedeutet Ihnen der runde Geburtstag?
Das ist für mich einfach nur eine Zahl, eine Ziffer, die keinerlei Aussagekraft hat. Ich beschäftige mich
gar nicht damit. Fragen Sie sich jeden Tag, wie alt Sie sind? Ich glaube, das macht kein Mensch. Nur
die Medien nehmen solche Jubiläen gerne zum Anlass, diese Frage zu stellen. Ich kann mich an ein
Interview erinnern, das ich – glaube ich – mit 28 gegeben habe. Ich musste erst mal nachrechnen, als
es um mein Alter ging. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Macht es Ihnen noch Spaß, die alten Stücke zu singen?
Ja klar! Es sind ja schöne Lieder. Wenn da jetzt welche dabei wären, die mir heute nicht mehr gefallen,
würde ich sie weglassen. Aber meine Hits – das sind allesamt klasse Songs.
Was erwartet uns auf der Tour?
Meine Band und ich stellen natürlich die Songs der neuen CD vor. Ein paar von ihnen wollen wir live ein
bisschen rockiger als auf dem Album machen. Aber wir spielen auch viele der älteren Hits, weil die ja
bei den Fans noch immer sehr gut ankommen. Ohne „Am Tag als Conny Kramer starb“ lassen mich die
Leute gar nicht von der Bühne runter.
Genießen Sie Ihre Konzerte?
Sehr. Eine Tour ist immer aufregend. Das fängt damit an, die Show zu entwickeln. Das Bühnenbild
entwerfe ich selbst. Später, bei den Konzerten, entsteht eine ganz besondere Magie zwischen dem
Publikum und mir. Ich habe zum Glück Fans, die sehr gut zuhören können. Auf der Bühne erzähle ich
nämlich viele Geschichten. Die Leute erfahren, wie die Songs entstanden sind und was für Erlebnisse
hinter den Texten stecken. Weil das Publikum so aufmerksam ist, entsteht eine ganz intime
Atmosphäre. Das ist sehr schön.
Wenn Sie unterwegs sind, haben Sie da Sehnsucht nach ihren Kindern?
Das gehört nun mal dazu. Wobei mich meine Tochter Charis Maria, sie ist jetzt 17, so oft wie möglich
besucht. Mein Sohn Gabriel macht im Sommer Abitur, dann will er studieren oder vielleicht ein Jahr ins
Ausland gehen. Er wird also nicht so oft da sein. Aber Charis liebt es, auf Tour zu sein und würde am
liebsten die ganze Zeit mitfahren. Nur muss sie ja zwischendurch in die Schule und kann nur an den
Wochenenden kommen. Sie liebt vor allem alle Mitglieder der Band und der Crew. Mit denen auf Achse
zu sein und die Mucke, die wir machen – das findet sie cool, extrem cool. Das sind ja auch total nette
Leute, und es geht sehr familiär zu.
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Ihre Konzerte sind immer sehr gut besucht, bei der letzten Tour Anfang 2005 waren die meisten
ausverkauft. Wie erklären Sie sich Ihren großen Live-Erfolg?
Wenn ich das wüsste. Das Berliner Konzert ist zum Beispiel schon jetzt, ein halbes Jahr vorher,
ausverkauft, weshalb wir einen Zusatztermin einrichten mussten. Es liegt sicher daran, dass ich sehr
treue Fans habe. Meistens waren ganz viele im Publikum schon mal da. Sie waren vom Konzert
begeistert und kehren immer wieder zurück. Aber es kommen auch stets Fans dazu, die vor allem die
neuen Sachen kennen – und gar nicht so sehr die alten Hits. Ich denke, es sind vor allem die Themen
der Texte meiner Songs, die die Menschen generationsübergreifend ansprechen.
Im Oktober und November treten Sie überwiegend in den neuen Bundesländern auf. Sind Sie im
Osten besonders beliebt?
Vielleicht besitzen die Ostdeutschen noch eine etwas andere Musikkultur. Sie haben, glaube ich,
einfach einen besseren Draht zu anspruchsvollen Texten. Das kann daher rühren, dass tiefer gehende
Musik zu DDR-Zeiten eine Möglichkeit war, die Sehnsucht nach Freiheit zu befriedigen. Viele
ostdeutsche Fans erzählen mir Geschichten aus der DDR, die mit meiner Musik zu tun haben. Das ist
sehr spannend und oft sehr berührend. Eine Frau hat mal geschrieben, dass sie in einem schrecklichen
Ferienlager, in dem sie als Erzieherin arbeitete, neuen Mut schöpfte, als sie irgendwo mein Lied
„Stimmen im Wind“ hörte. Ich finde es toll, wenn die Leute auf mich zugehen und mir solche Erlebnisse
schildern.
1986 sangen Sie in „Sehnsucht ist unheilbar“ von einer 30-Jährigen, die im Herzen 17 geblieben
ist. Ihr aktuelles Album heißt „Sehnsucher“. Sehnsucht ist offenbar ein Thema, das Sie Ihr Leben
lang begleitet. Hat sich Ihre Sehnsucht verändert?
