Infoblatt zum Thema Schwerbehinderung

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Infoblatt zum Thema Schwerbehinderung
Infoblatt zum Thema (Schwer-)Behinderung
bei peripher hörgeschädigten Kindern und Kindern mit zentralen Hörstörungen
erstellt von:
Wiebke Lüllmann, Audiotherapeutin (DSB)
und der Elterngruppe für hörgeschädigte Kinder Oldenburg und Umgebung
Mail: [email protected]
Telefon 04481 – 936 99 37
Das Wichtigste vorweg:
Mit dem Antrag auf (Schwer)Behinderung geht der Antragsteller keinerlei
Verpflichtungen ein die Nachteilsausgleiche zu nutzen und/ oder den Ausweis
vorzuzeigen. Verzichtet er auf das Vorzeigen des Ausweises kann er jedoch
keine Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen.
Als schwerbehindert gelten Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB)
ab 50. Personen mit einem GdB unter 50 ab einem GdB 20 gelten als
behindert.
Die
Einstufung
des
GdBs
erfolgt
je
nach
„Funktionsbeeinträchtigung“ in 10er Schritten.
Wichtig: Viele periphere Hörbehinderungen bei Kindern sind angeboren
(das gilt, wenn nicht nachweislich eine Krankheit oder ein best. Medikament
oder eine erkannte fortschreitende Schwerhörigkeit Ursache ist). Daher ist es
wichtig eine Anerkennung rückwirkend ab Geburt zu beantragen!
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Grad der Behinderung:
Der Grad der Behinderung (GdB) wird bestimmt mit Hilfe von Hörtests ohne
Hörhilfen.
Es wird geprüft wie gut die/ der Hörgeschädigte Sprache verstehen kann, d.h. das
Sprachgehör (nach Boenninghaus u. Röser 1973).
Bei Kindern wird meist die BERA-Untersuchung oder ein Tonaudiogramm
genommen, weil sie (noch) nicht sprechen können (4-Frequenztabelle nach Röser 1973).
Weitere Kriterien zur Beurteilung des Grades der Behinderung (GdB) wegen einer
Hörschädigung sind:
• Zeitpunkt der Hörschädigung, d.h. bestand die Hörschädigung von Geburt an
bzw. bestand sie vor dem Spracherwerb oder wurde sie später erworben?
• Bestehen neben der Hörstörung auch Sprachstörungen?
• Sind mit der Hörstörung andere Erscheinungen wie Tinnitus,
Gleichgewichtsstörungen, Artikulationsstörungen, außergewöhnliche
psychoreaktive Störungen verbunden?
Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit bei Kindern
1. Bei Kindern, die entweder von Geburt an oder bis zum 7. Lebensjahr taub
oder an Taubheit grenzend schwerhörig sind, erhalten in der Regel einen GdB
von 100 und zwar ein Leben lang.
2. Wird eine Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit später
erworben (im 8. bis 18. Lebensjahr) und liegen auch schwere
Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz)
vor, erhalten auch diese Personen in der Regel einen GdB von 100.
3. Liegen bei den Kindern aus Punkt 2 keine oder nur leichte Sprachstörungen
vor, ergibt dies einen GdB von 80-90.
Merkzeichen: Besonderheiten bei Kindern
Kinder, die taub oder an Taubheit grenzend schwerhörig sind erhalten in der Regel
die Merkzeichen GL und RF und zusätzlich mindestens bis zum 16. Lebensjahr die
Merkzeichen H, B und G.
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Bedeutung der Merkzeichen
G:
Feststellung, dass die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt ist (nicht nur
aufgrund einer Gehbehinderung!)
H:
Hilflosigkeit
z.B.
aufgrund
von
Gehörlosigkeit
und/
oder
Gleichgewichtsstörungen, Entwicklungsverzögerung und -störung usw.
RF:
Ermäßigung der Rundfunkgebührenpflicht kann beantragt werden kann. Dies wurde jedoch
bei im Haushalt der Eltern lebenden Kindern bisher nicht gewährt. Das Merkzeichen sollte
jedoch trotzdem (für später) beantragt werden.
B:
Recht (keine Pflicht!) auf eine ständige Begleitung
GL:
Feststellung von Gehörlosigkeit oder auch an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit in
Zusammenhang mit schweren Sprach(entwicklungs)störungen
Sprachstörungen,
Kostenlose Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr
Personen mit einem GdB 50 und den Merkzeichen G oder GL (gegen Eigenbeteiligung)
oder H (kostenlos) werden mit dem Beiblatt mit gültiger Wertmarke zum SB-Ausweis
(muss beantragt werden) kostenlos deutschlandweit in Zügen des Personennahverkehrs
(Regionalzug, S-Bahn, Stadtbus usw.) befördert.
Liegt das Merkzeichen B vor, hat (auch) die Begleitperson freie Fahrt, in diesem
Fall auch im Fernverkehr (Intercity, ICE usw.).
