Die Bikini
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Die Bikini
Was man trägt Bademode Die BikiniQueen Ihr Arbeitsplatz ist ein Liegestuhl unter dem blauen brasilianischen Himmel, ihr Metier ein Hauch von Nichts – von einer Garage aus hat Lenny Niemeyer mit ihrer Bademode die Strände und Laufstege dieser Welt erobert Text Manuela Imre Foto: Felipe Dana/AP Photo; PR L Lenny Niemeyer ist eine der international erfolgreichsten BademodenDesignerinnen 32 Lufthansa woman’s world 2/2014 Fließende Stoffe, lebhafte Muster und perfekte Passform: In Brasilien werden Niemeyer-Kollektionen so sehnsüchtig erwartet wie in Frankreich jene von Chanel enny Niemeyer kichert, wenn sie an ihren ersten selbst genähten Bikini denkt. „Das Höschen wurde an den Seiten von schmalen Rinderknochen zusammengehalten, aus denen ich mit einem chirurgischen Messer meines damaligen Ehemanns, einem Arzt, feine Ornamente geschnitzt hatte. Der Stoff bestand aus alten Materialresten, die waren nicht gerade der letzte Schrei.“ Und trotzdem: Die handgefertigten Erstlinge gingen so schnell weg, dass Niemeyer ihre Garage in São Paulo flugs zur Bikini-Manufaktur umfunktionierte. Das Garagen-RinderknochenProjekt ist über 30 Jahre her, ein bescheidener Anfang für die Frau, die heute als unangefochtene Bikini-Queen Brasiliens gilt. Mittlerweile verkauft das Label pro Jahr über 350 000 Stücke Strand-Fashion und -Accessoires in schicken Boutiquen weltweit. VIPs wie Nicole Kidman, Naomi Campbell und Gisele Bündchen aalen sich ebenso in der edlen Strandmode wie Rios Damenwelt. Heute arbeitet die Blondine in einem lichtdurchfluteten Büro in Botafogo, einem quirligen Businessviertel unweit des Strandes. Die Dame mit dem perfekt zurückgekämmten Haar, dem federnden Gang und dem festen Handschlag wirkt jugendlich und dabei ungeheuer konzentriert. Vom lauten Gehupe und Verkehrschaos auf der viel befahrenen Rua São Clemente ist hier, im achten Stock, nichts zu merken. Stattdessen geht der Blick aus dem großen Fenster auf die exotisch grünen Berge rund um den Zuckerhut. Sonnenstrahlen tanzen auf dem vollgepackten Schreibtisch der Designerin, die in ihrem sommerlich weißen Hemd und der schmal geschnittenen rostbraunen Caprihose auch gerade auf dem Weg zu einem Jachtausflug in Cannes sein könnte. 33 Was man trägt Bademode Kunstbücher türmen sich hier zu kleinen Hügeln, dazwischen schauen überall Zeichnungen und Stoffreste hervor. „Sorry, wir sind gerade mitten in einer neuen Kreativphase“, entschuldigt sich die Designerin, nachdem wir über große Seidenausschnitte mit filigranen Blumenmotiven gestiegen sind, die überall auf dem Boden verteilt liegen. Niemeyers Kreationen werden in Brasilien ähnlich ungeduldig erwartet wie in Frankreich die neueste Chanel-Kollektion. Vor allem in Rio belegt ein getragenes „Lenny“-Ensemble erhöhtes Modebewusstsein: Wer hip ist, schnallt sich die filigranen Stücke um, am besten jeden Tag andere. „Eine Carioca besitzt ein ganzes Arsenal an Bikinis“, erläutert die Fachfrau, „der Strand ist ihr Laufsteg, das ganze Leben spielt sich am Meer und in der Sonne ab – natürlich will man sich dafür in Schale werfen.