Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien
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Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien
Patienteninformation Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien 1 Professor Dr. med. Helmut Kogel Abteilung Chirurgie und Gefäßchirurgie Dreifaltigkeits-Hospital Klosterstraße 31 59555 Lippstadt © Copyright 1998 · Prof. Dr. med. H. Kogel Grafik · Lutz Kogel Layout · Markus Dierkes, Vascutek Deutschland GmbH 2 Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien 3 LEITFADEN UND AUFKLÄRUNG Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, die folgende Information soll Ihnen helfen, Ihre Erkrankung, deren Behandlung sowie die Veränderung für Ihr weiteres Leben kennenzulernen. Die Information ersetzt nicht den Rat Ihres behandelnden Hausarztes, dessen Anordnungen und die nötigen medizinischen Kontrollen. Halsschlagader Bauchschlagader und Beckenarterie Beinarterie Das menschliche Gefäßsystem im Überblick 4 Arterielles Verschlussleiden der Beine Einengungen der Bauchschlagader, der Becken- und Beinarterien können zu belastungsabhängigen Schmerzen beim Gehen, der sogenannten Schaufensterkrankheit, führen. Die Hauptgefahr besteht darin, dass hochgradige Einengungen von Becken- und Beinarterien zu einem plötzlichen Gefäßverschluss führen können, der eine akute Bedrohung für das Bein, unter Umständen auch für das Leben bedeutet. Einengung der Becken- und Beinarterien Derartige Einengungen der Arterien werden durch die Arteriosklerose hervorgerufen. Durch gründliche Untersuchungen des gesamten arteriellen Gefäßsystems kann die Schwere der Durchblutungsstörung beurteilt werden. 5 Ursachen Die Einengung von Bauchschlagader, Becken- oder Beingefäßen wird durch die sogenannte Arteriosklerose hervorgerufen. Wesentliche Risikofaktoren für die Zivilisationskrankheit sind erhöhte Fettwerte (Cholesterin, Triglyzeride) und Bluthochdruck. Zuckerkrankheit und Rauchen stellen weitere Risikofaktoren dar. Eine familiäre Häufung infolge von Stoffwechselstörungen wird beobachtet. Beschwerdebild Die meisten Patienten bemerken zunehmende Schmerzen in beiden Ober- und Unterschenkeln bei immer kürzer werdenden Gehstrecken. Dies wird allgemein als sogenannte „Schaufensterkrankheit“ bezeichnet, weil nach kurzem Stehenbleiben und Erholen das Gehen meist fortgesetzt werden kann. Bei Verschlimmerung des Beschwerdebildes treten auch in Ruhe, d. h. auch nachts, Schmerzen in den Beinen auf. Bei kleinsten Verletzungen kann es zu nicht heilenden Entzündungen an den Füßen mit Schwarzfärbung der Zehen kommen. Dies ist besonders ausgeprägt, wenn komplizierend eine Zuckerkrankheit vorliegt. In diesen Fällen ist das Bein akut bedroht, und der Hausarzt ist sobald als möglich aufzusuchen. 6 Diagnosestellung Die Diagnose wird durch klinische Untersuchung mit Abtastung und Abhören der typischen Gefäßverläufe am gesamten Körper gestellt. Weiterführende Untersuchungen sind die Blutdruckmessung mit Ultraschall an Armen und Beinen, Belastungstests und Durchblutungsmessung mit speziellen Geräten. Bei Vorliegen klarer klinischer Zeichen einer Gefäßeinengung im Beckenund Beinarterienbereich kann durch Ihren behandelnden Arzt eine weiterführende Untersuchung mit Kontrastmitteldarstellung der arteriellen Gefäße veranlaßt werden. Anhand des klinischen Befundes und der Gefäßdarstellung kann ein Behandlungsplan aufgestellt werden. Zur weiteren Abklärung müssen begleitende Risiken vonseiten des Herz-Kreislaufsystems, der Lungen und der Nieren mit berücksichtigt werden. Die Untersuchungen hierzu werden meistens während eines stationären Aufenthaltes veranlasst. Da die Arteriosklerose das gesamte Gefäßsystem betrifft, wird nach zusätzlichen Arterienveränderungen wie z. B. Einengung der Halsschlagader und der Herzkranzgefäße gefahndet. Behandlungsmaßnahmen Für die Behandlung stehen im Prinzip 3 Maßnahmen zur Verfügung: 1. Eine rein medikamentöse Behandlung in Verbindung mit einem speziellen Geh- und Kollateralentraining, 2. Aufdehnen und Aufbohren von Gefäßen im Sinne einer sogenannten interventionellen Technik und 3. operative Verfahren, wie Ausschälungen von Arterien, Umleitungsverfahren (Bypass-Operation) durch körpereigenen oder Kunststoffgefäßersatz. 