Dietmars Welt der Musik

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Dietmars Welt der Musik
Bericht | Text und Foto: Dietmar H. Buff
Dietmars Welt der Musik
Ideen bestehen
Eine Sammlung von Songlyrik eröffnet
Themenkreise, die inhaltlich weit
gestreut erscheinen. Ein Sammelsurium,
ein Konglomerat von Ideen stapelt
sich auf. Je weiter die beschriebenen
situativen oder emotionalen Gehalte
sich auffächern, desto mehr deckt die
Vielfalt der Darstellungen in der Dichtung des Rock alle Themenkataloge ab,
die zu Gehör gebracht werden können.
Der Blues als Musik der Farbigen transportiert Inhalte, die stark am Wesen der
Wirklichkeit orientiert sind. Im Grunde
mit traurigen Dingen befaßt, steigert
sich dieses Genre jedoch zur Behandlung aller emotionalen Lagen. Der Blues
spielt in der Entstehung des Rock eine
wichtige Rolle. Sein 12er – Takt Schema,
bestens geeignet für die Begleitung
solistischen Improvisierens, fügt sich in
das Rockidiom mit seinem 4/4 – taktigen Fundament.
Die Orientierung an der Realität, eine
Authentizität in der Darstellung suchend,
spiegelt die Bezugslage zwischen Musikprodukt und Adressatenkreis: Man findet
sich in den Rockdichtungen wieder. Und
nicht nur das: in der Art der Dichtung
liegt vieles mehr durch die dynamische
Ausmalung in musikalischer Hinsicht.
Gegenüber dem gesprochenen Wort heißt
Gesang, eine ästhetische und melodiöse
Verfeinerung vorzunehmen. Realistische
Texte werden so aus dem “grauen” Alltag
herausgehoben, und ihr geistiges
Licht leuchtet heller. Von Black Sabbath war die Rede, die in hohem Maße
den “Sound” der '68er mitgestalteten.
Nichtzuletzt war die Art des Gitarrenspiels ein einprägsamer Vorgang.
Analoge Verzerrer sind druckstärker und
klingen markanter als digitale Entsprechungen; die elektrische Gitarre nimmt
einen lauten, orchestral breiten Klang
von großer tonaler Fülle an. Die Einheit
der Band, wie sichSchlagzeug und Baß
anschließen, samt Gesang und Keys,
zeugt von einer hohen Selbstdisziplin der
Musizierenden, und der Druck, der sich
aufbaut, nicht nur rein akustisch und
schalltechnisch, im Zusammenwirken
solistisch geschulter Bandmitglieder,
entäußert sich im Text, der verlautbart
wird. Am besten zeigen Einzelbeispiele,
wie textliche Ideen vorgestellt werden.
The Who machten ein Stück, des Titels
I'm Free. Der Text statuiert einerseits
die Tatsache, ein freier Mensch zu sein,
weiter heißt es “and I'm waiting for you
to follow me” - ich warte darauf, daß
Du mir folgst, d.h. Dich aus allen Fesseln
befreist und frei wirst. Janis Joplin in Me
And Bobby McGhee singt: “Freedom's
just another word for nothing left to
lose, nothing ain't nothing but it's free”
- Freiheit ist nur ein anderes Wort für
Nichts - mehr – zu – verlieren – haben,
nichts ist nichts, aber es ist frei. In Black
Night von Deep Purple hört man: “Maybe
I'll find on the way down the line that
I'm free, free to be me; black night is a
long way from home.” - Vielleicht werde
ich im späteren Verlauf entdecken, daß
ich frei bin, frei, ich zu sein. Diese Hoffnung tut sich ihm auf, als er sich, wie er
beschreibt, in der dunklen Nacht befindet; man könnte dieses Fern – von – zu –
Hause im Finstern in Parallele sehen zur
Lage der Band, die in der ersten Hälfte
der Nacht konzertiert und dann in der
zweiten weiterreist. Eine finstere Lage,
doch der Protagonist deutet sie als seinen eigenen Weg zu seiner individuellen
Freiheit. Sein Optimismus erweist sich
als größer, als daß die Unbilden, die er
durchlebt, ihn schrecken könnten. Hier
zeigt sich das Gesicht der Selbstbewußt
– und Selbstbestimmtheit, vergleichbar
dem benannten kritisch – realistischen
Zug; in Kombination beider, noch dazu
im Gefühl avantgardistischen Schaffens,
läßt sich in dem gewollt deutlichen
Ausdruck allumher ein Antrieb finden.
Black Night mitsamt dem ganzen Album
“Deep Purple In Rock” brachte der Band
den Erfolg. Eine tanzwütige Jugend,
die den Einzelausdruckstanz für sich
reklamierte und Abstand nahm vom
paarweisen Standardtanz, wußte sich zu
Rockmusik wohl zu bewegen und machte
davon reichlich Gebrauch. Der Professor
für Musik Simon Frith konstatiert: “At
its simplest, the theory of lyrical realism
means asserting a (217/218) direct relationship between a lyric and the social
or emotional condition it describes and
represents.” - In einfachster Sicht meint
die Theorie des dichterischen Realismus,
eine direkte Beziehung zwischen einem
Songtext und dem sozialen oder emotionalen Zustand, den er beschreibt und
vergegenständlicht, herzustellen. [Simon
Frith Taking Popular Music Seriously.
Selected Essays. Ashgate contemporary
Thinkers On Critical Musicology Series,
Aldershot/Burlington, Ashgate 2007,
pp. 217 – 8]. Dieser direkte Bezug zur
Wirklichkeit der Menschen, entweder
in der sozialen oder der emotionalen
Perspektive, sorgt für eine Authentizität,
über die Kontakt hergestellt und kommuniziert wird. #
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