Winradio G315 mit Onboard-DSP und innovativen Software
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Winradio G315 mit Onboard-DSP und innovativen Software
Funk Winradio G315 mit Onboard-DSP und innovativen Software-Werkzeugen CLEMENS SEIDENBERG Die vakante Spitzenposition unter den softwaredefinierten Empfängern der Winradio-G3-Reihe wird jetzt vom G315 eingenommen. Ausgestattet mit eigenem DSP und erweiterten Softwarefunktionen stellt sich der Breitbandempfänger professionellen Aufgaben. Die Zeichenfolge G315 in der Typenbezeichnung setzt die bisherige Namensgebung des Herstellers fort [1], [11]. G3 symbolisiert die dritte Empfänger-Generation von Winradio, bei denen es sich durchweg um softwaredefinierte Radios (SDR) handelt. Die Signalverarbeitung, insbesondere die Demodulation, ist nicht Mit einem optionalen Down-Konverter wird der Frequenzbereich bis 3500 MHz erweitert [4], [5]. ■ Traditionelles Unauffällig ist das aus der Baureihe bekannte Metallgehäuse von der Größe eines Taschenbuchkrimis einschließlich Bild 1: Wellenjäger – im Antennendschungel zu Hause: WR-G315e mehr die Aufgabe einer Hardware-Schaltung, sondern wird flexibel durch spezialisierte Software ausgeführt. Gerade der professionelle Anwender kann so rasch auf aktuelle Herausforderungen mit einem Programm-Update reagieren [2], [3]. Die folgende 1 bezeichnet das Vorhandensein eines eingebauten digitalen Signalprozessors (DSP). Zeitkritische – in Echtzeit zu bewältigende – Programmanteile können in den DSP verlagert werden. Die Schwestermodelle ohne DSP sind auf die Mithilfe der vorhandenen PC-Hardware angewiesen, die in Qualität und Rechenleistung einer großen Schwankungsbreite unterliegt. Das Gütesiegel „OnboardDSP“ garantiert dagegen ein verlässliches Qualitätsniveau. Ein von rechenintensiven Aufgaben entlasteter PC kann so auch mehrere Empfänger unterstützen. Intern arbeitet der DSP in der Analog-DigitalWandlung mit einer Abtastrate von 32 kHz und einer Auflösung von 16 Bit. Ist die letzte Zahl eine 5, weist das auf ein Gerät mit breitem Empfangsspektrum hin; es reicht von 9 kHz bis zu 1800 MHz. 1172 • FA 11/07 Plastik-Schutzumschlag (alternativ gibt es auch eine PCI-Steckkartenversion). Lediglich durch ein USB-Kabel sind Empfänger und Computer verbunden; für Kabelliebhaber deprimierend wenig. Die vom Produzenten betonte Mobilität des Systems wird jedoch durch die Notwendigkeit einer eigenen Stromversorgung des Empfängers relativiert. Hierzu liegt ein solides Netzteil bei. Einschalter, eine LED zur Anzeige des Betriebszustandes und eine SMA-Antennenbuchse - mehr Schnittstellen zur Außenwelt finden sich sonst nicht. Unter der Motorhaube werkelt eine Mischung aus traditionellem Empfängerbau und den Rechenkünsten eines SDR: ein Doppel-Superhet mit einem DDS-Oszillator und einer ersten ZF bei 109,65 MHz. Danach begrenzt klassisch ein 4-poliges Quarzfilter die Bandbreite der ZF auf 20 kHz. Ein weiterer DDS-Mischer stellt die zweite, auf 16 kHz zentrierte ZF bereit. Nach deren Digitalisierung erfolgt durch den Onboard-DSP die digitale Signalverarbeitung mit Filterung und Demodulation. Über die USB-Schnittstelle erreicht das Audiosignal in digitalen Häppchen den Computer. Hier ist die Soundkarte für deren Hörbarmachung verantwortlich. Selbstbeschränkung übt man durch den einzigen Quarzfilter in der ersten ZF-Stufe. Das vom DSP theoretisch zu bewältigende Bandspektrum von 32 kHz wird nur zu etwa zwei Dritteln genutzt, was der Linearität zugute kommt und Abstimmungsproblemen im komplexen Zusammenspiel zwischen Hard- und Software bei der automatischen Verstärkungssteuerung (AGC) entgegenwirkt. Die Bewältigung spezieller Aufgaben, die eine