„Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit“

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„Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit“
Kooperatives Graduiertenkolleg
„Qualitätsmerkmale
sozialer Bildungsarbeit“
1.1.2015 bis 31.12.2017
Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler:
Prof. Dr. Harald Ansen
HAW, Department Soziale Arbeit, Alexanderstraße 1, 20099 Hamburg
Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland
UHH, Fakultät EW, Bildungs- und Transformationsforschung, Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg
Prof. Dr. Annita Kalpaka
HAW, Department Soziale Arbeit, Alexanderstraße 1, 20099 Hamburg
Prof. Dr. Gordon Mitchell
UHH, Fakultät EW, Religionspädagogik, Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg
Prof. Dr. Louis Henri Seukwa (Sprecher: HAW)
HAW, Department Soziale Arbeit, Alexanderstraße 1, 20099 Hamburg
Jun. Prof. Dr. Silke Schreiber-Barsch
UHH, Fakultät EW, Lebenslanges Lernen, Binderstraße 34, 20146 Hamburg
Prof. Dr. Joachim Schroeder (Sprecher: UHH)
UHH, Fakultät EW, Behindertenpädagogik, Sedanstraße 19, 20146 Hamburg
Prof. Dr. Sabine Stövesand
HAW, Department Soziale Arbeit, Alexanderstraße 1, 20099 Hamburg
1
Zusammenfassung des Gesamtkonzepts
Die durch Forschung fundierten Einsichten zu den sozialen Ursachen prekärer Lebenslagen führten in
der Sozialen Arbeit zu einer institutionellen und konzeptionellen Verknüpfung von Unterstützungsmit Bildungsangeboten. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass gegenwärtig Jugendliche und
junge Erwachsene ganz besonders vom Risiko sozialer Exklusion betroffen sind. Das Kooperative
Graduiertenkolleg wird sich deshalb systematisch mit den Zielsetzungen, Organisationsformen, Konzepten, Methoden und Wirkungen der sozialen Bildungsarbeit für junge Menschen in prekären Lebenslagen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren befassen. Erkenntnisleitend für das Forschungsprogramm ist die empirische Bestimmung von Qualitätsmerkmalen sozialer Bildungsarbeit für diese Personengruppe. Hierfür werden erstmals systematisch und interdisziplinär die theoretischen und methodologischen Expertisen sowie das methodische Instrumentarium der Erziehungswissenschaft (UHH)
und der Sozialarbeitswissenschaft (HAW) zusammengeführt, um ein sehr relevantes Handlungsfeld
der Sozialen Arbeit empirisch aufzuschließen.
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Darstellung und Begründung des wissenschaftlichen Rahmenkonzepts sowie des wissenschaftlichen Inhaltes des Graduiertenkollegs
2.1
Forschungsgegenstand und Forschungsfragen
Soziale Arbeit adressiert ihre Unterstützungsangebote an Menschen und soziale Gruppen, die von
sozialem Ausschluss bedroht oder betroffen sind (Ansen 1998, Staub-Bernasconi 2007). Nach einer
langen Phase relativer wirtschaftlicher Prosperität und wohlfahrtsstaatlicher Integration in Deutschland
und Europa stellt sich aktuell die „soziale Frage“ (Castel 2008) wieder in aller Schärfe neu. Für die
gegenwärtigen Ausprägungen sozialer Ungleichheit wurde in der sozialwissenschaftlichen Debatte der
Begriff „Prekarität“ geprägt (Vogel 2008). Die Prekaritätsforschung hat gezeigt, dass Jugendliche und
junge Erwachsene besonders von den Folgen der neuen sozialen Ungleichheit betroffen sind (Stauber/Pohl/Walter 2007, Thomas/Calmbach 2013). Deshalb konzentriert sich das Kooperative Graduiertenkolleg vorrangig (den Altersgrenzen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im SGB VIII folgend)
auf junge Menschen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren.
In zahlreichen Bildungsstudien ist belegt, dass etwa 15 Prozent der Schülerinnen und Schüler eines
jeden Geburtsjahrganges in Deutschland derzeit das Schul- und Ausbildungssystem nur mit Schwierigkeiten und mit Resultaten durchlaufen, die einen gesicherten Zugang zur Erwerbsarbeit und zur
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ernsthaft in Frage stellen (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, 2008, 2010, 2012). Mit dem Erreichen der Volljährigkeit sind diese jungen Menschen uneingeschränkt geschäftsfähig und strafmündig, ihnen wird folglich eine selbstverantwortete Lebensführung abverlangt und eine selbständige Daseinsvorsorge zugemutet. Besondere sozialgesetzlich
verankerte rechtliche Ansprüche der Arbeitsförderung oder sozialen Unterstützung bestehen dann nur
noch sehr eingeschränkt.
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Mehrheitlich wachsen diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen in nicht-bürgerlichen Lebenszusammenhängen auf, die durch auf Dauer gestellte, teilweise über Generationen ‚vererbte‘ ökonomische Armut und oftmals nur wenig tragfähige soziale Netze gekennzeichnet sind. Diese Jugendlichen
und jungen Erwachsenen müssen sich gegenwärtig und/oder künftig in erschwerten Lebenslagen behaupten, demzufolge müssen sie Formen eines nicht-bürgerlichen Habitus erwerben. In den verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit werden deshalb Bildungsangebote entfaltet, deren Inhalte
und Arbeitsformen auf die prekären Lebenslagen ausgerichtet sind, aus denen diese jungen Menschen
kommen, in denen sie auch künftig mehrheitlich leben werden, in denen sie folglich zurechtkommen
und sich bewähren müssen.