Kfz Steuerermäßigung bzw. -befreiung
Personen mit den Merkzeichen G oder GL erhalten eine Kfz Steuerermäßigung
von 50%, wenn sie nicht die unentgeltliche Beförderung im Personennahverkehr
in Anspruch nehmen (Wertmarke).
Personen mit dem Merkzeichen H können zusätzlich zur unentgeltlichen
Beförderung eine Kfz Steuerbefreiung beantragen.
Wichtig: Zur Ermäßigung oder Befreiung der Kfz Steuer muss das Auto auf das Kind
angemeldet sein und für dessen Bedürfnisse genutzt werden.
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Steuerfreibeträge:
Personen mit einem GdB ab 50 (oder deren Eltern) erhalten wegen
außergewöhnlicher Belastung einen Pauschsteuerfreibetrag, teilweise auch ab
GdB 25, dessen Höhe sich nach dem GdB richtet.
Personen mit dem Merkzeichen H erhalten einen erhöhten Steuerfreibetrag.
Hinweis: wurde die Behinderung rückwirkend anerkannt, wird auch
Pauschbetrag noch rückwirkend erstattet (formloser Antrag beim Finanzamt).
der
Besonderheit bei Kindern mit einer auditiven Verarbeitungs- und
Wahrnehmungsstörung
Leider ist das Bestimmen des GdB für diese Kinder nicht eindeutig und man muss
gut argumentieren, inwiefern die AVWS zu Beeinträchtigungen und
Benachteiligungen im Alltag führt. Wichtigstes Argument ist eine Sprachstörung,
mit eingeschränktem Hören im Störgeräusch verbunden mit allgemeinen
Entwicklungsstörungen, die zu erheblichen Nachteilen im Bereich vorschulischer
und schulischer Bildung führen. Belegen lässt sich dies mit Berichten der
behandelnden Therapeuten (Logopädie, Ergotherapie, Motopädie usw.) und einem
Befund der Pädagogisch-Audiologischen Beratungsstelle der zuständigen
Hörgeschädigteneinrichtung und eines Pädaudiologen.
Der Bescheid:
Das Amt fordert nach Antragsstellung Befundberichte bei den verschiedenen Ärzten
oder Institutionen an.
Tipp: Schneller geht die Bearbeitung, wenn dem Antrag die erforderlichen Berichte/
Befunde/ Hörkurven beigelegt werden.
GdB ab 30: steuerlich wirksam
Gleichstellung im Berufsleben
GdB ab 50: wie GdB 30 und
Ausweis:
grün: Merkzeichen RF
grün-orange: zusätzlich Merkzeichen GL, G, H und B
Hinweis: Die festgestellten Grade für Einzelbehinderungen werden nicht addiert,
vielmehr entscheidend für den Gesamtgrad sind die Auswirkungen/ Nachteile aller
Behinderungen zusammen im Alltag => Achtung: teilweise ist die Einstufung
subjektiv und willkürlich!
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Widerspruch:
Erscheint der Grad der Behinderung zu gering, weil z.B. die Beeinträchtigungen für
den Alltag falsch eingeschätzt wurden, oder werden Merkzeichen nicht anerkannt,
sollte man zunächst schriftlich fristgerecht Widerspruch einlegen. Dies erfolgt
zunächst ohne Begründung mit dem Hinweis, dass eine Begründung folgen wird
und mit der Bitte um Zusendung der für die Einstufung zugrunde gelegten
Befundberichte in Kopie.
Verlängerung des Ausweises:
Der Ausweis ist meist über einen begrenzten Zeitraum gültig und muss dann
rechtzeitig verlängert werden.
Wichtig: Merkzeichen können nur dann aberkannt werden, wenn die
Entscheidung
rechtskräftig
ist
und
nicht
während
eines
Widerspruchsverfahrens!
Verschlimmerungsantrag:
Sollten zusätzliche Gesundheitsstörungen dazukommen oder bereits vorhandene
sich verschlechtern (z.B. Hörverschlechterung) sollte ein neuer Antrag gestellt
werden. Genauso gilt es natürlich auch Verbesserungen zu melden.
----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Besuchen Sie die Elterngruppe bei Facebook: https://www.facebook.com/groups/480566598689277/
Einen Anhaltspunkt über den Grad der Behinderung gibt der GdB-Rechner im Schwerhörigenforum
www.schwerhoerigenforum.de
Außerdem sind weitere Informationen zur Beantragung bei der zuständigen Behörde (für
Niedersachsen z.B. ist dies das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (Versorgungsamt))
erhältlich.
Gerne stehen wir für Fragen zum Thema SB-Ausweis auch z.B. bei unseren Treffen der Elterngruppe
(Termine erfragen) zur Verfügung.
Für alle Angaben und Vollständigkeit wird keine Gewähr übernommen.
Dieser Flyer ersetzt nicht die persönliche Beratung! Er soll vielmehr als erste Information dienen.
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