Prostatakrebs
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Prostatakrebs
Ein Engagement der betapharm Prostatakrebs Gesundheit ist unser Ziel! & Soziales Prostatakrebs & Soziales betaCare-Wissenssystem Soziallexikon Die größte Suchmaschine für Sozialfragen im Gesundheitswesen in Deutschland. 4.800 Stichwörter helfen gezielt, soziale, rechtliche und finanzielle Fragen einfach und verständlich zu beantworten. Finden Sie z.B. Antworten auf folgende Fragen: – Wie ist die Zuzahlung bei Arzneimitteln geregelt? – Wie bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis? – Welche Vorsorge kann ich treffen, für den Fall, dass ich nicht mehr selbst entscheiden kann? Patientenratgeber Die Broschüren bieten gebündelt und verständlich sozialrechtliche und psychosoziale Informationen zur folgenden Themen und Krankheiten: –Behinderung & Soziales –Brustkrebs & Soziales –Demenz & Soziales –Depression & Soziales –Epilepsie & Soziales –Migräne & Soziales – Multiple Sklerose & Soziales –Osteoporose & Soziales –Palliativversorgung & Soziales –Patientenvorsorge –Pflege – Psychosen, Schizophrenie & Soziales –Schmerz & Soziales Patientenfilme ©INFINITY_fotolia.com Zu Asthma, Brustkrebs, Darmkrebs, Demenz, Depression, Diabetes, Osteoporose, Rheuma, Schlaganfall. Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“ wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH, ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und preiswerten Qualitätsarzneimitteln. www.betaCare.de Michael Ewers Liebe Leserin, lieber Leser, der vorliegende Ratgeber „Prostatakrebs & Soziales“ thematisiert die häufigste Krebs erkrankung bei Männern. Obwohl so verbreitet, ist der Umgang damit schwierig und mit Tabus belegt, denn Prostatakrebs betrifft die Intimsphäre. Gute Informationen können den Umgang mit der Erkrankung erleichtern. Neben einem verständlichen Überblick über die Behandlung geht es vor allem um hilfreiche Informationen für den Alltag sowie um sozialrechtliche Fragen: Wie lange gibt es Krankengeld? Wie können finanzielle Engpässe überbrückt werden, wenn das Gehalt ausfällt oder die Rente nicht mehr reicht? Welche Heil- und Hilfsmittel gesteht die Krankenkasse zu? Was muss der Patient zuzahlen und wann gibt es Zuzahlungs befreiungen? betapharm setzt sich seit Jahren aktiv für eine verbesserte Versorgungsqualität im Gesundheitswesen ein. Aus diesem Engagement heraus hat sich betaCare – das Wissenssystem für Krankheit & Soziales – entwickelt, welches Antworten auf alle sozialen Fragen rund um eine Krankheit bietet. Mit herzlichen Grüßen Michael Ewers Geschäftsführer betapharm & beta Institut Weitere Informationen sowie alle bisher erschienenen Ratgeber finden Sie auch unter www.betaCare.de. Mehr über das soziale Engagement und die Produkte der betapharm Arzneimittel GmbH finden Sie unter www.betapharm.de. Impressum Herausgeber und Redaktion beta Institut gemeinnützige GmbH Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin Geschäftsführer: Michael Ewers Kobelweg 95, 86156 Augsburg Telefon 0821 45054-0, Telefax 0821 45054-9100 E-Mail: [email protected] www.betainstitut.de Text Maria Kästle Andrea Nagl Layout und Gestaltung Manuela Mahl Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung für die Angaben in diesem Werk. Alle Rechte vorbehalten © 2014 Copyright beta Institut gemeinnützige GmbH Der Ratgeber einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Reproduzierung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen oder Datenverarbeitungsanlagen. 1. Auflage, April 2014 Schutzgebühr 5,– Euro Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung________________________ 2 Prostatakrebs_________________________ 3 Kurzinfo zur Krankheit__________________ 4 Früherkennung_______________________ 5 Begleit- und Folgeerkrankungen__________ 7 Selbsthilfe__________________________ 10 Behandlung_________________________ Operation___________________________ Bestrahlung_________________________ Hormontherapie______________________ Strahlen- und Chemotherapie bei Metastasen_________________________ Alternative Therapien__________________ Abwarten und Beobachten_____________ 11 12 13 13 15 15 16 Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Absicherung_________________________ 17 Arbeitsunfähigkeit____________________ 18 Entgeltfortzahlung___________________ 19 Krankengeld_________________________ 20 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit___ 26 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld________ 28 Übergangsgeld_______________________ 28 Erwerbsminderungsrente_______________ 31 Altersrente für Schwerbehinderte________ 33 Sozialhilfe__________________________ 35 Wohngeld__________________________ 38 Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung__________________ 39 Übersicht über Zuzahlungen____________ 40 Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der Belastungsgrenze_____________________ 42 Zuzahlungsbefreiung für chronische Kranke_____________________________ 45 Hilfsmittel und Heilmittel______________ 47 Hilfsmittel bei Impotenz_______________ 48 Hilfsmittel bei Inkontinenz_____________ 49 Hilfsmittel Kostenübernahme___________ 50 Heilmittel___________________________ 51 Heilmittel Kostenübernahme____________ 53 Rehabilitation und Nachsorge__________ 55 Rehabilitation_______________________ 56 Medizinische Rehabilitation_____________ 56 Onkologische Nachsorgeleistung_________ 60 Anschlussheilbehandlung______________ 61 Berufliche Reha______________________ 63 Stufenweise Wiedereingliederung________ 64 Nachsorge__________________________ 66 Schwerbehinderung___________________ 67 Schwerbehindertenausweis_____________ 69 Grad der Behinderung_________________ 70 Merkzeichen________________________ 71 Nachteilsausgleiche___________________ 72 Partnerschaft und Sexualität___________ 77 Impotenz (erektile Dysfunktion)_________ 78 Psychoonkologie_____________________ 82 Psychotherapie_______________________ 83 Kinder krebskranker Eltern______________ 85 Ernährung, Sport und Freizeit__________ 89 Ernährung__________________________ 90 Bewegung und Sport__________________ 92 Reha-Sport_________________________ 94 Urlaub_____________________________ 95 Patientenvorsorge____________________ 99 Gründe und Argumente_______________ 101 Patientenverfügung__________________ 101 Vorsorgevollmacht___________________ 103 Betreuungsverfügung________________ 104 Formales___________________________ 105 Hilfen im fortgeschrittenen Stadium____ 107 Pflege: Hilfen der Pflegekasse im Überblick__________________________ 108 Pflegeantrag________________________110 Pflegestufen_________________________ 111 Angehörige pflegen zu Hause___________113 Hilfen bei der Pflege von außen_________117 Häusliche Krankenpflege______________ 120 Vollstationäre Pflege im Heim__________ 121 Palliativversorgung__________________ 122 Anhang____________________________ 125 Adressen___________________________ 126 Leitlinien__________________________ 127 Bücher und Broschüren_______________ 127 Impressum__________________________ 129 1 Vorbemerkung Prostatakrebs (Prostatakarzinom) ist ein bösartiger Tumor an der Prostata und die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Männern. In Deutschland erkranken etwa 70.000 Män ner pro Jahr daran. Die Betroffenen sind selten jünger als 45, mit steigendem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung zu. „Krebs“ ist immer eine bedrohliche Diagnose – auch wenn relativ viele Patienten mit Prostatakrebs geheilt werden oder aber viele Jahre damit leben können. Tatsache ist, dass jeder weiß, dass Krebs nicht immer heilbar ist. Diese Bedrohung ist real und der Umgang damit ist individuell verschieden: faktenorientiert, offensiv, kämpferisch, bisweilen mit Humor, sachlich, … jeder Mann wird seinen Weg damit finden. Dieser Ratgeber will dabei mit sachlicher Information begleiten. Die besondere Belastung bei Prostatakrebs ist, dass er den Intimbereich betrifft und dass auch die Behandlung einschneidende Folgen wie Inkontinenz, Impotenz und sexuelle Lustlosigkeit haben kann. Dieser Krebs kann deshalb auch das männliche Selbstbild, das Selbstbewusstsein, die Partnerschaft und die Familie bedrohen. Zu diesen Verunsicherungen und Belastungen kommen oft noch finanzielle, krankenversicherungs- und rentenrechtliche Fragen. Speziell hier möchte dieser Ratgeber helfen, indem er das komplizierte Sozialrecht für Betroffene verständlich erklärt. Aufgrund der unterschiedlichen Behandlungen und persönlichen Lebenssituation der Betroffenen werden nicht alle Kapitel dieses Ratgebers auf jeden Patienten zutreffen. Die Themenauswahl richtet sich danach, welche Fragen erfahrungsgemäß bei Prostatakrebs aufkommen können und welche sozialversicherungsrechtlichen Leistungen von Bedeutung sind. Aus medizinisch-therapeutischer Sicht gibt dieser Ratgeber nur einen kurzen Überblick, soweit dieser nötig ist, um die Auswirkungen der Krankheit zu verstehen. Im Kern informiert er wie alle betaCare-Ratgeber zu sozialrechtlichen und psychosozialen Themen. Betroffene und Angehörige sollten sich dabei bewusst machen, dass im Sozialrecht Formalitäten wie Voraussetzungen, Anträge und Fristen schwerwiegende Konsequenzen auf mögliche (finanzielle) Leistungen und den Versicherungsschutz haben können. Sie sind deshalb sorgfältig zu beachten. 2 ©goodluz_fotolia.com Prostatakrebs Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Folgen der Krebsbehandlung können Inkontinenz und sexuelle Probleme sein, nicht selten auch psychische Probleme. Selbsthilfegruppen sind hier hilfreiche Anlaufstellen. Viele Männer tauschen sich auch in Internetforen mit Gleichbetroffenen aus. 3 Kurzinfo zur Krankheit Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist eine kastanienförmige Drüse unterhalb der Harnblase des Mannes, die den oberen Teil der Harnröhre wie ein Ring umschließt. Die Prostata bildet ein Sekret, das einen Teil der Samenflüssigkeit aus macht. Beim Prostatakrebs verändern sich die Prostatadrüsenzellen und vermehren sich unkontrolliert. Es bildet sich ein Tumor, der das umliegende Gewebe zerstört. Diese entarteten Zellen können sich über die Blut- oder Lymphbahnen auch auf andere Organe ausbreiten und dort zu Metastasen (Tochtergeschwülste) führen. Von den Metastasen des Prostatakarzinoms sind vor allem Lymphknoten im Becken und Knochen betroffen, seltener Lunge oder Leber. Prostatatumoren wachsen in der Regel sehr langsam. Häufig sind ältere Männer davon betroffen. 4 Epidemiologie Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern. Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten in Zusammen arbeit mit dem Robert-Koch-Institut Berlin sind 2010 in Deutschland 65.800 Männer neu an Prostatakrebs erkrankt. Für 2014 wird mit ca. 70.000 Neuerkrankungen gerechnet. Die Erkrankungshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Die stark steigenden Zahlen der letzten Jahre hängen allerdings auch mit einer verbesserten Früherkennung zusammen. Ursachen Die Ursachen für Prostatakrebs sind weitgehend unbekannt. Diskutiert werden als Risikofaktoren eine erbliche Veranlagung, Umweltfaktoren und die Ernährung. Gutartige Veränderungen der Prostata oder Prostataentzündungen stellen kein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs dar. Früherkennung Für die Heilung ist es entscheidend, dass der Krebs frühzeitig erkannt wird. Eine Früherkennung ist nur durch Vorsorge untersuchungen möglich. Die Vorsorgeuntersuchungen sind deshalb unumgänglich, weil das Frühstadium der Erkrankung meist symptomlos verläuft. In manchen Fällen kann es zu Blasenentleerungsstörungen kommen. Im fortgeschrittenen Stadium engt die Prostata die Harnröhre zunehmend ein, was sich durch häufigen Harndrang vor allem nachts, Harntröpfeln und Impotenz bemerkbar macht. Wenn der Tumor außerhalb der Prostata weiter wächst, treten zudem Schmerzen im Genitalbereich auf. Oft findet sich Blut im Urin oder Sperma. Auch typische Begleitsymptome von Krebs erkrankungen wie Fieber, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Leistungsknick und ungewollter Gewichtsverlust treten häufig auf. Vorbeugende Maßnahmen sind bisher nicht bekannt. Allgemein anerkannt ist aber, dass eine gesunde Ernährung das Risiko für Erkrankungen ganz allgemein senkt (siehe S. 89). Tastuntersuchung der Prostata Die Krankenkassen bezahlen Männern ab dem 45. Lebensjahr jährlich eine Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung von Prostatakrebs. Diese beinhaltet eine Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm (digital-rektale Untersuchung, DRU). Vorsorgeuntersuchungen Männer, bei denen nahe Verwandte (auch der Mutter) Prostatakrebs hatten, sollten dies mit dem Arzt besprechen und gegebenenfalls bereits früher Früherkennungsuntersuchungen machen lassen. Bestimmung des PSA-Werts Eine weitere Vorsorgeuntersuchung ist die Bestimmung des PSA- bzw. des cPSA-Werts im Blut. PSA (prostataspezifisches Antigen) ist ein Eiweißstoff, der in der Prostata gebildet wird und im Blut nachweisbar ist. Bei Erkrankungen der Prostata (Entzündungen, gutartige Vergrößerung oder Tumor) wird dieser Stoff vermehrt ins Blut abgegeben. Ein Teil des PSA, das complexierte cPSA, ist besonders bei Prostatakrebs erhöht im Blut. Der cPSA-Test wird erst seit einigen Jahren angeboten und ist aussagekräftiger als der PSA-Test. 5 Die Kosten für die Bestimmung des PSA- oder auch des cPSAWerts im Rahmen der Früherkennung werden von den Krankenkassen nicht übernommen. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte „IGeL“, eine Individuelle Gesundheitsleistung. Das sind Diagnose- und Behandlungsmethoden, die vom Patienten privat bezahlt werden müssen, weil sie nicht zum Leistungs katalog der Krankenkassen gehören. Wenn der Arzt bei der Tastuntersuchung allerdings Veränderungen findet und für die Abklärungsuntersuchung einen PSA-Test veranlasst, dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Ultraschalluntersuchung Als ergänzende Maßnahme kann im Verdachtsfall eine trans rektale Ultraschalluntersuchung (TRUS) durchgeführt werden. Bei dieser Untersuchung wird der Ultraschallkopf in den Enddarm eingeführt. Dadurch können Veränderungen des Prostatagewebes festgestellt werden. Biopsie Im Verdachtsfall veranlasst der Arzt außerdem eine Biopsie. Bei einem kleinen operativen Eingriff wird Gewebe aus verschiedenen Prostatabereichen entnommen und anschließend in einem medizinischen Labor untersucht. Der Eingriff erfolgt meist unter örtlicher Betäubung. Diskussion Unumstritten ist, dass Männer Früherkennungsuntersuchungen wahrnehmen sollten. Umstritten ist allerdings in Fachkreisen der tatsächliche Nutzen der gängigen Tastuntersuchung und der PSA-Wert-Bestimmung. Bei der Tastuntersuchung können Tumore je nach Lage gar nicht erkannt werden. Die PSA-Untersuchung ist umstritten, weil hohe Werte auch „blinden Alarm“ auslösen können oder die Werte niedrig sind, obwohl ein Tumor vorhanden ist. Dennoch lässt sich festhalten, dass eine teilweise zielführende Vorsorgeuntersuchung wohl immer noch besser ist als keine. Praxistipps! Der Krebsinformationsdienst (KID) gibt interessierten Männern hierzu viele Informationen und auch Entscheidungshilfen unter www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/prostatakrebs/ psa-test-frueherkennung.php. 6 Ausführliche Informationen und Entscheidungshilfen zur Früherkennung von Prostatakrebs bietet auch die Patientenleitlinie, siehe S. 127 Begleit- und Folgeerkrankungen Durch die Behandlung von Prostatakrebs können sowohl körperliche wie auch psychische Begleit- und Folge erkrankungen auftreten. Folgen einer Operation sind z. B. Inkontinenz, Impotenz oder Lymphödem. Ursache für die Inkontinenz ist das Versagen des Verschlussmechanismus am Blasenausgang. Konsequentes und gezieltes Beckenbodentraining oder eine Elektrostimulationstherapie können diese Störung in vielen Fällen beheben, so dass der Patient die Kontrolle über seine Ausscheidungen wiedererlangt, Näheres siehe ab S. 49. Inkontinenz Sollte Training und Stimulation nicht den gewünschten Erfolg bringen, kann auch mit operativen Maßnahmen eine Besserung erreicht werden. Nähere Informationen geben der behandelnde Arzt oder Selbsthilfegruppen (Adressen siehe S. 126). Eine Erektion ist ein komplexer Vorgang, bei dem Sinnesreize und Körperfunktionen nahtlos zusammenwirken müssen. Ausgang ist immer ein sexueller Reiz, der im Gehirn des Mannes wahrgenommen wird. Was als erotischer Reiz angesehen wird, ist individuell sehr unterschiedlich. Ein attraktiver Anblick, aber auch Berührungen, Gerüche oder Musik können die Fantasie beflügeln. Impotenz Nimmt das Gehirn einen sexuellen Reiz wahr, sendet es durch Nervenimpulse anregende Signale über das Rückenmark zum Penis. Dieser schwillt dann in einem Wechselspiel zwischen Blutzufuhr und -abfuhr an. Es entsteht eine Erektion. Eine Störung dieses Ablaufs kann zu einer Impotenz (erektile Dysfunktion [ED]) führen. Dies kann körperliche oder/und psychische Ursachen haben. Körperliche Ursachen, die durch die Behandlung von Prostatakrebs bedingt sein können: • Schädigung im zentralen oder peripheren Nervensystem (neurogene Ursache) • Schädigung bei Blutzufuhr oder Blutabfluss (vaskuläre Ursache) • Hormonstörung (endokrine Ursache) 7 Durch Operationen an der Prostata können die Erektionsnerven oder die Blutgefäße entfernt oder geschädigt werden. Dadurch kann es vorübergehend zu einer Impotenz kommen. Bei der Entfernung der Erektionsnerven ist sie allerdings dauerhaft. Empfindungen, Lust und Orgasmusfähigkeit bleiben jedoch erhalten. Infolge einer Hormonbehandlung wird das Testosteron unterdrückt – Testosteron ist jedoch maßgeblich für den sexuellen Reiz und die Erektionsfähigkeit verantwortlich. Bei einer psychischen Ursache werden bei der Wahrnehmung eines sexuellen Reizes mehr erektionshemmende als erektions fördernde Nervensignale erzeugt. Psychische Ursachen können z. B. sein: • Angst vor der Behandlung, einem Wiederauftreten der Tumors • Angst um den Arbeitsplatz, finanzielle Probleme •Partnerschaftsprobleme • Erschöpfung, Niedergeschlagenheit • Versagensängste, unrealistische Erwartungen •Depressionen • Angst vor dem Tod Prostatakrebs ist eine lebensgefährliche Erkrankung und der Umgang damit verlangt dem Mann und der Partnerin einiges ab. Diese psychische Belastung kann allein oder zusammen mit körperlichen Ursachen eine ED verursachen, verstärken oder verlängern. Nähere Informationen zu den Auswirkungen von Impotenz auf Partnerschaft und Sexualität, zum Umgang damit und zu den Behandlungsmöglichkeiten siehe S. 77. Lymphödem Nach einer Krebsoperation oder Bestrahlung kann es zu einem Lymphödem in den Beinen oder im Hoden kommen. Bei einem ausgeprägten Lymphödem ist dauerhaft eine Komplexe Physi kalische Entstauungstherapie (KPE) nötig (siehe S. 52). Lymphödeme können schmerzen und die Lebensqualität massiv beeinträchtigen – dies ist aber, von verschwindend wenigen Ausnahmen abgesehen, nur der Fall, wenn das Ödem nicht kontinuierlich und richtig behandelt wird. Lymphexperten beklagen allerdings, dass bei Ärzten und Therapeuten oft das Spezialwissen für die richtige Therapie fehlt. Wenn sich ein Lymphödem nach längerer Behandlung nicht bessert oder wenn ein Arzt keine Behandlung verschreiben möchte, sollten Betroffene um die Überweisung zu einem Spezialisten bitten. 8 Ursache und Folgen Ein Lymphödem ist ein Stau von Lymphflüssigkeit. Das Lymph system ist ein über den ganzen Körper verteiltes System von Kanälen und Lymphknoten, das Lymphflüssigkeit, aber auch Erreger, Eiweiß und Stoffwechselreste von außen (Hände, Füße) nach innen transportiert. Das Lymphgefäßsystem mündet in der Nähe des Herzens in das Venensystem. Lymphknoten sind zentrale „Kreuzungen“ im Lymphsystem. Wenn sie nicht mehr vorhanden sind oder nicht mehr richtig funktionieren, kommt der Abtransport der Lymphe in den Bereichen vor dieser Kreuzung ins Stocken. Bei einer Prostatakrebsoperation werden Lymphknoten im Becken entfernt, wenn sie von Tumorzellen befallen sind. Bei einer Bestrahlung kann es sein, dass nahegelegene Lymphknoten und Lymphbahnen durch die Strahlen mit betroffen und beschädigt werden. Die Lymphe staut sich dann und das Bein oder die Beine vor der beschädigten Region oder der Hodensack schwellen an. Weil es sich um eine Folge der Operation oder Bestrahlung handelt, spricht man von einem „sekundären“ Lymphödem. Anfangs ist die Schwellung blass und weich. Ein Fingerdruck tut nicht weh, hinterlässt aber eine Delle. Das Bein fühlt sich oft schwer an, die Beweglichkeit wird im Verlauf immer mehr eingeschränkt. Im fortgeschrittenen Stadium wird die Schwellung immer dicker, das Gewebe infolge von Ablagerungen immer härter, und der Patient bekommt Schmerzen. Zudem erhöht sich die Gefahr von Entzündungen selbst bei kleinen Verletzungen. Wenn Patienten mit Lymphödem Veränderungen bemerken, z. B. Verhärtungen oder Rötungen, sollten sie immer sofort einen Arzt aufsuchen. Weitere Patienteninformationen, auch Adressen von speziell fortgebildeten Therapeuten, bietet der Fachverband Lymphologicum unter www.lymphologicum.de/patienten.html. Informationen zur Lymphdrainage siehe S. 52. Eine Chemotherapie wird in der Regel begleitet von Übelkeit, Erbrechen, starker Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue) und Haarausfall. Fatigue bezeichnet den absoluten Erschöpfungszustand bei Krebs patienten. Anders als bei üblicher Müdigkeit kann Fatigue nicht durch Schlaf und Erholung überwunden werden. Typische Merkmale sind eine anhaltende körperliche und seelische Erschöpfung und Abgeschlagenheit trotz ausreichender Schlafphasen, schnelle Überforderung, Reizbarkeit und Interesselosigkeit. Fatigue 9 Haarausfall Die meisten Patienten leiden während einer Chemotherapie unter teilweisem oder vollständigem Haarverlust. Etwa 4 Wochen nach Ende der zytostatischen Therapie wächst das Haar wieder nach. Aber nicht alle Medikamente, die für eine Chemotherapie eingesetzt werden, führen zu Haarausfall. Die Kosten für Perücken übernehmen die Krankenkassen bei Männern nur in Ausnahmefällen, z. B. bei entstellenden Ver änderungen der Kopfhaut. Psychische Beeinträchtigungen Auch psychische Beeinträchtigungen wie Stimmungs schwankungen, Verzweiflung, Ängste, Niedergeschlagenheit, Verlust des Selbstwertgefühls oder ein sozialer Rückzug können Folgen der Krebserkrankung bzw. deren Behandlung sein. Näheres siehe S. 83. Selbsthilfe Vielen Männern fällt es sehr schwer, über die Auswirkungen der Krankheit bis hin zum Sexualleben mit anderen Menschen zu sprechen. Es ist aber wichtig, dass die Betroffenen sich nicht zurückziehen, nicht gesellschaftlich und schon gar nicht innerhalb der Familie und im Freundeskreis. Besonders hilfreich kann der Kontakt zu Gleichbetroffenen über Selbsthilfegruppen und -verbände sein, da das Wissen um die „Gleich-Betroffenheit“ des Gegenübers eine besondere Vertrauensbasis bildet. Der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe, der Austausch über Medikamente und deren Nebenwirkungen, über Therapien und den Alltag mit der Erkrankung hilft vielen Betroffenen. Eine Alternative zu Selbsthilfegruppen vor Ort sind Internetforen für Patienten, wo Männer die Möglichkeit haben, anonym zu bleiben. Adressen zu Gruppen und Foren siehe S. 126 10 ©Xuejun li_fotolia.com Behandlung Art und Stadium des Tumors, das Alter des Patienten sowie dessen individuelle Bedürfnisse sind bei der Auswahl der Therapieform maßgeblich. Selbstverständlich kann hier keine Empfehlung für die eine oder andere Therapieart gegeben werden. Arzt und Patient sollten immer die individuellen Möglichkeiten besprechen und gemeinsam entscheiden. 11 Manchmal ist die Kombination aus mehreren Therapien sinnvoll. Einen Überblick über die verschiedenen Therapien bieten auch die Patientenverbände bzw. die regionalen Selbsthilfegruppen (Adressen siehe S. 126). Im Wesentlichen unterschieden werden 3 Stadien des Tumors: • Lokal begrenzter Tumor: nur in der Prostata • Lokal begrenzt, aber bereits über die Prostata hinaus gewachsen • Metastasen: Absiedelung des Tumors in andere Körperregionen Operation Die Therapie der Wahl im Frühstadium ist die Entfernung der Prostata durch Operation (Prostatektomie). Auch die Lymphknoten im Becken werden dabei teilweise entfernt. Es gibt verschiedene Operationsmethoden. Voraussetzung für eine Operation ist, dass der Tumor auf die Prostata beschränkt ist und keine Tochtergeschwülste (Metastasen) gebildet hat. Nebenwirkungen der Operation können Harninkontinenz (niedriges Risiko, siehe S. 7) und Verlust der sexuellen Potenz (Risiko recht hoch, siehe S. 7) sein. Um diese Risiken zu senken, gibt es eine „nervenschonende“ Operationsmethode, bei der aber die Gefahr besteht, dass die Tumorzellen nicht komplett entfernt werden. Über die geeignete Operationsmethode müssen Arzt und Patient miteinander entscheiden. 