apoFokus - Deutsche Apotheker

Transcription

apoFokus - Deutsche Apotheker
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
> Der Anleihemarkt
> Corporate Bonds versus Staatsanleihen
> Ausblick
Ausgabe 6│2009
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG, Düsseldorf, unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn/Frankfurt.
Die in diesem apoFokus enthaltenen Informationen stellen keine Anlageberatung dar. Sie zielen nicht auf das individuelle
Anlageprofil des Empfängers ab, sondern enthalten allgemeine Informationen, die eine selbstständige Anlageentscheidung
erleichtern sollen. Mit dem apoFokus ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf verbunden.
Der apoFokus beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten. Die
vorliegende Publikation gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder. Die Inhalte sind sorgfältig recherchiert. Eine Haftung/Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann im Einzelfall aber nicht übernommen werden.
Nachdruck nur mit Genehmigung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.
2
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Inhalt
Zusammenfassung
4
Einleitung
5
Der Anleihemarkt
7
Risiko und Rendite
14
Ein Vergleich mit einem Aktieninvestment
20
Branchenbetrachtung
21
Fazit
23
3
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Anleihen stehen derzeit bei der Suche nach Rendite bei gleichzeitig guter
Sicherheit im Vordergrund. Die Zinsaufschläge von Unternehmensanleihen
(Corporate Bonds) sind historisch hoch, dies halten wir für sehr attraktiv.
Von den klassischen Staatsanleihen (Government Bonds), die nur mit einer
niedrigen Verzinsung über die Laufzeit aufwarten, verlagerte sich das Anlegerinteresse verstärkt auf die hoch rentierlichen Unternehmensanleihen. Diese
Corporate Bonds stehen unter Risikogesichtspunkten zwischen den Aktien
und Staatsanleihen. Für eine höhere Verzinsung müssen allerdings gegenüber
Staatsanleihen andere Bewertungsmaßstäbe angelegt werden.
Je höher der Anspruch des Investors nach Sicherheit, desto geringer ist in
aller Regel die erzielbare Rendite. Das individuelle Risikoprofil des Anlegers
lässt ihn unter dem Gesichtspunkt höchster Sicherheit zu Staatsanleihen
greifen, während ein risikofreudiger Investor den Renditeaspekt in den Vordergrund stellt.
Zentral ist das Rating und die Einschätzung für das jeweilige Unternehmen.
Neben den Cash-Flows und der Verschuldung sind beispielsweise die Branchenzugehörigkeit und das Management wichtige Kriterien für die Bewertung.
Noch wichtiger ist aber die Erkenntnis, dass in einem Portfolio viele Anleihen
kombiniert werden sollten, um durch Diversifikation das Risiko zu streuen.
Die Investition in ein Portfolio ist abhängig vom Risikoprofil eines Anlegers.
Der eher risikoaverse Anleger investiert sein Kapital in das Investment-Grade
Segment, der chancenorientierte Anleger bevorzugt den High-Yield Bereich.
Nachdem sich auf dem Geldmarkt kaum noch Erträge erwirtschaften lassen
und Aktien hohe Volatilitäten aufweisen, sind Corporate Bonds für den renditesuchenden Investor eher geeignet.
Ein Überblick über den Anleihemarkt und warum die Überrendite gegenüber
den Staatsanleihen gerechtfertigt ist, wird im Weiteren aufgezeigt.
4
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Einleitung
Einleitung
Die Schlagzeilen über Unternehmensanleihen der einschlägigen Wirtschaftszeitungen übertreffen sich gegenseitig: Emissionsrekord für Corporate Bonds
in 2009? Oder: Rekordmarke noch nicht erreicht – welcher Emittent im Investmentgrade Bereich schlägt die Marke von 2001?
Der aktuelle Emissionsrekord im Bereich Unternehmensanleihen mit dem
Status Investment-Grade stammt aus dem Jahr 2001 und lag bei etwa
200 Mrd. Euro. Im Jahr 2009 wurde bereits bis Juli ein Gesamtvolumen von
199,7 Mrd. Euro innerhalb dieser Ratingklassen emittiert.
Januar bis Juli
199,7
2009
123,3
133,5
2008
2006
87,2
2005
100,9
2007
126,1
2004
2003
165,3
136,4
2002
2001
200,2
Gesamt
Quelle: SocGen, UniCredit,
iBoxx. Reuters, Merryl Lynch
Die Gründe für diese Flut an Emissionen auf dem Anleihemarkt sind vielfältig.
Neben dem Ablauf von alten Unternehmensanleihen und der Suche der Unternehmen nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, sind sie bei Investoren, die neue Anlagen mit hohen Renditen und annehmbaren Risiken in den
Vordergrund stellen, fündig geworden.
Das niedrige Zinsniveau wurde, quer über alle Branchen verteilt, genutzt.
Gerade die wenigzyklische Versorgerbranche emittierte die größten Volumina.
In der nachfolgenden Grafik ist eine Aufteilung der Benchmark-Emissionen
nach Branchen aufgeführt.
Die größten Emissionen nach Branchen aufgeteilt (bis Juli 2009)
Versorger
Auto
Chemie
Einzelhandel
Gesundheit
26,4 %
14,3 %
5,1 %
3,5 %
9,2 %
Haushaltsgüter 4,0 %
Industriegüter
Öl und Gas
Telekom
Rest
8,5 %
9,5 %
9,4 %
10,1 %
Quelle: SocGen, UniCredit,
iBoxx. Reuters, Merryl Lynch
5
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Einleitung
Die hohe Nachfrage entsteht auch durch mangelnde Alternativen. Unter
vergleichbaren Chance-Risiko-Verhältnissen werden bei anderen Wertpapieren geringere Renditen erzielt oder bei vergleichbarer Rendite muss ein höheres Risiko eingegangen werden.
Die Investoren, welche bei den Neuemissionen zum Zuge gekommen sind,
behalten ihre Papiere im Portfolio. Somit ergeben sich kaum Möglichkeiten,
durch Zukauf am Markt die gleichen Konditionen zu erzielen oder wenn überhaupt, nur unter Renditeabschlägen.
Die Fonds für Unternehmensanleihen haben in den ersten sieben Monaten im
Durchschnitt eine Performance von 10,6 % erzielt. Ein Grund hierfür waren die
verbesserten Konjunkturaussichten und damit die Erleichterung, dass die
schlimmsten Befürchtungen nicht eingetreten sind.
Die Chance, dass der Emissionsboom bei Corporate Bonds weitergeht, steht
jedoch gut, da die Zinsaufschläge sich vorläufig über dem langfristigen Durchschnitt halten werden. Dies liegt daran, dass die Krise noch nicht vorbei ist
und die Unternehmen sich angesichts der restriktiven Kreditvergabe der
Banken weiter über den Bondmarkt mit Kapital versorgen müssen.