“ Dass diese ultraknappen, strategisch verteilten Dreieckchen dem Rest der Welt eher die Röte ins Gesicht treiben, weiß auch die Modemacherin. „Die Frauen in Rio zeigen nun mal gern, was sie haben“, kommentiert sie ungerührt, „der große Unterschied ist wohl, dass sie stolz auf ihre Rückseite sind“, sagt sie mit einem Zwinkern ihrer intensiven Dass dieses „Hobby“ sie zur bekanntesten Bademoden-Designerin des Landes machen würde, lässt Lenny Niemeyer auch heute noch die gebräunten Hände vor Verwunderung zusammenschlagen. „Dabei hatte ich meine Berufung bereits in der Landschaftsarchitektur gefunden“, sagt sie mit ihrer rauen Stimme. Die Tochter eines Zuckerrohr- und Orangenplantagen-Besitzers wuchs in Santos nahe São Paulo behütet auf. Literatur, Kunst und Architektur waren von klein auf ihre ständigen Begleiter. „Natürlich war ich von Sinnen, als ich den Onkel meines Ehemannes kennenlernte“, erinnert sie sich an die erste Begegnung mit der brasilianischen Architektur-Legende Oscar Niemeyer. Im Showroom ihres dreistöckigen Imperiums hängen die aktuellen Modelle, zarte Zweiteiler, die sich seidig anfühlen und trotzdem schon am Hänger zeigen, dass sie eine vorteilhafte Form zaubern. Ein bisschen retro, dazwischen filigrane Blumen, dann kräftig-knallige Farben. „Der Print ist für mich neben der perfekten Form das Wichtigste, da schlägt mein ,Kunst-Auge‘ zu“, sagt die Designerin, während sie einen aquamarinblauen Bikini mit kleinen Goldverzierungen an der Stange zurechtrückt. Zweimal jährlich präsentiert Lenny Niemeyer ihre neueste Kollektion – auf der Fashion Week in Rio ist sie längst ein Must-See; über 350 000 Stücke ihrer Strandmode und -Accessoires werden pro Jahr weltweit verkauft graublauen Augen. Am Strand den Po züchtig zu verhüllen, das käme keiner Carioca in den Sinn. Das Körperbewusstsein an Stränden wie der Copacabana, Ipanema und Leblon ist legendär, die Dichte der Frauen mit Modelmaßen einzigartig. „Dafür sonnt man sich in Europa oft oben ohne“, merkt Niemeyer an, „das geht in Brasilien gar nicht.“ Auch beim Thema Transparenz sei der europäische Markt lockerer. „Brustwarzen dürfen sich hier auf keinen Fall abzeichnen. Manchmal steckt mehr Stoff in der Dicke als in der eigentlichen Form des Bikinis“, lacht die Designerin. Dabei, sagt sie, gelten selbst ihre „itsy-bitsy“-Kreationen in Brasilien als dezent. „Da merkt man, dass ich aus dem konservativeren São Paulo stamme.“ Einen Mittelweg zu finden zwischen „kaum vorhanden“ und „edel verhüllend“ war denn auch das wichtigste Motiv für die Garagen-Eigenproduktion. „Die Freundinnen in der Heimat wollten, dass ich den neuesten Trend aus dem coolen Rio mitbringe, und quiekten entsetzt, als ich ihnen die schmalen Stücke zeigte – also suchte ich nach einem Kompromiss.“ 34 „Cariocas lieben es, am Strand aufzufallen, aber auch die Lebensfreude der Menschen kommt in den Farben und Mustern zum Vorschein“, versucht Niemeyer zu erklären, „dein Bikini ist ein Teil deines Charakters.“ In Rio trage man seine Badeklamotten länger als in jeder anderen Stadt der Welt – am liebsten den ganzen Tag. Vor und nach der Arbeit wird Sport getrieben, zum Lunch trifft man sich an einem der Kioske entlang der Promenade oder auf einen Matte Leão (Eistee), zur Happy Hour gibt es eine Caipirinha mit Blick auf den Sonnenuntergang, danach geht man direkt ins Restaurant, in den Club oder noch schnell einkaufen. „Wir hetzen nicht zum Umziehen nach Hause. Ein Kleid, ein Tank-Top mit Hotpants oder ein schickes Tuch machen den Style ausgehreif.“ Darunter blitzt der Bikini hervor. Niemeyer selbst geht gern auf dem Weg ins Büro zum Paddleboarding oder Wasserski. „Wenn mich danach der Sand unterm Bikini-Oberteil juckt, ziehe ich es einfach aus. Deshalb trage ich gern diese fließenden weißen Hemden – sie dürfen nur nicht durchsichtig sein.“ Lufthansa woman’s world 2/2014 Besuchen Sie unseren Blog «personalities-by-usm.com» und erzählen Sie uns Ihre USM Geschichte. Harmonie Inneres und Äußeres im Gleichgewicht – USM Möbelbausysteme vereinen Gestalt und Nutzen. 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