12 Bestrahlung Die Strahlentherapie (Radiatio) kann sowohl von außen als auch von innen erfolgen. Die Strahlung hat das Ziel, die Krebszellen zu zerstören. Die externe (perkutane) Strahlentherapie wird in der Regel in einem ambulanten Therapiezentrum durchgeführt. Für diese Therapie ist keine Betäubung erforderlich. Im Normalfall wird der Patient 5 Mal pro Woche etwa 7–9 Wochen lang behandelt. Externe Strahlentherapie Bei der inneren Strahlentherapie (Brachytherapie) wird radioaktives Material in die Prostata eingebracht. Innere Strahlentherapie Es gibt zwei Möglichkeiten: • LDR-Brachytherapie (low-dose-rate = niedrig dosiert): Seeds (wenige Millimeter große, radioaktiv geladene Metallstifte) bleiben dauerhaft in der Prostata. • HDR-Brachytherapie (high-dose-rate = hoch dosiert): Hoch dosiertes radioaktives Material wird nur für eine jeweils vorausberechnete Dauer in die Prostata eingebracht. „Afterloading“ ist der Fachbegriff für diese Methode, die auch mit anderen Therapien kombiniert werden kann. Die Kostenübernahme für die innere Strahlentherapie ist im Voraus mit der Krankenkasse zu klären. Hormontherapie Prostatakrebs ist häufig – nicht immer – hormonabhängig. Vor allem das männliche Sexualhormon Testosteron be günstigt das Krebswachstum. Der Entzug oder die Blockade von Testosteron kann den Krebs zwar nicht heilen, aber unter Umständen sein Wachstum bremsen und damit die Lebens zeit verlängern. Eine Hormontherapie kann auch das Wachs tum von Metastasen an anderen Stellen im Körper bremsen. Es gibt mehrere Arten von Hormontherapien: • Unterdrückung der Testosteronproduktion (Kastration) Die geschieht heute meist chemisch durch Gabe von Medikamenten, die verhindern, dass der Körper Testosteron produziert. Nur noch selten erfolgt die chirurgische Kastration durch die operative Ausschälung der Hoden (Orchiektomie). 13 • Unterdrückung der Testosteronwirkung Eingesetzt werden sogenannte Antiandrogene (Mittel, die gegen männliche Hormone wirken). Sie verhindern, dass das Testosteron das Tumorwachstum fördert, aber der Testosteronspiegel im Blut ist normal. •Die maximale Androgenblockade (MAB) ist die Kombination der beiden vorgenannten Methoden. Sie ist wirkungsvoller, aber auch nebenwirkungsreicher. Allerdings verliert der Hormonentzug nach etwa 2 Jahren seine Wirkung, weil Krebszellen mit der Zeit hormonunempfindlich werden. Nebenwirkungen Therapieansatz 14 Nebenwirkungen infolge des Testosteronentzugs können z. B. starkes Schwitzen, Gewichtszunahme, Muskelabbau, depressive Stimmungsveränderungen, Impotenz und wenig bis kein sexuelles Interesse sein. Bei Gabe von Antiandrogenen treten weniger Nebenwirkungen auf, am häufigsten ist hier ein Brustwachstum. Früher wurden Hormontherapien nur durchgeführt, wenn der Krebs bereits fortgeschritten war. Heute werden sie in verschiedenen Situationen eingesetzt – die Entscheidung ist individuell zu treffen: •Als alleinige Therapie beim lokal begrenzten Tumor wird die Hormontherapie empfohlen, wenn der Mann nur noch eine geringe Lebenserwartung oder schwere Begleiterkrankungen hat. • Bei fortgeschrittenen Stadien mit Metastasen kann die Hormontherapie alleinig oder unterstützend (adjuvant) eingesetzt werden. •Eine neoadjuvante Therapie wird etwa 3 Monate lang vor einer Behandlung eingesetzt, am ehesten vor einer Bestrahlungstherapie. •Eine adjuvante Therapie wird häufig während oder nach einer Bestrahlung eingesetzt, seltener nach einer Operation. •Eine intermittierende Therapie (regelmäßige Unterbrechung der Behandlung soll die Nebenwirkungen phasenweise lindern und verhindern, dass die Krebszellen nicht mehr auf die Hormontherapie ansprechen. Strahlen- und Chemotherapie bei Metastasen Metastasen werden üblicherweise durch lokale Strahlen therapie oder die Gabe von radioaktiven Substanzen in die Knochenmetastasen behandelt. Auch kann versucht werden, Tochtergeschwülste mittels Zytostatika (Chemotherapie) zu zerstören. Eine Chemotherapie wird in der Regel begleitet durch Übelkeit, Erbrechen, starke Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue, siehe S. 9) und Haarausfall (siehe S. 10). Alternative Therapien Alternative Therapien können durchaus wirksam sein, sie sind aber noch nicht ausreichend erprobt und deshalb nicht Teil der offiziellen Leitlinien für die Prostatakrebs behandlung. Ultraschallwellen entwickeln im Tumor eine Hitze von 90–100° C. Durch diese Hitze wird das Prostata- bzw. Krebsgewebe zerstört. Die Reste werden vom Körper abgebaut. Das Impotenzrisiko liegt im mittleren Bereich und eine dauerhafte Inkontinenz ist eher selten. Der Ultraschallkopf wird durch den Darm eingeführt, im Allgemeinen ist nur eine Behandlung notwendig. Deshalb ist der HIFU nicht sehr belastend für den Patienten und kann auch bei älteren, an weiteren Krankheiten leidenden Patienten eingesetzt werden. Hochintensiv fokussierter Ultraschall (HIFU) Die Kostenübernahme ist im Voraus mit der Krankenkasse zu klären. Kryotherapie ist die Anwendung extremer Kälte („gefrieren“), um Zellen zu zerstören. Diese recht junge Methode ist nur bei örtlich begrenztem Tumor eine Behandlungsalternative. Durchgeführt wird die Kryotherapie bei Prostatakrebs unter Vollnarkose von Urologen oder Radiologen unter Aufsicht eines Anästhesisten. Häufige Nebenwirkung ist eine Impotenz. Kryotherapie Die Kostenübernahme ist im Voraus mit der Krankenkasse zu klären. 15 Abwarten und Beobachten Abwarten und Beobachten ist zwar keine Therapie, sondern ein Verschieben bzw. Umgehen einer Therapie, kann aber insbesondere bei älteren Patienten in Absprache mit dem Arzt die beste Möglichkeit sein. Folgende Aspekte werden dabei in der Regel abgewägt: • Patient hat einen schlechten Allgemeinzustand und die Therapie wäre zusätzlich belastend. • Niedrige Hormonaktivität. • Der Tumor verursacht keine Beschwerden. • Der Tumor ist klein, auf die Prostata beschränkt und wächst nur langsam. Beim „Abwarten“ wird die Tumorentwicklung durch regelmäßige Kontrollen überwacht. Im Bedarfsfall kann dann immer noch eine geeignete Therapie erfolgen. 16 ©Bernd Leitner_fotolia.com Arbeitsunfähigkeit und finanzielle Absicherung 17 Arbeitsunfähigkeit Bei Patienten mit Prostatakrebs, die im Berufsleben stehen, kann eine Krankschreibung erfolgen. Die Arbeitsunfähigkeit hängt sehr stark davon ab, in welchem Stadium der Krebs festgestellt wurde und wie intensiv die Behandlung erfolgt. Definition „Arbeitsunfähigkeit“: Arbeitsunfähigkeit (AU) ist ein durch Krankheit oder Unfall hervorgerufener regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, aufgrund dessen der in der Krankenversicherung Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit nicht oder nur unter Gefahr der Verschlimmerung des Zustands weiter ausüben kann. Die Arbeitsunfähigkeit (AU) ist Voraussetzung für Entgelt fortzahlung und Krankengeld. • Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die AU und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. • An die Krankenkasse muss die AU spätestens nach einer Woche gemeldet sein. Praxistipp! Für einen späteren Anspruch auf Krankengeld ist es wichtig, auf eine lückenlose Krankschreibung durch den Arzt zu achten. Der Anspruch entsteht erst einen Tag nach der ärztlichen Feststellung der AU. Spätestens am letzten Tag der Krankschreibung muss deshalb beim Arzt ein neues Attest ausgestellt werden. Auch das Wochenende zählt bei der Berechnung mit. Ist das ärztliche Attest beispielsweise bis Freitag gültig, ist spätestens an diesem Freitag der Arzt aufzusuchen. Ein Arztbesuch am Montag ist zu spät, denn unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. einer Kündigung vom Arbeitgeber, kann der Anspruch auf Krankengeld durch eine lückenhafte Krankschreibung verloren gehen. 18 Arbeitsunfähigkeit: Welche Hilfen greifen wann? Nachfolgend eine vereinfachte grafische Darstellung, welche Hilfen greifen (können), wenn ein Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig ist. Arbeitsunfähigkeit (Krankmeldung) – Seite 18 Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber (in der Regel 6 Wochen) – Seite 19 Krankengeld von der Krankenkasse (bis max. 78 Wochen) – Seite 20 Aussteuerung aus der Krankenkasse – Seite 25 Erwerbsminderungsrente Seite 31 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Seite 26 Medizinische Rehabilitation Seite 56 Berufliche Reha – Seite 63 Übergangsgeld – Seite 28 Entgeltfortzahlung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten alle Arbeit nehmer, auch geringfügig Beschäftigte, unabhängig von der wöchentlichen Arbeitszeit, sofern sie ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis von 4 Wochen haben. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden. Die gesetzliche Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung beträgt 6 Wochen und wird in Höhe von 100 % des üblichen Arbeitsentgelts bezahlt. Falls während einer Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, verlängern sich die 6 Wochen Entgeltfortzahlung nicht. Falls der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung leistet und die Krankenkasse noch nicht zahlt, keine Einkünfte oder kein verwendbares Vermögen zur Verfügung stehen, ist es sinnvoll, sich bezüglich finanzieller Hilfen an das Sozialamt oder die Agentur für Arbeit zu wenden. Wenn gesetzlich pflichtversicherte Patienten über die Zeit der Entgeltfortzahlung hinaus krankgeschrieben sind, bekommen sie Krankengeld. 19 Krankengeld Gesetzlich pflichtversicherte Patienten, die länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind oder während der Arbeitsunfähigkeit ihren Arbeitsplatz verlieren, erhalten Krankengeld von der Krankenkasse. Voraussetzungen Das Krankengeld ist eine sogenannte Lohnersatzleistung, d. h. es wird nur gezahlt, wenn nach 6 Wochen kein Anspruch (mehr) auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. Weitere Voraussetzungen sind: • Versicherteneigenschaft zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit. • Arbeitsunfähigkeit aufgrund Krankheit oder stationäre Behandlung in Krankenhaus, Vorsorge- oder Reha-Einrichtung auf Kosten der Krankenkasse. • Es handelt sich immer um dieselbe Krankheit bzw. um eindeutige Folgeerkrankungen derselben Grunderkrankung. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit auf, verlängert sich die Leistungsdauer dennoch nicht. Anspruch auf Krankengeld Kein Anspruch Anspruch auf Krankengeld entsteht: • bei Krankenhausbehandlung mit der stationären Aufnahme im Krankenhaus bzw. in Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen. • bei Arbeitsunfähigkeit mit dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben: • Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie zur Berufsfindung und Arbeitserprobung, die nicht nach dem Bundesversorgungsgesetz erbracht werden; Ausnahme bei Anspruch auf Übergangsgeld (siehe S. 28). •Familienversicherte. • Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente, Erwerbsunfähigkeitsrente, einer Vollrente wegen Alters, eines Ruhegehalts, eines versicherungspflichtigen Vorruhestandsgehalts. • Bezieher von Arbeitslosengeld II. Mit dem Tage der Bewilligung einer Rente endet der Anspruch auf Krankengeld. Wurden für eine gewisse Zeit gleichzeitig Rente und Krankengeld gezahlt, so fordert die Krankenkasse das Krankengeld zurück. Der Versicherte darf unter Umständen lediglich den Teil des Krankengelds behalten, der über die Rente hinausging (sogenannter Spitzbetrag). 20 Die Satzung einer Krankenkasse kann den Anspruch auf Krankengeld für freiwillig Versicherte, die selbstständig tätig sind, ausschließen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen lassen, je nachdem, welchen Tarif der Versicherte gewählt hat. Freiwillig Versicherte Freiwillig Versicherte, die angestellt sind und deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, bekommen Krankengeld. Die Höhe des Krankengelds beträgt • 70 % des Arbeitsentgelts (sogenanntes regelmäßiges Bruttoentgelt), • maximal aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts. Höhe des Krankengelds Definition „regelmäßig“: Bezüge, die wegen außergewöhnlicher Umstände gewährt wurden oder ausfielen, bleiben beim „regelmäßigen“ Entgelt unbeachtet. Einmalige Zahlungen wie z. B. Weihnachts– oder Urlaubsgeld gehören, wenn sie tatsächlich regelmäßig wiederkehrend geleistet werden, zum „regelmäßigen“ Bruttoentgelt. Abgezogen vom Krankengeld werden Sozialversicherungs beiträge für die Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Krankenkasse übernimmt die Beiträge der Krankenversicherung und jeweils die Hälfte der drei genannten Versicherungen. Damit ergibt sich in der Regel ein Abzug von 11,98 % bei Krankengeldempfängern mit Kindern bzw. von 12,23 % bei kinderlosen Empfängern. Das Krankengeld beträgt 2014 höchstens 94,50 e pro Tag. Das Krankengeld wird kalendertäglich für 30 Tage je Kalendermonat gezahlt. Höchstbetrag des Krankengelds Bei Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld wird Krankengeld in Höhe dieser Leistungen gezahlt. Die Dauer des Krankengelds wegen derselben Krankheit beträgt maximal 78 Wochen (546 Kalendertage) innerhalb von 3 Jahren ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Dauer 21 „Dieselbe Krankheit“ heißt: identische Krankheitsursache. Dazu zählen Krankheitsschübe oder Folgeerkrankungen einer nicht ausgeheilten Grundkrankheit, z. B. bei Prostatakrebs eine weitere Therapie, wenn der Tumor wieder auftritt (Rezidiv). Die Blockfrist (= 3 Jahre) beginnt mit dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit für die ihr zugrunde liegende Krankheit. Bei jeder Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung beginnt eine neue Blockfrist. Es ist möglich, dass mehrere Blockfristen nebeneinander laufen. Die Leistungsdauer verlängert sich nicht, wenn während der Arbeitsunfähigkeit eine andere Krankheit hinzutritt. Es bleibt bei maximal 78 Wochen. Nach Ablauf der Blockfrist, in der der Versicherte wegen derselben Krankheit Krankengeld für 78 Wochen bezogen hat, entsteht ein erneuter Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Erkrankung unter folgenden Voraussetzungen: • erneute Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit, • mindestens 6 Monate lang keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit und • mindestens 6 Monate Erwerbstätigkeit oder der Arbeits vermittlung zur Verfügung stehend. Beispiel Der Arbeitgeber zahlt bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeit nehmers dessen Arbeitsentgelt bis zu 6 Wochen weiter (§ 3 EntgeltfortzahlungsG), d. h.: Der Anspruch auf Krankengeld besteht zwar, aber er ruht (§ 49 Abs. 1 SGB V). Erst danach gibt es Krankengeld. Die 6 Wochen Entgelt fortzahlung werden aber wie Krankengeld-Bezugszeiten behandelt, so dass noch maximal 72 Wochen (78 Wochen abzüglich 6 Wochen = 72 Wochen) Krankengeld gezahlt wird. 22 Der Anspruch auf Krankengeld ruht: • bei Erhalt von (mehr als einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt. Das gilt besonders bei Entgeltfortzahlung (§ 3 EntgeltfortzahlungsG) bis zu 6 Wochen. • bei Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundes elterngeld- und Elternzeitgesetz bis zum 3. Geburtstag eines Kindes. Dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist oder wenn das Krankengeld aus einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit errechnet wird. • bei Bezug von Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld; auch bei Ruhen dieser Ansprüche wegen einer Sperrzeit. Ruhen des Anspruchs Krankengeld wird gekürzt um den Zahlbetrag der • Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Land abgabenrente, jeweils aus dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte • Teilrente wegen Alters oder Teilrente wegen Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit aus der Rentenversicherung • Knappschaftsausgleichsleistung, Rente für Bergleute Kürzung des Krankengelds soweit die Leistung nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung zuerkannt wird. Praxistipp! Wenn eine der genannten Zahlungen eintrifft, ist dies der Krankenkasse schnellstmöglich mitzuteilen. Das erspart spätere Rückzahlungen. Krankengeld ist ausgeschlossen bei Bezug von: •Regelaltersrente • Altersrente für langjährige Versicherte, für Schwerbehinderte, wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit • Voller Erwerbsminderungsrente • Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Grundsätzen •Vorruhestandsgeld Ausschluss von Krankengeld Mit Beginn dieser Leistungen bzw. mit dem Tage der Bewilligung einer Rente endet der Anspruch auf Krankengeld. Wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird, können sich Anspruchszeit räume für Krankengeld und Rente theoretisch überschneiden. Die Krankenkasse und der Rentenversicherungsträger rechnen dann direkt miteinander ab. Das Krankengeld wird in diesem Fall nicht vom Versicherten zurückgefordert. 23 War das Krankengeld niedriger als der Rentenanspruch für den Zeitraum, erhält der Versicherte den Differenzbetrag als Ausgleichszahlung vom Rentenversicherungsträger. War das bezogene Krankengeld höher als der Rentenanspruch, muss der Versicherte den Differenzbetrag jedoch nicht zurückzahlen. Wegfall des Krankengelds bei geminderter Erwerbsfähigkeit Wenn der behandelnde Arzt oder der Arzt des MDK die Erwerbsfähigkeit des Versicherten als erheblich gefährdet oder gemindert einschätzt und dies der Krankenkasse mitteilt (häufig kontaktieren die Krankenkassen Ärzte gezielt mit dieser Fragestellung, um den weiteren Rehabilitationsbedarf abzuklären), kann die Krankenkasse dem Versicherten eine Frist von 10 Wochen setzen, um einen Antrag auf Rehamaßnahmen zu stellen. Kommt der Versicherte dieser Aufforderung nicht frist gerecht nach, • ruht mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld und • endet die Mitgliedschaft bei der Krankenkasse in der bisherigen Form (= Aussteuerung, siehe unten). Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf, aber die Mitgliedschaft in der Kasse endet trotzdem. Praxistipp! Zu beachten ist hier, dass der Rentenversicherungsträger nach Prüfung des Reha-Antrags zur Erkenntnis kommen kann, dass Rehamaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg (= Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit) mehr haben, und den Antrag auf Reha maßnahmen dann direkt in einen Antrag auf Erwerbsminderungs rente umwandelt. Wegfall des Krankengelds bei Rentenanspruch Wenn ein Patient die Voraussetzungen für den Bezug von Regelaltersrente oder Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte erfüllt (2014: ab dem 65. Geburtstag und 3 Monate), kann die Krankenkasse ebenfalls eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb der er den Rentenantrag stellen muss. Hat er noch Anspruch auf Krankengeld, erhält er dieses weiter, bis über den Rentenantrag entschieden ist. Hat er keinen Anspruch auf Krankengeld mehr, kann er bei der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit (siehe S. 26) beantragen. Mit Rentenbezug endet das Krankengeld auf jeden Fall, siehe oben. 24 Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeits unfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft und ist der Versicherte noch immer arbeitsunfähig, dann endet seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser Vorgang wird auch Aussteuerung genannt. Aussteuerung: Ende des Krankengelds durch Höchstbezugsdauer Die Krankenkasse informiert das Mitglied rund 2 Monate vor der Aussteuerung darüber. Damit weiter ein Anspruch auf medizinische Leistungen besteht, ist es wichtig weiterhin Mitglied einer Krankenversicherung zu bleiben. Es gibt folgende Möglichkeiten: • Freiwillige Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse • Familienversicherung (wenn z. B. die Ehefrau Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist) • Beantragung von Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit (siehe S. 26) • Private Krankenversicherung Praxistipp! Einige Krankenkassen fordern den Patienten auf, einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen. Dies darf aber nicht stattfinden, ohne dass vorher geprüft wird, ob Rehamaß nahmen durchgeführt werden könnten. Wenn die Kranken kasse dies dennoch tut, kann der Patient darauf bestehen, dass die gesetzliche Reihenfolge eingehalten wird. Das ist dann sinnvoll, wenn die zu erwartende Erwerbsminderungsrente deutlich geringer ausfällt als das Krankengeld. Allerdings ist immer das Wichtigste, dass der Krankenversicherungsschutz des Patienten erhalten bleibt und er alle Mitwirkungspflichten wahrnimmt und Fristen einhält. Ist abzusehen, dass der Krankengeldbezug endet, sollte sich die Patient unbedingt rechtzeitig mit der Krankenkasse in Verbindung setzen, um den künftigen Versicherungsschutz zu klären. Wer hilft weiter? Ansprechpartner sind die Krankenkassen. 25 Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit Wenn ein Versicherter keinen Anspruch auf Krankengeld mehr hat, aber weiterhin arbeitsunfähig ist, kann er „Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit“ beantragen. Dieses sogenannte Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld ist eine Sonderform des Arbeitslosengelds und überbrückt die Zeit ohne Arbeitslosengeld (weil man nicht vermittelt werden kann), bis eine andere Leistung, z. B. Weiterbildung oder Rente, gezahlt wird. Informationen zum Ende des Krankengeldanspruchs, der sogenannten „Aussteuerung“, siehe S. 25. Voraussetzungen 26 Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: •Arbeitsunfähigkeit • Arbeitslosigkeit oder Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, das jedoch aufgrund einer Krankheit/Behinderung schon mindestens 6 Monate nicht mehr ausgeübt werden konnte. • Erfüllung der Anwartschaftszeit Die Anwartschaftszeit ist erfüllt, wenn der Antragsteller in den letzten 2 Jahren vor der Arbeitslosenmeldung und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate (= 360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis stand. Über andere berücksichtigungsfähige Zeiten informieren die örtlichen Agenturen für Arbeit. • Der Arbeitslose steht wegen einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit länger als 6 Monate der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, weswegen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. • Es wurden entweder die Erwerbsminderungsrente beim zuständigen Rentenversicherungsträger beantragt oder Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung Behinderter. Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Zugang eines entsprechenden Aufforderungsschreibens der Agentur für Arbeit gestellt worden sein. Wurde ein solcher Antrag unterlassen, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Ablauf der Monatsfrist bis zu dem Tag, an dem der Arbeitslose den Antrag stellt. Hat der Rentenversicherungsträger die ver minderte Erwerbsfähigkeit bereits festgestellt, besteht kein Anspruch auf Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld im Wege der sogenannten Nahtlosigkeit wird gezahlt, bis über die Frage der verminderten Erwerbs fähigkeit entschieden wird, längstens bis der Arbeitslosengeld anspruch endet. Damit überbrückt es die Übergangszeit, in der der Rentenversicherungsträger über das Vorliegen einer verminderten Erwerbsfähigkeit entscheidet. Dauer Relevant ist, was der Arbeitslose zuletzt im Bemessungszeitraum (in der Regel die letzten 52 Wochen vor Arbeitslosigkeit) als Voll-Erwerbstätiger verdient hat. Es kommt nicht darauf an, was der Arbeitslose aufgrund der Minderung seiner Leistungs fähigkeit verdienen könnte. Wird für die Zeit des NahtlosigkeitsArbeitslosengelds rückwirkend Übergangsgeld gezahlt oder Rente gewährt, erhält der Arbeitslose nur den evtl. überschießenden Betrag. War das Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld höher, muss er den überschießenden Betrag jedoch nicht zurückzahlen. Höhe Praxistipp! Wird dem Arbeitslosen vom Rentenversicherungsträger Leistungsfähigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich bescheinigt, muss er sich, um weiterhin Arbeitslosengeld zu beziehen, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen – auch wenn er mit der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht ein verstanden ist und gegen diese gerichtlich vorgeht. Obwohl das Verhalten des Arbeitslosen gegenüber dem Rentenversicherungsträger (Geltendmachung von Leistungsunfähigkeit) im Widerspruch zum Verhalten gegenüber der Agentur für Arbeit (Leistungsfähigkeit und Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme) steht, muss der Arbeitslose im Verfahren mit dem Rentenversicherungsträger keine Nachteile befürchten, da die Beurteilung über die Leistungsfähigkeit ausschließlich nach objektiven Maßstäben erfolgt. Auf subjektive Erklärungen des Arbeitslosen („sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen“) kommt es nicht an. Wer hilft weiter? Die örtliche Agentur für Arbeit informiert über alle Belange rund um das „Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit“. 27 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld Arbeitslosengeld II (ALG II) und Sozialgeld werden umgangs sprachlich als „Hartz IV“ bezeichnet. Arbeitslosengeld II ALG II erhalten Arbeitslose im Anschluss an das Arbeitslosen geld, wenn sie: • 15 Jahre bis 65 Jahre und 3 Monate alt sind (Stand 2014). • erwerbsfähig sind, d. h.: mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können. • hilfebedürftig sind, d. h.: ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten können. ALG II ist eine Leistung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende. Sozialgeld Höhe Sozialgeld erhalten Angehörige von ALG-II-Empfängern, die selbst nicht erwerbsfähig oder unter 15 Jahre alt sind. ALG II und Sozialgeld entsprechen dem Niveau der Sozialhilfe und setzen sich aus drei Bausteinen zusammen: den Regel bedarfen (391,– e für Alleinstehende), den Kosten für Miete und Heizung sowie den Mehrbedarfen in besonderen Situationen. Näheres siehe S. 36. Übergangsgeld Übergangsgeld überbrückt einkommenslose Zeiten während der Teilnahme an Rehamaßnahmen oder an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Übergangsgeld wird je nach Voraussetzungen vom jeweiligen Reha-Träger gezahlt. Höhe und Dauer sind im Wesentlichen einheitlich geregelt, nur die Voraussetzungen unterscheiden sich bei den Leistungsträgern. Reha-Träger können u. a. die Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit sein. Übergangsgeld ist eine sogenannte Lohnersatzleistung, d. h.: Es wird nur dann gezahlt, wenn im Krankheitsfall kein Anspruch (mehr) auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. 