PR15_PT Furor floralis dtl
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Die Zähmung des Wildwuchses Die Ausstellung Furor floralis im Textilmuseum St. Gallen (26.8.15 – 28.3.16) Ab dem 26. August machen Blumen im Textilmuseum St. Gallen Furore: Die Ausstellung Furor floralis widmet sich den facettenreichen Erscheinungsformen floraler Motive auf europäischen Textilien aus fünf Jahrhunderten. Die Schau lenkt die textile Pflanzenpracht, indem sie sie historischen Gartentypen gegenüberstellt und sich mit den Zusammenhängen zwischen Gartengestaltung und Textildesign auseinandersetzt. Der Weg führt vom mittelalterlichen Paradiesgarten über den streng gegliederten Renaissancegarten, die barocken Parterres de Broderie, zu den malerischen Landschaftsgärten und den Gärten des 20. Jahrhunderts. Zu sehen sind Stoffe aus den Beständen des Textilmuseums St. Gallen, historische Kostüme aus einer Schweizer Privatsammlung sowie Kleider zeitgenössischer Modedesigner wie Peter Pilotto und Mary Katrantzou. Gartenpläne und historische Bücher aus dem ASLA Archiv Schweizer Landschaftsarchitektur und aus anderen Archiven und Bibliotheken St. Gallens illustrieren die Entwicklung des Gartens vom Mittelalter bis in die Moderne. Die Ausstellung erfolgt in Kooperation mit dem ILF Institut für Landschaft und Freiraum, Fachbereich für Theorie und Geschichte der Landschaftsarchitektur, HSR Hochschule für Technik Rapperswil. Blumenrausch? Die Mode liebt Blumen – zeitweise exzessiv, dann wieder etwas zurückhaltender. Dass florale Muster je ganz fehlen, ist undenkbar. Die Darstellung von Pflanzen gehört in der westlichen Welt zu den bevorzugten Motiven des Textildesigns. Grund genug für das Textilmuseum St. Gallen dem Thema eine umfangreiche Ausstellung zu widmen. Um die Blumenfülle in den Griff zu bekommen bedarf es einer zähmenden Hand: In St. Gallen übernimmt es die Textildesignerin Annina Weber, unterstützt von der Landschaftsarchitektin Sophie von Schwerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ILF Institut für Landschaft und Freiraum in Rapperswil Ordnung ins Dickicht der Blumenstoffe zu bringen. Entsprechend sind die Stoffe entlang der historischen Gartentypen geordnet. Stoffe und Gärten – eine ungewöhnliche Kombination? Nein, findet Annina Weber, denn Textildesignerin und Landschaftsarchitektin zähmen beide auf ihre Weise die Natur: Sie wählen und kombinieren die Pflanzen, ordnen diese im Raum oder auf der Fläche an. Ungemeine Faszination für den Gartenliebhaber, unerschöpfliches Repertoire an Farben und Formen für den Textilentwerfer: Pflanzen sind Augenschmaus und Inspiration in einem. Gärten und Stoffe korrespondieren dabei auf überraschende Weise und Gestaltungsprinzipien, die im Gartenbau modern sind, können auch auf Stoffen auftauchen – oder umgekehrt. „Gärten und Textilien sind stets unmittelbarer Ausdruck von Modeströmungen, Zeitgeist und Lebensgefühl. Sie spiegeln den Wandel des Verhältnisses von Mensch und Natur wider“, ergänzt Michaela Reichel, Direktorin des Textilmuseums. Floral gemusterte Stoffe, Gärtenpläne, historische Pflanzen- und Gartenbücher stehen einander in der Ausstellung gegenüber und zeigen, wie ähnlich sich die Konzepte teilweise sind: Im Barock zum Beispiel, wo der Mensch sich als Herrscher der Natur sieht, folgen Gartenanlagen und textile Muster deutlich sichtbar streng formalen Regeln. Um 1900 dominiert der Wunsch nach Natürlichkeit. Landschaftsarchitekten und Textildesigner erschaffen die gewünschte Version einer harmonischen, gefahrlosen und schönen Natur und verbergen die Struktur der Entwürfe hinter scheinbarem ‚Furor‘. Was vermeintlich wild und natürlich ausschaut, ist in Wahrheit strikte durchgeplant. Während im Barock Stickereien als Vorlagen für die „Parterres de Broderie“ dienen, können Gartenpläne neuerer Zeit Grundlage für neue Stoffmuster sein: „Die Arbeiten des Zürcher Landschaftsarchitekten Ernst Cramer aus der Zeit von 1950 bis1980 könnte man sich gut als Inspiration für abstrakte, zeitgenössische Textilentwürfe vorstellen“, meint Annina Weber. … vom Mittelalter bis in die Gegenwart Die Ausstellung gliedert sich entlang einer zeitlichen Achse in sieben „Gärten“, die unter den Schlagworten Nutzen & Zierde, Forschung & Ornament, Pracht & Künstlichkeit, Natur & Romantik, Prunk & Fülle, Strenge & Aufbruch sowie Form & Linie stehen. Im Mittelpunkt jedes „Gartens“ steht ein für die entsprechende Zeit typisches Textilmuster, anhand dessen die Designerin Gestaltungsprinzipien