Untersuchungen zur sozialen Bildungsarbeit fokussieren bislang auf die sozialpädagogische Praxis im
öffentlichen Erziehungs- und Schulsystem, wie zum Beispiel frühkindliche Bildung, Schulsozialarbeit,
Ganztagsbetreuung oder Jugendberufshilfe (Coelen/Otto 2008). Die Erziehungswissenschaft, namentlich die Schul-, Sonder- und Berufspädagogik, konzentriert sich ebenfalls fast ausschließlich auf die
Untersuchung des allgemeinen und beruflichen Schulsystems; die Erwachsenenbildung befasst sich
bevorzugt mit den an kleinbürgerlichen Bildungsinteressen ausgerichteten Volkshochschulen. Hingegen ist die in den verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit verantwortete Bildungsarbeit
noch weitgehend empirisches Brachland.
Das übergreifende Ziel des Forschungsprogrammes ist es, Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit
empirisch zu bestimmen. „Qualität“ meint (vgl. Gogolin u.a. 2011), dass es gelingt, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen in erschwerten Lebensverhältnissen einen Zugang zu Bildungsangeboten zu eröffnen, sodass sie die notwendigen Kompetenzen ausbilden können, die sie zur Bewältigung prekärer
Lebenslagen benötigen. Die im Kooperativen Graduiertenkolleg entstehenden Promotionsvorhaben
werden sich mit den Zielen, Konzepten, Organisationsformen und Arbeitsweisen in ausgewählten
Bildungseinrichtungen bzw. Bildungsprogrammen befassen und untersuchen, welche Effekte in der
Umsetzung zu Tage treten. In der vergleichenden Zusammenschau der in den einzelnen Dissertationen
gewonnenen empirischen Ergebnisse wird die Forschungsgruppe sodann übergreifende Qualitätsmerkmale der sozialen Bildungsarbeit in prekären Lebenslagen identifizieren.
2.2 Forschungsprogramm
Bei den Bildungsangeboten der Sozialen Arbeit für junge Menschen im Alter zwischen 14 und 27
Jahren müssen zwei Institutionalisierungsformen unterschieden werden:
 Formale Bildungsangebote der Sozialen Arbeit: In sozialpädagogischen Ersatz-, Ergänzungs- oder
Angebotsschulen, die fast ausschließlich von Trägern der Jugendhilfe betrieben werden, steht vor
allem die Erfüllung der Schulpflicht sowie der Erwerb eines formalen allgemeinbildenden oder berufsqualifizierenden Abschlusses im Zentrum der Bildungsarbeit (Schroeder 2006, 2008, 2012);
 Non-formale Bildungsangebote der Sozialen Arbeit: Beratungsstellen, soziale Dienste oder stationäre Einrichtungen folgen in ihren Bildungsangeboten einem non-formalen Bildungsverständnis, in
dem es vorrangig darum geht, die Adressatinnen und Adressaten in ihrer Lebensführung zu unterstützen und die dafür erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln (Ansen 2006, Faulstich-Wieland
2012, Stövesand u.a. 2013).
In Übersicht 1 ist die „Architektur“ des Forschungsprogrammes für das Kooperative Graduiertenkolleg „Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit“ dargestellt:
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 Die beiden Institutionalisierungsformen werden zu zwei systematischen Untersuchungsfeldern
entwickelt: (U1) Formale Bildungsangebote und (U2) Non-formale Bildungsangebote.
 Außerdem gibt es drei Forschungsfelder, die sich mit unterschiedlichen Methoden der Analyse
professionsspezifischer Antinomien widmen: (F1) Bildung und Unterstützung (Didaktische Analysen), (F2) Zielgruppenorientierung und Inklusion (Intersektionelle Analysen) sowie (F3) Ortsbezug
und Mobilität (Sozialräumliche Analysen).
 Jedes der drei Forschungsfelder wird in beiden Untersuchungsfeldern empirisch bearbeitet, sodass
sich sechs Themenfelder für Dissertationen ergeben (T1 bis T6).
Übersicht 1: Forschungsprogramm und Zuordnung der Professorinnen und Professoren
Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit
für junge Menschen im Alter zwischen 14 und 27 Jahren
Forschungsfelder:
F1
Bildung und
Unterstützung
F2
Zielgruppenorientierung
und Inklusion
F3
Ortsbezug und
Mobilität
2.3
Untersuchungsfelder:
U1
Formale Bildungsangebote
U2
Non-formale Bildungsangebote
Themenfelder:
Themenfelder:
T1
Sozialpädagogische
Angebotsschulen
T2
Bildungsdimensionen
der Sozialen Dienste
T3
Intersektionelle Verhältnisse in
zielgruppenorientierten Settings
T5
Bildung und mobile Lebenspraxis
T4
Intersektionelle Verhältnisse in
inklusiven Settings
T6
Bildungslandschaften
Forschungsfelder und mögliche Dissertationsthemen
Sozialarbeits- und Erziehungswissenschaft stimmen schon lange überein, dass es ein grundlegendes
Merkmal jeglicher Bildungsarbeit ist, dass sie vielfältigen pädagogischen Antinomien unterliegt, das
sind sich wechselseitig widersprechende Handlungsanforderungen, die theoretisch wie praktisch offengehalten werden müssen, weil man diese nicht auflösen, sondern bestenfalls umsichtig bearbeiten
kann (Schütze 1996). Während diese antinomische Grundstruktur professionellen Handelns in der
Sozialen Arbeit gesellschafts-, professions-, organisations- und handlungstheoretisch plausibel begründet ist (z.B. Helsper u.a. 2008), wurden die daraus resultierenden Spannungsverhältnisse in der
sozialen Bildungsarbeit empirisch noch kaum erforscht.