28 In der Regel leistet der Arbeitgeber nach § 3 Entgeltfortzahlungs gesetz 6 Wochen Lohnfortzahlung. Übergangsgeld muss beantragt werden. Das Übergangsgeld der Rentenversicherung zählt zu den ergänzenden Leistungen zur Reha. Voraussetzungen der Rentenversicherung Die Rentenversicherung zahlt Übergangsgeld • bei Erhalt von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. • bei Erhalt von Leistungen zur Medizinischen Reha. • während der Teilnahme an einer Berufsfindung oder Arbeitserprobung, wodurch kein oder ein geringeres Arbeitsentgelt erzielt wird. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: • Der Antragsteller muss vorher aufgrund einer beruflichen Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben und Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben oder z. B. Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosengeld II bezogen haben. • Die rentenrechtlichen Voraussetzungen zu den Ergänzenden Leistungen zur Reha müssen erfüllt sein. Die Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld beträgt bei allen Trägern 80 % des letzten Bruttoverdienstes, ist jedoch höchstens so hoch wie der Nettoverdienst. Höhe Das Übergangsgeld beträgt: • 75 % dieser Berechnungsgrundlage bei Versicherten – die ein Kind haben (§ 32 EStG) oder – die pflegebedürftig sind und durch ihren Ehegatten gepflegt werden, der deshalb keine Erwerbstätigkeit ausüben kann, oder – deren Ehegatte pflegebedürftig ist und keinen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung hat. • 68 % dieser Berechnungsgrundlage für die übrigen Versicherten. Das Übergangsgeld wird an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst. Bei Übergangsgeld während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben wird 65 % des ortsüblichen Tarifs berechnet, wenn vor der Maßnahme kein Lohn erzielt wurde oder der errechnete Betrag zu gering ausfällt. 29 Bei Arbeitslosigkeit im Anschluss an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vermindert sich das Übergangsgeld um 8 % auf • 67 % der Berechnungsgrundlage bzw. • 60 % der Berechnungsgrundlage Dauer Alle Träger zahlen Übergangsgeld • für den Zeitraum der Leistung zur Medizinischen Reha bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben. • während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben maximal 6 Wochen bei gesundheitsbedingter Unterbrechung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, • nach einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben maximal 3 Monate bei anschließender Arbeitslosigkeit nach einer abgeschlossenen Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, soweit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 3 Monate besteht. • nach Abschluss von Leistungen zur Medizinischen Reha bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Erforderlichkeit weiterer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn Arbeits unfähigkeit vorliegt und kein Anspruch auf Krankengeld oder keine Vermittelbarkeit in eine zumutbare Beschäftigung besteht. Allerdings wird in diesem Fall das Übergangsgeld reduziert. • Findet eine Stufenweise Wiedereingliederung (siehe S. 64) im unmittelbaren Anschluss (innerhalb von 4 Wochen) an Leistungen zur Medizinischen Reha statt, wird das Übergangsgeld bis zu deren Ende gezahlt. Wer hilft weiter? Individuelle Auskünfte erteilt der zuständige Sozialversicherungsträger: Rentenversicherungsträger oder Agentur für Arbeit. 30 Erwerbsminderungsrente Erwerbsminderungsrente erhält, wer aus gesundheitlichen Gründen in seiner Arbeitsfähigkeit deutlich eingeschränkt ist. Es gibt zwei Arten der Erwerbsminderungsrente: • Voll erwerbsunfähig ist, wer aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine berufliche Tätigkeit von mindestens 3 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. • Teilweise erwerbsunfähig ist, wer aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit eine berufliche Tätigkeit von mindestens 3, aber weniger als 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann. Diese Renten ersetzen seit 2001 die „Rente wegen Berufs unfähigkeit“ und die „Rente wegen Erwerbsunfähigkeit“. Für vor dem 2.1.1961 Geborene gelten weiterhin die Regelung der Berufsunfähigkeitsrente, d. h. der bisherige Beruf kann nur noch weniger als 6 Stunden täglich ausgeübt werden. Erwerbsminderungsrente muss beantragt werden. Anspruch auf diese Rente besteht bis zum Beginn des Regelrentenalters (2014: 65 Jahre und 3 Monate). Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: • Erfüllung der Wartezeit (= Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren (gilt z. B. als erfüllt, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Schädigung während des Wehr- oder Zivildienstes eingetreten ist) und • in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 3 Jahre Pflichtbeiträge geleistet wurden. Voraussetzungen Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet. Sie wird für längstens 3 Jahre gewährt. Danach kann sie wiederholt werden. Unbefristet wird die Rente nur gewährt, wenn keine Verbesserung der Erwerbsminderung mehr absehbar ist, davon ist nach 9 Jahren auszugehen. Befristung 31 Höhe Die Höhe der Erwerbsminderungsrente wird individuell errechnet. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig, z. B. Beitragszeiten, Beitragshöhe, Rentenartfaktor. Die monatliche Rentenhöhe kann beim Rentenversicherungsträger erfragt werden. Die Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente kann auch aus der jährlichen Renteninformation entnommen werden, in der Regel sind dabei die Rentenabschläge berücksichtigt. Praxistipps! Antrag: Dem Rentenantrag sind zweckmäßige ärztliche Unter lagen (z. B. Befundbericht des Onkologen) sowie alle Versicherungs nachweise beizufügen, damit er möglichst schnell bearbeitet werden kann. Bei Notwendigkeit der Weiterführung der Rente ist ein neuer bzw. ein Verlängerungsantrag nötig. Im Antrag sind die Einschränkungen des Versicherten durch den Arzt möglichst genau zu beschreiben bzw. die Angaben aus dem Erstantrag zu bestätigen, falls keine Verbesserung eingetreten ist. Selbstständigkeit Auch selbstständig Erwerbstätige können eine volle Erwerbs minderungsrente beanspruchen, wenn sie nach dem Ergebnis der medizinischen Untersuchungen nicht mehr in der Lage sind, 3 Stunden täglich zu arbeiten. Die weitere Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf Kosten der Gesundheit ist renten unschädlich. Das erzielte Einkommen ist dabei allerdings auf die Rente wegen Erwerbsminderung anzurechnen und kann den Rentenzahlbetrag mindern. Wer hilft weiter? Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen. 32 Altersrente für Schwerbehinderte Schwerbehinderte (siehe S. 67) können unter bestimmten Voraussetzungen bereits ab 63 Jahren in Rente gehen. Zudem können sie ab 60 Jahren eine vorgezogene „Alters rente für schwerbehinderte Menschen“ beantragen, aller dings mit Abschlägen bis zu 10,8 %. Die Altersgrenze für eine abschlagfreie Rente wird ab 2015 schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben, die Altersgrenze für die vorgezogene Rente wird seit 2012 von 60 auf 62 Jahre angehoben. Zu beachten ist, dass der Rentenanspruch auch weiter besteht, wenn während des Bezugs der Rente die Schwerbehinderung aufgehoben wird. Rente ab 63 Anspruch auf abschlagfreie Altersrente ab dem vollendeten 63. Lebensjahr, haben Menschen, die • die Wartezeit (= Mindestversicherungszeit) von 35 Jahren erfüllt haben und • anerkannt schwerbehindert (siehe S. 67) sind oder vor dem 1.1.1951 geboren wurden und bei Beginn der Altersrente berufs- oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren. Geburtsjahrgänge bis Ende 1951 Rentenabschläge bei Rente ab 60 Bereits ab dem 60. Geburtstag kann Altersrente für Schwer behinderte beantragt werden. Dabei gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Rente ab 63 Jahren, aber die vorgezogene Altersrente für Schwerbehinderte ist niedriger. Für jeden Monat, den die Rente vor den 63. Geburtstag vor gezogen wird, wird sie um je 0,3 % gekürzt. Diese Rentenkürzung ist dauerhaft, d. h. sie fällt mit dem Erreichen der Altersgrenze nicht weg und führt nach dem Tod des Versicherten auch zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente. 33 Geburtsjahrgänge ab 1952 Ab 2015 wird die Altersgrenze für eine abschlagfreie Altersrente für Schwerbehinderte beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1952 schrittweise von 63 auf 65 Jahre angehoben. Seit 2012 wird die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente von 60 auf 62 Jahre angehoben. Diese Altersgrenze liegt 2014 bei 60 Jahren und 8 Monaten. Es gilt ebenfalls ein Renten abschlag von 0,3 % pro vorgezogenem Monat. Eine detaillierte Übersicht über den möglichen Rentenbeginn der Jahrgänge 1952 bis 1963 finden Sie unter www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__236a.html. Für Jahrgänge ab 1964 liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren bzw. vorgezogen bei 62 Jahren. Praxistipp! Der Antrag sollte innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Monats, in dem die Rentenvoraussetzungen erfüllt werden, gestellt werden. Ansonsten wird Geld verschenkt. Antrags formulare gibt es bei den Rentenversicherungsträgern und den Stadt- und Gemeindeverwaltungen. Wer hilft weiter? Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen. 34 Sozialhilfe Sozialhilfe umfasst Leistungen für Menschen, die nicht erwerbsfähig und nicht in der Lage sind, für ihren Lebens unterhalt selbst aufzukommen. Sozialhilfeleistungen gibt es nur, wenn weder der Betroffene selbst, noch Angehörige, noch andere Sozialversicherungsträger für dessen Bedarf aufkommen können. Die beiden folgenden Leistungen „Grundsicherung“ und „Hilfe zum Lebensunterhalt“ zählen zur Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Die Grundsicherung sichert den Lebensunterhalt von Menschen über 65, die wegen Alters oder aufgrund voller Erwerbsminderung nicht mehr arbeiten können, und deren Einkünfte für den notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichen. Grundsicherung Leistungsberechtigt sind Menschen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, • die die Altersgrenze für Altersrente (2014: 65 Jahre und 3 Monate) erreicht haben oder • die das 18. Lebensjahr vollendet haben und – unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage – aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Voraussetzungen Die Grundsicherung ist abhängig von der Bedürftigkeit und umfasst folgende Leistungen: • Den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz der Sozialhilfe (siehe Tabelle S. 36) • Die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder bei einer eheähnlichen Partnerschaft jeweils anteilig) • Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge • Einen Mehrbedarfszuschlag, z. B. bei Behinderung, bei besonderer Ernährung oder bei verzehrenden Krankheiten wie Krebs • Einmalige Leistungen • Hilfe zum Lebensunterhalt in Sonderfällen, insbesondere Übernahme von Mietschulden Umfang und Höhe 35 RS* Regelsätze für 1 2 3 4 5 6 Volljährige Alleinstehende oder Alleinerziehende Volljährige Ehe- oder Lebenspartner in einer Bedarfsgemeinschaft (= gemeinsamer Haushalt) jeweils Sonstige Volljährige in einer Bedarfsgemeinschaft Kinder vom 14. bis zum 18. Geburtstag jeweils Kinder vom 6. bis zum 14. Geburtstag jeweils Kinder bis zum 6. Geburtstag jeweils Höhe 391,– e 353,– e 313,– e 296,– e 261,– e 229,– e * RS = Regelbedarfsstufe Von diesem Bedarf wird das eigene Einkommen und Vermögen abgezogen, die Differenz wird als Grundsicherung ausgezahlt. Sind Einkommen und Vermögen höher als der Bedarf, besteht kein Anspruch auf eine Grundsicherungsleistung. Praxistipp! Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbs minderung werden vom Rundfunkbeitrag befreit und erhalten eine Telefongebührenermäßigung. Anrechnung von Einkommen und Vermögen Grundsicherungsleistungen erhalten nur Bedürftige, die ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht vollständig bestreiten können. Angerechnet werden • eigenes Einkommen und Vermögen und • Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Eheoder Lebenspartners, soweit es deren Eigenbedarf übersteigt. Dabei gibt es bestimmte Anrechnungsgrenzen und Schon vermögen, die individuell verschieden sind. Detaillierte Auskünfte gibt der zuständige Sachbearbeiter des Sozialamts. Unterhaltspflicht 36 Das Sozialamt klärt im Zuge seiner Leistung für den Hilfe bedürftigen, ob dessen Angehörige unterhaltspflichtig sind. Eltern und Kinder sind nur unterhaltspflichtig, wenn das zu versteuernde Gesamteinkommen jährlich 100.000,– e übersteigt. Bei einer Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern gilt diese Einkommensgrenze für jedes einzelne Kind. Die Grundsicherung wird in der Regel für 12 Kalendermonate bewilligt. Dauer Erstbewilligung und Änderung: Die Auszahlung beginnt am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde oder in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt wurden. Bekommt der Berechtigte infolge der Änderung weniger Leistungen, beginnt der neue Bewilligungszeitraum am Ersten des Folgemonats. Zu Beginn der Altersrente oder nach Arbeitslosengeld II beginnt der Bezug mit dem Ersten des Folgemonats. Wer hilft weiter? Der Antrag kann beim zuständigen Sozialamt gestellt werden, in dessen Bereich der Antragsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Auch Rentenversicherungsträger beraten zum Thema Grund sicherung bei Erwerbsminderungsrente, nehmen einen Rentenantrag entgegen und senden diesen gemeinsam mit einer Mit teilung über die Höhe der monatlichen Rente an den zuständigen Träger der Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt Wenn umgangssprachlich von „Sozialhilfe“ gesprochen wird, ist meist die Hilfe zum Lebensunterhalt gemeint. Sie ist in Höhe und Umfang praktisch identisch mit der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, siehe S. 35. Hilfe zum Lebensunterhalt Sozialhilfeempfänger sind in der Regel krankenversichert. Wenn nicht, bekommen sie dennoch die gleichen Leistungen wie „Kassenpatienten“ und ähnliche Leistungen, was die Unter stützung bei Pflegebedürftigkeit angeht. Sozialhilfeempfänger werden im Rahmen ihrer Belastungsgrenzen zu Zuzahlungen (siehe S. 40) herangezogen. Krankheit, Pflege und Zuzahlungen In Vorleistung geht das Sozialamt, wenn sich die Auszahlung von Leistungen anderer Sozialversicherungsträger verzögert. Dies ist z. B. der Fall, wenn bei der Pflegekasse ein Antrag auf Pflege leistungen gestellt wurde, das Überprüfungsverfahren mehrere Wochen dauert und die Pflege schon stattfindet. Vorleistung 37 Wer hilft weiter? Zuständig sind die örtlichen Sozialämter und die überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Die überörtlichen Träger sind in der Regel für Hilfen zuständig, die in Einrichtungen gewährt werden; die örtlichen Sozialämter in Landkreisen, großen und kreisfreien Städten für alle anderen Hilfen. Gemeinden sind nicht Träger der Sozialhilfe, können aber als erste Anlaufstelle genutzt werden und wissen, wie und wo die Ansprechpartner erreichbar sind. Wohngeld Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zu den Kosten für Wohnraum. Er ist abhängig von der Zahl der Familienmit glieder, deren Einkommen und der regional unterschiedlichen Höhe der zuschussfähigen Miete oder Belastung. Das Wohn geld wird in der Regel für 12 Monate gewährt und muss möglichst vor Ablauf der Bezugszeit neu beantragt werden. Keinen Anspruch auf Wohngeld haben u. a. Empfänger von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (siehe S. 28) oder von Sozialhilfe (siehe S. 35). Praxistipp! Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bietet Wohngeld-Tabellen unter www.bmvi.de > Suche nach „Wohngeldtabellen“. Wer hilft weiter? Der Antrag auf Wohngeld erfolgt bei der örtlichen Wohngeldstelle, die auch weitere Auskünfte erteilt. Hier können auch die aktuellen Wohngeldtabellen eingesehen werden. 38 Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung 39 Übersicht über Zuzahlungen Versicherte ab dem 18. Geburtstag, zum Teil auch Kinder, müssen zu bestimmten Leistungen der Krankenkasse Zuzahlungen leisten, z. B. zu Arzneimitteln, Heil- und Hilfs mitteln, Krankenhausaufenthalten, Fahrtkosten und Zahn ersatz. Dies gilt auch für Sozialhilfeempfänger. Die folgende Auflistung enthält alle Zuzahlungen, auch wenn sie nicht immer im Zusammenhang mit Prostatakrebs stehen, da für eine mögliche Zuzahlungsbefreiung (siehe S. 45) alle Zuzahlungen einbezogen werden. Befreiungsfähige Zuzahlungen Arzneimittel Zuzahlung (umgangssprachlich „Rezeptgebühr“ genannt): 10 % der Kosten, mindestens 5,– e, maximal 10,– e, in keinem Fall mehr als die Kosten des Arzneimittels. Preis/Kosten bis 5,– € 5,01 € bis 50,– € 50,– € bis 100,– € Ab 100,– € Zuzahlung Preis = Zuzahlung 5,– € 10 % des Preises 10,– € Aufgrund des Arzneimittelwirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, welche Arzneimittelwirkstoffe von der Zuzahlung befreit werden können. Auf www.gkv-spitzenverband.de > Krankenversicherung > Arzneimittel ist eine Übersicht der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel zu finden, die 14-tägig aktualisiert wird. Darüber hinaus können Medikamente eines Arzneimittelherstellers, mit dem die Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat, ganz oder zur Hälfte zuzahlungsfrei sein. Auskünfte hierzu erteilen Apotheken und Krankenkassen. Verbandmittel 10 % der Kosten, mindestens 5,– e, maximal 10,– e, in keinem Fall mehr als die Kosten des Arzneimittels. Heilmittel 10 % der Kosten zuzüglich 10,– e je Verordnung. Heilmittel im sozialrechtlichen Sinn sind äußerliche Behandlungsmethoden wie Lymphdrainage (siehe S. 52), Elektrostimulation oder Beckenbodengymnastik (siehe S. 52). 40 Hilfsmittel 10 % der Kosten, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt die Zuzahlung 10 % je Packung, maximal jedoch 10,– € monatlich. Ein Hilfsmittel ist ein Gegenstand oder ein Gerät, das unmittelbar auf eine Behinderung ausgerichtet ist, z. B. Vorlagen, Inkontinenzhosen oder Elektrostimulationsgeräte (siehe S. 49). Häusliche Krankenpflege 10 % der Kosten pro Tag, begrenzt auf 28 Tage im Kalenderjahr, zuzüglich 10,– € je Verordnung. Häusliche Krankenpflege bedeutet, dass ein Patient zu Hause von Fachpersonal versorgt wird. Soziotherapie 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Soziotherapie ist die ambulante Betreuung schwer psychisch kranker Menschen. Haushaltshilfe 10 % der Kosten pro Tag, mindestens 5,– €, maximal 10,– €. Eine Haushaltshilfe ist eine fremde oder verwandte Person, die die tägliche Arbeit im Haushalt erledigt. Krankenhausbehandlung, Anschlussheilbehandlung 10,– € pro Kalendertag, für längstens 28 Tage pro Kalenderjahr. Bereits im selben Jahr geleistete Zuzahlungen zu Krankenhausund Anschlussheilbehandlung (siehe S. 61) werden angerechnet. Ambulante und stationäre Leistungen zur Rehabilitation 10,– € pro Kalendertag an die Einrichtung, in der Regel ohne zeitliche Begrenzung. Fahrtkosten 10 % der Fahrtkosten (bei medizinisch angeordneten Fahrten), mindestens 5,– €, maximal 10,– €, in keinem Fall mehr als die Kosten der Fahrt. Auch für Fahrten von Kindern. Es gibt auch Zuzahlungen, die bei der Berechnung der Zuzahlungsbefreiung nicht berücksichtigt werden. Nicht befreiungsfähige Zuzahlungen Dazu zählen Zuzahlungen zu • künstlichen Befruchtungen, •Zahnersatz und • kieferorthopädischen Behandlungen. 41 Zuzahlungsbefreiung bei Erreichen der Belastungsgrenze Wer im Laufe eines Kalenderjahres bestimmte Belastungs grenzen erreicht, kann sich von vielen Zuzahlungen der Krankenkasse befreien oder sich am Jahresende den über der Belastungsgrenze liegenden Betrag erstatten lassen. Die Belastungsgrenze liegt bei 2 % des Bruttoeinkommens, bei schwerwiegend chronisch Kranken bei 1 %. Belastungsgrenze Bei zahlreichen Leistungen der Krankenversicherung muss der Patient Zuzahlungen leisten. Die Belastungsgrenze soll ver hindern, dass insbesondere chronisch Kranke, Behinderte, Versicherte mit einem geringen Einkommen und Sozialhilfeempfänger durch die Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen unzumutbar belastet werden. Berechnung des Bruttoeinkommens Das Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt (siehe S. 43) ist als Familienbruttoeinkommen zu verstehen. Es errechnet sich aus dem Bruttoeinkommen des Versicherten und den Bruttoeinkommen aller Angehörigen des Versicherten, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben. „Angehörige“ des Versicherten sind: •Ehepartner • Kinder bis zum Kalenderjahr, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden • Kinder ab dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollenden, wenn sie familienversichert sind • eingetragene, gleichgeschlechtliche Lebenspartner • sonstige Angehörige nach § 7 Abs. 2 KVLG (Kranken versicherung der Landwirte) Nicht zu den „Angehörigen“ zählen nicht verheiratete oder nicht eingetragene Partner. Freibetrag 42 Von diesem Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt wird ein Freibetrag abgezogen: • Für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten (z. B. Ehegatte oder erstes Kind eines allein erziehenden Versicherten): 4.977,– e (= 15 % der jährlichen Bezugsgröße). • Für Mitglieder der Krankenversicherung der Landwirte gilt: Für jeden weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners: 3.318,– e (= 10 % der jährlichen Bezugsgröße). • Für jedes Kind eines verheirateten Versicherten sowie für jedes Kind eines eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebens partners: 7.008,– e als Kinderfreibetrag, wenn es sich um ein Kind beider Ehegatten handelt, ansonsten 3.504,– e (§ 32 Abs. 6 EStG). • Für jedes weitere Kind eines alleinerziehenden Versicherten: 7.008,– e. Einnahmen zum Lebensunterhalt sind: • Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen (bei Selbstständigen) •Krankengeld •Arbeitslosengeld • Einnahmen aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung • Altersrenten, Witwen- oder Witwerrente und andere Renten wegen Todes • Einnahmen von Angehörigen im gemeinsamen Haushalt (Ehepartner, familienversicherte Kinder, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner). Nicht hierzu zählen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. • Elterngeld, aber nur der Betrag, der über dem Sockelbetrag von 300,– e liegt (bei doppeltem Bezugszeitraum über 150,– e). • Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, so weit diese die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) übersteigt • Grundrente für Hinterbliebene nach dem BVG Einnahmen zum Lebensunterhalt Nicht zu den Einnahmen zählen zweckgebundene Zuwendungen, z. B.: • Pflegegeld (von Pflegeversicherung, Sozialhilfe oder Unfall versicherung) •Blindenhilfe • Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) • Taschengeld vom Sozialamt für Heimbewohner • Rente oder Beihilfe nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG • Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, soweit diese der Grundrente nach dem BVG entspricht •Kindergeld Bei Empfängern von Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), von Arbeitslosengeld II und von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird jeweils nur der Regelsatz der Regel bedarfsstufe 1 als Bruttoeinkommen für die gesamte Bedarfs gemeinschaft gezählt, d. h.: Der jährliche Zuzahlungsgesamt betrag beträgt 93,84 e, bei chronisch Kranken 46,92 e. Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, Grundsicherung 43 Zuzahlungsbefreiung, Rückerstattung Zuzahlungen werden als „Familienzuzahlungen“ betrachtet, d. h. es werden die Zuzahlungen des Versicherten mit den Zuzahlungen seiner Angehörigen, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, zusammengerechnet. Ausnahme: Ist ein Ehepartner beihilfeberechtigt und/oder privat krankenversichert, werden die Zuzahlungen, die auch dieser evtl. leisten muss, nicht als Familienzuzahlung berechnet. Das bedeutet, die gesetzliche Krankenkasse erkennt diese nicht als Zuzahlungen in ihrem Sinne an. Beim Familieneinkommen werden allerdings beide Einkommen herangezogen und somit als Grundlage für die Zuzahlungsbefreiung genommen. Überschreiten die Zuzahlungen 2 % der o. g. Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der Versicherte sowie sein Ehegatte und die familienversicherten Kinder, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt leben, für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der Krankenkasse zurückerstattet. Ist ein Ehepaar bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen, dann errechnet eine Krankenkasse, ab wann die Voraussetzungen für die Zuzahlungsbefreiung erreicht sind und stellt ggf. eine Zuzahlungsbefreiung aus. Dies wird der anderen Krankenkasse mitgeteilt, so dass die Versicherten für den Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr leisten müssen. Berechnungsbeispiel Ehepaar mit 2 Kindern: Jährliche Bruttoeinnahmen aller Haushaltsangehörigen: 30.000,– € minus Freibetrag für Ehegatte (= erster Haushaltsangehöriger): 4.977,– € minus Freibetrag für 2 Kinder (2 x 7.008,– €):14.016,– € ergibt Zwischensumme:11.007,– € davon 2 % = Belastungsgrenze: 220,14 € Wenn im konkreten Beispiel die Zuzahlungen die Belastungsgrenze von 220,14 € im Jahr übersteigen, übernimmt die Krankenkasse die darüber hinausgehenden Zuzahlungen. Quittungsheft 44 Verschiedene Krankenkassen bieten ihren Versicherten ein Quittungsheft an, in dem sie übers Jahr alle Quittungen von Zuzahlungen sammeln können. Praxistipp! Die Belastungsgrenze wird im Nachhinein wirksam, weshalb der Patient und seine Angehörigen im gleichen Haushalt immer alle Zuzahlungsbelege aufbewahren sollten, da nicht absehbar ist, welche Kosten im Laufe eines Kalenderjahres auflaufen. Wenn ein Patient im Lauf des Jahres die „Belastungsgrenze“ erreicht hat, sollte er sich mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzen. Die Krankenkasse wird dem Patienten die Zuzahlungen zurückerstatten, die die 2-%-Belastungsgrenze übersteigen. Bei Erreichen der Belastungsgrenze wird für den Rest des Jahres eine Zuzahlungsbefreiung bescheinigt. Zuzahlungsbefreiung bei chronischer Krankheit Patienten, die wegen Prostatakrebs in Dauerbehandlung sind, gelten als schwerwiegend chronisch krank und haben eine niedrigere Belastungsgrenze: Sie erreichen die Belastungs grenze bereits, wenn sie mehr als 1 % der jährlichen Brutto einnahmen zum Lebensunterhalt für Zuzahlungen ausgeben müssen/mussten. Definition „schwerwiegend chronisch krank“ Als „schwerwiegend chronisch krank“ gilt, wer sich wenigstens ein Jahr lang wegen derselben Krankheit mindestens einmal pro Quartal in ärztlicher Behandlung befindet und mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt: • Pflegebedürftigkeit mit Pflegestufe 2 oder 3. • Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60 % (Schwerbehinderte). GdB und GdS muss durch schwerwiegende Krankheit begründet sein. • Eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimittel therapie, Versorgung mit Hilfs- und Heilmitteln) ist erforderlich, ohne die aufgrund der chronischen Krankheit nach ärztlicher Einschätzung eine lebens bedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist. 45 Überschreiten die Zuzahlungen 1 % der Bruttoeinnahmen im Kalenderjahr (= Belastungsgrenze), erhalten der chronisch Kranke, sein Ehepartner und die familienversicherten Kinder für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung bzw. den Mehrbetrag von der Krankenkasse zurück. Nach Ablauf eines Kalenderjahres ist der Krankenkasse die weitere Dauer der Behandlung nachzuweisen. Vorsorge und therapie gerechtes Verhalten Die reduzierte Belastungsgrenze bei Zuzahlungen für chronisch Kranke gilt seit 1.1.2008 nur dann, wenn sich der Patient an regelmäßiger Gesundheitsvorsorge beteiligt hat oder sich therapiegerecht verhält. Hierbei gelten bestimmte Altersgrenzen: •Wer nach dem 1.4.1972 geboren ist und das 35. Lebensjahr vollendet hat, muss jedes 2. Jahr am allgemeinen Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen teilnehmen. Wer das nicht tut und chronisch erkrankt, für den liegt die Belastungsgrenze bei 2 % vom Bruttoeinkommen. • Männer, die nach dem 1.4.1962 geboren sind und das 45. Lebensjahr vollendet haben, und die an einer Krebsart erkranken, wofür Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, können die 1-%-Belastungsgrenze nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich über die Chancen und Risiken der entsprechenden Untersuchungen von einem hierfür zuständigen Arzt haben beraten lassen. • Gesundheitsuntersuchungen und Beratung müssen mittels einer ärztlichen Bescheinigung über therapiegerechtes Verhalten dokumentiert werden (sog. Präventionspass). Ausgenommen von der Feststellung therapiegerechten Verhaltens sind Schwer behinderte mit einem Grad der Behinderung über 60 und Pflegebedürftige der Pflegestufen II oder III. • Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung bzw. zu Gesundheitsuntersuchungen sind Versicherte – mit schweren psychischen Erkrankungen – mit schweren geistigen Behinderungen oder – die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden. Sonderregelung für Sozialhilfeempfänger im Heim Für Heimbewohner, die Sozialhilfe beziehen, gibt es eine Möglichkeit auch in der Zeit bis sie die 1-%- bzw. 2-%-Grenze erreicht haben keine Zuzahlung mehr zu leisten. Dafür veranlassen sie, dass der zuständige Sozialhilfeträger den Zuzahlungsgesamt betrag (93,84 e bzw. bei chronisch Kranken: 46,92 e) an ihre Krankenkasse vorab überweist. Dieser als Darlehen gewährte Gesamtbetrag wird dann in monatlichen kleinen Ratenbeträgen mit dem Taschengeld des Heimbewohners verrechnet. 46 ©Amir Kaljikovic_fotolia.com Hilfs- und Heilmittel Nach einer Prostata-Operation ist das Risiko von Inkontinenz und Impotenz erhöht. Auch Lymphödeme können nach einer Bestrahlung oder Operation auftreten. Hilfs- und Heilmittel können helfen, diese Beschwerden zu lindern. In der Regel übernehmen die Krankenkassen ganz oder teilweise die Kosten für Heil- und Hilfsmittel, wenn diese ärztlich verordnet sind. 47 Hilfsmittel Hilfsmittel sind Gegenstände, die im Einzelfall erforderlich sind, um z. B. den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern. Hilfsmittel bei Impotenz Die Entfernung der Erektionsnerven oder die Schädigung der entsprechenden Nerven oder Blutgefäße kann zu einer zeit lich begrenzten oder dauerhaften Impotenz (Näheres siehe S. 78) führen. Folgende Hilfsmittel können dazu beitragen, dass der Patient zu einer den Geschlechtsverkehr ermöglichenden Erektion befähigt wird. Erektionsringe Vakuumerektionshilfen Bei Erektionsringen handelt es sich um Ringe bzw. Ring schläuche aus einem dehnbaren, elastischen Material oder Silikon-Latex mit nach außen hin formstabiler Wandung. Die Ringe erzeugen Druck auf den Penis. Dieser Druck drosselt den Blut-Rückfluss aus dem Glied. Die Ringe gibt es in mehreren Durchmessern, so dass sie passend zu den anatomischen Verhältnissen ausgewählt werden können. Eine Vakuumerektionshilfe ist ein durchsichtiger Plastikzylinder, der über den Penis geschoben wird. Eine Vakuumpumpe erzeugt einen Unterdruck, so dass Blut in den Schwellkörper fließt. Liegt eine ausreichende Erektion vor, verhindert ein Saugring den Rückfluss des Blutes. Die Vakuumerektionshilfe und die Erektionsringe sind im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkasse gelistet (Produktgruppe 99.27.01 bzw. 99.27.02). 48 Hilfsmittel bei Inkontinenz Inkontinenzprodukte gibt es in verschiedenen Ausführungen und mit unterschiedlicher Saugfähigkeit. Man unterscheidet zwischen aufsaugenden und ableitenden sowie zwischen körperfernen und körpernahen Hilfsmitteln zur Urininkontinenzversorgung. Vorlagen und Inkontinenzhosen zählen zu den körpernahen, aufsaugenden Inkontinenzhilfen. Vorlagen und Inkontinenzhosen Vorlagen können in einer normalen Unterhose oder in einer sogenannten Netzhose bzw. Fixierungshose getragen werden. Inkontinenzhosen werden in zwei Formen angeboten: Windel hosen mit Klett- oder Haftstreifen sowie Inkontinenzunterhosen, sogenannte „Pants“, die kein Verschlusssystem besitzen und wie normale Unterwäsche angezogen werden. Diese Hilfsmittel sind bei leichter bis mittlerer Kontinenzstörung geeignet. Urinalkondome (auch „Kondomurinal“) sind ableitende Inkontinenzhilfen. Sie werden wie normale Kondome über den Penis gerollt und mit Haftstreifen oder Kleber befestigt. Sie fangen den Urin auf und leiten diesen über Schlauchverbindungen in einen Urinauffangbeutel („Urinal“) weiter. Das Urinal kann tagsüber mittels Holster am Bein getragen werden und nachts am Bett befestigt werden. Das Kondomurinalsystem schont die Haut, da der oft sehr konzentrierte Urin nicht mit Gesäß und Hoden in Berührung kommt. Urinalkondome Saugende Bettschutzeinlagen sind körperferne Inkontinenzhilfen und zählen zu den Pflegehilfsmitteln. Sie schützen die Matratze bei Inkontinenz und ersparen häufiges Wechseln der Bettwäsche. Die Unterseite der Bettunterlagen besteht aus flüssigkeits undurchlässigem Material, die Oberseite aus einer Vliesschicht. Es gibt Bettschutzeinlagen zum einmaligen Gebrauch oder zum Waschen sowie in verschiedenen Größen und Qualitäten. Bettschutzeinlagen Elektrostimulationsgeräte sind Geräte zum Training der Beckenbodenmuskulatur. Sie werden in der Regel ergänzend zum Beckenbodentraining (siehe S. 51) eingesetzt. Elektrostimulationsgeräte Die Behandlungselektroden werden durch eine kleine Sonde über den Anus in den Enddarm eingeführt. Dabei wird die Becken bodenmuskulatur durch einen milden Reizstrom kontrahiert. Der Anwender kann die Intensität der Stimulation selbstständig regeln. Spezielle Anzeigen geben optisch oder akustisch Rückmeldung (Feedback) über die Qualität der Muskelanstrengung. 49 Hilfsmittel Kostenübernahme Hilfsmittel zur Inkontinenz und Impotenz können von der Krankenkasse ganz oder teilweise übernommen werden. Voraussetzung ist eine ärztliche Verordnung. Festbetrag In der Regel wird nur ein Festbetrag erstattet, der je Hilfsmittel festgelegt ist. Zudem leistet der Patient Zuzahlungen, die sich nach dem Festbetrag richten: • Bei „nicht zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln, z. B. medizinischen Kompressionsstrümpfen oder Elektro stimulationsgeräten: 10 % des Abgabepreises, jedoch mindestens 5,– und maximal 10,– e. • Bei „zum Verbrauch bestimmten“ Hilfsmitteln, z. B. Vorlagen, Inkontinenzhosen, Urinalkondomen oder Vakuum erektionshilfen: 10 % des Abgabepreises (je Packung), maximal 10,– e monatlich. Mengenbeschränkungen durch die Krankenkassen sind bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln unzulässig. Zur Zuzahlungsbefreiung siehe S. 45. Praxistipp! Inkontinenzversorgung Besteht aufgrund der Krankheit und des Zustands beim Patienten Inkontinenz, werden die Windeln, Einlagen oder Windelhosen von der Krankenkasse erstattet. Der behandelnde Arzt muss ein Hilfsmittelrezept erstellen, auf dem die Krankheit und die Schwere der Inkontinenz angegeben sind. Wichtig sind auch die genaue Produktbezeichnung, die gewünschte Größe, die Stückzahl und der Versorgungszeitraum, z. B.: „Aufsaugende Inkontinenzversorgung vom 01.05.14–01.07.2014, Pants Größe S, Marke XY. Diagnose: schwere Harn- und Stuhlinkontinenz bei Prostatakrebs.“ Mit dieser Verordnung sollte man dann bei der Krankenkasse nachfragen, ob die Pants vom Sanitätshaus geliefert werden können. Viele Krankenkassen haben allerdings Vertragspartner, die Produkte deutschlandweit ausliefern. Bis die Lieferung erfolgt, können selbst Windeln oder ähnliches gekauft werden, die Rechnung wird bis zum Festbetrag von der Krankenkasse erstattet. 50 Pflegehilfsmittel Die Kostenerstattung von Pflegehilfsmitteln wie Bettschutz einlagen erfolgt durch die Pflegekasse und ist nur bei Patienten mit einer Pflegestufe möglich. Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel erstattet die Pflegekasse monatlich 31,– e. Voraussetzung ist, dass der Bedarf von der Pflegekasse anerkannt wurde. Hilfsmittelverzeichnis Der GKV-Spitzenverband pflegt ein Verzeichnis, in dem alle Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel aufgeführt sind, für die die Kassen die Kosten übernehmen. Darin kann online recherchiert werden unter https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/HimiWeb/ home.action. Wer hilft weiter? Individuelle Auskünfte erteilen die Anbieter der Hilfsmittel, z. B. Sanitätshäuser, Orthopädiehäuser, Reha-Anbieter oder Apotheken. Heilmittel Heilmittel sind medizinische Dienstleistungen, die ärztlich verordnet und nur von speziell ausgebildeten Therapeuten erbracht werden dürfen. Beckenbodengymnastik umfasst physiotherapeutische Maßnahmen zur Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur, um die Harnkontinenz bei oder nach Prostatakrebs positiv zu beeinflussen. Beckenbodengymnastik Diese Muskulatur befindet sich beim Mann zwischen Darm ausgang und Hoden. Beckenbodentraining kann unter Anleitung eines speziell dafür geschulten Physiotherapeuten in Einzel stunden erlernt werden. Voraussetzung für den Erfolg eines Beckenbodentrainings ist diszipliniertes Üben über einen längeren Zeitraum. Beckenbodengymnastik kann auch Teil von Reha-Sport (siehe S. 94) sein oder wird von Fitness-Studios und Volkshochschulen in Kursen angeboten. 51 Lymphdrainage Lymphödeme (siehe S. 8) sind meist nicht endgültig heilbar, deshalb ist eine ständige Therapie notwendig, um möglichst wenig beeinträchtigt zu sein. Manuelle Lymphdrainage (MLD) ist eine Massage mit schonenden kreisenden Bewegungen beim Lymphödem. Sie stimuliert das Lymphsystem, mehr Lymphe abzutransportieren. Damit reduziert sich die Schwellung. Ausgeführt wird die MLD von speziell fortgebildeten Masseuren oder Krankengymnasten (Physiotherapeuten). MLD ist auch Teil der KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie). Komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) Die Komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) ist die erfolgreichste Therapie bei vielen Lymphödemen, sie besteht aus mehreren Bausteinen. Bei leichten Lymphödemen können auch nur einzelne Bausteine ausreichen, insbesondere die Lymphdrainage. Wenn aber eine KPE angezeigt ist, müssen alle Teile konsequent und langfristig umgesetzt werden, weil sie sich gegenseitig unterstützen. Wenn ein Teil vernachlässigt wird, verlieren auch alle anderen Teile erheblich an Wirkung. Die KPE besteht aus zwei Phasen: • Initialphase (Anschubphase, Entstauungsphase): Findet in der Regel in einer Spezialklinik statt, dauert 3 Wochen und sorgt dafür, dass die akuten Beschwerden gelindert und die Schwellungen deutlich reduziert sind. •Die Erhaltungsphase folgt in unmittelbarem Anschluss und läuft dann beständig. Die KPE hat vier Bausteine. Die Bausteine werden in beiden Phasen angewandt: • Manuelle Lymphdrainage (MLD) Lymphdrainage (siehe oben) muss vom Arzt verordnet werden und zählt zu den Heilmitteln. • Kompression „Kompression“ heißt Druck. Er wird aufgebaut, damit im Gewebe kein Platz für zu viel Lymphflüssigkeit ist. Eingesetzt werden dafür lymphologische Kompressionsverbände in Phase 1 und flachgestrickte Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) in Phase 2. MKS sollten täglich und so viel wie möglich getragen werden. Patienten brauchen deshalb je Bein 2 Sätze, damit sie wechseln können. Spätestens alle 6 Monate sollten neue Strümpfe verordnet werden. MKS sind Hilfsmittel (siehe S. 50) 52 • Bewegungsübungen in Kompression Spezielle Gymnastik fördert den Abtransport, wenn dabei gleichzeitig der MKS getragen wird. In der Regel werden Patienten schon im Krankenhaus physiotherapeutische Übungen gezeigt, diese Übungen müssen auch zu Hause täglich ausgeführt werden. Wenn nötig, verschreibt der behandelnde Arzt Krankengymnastik (Physiotherapie). • Hautpflege Bei einem Lymphödem ist es wichtig, täglich die Haut zu begutachten und sorgfältig zu pflegen. Schon kleine Risse oder Verletzungen können Infektionen verursachen, die nur schwer abheilen, weil sich Erreger infolge des gestörten Lymphflusses schnell ausbreiten. Grundsätzlich zu meiden sind bei Lymphödemen einschnürende Kleidung und Accessoires, z. B. Socken mit engem Gummibund, Unterwäsche mit engen Abschlüssen, enge Gürtel, zu enge Kleidung, die beim Sitzen einschneidet. In Ruhe sollten, soweit möglich, das betroffene Bein/die Beine hochgelagert werden. Heilmittel Kostenübernahme Heilmittel können von der Krankenkasse übernommen werden. Voraussetzung ist eine ärztliche Verordnung. Diese ist in der Regel auf 6 Einheiten pro Verordnung begrenzt. Bei chronischem Lymphödem infolge Prostatakrebs kann der Arzt 10 MLD pro Rezept und maximal 50 MLD verordnen. Danach müsste eine 12-wöchige Therapiepause eingelegt werden. Allerdings gehört Prostatakrebs zu den Krankheiten, bei denen eine längerfristige Behandlung erforderlich sein kann. Dafür kann eine Ausnahmegenehmigung bei der Krankenkasse beantragt werden, dann entfällt die 12-Wochen-Pause. Antrag auf Genehmigung für längeren Zeitraum Krebspatienten mit langfristigem Behandlungsbedarf im Sinne einer besonderen Schwere und Langfristigkeit der funktionellen bzw. strukturellen Schädigungen, der Beeinträchtigungen der Aktivitäten und des nachvollziehbaren Behandlungsbedarfs können bei ihrer Krankenkasse einen Antrag stellen, die 53 Lymphdrainage länger als 50 Einheiten zu genehmigen. Diese Genehmigung kann zeitlich befristet werden, umfasst aber mindestens ein Jahr. Die Krankenkasse hat über den Antrag innerhalb von 4 Wochen zu entscheiden, andernfalls gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Zuzahlung Der Patient muss in der Regel zuzahlen: 10,– e pro Verordnung plus 10 % der Heilmittelkosten. Von der Zuzahlung befreit sind Patienten, die die Belastungsgrenze überschreiten, siehe S. 42. Für Beckenbodengymnastik-Kurse zahlen die Krankenkassen in der Regel einen Zuschuss zu den Kursgebühren. Therapiebesuch zu Hause Die Verordnung von Heilmitteln außerhalb der Praxis des Therapeuten, insbesondere in Form eines Hausbesuchs, ist ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn der Patient aus medizinischen Gründen den Therapeuten nicht aufsuchen kann bzw. wenn der Hausbesuch aus medizinischen Gründen zwingend notwendig ist. Der Patient muss dann 10,– e pro Verordnung plus 10 % der Kosten für jeden Hausbesuch plus Fahrtkosten zuzahlen. Praxistipp! Der verordnende Arzt muss auf der Verordnung „Hausbesuch“ ankreuzen. Heilmittel-Richtlinien und Heilmittelkatalog Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Verordnung von Heilmitteln sogenannte Heilmittel-Richtlinien erstellt. Diese Richtlinien können Sie unter www.g-ba.de > InformationsArchiv > Richtlinien downloaden. Innerhalb der Heilmittelrichtlinien regelt der sogenannte Heilmittelkatalog die jeweiligen Indikationen zu den einzelnen Heilmittelmaßnahmen. Den Heilmittelkatalog können Sie als 2. Teil der Heilmittel-Richtlinien (siehe oben) downloaden. Wer hilft weiter? Die Krankenkassen beantworten alle individuellen Fragen. 54 ©Robert Kneschke_fotolia.com Rehabilitation und Nachsorge 55 Rehabilitation Grundsätzlich gilt: Reha(bilitation) geht vor Rente (§ 9 SGB VI). Das heißt: Es wird möglichst versucht, mit Rehamaßnahmen den Renteneintritt zu verhindern oder zu verzögern. Ambulant vor stationär (§§ 23 Abs. 4, 40 Abs. 2 SGB V). Das heißt: Erst wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen, werden stationäre Leistungen erbracht. Die verschiedenen Arten der Rehabilitation sind ein großer und komplexer Bereich, für den sämtliche Versicherungsträger zuständig sein können. Die wichtigsten Bereiche der Rehabilitation sind: • medizinische Leistungen zur Rehabilitation • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, siehe S. 63 • Unterhaltssichernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe • Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Medizinische Rehabilitation Die Medizinische Rehabilitation ist ein Teilbereich der Rehabilitation. Sie umfasst Maßnahmen, die auf die Erhaltung oder Besserung des Gesundheitszustandes ausgerichtet sind und vorwiegend die Durchführung medizinischer Leistungen erfordern. Zuständigkeit 56 Zuständig sind nahezu alle Träger der Sozialversicherung. Sie übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen und nach ärztlicher Verordnung die Kosten für medizinische Rehabilitation. Der Träger, der die vorhergehenden medizinischen Leistungen erbracht hat, ist möglichst auch für die Rehabilitation zuständig (sogenannter Grundsatz der Einheitlichkeit der Trägerschaft). Prinzipielle Zuständigkeit: • Die Krankenkasse übernimmt die Kosten einer medizinischen Rehabilitation, soweit es um den Erhalt oder die Wiederherstellung der Gesundheit geht und wenn nicht andere Sozialversicherungsträger solche Leistungen erbringen. • Die Rentenversicherungsträger übernehmen die Kosten einer medizinischen Rehabilitation, wenn die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder schon gemindert ist und durch die medizinische Rehabilitation wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann und wenn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation erfüllt sind. Bei Prostatakrebs sind medizinische Reha-Leistungen sehr oft Teil des Behandlungskonzepts. Kostenträger ist in der Regel die Rentenversicherung. Näheres unter „Antrag“, S. 58. Ziele der Rehabilitation nach einer Behandlung von Prostatakrebs sind: • gezielte Behandlung von Funktionsstörungen, v. a. Harninkontinenz und Impotenz • Wiederherstellung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit • Wiederbefähigung zur Teilhabe am normalen gesellschaftlichen Leben • Erhalt oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit Individuell angepasste Maßnahmen wie Krankengymnastik und Sport (siehe S. 94), Kreativtherapie zur Verarbeitung der lebensbedrohlichen Erkrankung, Seniorengymnastik, Ernährungs- und Gesundheitsberatung etc. können zur Erholung und Vorbereitung auf den Alltag beitragen. Für Prostatakrebs-Patienten können aus dem Bereich Medizinische Rehabilitation folgende Maßnahmen relevant sein: • Onkologische (die Krebsheilkunde betreffende) Nachsorge leistungen, siehe S. 59 • Anschlussheilbehandlung, siehe S. 61 • Stufenweise Wiedereingliederung, siehe S. 64 • Berufliche Rehabilitation, siehe S. 63 57 Stationäre Medizinische Reha Voraussetzungen Dauer Antrag auf Medizinische Reha Bei stationären Rehamaßnahmen wohnt der Patient für die Zeit der Reha in einer entsprechenden Einrichtung. Landläufig wird die stationäre Reha auch als „Kur“ bezeichnet. Voraussetzungen für die Kostenübernahme von stationären Rehamaßnahmen: • Eine ambulante Rehamaßnahme reicht nicht aus. • Die stationäre Aufnahme ist aus medizinischen Gründen erforderlich. • Die stationäre Rehamaßnahme wird in Einrichtungen mit Versorgungsvertrag durchgeführt. Stationäre Medizinische Rehamaßnahmen dauern 3 Wochen. Eine Verlängerung aus medizinischen Gründen ist möglich. Der Patient muss die Medizinische Rehamaßnahme beim zuständigen Träger beantragen. Erforderlich sind eine ärztliche Bescheinigung, Arztbericht(e) und möglichst ein vom Patienten selbst verfasstes Schreiben. Der Leistungsumfang der Rehamaßnahmen liegt im Ermessen der Krankenkasse bzw. des Rentenversicherungsträgers und wird aufgrund medizinischer Erfordernisse festgelegt. Der behandelnde Arzt muss, entsprechend der Rehabilitationsrichtlinien, bei der Krankenkasse einen Antrag auf „Einleitung zur Rehabilitation oder alternative Angebote“ stellen. Kommt nach Ansicht der Krankenkasse eine Rehamaßnahme und sie selbst als Kostenträger in Betracht, dann bekommt der Arzt die „Verordnung von medizinischer Rehabilitation“ zugeschickt. Falls der Antrag bei einem anderen Kostenträger gestellt werden muss, z. B. dem Rentenversicherungsträger, wird dies von der Krankenkasse mitgeteilt. Es können nur Ärzte Leistungen zur Medizinischen Reha verordnen, die gemäß § 11 der Rehabilitationsrichtlinien hierfür qualifiziert sind. Eigentlich genügt bei den Anträgen für Rehamaßnahmen die Angabe der Indikationen nach der ICD 10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten). Es ist jedoch mittlerweile fast zur Regel geworden, dass der Arzt die Notwendigkeit der Medizinischen Reha ausführlich begründet. 58 Auf jeden Fall vermindert es das Risiko einer Ablehnung beim Kostenträger, wenn dem Antrag sofort eine ausführliche ärztliche Begründung beigefügt wird. Es kann durchaus sein, dass der MDK über das ärztliche Attest hinaus den Patienten zu einer Begutachtung einlädt, um die Notwendigkeit der Rehamaßnahme zu prüfen. Zwischen zwei bezuschussten Rehamaßnahmen muss in der Regel eine Wartezeit von 4 Jahren liegen. Wartezeit Ausnahmen macht die Krankenkasse bei medizinisch dringender Erforderlichkeit. Dies muss mit Arztberichten oder einem Gutachten des behandelnden Arztes bei der Krankenkasse begründet werden. Ausnahmen macht der Rentenversicherungsträger z. B. bei onkologischen Nachsorgeleistungen (siehe S. 60) oder wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind, weil ansonsten mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit zu rechnen ist. Versicherte müssen bei den meisten Medizinischen Rehamaßnahmen 10,– e Zuzahlungen pro Tag leisten. Die Dauer der Zuzahlung ist abhängig von der Art der Leistung, der Dauer der Leistung, vom Kostenträger und von bereits im selben Kalenderjahr anderweitig geleisteten Zuzahlungen. Zuzahlungen Der Patient sollte immer den Kostenträger der Rehamaßnahme über bereits im Kalenderjahr geleistete Zuzahlungen informieren und klären, was davon berücksichtigt wird. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es auch Zuzahlungsbefreiungen, z. B. bei Überschreiten der Belastungsgrenze (siehe S. 42), bei Bezug von Übergangsgeld oder bei niedrigem Einkommen. 59 Onkologische Nachsorgeleistung Onkologische Nachsorgeleistung sind sogenannte Nach- und Festigungskuren bei Krebserkrankungen. Sie zählen zur Medizinischen Reha und müssen beantragt werden. Voraussetzungen Damit der Rentenversicherungsträger die Kosten übernimmt, muss eine der folgenden versicherungsrechtlichen Voraus setzungen erfüllt sein: • Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 15 Jahren oder • 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten 2 Jahren vor Antragstellung oder • innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung wird eine versicherte oder selbstständige Beschäftigung bis zur Antragstellung ausgeübt oder nach einer solchen Beschäftigung liegt Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit bis zur Antragstellung vor oder • Bezieher einer Rente der Rentenversicherung oder • Ehegatte eines Versicherten der Rentenversicherung Zudem müssen folgende persönliche Voraussetzungen erfüllt sein: • Eine Diagnose im Sinne einer malignen (= bösartigen) Geschwulst- und Systemerkrankung muss vorliegen, z. B. Prostatakrebs. • Eine Operation oder Strahlenbehandlung muss abgeschlossen sein. Eine laufende Chemotherapie ist kein Hinderungsgrund. • Die durch den Prostatakrebs oder dessen Therapie erlittenen beruflichen, körperlichen, seelischen und/oder sozialen Beeinträchtigungen müssen therapierbar und positiv zu beein flussen sein. • Die Belastbarkeit für eine Nachsorgebehandlung muss gegeben sein. Der Arzt gibt eine entsprechende Einschätzung ab. 60 Zuzahlung Patienten zahlen 10,– e täglich zu, für maximal 42 Tage im Kalenderjahr. Dauer Onkologische Nachsorgeleistungen dauern bis zu 3 Wochen, wenn erforderlich auch länger. Onkologische Nachsorgeleistungen können bis zum Ablauf eines Jahres nach einer beendeten Primärbehandlung erbracht werden. Darüber hinaus können spätestens bis zum Ablauf von 2 Jahren nach beendeter Primärbehandlung onkologische Nachsorge leistungen erbracht werden, wenn erhebliche Funktions störungen entweder durch die Tumorerkrankung selbst oder durch Komplikationen bzw. Therapiefolgen vorliegen. Die Nachsorgeleistung kann auch als Anschlussheilbehandlung (siehe unten) erbracht werden. Praxistipps! Während einer onkologischen Nachsorgeleistung kann unter bestimmten Voraussetzungen Übergangsgeld (siehe S. 28) bezogen werden. Reisekosten können auf Antrag beim Rentenversicherungsträger geltend gemacht werden. Wer hilft weiter? Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger. Anschlussheilbehandlung Die Anschlussheilbehandlung (AHB) ist eine Rehamaßnahme, die im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhaus behandlung oder eine ambulante Operation erfolgt und zur Weiterbehandlung erforderlich ist. Ziel einer AHB ist, verloren gegangene Funktionen oder Fähigkeiten wiederzuerlangen oder auszugleichen und den Patienten wieder an die Belastungen des Alltags- und Berufslebens heranzuführen. Ziel 61 Voraussetzungen Die AHB zählt zur Medizinischen Reha. Sie wird in der Regel von Krankenhausärzten eingeleitet und über die Sozialberatung der letzten behandelnden Klinik beantragt. Dort ist eine frühzeitige Terminvereinbarung sinnvoll. Die AHB muss in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach der Entlassung beginnen. Besonderheit: Onkologische Reha-Leistung als AHB Ist bei einem Prostatakrebs nach dem Krankenhausaufenthalt eine ambulante Bestrahlung notwendig, kann die AHB auch vom niedergelassenen Radiologen eingeleitet werden. Die AHB sollte dann möglichst innerhalb von 14 Tagen nach der letzten Bestrahlung beginnen. Wenn der Patient noch nicht rehafähig ist (z. B. weil die Haut nach der Bestrahlung noch nicht abgeheilt ist) verlängert sich dieser Zeitraum auf 5 Wochen. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen Eine der folgenden versicherungsrechtlichen Voraus setzungen muss erfüllt sein: • Wartezeit von 15 Jahren oder • 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen in den letzten 2 Jahren oder • Bezug einer Erwerbsminderungsrente (siehe S. 31) oder • Wartezeit von 5 Jahren bei verminderter oder in absehbarer Zeit gefährdeter Erwerbsfähigkeit oder • Anspruch auf große Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Persönliche und medizinische Voraussetzungen • Indikation Prostatakrebs • Akutphase der Erkrankung bzw. Wundheilung muss abgeschlossen sein. • Patient muss frühmobilisiert sein. • Patient muss geistig fähig zur Teilnahme an den Therapien und weitestgehend selbstständig sein, d. h.: ohne Fremdhilfe zur Toilette gehen, selbstständig essen, sich allein waschen und ankleiden können. • Patient sollte reisefähig sein. Ein Krankentransport ist nur in Not- und Ausnahmefällen möglich. • Patient muss der AHB zustimmen. Dauer 62 Eine AHB dauert normalerweise 3 – 4 Wochen. Eine Verlängerung ist möglich, wenn Arzt oder Klinik die Verlängerung medizinischtherapeutisch begründen. Ist die AHB eine Leistung der Krankenkasse, müssen Patienten 10,– e pro Tag für maximal 28 Tage im Kalenderjahr zahlen. Zuzahlung Ist die AHB eine Leistung des Rentenversicherungsträgers, müssen Patienten 10,– e pro Tag für maximal 14 Tage im Kalenderjahr zahlen. Zuzahlungsbefreiungen sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Wer hilft weiter? Individuelle Fragen beantworten die Krankenkassen und Rentenversicherungsträger sowie die Sozialberatung im Krankenhaus. Berufliche Reha „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ ist der sozial rechtliche Fachausdruck für die berufliche Reha. Sie werden von den Versicherungsträgern (Rentenversicherungsträger, Sozialamt, Bundesagentur für Arbeit) übernommen, um die Erwerbsfähigkeit herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern und die Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Vorrangiges Ziel ist es, den bisherigen Arbeitsplatz zu erhalten. Ist dies nicht möglich, wird nach einem anderen, geeigneten Arbeitsplatz im bisherigen oder aber in einem anderen Betrieb gesucht. Wer hilft weiter? Sozialarbeiter in der Reha-Klinik informieren über die Möglichkeiten der beruflichen Re-Integration. Am Heimatort sind die Berater des Rentenversicherungsträgers, die Reha-Berater der Agentur für Arbeit und das Integrationsamt für diese Beratung zuständig. Zusammen mit den Beratern wird in der Regel auch der Antrag auf entsprechende Maßnahmen gestellt. Nach einer Prostatakrebsbehandlung können manche Männer nicht in vollem Umfang sofort wieder in den Beruf einsteigen. 63 Hier kann eine Stufenweise Wiedereingliederung (siehe unten) den Übergang erleichtern. Für manche Betroffenen sind Veränderungen am Arbeitsplatz notwendig. So kommen z. B. innerbetriebliche Umsetzung oder eine Umschulung in Betracht. Die behandelnden Ärzte sowie die Ärzte der Reha-Klinik und des Rententrägers schätzen ein, inwieweit die bisherige Tätigkeit weiter ausgeübt werden kann. Praxistipp! Eine Krebserkrankung ist ein Einschnitt im Leben. Sie kann grundlegende Einstellungen zum Sinn des Lebens, zu Zielen und Prioritäten verändern. Was den Arbeitsplatz anbelangt, sollten Patienten jedoch keinesfalls vorzeitig kündigen, sondern sich Zeit zugestehen und sich ausführlich beraten lassen. Stufenweise Wiedereingliederung Im Anschluss an die Akutbehandlung und die Medizinische Reha bei Prostatakrebs spielt die Stufenweise Wieder eingliederung eine entscheidende Rolle beim Erhalt des Arbeitsplatzes. Die Stufenweise Wiedereingliederung (sogenanntes „Hamburger Modell“) soll arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach längerer schwerer Krankheit schrittweise an die volle Arbeitsbelastung heranführen und so den Übergang zur vollen Berufstätigkeit erleichtern. Während der Stufenweisen Wiedereingliederung ist der Arbeitnehmer noch krankgeschrieben. Kostenträger 64 Die Stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der Medizinischen Reha. Beginnt sie innerhalb von 4 Wochen nach Entlassung aus einer Reha-Klinik, ist die Rentenversicherung Kostenträger. Ansonsten ist meist die Krankenkasse zuständig. Es müssen bei allen Kostenträgern folgende Voraussetzungen erfüllt sein: • Der behandelnde Arzt stellt fest, dass die bisherige Tätigkeit wenigstens teilweise wieder aufgenommen werden kann. • Es liegt vor und während der Maßnahme eine Arbeits unfähigkeit vor. • Arbeitgeber und Arbeitnehmer stimmen der Maßnahme zu. • Der Versicherte wird am bisherigen Arbeitsplatz eingesetzt. Voraussetzungen Schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer haben im Gegensatz zu nicht Schwerbehinderten einen Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Stufenweisen Wieder eingliederung, wenn ein Wiedereingliederungsplan vorliegt, der alle aus ärztlicher Sicht zulässigen Arbeiten enthält und eine Prognose darüber, ob und wann mit der vollen oder teilweisen Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist. Nur in Einzelfällen kann der Arbeitgeber eine Stufenweise Wiedereingliederung eines Schwerbehinderten wegen Unzumutbarkeit ablehnen. Die Dauer der Stufenweisen Wiedereingliederung ist abhängig vom individuellen gesundheitlichen Zustand. In der Regel dauert sie 6 Wochen bis 6 Monate. Dauer In der Regel erhält der Versicherte während der Stufenweisen Wiedereingliederung weiterhin sogenannte Entgeltersatz leistungen, also z. B. Krankengeld von der Krankenkasse, Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger oder Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit von der Agentur für Arbeit. Falls der Arbeitgeber während der Maßnahme freiwillig Arbeitsentgelt entrichtet, wird dies angerechnet und führt zu Kürzungen bzw. zum Wegfall der Entgeltersatzleistung. Es besteht allerdings keine Zahlungspflicht für den Arbeitgeber. Finanzielle Sicherung Praxistipp! Findet die Stufenweise Wiedereingliederung unmittelbar im Anschluss an eine Rehamaßnahme statt, sollte sie im Laufe der Reha beantragt werden. Dazu füllen Sozialberatung der RehaKlinik in Kooperation mit Arzt und Patient gemeinsam den Antrag aus und erstellen gemeinsam einen „Wiedereingliederungsplan“ aus dem hervorgeht, mit welcher Tätigkeit und Stundenzahl der Arbeitnehmer beginnt, in welchem Zeitraum und wie Art und Umfang der Tätigkeit gesteigert werden. Wer hilft weiter? Bei Prostatakrebs in der Regel die Krankenkasse oder der Renten versicherungsträger sowie die Sozialberatung der Reha-Klinik, der behandelnde Arzt oder der Arbeitgeber. 65 Nachsorge Die Nachsorge hat das Ziel, ein Wiederauftreten von Prostatakrebs (Rezidiv) frühzeitig zu erkennen und wirksam zu behandeln, Begleiterkrankungen festzustellen, zu behandeln bzw. zu lindern und den Patienten bei seinen physischen, psychischen und sozialen Problemen zu unter stützen. Voraussetzungen Nach der Behandlung des Prostatakrebses stehen die körperlichen, speziell die urologischen Untersuchungen und die Kontrolle des PSA-Werts im Mittelpunkt. Die Kontrolluntersuchungen finden in der Regel, je nach vorangegangener Therapie, in den ersten beiden Jahren im Abstand von 3 Monaten, danach alle 6 Monate und ab dem 5. Jahr jährlich statt. Dabei wird auf eine erneute Tumorbildung genauso geachtet wie auf mögliche Begleit- und Folgekrankheiten wie Knochenschmerzen, Probleme beim Wasserlassen, Thrombosen etc. Nachbetreuung Zur Nachsorge gehören nicht nur medizinische Untersuchungen, sondern auch die Unterstützung des Patienten bei seelischen Belastungen. Viele Kliniken verfügen über einen Sozialdienst, der bei sozialen, sozialrechtlichen und finanziellen Problemen hilft, z. B. bei der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises (siehe S. 69) oder bei Fragen der häuslichen Versorgung, z. B. ambulanter oder stationärer Pflege (siehe S. 108). Bei Bedarf kann auch psychologische Hilfe in Anspruch genommen werden. In Gruppengesprächen werden dem Patienten Informationen zur Erkrankung gegeben und die Betroffenen können sich untereinander austauschen. Dies kann Ängste verringern und der Patient merkt, er ist mit seinen Sorgen nicht allein. Zudem kann er von den Erfahrungen anderer lernen. In vielen Kliniken werden auch Entspannungsübungen für den Alltag angeboten. Probleme, die der Patient in der Gruppe nicht ansprechen möchte, kann er in Einzelgesprächen mit einem Psychologen zur Sprache bringen. Dabei geht es vor allem darum, dass Patient und Therapeut gemeinsam Strategien zur psychischen Krankheitsbewältigung entwickeln (siehe auch Psychoonkologie S. 82 und Psychotherapie S. 83). 66 Schwerbehinderung Bei Prostatakrebs kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) bzw. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) festgestellt werden. Der GdB/GdS richtet sich nach der Behandlungsnotwendigkeit. Ab einem GdB von 50 gilt ein Patient als schwerbehindert und kann für sich Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. 67 Definition „schwerbehindert“ Als schwerbehindert nach dem SGB IX (§ 2 Abs. 2 SGB IX) gelten Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50. Leistungen nach dem SGB IX erhalten sie nur, wenn sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung in Deutschland haben. Als behindert nach dem SGB IX (§ 2 Abs. 1 SGB IX) gelten Personen, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit zu einer Beeinträchtigung führen, die für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. Schwerbehinderte erhalten auf Antrag beim Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis. Dieser kann je nach Art der Behinderung Merkzeichen enthalten, wodurch der Schwerbehinderte Vergünstigungen in Anspruch nehmen kann. Wer hilft weiter? Informationen zum SGB IX und zu Behinderung gibt das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter 030 221 911 006, Mo–Do von 8–20 Uhr. Fragen zu Leistungen für Schwerbehinderte oder Unklarheiten über die Zuständigkeiten der jeweiligen Leistungsträger beantworten die örtlichen Servicestellen. Praxistipp! Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet die kostenlose CD-ROM „Informationen für behinderte Menschen“ an. Diese kann unter www.bmas.de > Service > Publikationen bestellt werden. 68 Schwerbehindertenausweis Der Schwerbehindertenausweis belegt Art und Schwere der Behinderung und muss vorgelegt werden, wenn Leistungen oder Vergünstigungen für Behinderte beantragt oder in Anspruch genommen werden. Nach der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB, siehe S. 70) bekommt der Behinderte vom Versorgungsamt einen sogenannten Feststellungsbescheid. Ab einem GdB von 50 besteht die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Antragsformulare sind beim Versorgungsamt erhältlich. Praxistipps! Folgende Punkte helfen bei der Antragstellung: • Nicht nur die Grunderkrankung, sondern auch alle zusätzlichen Beeinträchtigungen (z. B. Sehfehler) und Begleiterscheinungen angeben. • Kliniken und Ärzte anführen, die am besten über die angeführten Gesundheitsstörungen informiert sind. Dabei unbedingt die dem Antrag beiliegenden Schweigepflichts entbindungen und Einverständniserklärungen ausfüllen, damit das Versorgungsamt bei den angegebenen Stellen die entsprechenden Auskünfte einholen kann. • Antragstellung mit dem behandelnden Arzt absprechen. Der Arzt sollte in den Befundberichten die einzelnen Auswirkungen der Erkrankung (z. B. körperliche Belastbarkeit) detailliert darstellen. Diese Kriterien, nicht allein die Diagnose, entscheiden über den Grad der Behinderung. • Bereits vorhandene ärztliche Unterlagen gleich bei Antrag stellung mit einreichen, z. B. Krankenhausentlassungsbericht, Kurbericht, alle die Behinderung betreffenden Befunde in Kopie. • Lichtbild beilegen. • Nach der Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) bekommt der Behinderte vom Versorgungsamt einen so genannten Feststellungsbescheid. Ab einem GdB von 50 besteht die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis zu bekommen. Der Ausweis wird in der Regel für längstens 5 Jahre ausgestellt. Er kann auf Antrag höchstens zweimal verlängert werden. Danach muss ein neuer Ausweis beantragt werden. Gültigkeit 69 Antrag auf Erhöhung Verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Menschen mit Schwerbehindertenausweis oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung durch eine neue Krankheit dazu, dann sollte beim Versorgungsamt ein Antrag auf Erhöhung des GdB gestellt werden. Der Vordruck für den Antrag wird auf Anfrage vom Versorgungsamt zugeschickt und es wird geprüft, ob ein neuer Schwerbehindertenausweis mit eventuell neuen Merkzeichen ausgestellt wird. Grad der Behinderung Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert bei Behinderten die Schwere der Behinderung. Er wird durch das Versorgungs- amt festgestellt, soweit er nicht bereits anderweitig fest gestellt wurde, z. B. durch Rentenbescheid oder durch eine Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung. GdB und Grad der Schädigungsfolgen (GdS) GdB und GdS haben die Auswirkungen von Funktions beeinträchtigungen auf alle Lebensbereiche, nicht nur die Einschränkungen im Erwerbsleben zum Inhalt. Sie sind ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Aus wirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. GdB und GdS werden nach gleichen Grundsätzen bemessen. Die Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der GdS nur auf Schädigungsfolgen (kausal) bezogen ist, während der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (final) bezogen ist. GdB und GdS werden in 10er-Graden bis maximal 100 angegeben. Versorgungsmedizinische Grundsätze Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“. Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) bzw. des Grads der Schädigungsfolgen (GdS). Die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“ können beim Bundesjustizministerium unter www.gesetze-im-internet.de/ versmedv/anlage_8.html eingesehen werden. 70 Die unten genannten GdB/GdS-Sätze sind Anhaltswerte. Es ist unerlässlich, alle leistungsmindernden Störungen auf körper lichem, geistigem und seelischem Gebiet in jedem Einzelfall zu berücksichtigen. Maligner Prostatatumor ohne Notwendigkeit einer Behandlung auf Dauer hormonbehandelt GdB bei Prostatakrebs GdB/GdS 50 wenigstens 60 Nach Entfernung eines bösartigen Prostatatumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS während einer Heilungsbewährung … GdB/GdS … von 2 Jahren nach Entfernung im Stadium T1a N0 M0 (Grading G1) 50 … von 5 Jahren nach Entfernung in den Stadien T1a N0 M0 (Grading ab G2) und (T1b bis T2) N0 M0 50 … von 5 Jahren nach Entfernung in höheren Stadien wenigstens 80 Die Heilungsbewährung beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Tumor durch Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie (Primärtherapie) als beseitigt angesehen werden kann. Merkzeichen Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis kennzeichnen die Art der Behinderung und die damit verbundenen Leistungen und Vergünstigungen. Zuständig ist das Versorgungsamt. Nachfolgend einige Merkzeichen, die bei Prostatakrebs in fortgeschrittenem Stadium in Frage kommen können: • Merkzeichen aG - außergewöhnlich gehbehindert • Merkzeichen B - Begleitung erforderlich • Merkzeichen G - gehbehindert Das Versorgungsamt richtet sich bei der Zuerkennung der Merkzeichen nach den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“, Näheres siehe bei GdB auf S. 70. Versorgungsmedizinische Grundsätze 71 Nachteilsausgleiche Hat ein Patient eine anerkannte Schwerbehinderung, kann er, abhängig vom Grad der Behinderung (GdB) und von den Merkzeichen, verschiedene Nachteilsausgleiche und Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Praxistipp! Zwei umfassende Tabellen zu den Nachteilsausgleichen in Abhängigkeit vom GdB und vom Merkzeichen können Sie im Internet downloaden unter: www.betanet.de/download/tab3-gdb-nachteilsausgl4.pdf www.betanet.de/download/tab1-merkzeichen-pdf.pdf Steuervorteile für Schwerbehinderte Durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder des Bescheids über die Schwerbehinderung können Behinderte steuerliche Vergünstigungen beim Finanzamt geltend machen. Zu den Steuervergünstigungen zählen z. B.: • Pauschbetrag für Behinderte • außergewöhnliche Belastungen bei Pflegepersonen, Pflegepauschbetrag • außergewöhnliche Belastungen durch private Kraftfahrzeugkosten Zudem kann es für Schwerbehinderte Erleichterungen bei der Kraftfahrzeugsteuer, der Vermögenssteuer, der Erbschafts- und Schenkungssteuer, der Hundesteuer (Blinde, Gehörlose, Hilflose) und der Umsatzsteuer geben. Pauschbetrag für Behinderte Pauschbeträge für Behinderte sind Freibeträge, die vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden (§ 33 b EStG). Der Freibetrag kann • auf der Lohnsteuerkarte eingetragen oder • im Jahresausgleich rückwirkend geltend gemacht werden. Die Pauschbeträge erhalten • Behinderte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 • Behinderte mit einem GdB von mindestens 25, – denen wegen der Behinderung nach gesetzlichen Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zustehen, oder – wenn die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat. 72 Der Pauschbetrag ist abhängig vom GdB und beträgt jährlich zwischen 310,– und 1.420,– e. Der Pauschbetrag wird stets in voller Höhe gewährt, auch wenn die Voraussetzungen nicht während des ganzen Kalenderjahres vorgelegen haben. Wird der GdB verringert oder erhöht, gilt für das jeweilige Kalenderjahr der Pauschbetrag nach dem höchsten GdB. Beim Pauschbetrag sind keine Nachweise für einzelne Auf wendungen nötig. Übersteigen allerdings die tatsächlichen, zwangsläufigen Mehraufwendungen in der privaten Lebens führung des Behinderten die Pauschbeträge, ist es besser, auf den Pauschbetrag zu verzichten und die tatsächlichen Auf wendungen geltend zu machen. Diese müssen dann mit Belegen nachgewiesen werden. Wer einen Pflegebedürftigen der Pflegestufe III (siehe S. 112), einen Schwerbehinderten oder eine hilflose Person (Merkzeichen H) persönlich pflegt, kann entweder die tatsächlichen Kosten (sie sind nachzuweisen) oder einen Pflegepauschbetrag von 924,– e jährlich absetzen. Die Kosten beziehungsweise der Pflegepauschbetrag gelten als außergewöhnliche Belastung und können zusätzlich zu den o.g. Pauschbeträgen geltend gemacht werden. Außergewöhnliche Belastungen für Pflegepersonen Voraussetzung ist, dass die Pflegeperson für die Pflege keine Einnahmen erhält. Pflegegeld gilt nicht als Einnahme. Behinderte können behinderungsbedingte Fahrten (z. B. zum Arzt, zur Apotheke, zur Therapie, zur Behörde) als außer gewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen: • GdB ab 80 oder Merkzeichen G mit einem GdB von 70: Jährlicher Pauschbetrag 900,– e ohne Nachweis. Dies entspricht 3.000 km à 30 Cent. Höhere behinderungsbedingte Fahrtkosten müssen mit einem Fahrtenbuch nachgewiesen werden. • Merkzeichen aG, Merkzeichen Bl und Merkzeichen H: Fahrten bis zu 15.000 km jährlich (à 30 Ct./km = 4.500,– e) können abgesetzt werden, sofern sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden (z.B. durch ein Fahrtenbuch). Außergewöhnliche Belastungen durch private Kraftfahrzeug kosten Wer hilft weiter? Individuelle Auskünfte zu allen steuerlichen Vergünstigungen geben die zuständigen Finanzämter, speziell Behinderte betreffend auch das Versorgungsamt. 73 Zusatzurlaub Kündigungsschutz Gleichstellung Schwerbehinderte haben Anspruch auf zusätzlich 5 bezahlte Urlaubstage im Jahr. Bei mehr oder weniger als 5 Arbeitstagen in der Woche erhöht bzw. vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Die Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf in der Regel der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen. Arbeitnehmer mit einem GdB von 30 bis unter 50 sind beim Kündigungsschutz Schwerbehinderten „gleichgestellt“, wenn sie infolge ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder behalten können. Die Gleichstellung erfolgt durch die Agentur für Arbeit. Der Antrag muss unmittelbar dort gestellt werden, unter Vorlage des Feststellungsbescheids des Versorgungsamts und eines Schreibens des Arbeitgebers, der den Behinderten als Schwer behinderten einstellen bzw. weiterbeschäftigen würde. Die Gleichstellung wird mit dem Tag der Antragstellung wirksam. Sie kann befristet werden. Fahrdienste für Schwerbehinderte Als „Erleichterung im Personenverkehr“ können Schwerbehinderte Fahrdienste kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr benutzen. Die Fahrdienste sind von den Wohlfahrtsverbänden eingerichtet und werden vom örtlichen Sozialhilfeträger finanziert. Dabei werden kostenlose Fahrgutscheine ausgegeben oder aber vom Behinderten der Nahverkehrstarif für die private Beförderung verlangt. Fahrdienste sind freiwillige Leistungen der Gemeinden, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Öffentliche Verkehrsmittel 74 Behinderte können öffentliche Verkehrsmittel vergünstigt oder kostenlos benutzen. Eine notwendige Begleitperson fährt umsonst mit. Beförderung im Nahverkehr Definition „öffentlicher Nahverkehr“ • Straßenbahnen, Busse, U- und S-Bahnen. • Zug (2. Klasse), wenn er in einen Verkehrsverbund einbezogen ist und mit Verbundfahrschein benutzt werden kann. • Züge der Deutschen Bahn in der 2. Klasse im gesamten Bundesgebiet. Zuschläge (z.B. für EC, IC, ICE) müssen allerdings gezahlt werden. • Schiffe im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr im Ortsund Nachbarschaftsbereich. Voraussetzungen für die unentgeltliche Beförderung sind: • Schwerbehindert mit Merkzeichen G, Merkzeichen aG, Merkzeichen H, Merkzeichen Bl und • Orangefarbener Flächenaufdruck auf dem Schwerbehindertenausweis und • Gültiges Beiblatt mit Wertmarke Voraussetzungen Es gibt 2 Wertmarken: • Wert 36,– e für die kostenlose Beförderung für 6 Monate • Wert 72,– e für die kostenlose Beförderung für 12 Monate Schwerbehinderte mit Merkzeichen G, Merkzeichen aG oder Merkzeichen Gl müssen das weiße Beiblatt mit 72-e- oder 36-e-Wertmarke bezahlen. Die 72-e-Wertmarke ist kostenlos für: • Schwerbehinderte, die Arbeitslosengeld II, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (siehe S. 31) oder Sozialhilfe erhalten. • Schwerbehinderte mit Merkzeichen H oder Merkzeichen Bl Die Wertmarken müssen beim Versorgungsamt beantragt werden. Eine BahnCard ermöglicht den Kauf von Bahnfahrkarten zum reduzierten Preis. • Schwerbehinderte mit einem GdB von mindestens 70 können die BahnCard 50 und die Bahncard 25 zum ermäßigten Preis erwerben. • Rollstühle, Führhunde und orthopädische Hilfsmittel werden unentgeltlich befördert. Die Platz- oder Abteilreservierung ist kostenlos. Ermäßigte Bahnfahrten 75 Wer hilft weiter? Auskünfte und Ausweise gibt es bei den Versorgungsämtern, den Verkehrsbetrieben vor Ort und der Deutschen Bahn. Hilfen im Flugverkehr Begleitperson Die meisten deutschen Linienfluggesellschaften befördern notwendige Begleitpersonen von Behinderten mit Merkzeichen B im innerdeutschen Flugverkehr kostenlos. Hilfen für Menschen mit Einschränkungen Mittlerweile sind fast alle internationalen Flughäfen weltweit so ausgestattet, dass sie den Bedürfnissen gehbehinderter, aber auch seh- und hörbehinderter Passagiere entsprechen. Es ist wichtig, dass der Fluggast bereits bei der Buchung des Tickets im Reisebüro oder bei der Fluglinie direkt seine Einschränkungen und Bedürfnisse mitteilt. Folgende Dienste werden z. B. angeboten: • Behindertengerechte Schalter beim Check-in • Sonderbetreuungsräume für behinderte Passagiere • Rollstuhlservice: Bodenpersonal begleitet den behinderten Menschen vom Abflugbereich zum Flugzeug, von Flugzeug zu Flugzeug (Umsteiger) oder vom Flugzeug zum Ankunftsbereich. Flughafeneigene Rollstühle werden zur Verfügung gestellt. Wer hilft weiter? Informationen über Einrichtungen, Serviceleistungen, Anlaufstellen und sonstige Ermäßigungen für behinderte Fluggäste geben Reisebüros bzw. Flughäfen und -gesellschaften. 