Ready foR the Beach

Transcription

Ready foR the Beach
Pro & kontra
D
er nächste Sommer kommt bestimmt. Mit ihm die leidige Frage der
Bademode. Bikini oder Einteiler? Ich gebe zu: Ich bin bekennende
Bikinifetischistin. In meinem Kasten stapeln sich Modelle in allen
Farben, romantische mit Blümchen, kesse im Sixties Style, straighte
in Weiß oder Schwarz – ich kann nie genug Bikinis haben. Warum das so
ist? Zwischen 12 und 13 machte ich meine persönlich Metamorphose durch:
vom Mädchen zur Frau. Zumindest was die Körbchengröße betraf. Von
Null auf 100 oder, besser gesagt auf 75 C. Was heute keinen mehr schrecken
würde. Damals, in den siebziger Jahren, waren gerade Mini-Oberteile angesagt, Dreieckerl mit zwei Bändern dran. Das ging dann irgendwie gar nicht
mehr. Als auf ins erste Dessousgeschäft meines Lebens. Nur dort gab es –
in „Pre H&M und Intimissimi“- Zeiten – BHs in verschiedenen Cupgrößen.
Sauteuer für eine Schülerin, aber wunderschön. Die Oma und die Mama
hatten ein Einsehen und so durfte ich mir jedes Jahr bei Ittner, Rositta oder
Dessous am Graben einen Bikini aussuchen, den ich wie meinen Augapfel
hütete. Viel Auswahl gab es nicht, meist waren die Modelle, die mir gefielen,
nur in A oder B zu haben. Denn wenn auch das Oberteil genügend Platz
bieten sollte, das Höschen sollte knapp und am besten seitlich mit Bändern
sein. Eine absolute Herausforderung, die dazu führte, dass ich nicht nur einmal im Urlaub mehrere Modelle mit in die Kabine nahm und dann die Slips
tauschte. In St. Tropez ging ich sogar zweimal ins gleiche Geschäft, weil am
Vormittag eine Verkäuferin den Tausch bemerkt hatte und am Nachmittag
I l l u s t r ati o n : E li s a bet h Sk i ba r
B
ikinis stehen nur zwanzigjährigen Bikinimodels. Doch bevor
jetzt der blanke Figurneid ausbricht, kann ich Ihnen eines
verraten. Damit die armen Dinger darin so fabelhaft aussehen, müssen sie Jahr und Tag für die Traumfigur schuften.
Zum Frühstück gibt’s mit Orangensaft getränkte Wattepads und
danach ein straffes Fitnessprogramm im persönlichen Bootcamp.
Brüllorgien des Personaltrainers inkludiert.
Ich hab einmal ein Interview mit einem Sports Illustrated Model
gemacht. Es war eine schreckliche Erfahrung, weil die Ärmste seit
Monaten auf einer reinen Eiweißdiät war und deswegen fürchterlichen Mundgeruch hatte. Da sie in ihrem Job Millionen verdient,
hielt sich mein Mitleid in Grenzen. Aber da ich nicht fürs Dünnsein,
sondern fürs Denken bezahlt werde, sehe ich auch keinen Grund,
ihr nachzufeiern.
Ich liebe Gin Tonics, ich liebe Schokoladencroissants und auf dem
Crosswalker gucke ich lieber fern statt mich zu verausgaben. Meine
Figur liegt absolut im Normalbereich. Mein Bauch war schon mal
straffer, bevor ich meinen Sohn geboren habe, aber ich bin ja auch
keine zwanzig mehr. Und seit ich mich von der Vorstellung verabschiedet habe, dass mein Leben schöner und reicher wäre, wenn ich
nur drei Kilo weniger hätte, liebe ich Badeanzüge.
Ich liebe die Spandexmodelle der amerikanischen Sportmarken,
glosse
Die einen lieben Badeanzüge. Die anderen schwören auf Bikinis. Ob Ein- oder Zweiteiler wird zur Grundsatzdiskussion. Von Glenda Gossip und Pia Piccini.
mit denen man sich in Sekundenschnelle in eine stromlinienförmige
Superschwimmerin verwandelt, und ich liebe die angesagten Retromodelle im Stil der 50ies. Noch ein Hermès-Tuch im Haar und eine
große Sonnenbrille und schon fühle ich mich wie eine Diva.