Die drei ausgewählten Antinomien sind besonders gut geeignet, um im Forschungsprogramm mit der
empirischen Bestimmung von Qualitätsmerkmalen zu beginnen, weil sie Grundfragen der sozialen
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Bildungsarbeit berühren: In welchem Gegenstands- und Zielhorizont (F1), mit welchem Heterogenitätsverständnis (F2) und in welchen sozialräumlichen Bezügen (F3) müssen Bildungsangebote konzipiert werden? Allerdings diskutiert man diese Antinomien bislang in der Erziehungs- und in der Sozialarbeitswissenschaft überwiegend getrennt voneinander. Das Forschungsprogramm des Kooperativen
Graduiertenkollegs möchte diese separierten Forschungsstränge hingegen zu einem komplementär
aufeinander bezogenen Forschungsansatz weiterführen in der Annahme, dass durch eine konsequente
Verschränkung der beiden disziplinären Perspektiven die empirische Bestimmung von Qualitätsmerkmalen der sozialen Bildungsarbeit präzisiert und ertragreich vorangetrieben werden kann.
Zu jedem Forschungsfeld wird nachfolgend kurz der aktuelle Theoriebestand skizziert und es werden
die für das Forschungsprogramm relevanten Fragestellungen benannt. Darauf aufbauend werden methodologische und methodische Überlegungen zur empirischen Aufschließung der jeweiligen Antinomie dargelegt und die Unterschiede zwischen den beiden komplementären Themenfeldern verdeutlicht. Auf die prospektive Formulierung von möglichen Promotionsthemen wird verzichtet, um dem
Auswahlverfahren nicht vorzugreifen. Die Dissertationsthemen sollen sich jedoch an den für jedes
Themenfeld skizzierten forschungsleitenden Fragestellungen orientieren, zu denen die Kandidatinnen
und Kandidaten im Bewerbungsverfahren ihre möglichen themenspezifischen Promotionsvorhaben
darlegen und mit dem Gesamtkonzept des Graduiertenkollegs verzahnen.
2.3.1
Forschungsfeld (F1): Bildung und Unterstützung
Charakteristisch für das professionelle Selbstverständnis der Sozialen Arbeit ist es, dass die Handlungskonzepte zur Ausbildung und/oder Erweiterung von Kompetenzen beitragen sollen, die das Individuum (wieder) befähigen, selbstbestimmt sein Leben zu meistern und Teilhabe-rechte einzuklagen
bzw. durchzusetzen (Thiersch 2005). Die Unterstützung zur Bewältigung schwieriger Lebenslagen ist
ein zentraler disziplinärer Anspruch der Sozialen Arbeit (Böhnisch u.a. 2009). In der sozialen Bildungsarbeit muss indes die Zielsetzung der Unterstützung mit dem erziehungstheoretischen Anspruch
der Vermittlung von Bildung verknüpft werden (Mack 1999): Unterstützung ist eine Bedingung der
Möglichkeit für Bildung, weil zunächst die primären Bedürfnisse befriedigt und Problemlagen entschärft werden müssen, um sich (wieder) auf Bildungsprozesse einlassen zu können. Diese konzeptionelle Spannung ist zwar theoretisch gut begründet, es ist aber kaum näheres darüber bekannt, wie in
der Bildungspraxis der Sozialen Arbeit diese Antinomie ausbalanciert wird:
Wie sehen Bildungskonzepte der Sozialen Arbeit konkret aus, wenn diese – sozialpädagogischen Orientierungen folgend – lebensweltbezogen, milieusensibel und akzeptierend sind sowie zuvörderst auf
die Unterstützung erschwerten Alltags zielen? Was genau wird unter „Bildung“ verstanden? Wie wird
in Bildungseinrichtungen der Sozialen Arbeit der Unterstützungsanspruch integriert? Wie gehen soziale Unterstützungsdienste vor, um bei ihrer Klientel Bildungsprozesse zu initiieren?
In didaktischen Analysen von Curricula, pädagogischen Konzepten, individuellen Lernplänen, Portfolios, Lernmaterialien, Aufgabenstellungen, Methoden, Lernarrangements, Schülerarbeiten u. ä. wird
analysiert, wie in den Bildungsangeboten der Sozialen Arbeit der Lebensweltbezug hergestellt, Lebenstüchtigkeit vermittelt und Lern- und Bildungsprozesse angeregt werden sollen, die die jungen
Leute nachweislich befähigen, besser als zuvor mit ihren prekären Lebenslagen zurechtzukommen
(vgl. Seukwa 2006, 2007, Hiller 2012).