76 ©Kurhan_fotolia.com Partnerschaft und Sexualität Einige Behandlungsformen bei Prostatakarzinom können zu Inkontinenz und Impotenz führen. Der Verlust der Erektionsfähigkeit beeinträchtigt das männliche Selbstverständnis zutiefst. Kommunikation ist deshalb wichtig, auch Selbsthilfegruppen und Internetforen können helfen. 77 Viele Patienten mit Prostatakarzinom verschweigen die Diagnose zunächst sogar vor ihren nächsten Angehörigen. Sie meinen, sie nicht „unnötig belasten“ zu müssen. Allerdings spüren die nahen Angehörigen sehr bald die Veränderungen und dieses Schweigen kann eine größere Belastung darstellen als die Mitteilung der Diagnose. Außerdem geht den Betroffenen eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Unterstützung verloren. Denn mit den nächsten Angehörigen kann man in der Regel noch am besten über Ängste und schwierige Themen wie Inkontinenz und Impotenz sprechen. Aber auch „der beste Freund“ kann eine große Stütze sein. Impotenz (erektile Dysfunktion) Bei Prostatakrebs kann es infolge der Therapie zu einer zeitweisen oder dauerhaften Impotenz kommen, medizinisch „erektile Dysfunktion“. Da nicht nur der Krebs und seine Folgen, sondern auch viele andere Gründe, z. B. Stress oder Bewegungsarmut, die Erektionsfähigkeit beeinflussen, wird die erektile Dysfunktion nachfolgend umfassend betrachtet. Von einer erektilen Dysfunktionsstörung (ED) spricht man, wenn in einem Zeitraum von einem halben Jahr in mehr als 70 % der Versuche keine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion erreicht oder aufrechterhalten werden kann. Kommunikation Erektile Dysfunktion ist ein Thema, über das Männer verständ licherweise nicht gerne reden. Zu sehr ist ED ein Tabuthema. Dabei herrscht bei den Betroffenen ein hoher Leidensdruck. Hinzu kommt die Angst, von der Partnerin abgelehnt zu werden. Ein zusätzlicher „Erfolgsdruck“ verschlimmert dann die Versagens ängste. Typisch männlich ist der Wunsch, allein mit dem Problem fertig zu werden. Häufig ziehen sich betroffene Männer von ihrer Partnerin zurück, gehen jeder Zärtlichkeit aus dem Weg oder verweigern ein Gespräch über ihre Probleme. 78 Dieses Verhalten hat oft negative Auswirkungen auf die Partnerschaft. Da die Partnerin wegen der mangelnden Gesprächs bereitschaft oft nicht weiß, was im Mann vorgeht, kann sie nur Vermutungen anstellen und wird dadurch selbst verunsichert. Deswegen sollten sich Männer bewusst machen, dass sie die Beziehung gefährden, wenn sie das Gespräch verweigern, d. h.: Nicht die fehlende Erektion führt zu Partnerschaftsproblemen, sondern die mangelnde Gesprächsbereitschaft. Wesentliche Voraussetzungen für ein gelingendes Gespräch über sexuelle Probleme sind: • Klarheit über die eigenen sexuellen Bedürfnisse, • Sachkenntnis über die Ursachen und Behandlungsmöglich keiten von Erektionsstörungen und • Überzeugung, dass eine Lösung möglich ist. Sexualität kann in jedem Alter die intensivste Möglichkeit sein, sich gegenseitig Nähe, Zärtlichkeit und Geborgenheit zu schenken. Auch mit Erektionsstörungen kann befriedigender Sex möglich sein. Nicht für alle Frauen ist Penetration dabei wichtig. Andernfalls sollte über Behandlungsmöglichkeiten (siehe unten) nachgedacht werden. Sind keine zielführenden Gespräche möglich, kann professionelle Hilfe in einer Paarberatung gefunden werden, z. B. bei Pro Familia. Beratung zum Thema „erektile Dysfunktion“ bieten außerdem: • Bundesweite Informationszentrum Sexualität und Gesundheit (ISG e. V.), Infoline für Erektionsstörungen und Sexuelle Funktionsstörungen, Geschäftsstelle, c/o Uniklinik Freiburg, Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg, Telefon 0180 5558484 (14 Ct./Min.) Mo–Fr von 10–12 und 16-18 Uhr E-Mail: [email protected], www.isg-info.de. • Selbsthilfegruppe „erektile Dysfunktion“, Weiherweg 30a, 82194 Gröbenzell, Telefon 08142 597099 oder 030 76689521, E-Mail: [email protected] www.impotenz-selbsthilfe.de. Da die Ursachen für eine ED so vielfältig sein können, ist es unerlässlich, dass vor dem Beginn einer Therapie eine gründliche Diagnose gestellt wird. Neben einem ausführlichen Arztgespräch können die Blutabnahme zur Hormonbestimmung und ein Schwellkörperinjektionstest zur Diagnostik gehören. Gründliche Diagnose 79 Therapiemöglichkeiten Für eine ED gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten: Medikamentöse Behandlung Verschiedene Wirkstoffe kommen für eine Behandlung von ED in Frage. Dabei können Wirkweise und Nebenwirkungen bei Patienten individuell sehr unterschiedlich sein. Daher sollte die Behandlung immer mit dem Arzt abgesprochen werden. Arzneimittel, bei denen die Erhöhung der Lebensqualität im Mittelpunkt steht – und dazu zählen „Potenzmittel“ – werden von den Krankenkassen nicht übernommen. Mechanische Erektionshilfen Erektionsringe und Vakuumerektionshilfen sind mechanische Hilfsmittel zur Erzeugung einer Erektion. Nähere Informationen zu diesen Erektionshilfen und zur Kostenübernahme unter Hilfsmittel siehe S. 48. Schwellkörper-Implantat Ein Implantat ist eine letzte Möglichkeit, wenn andere Therapien nicht erfolgreich sind. Operativ wird ein Kunststoffzylinder eingeführt, mit dessen Hilfe eine Erektion erzeugt werden kann. Der Eingriff kann nicht rückgängig gemacht werden, weil dabei große Teile der Schwellkörper zerstört werden. Es gibt biegsame Implantate, die den Penis dauerhaft versteifen, und auffüllbare hydraulische Implantate. Letztere kommen einer natürlichen Erektion am nächsten und sind von außen (z. B. Sauna) nicht zu erkennen. Die Krankenkasse trägt die Kosten nur nach gründlicher Prüfung unter der Voraussetzung, dass der Eingriff medizinisch not wendig ist. Weil das hydraulische Implantat sehr viel teurer ist, macht die Krankenkasse hier oft eine Einzelfallprüfung. Testosteron-Ersatztherapie Liegt eine hormonelle Ursache für die ED vor, kann die ErsatzTherapie den Testosteronmangel ausgleichen. Allerdings kann Testosteron Prostatakrebs begünstigen und Testosteronentzug ist ein Teil der Therapie. Deshalb gibt es bei Prostatakrebs in der Regel keine Testosteron-Ersatztherapie. 80 Lebensstiländerung Übergewicht und Bewegungsmangel begünstigen eine ED. Deshalb kann die Änderung des Lebensstils insbesondere bei vorübergehender ED ein Aspekt sein, der die Potenz fördert. Patienten nach Prostatakrebs sollten aber ihre Ansprüche an sich selbst auch nicht zu hoch schrauben. Die Krankheit und insbesondere ihre Therapie fordern dem Körper enorm viel ab – sportlicher Ehrgeiz kann dann sogar schaden. Mehr zu Ernährung siehe S. 90 und zu Sport siehe S. 92. Psychotherapeutische Beratung oder Behandlung Durch die ED kann das Selbstwertgefühl herabgesetzt werden. Neben Versagensängsten können auch starker Stress (durch die Arbeit und/oder die Erkrankung) und Depressionen zu einer ED beitragen. Selbst wenn eine organische Ursache vorliegt, wie das bei Prostatakrebs der Fall ist, geht das meist mit einer psychischen Beeinträchtigung einher. Die Behandlung der psychischen Faktoren sollte deshalb immer mitbedacht werden, es muss allerdings nicht immer gleich eine Psychotherapie erfolgen. Oft bietet schon der Austausch in einer Selbsthilfegruppe oder eine Sexualberatung Entlastung (Adressen siehe S. 79). Bei Prostatakrebs bieten insbesondere Kliniken in der Nachsorge und Rehabilitation Beratung und Behandlung von Erektions störungen an – siehe S. 82 „Psychoonkologie“. Bei schwierigeren Fällen ist eine psychotherapeutische Behandlung anzuraten, siehe S. 83. 81 Psychoonkologie Eine Krebserkrankung hat für die Patienten Auswirkun gen auf psychischer, seelischer und sozialer Ebene. Psycho onkologen unterstützen Patienten bei der individuellen Krankheitsbewältigung und bei möglichen Bewältigungs strategien. Psychoonkologen Unter Psychoonkologie versteht man einen interdisziplinär orientierten Ansatz, der sich mit den psychosozialen Aspekten bei der Entstehung, dem Verlauf und der Behandlung einer Krebserkrankung beschäftigt. Zum Psychoonkologen fortbilden können sich Mitarbeiter verschiedener Fachrichtungen, z. B. Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten, Sozialpädagogen oder Krankenpfleger, die mit krebskranken Menschen arbeiten. Therapie Krebspatienten, die therapeutische Unterstützung suchen, sind bei speziell ausgebildeten Psychoonkologen in guten Händen. Nicht immer ist es allerdings möglich, vor Ort und zum passenden Zeitpunkt einen Termin zu bekommen. Alternativ können Patienten sich einen Psychotherapeuten suchen, der aber Erfahrung in der Arbeit mit chronisch kranken Menschen haben sollte. In der psychoonkologischen Einzeltherapie stehen folgende Aspekte oft im Mittelpunkt der Behandlung: • Bedeutung der Krankheit • Suche nach Sinn und Perspektiven • Entdecken eigener Ressourcen • Veränderung von Einstellungen, Werten, Partnerschaft, Beziehungen •Neuorientierung Wer hilft weiter? Eine Adresssammlung von psychotherapeutisch arbeitenden Psychoonkologen in Deutschland bietet der Krebsinformationsdienst unter www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/adressen/wpo.php. 82 Psychotherapie Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die Krankenversicherung die Kosten bestimmter psycho therapeutischer Behandlungen (im Sinne einer Kranken behandlung). Für eine Psychotherapie ist keine Überweisung durch einen Arzt erforderlich. Der gewählte Psychotherapeut muss allerdings eine Kassenzulassung haben, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Therapeutenwahl Es ist möglich, bis zu 5 Probestunden (bei einer analytischen Psychotherapie bis zu 8) bei einem gewählten Therapeuten zu machen, bis man entscheidet, ob man dort die Therapie durchführen will. Probesitzungen Nach diesen „probatorischen“ Sitzungen, auf jeden Fall bevor die eigentliche Therapie beginnt, muss ein Arzt, z. B. Hausarzt, Internist oder Neurologe, aufgesucht werden, um abzuklären, ob eventuell eine körperliche Erkrankung vorliegt, die zusätzlich medizinisch behandelt werden muss. Dieser Arztbesuch erübrigt sich bei einem ärztlichen Psychotherapeuten, also einem studierten Mediziner mit Zusatzausbildung Psychotherapie. Praxistipps! Es ist nicht immer einfach einen Therapeuten zu finden, der auch freie Plätze hat. Folgende Links können helfen: • Kassenärztliche Vereinigungen (KV): www.kbv.de > Die KBV > Mitglieder > Adressliste. Dort stehen die Internetadressen der regionalen KVen, die z. T. eine sogenannte „Koordinationsstelle Psychotherapie“ ein gerichtet haben. • Therapeutensuche der KV: www.kbv.de > Service > Arztsuche. • Suchservice der Bundespsychotherapeutenkammer: www.bptk.de/service/therapeutensuche.html. • Therapeutensuche Psychotherapie-Informations-Dienst beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen: www.psychotherapiesuche.de oder Telefon 030 209166330. Manche Psychotherapeuten stehen auch im Telefonbuch unter „Ärzte“ oder in den Gelben Seiten unter „Psychotherapie“ oder „Psychologie“. 83 Behandlung bei Therapeuten ohne Kassenzulassung Falls ein Patient nachweisen kann, dass erst nach mehrmonatiger Wartezeit ein Therapieplatz in der Region frei wird, kann die Krankenkasse auf Antrag auch die Therapie bei einem Psycho therapeuten mit Berufszulassung, jedoch ohne Kassenzulassung genehmigen. Daher sollte eine Liste der vergeblichen Suche mit Namen der Psychotherapeuten, Anrufdatum und Wartezeit angefertigt und bei der Krankenkasse vorgelegt werden. Diese prüft jedoch selbst nach, ob tatsächlich kein Platz bei Therapeuten, mit denen Verträge bestehen, zu bekommen ist. Erst wenn die Genehmigung der Krankenkasse vorliegt, kann die Therapie dort begonnen werden. Antragsverfahren Der Patient muss bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie stellen. Hierzu teilt der behandelnde Psychotherapeut der Krankenkasse die Diagnose mit, begründet die Indikation und beschreibt Art und Dauer der Therapie. Derzeit anerkannt sind psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie. Zu den anerkannten psychoanalytisch begründeten Verfahren zählen die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie. Für andere Therapien übernehmen die Kassen die Kosten nur im Einzelfall. Vereinfachte Unterscheidung „psychoanalytisch“ und „verhaltenstherapeutisch“ Psychoanalytisch begründete Verfahren setzen sich eher mit dem Unbewussten auseinander, um aktuelle Konflikte zu bearbeiten. Sie beschäftigten sich mit der Vergangenheit, um daraus die Gegenwart zu erklären. Verhaltenstherapeutische Verfahren arbeiten mehr über das bewusste Denken, Fühlen und Handeln, um Erkenntnisse oder Veränderungen zu erreichen. Sie setzen an der Gegenwart an, um die Zukunft zu verändern. Dauer 84 Die Dauer einer Psychotherapie ist abhängig von der Art der Behandlung. Die Probesitzungen zählen nicht zur Therapie. Eine Sitzung dauert mindestens 50 Minuten. Einige Beispiele: • Eine Kurzzeittherapie umfasst maximal 25 Sitzungen, auch halbstündige Sitzungen. • Verhaltenstherapie umfasst 45, in besonderen Fällen bis 60 Stunden. • Bei Gruppentherapie zählt eine Gruppensitzung (100 Minuten) wie 2 Einzelsitzungen. Sie umfasst maximal 90 Sitzungen. Eine Verlängerung kann beantragt werden, wenn mit Ende der Therapiezeit das Behandlungsziel nicht erreicht werden kann, aber bei Fortführung der Therapie begründete Aussicht darauf besteht. Praxistipp! Es gibt von der Verbraucherzentrale (Bundesverband) einen neutralen kostenpflichtigen Ratgeber „Psychotherapie“. Informationen und Bestellung unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de/psychotherapie. Wer hilft weiter? Ansprechpartner sind die Krankenkassen. Kinder krebskranker Eltern Wenn der Vater an Prostatakrebs erkrankt, sollte auch mit den Kindern frühzeitig über die Krankheit gesprochen werden. Kinder spüren schon in jungen Jahren intuitiv, wenn Eltern in Gefahr sind, und empfinden die Ungewissheit als eine größere Belastung als die Wahrheit. Manche Eltern möchten die Kinder schonen und die bedrohliche Wirklich keit von ihnen fernhalten, aber Kinder merken, das „hinter ihrem Rücken“ etwas vorgeht und fühlen sich mit ihren Bedenken allein gelassen und unsicher. Die Eltern sollten sich ihrem Kind zum ausführlichen Gespräch zur Verfügung stellen und es zu Fragen ermuntern. Es hat keinen Sinn, den Begriff „Krebs“ zu meiden, da das Kind auf anderen Wegen, über Nachbarn, Verwandte und Freunde, doch davon erfahren wird. Kinder hören „Krebs“ oft nur im Zusammenhang mit Sterben. Deshalb sollten Eltern ihrem Kind sagen, dass Krebs nicht tödlich enden muss, sondern dass alles dafür getan wird, damit man wieder gesund wird und noch lange leben kann. Es ist richtig, von positiven Beispielen aus dem Bekanntenkreis zu berichten: „Onkel Max hatte vor vielen Jahren auch Prostatakrebs. Das war eine schwere Zeit für alle. Aber er wurde auch wieder gesund und ist heute munter und fröhlich.“ Den Begriff „Krebs“ nicht meiden 85 Angst und Schuldbewusstsein Manchmal haben Kinder Angst, dass Krebs ansteckend ist und dass es jetzt gefährlich wäre, mit dem kranken Papa zu kuscheln und zu schmusen. Es ist wichtig, dem Kind diese Bedenken zu nehmen. Es sollte altersgerecht erklärt werden, wie Krebs entstehen kann, damit sich das Kind nicht die Schuld an der Erkrankung gibt und meint, dass diese die Folge von Ungehorsam oder Streit war. Kindergarten und Schule Es kann dem Kind helfen, wenn auch Klassenlehrer/Erzieher über die Erkrankung des Vaters Bescheid wissen. So bekommt es die nötige Rücksichtnahme, Verständnis und Trost, falls es sich anders verhält als gewohnt. Bei Jugendlichen sollte man solche Informationen nur nach Rücksprache mit dem „Kind“ weitergeben, denn: Teenager orientieren sich an Gleichaltrigen, sie wollen gleich (stark) sein und dazugehören. Da passen schwere Krankheiten nicht ins Bild. Veränderung und Normalität Manchmal kommt es in Familien zu Konfliktsituationen, weil die Eltern zwar einerseits wünschen, dass ihr Kind durch die veränderte Situation nicht belastet wird, sie aber andererseits enttäuscht über fehlendes Mitgefühl sind. Krebskranke sollten versuchen, sowohl sich selbst als auch dem Kind gerecht zu werden: z. B. auf Ruhe im Haus bestehen, wenn sie müde sind. Dem Kind sollten Zeiten zugestanden werden, in denen das Leben „wie früher“ ist: Freunde dürfen mitgebracht werden, Fernsehen oder Musik laufen. Kinder eines schwer kranken Elternteils brauchen Normalität und den Kontakt zu Gleichaltrigen, um die belastende Situation besser verarbeiten zu können und nicht zusätzlich aus der Gleichaltrigen gruppe als Außenseiter herauszufallen. Wer hilft weiter? Informationen und Beratungsangebote bietet: Hilfe für Kinder krebskranker Eltern e. V. Güntherstr. 4a, 60528 Frankfurt Telefon 069 67724504 [email protected] www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de 86 Kontaktadressen für Ehe- und Familienberatung sind online zu recherchieren bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e. V. (DAJEB): www.dajeb.de/. Tipps zum Gespräch mit Kindern geben psychosoziale Krebs beratungsstellen. Kontaktdaten bieten Krebs-Selbsthilfegruppen, Adressen siehe S. 126 oder Erziehungsberatungsstellen von Kommunen, Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden. Hilfreiche Anlaufstellen sind auch Schulpsychologen oder Schulsozialarbeit. Auch kindergerechte Bücher können beim Gespräch helfen, Buchtipp siehe S. 127. 87 88 © Ben_fotolia.com Ernährung, Sport und Freizeit Gesunde Ernährung und Bewegung – was für jeden Menschen gut ist, hilft auch Patienten. Bei manchem Betroffenen führt die Krebserkrankung sogar dazu, dass er von da an mehr auf seine Gesundheit achtet als vorher. 89 Patienten mit oder nach Prostatakrebs sollten aber ihre Ansprüche an sich selbst auch nicht zu hoch schrauben: Die Krankheit und insbesondere ihre Therapie fordern dem Körper enorm viel ab – sportlicher Ehrgeiz kann dann sogar schaden. Zudem führt eine Testosteronentzugstherapie fast zwangsläufig zu einer Gewichtszunahme. Bewegung in Maßen und eine gesunde Ernährung tragen aber in der Regel zum Wohlbefinden bei und unterstützen die Heilung. Ernährung Eine Diät, die Prostatakrebs heilt, gibt es nicht. Grundsätzlich ist eine vollwertige, fleischarme Ernährung zu empfehlen. Wichtig ist in jedem Fall, die Ernährung mit den zuständigen Ärzten abzusprechen. Grundsätzliches 90 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass „gesunde“ Ernährung positiv auf jeden Organismus wirkt, ganz gleich, ob er an Krebs erkrankt ist oder nicht. Es ist allerdings nicht einfach zu definieren, was wirklich gesund ist. Folgende Anhaltspunkte zu einer gesunden Ernährung sind allgemein anerkannt: • Bedarfsgerecht: Viele Menschen essen zu viel, manche allerdings auch zu wenig. Übergewicht und Untergewicht belasten den Organismus und ziehen langfristig Schäden nach sich. • Vollwertig: Vollwertig bedeutet, möglichst viele Lebensmittel in ihrer vollwertigen Zusammensetzung zu sich zu nehmen, also z. B. Vollkornprodukte („volles Korn“) statt Weißmehl, frisch zubereitete Produkte statt Fertigprodukte, die oft aus mehrfach verarbeiteten Extrakten hergestellt werden. • Schadstoffarm: Schadstoffe in der Ernährung meiden, z. B. ungespritzte und ungedüngte Lebensmittel kaufen oder Obst, Gemüse und Salate zumindest sorgfältig waschen. • Wenig tierische Fette: Fett ist notwendig, aber in Maßen und besser pflanzlich (z. B. Olivenöl) als tierisch (z. B. Schweinespeck, Wurst, fette Käsesorten). • Salz: Auch Salz ist für den Körper unbedingt notwendig, aber ebenfalls in Maßen. Vor allem Menschen, die viel Fleisch und Wurst essen, essen häufig zu salzreich. Salz versteckt sich z. B. in vielen Fertiggerichten, Würzmischungen und Flüssigwürze. Geschmack ist trainierbar, deshalb zurückhaltender würzen, Kräuter als Geschmacksgeber verwenden und Salz reduzieren. • Genuss in Maßen: Essen darf und soll Genuss bereiten, aber auch hier ist das rechte Maß die zentrale Frage. Zucker ist nicht nur reichlich in allen Süßwaren enthalten, sondern auch in Kuchen und Gebäck, in vielen Fertigmüslis, Quark- und Joghurtzubereitungen. Alkohol, Kaffee und Schwarztee sollten ebenfalls zurückhaltend konsumiert werden, Rotwein ist Weißwein vorzuziehen. • Empfehlenswert sind Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Milch, Joghurt und reichlich ungesüßte Getränke. Wichtig ist in der Summe, dass der Körper ausreichend Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zu sich nimmt. Diese sind für viele Köperfunktionen, den Stoffwechsel und das Immunsystem notwendig. Für Patienten mit Tumorkachexie (Auszehrung) sind jedoch andere Richtlinien maßgeblich. Hier sollte eine individuelle Ernährungsberatung und -therapie in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Auch ist die jeweilige Situation des Patienten zu berücksichtigen, möglicherweise gelten vor, während und nach der Behandlung unterschiedliche Ernährungsempfehlungen. Ernährung bei Tumorkachexie Grundsätzlich sollten Patienten jede Art von Diät, Nahrungs ergänzung oder Ernährungsumstellung auf jeden Fall mit dem Arzt abstimmen. • Es gibt mehrere sogenannte Krebsdiäten, die nutzlos und oft sogar schädlich sind. Ein Tumor kann sich zwar während der Diät zurückbilden, aber er vergrößert sich bei normaler Ernährung wieder. • Eine Fastenkur („Nulldiät“) kann gefährlich für den Patienten werden, da sie den Körper Kraft kostet, die er eigentlich zur Abwehr des Tumors bräuchte. Das Abwehrsystem wird durch eine Fastenkur geschwächt und Infektionen können die Folge sein. • Bewiesen sind dagegen die gesundheitsfördernden und krebsverhindernden Wirkungen von Obst, Gemüse und fettarmer Vollwerternährung (siehe oben). • Granatäpfel und Granatapfelsaft werden immer wieder im Zusammenhang mit Prostatakrebs erwähnt. Mehrere Studien (z. B. Allan Pantuck et al., J Urol Suppl. 2009; 181, 4, Abstract 826) zeigen positive Wirkungen, sogar bei Männern, die nach einer Prostataoperation steigende PSA-Werte aufwiesen. • Kohlsorten scheinen gegen Tumorerkrankungen zu schützen, also z. B. Weißkohl und Brokkoli. • Krebserregende Stoffe sind absolut zu meiden: Bekannt sind z. B. Nitrat, Tabakrauch oder Stoffe, die beim Grillen von Fleisch über dem offenen Feuer entstehen können. Krebsdiäten 91 Praxistipp! Ausführliche Informationen zu diesem Thema bietet die Broschüre „Ernährung bei Krebs“ der Deutschen Krebshilfe. Diese kann unter www.krebshilfe.de/wir-informieren/materialfuer-betroffene/blaue-ratgeber.html bestellt oder herunter geladen werden. Wer hilft weiter? Tipps zur Ernährung bei Krebs geben insbesondere Ernährungsberatungsstellen. Entsprechende Adressen sind bei den Krankenkassen erhältlich. Bewegung und Sport Verschiedene Studien zeigen, dass Bewegung grundsätzlich anzuraten ist, selbst in den Phasen der Behandlung und auch, wenn die Tumorerkrankung weiter fortschreitet. Allerdings sollte das Pensum der körperlichen Leistungs fähigkeit angepasst werden. Während Chemotherapie oder Bestrahlung, die sehr anstrengend für den Körper sein können, sollten bei Müdigkeit Ruhepausen eingelegt werden. Aber ansonsten sind normale Alltags tätigkeiten und leichte sportliche Betätigung zu empfehlen. Sie fördern die Regeneration und bringen den Patienten auf andere Gedanken. Auch in fortgeschrittenen Stadien mit Metastasierung scheint Sport zu helfen. Einer amerikanischen Studie zufolge wuchsen die Geschwüre langsamer, wenn die Patienten Sport betrieben. 92 Ein besonderes Augenmerk sollte bei Prostatakrebs auf dem Beckenbodentraining liegen, weil es die häufigsten Folgen der Krebstherapie, Inkontinenz und Impotenz, lindern hilft. Beckenbodentraining kann Teil des Reha-Sport sein (siehe S. 94) oder als Heilmittel (siehe S. 51) verordnet werden. Geeignete Sportarten Weiterer Schwerpunkt der Übungen sollten die benachbarten Körperregionen sein, also Übungen für den Oberbauch, den unteren Rücken, Gesäß und Oberschenkel. Dafür eignen sich die verschiedensten Fitnessübungen, Sportarten oder auch Gerätetraining. Auch Ausdauertraining hat nach einer Prostatakrebs-Erkrankung positive Effekte und steigert die allgemeine Leistungsfähigkeit. Wenn die Prostata entfernt wurde, kämpfen viele Männer mit Inkontinenz. Solange dieses Problem ausgeprägt ist, muss schwimmen gemieden werden. Sobald der Mann aber wieder kontinent ist, sind Schwimmen und Wassergymnastik empfehlens wert, weil sie den Beckenboden kräftigen. Vorsicht beim Sport Bei erst kurz überwundener Inkontinenz ist jegliche sportliche Betätigung unter Pressatmung zu vermeiden, weil diese auf den Beckenboden drückt. Vermieden werden sollte auch alles, was mit Verletzungsgefahr im operierten Bereich einhergeht, z. B. Ballsportarten mit viel Körperkontakt und Radfahren. Fußballspielen ist prinzipiell kein Problem, vorausgesetzt der Mann ist so diszipliniert, dass er riskante Situationen trotz „Spielfieber“ vermeidet. Radfahren sollte man erst wieder, wenn man dabei keinerlei Schmerzen mehr spürt. Der Wiedereinstieg sollte über Hometrainer oder Tourenrad erfolgen, Mountainbiken ist erst nach Wundheilung und Stabilisierung des Beckenbodens zu empfehlen. Praxistipp! Ausführliche Informationen zu diesem Thema bietet die Broschüre „Bewegung und Sport bei Krebs“ der Deutschen Krebshilfe. Diese kann unter www.krebshilfe.de/wir-informieren/ material-fuer-betroffene/blaue-ratgeber.html bestellt oder heruntergeladen werden. 