auf Stoffen, die Landschaftsarchitektin dem jeweiligen Garten nachspürt. Ringsum gruppieren sich weitere Stoffe, Bücher und Gartenansichten, die Einblick in die Fülle und Variationsbreite innerhalb einer Epoche geben. Sie belegen aber auch das Fortdauern von Stilen in späterer Zeit: So fügt sich ein Kleid von Mariano Fortuny aus der Zeit um 1910 problemlos in die renaissancezeitliche Gruppe ein, zitiert doch der Stoff das für das 16. Jahrhundert typische „Granatapfelmotiv“. Arbeiten des österreichischen Textilentwerfers Josef Frank der 1930er-Jahre lassen sich aufgrund der Art, wie Pflanzen dargestellt werden, dem Mittelalter anschliessen. Ein Modell von Mary Katrantzou aus dem Jahr 2011 fügt sich in den barocken Garten. Aber auch in der Gartenbaukunst greift man historische Vorbilder auf: So entwirft der bekannte St. Galler Landschaftsarchitekt Hermann Wartmann 1907 den Park der Villa Wahnsinn im Stil des Barocks. Dieses zeitüberspannende Wandern zwischen Gärten und Textilien macht den besonderen Reiz dieser Ausstellung aus. Eine Rose ist keine Rose Dass sich Textildesigner bei der Gestaltung der Muster viele Freiheiten herausnehmen, stellt Sophie von Schwerin bei der botanischen Bestimmung der „textilen“ Pflanzen rasch fest – eine Rose ist doch nicht immer eine Rose, lautet ihr Resümee. Darin sieht Weber die kreative Freiheit der Entwerfer, die sich aus einzelnen Versatzstücken Fantasiepflanzen schaffen oder natürliche Pflanzen unabhängig von ihrer Blütezeit kombinieren. Dennoch wirken sich Kräuterbücher wie Gart der Gesundheit von Johannes Kaub aus dem späten 15. Jahrhundert oder Philip Millers Englisches Gartenbuch jeweils auch auf das Textildesign aus. Die beiden Bände sind neben anderer wegweisender Literatur über Gärten und Pflanzen in der Ausstellung zu sehen. „Düfte sind die Gefühle der Blumen“ Wie Heinrich Heine sagt, sind Düfte die Gefühle der Blumen. Und so können in den Ausstellungsräumen die Düfte der Modepflanzen der jeweiligen Gärten gerochen werden: Erdbeeren und Lilien im Mittelalter, die Tuberose, eine der Lieblingsblumen von Louis XIV, im Barockgarten, Pfingstrosen im Reformgarten und Gräser und Gehölze im Garten der Moderne. Weg durch das Dickicht Den Weg durch das Dickicht der Textilien und Gärten planten die beiden Luzerner Szenografen Bernhard Duss und Marcel Glanzmann: Grosse Farbflächen an den Wänden bieten den auf Stoffen wuchernden Pflanzen einen idealen Hintergrund und setzen die Gartentypen durch verschiedene Farbstimmungen deutlich voneinander ab. Der Zürcher Landschaftsarchitekt Guido Hager und der australische Kostümhistoriker Peter McNeil halfen dem Team um Annina Weber inhaltlich auf dem rechten Pfad zu bleiben, ebenso wie die zahlreichen öffentlichen und privaten Leihgeber. Das Stiftsarchiv St. Gallen, das Staatsarchiv St. Gallen, die Bibliothek Vadiana/Vadianische Sammlung und das ASLA Archiv Schweizer Landschaftsarchitektur öffneten ihre Magazine und halfen, eine Auswahl zu treffen, während private Leihgeber und Designer Kostüme zur Verfügung stellten. Das Grafik-Duo Bureau Collective begoss das Projekt ebenfalls mit viel Liebe. „Sie alle gemeinsam tragen wesentlich dazu bei, dass das Lebensgefühl, das hinter den Stoffen und Gärten steht, in der Ausstellung fassbar wird“, ist sich Reichel sicher. Die Ausstellung entstand mit Unterstützung durch die IHK St. Gallen Appenzell, IHKStiftung, Stadt St. Gallen, Kanton St. Gallen und Swiss Textiles. Besonderer Dank gilt der Kulturförderung des Kantons St.Gallen/Swisslos, der Iklé Frischknecht Stiftung, der Zürcher Seidenindustrie Gesellschaft, dem Else Ruckli-Stoecklin Stiftung, Givaudan Schweiz AG und dem BSLA Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen sowie DOMUS AG und dem Hotel Einstein St. Gallen. Weitere Information erhalten Sie unter u. g. Kontaktadresse. Bildmaterial zu sämtlichen Ausstellungen finden Sie im Pressebereich unserer Homepage www.textilmuseum.ch/presse Silvia Gross Kommunikation Textilmuseum St. Gallen [email protected] 0041 (0)71 223 67 10 SERVICETEIL Furor floralis Ausstellung vom 26.8.2015 – 28.3.2016 Textilmuseum St. Gallen Vadianstrasse 2 9000 St. Gallen Tel +41 (0)71 222 17 44 [email protected] www.textilmuseum.ch Eintritt: Erwachsene CHF 12,- / Kinder bis 18 Jahre frei Öffnungszeiten: täglich 10 - 17 Uhr; Sonderöffnung und Gruppenbesuche auf Anfrage Öffentliche Führungen: Sonntag, 13.9.15/8.11.15/10.1.15 jeweils 11 Uhr Zur Ausstellung erscheint der Begleitband Furor floralis