 Im Themenfeld (T1) sollen verschiedene schulische Angebote untersucht werden, wie diese Einrichtungen, die einen genuinen Bildungsauftrag haben, den sozialpädagogischen Anspruch von Unterstützung konzeptionell integrieren und praktisch umsetzen. Da auch diese Einrichtungen den
Vorgaben der öffentlichen Schule unterliegen (Schulpflicht, Bildungsstandards, Abschlüsse), soll
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insbesondere die Hypothese überprüft werden, dass die Bildungsarbeit in den Jugendhilfeschulen
kaum mehr sein kann als eine Imitation des ‚lebensfernen‘ Unterrichts der Regelschule.
 Im Themenfeld (T2) werden Einrichtungen der Sozialen Arbeit, die originär einen Unterstützungsauftrag haben, hinsichtlich der Integration des Bildungsanspruchs analysiert. In den Promotionsvorhaben soll insbesondere die pädagogische Rhetorik sozialer Bildungsarbeit problematisiert werden, die sehr häufig Begriffe wie Niedrigschwelligkeit, Entlastung von Lerndruck, Freiwilligkeit
und Bedürfnisorientierung verwendet. Solchen Ansätzen wird immer wieder der Vorwurf gemacht,
sie seien didaktisch reduktiv, anspruchslos und unterfordernd, eine Kritik, die empirisch beleuchtet
werden soll.
2.3.2
Forschungsfeld (F2): Zielgruppenorientierung und Inklusion
Die bisherige Forschung zum Thema belegt, dass die Klientel der Sozialen Arbeit durch eine ausgeprägte soziale, sprachliche und kulturelle Heterogenität ausgezeichnet ist, die oftmals mit dem Anspruch der ‚Passgenauigkeit‘ von Bildungskonzepten in Konflikt gerät (Lutz/Wenning 2001, Weber
2003, Schroeder/Seukwa 2007). Soziale Arbeit versucht, ihre Konzepte durch Zielgruppenorientierung möglichst präzise auf die unterschiedlichen benachteiligenden Lebenslagen sozialer Gruppen zu
beziehen („Frauenprojekte“ oder „Schulen für Flüchtlinge“ etc.). Die Soziale Arbeit muss überdies
dem gesellschaftspolitischen Auftrag der Inklusion nachkommen und Angebote so gestalten, dass
möglichst alle sozialen Gruppen erreicht werden (Schreiber-Barsch 2009, 2014). Die Schulforschung
hat gezeigt, dass sowohl zielgruppen-, als auch inklusionspädagogische Ansätze enorme Schwierigkeiten haben, soziale, kulturelle und sprachliche Heterogenität in der Bildungsarbeit konzeptionell umfassend zu berücksichtigen (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006, 2008, 2010, 2012). Das Kolleg
bezieht diese Problemstellung nun auf die Soziale Arbeit und fragt:
Wie wird in zielgruppenorientierten und in inklusiven Bildungsangeboten der Sozialen Arbeit jeweils
mit den verschiedenen Differenzlinien umgegangen? Wie inklusiv sind inklusive Angebote wirklich?
Wird in zielgruppenorientierten Konzepten durch die Fokussierung auf die ‚Unterstützung‘ erschwerten Alltags womöglich ‚Bildung‘ vernachlässigt? Wird in inklusiven Ansätzen einer ‚Bildung für alle‘
der individuelle erschwerte Alltag ignoriert?
In intersektionellen Analysen wird die Verschränkung von Differenzkategorien wie Geschlecht, Ethnizität, Behinderung usw. in der Gesellschaft, in Institutionen, Diskursen, Interaktionen und Handlungen
untersucht (Winker/Degele 2010). Im Kolleg wird konkret gefragt, welche Merkmale von Personen
bzw. Lebenslagen in der sozialen Bildungsarbeit als bearbeitungsbedürftig markiert werden und welche Differenzzuordnungen damit verbunden sind. Insbesondere mit ethnografischen Methoden lässt
sich den sozio-kulturellen und symbolischen Ordnungen in der Gestaltung der Räume, in Ritualen,
Kommunikationsstrukturen sowie in Verhaltenserwartungen auf die Spur kommen (Faulstich-Wieland
2000, 2009, 2012, Kalpaka 1990, 2010).
 Im Themenfeld (T3) soll in Promotionen empirisch der Frage nachgegangen werden, wie in zielgruppenorientierten Bildungsangeboten Differenzkonstruktionen gewonnen werden und wie diese
das professionelle Handeln der in der Einrichtung tätigen pädagogischen Fachkräfte leiten. Insbesondere wird analysiert, welche Normalitätsmuster in der praktischen Bildungsarbeit zur Anwendung kommen und wie Arrangements über solche Normalitätsmuster mit der Klientel ausgehandelt
werden.
 Im Themenfeld (T4) sollen intersektionelle Ordnungen in inklusionspädagogischen Bildungsangeboten rekonstruiert werden, die sich „bewusst“ an heterogene, multikulturelle, mehrsprachige und
koedukative Gruppen richten: Wie wird mit den verschiedenen Differenzierungskategorien in solchen Lerngruppen umgegangen? Deuten sich in den Konzepten und in der Praxis der Markierung
von Personen bzw. Lebenslagen Vergeschlechtlichungen oder Kulturalisierungen an? Werden Behinderungen wahrgenommen? Wie werden die wechselseitigen normativen Zuschreibungen in diesen heterogenen Lerngruppen bearbeitet?
