Dr. Jutta Middendorf

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Dr. Jutta Middendorf
Unternehmerin des Jahres 2011
Dr. Jutta Middendorf-Bergmann
Ludwig Bergmann Maschinenfabrik GmbH
Vor fast vier Jahren starb viel zu früh im Alter von 61 Jahren Ludwig Bergmann, der
Enkel des Unternehmensgründers und Ehemann von Dr. Jutta MiddendorfBergmann nach kurzer schwerer Krankheit. Ganz plötzlich stand die promovierte
Juristin im Februar 2008 vor nahezu unüberwindlichen Herausforderungen. Mit den
damals 14 und zehn Jahre alten Söhnen Bernd und Christian sowie einem Betrieb,
der auf den ersten Blick so gar nicht zu einer Frau zu passen scheint: Eine Firma, die
Spezialanhänger und Universalstreuwagen in High-Tech-Ausführung produziert.
Gerade auf dem Lande gab es schon immer und gibt es immer noch viele
selbstbewusste, tatkräftige und kluge Frauen. Mit der Landwirtschaft ist die
Unternehmerin des Jahres von klein auf an vertraut. Sie wuchs auf einem Hof im
Landkreis Diepholz auf und lernte es zuzupacken. Sie studierte an der Universität
Bielefeld und begann mit 25 Jahren als Volljuristin ihre Dissertation mit dem Thema
„Übergabevertrag und landwirtschaftliches Erbrecht“. Mit 19 Jahren hatte sie ihren
Mann Ludwig kennengelernt und ihn in 28 gemeinsamen Jahren bei Fragen rund um
das Unternehmen stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden. „Ich war immer gefragt,
wenn es um den Betrieb ging“, erinnert sie sich. „Aber in der zweiten Reihe hat man
die Verantwortung nicht, da kann man Entscheidungen leicht mittragen.“
Nach dem Tod Ihres Mannes habe sie eine Vielzahl von Kaufangeboten für das
Traditionsunternehmen erhalten. Aber ein solches Erbe zu verkaufen, war für sie
„schon moralisch unmöglich“. Viele der 125 Mitarbeiter sind als Bergmänner in der
dritten Generation im Betrieb tätig. Für diese Mitarbeiter und nicht zuletzt für ihre
beiden Söhne galt es, die Firma zu erhalten.
Agrartechnik ist eine Männerdomäne. Da muss man sich die Anerkennung
erarbeiten. Ohne zu zögern ließ sie ihre erfolgreiche Anwaltspraxis und ihr Notariat
ruhen. Mit dem loyalen Rückhalt ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sie es
gepackt, die Zukunft des Unternehmens dauerhaft zu sichern. Wer für die
Landwirtschaft Maschinen baut, weiß, dass die Kunden oft spät und kurzfristig
bestellen. Um die notwendige Flexibilität zu erhalten werden eine weitere Halle mit
4.000 Quadratmetern sowie eine neue Lackieranlage errichtet.
Die Ludwig Bergmann Maschinenfabrik GmbH wurde 1896 von Ludwig Bergmann
sen. gegründet, der in Goldenstedt eine eigene Fabrikationswerkstätte für
Landmaschinen aufbaute. 1922 traten beide Söhne, Franz und Herrmann, in den
Familienbetrieb ein. Bekanntheit und Erfolg verzeichnete er zunächst mit der
Produktion von Dreschmaschinen. Bis etwa 1955 wurden mehr als 50.000 Stück im
In- und Ausland verkauft. Ab 1953 befasste sich das Unternehmen intensiv mit der
Entwicklung und Serienproduktion von Kartoffelsammelrodern, Stalldungstreuern,
Lade- und Silagewagen sowie landwirtschaftlichen Anhängern.
Aufgrund
des
Strukturwandels
Kernkompetenzen
des
in
der
Unternehmens
Landwirtschaft
neu
definiert.
wurden
Die
1994
die
Entwicklung
von
Universalstreuwagen, Silierwagen und Häckseltransportwagen wurde intensiv
vorangetrieben. Heute werden diese Produktlinien in einer breiten Palette für
Lohnunternehmer und Großlandwirte angeboten. Der Agrartechnikhersteller ist auf
allen einschlägigen landwirtschaftlichen Fachmessen wie der Agritechnica vertreten
und produziert GPS-gesteuerte Universalstreuer. In diesem Segment gehört das
Unternehmen zu den technologischen Marktführern.
Moderne Silierwagen sollen heute mit bodenschonenden Fahrwerken ausgerüstet
sein, die hohe Geschwindigkeiten zulassen. Zudem werden von diesen Maschinen
ein großes Fassungsvermögen und ein sicher arbeitendes Schneidmanagement
gefordert.
Kurze
Schnittmengen
des
Gutes
garantieren
eine
einwandfreie
Qualitätssilage. Diese Forderungen werden durch BERGMANN-Silierwagen erfüllt.
Die Palette der Streufahrzeuge reicht von sechs bis 34 Tonnen zulässigem
Gesamtgewicht, wobei Einachs-, Tandemachs- und Dreiachs-Fahrgestelle mit
unterschiedlichsten
ausgebrachtem
Ausrüstungen
Streugut
angeboten
dokumentieren
zu
werden.
können,
Um
die
werden
Menge
an
zunehmend
elektronische Regelsysteme nachgefragt. Maximale Produktivität durch eine
ganzjährige Nutzung wird mit hydraulisch gefederten Trägerfahrgestellen erzielt, die
mit
unterschiedlichen
Wechselaufbauten
ausgerüstet
werden
können.
Mit
Neuentwicklungen im Getreideüberladewagen sowie Maschinen für die Zufuhr- und
Zerkleinerungstechnik in Biogasanlagen wurden in den letzten Jahren weitere
Marktsegmente erfolgreich erschlossen.
Diese zukunftssichernden Innovationen sind in der vergangenen Woche anlässlich
der soeben beendeten Agritechnica von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft
mit der Verleihung der Silbermedaille für Neuentwicklungen ausgezeichnet worden.
Dr. Jutta Middendorf-Bergmann ist eine passionierte Jägerin. Dieses Hobby teilte sie
mit ihrem Ehemann ebenso wie das Engagement für die Pflege von Natur und
Landschaft. Ludwig Bergmann gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des
Fördervereins
Goldenstedter
Moor.
Die
Errichtung
des
Naturschutz-
und
Informationszentrums „Haus im Moor“ wurde von Anfang an finanziell und ideell
unterstützt. Die Unternehmerin des Jahres 2011 setzt dieses gesellschaftspolitische
Engagement fort.

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