Industrialisierung in England
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Industrialisierung in England
Industrialisierung in England Industrielle Revolution Übersicht Als Industrialisierung wird die Entwicklung von der Handarbeit zur maschinellen Fabrikarbeit bezeichnet. Sie führte zur industriellen Revolution, unter der man die Umgestaltung der Arbeits- und Sozialordnung in Europa des 19. Jahrhunderts versteht. Begonnen hat diese Entwicklung in England. Triebkräfte waren in erster Linie das Bevölkerungswachstum, die Umgestaltung der Landwirtschaft und die billigen Rohstoffe aus den Kolonien. Parallel dazu etablierte sich in England eine liberalere Wirtschaftsordnung welche die freie Ausbreitung des Handels, der Kapitalbildung und der technischen Erneuerung ermöglichte. England wurde daher zum Mutterland der Industrialisierung unter privatwirtschaftlichen, kapitalistischen Bedingungen. Der Staat zog sich aus der Wirtschaft zurück und freier Handel ohne hohe Zölle war möglich. Die Industrielle Revolution schaffte auch die Voraussetzungen für neue Erfindungen, wie die der Dampfmaschine*. Sie führte zu einer noch stärkeren Intensivierung der Industrie. So wurde die wichtige Textilindustrie von den vorher heimischen Kleinproduktionsstätten in große Fabriken umgelagert, wo dampfbetriebene Webstühle schnell und produktiv Stoffe herstellten. Der intensivierte Handel aus der Massenproduktion verlangte nach neuen Transportmöglichkeiten was zur Erfindung der Dampflokomotive und zur Ausbreitung der Eisenbahnnetze führte. Im Februar 1804 fuhr der erste mit Dampfkraft bewegte Eisenbahnzug der Welt auf der Hüttenwerksbahn von Merthyr Tydfil in Süd-Wales. Die Lokomotive baute Richard Trevithick. 1825 fuhr von Stockton nach Darlington der erste Dampfzug, der auch für Personenbeförderung eingerichtet war. George Stephenson wurde mit dem Bau beauftragt und lieferte dazu auch die Dampflokomotive mit dem Namen: "Locomotion". Leid und Elend Die Kehrseite der enormen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen waren im 19. Jahrhundert auch in der Schweiz verbreitete Massenarmut, Kinderarbeit, Hungersnöte, Arbeitskämpfe, Alkoholprobleme, und nicht zuletzt eine Auswanderungswelle in die neue Welt. http://www.vaporama.ch *Der Erfinder der Dampfmaschine ist nicht James Watt, wie es heute noch in vielen Schulbüchern steht. Der in Deutschland lebende Franzose Denis Papin und der Engländer Thomas Savery hatten sich unabhängig voneinander um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert bemüht, Dampfmaschinen zu bauen James Watt hat die Bautechnik der Dampfmaschine verbessert und so umkonstruiert, dass sie in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts in der englischen Textilindustrie für den Antrieb von Spinn- und Webmaschinen benutzt werden konnte. 1 Industrialisierung: Wieso in England? Wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren Im 18. Jahrhundert erließ das englische Parlament eine Reihe von Gesetzen, welche das Einziehen und Aufkaufen von Bauernhöfen durch die Grundherren begünstigten. Zum Zwecke der Schafzucht, also der Produktion von Wolle, wurde es dem Landadel und auch dem Bürgertum ermöglicht, ertragsintensive Großgüter zu errichten. Viele Bauern nahmen dies zum Anlass, in die Städte abzuwandern. Die in die Städte zugewanderten Bauern stellten die Arbeitskräfte für die im Aufschwung befindliche Industrie. Allerdings mussten sie wegen des Überangebots an Arbeit Suchenden und wegen fehlender Sozialgesetze zu niedrigsten Löhnen und extrem schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten. Zur besseren Ausnutzung des Bodens führten die Besitzer der Großgüter den systematischen Fruchtwechsel anstelle der alten Dreifelderwirtschaft, bei der immer ein Drittel des Bodens brachlag, ein. Der Anbau von Futterpflanzen machte die Stallfütterung möglich, die wiederum die Düngung der Felder verbesserte. Die erhöhte Produktivität der Landwirtschaft verbesserte den Lebensstandard der Bevölkerung, der wiederum mit der Bevölkerungszunahme im Zusammenhang stand. Die rasch zunehmende Bevölkerung sorgte dafür, dass sich der Binnenmarkt vergrößerte. Dabei kam es England zugute, dass es bereits seit dem 16. Jahrhundert einen einheitlichen Wirtschaftsraum ohne Binnenzölle darstellte. Zum Transport von Massengütern bot sich für England der im Vergleich zum Straßensystem billigere Weg auf dem Wasser an. Die Möglichkeit der Küstenschifffahrt spielt bei der wirtschaftlichen Entwicklung Englands eine große Rolle. Auch im Inland gab es die Möglichkeit des Transports auf Wasserwegen, entweder auf den schiffbar gemachten Flüssen oder auf dem im 18. Jahrhundert entwickelten Kanalsystem. Die Ausdehnung des Kolonialbesitzes und die Erweiterung des Welthandels trug zur Kapitalbildung in England bei. Das im Ausland angesammelte Kapital und das hoch entwickelte englische Bankwesen mit relativ niedrigen Zinsen stellten entscheidende Voraussetzungen für die Industrialisierung dar. England nutzte, früher als andere Länder, die Kohle als Energiequelle. Die Kohleförderung regte die Entwicklung der Dampfmaschine an und schuf die Basis für die Eisenproduktion. Außerdem verfügte England über Eisenerz. Die englische Wirtschaftsordnung beruhte weit gehend auf der Freiheit und der Eigeninitiative der Unternehmer. Die absoluten Monarchien auf dem Festland reglementierten die Wirtschaft ihres Landes, was häufig zur Folge hatte, dass zahlreiche Betriebe gegründet und begünstigt wurden, die sich später als nicht lebensfähig erwiesen, weil sie ein veraltetes Herstellungsverfahren benutzten oder am Markt vorbei produzierten. Cromford, England. Richard Arkwright errichtete hier 1771 die erste Baumwollfabrik der Welt, in der er die von ihm entwickelte wasserkraftgetriebene Waterframe einsetzte und damit die Baumwollspinnerei revolutionierte The Iron Bridge, England 1781 erste Eisenbrücke der Welt. 2 Industrialisierung: Wieso in England? Rohstoffe Kohle Eisen Kupfer Blei Zinn Mangan Zink http://www.lsg.musin.de/geschichte/ Schliesslich spielt auch die religiöse Einstellung eine wichtige Rolle: Zitat des Puritaners Benjamin Franklin, Erfinder und Politiker (1706—1790) Gründervater der USA ,Bedenke, dass Zeit auch Geld ist! Wer den Tag zwei Taler mit Arbeiten verdienen kann und die Hälfte des Tages müßig sitzt ... [hat Geld] vertan. Er ... verschwende weder Zeit noch Geld, sondern mache von beiden besten Gebrauch. Ohne Tätigkeit und Sparsamkeit kommst du zu nichts, bei denselben [zu allem] ... Wer alles erwirbt, was er mit Ehren erwerben kann, und ... alles erhält, was er erwirbt, der wird sicherlich reich werden [falls] jenes Wesen, das die Welt regiert ... seiner weisen Vorsicht nach es nicht anders beschlossen hat. (B. Franklin, Nachgelassene Schriften und Correspondenzen. Weimar 1819. Bd. 5. S. 72, 75) 3