Viele Unternehmen legen sich derzeit auch ein Kapitalpolster zu, da die Krise
gezeigt hat, wie wichtig Liquidität für die Unternehmen ist.
6
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Der Anleihemarkt
Der Anleihemarkt
Der Markt
Der Anleihemarkt umfasst die Gesamtheit aller festverzinslichen Wertpapiere,
beispielsweise Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Obligationen oder andere
Rentenpapiere. In aller Regel handelt es sich bei dieser Art von Wertpapieren
um langfristige Fremdfinanzierungen von Emittenten (Schuldner). Die Aufnahme von Kapital am Anleihemarkt durch einen Emittenten ähnelt der einer
Kreditaufnahme, allerdings ohne laufende Tilgung. Der Gläubiger erhält für
sein zur Verfügung gestelltes Kapital eine festgelegte Zinszahlung pro Jahr
und am Laufzeitende sein ausgeliehenes Geld zurück.
Der Schuldner kann in dieser Zeit über das aufgenommene Fremdkapital
meist frei verfügen, um damit beispielsweise Bankkredite abzulösen bzw. über
die Laufzeit mittels Investitionen eine Rendite zu erwirtschaften, die über der
Zinszahlung liegt. Damit fungiert der Anleihemarkt als Kreditalternative für
eine Refinanzierung durch die Bank. Der Schuldner nutzt den Anleihemarkt als
weiteren Kanal zur Finanzierung und der Kapitalgeber erwirtschaftet, unter
Berücksichtigung des Chance-/Risikoverhältnisses, meist eine höhere Rendite für sein eingesetztes Geld.
Es gibt eine große Vielfalt von Anleihen, die unterschiedlich aufgebaut und
besichert bzw. unbesichert sind. Auch können innerhalb einer Anleihekonstruktion Derivate eingebettet sein.
Im Folgenden sollen jedoch nur die Staats- und klassischen Unternehmensanleihen weiter betrachtet werden.
Staatsanleihen
Ein überwiegender Teil der Refinanzierung von Staaten wird über den Anleihemarkt abgewickelt, sprich die Schuldenaufnahme wird über Staatsanleihen
finanziert. Da die Staaten mit den gesamten Steuereinnahmen für die Anleihen garantieren, besitzen die hochindustrialisierten westlichen Länder meistens ein sehr gutes Rating (AAA). Ein Rating wird von Ratingagenturen wie
Standard & Poors, Moody’s oder Fitch vergeben.
Klassische
Ein weiterer, wichtiger Teil des Anleihemarktes umfasst die Assetklasse der
Unternehmensanleihen. Die Unternehmen sammeln über die Begebung von
Anleihen frisches Kapital ein, beispielsweise für Akquisitionen, Refinanzierungen von auslaufenden Bonds bzw. Kreditablösung bei Banken oder auch zur
Liquiditätsbeschaffung für das operative Geschäft.
Unternehmensanleihen
7
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Der Anleihemarkt
Konjunkturzyklus spricht für Unternehmensanleihen
Die Konjunktur ist einem Zyklus unterworfen. Nach einem Boom und einem
Abschwung folgt eine Rezession und danach der Aufschwung. Soweit die
Theorie bzw. empirischen Erkenntnisse aus der Vergangenheit. Im Rahmen
der verschiedenen Phasen eines Zyklus wird einmal vermehrt in Aktien, ein
anderes Mal vermehrt in renditestarke Unternehmensanleihen investiert.
Unternehmensanleihen im Konjunkturmodell
Boom
Aktien
Unternehmensanleihen
Abschwung
Investitionen
führen zu
steigender
Verschuldung
Hohe
Verschuldung
+
-
-
Rezession
Aufschwung
Abbau der
Verschuldung
Gewinne
wachsen
schneller als
Verschuldungsgrad
+
+
+
Quelle: Frankfurt-Trust Asset Management
Mit der Verschuldung ist das Fremdkapital eines Unternehmens gemeint. In
der Boomphase wird stark investiert und meist durch Fremdkapital finanziert,
dadurch ist der Anstieg des Verschuldungsgrads schneller als das Gewinnwachstum. Bei abnehmender Nachfrage in einer wirtschaftlichen Abschwungphase fallen die Gewinne schneller als eine Entschuldung stattfinden kann.
Dies kann zu einer Überschuldung führen. Optimal erscheint die Investition in
Unternehmensanleihen am Ende einer Rezession bis in eine Aufschwungphase einer Volkswirtschaft bzw. Wachstumsphase eines Unternehmens in einem
Wirtschaftszyklus.
Wie sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr 2009 und im Jahr 2010 entwickeln wird, ist offen. Eine Investition in den Aktienmarkt erscheint nach dem
starken Anstieg und den immer noch revidierenden Gewinnprognosen der
Unternehmen unsicher. Eine sichere Anlage auf dem Festgeldkonto bei den
derzeitigen Zinsen spricht jedoch nicht für eine ausgeprägte Renditestrategie.
Eine Anlageidee stellt die Investition in den Corporate Bond Markt dar. Die
aktuell emittierten Unternehmensanleihen weisen eine hohe Rendite bei
überschaubarem Risiko auf. Das Umfeld niedriger Zinsen und hoher Überrenditen sprechen für ein Investment.
8
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Der Anleihemarkt
Welcher Anlegertyp bin ich?
Bevor ein Anleger ein Investment in ein Wertpapier vornimmt, sollte er sich
darüber im Klaren sein, welcher Anlegertyp er ist. Die Entscheidung für eine
Anleihe und gegen Aktien impliziert schon eine relativ konservative Anlagestrategie.
Jedoch gilt auch im festverzinslichen Wertpapierbereich ein klares Chance-/
Risikoverhältnis. Als Faustregel gilt (wie immer): Je höher die Sicherheit, desto
geringer die Rendite oder je größer die Chance, sprich der Wertzuwachs über
die Zeit, desto risikoreicher ist die Anlage.
Staatsanleihen
Wer sein Kapital in Staatsanleihen investiert, der ist vor allem auf größtmögliche Sicherheit bedacht. Bevorzugt werden Staaten mit einem dreifach
A Rating, da hier die Investoren von einer außergewöhnlichen finanziellen
Sicherheit ausgehen.
Gerade in den letzten Monaten des Jahres 2008 war die Nachfrage nach
Staatsanleihen immens. Nach der Insolvenz von Lehman Brothers und dem
Ausfall der Inhaberschuldverschreibungen der Bank war einzig und allein
Sicherheit gefragt. Die Rendite der erworbenen Staatsanleihen trat in den
Hintergrund. Allerdings profitierten die Staatsanleihen nach der Lehman-Pleite
durch die Kursanstiege überproportional und Anleger erwirtschafteten hohe
Renditen auf ihre Investments.