93 Reha-Sport Noch sind Reha-Sportgruppen für Prostatakrebspatienten selten, aber sie nehmen zu. Besonders wichtig ist daran, dass Reha-Sport auf die Leistungsfähigkeit der Teilnehmer eingeht und der Gruppeneffekt die Lebensqualität insgesamt heben kann. Reha-Sport findet immer in Gruppen und unter ärztlicher Aufsicht statt. Er dauert je nach Erkrankung und Kostenträger 6 Monate bis 3 Jahre. Zum Reha-Sport zählen z. B. bewegungstherapeutische Übungen. Sie dienen der Stärkung von Ausdauer, Koordination, Flexibilität, Kraft und psychischer Leistungsfähigkeit. Hierunter fallen u. a. Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen oder Bewegungsspiele in Gruppen. Bei Prostatakrebs liegt ein besonderes Augenmerk auf der Stärkung der Beckenbodenmuskulatur, weil das die häufigsten Folgen der Krebstherapie, Inkontinenz und Impotenz, lindern hilft. Voraussetzungen Die Renten- oder die Krankenversicherung übernehmen Reha-Sport als ergänzende Leistung zur Rehabilitation unter folgenden Voraussetzungen: • ärztlich verordnet Die Verordnung ist von einem Arzt zu erstellen, der das Leiden und dessen Folgen behandelt. Sie soll enthalten: – Diagnose und gegebenenfalls Nebendiagnosen, soweit diese berücksichtigt werden müssen oder Einfluss auf die Verordnungsnotwendigkeit nehmen – Gründe und Ziele, weshalb Reha-Sport erforderlich ist – Dauer und Anzahl der wöchentlich notwendigen Übungseinheiten – Empfehlung zur Auswahl der geeigneten Sportart • Durchführung in Gruppen • Durchführung unter ärztlicher Betreuung • Antrag: Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/Funktionstraining“ Zuständigkeit Wird während einer Reha die medizinische Notwendigkeit einer Reha-Sport-Maßnahme festgestellt, ist vom Arzt der Behandlungsstätte eine Empfehlung im sogenannten „Abschlussbericht“ auszusprechen, und der behandelnde Arzt hat dem Reha-Sport zuzustimmen. Der Reha-Sport muss dann innerhalb von 3 Monaten nach der Rehamaßnahme beginnen. Kostenträger sind in der Regel die Rentenversicherungsträger. Geht dem Reha-Sport keine Reha voraus, ist die Krankenkasse zuständig. 94 Reha-Sport dauert • in der Rentenversicherung in der Regel 6 Monate, bei medizinischer Erforderlichkeit längstens 12 Monate. • in der gesetzlichen Krankenversicherung in der Regel 18 Monate. Dauer Danach muss der Arzt eine neue Verordnung ausstellen. Wer hilft weiter? Die Adressen von Reha-Sportgruppen in der Region sind bei den Krankenkassen zu erfragen. Diese haben eine Übersicht über die Sportvereine und -gruppen, mit denen sie vertraglich Kosten vereinbarungen (regional unterschiedlich) getroffen haben. Auch Behindertensportverbände bieten zum Teil Reha-Sportarten und Funktionstrainingsmaßnahmen an. Über entsprechende Gruppen informiert die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Behindertensportverbands, Telefon 02234 6000-0, E-Mail: [email protected], www.dbs-npc.de. Der Vordruck „Antrag auf Förderung von Rehabilitationssport/ Funktionstraining“ ist bei Sportvereinen, Ärzten und den zuständigen Leistungsträgern erhältlich. Urlaub Bei Reisen ins Ausland sollten Patienten auf ihren Auslands krankenschutz achten, sich gegen Infektionen besonders schützen und auf die Verträglichkeit von Nahrungsmitteln achten. Rechtzeitig vor Reiseantritt sollte der Krankenversicherungsschutz im Ausland geklärt werden. Krankenversicherungsschutz im Ausland Mit der Europäischen Krankenversichertenkarte (EHIC-Karte) besteht Versicherungsschutz in fast allen Ländern Europas. Dennoch kann eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung sinnvoll sein, weil die Krankenkasse nur die Kosten übernehmen muss, die auch in Deutschland für die jeweilige Behandlung anfallen würden. Das kann im Zweifel zu einer hohen Eigen belastung führen. Zudem verlangen manche Ärzte im Ausland bei der EHIC-Karte eine Barzahlung oder es findet gar keine Behandlung statt. 95 Zu beachten ist auch, dass die Kosten für einen Rücktransport meist nicht übernommen werden. In anderen Erdteilen (z. B. USA, Asien) gilt nur ein stark ein geschränkter Versicherungsschutz und auch der nur unter bestimmten Voraussetzungen. Deshalb ist es ratsam, eine zeitlich begrenzte Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Anbieter sind z. B. Krankenkassen, Versicherungsgesellschaften, Banken oder Automobilclubs. Für etwa 10,– e im Jahr kann man bereits einen guten Versicherungsschutz im Ausland erhalten. Insbesondere ältere Versicherte und chronisch Kranke sollten sich vor Antritt eines Auslandaufenthalts mit der Krankenkasse absprechen, ob ein ausreichender Versicherungsschutz besteht. Wer hilft weiter? Die Krankenkassen oder die DVKA (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland), Pennefeldsweg 12c, 53177 Bonn, Telefon 0228 9530-0, Fax 0228 9530-600, www.dvka.de, E-Mail [email protected]. Schutzimpfungen Bei Prostatakrebspatienten ist das Immunsystem häufig geschwächt. Mindestens sechs Wochen vor Reiseantritt muss mit dem behandelnden Arzt besprochen werden, welche Impfungen notwendig sind. Schutzimpfungen werden bei touristischen Reisen nicht von der Krankenkasse bezahlt. Medikamente Mit dem Arzt ist zudem zu besprechen, welche Medikamente für typische Reisebeschwerden wie Übelkeit oder Durchfall mitzuführen sind, die sich mit der ständigen Medikation vertragen. In den Urlaub sollten mehr Medikamente mitgenommen werden, als eigentlich notwendig, denn die Reisedauer kann sich unvorhersehbar verlängern. Das gleiche gilt für die Mitnahme auf Ausflüge. Die Medikamente sind auf unterschiedliche Gepäckstücke und Orte zu verteilen, falls ein Gepäckstück verloren geht oder etwas gestohlen wird. 96 Für sogenannte Betäubungsmittel (z. B. bei sehr starken Schmerzmittel) sind separate Vorschriften zu beachten. Patienten, die auf diese Medikamente angewiesen sind, müssen für die Zollbehörden den Beipackzettel sowie – in nichtdeutschsprachigen Ländern auf Englisch übersetzt – ein ärztliches Attest vorweisen können, das erklärt, dass sie das Medikament auf ärztliche Verordnung einnehmen müssen. Informationen und Vordrucke unter www.bfarm.de > Bundes opiumstelle > Betäubungsmittel > Reisen mit Betäubungs mitteln. Viele Patienten haben infolge der Therapie ein angegriffenes Magen-Darm-System. Sie sollten deshalb Lebensmittel mit erhöhtem Infektionsrisiko meiden. Kritische Lebensmittel Praxistipps! Folgende Tipps helfen dabei: • Keine offenen Speisen und Getränke zu sich nehmen, die an Straßenständen oder in Straßenrestaurants verkauft werden. • Getränke nur in verschlossenen Originalflaschen servieren lassen und diese selbst öffnen, um Verunreinigungen des Inhalts auszuschließen. • Obst mit Trinkwasser waschen und danach schälen. • Kein Wasser aus der Leitung trinken, auch zum Zähneputzen Flaschenwasser benutzen. • Auf Speiseeis und Eiswürfel in Getränken verzichten. • Rohes Gemüse und Salate meiden, da diese oft mit Fäkalien gedüngt oder mit Leitungswasser gewaschen wurden. • Auf rohe Meeresfrüchte oder ungenügend durchgegarte Steaks verzichten. • Bei Speisen vom Büffet ist Vorsicht geboten, da diese dort oft stundenlang stehen. • Auf ausreichende Händehygiene achten. 97 98 Patientenvorsorge 99 Im Rahmen der Patientenvorsorge können Menschen regeln, wie in wichtigen Lebensbereichen für sie entschieden werden soll und welche medizinischen Maßnahmen gewünscht sind, falls sie sich selbst nicht mehr dazu äußern können. Dafür gibt es 3 verschiedene schriftliche Erklärungen: • Patientenverfügung •Betreuungsverfügung •Vorsorgevollmacht Ein Testament wird immer erst nach dem Tod wirksam, deshalb ist es nicht Bestandteil der Patientenvorsorge. Möglichkeiten der Vorsorge „Was möchte ich regeln?“ Alltagsangelegenheiten (z. B. Finanzen, Wohnungs- oder Behördenangelegenheiten) Sterbeprozess und schwere Krankheitssituationen (z. B. Koma, schwere Demenz) Vertrauensperson vorhanden NEIN JA Vorsorge vollmacht 100 Betreuungs verfügung Patienten verfügung Gründe und Argumente Es ist den meisten Menschen verständlicherweise unangenehm, sich mit dieser Situation für das eigene Leben auseinander zusetzen. Hier einige Gründe, warum Menschen vorsorgende Verfügungen erstellen: • Ich möchte über meine Behandlung entscheiden, solange ich noch kann. • Ich möchte meinen Angehörigen schwere Entscheidungen abnehmen. Sie sind ohnehin genug belastet, wenn ich dann bald sterbe. • Ich will nicht an Schläuchen hängen, wenn keine reelle Aussicht mehr auf Besserung besteht. • Ich will nicht künstlich länger leben, wenn meine Uhr abgelaufen ist. • Ich will festlegen, wer über meine Angelegenheiten entscheidet, wenn ich es selbst nicht mehr kann. • Ich will Dinge selbst regeln, solange es noch geht. • Ich will auf keinen Fall, dass mein Sohn (Frau, Schwester …) über mich entscheidet. Deshalb soll ein gerichtlich bestellter Betreuer dafür sorgen, dass … Patientenverfügung In einer Patientenverfügung regelt ein Mensch, wie er in lebensbedrohlichen Krankheitssituationen behandelt oder nicht behandelt werden möchte, wenn er sich selbst dazu nicht mehr äußern kann. Eine Patientenverfügung kann die „Garantiepflicht“ des Arztes aufheben, Leben zu erhalten. Wichtig ist, dass die Festlegungen in der Patientenverfügung auf die dann aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen: • Treffen sie zu, muss der Betreuer/Bevollmächtigte dem Patientenwillen Geltung verschaffen, d. h.: Enthält die Patientenverfügung z. B. den Verzicht auf künstliche Ernährung, ist eine Entscheidung des Betreuers/Bevollmächtigten nicht erforderlich, da der Patient bereits selbst entschieden hat und dies für alle bindend ist. 101 • Treffen die Festlegungen der Patientenverfügung auf die Situation nicht zu oder gibt es keine Patientenverfügung, dann muss der Betreuer/Bevollmächtigte den mutmaßlichen Patientenwillen ermitteln. Dies geschieht mit Bezug auf frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen oder sonstige persönliche Wertvorstellungen des Patienten. Praxistipp! Eine Patientenverfügung sollte unbedingt in Zusammenarbeit mit einem Arzt verfasst werden, um ihr eine medizinisch fachkundige Basis zu geben. Für Palliativpatienten ist das Gespräch mit einem palliativmedizinisch erfahrenen Arzt zu empfehlen, da diese Ärzte sehr genau wissen, welche Situationen bei bestimmten Krankheiten in Krisen oder am Lebensende auftreten können und welche alternativen Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Sterbebegleitung, nie Sterbehilfe Eine Patientenverfügung bezieht sich auf den Bereich der passiven Sterbebegleitung und der Schwerstkrankenpflege. Sie muss vom Arzt beachtet werden, da er ansonsten der Körperverletzung bezichtigt werden kann. Verbindlich ist allerdings nur, was rechtlich erlaubt ist, d. h.: Der Wunsch nach aktiver/direkter Sterbehilfe darf nicht erfüllt werden. Inhalte Die Patientenverfügung beinhaltet die genaue, detaillierte und persönlich begründete Aufzählung von spezifischen Behandlungs- und Pflegewünschen bzw. deren Verzichtswunsch. Folgende Situationen sollten genau beschrieben sein: • Formen einer eventuellen Intensivtherapie. • Wann soll bzw. soll nicht reanimiert werden? • Wann soll eine bzw. keine Schmerztherapie durchgeführt werden? Welche Folgen werden in Kauf genommen, welche nicht? • Wann ist eine bzw. keine künstliche Beatmung gewünscht? • Wann ist eine bzw. keine Krankenhauseinweisung erwünscht? • Wann ist eine bzw. keine künstliche Ernährung (hier auch die Form aufschreiben) gewünscht? • Ist eine verminderte Flüssigkeitszufuhr und entsprechende Mundpflege zur Vermeidung von Durstgefühl gewünscht? • Ist die Linderung von Übelkeit, Erbrechen erwünscht? • Ist die Linderung von Angst- und Unruhezuständen gewünscht? • Wie soll die Sterbebegleitung genau aussehen? • Wer wird bzw. wird nicht als seelsorgerischer und/oder persönlicher Beistand gewünscht? 102 Praxistipp! Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat eine Schiedsstelle eingerichtet, die bei Konflikten rund um Patientenverfügungen berät. Angehörige und Ärzte können dort Expertenhilfe in Anspruch nehmen, wenn die Auslegung einer Verfügung zweifelhaft ist. Der Service ist kostenlos. Näheres unter www.die-schiedsstelle.de. Vorsorgevollmacht Im Rahmen einer Vorsorgevollmacht regelt der Patient, welche Person(en) stellvertretend für ihn Entscheidungen treffen sollen, wenn er selbst nicht dazu in der Lage ist. Bevollmächtigte haben sehr weitgehende Rechte, ihre Ent scheidungen sind bindend. Sie werden (im Gegensatz zu Betreuern) nicht vom Betreuungsgericht kontrolliert. Deshalb sollte man nur Menschen des absoluten Vertrauens als Bevollmächtigte bestimmen. Hat man keine solche Person, sollte man eine Betreuungsverfügung (siehe S. 104) abfassen. Eine umfassende Vorsorgevollmacht sollte folgende Aufgabenkreise abdecken: •Vermögenssorge • Wohnungs- und Mietangelegenheiten •Aufenthaltsbestimmung • Post- und Fernmeldeverkehr • Behörden- und Ämtervertretung • Beauftragung von Rechtsanwälten und Vertretung vor Gerichten • Gesundheitssorge, Pflegebedürftigkeit. Hier kann auch vieles in einer Patientenverfügung bestimmt werden, an die der Bevollmächtigte dann gebunden ist. Aufgabenkreise Wenn die Vollmacht alle diese Bereiche abdeckt, bestellt das Betreuungsgericht in der Regel keinen Betreuer. 103 Bei folgenden Situationen braucht jedoch auch der Bevoll mächtigte die Zustimmung des Betreuungsgerichts: • Notwendige freiheitseinschränkende Maßnahmen sollen durchgeführt werden, z. B. Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, Anlegen von Bauchgurten, Anbringen von Bettgittern, Verabreichung ruhigstellender Medikamente. • Ärztliche Untersuchungen, Heilbehandlungen oder medizinische Eingriffe, wenn dabei Lebensgefahr besteht oder ein schwerer, lang andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist. Für den Fall, dass das Gericht einen Betreuer einsetzt, kann in der Vorsorgevollmacht („Betreuung trotz Vorsorgevollmacht“) festgelegt werden, wer im Bedarfsfall als Betreuer eingesetzt werden soll. Betreuungsverfügung Mit einer Betreuungsverfügung bestimmt der Patient, wer für den Fall, dass das Betreuungsgericht eine Betreuung anordnet, als Betreuer eingesetzt werden soll – oder wer keinesfalls sein Betreuer werden soll. Das Gericht ist verpflichtet, die vorgeschlagene Person zu prüfen und ihre Eignung zu bestätigen. Wenn keine Betreuungs verfügung vorliegt, sucht das Betreuungsgericht eine geeignete Person aus. Dabei prüft das Gericht zuerst, ob im Verwandtenund Bekanntenkreis eine Person ist, die diese Aufgabe über nehmen kann und will. Die Betreuungsverfügung ist dann sinnvoll, wenn der Verfügende niemanden kennt, dem er eine Vorsorgevollmacht in einem oder mehreren Bereichen übertragen möchte, er aber eine Person kennt, die die Verwaltung seiner Angelegenheiten mit Hilfe des Betreuungsgerichts übernehmen soll und dies auch will. Diese Person/en sollte/n genau über die eigenen Vorstellungen informiert werden und damit einverstanden sein, im Ernstfall die Betreuung zu übernehmen. 104 Der Patient kann in der Betreuungsverfügung seine Wünsche an den Betreuer detailliert festlegen, z. B.: • zum Umgang mit seiner Person. • zur Verwaltung seiner Finanzen und seines Vermögens. • wo er gepflegt werden möchte. • zu medizinischen Angelegenheiten. Hier kann auch vieles in einer Patientenverfügung bestimmt werden, an die der Betreuer dann gebunden ist. Inhalt Die Wünsche an den Betreuer sollten schriftlich in einem Anhang der Betreuungsverfügung festgelegt werden. Formales Die folgenden Punkte gelten für alle PatientenvorsorgeFormen: • Um Zweifel auszuschließen, wird dringend die schriftliche Form angeraten. Handschriftlichkeit ist nicht nötig. • Möglich sind auch Vordrucke, die individuell abwandelbar sind. • Ort, Datum und eigenhändige Unterschrift sind immer erforderlich. Auch Ergänzungen und Streichungen müssen mit Ort, Datum und Unterschrift dokumentiert werden. • Um einer juristischen Anfechtung vorzubeugen, ist es dringend empfehlenswert, dass ein Arzt – bei einer Patientenverfügung die Einwilligungsfähigkeit, – bei einer Vorsorgevollmacht die Geschäftsfähigkeit, – bei einer Betreuungsverfügung die Einsichtsfähigkeit des Patienten mit Unterschrift und Datum bestätigt. •Eine notarielle Beurkundung ist prinzipiell nicht nötig. Eine Beglaubigung durch einen Notar oder eine Behörde kann zweckmäßig sein, da hierdurch bestätigt wird, dass der Patient seine Unterschrift auch tatsächlich eigenhändig geleistet hat. Dies ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn die Verfügung aufgrund von bestehenden körperlichen oder geistigen Einschränkungen erstellt wird. Eine notarielle Beglaubigung der Unterschrift kostet 20,– bis 70,– e. Beurkundungen sind teurer und werden individuell berechnet. 105 • Aufbewahrung: Alle vorsorgenden Verfügungen sind nur im Original gültig und müssen im Bedarfsfall unverzüglich zur Verfügung stehen. Sie sollten leicht zugänglich hinterlegt werden, z. B. beim künftigen Bevollmächtigten/Betreuer oder bei Banken, Amts- bzw. Betreuungsgerichten, Notaren oder Rechtsanwälten. Alle anderen, die davon wissen sollten, sollten eine Kopie bekommen mit dem Hinweis, wo sich das Original befindet. • Beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer kann eine Vorsorgevollmacht registriert werden und können zudem die Kenndaten einer Betreuungsverfügung und/oder einer Patientenverfügung hinterlegt werden. Beim Vorsorgeregister werden keine Inhalte hinterlegt, es geht nur um die Existenz einer vorsorgenden Verfügung. Informationen unter www.vorsorgeregister.de. • Geltungsdauer: Grundsätzlich unbegrenzt. Der Patient kann jedoch jederzeit widerrufen oder ändern. Das sollte dann allen entsprechenden Personen bzw. Institutionen mitgeteilt werden. Wer hilft weiter? Informationen geben Amts- und Betreuungsgerichte, Rechts anwälte und Notare sowie das Patientenschutztelefon der Deutschen Stiftung Patientenschutz unter Telefon 0231 7380730 oder 030 2844484-0 oder 089 202081-0. Praxistipp! Einen Ratgeber mit ausführlichen Informationen und Vordrucken zu Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht können sie kostenlos downloaden unter www.betacare.de/ratgeber.php. 106 © INFINITY_fotolia.com Hilfen im fortgeschrittenen Stadium Bei Prostatakrebspatienten kommt es in einem weit fortgeschrittenen Stadium häufig zu Pflegebedürftigkeit. 107 Pflege: Hilfen der Pflegekasse im Überblick Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet Leistungen für Patienten, die mindestens ein halbes Jahr lang intensiv gepflegt werden müssen. Grundsätzliche Voraussetzungen Alle Pflegeleistungen müssen beantragt werden, siehe S. 110. Zudem sind zwei Voraussetzungen immer zu erfüllen: • Der Patient muss die Vorversicherungszeit erfüllen: Er muss nachweisen, dass er innerhalb der letzten 10 Jahre vor Antragstellung mindestens 2 Jahre in der Pflegeversicherung versichert gewesen ist. Fast alle Krankenkassenmitglieder sind bei der gleichen Kasse auch pflegeversichert. • Der Patient muss „pflegebedürftig“ nach der Definition der Pflegeversicherung sein. Details siehe S. 111. Wer hilft weiter? Für alle Fragen der Pflegeversicherung sind die Pflegekassen zuständig. Sie sind immer bei den Krankenkassen angesiedelt. Falls keine Pflegeversicherung vorliegt und nur minimales Einkommen und Vermögen zur Verfügung steht, leistet das Sozialamt „Hilfe zur Pflege“. Fragen hierzu beantwortet das Sozialamt. Pflegestützpunkte und Pflegeberatung Patienten und Angehörige haben einen Rechtsanspruch auf Pflegeberatung. Die Beratung wird von Pflegestützpunkten oder – wenn nicht vorhanden – von der Pflegekasse geleistet. Sobald ein erstmaliger Pflegeantrag bei einer Pflegekasse eingeht, muss die Pflegekasse: • entweder einen konkreten Beratungstermin mit Angabe der Kontaktperson anbieten, der spätestens innerhalb von 2 Wochen nach Antragseingang durchzuführen ist, oder • einen Beratungsgutschein ausstellen, in dem Beratungsstellen benannt sind, bei denen der Gutschein zu Lasten der Pflegekasse innerhalb von 2 Wochen nach Antragseingang eingelöst werden kann. Auf Wunsch des Versicherten muss die Beratung in der häuslichen Umgebung stattfinden und kann auch nach Ablauf der Frist durchgeführt werden. 108 Adressen zur Pflegeberatung bieten • die Stiftung „Zentrum für Qualität in der Pflege“ (ZQP) in einer kostenlosen Datenbank auf http://psp.zqp.de/. • das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit, Telefon 030 3406066-02, Mo-Do 8-18 Uhr und Fr 8-15 Uhr. •Pflegekassen. • Fragen zur privaten Pflegeversicherung beantwortet die telefonische Pflegeberatung des Verbands der Privaten Krankenversicherung (Compass Private Pflegeberatung), Telefon 0800 1018800 (kostenfrei), Mo–Fr von 8–19 Uhr und Sa 10–16 Uhr. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung: Überblick über die Leistungen Vollstationäre Pflege Der Patient wird ganz in einem Heim gepflegt (S. 121). Häusliche Pflege Der Patient bleibt zu Hause und wird von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten gepflegt. Die Pflegeversicherung leistet: • Pflegegeld, wenn Angehörige pflegen (S. 113) • Pflegesachleistung durch professionelle Pflegekräfte (S. 118) • Kombinationsleistung, wenn Angehörige und Fachkräfte sich die Pflege aufteilen (S. 117) • Leistungen bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf, z. B. bei Demenz (S. 112), und Häusliche Betreuung (neu, deshalb noch selten verfügbar) • Erssatzpflege, wenn vorübergehend eine andere als die übliche Person pflegt (S. 117) • Tages- und Nachtpflege, wenn der Patient stundenweise nicht zu Hause gepflegt wird (S. 119) • Kurzzeitpflege in einer Einrichtung, wenn die Pflegeperson Auszeit braucht (S. 119) • Pflegehilfsmittel, z. B. Pflegebett oder Hausnotruf (S. 51) 109 Pflegeantrag Beim Eintritt von Pflegebedürftigkeit sollte unverzüglich ein Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt werden. Pflegeantrag – Schritt für Schritt: ➜ Antrag anfordern. Alle Pflegeleistungen müssen bei der Pflegekasse beantragt werden. Das Antragsformular kann per Telefon bzw. per E-Mail bei der Pflegekasse bestellt werden. Der Antragsteller muss die Vorversicherungszeit erfüllen (in den 10 Jahren vor Antragstellung mindestens 2 Jahre pflegeversichert). ➜ Antrag ausfüllen, unterschreiben, absenden. Dabei helfen Pflegeberater in den Pflegestützpunkten, Pflegedienste, ggf. Betreuer, Senioreneinrichtungen. ➜ Die Pflegekasse beauftragt den MDK mit der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit. Details zur Pflegebedürftigkeit siehe S. 111. ➜ Der MDK kündigt seinen Besuch beim Patienten an. ➜ Pflegetagebuch führen. Die Pflegepersonen dokumentieren ihre Pflegeleistungen. ➜ Besuch des MDK (Begutachtungstermin). Der MDK prüft bei seinem Besuch die Pflegebedürftigkeit des Patienten. Details siehe unten. ➜ Entscheidung und Bescheid der Pflegekasse. Die Pflegekasse entscheidet auf der Basis des MDKGutachtens. Gegen den Bescheid kann innerhalb von 4 Wochen schriftlich Widerspruch eingelegt werden. Medizinischer Dienst (MDK) begutachtet die Pflege bedürftigkeit MDK ist die Abkürzung für „Medizinischer Dienst der Krankenversicherung“. Er arbeitet als neutraler und unabhängiger Beratungs- und Begutachtungsdienst für alle gesetzlichen Krankenkassen und Pflegekassen. Für die Pflegekassen begut achtet er die Pflegebedürftigkeit. Er prüft, ob die Voraussetzungen für die Pflegebedürftigkeit erfüllt sind, stellt fest, ob und welche Vorbeuge- und Rehamaßnahmen notwendig sind, gibt Anregungen zur Verbesserung der Pflegesituation und erstellt ein Gutachten. Aufgrund des Gutachtens wird die Pflegestufe festgelegt, die Pflegestufe bestimmt die Höhe der Leistungen der Pflegekasse. 110 Pflegebedürftigkeit ist die Hauptvoraussetzung für Leistungen der Pflegekasse und für die Inanspruchnahme von Familien pflegezeit. Sie muss von der Pflegekasse festgestellt werden. Die Kasse stützt sich dabei auf das Gutachten des MDK. Pflegebedürftigkeit Definition „pflegebedürftig“ Pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist, wer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedarf. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit wird in Pflegestufen eingeteilt. „Hilfe“ heißt, dass Pflegepersonen Tätigkeiten übernehmen oder dass sie den Patienten unterstützen, anleiten oder beaufsichtigen müssen. Pflegestufen Die Pflegestufe ergibt sich aus der Schwere der Pflege bedürftigkeit und bedingt die Höhe der Leistungen der Pflegekasse. Es gibt die Pflegestufen 1 bis 3 sowie Sonder regelungen für besonders pflegeaufwendige Patienten (Härtefälle) und Pflegebedürftige mit erheblichem all gemeinen Betreuungsbedarf (sogenannte Pflegestufe 0). Hilfebedarf in den Bereichen Körperpflege, Ernährung oder Mobilität (Grundpflege): einmal täglich für wenigstens 2 Verrichtungen Pflegestufe 1 – erheblich Pflegebedürftige Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (HW): mehrfach in der Woche. Zeitaufwand für Grundpflege und HW: wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten. Davon mindestens 46 Minuten Grundpflege. 111 Pflegestufe 2 – schwer Pflegebedürftige Hilfebedarf Grundpflege: mindestens 3-mal täglich zu verschiedenen Tageszeiten Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (HW): mehrfach in der Woche. Zeitaufwand für Grundpflege und HW: wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 3 Stunden. Davon mindestens 2 Stunden Grundpflege. Pflegestufe 3 – schwerst Pflegebedürftige Hilfebedarf Grundpflege: täglich rund um die Uhr, auch nachts Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (HW): mehrfach in der Woche. Zeitaufwand für Grundpflege und HW: wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 5 Stunden. Davon mindestens 4 Stunden Grundpflege. Härtefall Höherstufung Erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf – Pflegestufe 0 Ein Härtefall liegt bei außergewöhnlich hohem und intensivem Pflegeaufwand vor, der das übliche Maß der Pflegestufe 3 weit übersteigt. Dies ist z. B. der Fall, wenn Hilfe bei der Grundpflege mindestens 6 Stunden, davon mindestens 3-mal in der Nacht, erforderlich ist oder mehrere Pflegepersonen notwendig sind. Eine Höherstufung der Pflegestufe ist immer dann möglich, wenn sich der Pflegeaufwand erhöht. Dazu ist ein Antrag bei der Pflegekasse zu stellen und ein Wiederholungsgutachten über den MDK nötig. Personen, die aufgrund demenzbedingter Fähigkeitsstörungen, geistiger Behinderungen oder psychischer Krankheiten einen erheblichen Betreuungsbedarf haben, können Leistungen von der Pflegeversicherung erhalten, auch wenn sie keine Pflegestufe haben (sogenannte Pflegestufe „0“) oder sie erhalten zusätzliche/ höhere Leistungen. Sie haben Anspruch • auf bis zu 200,– e Betreuungsgeld monatlich, wenn sie sich nicht dauerhaft in einer stationären Einrichtung befinden. • auf Pflegegeld, Pflegesachleistung, Kombinationsleistung, Ersatzpflege, Pflegehilfsmittel und Häusliche Betreuung. • auf zum Teil höhere Leistungen als andere Pflegebedürftige der gleichen Stufe. 