6
2.3.3
Forschungsfeld (F3): Ortsbezug und Mobilität
Soziale Bildungsarbeit wird nicht nur in Gruppen-, sondern auch in sozialräumlichen Handlungsansätzen entfaltet, etwa in der Stadtteil- oder Gemeinwesenarbeit (Schreiber-Barsch 2007, 2009, Stövesand
2007, 2010, 2011, Stövesand u.a. 2013). Solche Konzepte gehen auf Modelle zurück, die bereits Ende
des 19. Jahrhunderts in den USA entwickelt wurden, wo man nachbarschaftsorientierte Zentren der
Zusammenkunft und des Lernens in sozial vernachlässigten „Settlements“ einrichtete (Gilchrist 2013,
Ledwith/Springett 2010, Mayo/John 2010). In der „Community education“ sollen Institutionen der
Gemeinwesenarbeit (Stadtteilzentren, Begegnungsstätten, Schulen) zum Motor der Bildungsarbeit in
den sozialen Raum hinein werden (Buhren 1997, Richter 2008).
Die Sozialraumforschung hat indes gezeigt, dass der Bewegungsradius der Bewohnerinnen und Bewohner eines Gemeinwesens zumeist die Grenzen des institutionell markierten Sozialraums überschreitet. Da es die Bildungsangebote der Sozialen Arbeit oftmals nicht in jedem Stadtteil, ja nicht
einmal in jeder Stadt gibt, vollziehen sich Bildungsbiografien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen eher nicht in ihrem Wohnumfeld. Dies gilt umso mehr für Menschen mit Migrationserfahrungen, die häufig zwischen mehreren, teilweise weltweit auseinander liegenden Orten pendeln (Schreiber-Barsch 2007, Schroer 2005, Pries 2008). Weil aber Bildungseinrichtungen prinzipiell stationär,
immobil und ortsbezogen sind, ergeben sich zumeist erhebliche Schwierigkeiten beim Versuch, Bildungsangebote für Menschen mit einer mobilen Lebenspraxis (temporäre Migration, Saisonarbeit,
Pendelmigration, Flucht, Obdachlosigkeit) zu organisieren (vgl. Schroeder 2009 und 2012, S. 37-168).
Das Kooperative Graduiertenkolleg knüpft somit an die sozialräumlichen Perspektiven der Sozialen
Arbeit an, stellt aber das Normalitätskonstrukt einer prinzipiellen Sesshaftigkeit im Gemeinwesen, auf
das sich der sozialräumliche Ansatz bezieht, infrage. Vielmehr thematisiert das Forschungsprogramm
systematisch die Problemstellungen, die sich für soziale Bildungsarbeit aus einem lediglich temporären Aufenthalt, aus mobiler Lebenspraxis und aus Migration ergeben:
Wie beziehen sich die sozialräumlichen Bildungskonzepte der Sozialen Arbeit auf mobilen Lebensalltag und dessen Probleme? Wie kommen in den Bildungs- und Unterstützungseinrichtungen lokale,
kommunale, regionale, nationale und transnationale Raumhorizonte in den Blick? Wie lassen sich
individuell wechselnde Migrationsziele (Rückkehr, temporärer Verbleib, Weiterwanderung) in Bildungsangeboten begleiten und unterstützen?
In sozialräumlichen Analysen werden im Forschungsprogramm die Wohn-, Erwerbs- und Bildungsbiografien von jungen Menschen in prekären Lebenslagen zueinander in Beziehung gesetzt. Von erkenntnisleitendem Interesse in diesem Forschungsfeld sind Jugendliche und junge Erwachsene, bei
denen sich diese „Teilbiografien“ nicht an einem Ort, sondern in größeren regionalen, europäischen,
gar weltweiten sozialräumlichen Zusammenhängen vollziehen, um zu klären, wie Bildungsangebote
bei mobiler Lebenspraxis organisiert werden können.
 Im Themenfeld (T5) werden Schulen der Jugendhilfe untersucht, die an mobile Lebensformen adressieren: dauerhafte Mobilität (z.B. Schausteller), Pendel-, Temporär- und Transmigration, Asyl,
Straßenkarrieren. Zu klären ist, wie Bildungsangebote zu einem kohärenten Bestandteil von Bildungsbiografien werden können, die sich unter Bedingungen von Mobilität vollziehen. Zu klären
ist auch, wie sich ‚mobile Bildungsräume‘ über Staatsgrenzen hinweg organisieren lassen.
 Im Themenfeld (T6) werden sozialraumorientierte Konzepte bzw. Einrichtungen analysiert, die den
engen Rahmen des Stadtteils überschreiten und sich als Teil einer lokalen Bildungslandlandschaft
verstehen. Hier kommen auch Fragestellungen kommunaler und regionaler Sozial- und Bildungsplanung in den Blick, die auf Instrumente angewiesen sind, die die biografische Heterogenität der
prekären Lebenslagen beschreiben, daraus Bedarfe für Bildungsangebote identifizieren und ein kohärentes Planungshandeln begründen können (Baethge-Kinsky 2012).