Unternehmensanleihen
Die Investoren, die von vornherein auf höhere Renditen abzielen, investieren
ihr Kapital in Unternehmensanleihen. Diese Anleihen zeichnen sich durch eine
höhere jährliche Zinszahlung aus. Die Rückzahlung am Laufzeitende erfolgt,
wie bei Staatsanleihen, zu 100 %.
Die grundsätzlich höhere Verzinsung ist aber auch mit einem gesteigerten
Risiko verbunden. Ein Unternehmen ist den marktwirtschaftlichen Gegebenheiten einer Volkswirtschaft unterworfen, sprich Angebot und Nachfrage nach
den Produkten oder Dienstleistungen bedingen den wirtschaftlichen Erfolg.
Je zyklischer die Branche, in dem das Unternehmen agiert, desto stärker wird
es in aller Regel von einem Wirtschaftsabschwung betroffen sein. Da eine
rückläufige Nachfrage meist mit Gewinneinbrüchen oder sogar mit Verlusten
für das Unternehmen verbunden sein kann, muss auf den gewährten Kredit
des Anleihegläubigers eine höhere Risikoprämie, sprich eine höhere Zinszahlung im Jahr über die gesamte Laufzeit vergütet werden. Hintergrund hierfür
ist die mögliche Ausfallwahrscheinlichkeit der Zinszahlung bzw. Rückzahlung
des verliehenen Kapitals.
9
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Der Anleihemarkt
Wie bewerte ich eine Anleihe?
Viele Faktoren spielen in die Bewertung einer Anleihe hinein, egal ob es sich
um Staats- oder Unternehmensanleihen handelt. Die nachfolgenden Kriterien
sollten vor einer Investition beachtet werden:
Rating
Anleihen im Investment Grade Bereich besitzen alle ein Rating. Das Rating
wird von sogenannten Rating-Agenturen erstellt. Die wichtigesten für Corporate Bonds sind Standard & Poors (S&P), Moody’s und Fitch.
Die Ratings werden in Buchstabenfolgen angegeben. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Übersicht dieser Bonitätsstufen der einzelnen Rating-Agenturen.
Tabelle der Ratings
Non-Investment-Grade (High-Yield)
Investment-Grade
Ratingagenturen
10
Bedeutung der Symbole/Emittentenrating
Moody's
S&P
Fitch
Aaa
Aa
AAA
AA
AAA
AA
A
A
A
Baa
BBB
BBB
Ba
BB
BB
B
B
B
CCC
CCC
CC
CC
C
C
R
Caa, Ca
SD
DDD, DD
C
D
1,2,3 im
Bereich
von Aa bis
Caa
+/- von
AA bis
CCC
DDD, DD,
D
+/- von
AA bis
CCC
außergewöhnliche finanzielle Sicherheit
sehr hohe finanzielle Sicherheit; etwas höher
einzuschätzende langfristige Risiken
hohe finanzielle Sicherheit; empfindlicher ggü.
unerwarteten negativen Umweltentwicklungen
angemessene finanzielle Sicherheit, fehlende
oder unverlässliche Schutzelemente
unzureichende finanzielle Sicherheit mit
spekulativen Elementen, empfindlich ggü.
negativen ökonomischen Umweltentwicklungen
schwache finanzielle Sicherheit; langfristig starke
Gefährdungselemente
sehr schwache finanzielle Sicherheit; Zahlungsfähigkeit abhängig von günstigen ökonomischen
Umweltbedingungen
sehr schwache finanzielle Sicherheit; Zahlungsfähigkeit bereits stärker eingeschränkt
extrem schwache finanzielle Sicherheit; Zahlungsschwierigkeiten
Emittent befindet sich unter behördlicher
Aufsicht, bedient aber seine Verpflichtungen
äußerst schwache finanzielle Sicherheit; einzelne
Zahlungen sind bereits im Verzug, andere können
noch geleistet werden
niedrigste finanzielle Sicherheit; Zahlungen sind
bereits eingestellt
Feinabstufungen innerhalb der Ratingkategorie
Quelle: Wieben, Hans-Jürgen (2004), DVFA, Prof. Dr. Jens Leker
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Der Anleihemarkt
Diese Agenturen „durchleuchten“ die Unternehmen und Staaten nach relevanten Kriterien. Danach geben sie ein Rating über diese Institutionen bzw.
Unternehmen heraus. Die „Benotung“ klassifiziert die Wertung der Bonität
und damit die Sicherheit des Emittenten, oder umgekehrt gesprochen, das
Rating beziffert die Ausfallwahrscheinlichkeit von Zins- bzw. Tilgungsverpflichtungen. Entsprechend den Ratings bemisst der Markt dann die Zinsauf- bzw.
Zinsabschläge auf die emittierten Anleihen.
Staatsanleihen
Die nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht, über Staaten in der Euro-Zone
und die dazugehörigen Ratings. Je niedriger das Rating eines Landes, desto
höher ist der Zinsaufschlag pro Jahr, den ein Land zu zahlen hat.
Land
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Spanien
Niederlande
Schweden
Luxemburg
Österreich
Ratingklasse
Aaa
Aaa
Aaa
Aaa
Aaa
Aaa
Aaa
Aaa
Land
Dänemark
Finnland
Italien
Portugal
Irland
Belgien
Griechenland
Ratingklasse
Aaa
Aaa
Aa2
Aa2
Aa1
Aa1
A1
Quelle: Moody’s, 27.07.2009
So musste z. B. Griechenland, gerade wegen seines A1 Ratings, einen hohen
Zinsaufschlag im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn zahlen.
Unternehmensanleihen
Bei den Unternehmensanleihen sind die Ratings weiter gestreut. Die Bewertungskriterien für die Ratingagenturen sind auch vielfältiger. Der Investor will
vor allem wissen, ob er vom Gläubiger sein eingesetztes Kapital zurückbekommt sowie seine jährlichen Zinszahlungen erhält.
Nachfolgend eine Auswahl von Kriterien, die berücksichtigt werden sollten:
>
>
>
>
Schuldenquote
Gewinnsituation
Liquiditätssituation
Branche
>
>
>
>
Wirtschaftszyklus
Margen
Zinssituation
Vermögenswerte etc.
Wie bewerte ich nun Unternehmensanleihen?
Neben dem bereits oben erwähnten Rating und der damit verbundenen Bonitätsprüfung werden im Folgenden weitere Kriterien für die Bewertung einer
Anleihe herangezogen.
Emittenten-Rating vs.