Sehnsüchte verändern sich mit dem Alter – mit der Ausnahme von Kindheitsträumen. Aber ich finde,
dass sich die meisten Sehnsüchte gar nicht erfüllen sollen. Eine gestillte Sehnsucht stellt sich meistens
als gar nicht so befriedigend heraus, wie man sich das immer vorgestellt hat. Wahrscheinlich ist es
dieser Zustand der Sehnsucht, der so schön ist. Wenn sich eine meiner Sehnsüchte erfüllt, muss ich mir
eine neue suchen.
In Ihren neuen Stücken klingen viele gesellschaftskritische Töne an.
Ich glaube, die Zeit kommt jetzt wieder für politische Lieder. Ich fände das jedenfalls unglaublich wichtig.
Es ist eben nicht alles Friede Freude Eierkuchen. Vielleicht ist das auch ein Grund für meinen Erfolg in
Ostdeutschland. Die Menschen der früheren DDR sind doch prädestiniert dafür, ein bisschen
mitzumischen. Ich sollte wohl mal ein Lied über Hartz IV machen.
Über den Wahnsinn der Casting-Maschinerie haben Sie mit „Wer hat Angst vorm Glück“ bereits
ein Stück geschrieben. Sie haben allerdings selbst Anfang der 70er im Talentschuppen
gewonnen und waren bald darauf ein Teenie-Star. Geht es in dem neuen Song also auch um
eigene Erfahrungen?
Nein, überhaupt nicht. Das waren damals andere Zeiten, die kann man mit heute nicht vergleichen. Es
geht um jetzt und um die Medien. Da hat sich Andy Warhols Vorhersage erfüllt: Jeder darf mal für 15
Minuten berühmt sein und ist dann wieder weg vom Fenster. Das ist meines Erachtens alles ziemlich
gaga (lacht).
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Zum Ausgleich besingen Sie auch die Ruhe und Idylle Schottlands.
Ja! Wir sind sogar extra nach Schottland gereist. Mein Produzent Harald Steinhauer, der ja auch viele
Titel der CD komponiert hat, wollte gern so ein Highlander-Thema machen. Also habe ich
vorgeschlagen: Wir fahren einfach in die Highlands und schauen uns da um. Wir wollten die Stimmung
einfangen, auch auf der verlassenen Insel St. Kilda. Die Landschaft war sehr beeindruckend. Und die
Menschen in Schottland sind ganz toll.
Sie haben in den vergangenen Jahren auch mit einem Buch und als Schauspielerin von sich
reden gemacht. Planen Sie weitere Ausflüge in andere Bereiche?
Im Juni erscheint ein neues Buch: „Sehnsucher – 7 Wege, mit der Sehnsucht zu leben“. Ein kleiner
Geschenkband für alle Sehnsucher dieser Welt, deren Lebensträume noch pulsieren. Denn bei allem
erreichten Glück in meinem Leben ist die Sehnsucht immer meine treuste Lebensbegleiterin geblieben.
Mit der Schauspielerei war es so, dass ich einem kleinen Münchner Off-Theater helfen wollte, das
Haus voll zu kriegen. Daher habe ich dort die „Vagina-Monologe“ Eve Enslers gespielt. Aber die
Schauspielerei verfolge ich nicht weiter. Falls sich mal wieder etwas ergibt, das mir am Herzen liegt und
Spaß macht, dann soll es so sein. Aber ich forciere nichts.
Sie haben auch eine Ausbildung als PR-Fachfrau. Wollen Sie da mal wieder einsteigen?
Never ever. Es war gut, da hinein zu schnuppern. Den Büro-Alltag mitzukriegen, war wichtig, um mich
zu erden. Ich kannte ja nur die Bühne und das Show-Geschäft. Aber den Beruf möchte ich definitiv nicht
mehr ausüben.
Und wollen Sie eines Tages wieder als Heilpraktikerin arbeiten? Auch in dem Fach sind Sie
ausgebildet.
Von dieser Ausbildung profitiere ich noch heute – aber nur privat. Vielleicht kommt jedoch mal wieder
die Zeit: Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann eine Praxis zu eröffnen und Menschen zu behandeln.
In welcher Weise bewegt Sie das 35jährige Jubiläum von Ihrem ersten Hit „Am Tag, als Conny
Kramer starb“?
Das Jubiläum gar nicht. Nur eine Zahl, mehr nicht. Der Song aber nach wie vor.
Aber immerhin ist es doch eine recht lange Zeit geworden, die Sie kontinuierlich erfolgreich im
Musikgeschäft sind, im Gegensatz zu anderen, die schnell da und schnell wieder weg waren.
Bleibt da etwas, woran man sich festhält?
Nein. Ich denke auch überhaupt nicht darüber nach. Jede Platte, die ich mache, ist immer wieder ein
Erstlingswerk. Ich gehe immer wieder neu an die Sache ran. Auch bin ich niemand, der in der
Vergangenheit lebt. Ich reflektiere zwar, was gut gelaufen ist, was falsch war, was ich besser machen
kann. Aber das war’s dann auch. Meine Welt ist das Hier und Jetzt.
Abdruck honorarfrei – Belegexemplar erbeten
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