7 Die verschiedenen Verfahren sind in ihrer Anwendung abhängig vom Gefäßbild und dem klinischen Befund. Rein medikamentöse Maßnahmen sind auf geringe Krankheitsgrade und auf Verschlüsse in der Ober- oder Unterschenkeletage begrenzt. Sogenannte Y-Prothese als Bypass für die Beckenarterien Das Aufdehnen und Aufbohren von Arterienstrecken ist eine relativ schonende Methode, die teilweise sogar ambulant durchgeführt werden kann. In den meisten Fällen ist eine vorübergehende Phase der Beobachtung von 12 bis 24 Stunden notwendig. Operative Wiederherstellungen an der Bauchschlagader und den Beckengefäßen erfordern in der Regel einen Bauchschnitt mit oder ohne Eröffnung des Bauchfells. Bei operativer Rekonstruktion der Beinarterien werden die zahlreichen speziellen Verfahren mit Ihnen im einzelnen besprochen. 8 Nachbehandlung Nach Rekonstruktion der Bauchschlagader und der Beckenarterien ist in den meisten Fällen ein kurzer Aufenthalt auf der Intensiv-Station für 24 bis 48 Stunden notwendig. Hier erfolgt eine künstliche Ernährung über die Vene; über eine Magensonde wird Luft und Flüssigkeit abgeleitet, damit in der unmittelbaren Phase nach der Operation weder Übelkeit noch Erbrechen auftreten. Wichtig ist, dass Sie sich bemühen abzuhusten, um eine Lungenentzündung von vornherein zu verhindern. Dabei muss die frische Operationsnarbe vom Patienten durch Handauflegen oder durch einen Stützverband gesichert werden, damit die Operationswunde nicht aufreißt. Bei der Weiterbehandlung auf der Normalstation sind regelmäßige Kontrollen notwendig, um eine mögliche Nachblutung oder einen erneuten Gefäßverschluss früh erkennen zu können. Mit Hilfe medikamentöser Maßnahmen kommt das Verdauungssystem normalerweise nach 3 Tagen in Gang, so dass mit der normalen Ernährung dann begonnen werden kann. Das erste Aufstehen erfolgt nach 24 Stunden und beugt Venenthrombosen oder der Entstehung von Lungenentzündungen vor. Eingriffe an den Beinen ohne Baucheröffnung sind weniger belastend. Der stationäre Aufenthalt dauert dann ca. 12 bis 14 Tage. 9 Nachsorge zu Hause Die Erholungsphase bis zur Arbeitsfähigkeit nimmt normalerweise 8 bis 10 Wochen in Anspruch. Bis dahin stellt Spazierengehen und Gehtraining die beste Methode dar, um wieder leistungsfähig zu werden. Das Heben von schweren Lasten (mehr als 5 kg) sollte 3 Monate lang vermieden werden, um eine Narbenbruchbildung nach Eingriffen am Bauch zu verhindern. Steigende Belastung durch Treppensteigen oder beschleunigtes Spazierengehen fördert die Genesung. Bei Auftreten von Fieber über 38°C, Veränderungen der Operationsnarben, kühlen Beinen, Bein- oder Rückenschmerzen sollten Sie sofort den betreuenden Hausarzt aufsuchen. Auch bei Übelkeit, Brechreiz oder Bluterbrechen sowie Blut im Stuhl ist der Hausarzt sofort zu informieren. Bei zusätzlichem Vorliegen von Arterieneinengungen unterhalb der Leiste sollte das Abknicken der Beine, z. B. durch Hinknien oder Kreuzen der Beine im Sitzen, vermieden werden. Die von der Klinik und dem Hausarzt angeordneten Medikamente dürfen nicht selbstständig abgesetzt werden. Bei Unverträglichkeit ist der Hausarzt über eventuelle Änderungen der Medikamentenverabreichung zu befragen. 10 Folgende Risikofaktoren können Sie selbst beeinflussen: Rauchen, erhöhte Blutfette, hohen Blutdruck, Zuckerkrankheit (Diabetes), Übergewichtigkeit, mangelnde körperliche Betätigung, Stress und Alkohol. Nur durch Ihre Mitarbeit kann ein Fortschreiten des Arterioskleroseleidens gebremst werden. Eigene Puls- und Blutdruckkontrollen helfen Ihnen, Ihren Gesundheitszustand in Ruhe und bei Belastung selbst zu überprüfen. Denken Sie daran, dass die Behandlung der arteriellen Verschlusskrankheit nur einen Teil in der Behandlung des gesamten Krankheitsbildes der Arteriosklerose darstellt und Sie Ihre Lebensweise entsprechend darauf - wie vorher erwähnt - einstellen müssen. Entscheidend für Ihre Zukunft sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen, vor allen Dingen durch Ihren betreuenden Hausarzt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt. 11 Vascutek Deutschland GmbH Postfach 52 01 52 · 22591 Hamburg Tel.: 040-897133.0 / Fax: 040-897133.11 12