Emissions-Rating
Es existieren zwei verschiedene Arten von Ratings, zum einen das Emittentenund zum anderen das Emissionsrating. Das Emittentenrating steht für die
Fähigkeit des Schuldners, seine Zinszahlungen und Gesamtschulden zurück zu
11
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Der Anleihemarkt
zahlen (sogenanntes Counterparty-Rating). Das Emissionsrating bewertet
einen einzelnen Schuldtitel eines Emittenten. Unterschiedliche Ratings ergeben sich bei spezieller Ausgestaltung der Anleihen. In aller Regel sind sie bei
erstrangigen Anleihen gleich. Bei nachrangigen Anleihen ist die Bonitätsnote
schwächer.
Bei der Beurteilung eines Unternehmens existieren sowohl subjektive als auch
objektive Auswahlkriterien für die Bonitätseinstufung.
Subjektive Kriterien
Zu den subjektiven Kriterien zählen unter anderem die Qualität und Kontinuität des Managements, die Wettbewerbsfähigkeit und die Stellung des Unternehmens in seiner Branche bzw. die Historie.
Objektive Kriterien
Bei den objektiven Kriterien werden vor allem die finanziellen Kennzahlen
herangezogen. Zwei der wichtigsten Faktoren für die Bewertung einer Unternehmensanleihe sind die Schuldenquote und die Zahlungsströme (CashFlows). Damit lässt sich einschätzen, ob der Schuldner genügend flüssige
Mittel erwirtschaftet, um seinen Zins- bzw. letztlich seinen Tilgungszahlungen
nachkommen zu können.
Nach Abschluss der Kriterienprüfung durch die Agenturen erhält das Unternehmen ein Rating. Diese werden nach Bonität kategorisiert, zum einen in ein
Investment- und zum anderen in einen Non-Investment-Grade-Status.
Investment-Grade
Die Ratings von AAA bis BBB für Unternehmen oder Staaten gehören zum
Investment-Grade-Status. Viele Fonds, die in diese Assetklasse investieren,
haben die Auflage, nur Anleihen mit Investment Grade zu kaufen. Bei Bonitätsherabstufungen müssen sie diese Anleihen aus dem Fonds verkaufen.
Non-Investment-Grade
Alle nachfolgenden Ratings, die schlechter sind, liegen im Non-InvestmentGrade-Status. Hier existieren spezielle Fonds, die beispielsweise nur in solche
Wertpapiere investieren oder aber anderen Fonds beimischen, um die absolute Rendite zu erhöhen. Dieses Segment wird auch als High Yield bzw. Junk
Bonds bezeichnet. Die Mehrverzinsung ist deutlich höher.
Veränderungen der Ratings
Das Rating von Anleihen ist nicht statisch, es können über die Laufzeit Ratingänderungen eintreten. Dadurch können Kursveränderungen entstehen. Um
vorab diese Ratingveränderungen abschätzen zu können, werden langjährige
Statistiken geführt, die die durchschnittliche Veränderung eines Ratings über
die Laufzeit erfasst haben.
12
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Der Anleihemarkt
Veränderungsraten der durchschnittlichen Ratings über 1 Jahr
Rating
Aaa
Aa
A
Baa
Ba
B
Caa-C
Aaa
Aa
A
Baa
Ba
B
88,72 %
6,10 %
0,35 %
0,00 %
0,00 %
0,00 %
Caa-C
0,00 %
0,99 %
85,89 %
6,96 %
0,28 %
0,09 %
0,03 %
0,00 %
0,06 %
2,15 %
87,06 %
5,34 %
0,56 %
0,15 %
0,03 %
0,06 %
0,21 %
4,08 %
84,15 %
4,55 %
0,98 %
0,27 %
0,01 %
0,01 %
0,00 %
0,07 %
0,05 %
0,00 %
0,42 %
0,16 %
0,03 %
5,23 %
0,38 %
0,21 %
73,18 %
4,91 %
0,65 %
9,21 %
73,66 %
9,34 %
0,55 %
5,71 %
60,48 %
Quelle: Moody’s
Lesebeispiel
Hat ein Unternehmen beispielsweise ein Aa Rating, so hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass es mit einer Wahrscheinlichkeit von 85,89 % im Folgejahr immer noch ein Aa Rating besitzt. Die wahrscheinlichste Alternative
(6,96 %) ist die Abstufung auf das Rating A. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb
eines Jahres von einem Aa Rating auf ein Caa Rating zu fallen, liegt statistisch
gesehen hier bei Null Prozent, also ein vernachlässigbares Risiko.
Was passiert bei einem Zahlungsausfall?
Ausfall (Default)
Sollte ein Unternehmen nicht mehr in der Lage sein, den Forderungen der
Gläubiger nachkommen zu können, so wird dieser Ausfall der Zahlungsverbindlichkeiten als Default bezeichnet. In diesem Fall wird die Auszahlung der
verbliebenen Vermögenswerte, wie nachfolgend beschrieben, durchgeführt.
Senior Bonds
Die Gläubiger werden bei einer Insolvenz gemäß der Rangfolge der ausstehenden Anleihen bedient. Im ersten Rang stehen die Senior Bonds. Diese
werden als erste bei der Liquidation einer Firma bedient.
Junior Bonds/
Wenn die Senior Bonds alle zurückgezahlt sein sollten, werden aus den restlichen Vermögenswerten die Junior Bonds bedient. In aller Regel bleibt bei
diesen Nachranganleihen nur ein kleiner prozentualer Anteil von den ausgezahlten Beträgen übrig.
Nachranganleihe
Aktien
Nur wenn nach Auszahlung aller Bonds noch Vermögenswerte vorhanden
sind, wird auch anteilig an die Aktienbesitzer eine Entschädigung ausgezahlt.
Dies ist aber relativ unwahrscheinlich, da bereits die meisten Bondschuldner
nicht ausreichend entschädigt werden können.
Wie hoch ist die Ausfallgefahr?
Ausfallwahrscheinlichkeit
Um eine Ausfallwahrscheinlichkeit berechnen zu können, wird das Rating der
Agenturen zu Rate gezogen. Die Ratingagenturen stellen retrospektiv eine
Ausfallmatrix zusammen. Diese entsteht aus den historischen Ausfallraten.
13
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Risiko und Rendite
Ausfallmatrix
Rating
Aaa
Aa
A
Baa
Ba
B
Caa-C
Lesebeispiel
Default
0,00 %
0,00 %
0,03 %
0,21 %
1,27 %
4,64 %
16,11 %
Rating eingestellt
4,83 %
5,77 %
4,63 %
5,48 %
10,05 %
10,48 %
13,18 %
Quelle: Moody’s
Die Spalte Default zeigt an, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,03 % eine
Unternehmensanleihe mit einem Rating A innerhalb eines Jahres einen Default
hat. Mit dieser Wahrscheinlichkeit, die bei diesem Beispiel als sehr gering
anzusehen ist, verliert ein Anleger Geld bzw. bekommt anteilig eine Auszahlung aus den verbliebenen Vermögenswerten (sogenannte Recovery Rate).