Von Diane von Fürstenberg bis hin zu Elizabeth Hurley gibt es
zahlreiche coole Labels, die Badeanzüge zu Must-haves erklärt
haben. Sogar meine Ikone, Vollweib Joan à la Christina Hendricks
aus meiner Lieblingsserie Mad Men denkt bereits über ein eigenes
Bademodelabel nach.
Und die Auswahl ist riesengroß. Ob Cut-out-Modelle oder klassisch
sportiv, ob Matrosen-Look oder Häkel-Optik. Nichts ist unmöglich. Außerdem sind Badeanzüge echte Kombitalente. Zusammen
mit Hot Pants, einer lässigen Strickjacke und schicken Sandalen
ergibt das ganze ein perfektes Outfit für die Beach Party. Hab ich
schon erwähnt, dass ich Gin Tonics mag?
Denn statt mir Stress um meine Figur zu machen oder das „Fit für
die Bikinifigur-Regime“ der Frauenzeitungen zu folgen, genieße ich
lieber mein Leben. Heuer werde ich nach Italien fahren. Ich werde
am Strand einen Teller Linguine mit Muscheln essen und süßen
Espresso und Limoncello trinken. Ich werde einen atemberaubend
schönen Badeanzug tragen und mich darin wie Sophia Loren
fühlen. Und sollte jemand meine Figur für zu weiblich befinden,
werde ich ihm auf meinem Smartphone einen Englischen Cartoon
zeigen. Dieser beantwortet die Frage, wie man einen Beachbody
bekommt, folgendermaßen: How to have a Beachbody? Have a
body, go to the beach! Die Dame in dem Cartoon trägt übrigens
Badeanzug. GG
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eine andere da war. Immerhin ging es um einen schwarzen Häkellook-Bikini
à la Bardot. Jedesmal wenn ein Bikini dann durch Meerwasser und Sonneneinstrahlung Ermüdungserscheinungen in Form von ausgebleichten Farben
oder brüchigen Gummis zeigte, war es ein Drama. Doch die Zeit arbeitete
für mich, immer mehr Möglichkeiten taten sich auf, Bikinis zu ergattern. In
Wien gab es plötzlich Esprit und andere, die entdeckt hatten, dass die Mädchen plötzlich mehr Oberweite hatten. Das absolute Hightlight war und ist
jedoch Paris. In Kaufhäusern wie Printemps oder Lafayette gibt es ganze
Stockwerke voller Bademode. Alle Marken, die man sich nur vorstellen
kann. Einmal hab ich mit meiner Freundin Glenda einen halben Tag dort
verbracht. Ein wahrer Bikini-Probier-Marathon. Ein Paradies, die meisten
Modelle gibt es mit verschiedenen Schnitten bei Oberteilen und Slips, sodass
man seine persönliche Optimal-Variante zusammenstellen kann. Dazu
passende Pareos, Tuniken, Flip-Flops runden das sinnliche Shoppingerlebnis
noch ab. Man sieht sich schon an den Traumstränden der Welt liegen, so ein
Tag im Printemps verleiht der Phantasie wahre Flügel. Und so kommt es,
dass die Laden meines Kastens inzwischen übergehen vor Bikinis. Wohlgemerkt, nur Bikinis. Bislang verweigere ich jede Art von Einteiler. Auch
wenn sie in den Magazinen immer wieder als sexy angepriesen werden, mit
Cut-outs etc. oder als raffinierte Pölsterchen-Wegmogler – ich finde, Einteiler
machen bei mir keine gute Figur. Sie stauchen mich – da schau ich klein und
dick aus – und sie passen mir nicht. Oben zu eng, unten zu lang, irgendetwas ist immer falsch. Da lob ich mir meine Bikinis. Und wenn sich ein
zaghafter Gedanke in mir regt: Geht das noch? Bin ich noch knackig genug?
Dann nehm ich meinen schönsten Pareo, wickle ihn mir um die Mitte und
fühl mich wieder eins mit mir und der Welt. Denn auch Zweiteiler müssen
nicht alles zeigen... PP
Ready for the Beach
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