7
3
Erläuterung zu den Promotionsbedingungen
3.1
Auswahlverfahren
Das Kooperative Graduiertenkolleg wird bundesweit ausgeschrieben. Als Eingangsvoraussetzung wird
ein hervorragender erziehungs- oder ein sozialarbeitswissenschaftlicher Master-, Diplm-, Magister
oder Lehramtsabschluss (Universität, FH) gefordert. Für Promovierende, die nach einigen Jahren Praxis einen Wiedereinstieg in die Wissenschaft intendieren, werden Qualifizierungsmöglichkeiten aus
den Angeboten der Graduiertenschulen geschaffen.
Die Bewerberinnen und Bewerber werden gebeten, eine maximal 5-seitige Ideenskizze für ihr Promotionsvorhaben einzureichen, in der mit Bezugnahme auf eines der Forschungsfelder (F1 bis F3) ein
konkretes Forschungsvorhaben mit einer erkenntnisleitenden Fragestellung und den geplanten Methoden dargelegt wird.
Die den einzelnen Themenfeldern zugeordneten drei bis vier Professorinnen und Professoren treffen
auf der Basis der Ideenskizzen eine Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber, führen mit einigen
von ihnen Vorstellungsgespräche durch und schlagen mögliche Doktorandinnen bzw. Doktoranden
vor. Alle beteiligten Professorinnen und Professoren entscheiden dann gemeinsam über die Vergabe
der Stipendien. Ein nicht-professorales Mitglied im Vorstand der Graduiertenschule der Fakultät EW
der UHH sowie die Gleichstellungsbeauftragten der beiden Fakultäten werden in alle Schritte des
Auswahlverfahrens einbezogen. Die Gleichstellungs- und Förderrichtlinien der beiden Hochschulen
werden berücksichtigt.
(www.uni-hamburg.de/gleichstellung, www.haw-hamburg.de/gleichstellung).
3.2
Betreuungskonzept und Karriereförderung
Die Individualbetreuung der Kollegiatinnen und Kollegiaten erfolgt jeweils durch drei am Kolleg beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Somit sind frühzeitig die drei Gutachterinnen und
Gutachter festgelegt, die nach § 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 der Promotionsordnung der Fakultät EPB der
UHH vom 18. August 2010 erforderlich sind. Dabei wird von Anfang an eine/e Hauptbetreuer/in benannt. Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung vom 1. Dezember 2012 ist im Einvernehmen mit
der Fakultät EPB den am Kooperativen Graduiertenkolleg beteiligten Hochschullehrkräften der HAW
nach § 6 Abs. 4 das Recht gewährt worden, Promotionsverfahren zu betreuen.
Für die Individualbetreuung der Dissertationen werden gemäß § 6 Abs. 5 der erziehungswissenschaftlichen Promotionsordnung der UHH Qualifizierungspläne vereinbart und Betreuungsverträge („Doctoral Agreement“) geschlossen, in denen das Promotionsthema, beiderseitige Rechte und Pflichten
sowie ein Arbeitsplan festgelegt sind. Die beiderseitigen Rechte und Pflichten beinhalten unter anderem einen verbindlichen und regelmäßigen Austausch über den Fortschritt des Promotionsvorhabens
und regelmäßige Rückmeldungen zu Leistungen und Potentialen der Doktorandin oder des Doktoranden. Die Betreuungsvereinbarungen enthalten gegebenenfalls Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Tätigkeit bzw. zum Nachteilsausgleich bei Promovierenden mit Behinderung.
Für Promovendinnen und Promovenden, die nach mehrjähriger Berufspraxis einen Wiedereinstieg in
die Forschung anstreben, werden die fachlichen Angebote im verpflichtenden Lehrprogramm des Kooperativen Graduiertenkollegs vermutlich nicht ausreichen. Zu Beginn des Graduiertenkollegs und in
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Verknüpfung mit der Erarbeitung des Exposés wird deshalb mit jedem Doktoranden bzw. jeder Doktorandin ein ‚maßgeschneiderter‘ Weiterbildungsplan verabredet, der sich insbesondere auf die für das
jeweilige Vorhaben gewählten Methoden beziehen sollte.
Spätestens 6 Monate nach Beginn des Kooperativen Graduiertenkollegs stellen die Promovendinnen
und Promovenden beim Promotionsausschuss der Fakultät EW (UHH) den Antrag auf Annahme als
Doktorand/in und legen hierzu ein Exposé vor, das gleichzeitig die Funktion eines ersten Arbeitsberichts hat. Nach 18 Monaten legen die Promovendinnen und Promovenden einen Arbeitsbericht vor, in
dem sie über den Stand der Erhebungen und die bereits geschriebenen Kapitel informieren. Nach 30
Monaten legen die Promovendinnen und Promovenden ihren Betreuerinnen und Betreuern das Rohmanuskript der Dissertationsschrift vor, um zu sichern, dass bis zur Beendigung des Kooperativen
Graduiertenkollegs die Promotionsverfahren abgeschlossen werden können.
3.3
Qualifizierungskonzept
Das Kooperative Graduiertenkolleg bietet ein über drei Jahre gestuftes Spektrum aus aufeinander aufbauenden fachlichen Qualifizierungsangeboten (Übersicht 2). Das Qualifizierungskonzept besteht aus
einem Pflichtprogramm im Umfang von vier SWS pro Semester (3.3.1) und einem optionalen Bereich
(3.3.2), um einerseits eine qualifizierte Begleitung zu sichern, andererseits Überfrachtung zu vermeiden, und um eine individuelle Ausrichtung der Angebote zu gewährleisten.