Angesichts der aktuellen Rezession dürften die Ausfälle bei bonitätsschwachen Unternehmen allerdings zukünftig ansteigen.
Die letzte Spalte zeigt an, bei welchen Unternehmen mit einer bestimmten
Rating-Einstufung diese Bonitätsprüfung eingestellt wurde. Dies kann durch
die Agentur erfolgen, aber auch auf Verlangen des Unternehmens selbst
stattfinden. Beides ist jedoch in den meisten Fällen als negativ einzustufen.
Risiko und Rendite
Neben dem Rating von Staats- bzw. Unternehmensanleihen gibt es noch zwei
andere grundsätzliche Zusammenhänge zu beleuchten: Risiko und Rendite.
Stellschraube der Mehrverzinsung
Risiko einschätzen können
Um das Risiko besser einschätzen zu können, wird das Rating als eine Schlüsselfunktion herangezogen. Diese Bonitätseinschätzung gibt Auskunft über das
zu erwartende Risiko, sprich die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schwere
des Ausfalls einer Unternehmensanleihe.
Risikoprämie = Spread
Für die Höhe des Risikos wird am Kapitalmarkt eine dementsprechende
Prämie verlangt, d. h. im Vergleich zu einer sicheren Staatsanleihe wird ein
Zinsaufschlag (Risikoprämie = Spread) verlangt. Dieser Aufschlag wird in
Basispunkten (Bp) beziffert, d. h. 1 Bp entspricht 0,01 % und 100 Bp = 1 %.
Die Preisfeststellung (Pricing) eines Corporate Bonds orientiert sich an den
Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit. Ein Beispiel: Ist eine 5-jährige Bundesan-
14
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Risiko und Rendite
leihe (Rating AAA) mit 3,5 % jährlichem Zins ausgestattet, so wird eine
5-jährige Unternehmensanleihe mit Rating A mit einem Aufschlag von beispielsweise120 Basispunkten emittiert.
Sollte das Rating eine Stufe niedriger bei BBB liegen, könnte der Aufschlag
auf 200 Basispunkten ansteigen.
Generell gilt: Je schlechter das Rating eines Unternehmens ist, desto höher ist
die Ausfallwahrscheinlichkeit und desto höher ist der Zinsaufschlag.
Die Spread Kurve
Dieser Zusammenhang zwischen Rating und Zinsaufschlägen zeigt sich an der
sogenannten Spreadkurve. Mit zunehmender Laufzeit steigt der Spread an,
das heißt, der Spread einer 5-jährigen Laufzeit liegt unter dem Spread einer
10-jährigen Laufzeit. Der Grund ist die zunehmende Unsicherheit.
Weiterhin liegt die Spread-Kurve einer schlechteren Ratingklasse (beispielsweise BBB) über der einer besseren Ratingklasse (hier A).
Beispiel einer aktuellen Swap-
250
Spread-Kurve bei Unter-
200
Basispunkte
nehmensanleihen
BBB
150
100
A
50
AAA
0
1
2
3
4 5 6 7
Laufzeit in Jahren
8
9
10
Quelle: Reuters (Sept. 2009)
Ist die Mehrrendite adäquat?
Risikoprämie ausreichend?
Der Renditevorsprung von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen
muss ausreichend sein, um die „geringere Sicherheit“ der Corporate Bonds
adäquat auszugleichen. Es stellt sich die Frage, ob die Überrendite gegenüber
den Government Bonds ausreichend ist?
Mit Hilfe von historischen Tabellen wird die Ausfallwahrscheinlichkeit der
verschieden gerateten Unternehmensanleihen von den Ratingagenturen
aufgezeigt und berechnet, inwieweit die Überrendite für das höhere Risiko
adäquat ist.
15
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Risiko und Rendite
Nachfolgende Darstellungen zeigen die prozentuale Ausfallrate über mehrere
Jahre in grafischer und tabellarischer Form.
Kumulierte durchschnittliche Ausfallraten (Zeitraum 1981-2005)
9%
BBB
6%
3%
A
AA
AAA
0%
2
5
Zeithorizont (Jahre)
7
10
15
AAA
0,00 %
0,10 %
0,24 %
0,44 %
0,58 %
AA
0,04 %
0,29 %
0,52 %
0,81 %
1,28 %
A
0,12 %
0,59 %
1,06 %
1,83 %
2,85 %
BBB
0,76 %
2,83 %
4,15 %
5,82 %
8,32 %
Ratingklasse
Quelle: Handbucheuropäische Bondmärkte
An der oberen Grafik lässt sich ablesen, wie hoch die Ausfallrate einer BBB
gerateten Unternehmensanleihe in der Vergangenheit war und aus diesem
Ansatz wird der „notwendige“ Zinsaufschlag gegenüber einer Staatsanleihe
berechnet.
Aktuelle Zinsaufschläge von Unternehmensanleihen mit den Ratings
AA, A, BBB
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
2001
2002
AA
16
2003
A
2004
BBB
2005
2006
2007
2008
2009
Quelle: Datastream, Sept. 2009
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Risiko und Rendite
Die Überrendite beträgt bei einem A Rating im Vergleich zu einem AA Rating
aktuell 0,9 %. Mit einer BBB gerateten Anleihe kann die Mehrrendite um einen
weiteren Prozentpunkt gesteigert werden.
Der Spread eines Wertpapiers gegenüber einer Staatsanleihe schwankt je
nach Tageskurs. Maßgeblich dafür ist, neben der Wahrscheinlichkeit von Zinsoder Tilgungsausfällen, die Risikoneigung des Marktes.
Was beeinflusst die Spreads?
Spreadeinengung
Eine Spreadeinengung oder -ausweitung spiegelt sich in einem Anstieg bzw.
Rückgang des Kurses einer Anleihe wider. Bei einem feststehenden Kupon
ändert sich somit die Rendite des Wertpapiers und damit auch deren Abstand
zur Verzinsung einer Staatsanleihe.
Spreadänderungen
Weitere Veränderungen von Spreads ergeben sich unter anderem durch den
Einfluss von gesamtwirtschaftlichen Faktoren, allgemeinen Markteinflüssen
oder durch Bonitätsänderungen des Emittenten. Beispielsweise führt eine
Stabiliserung der Konjunktur tendenziell zu einer Verringerung der Spreads,
da das Risiko einer ungünstigen Ertragslage bei den Unternehmen abnimmt.