112 Angehörige pflegen zu Hause Pflegegeld erhält ein Pflegebedürftiger von der Pflegekasse, damit er die Person, die ihn zu Hause pflegt, bezahlen kann. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es für Hilfebedürftige auch Pflegegeld vom Sozialamt. Pflegegeld Das Pflegegeld bekommt der Pflegebedürftige. Er kann damit die Pflege durch eine selbst beschaffte Pflegeperson, z. B. Angehörige, ehrenamtliche Pflegepersonen, erwerbsmäßige Pflegekräfte oder eine von ihm angestellte Pflegeperson, bezahlen. Folgende Leistungen der Pflegekasse sind neben dem Pflegegeld möglich: • Pflegehilfsmittel (S. 51) können beansprucht werden. • Zeitweise Betreuung in einer Tages- und Nachtpflege (S. 119). Hierfür stehen bei voll ausgeschöpftem Pflegegeld noch 50 % der Tages/Nachtpflege zu. • Während einer Ersatzpflege oder einer Kurzzeitpflege wird die Hälfte des Pflegegelds fortbezahlt. • Pflegegeld und Pflegesachleistung (S. 118) schließen sich in der Regel aus; möglich ist allerdings eine Kombinations leistung (S. 117) aus beiden. Kombination mit anderen Pflegeleistungen Die Pflegekasse bezahlt für eine selbst beschaffte Pflege person monatliches Pflegegeld in folgender Höhe: Pflegestufe normale Pflegebedürftigkeit bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf „0“ — 120,– e 1 235,– e 305,– e 2 440,– e 525,– e 3 700,– e Praxistipps! • Tritt die Pflegebedürftigkeit erst im Laufe eines Monats ein, wird das Pflegegeld anteilig nach Tagen gezahlt. • Das Pflegegeld ist steuerfrei. • Bei Krankenhausbehandlung, stationärer Rehamaßnahme oder Häuslicher Krankenpflege (mit Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung), um einen Krankenhaus aufenthalt zu vermeiden oder zu verkürzen, wird das Pflegegeld bis zu 4 Wochen weiterbezahlt. • Stirbt der Patient, wird das Pflegegeld für den Restmonat nicht zurückgefordert. 113 Pflege bei Berufstätigkeit Pflegezeit: 6 Monate Pflegezeit und Familienpflegezeit sind zwei Möglichkeiten, wie sich Berufstätige zeitweise aus dem Arbeitsleben ausklinken können, um Zeit für die Pflege ihrer schwer kranken Angehörigen zu haben. Die Pflegezeit dauert 6 Monate, die Familienpflegezeit 2 Jahre. Berufstätige Angehörige haben einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Die Pflegezeit kann für maximal 6 Monate beantragt werden. In dieser Zeit ist die Pflegeperson in der Regel ohne Gehalt von der Arbeit freigestellt. Auch eine teilweise Freistellung ist möglich. Voraussetzungen für Pflegezeit: • Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen. Nahe Angehörige sind: Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartner • Schwiegersohn oder -tochter, Enkel. • Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen. • Schriftliche Anmeldung der Pflegezeit beim Arbeitgeber. • Die Freistellung muss 10 Tage vor Pflegebeginn beim Arbeit geber angekündigt werden. Anspruch und Dauer • Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht erst ab einer Betriebsgröße von 15 Beschäftigten. • Die Pflegezeit kann vorzeitig enden, wenn der Patient z. B. stirbt oder in ein Pflegeheim kommt. • Die Pflegezeit kann um maximal 6 Monate verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Familienflegezeit: 2 Jahre 114 Die Familienpflegezeit ist eine freiwillige Leistung des Arbeit gebers. Sie gliedert sich in eine Pflegephase und eine Rück zahlungsphase. Beide dauern maximal je 2 Jahre. In der Pflegephase verringert der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden und erhält vom Arbeitgeber einen monatlichen Entgeltvorschuss. In der Rückzahlungsphase arbeitet er wieder voll und der Arbeitgeber behält den Vorschuss vom Gehalt ein. Voraussetzungen für die Familienpflegezeit: • Schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es besteht kein Rechtsanspruch, Arbeitgeber sind also nicht verpflichtet, diese anzubieten oder zu unterstützen. • Nachweis der Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen. • Pflege eines nahen Angehörigen, Details siehe unter Pflegezeit. • Bescheinigung über das Bestehen einer Familienpflegezeit versicherung. Diese schützt den Arbeitgeber vor finanziellen Risiken, die durch den Tod oder die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers entstehen können, der dann den Entgelt vorschuss nicht oder nicht komplett zurückzahlen kann. Wer hilft weiter? • Pflegekasse • Das Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) und das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) haben ein gemeinsames Servicetelefon Pflege eingerichtet, Telefon 030 20179131, Mo bis Do von 9–18 Uhr, und bieten viele Informationen zur Familienpflege unter www.wege-zurpflege.de und unter www.familien-pflege-zeit.de. Für Personen, die über längere Zeit die anspruchsvolle Pflege eines Angehörigen übernehmen, empfiehlt sich zwischendurch eine kleine „Auszeit“ von der Pflege, um wieder neue Kraft tanken zu können. Auszeit bei Erschöpfung In Frage kommen z. B. ein Urlaub oder eine medizinische Rehamaßnahme, wenn die Gesundheit der Pflegeperson durch die dauernde Belastung gefährdet ist. Pflegende Frauen können dafür auch Einrichtungen des Müttergenesungswerks (www.muettergenesungswerk.de) nutzen. Während der Reha der Pflegeperson kann der Patient über die sogenannte Ersatzpflege (siehe S. 117) von einem ambulanten Pflegedienst oder in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung (S. 119) versorgt werden. Soziale Sicherung der Pflegeperson Pflegepersonen, vor allem wenn sie noch im Berufsleben stehen oder vor der Pflege standen, sollten auf ihre soziale Absicherung achten. Rentenversicherung Die Pflegeversicherung zahlt Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegt (nicht erwerbsmäßig!) und gleichzeitig maximal 30 Stunden wöchentlich berufstätig ist. Die Beitrags höhe richtet sich nach der Pflegestufe des Patienten. 115 Details zu den Beiträgen bietet die Broschüre „Rente für Pflege personen: Ihr Einsatz lohnt sich“, Download unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Service > Broschüren & mehr > Vor der Rente. Unfallversicherung Die Pflegeperson ist gesetzlich unfallversichert. Die Pflegekasse muss die Pflegeperson beim kommunalen Unfallversicherungsträger melden, für die es pro Bundesland meist eine Anlaufstelle gibt. Adressen unter www.dguv.de > Berufsgenossenschaften/ Unfallkassen/Landesverbände (linke Seite) > Unfallkassen. Krankenversicherung Die Krankenversicherung muss eine Pflegeperson selbst regeln. Auf Antrag und unter bestimmten Voraussetzungen bezuschusst die Pflegekasse die Mindestbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, z. B. bei voller Pflegezeit. Pflegende, die neben der Pflege sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, sind darüber auch krankenversichert, z.B. während der Familienpflegezeit. Arbeitslosenversicherung Pflegende, die einen Angehörigen mindestens 14 Stunden wöchentlich pflegen und keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, können sich freiwillig und auf eigene Kosten in der Arbeitslosenversicherung versichern. Der Beitrag für freiwillig versicherte Pflegepersonen beträgt 8,30/7,04 e (West/Ost, Stand 2014). Auskünfte gibt die Agentur für Arbeit. 116 Hilfen bei der Pflege von außen Bei länger andauernder Pflege und Überlastung der pflegenden Angehörigen sollten folgende Entlastungsmöglichkeiten geprüft werden: • Kombinationsleistung (s. u.) Ein Pflegedienst übernimmt einen Teil der erforderlichen häuslichen Pflege. • Ersatzpflege (s. u.) Eine andere Pflegeperson oder ein Pflegedienst kommt vorübergehend ins Haus. • Pflegesachleistung (S. 118) Ein Pflegedienst übernimmt die ganze häusliche Pflege. • Tages- und Nachtpflege (S. 119) Stundenweise Pflege des Patienten außer Haus. • Kurzzeitpflege (S. 119) Pflege des Patienten mehrere Tage und Nächte außer Haus. Pflegedienst unterstützt teilweise Kombinationsleistung bedeutet, dass die Pflege eines Patienten zum Teil von einer nicht professionellen Pflegeperson (z. B. Angehörige) und zum Teil von einer professionellen Pflegekraft (z. B. ambulanter Pflegedienst, Sozialstation) erbracht wird. Die Pflegeversicherung erstattet dann zuerst den Aufwand der Fachkraft und zahlt für die „restliche“ Pflege anteilig Pflegegeld an den Pflegebedürftigen. Die prozentuale Aufteilung kann halbjährlich verändert werden. Kombinationsleistung Sozialrechtlich heißt das, dass Pflegesachleistung (siehe S. 118) und Pflegegeld (siehe S. 113) miteinander kombiniert werden. Insgesamt dürfen beide Leistungen zusammen 100 % nicht übersteigen. Zusätzlich zu 100 % Kombinationsleistung kann noch bis zu 50 % Tages- oder Nachtpflege (siehe S. 119) in Anspruch genommen werden, so dass ein Gesamtanspruch von 150 % entsteht. Kombinationsleistung und Tages- und Nachtpflege Andere Pflegeperson unterstützt zeitweise Ersatzpflege, auch Verhinderungspflege genannt, ist die Pflege durch eine andere als die normalerweise tätige Pflegeperson, wenn diese wegen Erholungsurlaub, Krankheit oder anderen Gründen verhindert ist. Die Ersatzpflege kann auch von einem Pflegedienst übernommen werden. Ersatzpflege 117 Die Pflegekasse zahlt maximal 1.550,– € für maximal 4 Wochen im Jahr. Ersatzpflege wird auch anerkannt, wenn • die Wohnung des Pflegebedürftigen renoviert werden muss. • alle Familienmitglieder bei der Ernte eingebunden sind (Landwirtschaft). • die Zeit überbrückt werden muss, bis ein Heimplatz gefunden ist. • es sich um Kurzzeitpflege oder Sterbebegleitung in einem Hospiz handelt. Pflegesachleistung Kombination mit anderen Pflegeleistungen Höhe 118 Pflegedienst pflegt zu Hause Bei der Pflegesachleistung wird der Patient von professionellen Pflegekräften gepflegt, die zu ihm ins Haus kommen. In der Regel übernimmt ein ambulanter Pflegedienst die Pflege, aber auch einzelne selbstständig tätige Fachkräfte sind möglich. Folgende Leistungen der Pflegekasse sind neben der Pflege sachleistung möglich: • Pflegehilfsmittel (S. 51) können beansprucht werden. • Zeitweise Betreuung in einer Tages- und Nachtpflege (S. 119). Hierfür stehen bei voll ausgeschöpfter Pflegesachleistung noch 50 % der Tages/Nachtpflege zu. • Pflegegeld (S. 113) und Pflegesachleistung schließen sich in der Regel aus; möglich ist allerdings eine Kombinationsleistung (S. 117) aus beiden. Die Pflegekasse und die Pflegedienste rechnen direkt miteinander ab. Folgende Sätze gelten: Pflegestufe normale Pflegebedürftigkeit bei erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf „0“ — 225,– e 1 450,– e 665,– e 2 1.100,– e 1.250,– e 3 1.550,– e Härtefälle 1.918,– e Tages- oder Nachtpflege bedeutet, dass ein Pflegebedürftiger eigentlich zu Hause, zum Teil aber tagsüber oder in der Nacht in einer Einrichtung gepflegt wird. Tages- und Nachtpflege außer Haus Die Sätze für die Tages- oder Nachtpflege entsprechen den Pflegesachleistungen (S. 118) und richten sich nach der Pflege stufe. Maximal sind 1.550,– e monatlich möglich. Der Patient muss die Kosten für Unterkunft und Essen selbst zahlen. Höhe Folgende Leistungen der Pflegekasse sind neben der Tagesund Nachtpflege möglich: • Pflegehilfsmittel (S. 51) können beansprucht werden. • 50 % Pflegesachleistung (S. 118), 50 % Pflegegeld (S. 113) oder 50 % Kombinationsleistung (S. 117) sind zusätzlich möglich. Kombination mit anderen Pflegeleistungen Kurzzeitpflege ist die vorübergehende Pflege eines Patienten in einem Heim, wenn die häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist. Kurzzeitpflege außer Haus Anspruch auf die Unterbringung in einer Kurzzeitpflege besteht, • für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung, • in sonstigen Krisensituationen oder • wenn eine vorübergehende häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist. Kurzzeitpflege übernimmt die Pflegekasse maximal 28 Tage im Kalenderjahr. Dauer und Höhe Die Pflegekasse zahlt insgesamt maximal 1.550,– e im Jahr ohne Differenzierung nach der Pflegestufe. Der Patient muss die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten selbst zahlen. Praxistipp! Neben der Kurzzeitpflege kann im selben Jahr auch Ersatzpflege (S. 117) beansprucht werden. 119 Häusliche Krankenpflege Häusliche Krankenpflege bedeutet, dass ein Patient zu Hause von Fachpersonal versorgt wird. Die häusliche Krankenpflege wird in der Regel von der Krankenkasse (!) finanziert und ist nicht zu verwechseln mit der „häuslichen Pflege“ der Pflege versicherung. Gesprochen wird oft von der „Behandlungs pflege“. Voraussetzungen Dauer Die Häusliche Krankenpflege kann vom Arzt verordnet werden, wenn • eine Krankenhausbehandlung erforderlich, aber nicht ausführbar ist oder eine Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird. In diesen beiden Fällen handelt es sich um die sogenannte Krankenhausvermeidungspflege oder • sie zur Sicherung des ärztlichen Behandlungszieles erforderlich ist (z. B. falls der Arzt Injektionen im nötigen Umfang nicht selbst vornehmen kann). In diesem Fall handelt es sich um die sogenannte Sicherungspflege. Die Krankenhausvermeidungspflege ist bis zu 4 Wochen je Krankheitsfall möglich. In medizinisch begründeten Fällen (Prüfung durch MDK) auch länger. Die Sicherungspflege ist gesetzlich nicht begrenzt, jedoch ist die Dauer von der Satzung der Krankenkasse abhängig. Zuzahlung 120 Erwachsene Versicherte zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr, sowie 10,– e pro Verordnung. Vollstationäre Pflege im Heim Wenn die Pflege zu Hause nicht (mehr) möglich ist, ist der häufigste Fall, dass der Patient in ein Pflegeheim zieht. Neben den üblichen Voraussetzungen wie Pflegebedürftigkeit und Erfüllung der Vorversicherungszeit erfordert die Kostenübernahme bei Vollstationärer Pflege auch die sogenannte „Heim bedürftigkeit“. Diese wird von den Pflegekassen in Zusammen arbeit mit dem MDK festgestellt. Voraussetzung Die Pflegekasse übernimmt pauschal • die pflegebedingten Aufwendungen, • die Aufwendungen der sozialen Betreuung und • die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Umfang und Höhe Dafür zahlt die Pflegekasse an das Heim bei • Pflegestufe 1: 1.023,– e monatlich • Pflegestufe 2: 1.279,– e monatlich • Pflegestufe 3: 1.550,– e monatlich • Härtefälle der Pflegestufe 3: 1.918,– e monatlich Lebt der Patient in einer Pflegeeinrichtung, die keinen Vertrag mit seiner Pflegekasse hat, werden ihm nur 80 % des jeweiligen Höchstbetrags von seiner Pflegekasse erstattet. Der Patient muss Unterkunft und Verpflegung im Heim (so genannte „Hotelkosten“) und Investitionskosten selbst zahlen. Diese Kosten variieren von Heim zu Heim und auch innerhalb eines Heims je nach Zimmerausstattung stark. Als Richtgröße muss man mit 1.000,– bis 2.500,– e Zuzahlung bei einem einfachen Pflegeheimplatz rechnen. Eigene Kosten im Pflegeheim Wenn der Patient den Eigenanteil aus seinem Einkommen (in der Regel die Rente) und seinem Vermögen nicht leisten kann, werden seine Eltern, Ehepartner sowie Kinder und indirekt deren Ehepartner herangezogen. Nur wenn diese Angehörigen ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen können, zahlt das Sozialamt. Praxistipp! In Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein können pflegebedürftige Pflegeheim bewohner mit geringem Einkommen Pflegewohngeld bean tragen. Es unterstützt die Zahlung des Investitionskosten zuschusses. 121 Palliativversorgung Wenn der Prostatakrebs nicht mehr heilbar ist und immer weiter fortschreitet, so dass absehbar ist, dass die Lebens erwartung begrenzt ist, kann eine palliative Behandlung sinnvoll sein. „Palliativ“ bedeutet lindernd. Es geht nicht mehr darum, zu heilen, sondern der Blick richtet sich auf die Linderung der Symptome. Das oberste Ziel der Palliativversorgung ist die Linderung der Beschwerden und die Steigerung der Lebensqualität. Leitfaden sollte dabei immer der Wille des Patienten sein. Palliativversorgung hat deshalb nicht nur die Symptome im Auge, sondern kümmert sich ganzheitlich um die Bedürfnisse des Patienten und seiner Angehörigen. „Ganzheitlich“ in dieser letzten Lebensphase heißt, dass es neben den körperlichen Leiden auch um psychische, soziale, seelische, finanzielle und viele weitere Nöte gehen kann. Neben dem Wunsch, schmerzfrei zu sein, können die Regelung letzter Angelegenheiten, die Aufarbeitung alter Konflikte oder die Angst vor dem Leiden und dem Sterben zentrale Bedeutung bekommen. Nachfolgend die wichtigsten Einrichtungen und Leistungen, die Palliativpatienten und ihre Angehörigen unterstützen. Ambulante Hospizdienste Als ambulante Hospizdienste gelten verschiedenste Dienste, Gruppen und Initiativen, die Palliativpatienten und ihre Angehörigen zu Hause begleiten. Der Schwerpunkt liegt meist auf ehrenamtlichen Hospizhelfern, die oft sehr viel Zeit für die Patienten und ihre Angehörigen mitbringen. Aber in allen Hospizdiensten arbeiten auch hauptberufliche Fachleute, die beraten, organisieren und begleiten. Ambulante Palliativdienste Ambulante Palliativdienste ergänzen die örtlichen Pflegedienste und Sozialstationen und sind auf die medizinische und pflegerische Betreuung sterbenskranker Patienten spezialisiert. SAPV: Spezialisierte ambulante Palliativversorgung Die „spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV) ist eine relativ neue Leistung der Krankenkassen, die dabei hilft, dass auch Palliativpatienten mit großer Symptomlast und aufwändiger Versorgung zu Hause/im Heim bleiben können. Verordnet wird die SAPV vom behandelnden Arzt. SAPV gibt es noch nicht überall in Deutschland. 122 Stationäre Hospize Stationäre Hospize sind Pflegeeinrichtungen, die unheilbar Kranke in ihrer letzten Lebensphase umfassend begleiten und betreuen, wenn dies zu Hause nicht mehr möglich ist. Die durchschnittliche Verweildauer in einem stationären Hospiz beträgt 2 bis 4 Wochen. In Deutschland gibt es etwa 200 stationäre Hospize. Palliativstationen Eine Palliativstation ist Teil eines Krankenhauses. Aufgenommen werden Patienten vorübergehend, um starke Symptome in den Griff zu bekommen. In Deutschland gibt es etwa 230 Palliativ stationen. Praxistipp! Adressen von Einrichtung, die Palliativversorgung anbieten, sind zu finden unter www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de. 123 124 Anhang 125 Adressen Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) e. V. Kontakte zu Selbsthilfegruppen, Infos und telefonische Beratungshotline Di, Mi, Do von 15–18 Uhr, kostenlos unter 0800 7080123 [email protected] www.prostatakrebs-bps.de Internetforen Prostatakrebs Eine Alternative zu Selbsthilfegruppen vor Ort sind Internetforen für Patienten, wo Männer die Möglichkeit haben, anonym zu bleiben: • Prostatakrebs-Diskussionsforum vom BV Prostatakrebsselbsthilfe e. V.: http://forum.prostatakrebs-bps.de • Krebskompass-Forum „Prostatakrebs“: www.krebs-kompass.de • Foren und Chats des Selbsthilfeverband Inkontinenz e. V.: www.selbsthilfeverband-inkontinenz.org/svi_suite/index.php Deutsche Krebshilfe Informations- und Beratungsdienst Telefon 0228 72990-95 oder E-Mail: [email protected] oder schriftlich: Deutsche Krebshilfe e. V., Informations- und Beratungsdienst, Buschstr. 32, 53113 Bonn Finanzielle Unterstützung durch den Härtefonds der Deutschen Krebshilfe, Antrag unter www.krebshilfe.de > Wir helfen > Härtefonds. www.krebshilfe.de Adressen von Pflegediensten • Adressen von ambulanten Pflegediensten haben die Pflegekassen und Wohlfahrtsverbände. • Unabhängige Pflegedienste sind im Branchenbuch zu finden. Adressen von Reha-Kliniken • www.rehakliniken.de (= Inhalte Handbuch Reha- und Vorsorgeeinrichtungen mit 1.400 Reha-Kliniken). •www.kurklinikverzeichnis.de. 126 Leitlinien Das aktuelle Wissen zu Früherkennung, Diagnose und Therapie von Prostatakrebs ist in Leitlinien zusammengefasst. Verantwortlich für den Inhalt sind die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebs gesellschaft in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU). Es gibt eine medizinische Leitlinie (sehr detailliert) und Leitlinien für Patienten, Download unter www.awmf.org/leitlinien/detail/ ll/043-022OL.html, direkter Download der Patientenleitlinie: www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-022OLp1_S3_Prostatakarzinom_2011.pdf. Bücher und Broschüren Das Bundesfamilienministerium gibt einen kostenlosen Leitfaden heraus, der bei der Suche nach einem Pflegedienst unterstützen soll: „Auf der Suche nach der passenden Wohn- und Betreuungsform – Ein Wegweiser für ältere Menschen“, zu bestellen unter: Telefon 01805 778090, E-Mail: [email protected] oder zum Herunter laden unter www.bmfsfj.de > Publikationen > Ältere Menschen. Sylvia Broeckmann: Plötzlich ist alles ganz anders – wenn Eltern an Krebs erkranken. 2. Aufl. Klett Verlag, 2009. 13,95 e. ISBN 978-3-608-94605-5. Praktische Beispiele und Vorschläge der Autorin zeigen Eltern und anderen Erwachsenen, wie sie Kindern im Umgang mit der Erkrankung helfen können. Der Ratgeber für Patienten und ihre Partnerinnen „Männliche Sexualität und Krebs“ kann beim Krebsinformationsdienst heruntergeladen werden unter: www.krebsinformationsdienst.de/ wegweiser/iblatt/krebspatient-sexualitaet.pdf. Die blauen Ratgeber der Deutschen Krebshilfe informieren verständlich zu nahezu allen Themen im Bereich Krebs, z. B. Sport, Ernährung, Schmerzen oder speziell alle Aspekte von Prostatakrebs. Die Ratgeber sind kostenlos und können bestellt oder heruntergeladen werden unter www.krebshilfe.de > Wir informieren > Material für Betroffene > Blaue Ratgeber. 127 128 Michael Ewers Liebe Leserin, lieber Leser, der vorliegende Ratgeber „Prostatakrebs & Soziales“ thematisiert die häufigste Krebs erkrankung bei Männern. Obwohl so verbreitet, ist der Umgang damit schwierig und mit Tabus belegt, denn Prostatakrebs betrifft die Intimsphäre. Gute Informationen können den Umgang mit der Erkrankung erleichtern. Neben einem verständlichen Überblick über die Behandlung geht es vor allem um hilfreiche Informationen für den Alltag sowie um sozialrechtliche Fragen: Wie lange gibt es Krankengeld? Wie können finanzielle Engpässe überbrückt werden, wenn das Gehalt ausfällt oder die Rente nicht mehr reicht? Welche Heil- und Hilfsmittel gesteht die Krankenkasse zu? Was muss der Patient zuzahlen und wann gibt es Zuzahlungs befreiungen? betapharm setzt sich seit Jahren aktiv für eine verbesserte Versorgungsqualität im Gesundheitswesen ein. Aus diesem Engagement heraus hat sich betaCare – das Wissenssystem für Krankheit & Soziales – entwickelt, welches Antworten auf alle sozialen Fragen rund um eine Krankheit bietet. Mit herzlichen Grüßen Michael Ewers Geschäftsführer betapharm & beta Institut Weitere Informationen sowie alle bisher erschienenen Ratgeber finden Sie auch unter www.betaCare.de. Mehr über das soziale Engagement und die Produkte der betapharm Arzneimittel GmbH finden Sie unter www.betapharm.de. Impressum Herausgeber und Redaktion beta Institut gemeinnützige GmbH Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin Geschäftsführer: Michael Ewers Kobelweg 95, 86156 Augsburg Telefon 0821 45054-0, Telefax 0821 45054-9100 E-Mail: [email protected] www.betainstitut.de Text Maria Kästle Andrea Nagl Layout und Gestaltung Manuela Mahl Autoren und Herausgeber übernehmen keine Haftung für die Angaben in diesem Werk. Alle Rechte vorbehalten © 2014 Copyright beta Institut gemeinnützige GmbH Der Ratgeber einschließlich all seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Reproduzierung, Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen oder Datenverarbeitungsanlagen. 1. Auflage, April 2014 Schutzgebühr 5,– Euro Ein Engagement der betapharm Prostatakrebs Gesundheit ist unser Ziel! & Soziales Prostatakrebs & Soziales betaCare-Wissenssystem Soziallexikon Die größte Suchmaschine für Sozialfragen im Gesundheitswesen in Deutschland. 4.800 Stichwörter helfen gezielt, soziale, rechtliche und finanzielle Fragen einfach und verständlich zu beantworten. Finden Sie z.B. Antworten auf folgende Fragen: – Wie ist die Zuzahlung bei Arzneimitteln geregelt? – Wie bekomme ich einen Schwerbehindertenausweis? – Welche Vorsorge kann ich treffen, für den Fall, dass ich nicht mehr selbst entscheiden kann? Patientenratgeber Die Broschüren bieten gebündelt und verständlich sozialrechtliche und psychosoziale Informationen zur folgenden Themen und Krankheiten: –Behinderung & Soziales –Brustkrebs & Soziales –Demenz & Soziales –Depression & Soziales –Epilepsie & Soziales –Migräne & Soziales – Multiple Sklerose & Soziales –Osteoporose & Soziales –Palliativversorgung & Soziales –Patientenvorsorge –Pflege – Psychosen, Schizophrenie & Soziales –Schmerz & Soziales Patientenfilme ©INFINITY_fotolia.com Zu Asthma, Brustkrebs, Darmkrebs, Demenz, Depression, Diabetes, Osteoporose, Rheuma, Schlaganfall. Die Initiative „betaCare – Verbesserung der Patientenversorgung und Prävention“ wird gefördert durch die betapharm Arzneimittel GmbH, ein Generika-Unternehmen mit hochwertigen und preiswerten Qualitätsarzneimitteln. www.betaCare.de