größere Bandbreite erfordern - wie der Empfang der beliebten NOAA-Wettersatelliten - wird jedoch erschwert. Die Bandbreite reicht natürlich bei weitem nicht für das Radiohören auf UKW aus. Wer das will, muss zusätzlich die Option „FM-Wide“ ordern und leider auch bezahlen. Der Mono-Empfang wird durch die Bild 2: Spektrum-Aktivitätsanzeige bei der Frequenzsuche der gerade gestarteten Radiosonde © Box 73 Amateurfunkservice GmbH • www.funkamateur.de Funk Aktivierung einer zusätzlichen FM-Empfängerschaltung – als Radio-im-Radio – realisiert. ■ Sicherer Arbeitsplatz Professionell allürenfrei bis alltagsgrau ist die Programm-Oberfläche. Für alle Parameter finden sich mehrere Einstellungsmöglichkeiten. Je nach Geschmack ergibt sich die Wahl zwischen Tastatur-, Maus- Die Vorteile eines SDR kommen beim gezielten Herausfischen des Nutzsignals in eng belegten Utility- und Amateurfunkbändern durch flexible Bandbreiteneinstellung und grafisch unterstütztem Passbandtuning jetzt beim G315 voll zum tragen. Dank DSP ist die CPU-Belastung moderat und das Programm meist stabil. Alle Zusatzfunktionen des bei den Modellen ohne DSP nur als aufpreispflichtige Bild 3: Dreidimensionale Darstellung der Ballon-Flugbahn in Google Earth oder direkten numerischen Eingaben. Für alle, die die Dinge gerne selbst in die Hand nehmen, ist neu ein solider Abstimmkopf mit USB-Anschluss erhältlich. Integraler Bestandteil eines SDR und zentrales Anzeigeinstrument ist das Echtzeitspektrum. Beim G315 zeigt es einen 20 kHz breiten Frequenzbereich. Es ist mehr als ein reines Anzeigeinstrument, denn es dient auch als interaktives Bedienfeld und hat die Handhabung des Radios grundlegend verändert. Die Möglichkeiten, sowohl die Frequenzabstimmung durch einen einfachen Klick auf das Signal vorzunehmen als auch die Filterbreite kontinuierlich zwischen einem Hertz und 15 kHz und das Passband-Tuning – grafisch kontrolliert – anzupassen, sind jetzt – im Gegensatz zum G305 – vollständig integriert. Dass die Größe des Hauptprogrammfensters nicht skalierbar und manche Bedienungselemente bei hoher Bildschirmauflösung arg klein geraten sind, hat beinahe schon Tradition. Trotz des erreichten hohen Niveaus an Funktionssicherheit, Ergonomie und Bedienbarkeit darf man sich für kommende Generationen eine Auffrischung des Aussehens wünschen bzw. zumindest eine Möglichkeit, das vorherrschende Grau und die Fenstergröße zu modifizieren. Die Empfangsleistungen entsprechen in der Praxis dem des WR-G305 bei nominell besserer Sensivität in allen Modi und Frequenzbereichen und deutlich besserer Frequenzstabilität. Die Empfindlichkeit nimmt bei niedrigen Frequenzen etwas ab. Option erhältlichen Profidemodulators mit Test- und Messfunktionen sind vollständig integriert. Die Funktion Study erlaubt durch eine interaktive grafische Darstellung dem aktiven Demodulator bei der Arbeit quasi über die Schulter zu schauen. Erfreulich auch die Option, die ZF intern an alternative Software-Demodulatoren etwa den DRM-Decoder DReaM [6] oder die Programme des SDR-1000-Projekts [2] – weiterreichen zu können. ■ Überwachungsstation Das Haupteinsatzgebiet – heute „KillerApplikation“ genannt – ist aber die Überwachung, Analyse und Aufzeichnung von Funkaktivitäten. Durch seine Abstammung als PC-Empfänger und Aufbau als SDR mit DSP bringt das Winradio G315 ideale Erbanlagen mit. So steht praktisch unbegrenzter Speicherplatz zur Verfügung. Die Scan-Geschwindigkeit erreicht 60 Kanäle/s, steigerbar durch den Einsatz multipler Empfänger. Ergänzende Software erlaubt die Fernsteuerung und den Datenaustausch (Streaming) in einem TCP/IP basierten Netzwerk. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, stehen ausgefeilte Squelch-Einstellmöglichkeiten zur Verfügung. Fünf verschiedene, untereinander logisch verknüpfbare Rauschsperren erlauben die effektive Suche nach aktiven Kanälen. Der Squelch kann durch die Parameter Signal- und Rausch-Pegel, Anteil der Sprachfrequenzen, CTCSS- und DCS-Codierungen gesteuert werden, deren Werte simultan im Echtzeitspektrum angezeigt werden. Was sich wirklich in einem Frequenzbereich tut, kann auf mannigfache Weise untersucht, visualisiert und aufgezeichnet werden. Geleistet wird dies neben den verschiedenen, komplett konfigurierbaren Scanfunktionen durch die unter dem Hauptprogrammfenster ausklappbare (Breit-)Spektrumdarstellung. Sie bietet die innovativen Funktionen: Spektrumanalyse, Aktivitätsmonitor und SignalpegelAufzeichnung. Leider ist auch hier die Fensterdarstellung auf eine feste Pixelanzahl festgelegt. So sind die Möglichkeiten, die Aufzeichnung einer grafischen Analyse durch Zoomfunktionen zu unterziehen, nur für die dehnbare Zeitachse gegeben. Viele Funktionen sind automatisierbar und lassen sich über ein Zeitmodul nach Wunsch starten und beenden. Wer seinen Arbeitsplatz verlässt, um sich bei seinen Familienmitgliedern in Erinnerung zu Bild 4: Alternative Software wie WinRad zeigt rege 40-m-CW-Aktivität © Box 73 Amateurfunkservice GmbH • www.funkamateur.de FA 11/07 • 1173 Funk bringen, verpasst also nichts Wichtiges. Hilfreich ist dabei die Option, nicht nur das Audiosignal aufzuzeichnen, sondern auch die „rohe“ nicht demodulierte ZF. Sie kann in Ruhe untersucht und mit verschiedenen Demodulatoren wiederholt bearbeitet werden. Gerade zur Erkundung unbekannten Terrains in der weiten Welt zwischen Längst- und Zentimeterwellen finden Profis und Amateure mit den neuen Analysefähigkeiten des G315 praktische Werkzeuge. ■ In der Praxis Wie wäre es exemplarisch mit der Jagd nach Radiosonden. Sie werden von Wetterstationen weltweit regelmäßig gestartet, um bei ihrem Aufstieg in der Atmosphäre verschiedene Messwerte zu erheben und kontinuierlich zu senden. Die Steigrate der etwa 1,5 kg schweren Ballons beträgt 5 m/s [7]. Mit einer kurzen Recherche ist zwar der benutzte Bandbereich (400 bis 406 MHz) eingekreist, exakte Angaben zu Frequenzen und Zeiten finden sich jedoch nur fragmentarisch oder fehlerhaft. Eigene Untersuchungen sind erforderlich. Mit den verschiedenen Optionen der Bandspektrum-Darstellung lassen sich aktive Frequenzen aufdecken und „verdächtige“ Kanäle mit dem Aktivitätsmonitor einer näheren Analyse unterziehen und aufzeichnen. Praktische Optionen, da die digitalen Aussendungen – GFSK-Modulation mit 2400 Bit/s – allein mit dem Ohr recht schwer vom Hintergrundrauschen zu differenzieren sind (Sendeleistung der Sonden: 60 mW). Ist klar, wann und wo gesendet wird, erlaubt das G315 durch genau abstimmbare Bandbreite und ZF-Verstärkung auch im FM-Betrieb gute Empfangsergebnisse. Technische Daten (Herstellerangaben) Empfängerschaltung: Doppel-Superhet mit DDS-basiertem Oszillator und softwaredefinierter 2. ZF-Stufe und Demodulation Frequenzbereich: 9 kHz…1800 MHz (bis 3500 MHz mit optionalem Konverter) Frequenzauflösung: 1 Hz Betriebsarten: AM, AMS, LSB, USB, DSB, ISB CW, FM Optional: FMW mit FMW-Option Spiegelfrequenzunterdrückung: 60 dB (1,8…150 MHz) 50 dB (150…1800 MHz) IP3: 0 dBm@20 kHz Dynamikumfang: 90 dB Phasenrauschen: –148 dBc/Hz bei 100 kHz Scangeschwindigkeit: 60 Kanäle/s max. Frequenzabweichung: ±1 ppm Antenneneingang: 50 1 (SMA-Buchse) Bandbreite: 1…15 000 Hz, (in 1-Hz-Schritten) Schnittstelle: USB (Version 1.0 oder 2.0) Ausgang: Digitalisierte ZF und Audio-Signal über USB-Schnittstelle Hardware-Empfehlung: mindestens 1-GHz-CPU mit 256 MB RAM, Windows 