Psychologisch beeinflusste
Sollte es am Anleihemarkt aber zu einer vermehrten Risikoaversion kommen,
so geraten alle Anleihen, auch die mit einer geringen Ausfallwahrscheinlichkeit, unter Verkaufsdruck. Die in der Vergangenheit kontinuierlich geleisteten
Zins- und Tilgungsverpflichtungen beeinflussen die Abgabewilligkeit der Investoren nicht. Die Kapitalsicherung steht in einer solchen Situation im Vordergrund.
Spreadveränderungen
Liquiditätsaufschlag
Zeitweilig kann es auch zu einem Spreadanstieg kommen, sollte die Liquidität
verringert sein. Dann spricht man von einer sogenannten Liquiditätsprämie.
Generelle Einflussgrößen bei einer Anleiheinvestition, die ein
Anleger beachten muss!
Risikoarten
Wie bei allen Wertpapieren existieren auch bei Anleihen generelle Risiken, die
bei jedem Investment beachtet werden sollten. Im Folgenden werden die aus
unserer Sicht Wichtigsten kurz aufgezeigt.
Der Blickwinkel beinhaltet nur die klassischen Anleihen, das heißt keine
Anleihen mit Kündigungsrechten, mit implizierten Derivaten oder anderen
verbrieften Strukturen.
Zinsstrukturkurve
Das Verhältnis verschiedener Zinssätze zueinander bezeichnet man als Zinsstruktur. Bezüglich der Abhängigkeit des Zinssatzes von der Bindungsdauer
einer Anlage, also der Laufzeit, spricht man von einer zeitlichen Zinsstruktur.
17
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Risiko und Rendite
In einer grafischen Darstellung Zinssatz p. a. gegen Laufzeit erhält man die
Zinsstrukturkurve. Mit dem „kurzen Ende“ werden die Laufzeiten bis zu einem
Jahr bezeichnet, Laufzeiten zwischen 5 und 10 Jahren und darüber hinaus sind
das sogenannte „lange Ende“.
Zinsstrukturkurve
4%
Rendite
Zinssatz
3%
2%
1%
0%
1
2
3
4
5
6
7
Laufzeit in Jahren
8
9
10
Quelle: Reuters. Sept. 2009
Zinsänderungsrisiko
Wenn die Zinsen steigen, fallen die Anleihekurse. Sollte die Notenbank sich
veranlasst sehen, durch Inflation oder einen rasanten Wirtschaftsaufschwung,
die Leitzinsen zu erhöhen, geben die Kurse für festverzinsliche Anleihen nach.
Ein Beispiel: Bei einem zehnjährigen Marktzins von vier Prozent emittiert der
Staat eine Anleihe mit einem Ausgabekurs von 100 % und einem Festzins von
fünf Prozent. Sollte der Zinssatz am Markt auf fünf Prozent steigen, müsste
das Staatspapier um rund 10 % fallen, um den neuen Marktzins abzubilden.
Auf kurze Laufzeiten hat eine Zinsänderung kaum Einfluss, da die Anleihe am
Fälligkeitstag zu 100 % zurückgezahlt wird.
Handel von Anleihen
Anleihen werden überwiegend nicht über eine transparente Börse gehandelt,
sondern über die Handelsbücher von Brokern, dem sogenannten OTC (OverThe-Counter) Markt. Damit ist die Handelbarkeit und die Preiseffizienz eingeschränkt.
Liquiditätsrisiko
Das Liquiditätsrisiko bezeichnet den eingeschränkten Handel am Anleihemarkt, sprich die Möglichkeit zu einem zusätzlichen Kauf oder Verkauf nach
Emission der Anleihe. In vielen Fällen ist die Spanne zwischen An- und Verkaufskursen relativ hoch oder das Volumen sehr gering. Bei großvolumigen
Emissionen sind die Spreads in der Regel geringer als bei kleinvolumigen.
Daher sollte man bei einem Kauf oder bei der Zuteilung einer Anleihe während
einer Neuemission diese eher bis zur Endfälligkeit halten, also eine sogenannte Buy-and-Hold Strategie verfolgen.
18
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Risiko und Rendite
Stückelung einer Anleihe
Weiterhin werden Unternehmensanleihen in Stückelungen angeboten, meist
in 50.000 Euro Blöcken. Diese sind für Kleinanleger eher unattraktiv, da für
die Diversifikation eines Anleiheportfolios zu hohe Summen eingesetzt werden
müssten. Einzelne Emittenten wählen auch eine 1.000 Euro Stückelung, an
der sich dann auch der Kleinanleger beteiligen könnte.
Einfluss des Wechselkurses
Es besteht allerdings nicht nur die Möglichkeit im Euro-Raum Anleihen zu
erwerben, auch ein Blick über den Tellerrand nach Amerika oder in die Emerging Markets kann sich lohnen. Neben der Ausstattung einer Anleihe muss
hier allerdings auch der Wechselkurs der Fremdwährung in die Kalkulation mit
eingehen. Trotz günstigem Zinsverlauf und möglicher Kursgewinne können
diese durch einen sich negativ entwickelnden Wechselkurs aufgezehrt werden.
Einfluss der Inflation
Der wichtigste Faktor für eine Anleihe ist jedoch die Zinsentwicklung und
diese ist eng verknüpft mit der Inflation bzw. der Inflationserwartung. Da die
EZB (Europäische Zentralbank) nur der Preisstabilität verpflichtet ist, im
Gegensatz zur FED (USA), bei der auch die Konjunkturseite eine Rolle für eine
Leitzinsentscheidung spielt, steht bei der Zinsentwicklung die Veränderung
der erwarteten Inflation im Vordergrund.
Bei steigenden Inflationserwartungen wird die Notenbank die Leitzinsen
erhöhen, um die Preissteigerungen im Zaum zu halten. Durch die Verknappung des Geldangebots sinkt in der Regel die Nachfrage nach Gütern und
Dienstleistungen. Dadurch steigen die Preise weniger an und die Aufgabe der
EZB ist erfüllt.
Die Erhöhung oder Absenkung der kurzfristigen Leitzinsen durch die Notenbanken beeinflussen den Kursverlauf der Anleihen, in Abhängigkeit von der
Laufzeit der Papiere. Bei steigendem Zinssatz werden die Kurse eher fallen
und die Rendite steigen, bei fallenden Zinsen ist es umgekehrt. Dieser Effekt
nimmt mit der Laufzeit der Anleihe zu.
Kreditrisiko
Neben dem Einfluss der Zinsen spielt auch das Kreditrisiko, auch Kreditausfallrisiko genannt, eine entscheidende Rolle. Dieses Risiko bezeichnet die
Möglichkeit des Ausfalls des Kreditnehmers, sprich das Ausbleiben der jährlichen Zinszahlungen bzw. der endfälligen Tilgung. Dies soll durch die Bewertung der Rating-Agenturen quantifiziert werden. Diese Bonitätsüberprüfung
dient der Einschätzung des Ausfallrisikos des Kreditnehmers und damit dem
Schutz des Gläubigers.