Übersicht 2: Nachwuchsförderung in der Promotionsphase
Semester
WS
2014/15
SoSe
2015
WS
2015/16
SoSe
2016
WS
2016/17
2017
Fachliche Qualifizierung (Pflichtkurse)
Blockseminar I: Einführung in das Forschungsprogramm des Kollegs
Ringvorlesung I: Bildung und Soziale Arbeit –
Fragestellungen und Kontroversen
Forschungskolloquium I: Theorien und Methoden
der Qualitätsbestimmung in der Pädagogik und Sozialen Arbeit
Ringvorlesung II: wird von Kollegiatinnen und
Kollegiaten organisiert
Forschungskolloquium II: Antinomien der sozialen
Bildungsarbeit
Forschungskolloquium III: wird von den Kollegiatinnen und Kollegiaten organisiert
Blockseminar II: Vergleichende Diskussion erster
empirischer Ergebnisse
Forschungskolloquium IV: Aspekte einer Theorie
sozialer Bildungsarbeit in prekären Lebenslagen
Wissenschaftliche Schlüsselqualifikationen / Karriereplanung (Optional)
Workshops zu Methodologie und Methoden:
- didaktische Analysen
- intersektionelle Analysen
- sozialräumliche Analysen
Coaching und Bewerbung für (inter-) nationale Fachkonferenzen
Erste Veröffentlichungen eigener Befunde
Abschluss der Dissertation
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3.3.1
Fachliche Qualifizierung (Pflichtkurse)
In für alle Kollegiatinnen und Kollegiaten verpflichtenden Kursen (2 Blockseminare, 2 Ringvorlesungen und 4 Forschungskolloquien) werden sich die Promovierenden zu den für die Problemstellungen
des Promotionskollegs bzw. zu den für ihre eigenen Untersuchungen relevanten Themen wissenschaftlich weiterqualifizieren können. Die Lehrveranstaltungen werden immer dienstags, 10 bis 13.30 Uhr,
an der HAW sein.
Im 1. Kollegsemester wird im Januar 2015 von allen am Kooperativen Graduiertenkolleg beteiligten
Professorinnen und Professoren ein einführendes Blockseminar (I) durchgeführt. Dieser zweitägige
Workshop gibt einen Überblick zum Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs sowie zu den einzelnen Dissertationsvorhaben und schafft somit eine für die Kollegiatinnen und Kollegiaten gemeinsame theoretische und methodologische Grundlage.
Im 2. Kollegsemesters (SoSe 2015) werden die beteiligten Hochschullehrkräfte eine interdisziplinäre
Ringvorlesung (I) zum Thema „Bildung und Soziale Arbeit“ halten, in der die verschiedenen disziplinären Perspektiven, Fragestellungen, Forschungstraditionen und Arbeitsformen zum Untersuchungsgegenstand erörtert und somit der wissenschaftliche Rahmen des Forschungsprogrammes präzisiert
und konkretisiert wird. Außerdem wird ein Forschungskolloquium (I) angeboten. Diese Forschungskolloquien werden von den Professorinnen und Professoren der beiden beteiligten Hochschulen im
interdisziplinären Zweierteam abwechselnd in den folgenden Semestern durch- und weitergeführt. Mit
dem Thema „Theorien und Methoden der Qualitätsbestimmung in der Pädagogik und Sozialen Arbeit“
wird die zentrale und verbindende Aufgabenstellung der Dissertationen problematisiert, in denen spezielle und übergreifende Qualitätsmerkmale in den Angeboten der sozialen Bildungsarbeit empirisch
identifiziert werden sollen.
Im 3. Kollegsemester (WS 2015/16) wird sich das Forschungskolloquium (II) mit den Antinomien der
sozialen Bildungsarbeit befassen. Begriffsklärungen (Antinomie, Paradoxie, konfligierende Handlungsanforderungen etc.), Theorien (Heterogenität, Normativität etc.) und Konsequenzen für die Didaktik, Konzepte, Arbeitsmethoden und Organisationsmodelle werden erörtert. Überdies wird in diesem Kollegsemester die Ringvorlesung (II) angeboten, die federführend von den Kollegiatinnen und
Kollegiaten thematisch vorbereitet und organisiert werden soll. Um Referentinnen und Referenten
einzuladen, werden Mittel des Kollegs bereitgestellt.
Im 4. Kollegsemester (SoSe 2016) wird das Forschungskolloquium (III) angeboten, das federführend
von den Kollegiatinnen und Kollegiaten thematisch vorbereitet und organisiert werden soll. Zum Ende
des Semesters werden im Blockseminar (II) erste empirische Befunde der einzelnen Dissertationen
vergleichend diskutiert, um Vorgehensweisen zur Bestimmung von „Qualitätsmerkmalen“ zu erörtern,
Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der verschiedenen Themen-, Forschungs- und Untersuchungsfelder des Forschungsprogrammes zu identifizieren und gemeinsam für einzelne Dissertationen mögliche theoretische Rahmungen zu entwickeln.