2000/XP/Vista Preis: Grundgerät ca. 2600 €, FMW-Option 125 € (muss beim Kauf mitbestellt werden) ist, kann nicht nur auf virtuelle Wellenjagd, sondern mit Hilfe des Echtzeit-Trackings [9] auch auf reale WettersondenSuche gehen. Wird man nicht fündig, stehen am Ende der durch die neuen Software-Optionen unterstützten Bandanalyse doch selbstempfangene Daten, mit denen man das nächste QSO durch Bemerkungen über den aktuellen Zustand der oberen Atmosphäre bereichern kann. Wen es noch höher in den Orbit zieht, kann mit der Funktion Trace-Log den Pegel von bis zu 50 einzelnen Kanälen protokollieren. Die gerade verwendeten Frequenzen, beispielsweise im Schwarm der Orbcomm-Kommunikations-Satelliten, lassen sich so zuverlässig aufdecken. ■ Fazit Der Breitbandempfänger Winradio G315 ist weniger nur ein guter „einfacher“ Radioempfänger mit entsprechenden technischen Werten, sondern er stellt im Verbund Bild 5: Die Funktion TraceLogger offenbart die aktiven OrbcommSatelliten-Kanäle Fotos und Screenshots: Seidenberg Mit dem Programm Sondemonitor [8] können die Signale decodiert und grafisch aufbereitet präsentiert werden. Mit Hilfe der von der Sonde gelieferten GPS-Daten ist auf einer kalibrierten Karte der Flugweg bis zu ihrer Rückkehr nach Platzen des Ballons in 30 km Höhe nachzuvollziehen. Wer mit Winradio und Laptop mobil 1174 • FA 11/07 mit PC und seiner Auslegung als SDR und eigenem DSP als Gesamtsystem – assistiert durch neue Software-Werkzeuge – ein mächtiges Instrument zur Überwachung, Analyse und Aufzeichnung beliebiger Funkaktivitäten dar. Wünsche bleiben da kaum offen, bis auf einen zusätzlichen schaltbaren Antennen- eingang (Diversity-Nutzung) sowie skalier- und zoombare Programmfenster zur Erweiterung der Auswertungsmöglichkeiten. Das Gerät wendet sich vorwiegend an professionelle Anwender mit ihrem schwerlich zu befriedigenden Bedürfnis nach neuen Erkenntnissen und ihrem wiedererstarkten Interesse an der funkgebundenen Kommunikation. Natürlich bietet das Winradio G315 auch für den ambitionierten privaten Nutzer durch seine ergänzenden Fähigkeiten als Messempfänger und Experimentierplattform ein reiches Betätigungsfeld, das sich zudem durch Software-Updates noch erweitern lässt. [email protected] Literatur und URLs [1] Winradio Communications: Winradio WR-G315e Receiver (Produktinformationen des Herstellers): www.winradio.com/home/g315e.htm [2] Meyer, M., HB9BGV: SDR-1000: Eine neue Ära im Amateurfunk ist eingeläutet! (1). FUNKAMATEUR 53 (2004) H.5, S. 454–457 [3] Raban, C., DM2CQL: I/Q-Minimalsystem für 80/40 m. FUNKAMATEUR 55 (2006) H. 9, S.1040–1041 [4] Seidenberg, C.: Aufrüstung: Neues Winradio G313e verfügt über eigenen Onboard-DSP. FUNKAMATEUR 54 (2005) H.11, S.1116– 1118 [5] Seidenberg, C.: Breitbandempfänger Winradio G305 als externe Version. FUNKAMATEUR 55 (2006) H.12, S.1379–1381 [6] Open-Source DRM-Programm DReaM: DReaM DRM Receiver, Open-Source Software Implementation of a DRM Receiver under GNU General Public License (GPL). http://drm.sourceforge.net/ [7] WebSite des Radiosonden-Herstellers VAISALA: www.vaisala.com/weather/products/sounding equipment/radiosondes/rs92 [8] COAA (Centro de Observação Astronómica no Algarve): Sondemonitor from COAA (Download von Sondemonitor, 21-Tage-Testversion, danach 25 €): www.coaa.co.uk/sondemonitor.htm [9] Download von GOOGLE Earth: http://earth.google.de/download-earth.html [10] di Bene, A., I2PHD: WinRad. http://digilander. libero.it/i2phd/winrad/ [11] Deutscher Distributor: SSB Electronic GmbH, Handwerkerstraße 19, 58638 Iserlohn, Tel. (02 371) 95 90 0: www.ssb.de/amateur/products/ © Box 73 Amateurfunkservice GmbH • www.funkamateur.de winradio/winra_start.shtml