19
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Ein Vergleich mit einem Aktieninvestment
Für ein niedriges Rating, sprich ein höheres Risiko für den Gläubiger, wird am
Markt immer ein Zinsaufschlag bezahlt. Damit auch Unternehmen in einer
angespannten finanziellen Lage sich Kapital am Anleihemarkt aufnehmen
können, muss die Überrendite zu Staatsanleihen dementsprechend hoch sein,
damit Anleger zugreifen.
Ein Vergleich mit einem Aktieninvestment
Dividenden vs. Kupon
Generell sind die vorgenannten Risiken nicht anleihenspezifisch, sondern
gelten in der Regel auch für Aktien. Beispielsweise können Dividendenzahlungen reduziert werden oder ganz ausfallen, entsprechend den Kuponzahlungen.
Bei einer Insolvenz haben der Inhaber von Senioranleihen und der Aktieninvestor das Recht auf den Zugriff der verbliebenen Vermögenswerte. Allerdings
wird Letzterer erst zum Schluss berücksichtigt und geht fast immer leer aus.
Handelbarkeit
Aktien werden hauptsächlich an Börsen gehandelt und damit besteht höhere
Transparenz. Bei marktengen Aktienwerten spielt ebenfalls die Geld-BriefSpanne eine große Rolle. Marktenge Werte zeichnen sich durch „Zufallskurse“
aus, d. h. meist wird zu teuer gekauft oder man erhält bei einem Verkauf für
seine Aktien nur einen Kurs mit einem Abschlag. Also auch bei Aktien können
Liquiditätsprobleme auftreten.
Zinsänderungen
Die Leitzinsen beeinflussen ebenfalls die Aktienkurse. Wird die Nachfrage
nach Gütern und Dienstleistungen durch hohe Leitzinsen gebremst und die
Unternehmen müssen Preissenkungen für eine Nachfragestimulanz durchführen, so sinken die Gewinne. Dadurch wird der Aktienkurs ebenfalls negativ
beeinflusst, da das Kurs-/Gewinn-Verhältnis der Aktie ansteigt.
Branchenspezifität
Auch externen Ereignissen kann sich der Aktienmarkt nicht entziehen.
Schwächelt ein Unternehmen innerhalb einer Branche, wird in aller Regel der
gesamte Sektor abgestuft bzw. die Kurse aller in der Branche befindlichen
Unternehmen fallen.
Gegenläufige Entwicklung
Tendenziell entwickeln sich allerdings Aktien- und Anleihekurse gegenläufig,
d. h. sind Aktien schwach, steigen meist die Kurse der Anleihen an und umgekehrt. In aller Regel sind Kursgewinne bei Aktien höher bzw. der Return auf
das eingesetzte Kapital vielversprechender. Andererseits ist bei Anleihen im
Investment-Grade Bereich positiv zu bemerken, dass in aller Regel die jährlichen Zinszahlungen sicher sind und das eingesetzte Kapital zu 100 % zurückgezahlt wird. Bei einem Aktieninvestment ist dies nicht unbedingt der Fall.
Aktien vs. Renten
20
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Branchenbetrachtung
Cash-Flows
Investitionsentscheidend bei Unternehmensanleihen sind letztlich aber die
Cash Flows, da diese für eine regelmäßige Ausschüttung der jährlichen Zinszahlungen sorgen bzw. die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals sichern. Für
die Aktien ist die Wachstumsfantasie entscheidend.
Branchenbetrachtung
Branchenauswahl
In diesem Zusammenhang spielt die Branchenauswahl eine große Rolle.
Gerade in der aktuellen Finanzkrise lassen sich die Unterschiede klar herausstellen.
Automobilsegment
Beispielsweise wurden bei Neuemissionen für 5-jährige Corporate Bonds im
Automobilsektor in 2009 Zinskupons in Höhe von 5 % angeboten. Für deutsche Staatsanleihen wurden für die gleiche Laufzeit nur 2,5 % an Ausschüttungen pro Jahr verlangt. Daraus ergibt sich eine Überrendite von 2,5 % pro
Jahr, allerdings bei geringerer Sicherheit.
Die Mehrrendite resultiert aus der Unsicherheit der kontinuierlichen Kuponzahlungen und möglicherweise zeitverzögerte Rückzahlung des Kapitals. Der
Automobilsektor kämpft mit Absatzproblemen. Ein Großteil des Kapitals ist in
den fertig produzierten, aber noch nicht verkauften, Pkw gebunden.
Da die Kapazitäten nicht rechtzeitig angepasst wurden, fehlt es den Herstellern an Liquidität, die sie versuchen, über die Banken durch Kredite oder am
Kapitalmarkt durch Ausgabe von Anleihen oder einer Kapitalerhöhung am
Aktienmarkt sicherzustellen.
Für die Kapitalbeschaffung zur Liquiditätssicherung, bis die auf Halde stehenden Fahrzeuge verkauft sind, muss für die Gläubiger eine adäquate Risikoprämie gegenüber den Staatsanleihen gezahlt werden. Dafür erhielten die
risikofreudigeren Investoren diese Mehrrendite von 2,5 %.
Pharmaindustrie
Im Vergleich hierzu stellen wir die Pharmaindustrie. Diese zeigt auch in Krisenzeiten, wie in einer Rezession, stabile Umsätze bzw. steigern diese sogar.
Dadurch erhalten die Unternehmen einen stetigen Cash Flow, was gleichbedeutend mit einem geringeren Ausfallrisiko für den Anleihegläubiger ist. Dies
zeigt sich auch in den Kupons, die die Unternehmen für eine Anleihe gleicher
Laufzeit bezahlen müssen.
Der größte Pharmakonzern der Welt, die amerikanische Pfizer will den Konkurrenten Wyeth vollständig übernehmen. Um diese Akquisition zu stemmen,
wird auch der Kapitalmarkt in Anspruch genommen. Pfizer zahlt beispielswei21
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Branchenbetrachtung
se einen Kupon von 4,75 %, allerdings für eine 7-jährige Anleihe. Im Vergleich
zum Automobilsektor ist die Mehrrendite geringer und verdeutlicht das verminderte Risiko eines Zahlungsausfalls, sowohl während der Laufzeit als auch
bei der Rückzahlung im Jahr 2016.
Eine vergleichbare deutsche Staatsanleihe würde für den gleichen Zeitraum
nur einen jährlichen Zins von etwa 2,9 % auszahlen. Hier beträgt die Mehrrendite 1,85 % pro Jahr und damit weit weniger als in der Automobilbranche.
