Mietrecht: Ausserordentliche Kündigung wegen

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Mietrecht: Ausserordentliche Kündigung wegen
Mietrecht: Ausserordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückstand – Aktuelle Rechtslage
Unter besonderen Voraussetzungen kann der Vermieter das Mietverhältnis vor dem ordentlichen Ablauf bzw. vor dem ordentlichen Kündigungstermin beenden. Dies insbesondere bei Mietzinsrückständen. In der Praxis werden von Seiten der Vermieterschaft häufig Fehler formeller Natur
gemacht, was in aller Regel zur Nichtigkeit oder aber Anfechtbarkeit der
Kündigung führt. Aber auch Mieter sind gut beraten, eine Kündigung wegen Zahlungsrückstands genau auf ihre Rechtmässigkeit hin zu überprüfen. Das Mietrecht wie auch die Rechtsprechung dazu sind äusserst formalistisch und streng.
1.
Voraussetzungen
a.
Zahlungsrückstand
Zahlungsrückstand liegt bereits dann vor, wenn die Mietpartei mit der Bezahlung des Mietzinses oder aber auch nur mit der Bezahlung von vereinbarten Nebenkosten (Akonto-Zahlungen oder Pauschalen) im Rückstand ist. Dies gilt auch, wenn nur ein Teil des Betrages noch offen ist
(siehe dazu Ausführungen unter Ziff. 3. b.). Zudem muss die Forderung,
welche als Zahlungsrückstand geltend gemacht wird, fällig sein. In der
Regel ist im Mietvertrag vereinbart, dass der Mietzins jeweils im Voraus
zu entrichten ist. Dies bedeutet, dass ab dem ersten Tag des jeweiligen
Monats Zahlungsrückstand vorliegt, wenn bis dahin der Mietzins noch
nicht entrichtet worden ist. Als wichtige Ausnahme davon gelten bei der
Schlichtungsbehörde hinterlegte Mietzinse.
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b.
Ansetzung einer Zahlungsfrist und Kündigungsandrohung
Befindet sich der Mieter mit geschuldeten Mietzinszahlungen und / oder
Nebenkosten im Verzug, kann der Vermieter eine Zahlungsfrist ansetzen.
Bei Mietverhältnisse über Wohn- und Geschäftsräume beträgt diese Frist
30 Tage. Der Mietvertrag kann dafür längere Fristen vorsehen, nicht aber
kürzere. Der Vermieter kann sogar von sich aus eine längere Zahlungsfrist einräumen, ist in diesem Fall aber dann an diese gebunden. Ist durch
den Vermieter eine zu kurze Frist angesetzt worden, ist nach der Rechtsprechung des Aargauischen Obergerichts von Nichtigkeit auszugehen.
Diese Rechtsprechung ist jedoch umstritten. Dennoch ist im Zweifelsfalle
von der mieterfreundlichen Haltung der Gerichte auszugehen, was für den
Vermieter bedeuten würde, dass er eine neue, diesmal korrekte, Zahlungsfrist
anzusetzen hätte.
c.
Unterlassene Zahlung innert Frist
Die 30-tägige Frist, um den Zahlungsrückstand auszugleichen beginnt am Tag
nach Empfang der Zahlungsforderung. Es gilt die sogenannt eingeschränkte
Empfangstheorie, das heisst: für die Fälle, in denen die Zahlungsaufforderung
nicht direkt zugestellt werden kann, gilt diese erst bei Abholung am Postschalter als in Empfang genommen. Holt der Mieter die (eingeschriebene) Sendung
überhaupt nicht ab, gilt diese als am letzten Tag der 7-tägigen Abholfrist zugestellt. Dies ist sogar dann so, wenn dieser Tag auf einen Samstag oder einen
Sonntag fällt. Gleiches gilt, wenn der Mieter über ein Postfach verfügt: erst mit
der tatsächlichen Abholung am Postschalter oder dem Ablauf der Abholfrist gilt
die Sendung als zugestellt. Betreffend Zustellungsdatum ist der Vermieter beweispflichtig. Es empfiehlt sich daher, die Zahlungsaufforderung immer mittels
eingeschriebener Post zuzustellen oder sich die persönliche Übergabe visieren
zu lassen.
Die Frist gilt als eingehalten, wenn die Zahlung am letzten Tag der Frist beim
Vermieter eingeht. Bei Zahlung mittels Postanweisung oder Bankauftrag gilt
erst das Datum, an welchem die Gutschrift auf dem Konto des Vermieters eintrifft. Mit der rechtzeitigen Einzahlung am Postschalter ist die Frist jedoch ebenfalls gewahrt. Die Frist ist verpasst, wenn die Zahlung auch nur einen Tag nach
Ablauf der Frist erfolgt. Die Frist gilt auch dann als eingehalten, wenn der Mieter anstelle des verlangten und ausstehenden Mietzinses versehentlich einen
anderen, zwar fälligen, aber noch nicht abgemahnten Mietzins bezahlt. Wird in
einem solchen Fall die Kündigung ausgesprochen, ist diese ebenfalls unwirksam, das heisst nichtig.
2.
Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach Kündigungsandrohung
Für die Kündigung wegen Zahlungsrückstand ist das amtliche Formular zu verwenden. Bei einer Familienwohnung ist darauf zu achten, dass beiden Ehegatten mit separater Post das Formular zugestellt werden muss. Gleiches gilt bei
einer eingetragenen Partnerschaft.
Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von 30 Tagen auf das Ende eines jeden Monats. Bei allen übrigen
Mietverhältnissen kann absolut fristlos gekündigt werden.
