Aufg.2 Lösung Ein einfacher Fotoapparat
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Aufg.2 Lösung Ein einfacher Fotoapparat
ForscherInnenwerkstatt Physik Aufgabe 2 Graz, 12-2015 Ein einfacher Fotoapparat Lösung: Zur Erklärung benötigt man diese physikalischen Begriffe: Lochkamera − Abbildung − Blende − Bilder 1. Das Bild ist reell, höhenverkehrt, seitenverkehrt und verkleinert. Außerdem ist es sehr lichtschwach. 2. Erklärung Gegenstand Loch im Deckel Bild Abb. 1 Entstehung des Bildes Von der gesamten Oberfläche des Gegenstandes gehen Strahlen in alle Richtungen aus. Durch die enge Blendenöffnung kann von jedem Punkt des Gegenstandes nur je ein Strahl durchgehen. So entsteht auf dem Seidenpapier (das ist der „Schirm“) ein höhen- und seitenverkehrtes Bild des Gegenstandes (siehe Abb. 1). Wegen der kleinen Öffnung ist das Bild sehr lichtschwach. Bei größerem Loch wird das Bild heller. Allerdings wird das Bild auch unschärfer, da jeder Punkt des Gegenstandes vom Lichtbündel auf einen breiten Bereich des Schirms abgebildet wird. Weil sich diese Bereiche bei benachbarten Punkten auf dem Schirm überdecken, wird das Bild unscharf (siehe Abb. 2). Abb. 2 Gegenstand Großes Loch im Deckel Unscharfes Bild 1 Für SpezialistInnen: Bei kleiner Blendengröße nimmt die Bildschärfe zwar zu aber gleichzeitig die Helligkeit ab. Daher soll man zur Betrachtung helle (leuchtende) Gegenstände auswählen. Eine weitere Verbesserung gelingt, wenn man das Zimmer abdunkelt. Damit vermeidet man das „Streulicht“, das ebenfalls die Unschärfe vergrößert. Bei kleiner Blende tritt ein weiteres Problem wegen der Wellennatur des Lichts auf, die sogenannten Beugungserscheinungen. Der optimale Blendendurchmesser d d= beträgt λl , siehe Lehrbuch der Physik, Berg2 mann/Schäfer, Band 3, 1987. ( λ : Wellenlänge des Lichts; l: Abstand zwischen Lochblende und Schirm ( Seidenpapier). Zum Beispiel findet man für eine Kartonröhre mit l = 12cm und eine mittlere Lichtwellenlänge (580 nm) d=0,19mm . Bemerkungen Die Lochkamera wurde bereits 1321 in Europa erstmals erwähnt. Zum Bau kann man beliebig geformte Hohlkörper verwenden, z.B. Schuhschachteln, Kartonschachteln, usw. . Bei größeren Schachteln kann man hinter das Seidenpapier ein Mobiltelefon oder irgendeinen Fotoapparat stellen und das verkehrte Bild fotografieren. Steht der Fotoapparat genau in der Mitte, so kann man das Seidenpapier sogar entfernen. Die Abbildungsgleichung lautet: 𝐺 ∶ 𝐵 = 𝑔 ∶ 𝑏 , dabei ist G Größe des Gegenstandes, B Größe des Bildes, g Entfernung Gegenstand – Lochblende, b Entfernung Lochblende – Bild . Dabei kann man B und b bei der Lochkamera abmessen. Ist nun die Entfernung zum Gegenstand g bekannt, so kann man die Größe des Gegenstandes berechnen oder umgekehrt bei bekannter Größe seine Entfernung berechnen. Z. B. kann man damit bei bekannter Entfernung der Sonne ihren Durchmesser bestimmen. In einem abgedunkelten Raum kann man mit Hilfe eines Schlüsselloches Bilder des Raumes hinter dem Schlüsselloch mit einem Blatt weißem Papier auffangen. Dieser Raum muss nur entsprechend hell sein ev. Sonnenlicht). Wir befinden uns jetzt im Inneren einer „Lochkamera“ oder „Camera Obscura“, wie sie früher genannt wurde. So einen Raum, eigentlich ein begehbares Fernrohr, kann man im berühmten Old Royal Observatory in Greenwich bei London besichtigen. Übrigens wurde unser Erd-Koordinatensystem so festgelegt, dass der Nullmeridian genau durch den Giebel dieses Gebäudes geht. Ein Nebengebäude hat im Inneren einen großen runden Raum, in dessen Mitte ein Tisch mit einer großen weißen Platte steht. Ein schräg montierter Spiegel über einem kleinen Loch in der Kuppel des Baus leitet das Licht zum kleinen Loch und senkrecht herunter zum Tisch. Ein Linsensystem beim Loch verbessert die Helligkeit. Diese Anordnung bildet die Umgebung auf dem Tisch ab, so dass man Wiesen Bäume, Straßen (mit Verkehr!) oder Fußgänger beobachten kann. Historisches zur „Camera Obscura“: Von D. Glass, What´s What? , Naturwissenschaftliche Plaudereien, DTB Verlag München 1995 stammen folgende Zeilen: „Ein französischer Schriftsteller des 17. Jahrhunderts berichtet von einer Camera obscura in der Nähe eines Parks, in dem sich, wie man wusste, junge Paare von zweifelhafter Moral herumtrieben. Vornehme Besucher bezahlten, um in die Camera obscura eintreten und die Bilder betrachten zu können, die von den verschiedenen skandalösen Vorgängen unter Bäumen und Büschen an der Wand erschienen. Diese zahlenden Besucher waren nicht nur überrascht von dem, was sie sahen, sondern auch, wie sie es sahen - wussten die meisten von ihnen doch nicht, dass ein Loch ein solches Bild an eine Wand werfen kann, weil Licht sich geradlinig fortbewegt. Will man dieser Beschreibung aus dem 17. Jahrhundert Glauben schenken, dann gab es auch noch einige andere Dinge, die die Besucher nicht wussten: Erstens, dass die meisten der amourösen Abenteuer, die sie beobachteten, von den Betreibern der Camera obscura inszeniert wurden, und zweitens, dass ihnen, während sie in dem dunklen Raum standen und gebannt auf die anregenden Bilder starrten, ihre Brieftaschen gestohlen wurden!“ Quellenangabe: Physikalische Freihandexperimente, 1997, Aulis-Verlag, D 85399 Hallbergmoos 2