Im 5. Kollegsemester (WS 2016/17) wird zum letzten Mal ein Forschungskolloquium (IV) durchgeführt, in dem ausgehend von den Ergebnissen der einzelnen Dissertationen übergreifende Qualitätsmerkmale sozialer Bildungsarbeit bestimmt und zu Aspekten für eine Theorie sozialer Bildungsarbeit
in prekären Lebenslagen verdichtet werden sollen.
Das Jahr 2017 soll frei von Pflichtkursen sein, sodass sich die Promovendinnen und Promovenden auf
die Abfassung ihrer Dissertationsschriften konzentrieren können.
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3.3.2
Wissenschaftliche Schlüsselqualifikationen und Karriereplanung (Optional)
Den Kollegiatinnen und Kollegiaten stehen vielfältige Weiterbildungsangebote zum Erwerb von
Schlüsselqualifikationen offen, die von den Graduiertenschulen der Fakultät für Erziehungswissenschaft der UHH, des Zentrums für Hochschul- und Weiterbildung (ZHW) der UHH und dem Career
Center der UHH angeboten werden. Diese Angebote werden zur Ausarbeitung der individuellen Qualifizierungspläne genutzt.
Für das 2. und 3. Kollegsemester wird sich das Kooperative Graduiertenkolleg insbesondere darum
kümmern, Workshops zu den für das Forschungsprogramm relevanten Methoden (didaktische, intersektionelle und sozialräumliche Analysen) zu organisieren, die nicht verpflichtend besucht werden
müssen, aber zur Qualitätssicherung der empirischen Erhebungen empfehlenswert sind.
Im 4. und 5. Kollegsemester sollten dann Workshops zu Strategien und Praktiken der Karriereplanung
für einen vielfältigen akademischen Arbeitsmarkt innerhalb und außerhalb von Hochschulen sowie zu
Publikationsstrategien besucht werden. Die Teilnahme an solchen Workshops ist optional.
4
Ausstattung der Stipendien
Promotionsstipendien: Jedes der sechs Themenfelder des Forschungsprogrammes soll von jeweils zwei
Nachwuchswissenschaftler/innen bearbeitet werden. Der UHH werden sechs Stipendien für die Themenfelder T1, T3 und T5 zugeordnet. Die HAW erhält sechs Stipendien für T2, T4 und T6. Die Höhe des
Stipendiums ist mit 1.350 Euro pro Monat festgelegt (DFG-Satz bei einem Lebensalter bis 30 Jahre).
Der Kinderzuschlag soll monatlich 400 Euro für das erste, für jedes weitere Kind ein Betrag von 100
Euro pro Kind betragen (DFG-Regelungen).
Forschungsstudent/in: Aufgaben der beiden Forschungsstudent/inn/en sind die Unterstützung des Kollegs bei Recherchen zu den Untersuchungsfeldern U1 bzw. U2, die Mitarbeit bei Erhebungen und der
Dateneingabe für einzelne Dissertationsvorhaben sowie die Durchführung eigener für das Forschungsprogramm relevanter Analysen im Rahmen der Masterarbeit. Die Forschungsstudenten sollen 24 Monate beschäftigt werden. Sie sollen im zweiten Kollegjahr eingestellt werden, weil dann im Kolleg die
empirische Phase begonnen hat. Die monatliche Arbeitszeit soll 40 Stunden betragen. Die UHH vergütet Hilfskräfte mit 12 Euro pro Stunde (Stand: 2014).
Lectures: Das Kooperative Graduiertenkolleg möchte den Promovendinnen und Promovenden die
Möglichkeit geben, für ihre Themen relevante Gastvorträge zu organisieren. Es werden Mittel für acht
Referentinnen und Referenten vorgesehen.
Pauschale: Wie bei Promotionsstipendien üblich, soll jeder Kollegiat, jede Kollegiatin einen einmaligen Zuschuss über 1.500 Euro für Sachkosten und Reisen (Tagungsteilnahme) erhalten.
Internationale Reisen: Die Teilnahme an internationalen Kongressen ist ein wichtiger Bestandteil der
wissenschaftlichen Qualifizierung der Promovendinnen und Promovenden. Die Kosten können durch
die einmalige Sach- und Reisemittelpauschale kaum gedeckt werden. Deshalb soll für jeden Doktoranden/jede Doktorandin ein zusätzlicher Zuschuss in Höhe von max. 1.500 Euro für eine Internationale Reise im Finanzbudget eingestellt werden. Die Inanspruchnahme der Mittel muss aber beim Kolleg individuell beantragt werden.
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Literatur auf die im Antrag verwiesen ist
(ohne Literatur der antragstellenden Professorinnen und Professoren)
Baethge-Kinsky, Volker (2012): Lernen ganzheitlich erfassen – Wie lebenslanges und lebensweites Lernen in einem kommunalen Lernreport dargestellt werden kann. Göttingen: SOFI.
Böhnisch, Lothar; Lenz, Karl; Schröer, Wolfgang (2009): Sozialisation und Bewältigung. Eine Einführung in die Sozialisationstheorie der zweiten Moderne. Weinheim: Juventa.
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Castel, Robert (22008): Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit. 2. Aufl. Konstanz: UVK.
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Forschung. Bielefeld: Bertelsmann Verlag.
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Schütze, Fritz (1996): Organisationszwänge und hoheitsstaatliche Rahmenbedingungen im Sozialwesen. Ihre Auswirkungen
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