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Wichtig zu wissen ist, dass die hiervor erwähnte eingeschränkte Empfangstheorie bei der eingeschriebenen Sendung, egal ob an das Postfach des Mieters
oder an dessen direkte Adresse, nicht gilt. Die Kündigung gilt an dem Tag als
zugestellt, an welchem es dem Empfänger nach dem üblichen Lauf der Dinge
zuzumuten ist, den Brief abzuholen. In der Regel ist das derjenige Tag, der
dem Tag folgt, an welchem der Abholzettel der Post in den Briefkasten des
Mieters gelegt worden ist oder aber ins Postfach gelegt worden ist. Dieses Datum ist bei eingeschriebenen Postsendungen bei der Post abrufbar
(track&trace).
Werden die Kündigungsfrist (in der Regel 30 Tage) oder aber der Kündigungstermin (in der Regel Monatsende) nicht beachtet, verschiebt sich die Wirkung
der ausserordentlichen Kündigung auf den nächstmöglichen Termin, das heisst
in aller Regel auf das nächste Monatsende. Die Kündigung bleibt aber gültig.
3.
Rechtsprechung
a.
Nichtigkeit einer Kündigung
Die Kündigung wegen Zahlungsrückstand ist immer dann nichtig, das heisst
nicht wirksam,
- wenn durch den Vermieter nicht das amtlich genehmigte Kündigungsformular verwendet wird,
- das Schreiben betreffend Zahlungsaufforderung keine Kündigungsandrohung enthält,
- der eingeforderte Mietzins nicht fällig ist,
- die Kündigung ausgesprochen wird bevor die angedrohte Zahlungsfrist abgelaufen ist (massgebend ist das auf dem Kündigungsformular gesetzte
Datum),
- die Kündigung bei Familienwohnungen nicht mit separaten Post beiden
Ehepartnern zugestellt worden ist,
- der Mieter die ausstehende Schuld innert Zahlungsfrist beglichen hat oder
aber Verrechnung erklärt mit einer Forderung, die zu Recht besteht.
In seinem jüngsten Entscheid zur Kündigung wegen Zahlungsverzug des Mieters hat das Schweizerische Bundesgericht entschieden, dass die Zahlungsaufforderung des Vermieters an den Mieter den vom Vermieter geltend gemachten
Mietzinsausstand (inkl. allfälliger Nebenkosten) genügend klar und detailliert
bezeichnen muss. Dabei ist nicht vorausgesetzt, dass der Zahlungsrückstand
genau beziffert ist; es ist jedoch erforderlich, dass der Zahlungsrückstand einwandfrei bestimmbar ist. Dies beispielsweise derart, dass der Vermieter angibt,
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welche Monatsmietzinse ausstehend sind. Der Mieter muss aufgrund der Zahlungsaufforderung ohne weiteres in der Lage sein, zu bestimmen, welche Mietzinse und allfällige Nebenkosten für welche Monate ausstehend sind. Entspricht die Zahlungsaufforderung diesen Anforderungen nicht, ist die gestützt
darauf erfolgte Kündigung ebenfalls nichtig und vom Mieter nicht zu beachten.
b.
Anfechtbarkeit der Kündigung
Die Anfechtbarkeit einer Kündigung muss klar von deren Nichtigkeit abgegrenzt
werden. Ist eine Kündigung lediglich anfechtbar, ist sie nicht per se (ohne dass
man etwas unternimmt) unwirksam. Dies bedeutet, dass der Mieter innert einer
Frist von 30 Tagen nach Erhalt der Kündigung an die zuständige Schlichtungsbehörde für Mietsachen gelangen muss, um die erhaltene Kündigung anzufechten. Ohne Anfechtbar ist eine Kündigung wegen Zahlungsrückstand dann,
wenn diese gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Dies ist
unter anderem dann der Fall, wenn der Zahlungsrückstand lediglich minimal ist
oder der Mieter den Rückstand nur ganz kurz nach Ablauf der gesetzten Frist
bezahlt hat und bis dahin den Mietzinsverpflichtungen immer pünktlich und regelmässig nachgekommen ist. Ebenso gegenüber Treu und Glauben verstösst
es, wenn der Vermieter zu lange mit der Kündigung zu wartet.
4.
Exkurs: Betreibung offener Mietzinszahlungen
Ist ein Mieter mit seinen Mietzinszahlungen im Hintertreffen, stellt sich neben
der Frage der ausserordentlichen Kündigung oft auch die Frage, was der Vermieter unternehmen kann, um zu seinem Geld zu kommen. Eine Betreibung ist
jederzeit möglich. Mit dem vom Mieter unterzeichneten Mietvertrag hält der
Vermieter einen sogenannten provisorischen Rechtsöffnungstitel in der Hand.
Dieser erlaubt es dem Vermieter gegen den Mieter eine Betreibung einzuleiten
und im Falle, dass der Mieter Rechtsvorschlag erhebt, diesen mit relativ guten
Chancen in einem Rechtsöffnungsverfahren beseitigen zu lassen. Es ist jedoch
in einem Betreibungsbegehren gegen die Mieterschaft peinlich genau darauf zu
achten, dass gegenüber dem Betreibungsamt detailliert angegeben wird, für
welche Monate der Mietzins ausstehend ist. Für den Betriebenen muss aufgrund des Zahlungsbefehls klar erkennbar sein, für welche Monate (Mietzins
und/oder Nebenkosten) er betrieben worden ist, so dass er in seiner Buchhaltung nachprüfen kann, ob die in Betreibung gesetzte Forderung allenfalls durch
ihn schon bezahlt worden ist.
24. Juli 2012
lic. iur. Stephan Hinz, Rechtsanwalt
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