Einzelhandel
Die Überrenditen der Unternehmensanleihen gegenüber den Staatsanleihen
gehen durch alle Branchen. Beispielsweise zahlte Metro Ende letzten Jahres
für eine Emission von 500 Millionen Euro einen festen Zinssatz von 9,375 %
pro Jahr.
Stahlsektor
Auch in der gebeutelten Stahlindustrie zeigen sich die risikoreicheren Strukturen des Geschäftsmodells. Der Stahlgigant ThyssenKrupp musste für eine
Emission im Juni 2009 einen Kupon von 8 % ausschreiben, damit die 5-jährige
Anleihe am Rentenmarkt platziert werden konnte. Da das Rating von ThyssenKrupp kurz vorher auf Baa3 – Ausblick negativ – herabgestuft wurde,
erklärt sich die hohe Zinsvereinbarung mit den Gläubigern der Anleihe.
Ratingabstufungen
Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus dem negativen Rating-Ausblick. Die
ThyssenKrupp-Anleihe ist mit diesem Rating gerade noch im InvestmentGrade-Status. Bei einer weiteren Herabstufung sinkt sie in den NonInvestment-Grade oder auch High-Yield bzw. Junk-Bond-Status herab. Sollte
dies passieren, wird bei dieser Anleihe der jährliche Kupon um 1,25 % aufgestockt.
Beim Pricing der Anleihe ergab sich durch einen Kurs von 99 eine rechnerische Rendite bei einer möglichen Abstufung von ThyssenKrupp von über 10 %,
im noch Investment-Grade-Status eine Rendite von knapp 9 %. Diese Überrendite spiegelt die weltweit hohen Überkapazitäten auf dem Stahlsektor
wieder, die auf die Verkaufspreise drücken und letztlich den Gewinn schmälern bzw. für Verluste bei ThyssenKrupp sorgen.
An diesen Beispielen ist erkennbar, wie die Branche und das Rating eines
Unternehmens die Refinanzierung verteuern oder günstig darstellen kann. In
Krisenzeiten können hohe jährliche Zinszahlungen zusätzlich belasten, ein
nicht zu unterschätzender Faktor.
22
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
Fazit
Andererseits: Kann ein Unternehmen wie ThyssenKrupp sich einen Zahlungsausfall leisten und das Risiko eingehen, dass der Kapitalmarkt für eine weitere
Refinanzierung nicht mehr zur Verfügung steht? Eher NICHT.
Fazit
Corporate Bonds zeigen ein sehr attraktives Rendite-/Risiko-Verhältnis. Die
Unternehmen suchen für ihre Refinanzierung alternative Kanäle, da die Banken eine große Risikoaversion wegen möglicher Kreditausfälle und dann
notwendiger Abschreibungen auf die Kredite zeigen.
Die attraktiven jährlichen Zinszahlungen liegen weit über den am Markt für
Festgeld, Sparanlagen oder Tagesgeldkonten erzielbaren Renditen. Im aktuellen unsicheren Wirtschaftsumfeld ist ein Investment in Aktien auch mit hohen
Risiken behaftet, da weitere Gewinnrevisionen nicht ausgeschlossen werden
können.
Wichtig bei der Beurteilung der Emittenten sind die Betrachtung der CashFlows und die aktuelle Verschuldungsrate. Kann der Aufwand für Zinszahlungen von Krediten und ausstehenden Anleihen inklusive einer Neuemission
ohne Probleme durch den Cash-Flow gedeckt werden, sind die Zahlungsströme als sicher anzusehen und das Ausfallrisiko gering.
Auch die Einschränkung auf den Investment-Grade-Status hilft, übermäßige
Risiken zu vermeiden. Im High-Yield Bereich sind zwar die Renditen höher,
aber die Ausfallwahrscheinlichkeit steigt überproportional mit an.
In der derzeit wirtschaftlich schwierigen Phase kann man mit einer ansehnlichen Rendite im Corporate Bond Bereich die Zeitspanne bis zu einem Konjunkturaufschwung überbrücken.
Allerdings sollte man auch bei dieser Assetklasse auf eine Diversifikation
achten. Neben hochrentierlichen Corporate Bonds sollte man auch Staatsanleihen beimischen, um das Risiko zu streuen.
Es gibt unterschiedliche Anlagestrategien im Fondsbereich für Corporate
Bonds.
Laufzeitfonds
Hierbei handelt es sich um eine Strategie, bei der in Unternehmensanleihen
mit einer Laufzeit von beispielsweise maximal 5 Jahren investiert wird. Der
Laufzeitfonds wird dann zu einem vorher festgelegten Stichtag abgerechnet
und das Kapital ausbezahlt. Die jährlichen Zinszahlungen können je nach
Fondsstruktur ausgezahlt oder reinvestiert werden.
23
apoFokus
apoResearch Anlageinformation
Fazit
Klassischer Corporate Bond
Fonds
Weitere Unterschiede
Bei der klassischen Variante handelt es sich um einen Investmentfonds ohne
Laufzeitbegrenzung. Die Unternehmensanleihen werden je nach Marktlage gebzw. verkauft. Mögliche Beimischungen von Neuemissionen können bei guter
Zinsausstattung die Gesamtrendite erhöhen. Die jährliche Auszahlung der
Zinsen oder Thesaurierungen der Kupons sind fondsspezifische Varianten.
Die Anlageuniversen der einzelnen Fonds dieser Assetklasse können sehr
unterschiedlich strukturiert sein.
Neben den Corporate Bonds können zusätzlich auch Staatsanleihen beigemischt oder je nach Konjunkturzyklus auch ein Übergewicht an Government
Bonds im Fonds sein. Die Kasse kann als strategisches Mittel eingesetzt
werden.
Andere Fonds dürfen einen bestimmten Prozentsatz an High-Yield Corporate
Bonds beimischen. Dies erhöht zwar die Rendite des Fonds, aber auch das
Risiko des Ausfalls der Zahlungsströme kann zunehmen.
Entscheidend für einen Investor ist vor allem sein eigenes Chance/Risiko
Profil. Für eine attraktive Überrendite muss er ein mehr an Risiko eingehen,
wie hoch dieses ist, muss jeder Anleger für sich selbst bestimmen.
Studie abgeschlossen im Oktober 2009
24
Verfasser: Dr. Uwe Färber
Unternehmensanleihen – Rendite fürs Depot
25
Deutsche Apotheker- und Ärztebank
Hauptverwaltung
apoResearch
Richard-Oskar-Mattern-Straße 6
40547 Düsseldorf
Telefon: (0211) 5998-0
Internet: http://www.apobank.de
V.i.S.d.P.:
Uwe Zeidler
Layout und Produktion:
AMPK Publikationsmanagement
Druck:
Service-Druck Kleinherne GmbH & Co. KG
Bussardweg 5
41468 N
26

Documents pareils